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BAG, Ur­teil vom 16.12.2008, 9 AZR 893/07

   
Schlagworte: Arbeitszeitverringerung, Teilzeit, Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 9 AZR 893/07
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 16.12.2008
   
Leitsätze:

1. Hat die Arbeitszeitverteilung eines einzelnen Arbeitnehmers Auswirkungen auf das kollektive System der Verteilung der betriebsüblichen Arbeitszeit, kann eine Betriebsvereinbarung oder Regelungsabrede dem Verlangen des Arbeitnehmers auf Neuverteilung seiner Arbeitszeit nach § 8 Abs. 2 bis 5 TzBfG entgegenstehen.

2. Der Betriebsrat hat bei der Ausübung seines Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG darauf zu achten, dass die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit gefördert wird. Diese allgemeine Aufgabe des Betriebsrats aus § 80 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BetrVG führt nicht notwendig zum Vorrang der Interessen des einzelnen Arbeitnehmers, der Familienpflichten zu erfüllen hat. Den Betriebsparteien steht bei der Abwägung der Einzel- und Kollektivinteressen ein Beurteilungsspielraum zu.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Kiel, Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT


9 AZR 893/07
4 Sa 242/07
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Schles­wig-Hol­stein

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

16. De­zem­ber 2008

UR­TEIL

Brüne, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Kläge­rin, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Neun­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 16. De­zem­ber 2008 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Düwell, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Krasshöfer, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Gall­ner so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Jun­ger­mann und Pfel­zer für Recht er­kannt:
 


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Auf die Re­vi­si­on der Be­klag­ten wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Schles­wig-Hol­stein vom 4. Ok­to­ber 2007 - 4 Sa 242/07 - auf­ge­ho­ben.


Die Be­ru­fung der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Kiel vom 14. Mai 2007 - 2 Ca 322 a/07 - wird zurück­ge­wie­sen.
Die Kläge­rin hat die Kos­ten des Be­ru­fungs- und des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens zu tra­gen.


Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über die Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit der Kläge­rin.

Die Kläge­rin ist seit 2001 als „Mit­ar­bei­te­rin Kas­se/Ver­kauf/In­fo“ im Bau­markt der Be­klag­ten in K. tätig. Die Be­klag­te beschäftigt dort 24 Ar­beit­neh­mer. Im Ar­beits­ver­trag der Par­tei­en ist ei­ne „va­ria­ble Ar­beits­zeit­ein­tei­lung“ ver­ein­bart.

Der Bau­markt ist mon­tags bis sams­tags von 8:00 Uhr bis 20:00 Uhr geöff­net. Die Ar­beit­neh­mer im Ver­kaufs-, Kas­sen- und In­for­ma­ti­ons­be­reich wer-den oh­ne fes­te Ar­beits­zei­ten in ei­nem rol­lie­ren­den Schicht­sys­tem an fünf Werk­ta­gen beschäftigt. Die wöchent­lich wech­seln­den Schich­ten sol­len gewähr­leis­ten, dass die als be­las­tend emp­fun­de­nen Ar­beits­zei­ten am Nach­mit­tag und Abend so­wie am Sams­tag gleichmäßig auf al­le Ar­beit­neh­mer ver­teilt wer­den.

Im Un­ter­neh­men der Be­klag­ten gilt ei­ne mit dem Ge­samt­be­triebs­rat ge­schlos­se­ne „Be­triebs­ver­ein­ba­rung über Rah­men­ver­ein­ba­rung Ar­beits­zeit“ vom 8. Au­gust 2001 (BV Ar­beits­zeit). Sie lau­tet aus­zugs­wei­se:

„§ 1 Ein­lei­tung


Die­se Rah­men­ver­ein­ba­rung gilt für al­le Mit­ar­bei­ter/in­nen der t. GmbH, mit Aus­nah­me der Mit­ar­bei­ter/in­nen der Zen­tra­le so­wie der lei­ten­den An­ge­stell­ten nach § 5 Be­trVG.


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...


§ 2 Ar­beits­zeit­rah­men/Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit

Die Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit er­folgt im Rah­men ei­ner fle­xi­blen Ar­beits­zeit­re­ge­lung be­zo­gen auf das Halb­jah­res­ar­beits­zeit­kon­to, wel­ches sich aus den ein­zel­ver­trag­lich ver­ein­bar­ten St­un­den er­rech­net. ... Grund­la­gen des Ar­beits­zeit­rah­mens sind al­le ge­setz­li­chen und ta­rif­li­chen Be­stim­mun­gen. Den Ar­beits­zeit­rah­men bil­det hier­bei die Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit auf max. fünf Ar­beits­ta­ge pro Wo­che für Voll­zeit- und Teil­zeit­beschäftig­te und ein ma­xi­ma­les tägli­ches Ein­satz­vo­lu­men von 9 Std. pro Mit­ar­bei­ter/in. ...


Be­ste­hen­de ein­zel­ver­trag­lich ver­ein­bar­te Ar­beits­zeit­re­ge­lun­gen wer­den hier­von nicht berührt.

...

Der Ein­satz der Mit­ar­bei­ter/in­nen er­folgt fi­li­al­spe­zi­fisch nach der Per­so­nal­ein­satz­pla­nung, wel­che je­weils min­des­tens 2 Wo­chen im Vor­aus im Rah­men ei­ner Fein­pla­nung zu er­stel­len und durch Aus­hang be­kannt zu ma­chen ist.

...

Freie Ta­ge bzw. Frei­zeit dürfen nicht auf Fei­er­ta­ge fal­len, dies gilt auch für Teil­zeit­kräfte.

...

§ 7 Fest­le­gung der Ar­beits­zeit

Die Re­gel­ar­beits­zeit en­det Mon­tag bis Frei­tag spätes­tens um 20 Uhr, am Sams­tag spätes­tens um 16 Uhr.

...“

Ei­ne von der Be­klag­ten und dem Ge­samt­be­triebs­rat un­ter­zeich­ne­te Pro­to­koll­no­tiz zur BV Ar­beits­zeit vom 1. Ok­to­ber 2001 sieht vor:


„Es herrscht Ei­nig­keit darüber, dass für al­le Pa­ra­gra­phen fi­li­al­spe­zi­fi­sche Ab­wei­chun­gen in Ab­stim­mung und mit Zu­stim­mung des je­weils zuständi­gen Be­triebs­ra­tes verändert wer­den können.“

Die Kläge­rin be­fand sich bis 10. Fe­bru­ar 2007 in El­tern­zeit und ar­bei­te­te während­des­sen teil­wei­se in Teil­zeit. Sie er­zieht ih­ren am 11. Fe­bru­ar 2004 ge­bo­re­nen Sohn al­lein. Er be­sucht von 8:00 Uhr bis 15:00 Uhr ei­nen „Kin­der­la­den“.


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Die Kläge­rin be­an­trag­te mit Schrei­ben vom 7. De­zem­ber 2006, ih­re Ar­beits­zeit nach dem En­de der El­tern­zeit am 10. Fe­bru­ar 2007 von 37,5 auf 30 Wo­chen­stun­den zu ver­rin­gern und die­se we­gen der Öff­nungs­zei­ten des „Kin­der­la­dens“ auf Mon­tag bis Frei­tag von 8:30 Uhr bis 14:30 Uhr und höchs­tens zwei Sams­ta­ge im Mo­nat zu ver­tei­len. Die Be­klag­te erklärte sich un­ter dem 21. De­zem­ber 2006 mit der Re­du­zie­rung der Ar­beits­zeit ein­ver­stan­den, lehn­te die gewünsch­te Ver­tei­lung je­doch ab. Sie hielt an ei­ner fle­xi­blen Per­so­nal­ein­satz­pla­nung mon­tags bis sams­tags von 8:00 Uhr bis 20:00 Uhr fest. Die Pro­zess­be­vollmäch­tig­te der Kläge­rin bat mit Schrei­ben vom 4. Ja­nu­ar 2007 um wei­te­re Prüfung des An­trags. Sie stell­te klar, dass die Ar­beits­zeit ab 11. Fe­bru­ar 2007 um­ver­teilt wer­den sol­le. Hilfs­wei­se ver­lang­te sie die neue Ver­tei­lung mit Ab­lauf von drei Mo­na­ten nach An­trag­stel­lung, dh. ab 8. März 2007.


Die Be­klag­te be­an­trag­te dar­auf­hin beim ört­li­chen Be­triebs­rat un­ter Hin­weis auf das En­de der El­tern­zeit, der Fest­le­gung der von der Kläge­rin gewünsch­ten Ar­beits­zeit mon­tags bis frei­tags von 8:30 Uhr bis 14:30 Uhr und ein-bis zwei­mal im Mo­nat sams­tags nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 Be­trVG zu­zu­stim­men. Der Be­triebs­rat stimm­te nicht zu. Die Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de führ­te da­zu mit Schrei­ben vom 19. Ja­nu­ar 2007 ua. aus:


„Ei­ne star­re, fest­ge­leg­te Ar­beits­zeit ei­nes ein­zel­nen Mit­ar­bei­ters steht mit den In­ter­es­sen der an­de­ren Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen nicht im Ein­klang. Ei­ne fest­ge­leg­te Ar­beits­zeit ei­nes ein­zel­nen Mit­ar­bei­ters würde den Be­triebs­frie­den ganz er­heb­lich stören. Aus die­sem Grund leh­nen wir ei­ne Zu­stim­mung ab.


Wir ver­wei­sen auch auf die be­ste­hen­de Be­triebs­ver­ein­ba­rung über Rah­men­ver­ein­ba­rung Ar­beits­zeit.“

Die Be­klag­te teil­te der Kläge­rin un­ter dem 24. Ja­nu­ar 2007 mit, der Be­triebs­rat ha­be es ab­ge­lehnt, der gewünsch­ten Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit zu­zu­stim­men. Die Be­klag­te schloss sich der Be­gründung des Be­triebs­rats an und be­hielt sich er­neut ei­ne fle­xi­ble Ar­beits­zeit­ein­tei­lung während der Öff­nungs­zei­ten des Bau­markts von Mon­tag bis Sams­tag, 8:00 Uhr bis 20:00 Uhr, vor.
 


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Das Lan­des­ar­beits­ge­richt er­ließ auf An­trag der Kläge­rin mit Ur­teil vom 1. März 2007 - 4 Sa­Ga 1/07 - ei­ne einst­wei­li­ge Verfügung. Es ver­ur­teil­te die Be­klag­te, die Kläge­rin bis zur erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung im Haupt­sa­che-ver­fah­ren mit ei­ner wöchent­li­chen Ar­beits­zeit von 30 St­un­den nur mon­tags bis frei­tags zwi­schen 8:30 Uhr und 14:30 Uhr und ma­xi­mal zwei­mal pro Mo­nat auch sams­tags zur Ar­beit ein­zu­tei­len.


Die Kläge­rin meint, der gewünsch­ten Ver­tei­lung ih­rer Ar­beits­zeit stünden kei­ne be­trieb­li­chen Gründe ent­ge­gen. Ihr In­ter­es­se an der Be­treu­ung ih­res Sohns ha­be Vor­rang vor den Be­stre­bun­gen an­de­rer Ar­beit­neh­mer, zu den be­vor­zug­ten Zei­ten am Vor­mit­tag und frühen Nach­mit­tag zu ar­bei­ten. Der Be­triebs­rat ha­be die­se Abwägung ent­ge­gen § 80 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, Nr. 8 und § 92a Abs. 1 Satz 2 Be­trVG un­ter­las­sen.


Die Kläge­rin hat be­an­tragt, 


die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, sie mit ei­ner wöchent­li­chen Ar­beits­zeit von 30 St­un­den nur mon­tags bis frei­tags zwi­schen 8:30 Uhr und 14:30 Uhr so­wie ma­xi­mal zwei­mal pro Mo­nat auch sams­tags zur Ar­beit ein­zu­tei­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Sie ist der An­sicht, die BV Ar­beits­zeit ste­he der gewünsch­ten fes­ten Ar­beits­zeit ent­ge­gen. Die Be­klag­te könne sich je­den­falls nicht über die feh­len­de Zu­stim­mung des Be­triebs­rats hin­weg­set­zen.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat das erst­in­stanz­li­che Ur­teil ab­geändert und der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Mit ih­rer vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on er­strebt die Be­klag­te die Wie­der­her­stel­lung des Ur­teils ers­ter In­stanz. Die Kläge­rin be­an­tragt, die Re­vi­si­on zurück­zu­wei­sen.

Ent­schei­dungs­gründe


A. Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ist be­gründet.


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I. Der auf „Ein­tei­lung“ zu be­stimm­ten Ar­beits­zei­ten ge­rich­te­te Kla­ge­an­trag ist nach sei­nem Wort­laut nicht ein­deu­tig. Der Se­nat muss ihn aus­le­gen und den für ei­nen ob­jek­ti­ven Empfänger er­kenn­ba­ren Wil­len er­mit­teln (vgl. nur Se­nat 14. Ok­to­ber 2003 - 9 AZR 636/02 - zu A II der Gründe, BA­GE 108, 103).


1. Die Kläge­rin will je­den­falls ei­ne Ver­tragsände­rung durch­set­zen. Der Ar­beits­ver­trag der Par­tei­en sieht ei­ne va­ria­ble und nicht die ver­lang­te fes­te Ar­beits­zeit vor. Die Be­klag­te soll des­halb da­zu ver­ur­teilt wer­den, ei­ner Ände­rung durch An­nah­me des Ände­rungs­an­ge­bots der Kläge­rin zu­zu­stim­men. Die Ar­beits­zeit soll nach § 8 Abs. 4 Satz 1 Tz­B­fG auf mon­tags bis frei­tags, 8:30 Uhr bis 14:30 Uhr, und höchs­tens zwei Sams­ta­ge im Mo­nat ver­teilt wer­den.

2. Der Se­nat braucht nicht darüber zu ent­schei­den, ob die Kläge­rin im We­ge ei­ner ob­jek­ti­ven Kla­gehäufung nach § 260 ZPO das wei­te­re Ziel ei­ner tatsächli­chen Beschäfti­gung mit die­sen fes­ten Ar­beits­zei­ten ver­folgt (§§ 611, 613, 242 BGB iVm. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG). Dafür spre­chen die kurz nach dem En­de der El­tern­zeit er­wirk­te einst­wei­li­ge Verfügung und das im Pro­zess gel­tend ge­mach­te Be­treu­ungs­bedürf­nis des Sohns der Kläge­rin. Der Beschäfti­gungs­an­trag wäre als un­ech­ter, in die Zu­kunft ge­rich­te­ter Hilfs­an­trag zu ver­ste­hen. Er stünde un­ter der Be­din­gung, dass die Kläge­rin mit dem An­trag auf Ver­tragsände­rung nach § 8 Tz­B­fG ob­siegt. Die Kläge­rin hat je­doch kei­nen An­spruch auf Ver­tragsände­rung durch Neu­ver­tei­lung der Ar­beits­zeit. Sie kann da­her auch nicht ver­lan­gen, mit den gewünsch­ten fes­ten Ar­beits­zei­ten beschäftigt zu wer­den.

II. Die auf Ab­ga­be ei­ner Wil­lens­erklärung ge­rich­te­te Kla­ge ist zulässig. Sie ist hin­rei­chend be­stimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Kläge­rin muss­te kein Da­tum an­ge­ben, zu dem die Ver­tragsände­rung wirk­sam wer­den soll­te.

1. Mit Rechts­kraft ei­nes ob­sie­gen­den Ur­teils gilt die Zu­stim­mung der Be­klag­ten nach § 894 Abs. 1 Satz 1 ZPO als er­teilt (vgl. nur Se­nat 24. Ju­ni 2008 - 9 AZR 313/07 - Rn. 18, EzA Tz­B­fG § 8 Nr. 21).
 


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2. Zu wel­chem Zeit­punkt die fin­gier­te Ab­ga­be der An­nah­me­erklärung wirkt, be­ur­teilt sich nach ma­te­ri­el­lem Recht.

a) Seit In­kraft­tre­ten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Ge­set­zes zur Mo­der­ni­sie­rung des Schuld­rechts vom 26. No­vem­ber 2001 (BGBl. I S. 3138) kommt auch die Ver­ur­tei­lung zur Ab­ga­be ei­ner Wil­lens­erklärung in Be­tracht, mit der ein Ver­trags­an­ge­bot rück­wir­kend an­ge­nom­men wer­den soll (für die st. Rspr. Se­nat 24. Ju­ni 2008 - 9 AZR 313/07 - Rn. 18, EzA Tz­B­fG § 8 Nr. 21).

b) Die Kläge­rin ver­langt ei­ne auf den Tag nach dem En­de der El­tern­zeit, den 11. Fe­bru­ar 2007, zurück­wir­ken­de Ver­tragsände­rung, oh­ne dass der Kla­ge­an­trag ein Da­tum enthält. Für die gewünsch­te Rück­wir­kung spre­chen der Teil­zeit­an­trag vom 7. De­zem­ber 2006 und die Klar­stel­lung der Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Kläge­rin vom 4. Ja­nu­ar 2007. Bei­de Schrei­ben wa­ren der Kla­ge­schrift bei­gefügt und be­zie­hen sich auf den 11. Fe­bru­ar 2007 als Be­ginn der Ände­rung.

III. Die Kla­ge ist un­be­gründet. Die Kläge­rin hat kei­nen An­spruch auf die gewünsch­te Fest­le­gung ih­rer Ar­beits­zeit.

1. Dem auf Ver­tragsände­rung ge­rich­te­ten An­trag steht nicht ent­ge­gen, dass die Kläge­rin iso­liert das Ziel der Neu­ver­tei­lung der Ar­beits­zeit ver­folgt.


a) Der Ar­beit­neh­mer kann sein auf § 8 Tz­B­fG gestütz­tes Ver­lan­gen nach Ver­rin­ge­rung der Ar­beits­zeit in der Wei­se mit ei­nem kon­kre­ten Ver­tei­lungs­wunsch ver­bin­den, dass er sein Ände­rungs­an­ge­bot von der gewünsch­ten Ar­beits­zeit­ver­tei­lung abhängig macht (zu die­ser recht­li­chen Ver­knüpfung Se­nat 18. Fe­bru­ar 2003 - 9 AZR 164/02 - zu B II 1 der Gründe, BA­GE 105, 107; 18. Fe­bru­ar 2003 - 9 AZR 356/02 - zu I 4 der Gründe, BA­GE 105, 133).

b) Die Kläge­rin stell­te ihr An­ge­bot auf Ver­rin­ge­rung der Ar­beits­zeit hier nicht un­ter die Be­din­gung der Zu­stim­mung der Be­klag­ten zu der gewünsch­ten Neu­ver­tei­lung. Die Par­tei­en ei­nig­ten sich noch vor dem En­de der El­tern­zeit über die Ver­rin­ge­rung der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit, ob­wohl die Be­klag­te mit der gewünsch­ten Ver­tei­lung nicht ein­ver­stan­den war. Die Ar­beits­zeit soll nach

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die­ser Ver­ein­ba­rung auch dann ver­rin­gert sein, wenn die von der Kläge­rin gewünsch­te Ar­beits­zeit­ver­tei­lung nicht zu­stan­de kommt. Mit der un­mit­tel­bar nach dem En­de der El­tern­zeit er­ho­be­nen Kla­ge bringt die Kläge­rin zum Aus­druck, dass sie von ei­ner wirk­sa­men Ver­rin­ge­rungs­ver­ein­ba­rung aus­geht und nur noch das Ver­lan­gen nach Neu­ver­tei­lung ver­folgt.


aa) Das iso­lier­te Ver­tei­lungs­ver­lan­gen der Kläge­rin steht, wie von § 8 Abs. 2 bis 5 Tz­B­fG vor­aus­ge­setzt, in un­mit­tel­ba­rem Zu­sam­men­hang mit der Re­du­zie­rung der Ar­beits­zeit, auf die sich die Par­tei­en be­reits ge­ei­nigt ha­ben (vgl. Se­nat 16. März 2004 - 9 AZR 323/03 - zu B II 1 der Gründe, BA­GE 110, 45; sie­he auch Men­gel in An­nuß/Thüsing Tz­B­fG 2. Aufl. § 8 Rn. 78).

bb) Be­steht ein sol­cher un­mit­tel­ba­rer Zu­sam­men­hang iSv. § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 so­wie Abs. 4 Satz 1 Tz­B­fG, darf der Ar­beit­neh­mer ei­ne iso­lier­te Kla­ge auf Neu­ver­tei­lung der Ar­beits­zeit er­he­ben. Der Ar­beit­ge­ber kann dem Neu­ver­tei­lungs­wunsch nicht er­folg­reich ent­ge­gen­hal­ten, dass die Par­tei­en im Ar­beits­ver­trag ein be­stimm­tes - hier va­ria­bles - Mo­dell der Ar­beits­zeit­ver­tei­lung ver­ein­bart ha­ben. Der Ar­beit­neh­mer ist nicht auf das ver­trag­lich ver­ein­bar­te Mo­dell der Ar­beits­zeit­ver­tei­lung be­schränkt, son­dern hat An­spruch auf Ver­tragsände­rung (eben­so zB LAG Düssel­dorf 1. März 2002 - 18 (4) Sa 1269/01 - zu B I 2 c der Gründe, LA­GE Tz­B­fG § 8 Nr. 5; Laux in Laux/Schlach­ter Tz­B­fG § 8 Rn. 32; Mei­nel/Heyn/Herms Tz­B­fG 3. Aufl. § 8 Rn. 41; Sie­vers Tz­B­fG 2. Aufl. § 8 Rn. 23; Zwan­zi­ger in Kitt­ner/Däubler/Zwan­zi­ger KSchR 7. Aufl. § 8 Tz­B­fG Rn. 12; aA et­wa LAG Düssel­dorf 17. Mai 2006 - 12 Sa 175/06 - zu I 1 bis 4 der Gründe, LA­GE Tz­B­fG § 8 Nr. 17a; Münch­KommBGB/Müller-Glöge 5. Aufl. Bd. 4 § 8 Tz­B­fG Rn. 13; ErfK/Preis 9. Aufl. § 8 Tz­B­fG Rn. 12; Rolfs Tz­B­fG § 8 Rn. 20).

(1) Die in § 8 Abs. 2 bis 5 Tz­B­fG vor­ge­se­he­ne Ver­knüpfung der Ver­rin­ge­rung der Ar­beits­zeit mit ih­rer Neu­ver­tei­lung berück­sich­tigt den Um­stand, dass die wirt­schaft­lich nach­tei­li­ge Ar­beits­zeit­verkürzung für den Ar­beit­neh­mer häufig nur sinn­voll ist, wenn sie ihm auch hin­sicht­lich der Ar­beits­zeit­ver­tei­lung die nöti­gen Freiräume eröff­net (MünchArbR/Schüren 2. Aufl. Ergänzungs­bd.
 


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§ 162 Rn. 64). Der Ar­beit­neh­mer soll ei­ne größere Zeit­sou­veränität er­lan­gen (Vie­then NZA Son­der­bei­la­ge zu Heft 24/2001, 3).

(a) Das Tz­B­fG will den Wech­sel von ei­nem Voll­zeit- in ein Teil­zeit­ar­beits­verhält­nis oder um­ge­kehrt er­leich­tern (BT-Drucks. 14/4374 S. 11 und 18; vgl. auch Se­nat 16. Sep­tem­ber 2008 - 9 AZR 781/07 - Rn. 28, EzA Tz­B­fG § 9 Nr. 4). § 1 Tz­B­fG sieht als Ziel des Ge­set­zes des­we­gen ua. vor, Teil­zeit­ar­beit zu fördern. Ar­beit­ge­ber ha­ben Ar­beit­neh­mern, auch in lei­ten­den Po­si­tio­nen, Teil­zeit­ar­beit nach Maßga­be des Tz­B­fG zu ermögli­chen (§ 6 Tz­B­fG). Sie sol­len dafür sor­gen, dass Teil­zeit­ar­beit als Ar­beits­form at­trak­ti­ver wird (vgl. BT-Drucks. 14/4374 S. 16).

(b) Mit dem Tz­B­fG soll­te zu­gleich die Richt­li­nie 97/81/EG des Ra­tes vom 15. De­zem­ber 1997 zu der von UN­ICE, CEEP und EGB ge­schlos­se­nen Rah­men­ver­ein­ba­rung über Teil­zeit­ar­beit (ABl. EG Nr. L 14 vom 20. Ja­nu­ar 1998 S. 9, ber. ABl. EG Nr. L 128 vom 30. April 1998 S. 71) idF der Richt­li­nie 98/23/EG vom 7. April 1998 (ABl. EG Nr. L 131 vom 5. Mai 1998 S. 10, Teil­zeit­richt­li­nie) um­ge­setzt wer­den (BT-Drucks. 14/4374 S. 1 und 11). Ziel der Rah­men­ver­ein­ba­rung ist es nach ih­rem Pa­ra­gra­phen 1 Buchst. b, die Ent­wick­lung der Teil­zeit­ar­beit auf frei­wil­li­ger Ba­sis zu fördern und zu ei­ner fle­xi­blen Or­ga­ni­sa­ti­on der Ar­beits­zeit bei­zu­tra­gen, die den Bedürf­nis­sen der Ar­beit­ge­ber und der Ar­beit­neh­mer Rech­nung trägt.

(2) Der Wort­laut des § 8 Abs. 1 Tz­B­fG, der ei­nen An­spruch auf Ver­rin­ge­rung „der ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Ar­beits­zeit“ be­gründet, gibt kei­ne Be­schränkung auf das ar­beits­ver­trag­lich ver­ein­bar­te Ar­beits­zeit­ver­tei­lungs­mo­dell vor.

(a) Der in §§ 1 und 6 Tz­B­fG aus­ge­drück­te Ge­set­zes­zweck der Förde­rung der Teil­zeit­ar­beit ver­langt ei­ne möglichst weit­ge­hen­de Fle­xi­bi­li­sie­rung so­wohl der Dau­er als auch der Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit. Wort­laut und Zu­sam­men­hang des § 8 Abs. 2 bis 5 Tz­B­fG brin­gen die­se ge­setz­ge­be­ri­sche Ziel­vor­stel­lung eben­falls zum Aus­druck. Die dort ge­trof­fe­nen Re­ge­lun­gen tren­nen die Ent­schei­dun­gen des Ar­beit­ge­bers über die Anträge auf Ar­beits­zeit­ver­rin­ge­rung und
 


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Ar­beits­zeit­neu­ver­tei­lung un­ter der Vor­aus­set­zung, dass ein un­mit­tel­ba­rer Zu­sam­men­hang zwi­schen Re­du­zie­rung und Neu­ver­tei­lung be­steht. Der Ar­beit­ge­ber kann die Verkürzung wirk­sam ak­zep­tie­ren, die Um­ver­tei­lung da­ge­gen ab­leh­nen (MünchArbR/Schüren Ergänzungs­bd. § 162 Rn. 65 f.). Die­se Tren­nung von Ar­beits­zeit­ver­rin­ge­rung und -ver­tei­lung zeigt sich dar­an, dass der Ver­tei­lungs­wunsch in § 8 Abs. 2 bis 5 Tz­B­fG nicht an das ver­trag­lich ver­ein­bar­te Mo­dell ge­bun­den und die Ar­beits­zeit idR durch Wei­sung des Ar­beit­ge­bers nach § 106 Satz 1 Ge­wO ver­teilt wird. Das Kor­rek­tur­recht des Ar­beit­ge­bers aus § 8 Abs. 5 Satz 4 Tz­B­fG, das auf die Neu­ver­tei­lung der Ar­beits­zeit be­schränkt ist, hält die Tren­nung kon­se­quent durch. Die Be­gründung der Be­schlüsse des Aus­schus­ses für Ar­beit und So­zi­al­ord­nung in BT-Drucks. 14/4625 S. 20 hält des­halb fest, die - später in das Ge­setz ein­ge­gan­ge­nen - Ände­rungs­emp­feh­lun­gen zum Re­gie­rungs­ent­wurf des § 8 Abs. 3 und 5 Tz­B­fG stell­ten klar, dass zwi­schen der zu ver­ein­ba­ren­den Ver­rin­ge­rung der Ar­beits­zeit und der Fest­le­gung der Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit zu dif­fe­ren­zie­ren sei.


(b) Das von Pa­ra­graph 1 Buchst. b der Rah­men­ver­ein­ba­rung über Teil­zeit­ar­beit ver­lang­te Gleich­ge­wicht der Ar­beit­ge­ber- und der Ar­beit­neh­mer­inter­es­sen wird hin­sicht­lich der Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit nicht nur durch das Kor­rek­tur­recht des § 8 Abs. 5 Satz 4 Tz­B­fG gewähr­leis­tet. Der Ar­beit­ge­ber kann sich viel­mehr auch auf be­trieb­li­che Gründe iSv. § 8 Abs. 4 Satz 1 Tz­B­fG be­ru­fen, die der gewünsch­ten Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit ent­ge­gen­ste­hen.


2. Die all­ge­mei­nen Vor­aus­set­zun­gen ei­nes An­spruchs auf Zu­stim­mung zu der Ver­tragsände­rung nach § 8 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 Tz­B­fG wa­ren im Zeit­punkt des Ände­rungs­ver­lan­gens der Kläge­rin vom 7. De­zem­ber 2006 erfüllt.

a) Das Ar­beits­verhält­nis mit der Be­klag­ten be­steht seit 2001, al­so länger als sechs Mo­na­te (§ 8 Abs. 1 Tz­B­fG). Die Be­klag­te beschäftigt al­lein in ih­rem Be­trieb in K. 24 und da­mit mehr als 15 Ar­beit­neh­mer (§ 8 Abs. 7 Tz­B­fG).

b) Unschädlich ist fer­ner, dass die Kläge­rin mit ih­rem Schrei­ben vom 7. De­zem­ber 2006 nicht die drei­mo­na­ti­ge Min­destankündi­gungs­frist des § 8 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG ein­hielt.

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aa) Die man­geln­de Frist­wah­rung führt nicht zur Un­wirk­sam­keit des Ände­rungs­ver­lan­gens. Die Ver­tragsände­rung wird nur später wirk­sam (vgl. Se­nat 20. Ju­li 2004 - 9 AZR 626/03 - zu B II 2 der Gründe, BA­GE 111, 260). Ei­ne Frist­ver­let­zung ist be­deu­tungs­los, wenn der Ar­beit­ge­ber das Teil­zeit­ver­lan­gen mit dem Ar­beit­neh­mer oh­ne Vor­be­halt erörtert. Da­mit ver­zich­tet er auf die Ein­hal­tung der le­dig­lich zu sei­nem Schutz vor­ge­se­he­nen Min­dest­frist (vgl. BT-Drucks. 14/4374 S. 17). § 22 Abs. 1 Tz­B­fG ver­bie­tet nur Ab­wei­chun­gen zu­las­ten des Ar­beit­neh­mers (Se­nat 14. Ok­to­ber 2003 - 9 AZR 636/02 - zu B II 2 b der Gründe, BA­GE 108, 103).


bb) Die Be­klag­te ließ sich hier un­ter dem 21. De­zem­ber 2006 vor­be­halt­los auf den Teil­zeit­an­trag ein. Da­ge­gen spricht nicht, dass sie die gewünsch­te Ar­beits­zeit­ver­tei­lung ab­lehn­te. Sie rügte den mit dem Frist­ver­s­toß ver­bun­de­nen Ver­fah­rens­feh­ler auch im Hin­blick auf die Ar­beits­zeit­ver­tei­lung nicht, son­dern wies das Ver­lan­gen aus Sach­gründen zurück.

3. Die Be­klag­te lehn­te den Ver­tei­lungs­an­trag mit Schrei­ben vom 21. De­zem­ber 2006 ab. Un­ter Berück­sich­ti­gung des gewöhn­li­chen Post­laufs ging die­ses Schrei­ben der Kläge­rin länger als ei­nen Mo­nat vor dem an-ge­streb­ten Be­ginn der Neu­ver­tei­lung am 11. Fe­bru­ar 2007 zu. Die Ar­beits­zeit­ver­tei­lung änder­te sich da­her nicht be­reits kraft Ge­set­zes nach § 8 Abs. 5 Satz 3 Tz­B­fG.

4. Die Be­klag­te ist nicht nur nicht ver­pflich­tet, der gewünsch­ten Neu­ver­tei­lung der Ar­beits­zeit nicht zu­zu­stim­men. Ihr ist es recht­lich ver­wehrt, ei­ne An­nah­me­erklärung ab­zu­ge­ben. Dem Um­ver­tei­lungs­an­spruch steht zwar nicht die BV Ar­beits­zeit ent­ge­gen, wie das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­tref­fend er­kannt hat. Die Be­klag­te darf das Ände­rungs­an­ge­bot der Kläge­rin aber schon des­halb nicht an­neh­men, weil sie mit dem Be­triebs­rat ei­ne Re­ge­lungs­ab­re­de ge­trof­fen hat, die der gewünsch­ten Fest­le­gung der Ar­beits­zeit bei der Beschäfti­gung der Kläge­rin ent­ge­gen­steht.


a) Der Fest­le­gung der Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit ent­spre­chend dem Ände­rungs­an­ge­bot des Ar­beit­neh­mers können Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen oder
 


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Re­ge­lungs­ab­re­den ent­ge­gen­ste­hen, wenn die Fest­le­gung ei­nen kol­lek­ti­ven Be­zug hat. Die Mit­be­stim­mungs­rech­te des § 87 Abs. 1 Be­trVG sind kol­lek­ti­ve Schutz­rech­te zu­guns­ten der Ar­beit­neh­mer des Be­triebs. Ih­re Rechts­stel­lung darf in kol­lek­ti­ver Hin­sicht nicht ver­schlech­tert wer­den (vgl. Fit­ting Be­trVG 24. Aufl. § 87 Rn. 599). Hat die Ar­beits­zeit­ver­tei­lung da­ge­gen kei­nen kol­lek­ti­ven Be­zug, ist der Ar­beit­ge­ber im An­wen­dungs­be­reich des § 8 Tz­B­fG ver­pflich­tet, die gewünsch­te Ar­beits­zeit fest­zu­le­gen (st. Rspr., vgl. für Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen Se­nat 24. Ju­ni 2008 - 9 AZR 313/07 - Rn. 37, EzA Tz­B­fG § 8 Nr. 21; 16. März 2004 - 9 AZR 323/03 - zu B II 5 c cc der Gründe, BA­GE 110, 45; 18. Fe­bru­ar 2003 - 9 AZR 164/02 - zu B IV 2 a der Gründe, BA­GE 105, 107).

aa) Die Zu­stim­mung des Ar­beit­ge­bers zu ei­nem Ar­beits­zeit­ver­tei­lungs­ver­lan­gen nach § 8 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 Tz­B­fG hat kei­nen kol­lek­ti­ven Be­zug, wenn ein be­stimm­tes Ar­beits­verhält­nis ge­stal­tet wer­den soll und kei­ne all-ge­mei­nen Be­lan­ge der Ar­beit­neh­mer berührt wer­den. All­ge­mei­ne In­ter­es­sen sind dem­ge­genüber be­trof­fen, wenn die be­ab­sich­tig­te Ar­beits­zeit­ver­tei­lung Aus­wir­kun­gen auf den gan­zen Be­trieb, ei­ne Grup­pe von Ar­beit­neh­mern oder ei­nen Ar­beits­platz - dh. nicht nur auf den ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer, der die Ar­beits­zeit­um­ver­tei­lung wünscht - hat (vgl. Se­nat 16. März 2004 - 9 AZR 323/03 - zu B II 5 c bb der Gründe mit Nach­wei­sen aus der Rspr. des Ers­ten Se­nats, BA­GE 110, 45; sie­he auch Ri­char­di in Ri­char­di Be­trVG 11. Aufl. § 87 Rn. 287). Dem Mit­be­stim­mungs­recht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 Be­trVG liegt die ge­setz­ge­be­ri­sche Vor­stel­lung zu­grun­de, dass die Fest­le­gung der be­triebs-übli­chen Ar­beits­zeit ty­pi­scher­wei­se kol­lek­ti­ve In­ter­es­sen der Ar­beit­neh­mer berührt. Die Einsätze der Ar­beit­neh­mer sind auf­ein­an­der ab­ge­stimmt. Die Ar­beits­abläufe grei­fen in­ein­an­der. Das Mit­be­stim­mungs­recht dient da­zu, die In­ter­es­sen der Ar­beit­neh­mer an der La­ge ih­rer Ar­beits­zeit und der frei­en Zeit zur Ge­stal­tung ih­res Pri­vat­le­bens zur Gel­tung zu brin­gen (für die st. Rspr. BAG 14. No­vem­ber 2006 - 1 ABR 5/06 - Rn. 26, BA­GE 120, 162).


bb) Die gewünsch­te Fest­le­gung der Ar­beits­zeit der Kläge­rin hat Aus­wir­kun­gen auf die all­ge­mei­nen In­ter­es­sen der Ar­beit­neh­mer im Ver­kaufs-, Kas­sen- und In­for­ma­ti­ons­be­reich des Be­triebs in K. Das hat das Lan­des-

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ar­beits­ge­richt zu Recht aus­geführt. Die übri­gen in die­sem Be­reich beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer ver­se­hen ih­re Auf­ga­ben in ei­nem fle­xi­blen Wech­sel­schicht­sys­tem. Die von der Kläge­rin gewünsch­te Fest­le­gung der Ar­beits­zeit auf mon­tags bis frei­tags, 8:30 Uhr bis 14:30 Uhr, und höchs­tens zwei Sams­ta­ge im Mo­nat führ­te da­zu, dass sich die va­ria­blen Ar­beits­zei­ten der an­de­ren Ar­beit­neh­mer an den fes­ten Ar­beits­zei­ten der Kläge­rin aus­rich­ten, sich um sie „her­um­grup­pie­ren“ müss­ten. Für die übri­gen Ar­beit­neh­mer stünde ua. ein ge­rin­ge­rer An­teil der Ar­beits­zeit zwi­schen 8:30 Uhr und 14:30 Uhr von mon­tags bis frei­tags zur Verfügung. Sie müss­ten häufi­ger am späte­ren Nach­mit­tag oder Abend ein­ge­setzt wer­den.

b) § 8 Tz­B­fG be­gründet kei­nen Ge­set­zes­vor­be­halt iSd. Ein­gangs­sat­zes von § 87 Abs. 1 Be­trVG, der das Mit­be­stim­mungs­recht des Be­triebs­rats aus-schlösse (näher Se­nat 16. März 2004 - 9 AZR 323/03 - zu B II 5 b der Gründe, BA­GE 110, 45; 18. Fe­bru­ar 2003 - 9 AZR 164/02 - zu B IV 2 a der Gründe, BA­GE 105, 107).


aa) Der Teil­zeit­an­spruch aus § 8 Tz­B­fG lässt dem Ar­beit­ge­ber ei­nen Re­ge­lungs­spiel­raum. Der Ar­beit­ge­ber muss sei­ne be­trieb­li­chen Auf­ga­ben­stel­lun­gen fest­le­gen und dar­aus nach­voll­zieh­ba­re Kon­se­quen­zen für die in­di­vi­du­el­le und kol­lek­ti­ve Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit zie­hen (vgl. Se­nat 18. Fe­bru­ar 2003 - 9 AZR 164/02 - zu B IV 2 a bb der Gründe, BA­GE 105, 107). Hat die Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit ei­nes ein­zel­nen Ar­beit­neh­mers ei­nen kol­lek­ti­ven Be­zug, be­steht ein vom Be­triebs­rat mit­be­stimm­ter Re­ge­lungs­spiel­raum hin­sicht­lich der Beschäfti­gung im be­trieb­li­chen Sys­tem der Ar­beits­zeit­ver­tei­lung.

bb) § 8 Tz­B­fG be­schnei­det die Re­ge­lungs­kom­pe­tenz der Be­triebs­par­tei­en hier nicht in der Wei­se, dass ei­ne Beschäfti­gung der Kläge­rin mit fes­ter Ar­beits­zeit die ein­zig rechtmäßige Re­ge­lung im kol­lek­ti­ven Ar­beits­zeit­sys­tem des Be­triebs ist.

(1) Für den Neu­ver­tei­lungs­an­spruch aus § 8 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 Tz­B­fG, der ei­ner Beschäfti­gung mit der geänder­ten Ar­beits­zeit zu­grun­de liegt, kommt
 


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es nicht auf die für den Teil­zeit­wunsch gel­tend ge­mach­ten Gründe an. Persönli­che Be­lan­ge sind we­der erwähnt, noch ha­ben die in § 8 Abs. 4 Satz 2 Tz­B­fG de­fi­nier­ten ent­ge­gen­ste­hen­den Gründe ei­nen Be­zug zu der Le­bens­si­tua­ti­on des Ar­beit­neh­mers. § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG trifft für die El­tern­zeit ei­ne an­de­re ge­setz­ge­be­ri­sche Wer­tung. Dort wird das be­son­de­re In­ter­es­se der El­tern an ei­ner Ver­rin­ge­rung und Neu­ver­tei­lung ih­rer Ar­beits­zeit stärker berück­sich­tigt (st. Rspr., vgl. zu­letzt Se­nat 13. No­vem­ber 2007 - 9 AZR 36/07 - Rn. 25, AP Tz­B­fG § 8 Nr. 25 = EzA Tz­B­fG § 8 Nr. 20).

(2) Die von § 80 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Be­trVG be­gründe­te all­ge­mei­ne Auf­ga­be des Be­triebs­rats, die Ver­ein­bar­keit von Fa­mi­lie und Er­werbstätig­keit zu fördern, schließt ein Mit­be­stim­mungs­recht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 Be­trVG im Zu­sam­men­hang mit Neu­ver­tei­lungs­ver­lan­gen nach § 8 Tz­B­fG nicht aus. Der Be­triebs­rat hat die Förde­rungs­pflicht viel­mehr in sei­ne Abwägung bei der Ausübung des Mit­be­stim­mungs­rechts ein­zu­stel­len (vgl. Fit­ting § 80 Rn. 40; Kraft/We­ber GK-Be­trVG 8. Aufl. § 80 Rn. 34; Thüsing in Ri­char­di § 80 Rn. 30).


c) Der Be­triebs­rat kann ver­lan­gen, vor Ab­schluss ei­nes für die Neu­ver­tei­lung der Ar­beits­zeit nöti­gen Ände­rungs­ver­trags mit­zu­be­stim­men, wenn der tatsächli­che Ein­satz mit der geänder­ten Ar­beits­zeit­ver­tei­lung - wie hier - ei­nen kol­lek­ti­ven Be­zug hat.

aa) Der Ände­rungs­ver­trag selbst stellt kei­ne Ände­rung der be­triebsübli­chen Ar­beits­zeit iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 2 Be­trVG dar. Erst durch die tatsächli­che Beschäfti­gung mit der geänder­ten Ar­beits­zeit­ver­tei­lung wird die be­triebsübli­che Ar­beits­zeit verändert. Die Ab­ga­be der An­nah­me­erklärung des Ar­beit­ge­bers zu ei­nem Neu­ver­tei­lungs­an­trag nach § 8 Tz­B­fG un­ter­liegt des­halb nicht der Mit­be­stim­mung des Be­triebs­rats (vgl. zu den von den Mit­be­stim­mungs­rech­ten des § 87 Abs. 1 Be­trVG zu un­ter­schei­den­den Be­tei­li­gungs­rech­ten bei per­so­nel­len Ein­zel­maßnah­men iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG BAG 9. De­zem­ber 2008 - 1 ABR 74/07 - Rn. 24; 28. April 1992 - 1 ABR 73/91 - zu B III 1 der Gründe, BA­GE 70, 147; aA zu § 8 Tz­B­fG Laux in Laux/Schlach­ter § 8 Rn. 207: Mit­be­stim­mungs­recht hin­sicht­lich der An­nah­me­erklärung).
 


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bb) Der Be­triebs­rat hat den­noch vor Ab­ga­be der An­nah­me­erklärung mit­zu­be­stim­men. Ei­ne späte­re Be­tei­li­gung würde dem Zweck des Mit­be­stim­mungs-rechts nicht vollständig ge­recht. Die wirk­sa­me Durch­set­zung des Mit-be­stim­mungs­rechts er­for­dert, dass der Be­triebs­rat zu ei­ner Zeit mit­be­stimmt, zu der noch kei­ne endgülti­ge, nur schwer­lich zu re­vi­die­ren­de Ent­schei­dung ge­trof­fen ist (vgl. zu Ein­stel­lun­gen iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG BAG 28. April 1992 - 1 ABR 73/91 - zu B III 2 der Gründe, BA­GE 70, 147). Der Ab­schluss des Ände­rungs­ver­trags ist re­gelmäßig ei­ne sol­che endgülti­ge Ent­schei­dung, die nicht mehr oh­ne Wei­te­res rückgängig ge­macht wer­den kann, wenn der Ver­trag nicht un­ter dem aus­drück­li­chen Vor­be­halt der Zu­stim­mung des Be­triebs­rats steht (vgl. zu § 99 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG BAG 9. De­zem­ber 2008 - 1 ABR 74/07 - Rn. 24).


d) Nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG führt der Ar­beit­ge­ber Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen durch. Der Be­triebs­rat hat An­spruch dar­auf, dass der Ar­beit­ge­ber Maßnah­men un­terlässt, die den Re­ge­lun­gen der Be­triebs­ver­ein­ba­rung wi­der-spre­chen (Se­nat 16. März 2004 - 9 AZR 323/03 - zu B II 5 b der Gründe mwN, BA­GE 110, 45).


aa) Ei­ne auf der Grund­la­ge von § 87 Abs. 1 Nr. 2 Be­trVG ge­schlos­se­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung kann den Ar­beit­ge­ber da­her da­zu ver­pflich­ten, den Ver­tei­lungs­wunsch ei­nes Ar­beit­neh­mers ab­zu­leh­nen (sie­he zu­letzt Se­nat 24. Ju­ni 2008 - 9 AZR 313/07 - Rn. 37, EzA Tz­B­fG § 8 Nr. 21; eben­so die hM im Schrift­tum, vgl. nur Hk-Tz­B­fG/Boecken § 8 Rn. 65 ff.; Laux in Laux/Schlach­ter § 8 Rn. 204 ff.; Men­gel in An­nuß/Thüsing § 8 Rn. 275; Münch­KommBGB/Müller-Glöge § 8 Tz­B­fG Rn. 36; ErfK/Preis § 8 Tz­B­fG Rn. 41; Sie­vers § 8 Rn. 179 ff.; Ar­nold/Gräfl/Vos­sen Tz­B­fG 2. Aufl. § 8 Rn. 96; Zwan­zi­ger in Kitt­ner/Däubler/Zwan­zi­ger § 8 Tz­B­fG Rn. 54).

bb) Die BV Ar­beits­zeit steht der von der Kläge­rin gewünsch­ten Fest­le­gung der Ar­beits­zeit je­doch nicht ent­ge­gen.

(1) Die BV Ar­beits­zeit gilt auch für Teil­zeit­beschäftig­te. Das zeigt sich an dem in § 1 ge­re­gel­ten persönli­chen Gel­tungs­be­reich, der Teil­zeit­kräfte nicht
 


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aus­nimmt. In § 2 Abs. 1 Satz 4, Abs. 7 Satz 1 BV Ar­beits­zeit sind aus­drück­li­che Re­ge­lun­gen für Teil­zeit­beschäftig­te ge­trof­fen.

(2) Die Aus­le­gung der BV Ar­beits­zeit nach Wort­laut, Zu­sam­men­hang und Zweck er­gibt, dass sie Raum für die an­ge­streb­te star­re Fest­le­gung der Ar­beits­zeit­ver­tei­lung lässt. Die BV Ar­beits­zeit legt nur ei­nen Ar­beits­zeit­rah­men fest. Sie ver­bie­tet sta­ti­sche Fest­le­gun­gen der Ar­beits­zeit in­ner­halb die­ses Rah­mens nicht.

(a) Der Rah­men­cha­rak­ter wird an § 2 BV Ar­beits­zeit deut­lich, der mit „Ar­beits­zeit­rah­men/Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit“ über­schrie­ben ist und in Abs. 1 Satz 1, 3 und 4 den Be­griff des Ar­beits­zeit­rah­mens - im Un­ter­schied zum En­de der Re­gel­ar­beits­zeit in § 7 BV Ar­beits­zeit - erklärt. § 2 Abs. 1 Satz 1 BV Ar­beits­zeit ver­langt kei­ne zwin­gen­de Fle­xi­bi­li­sie­rung der Ar­beits­zeit­ver­tei­lung im Ein­zel­ar­beits­verhält­nis, wie die Fol­ge­re­ge­lun­gen in § 2 Abs. 1 BV Ar­beits­zeit zum Aus­druck brin­gen. Grund­la­ge des Ar­beits­zeit­rah­mens sind nach § 2 Abs. 1 Satz 3 BV Ar­beits­zeit ua. al­le ge­setz­li­chen Be­stim­mun­gen, zu de­nen § 8 Tz­B­fG gehört. § 2 Abs. 1 Satz 4 BV Ar­beits­zeit sieht vor, dass der Ar­beits­zeit­rah­men durch die Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit auf ma­xi­mal fünf Ar­beits­ta­ge pro Wo­che und ein ma­xi­ma­les tägli­ches Ein­satz­vo­lu­men von neun St­un­den ge­bil­det wird. Ge­re­gelt sind des­halb nur die Höchst­gren­zen des Ar­beits­zeit­rah­mens. Die Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit in­ner­halb des Rah­mens wird we­der aus­drück­lich noch kon­klu­dent be­schränkt.


(b) Ein kon­klu­den­tes Ver­bot der star­ren Fest­le­gung der Ar­beits­zeit lässt sich auch nicht aus § 2 Abs. 2 BV Ar­beits­zeit ab­lei­ten. Selbst wenn die­se Be­stim­mung le­dig­lich ei­ne Be­sitz­stands­re­ge­lung für be­reits be­ste­hen­de ver­trag­li­che Ver­ein­ba­run­gen über die Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit ent­hal­ten soll­te, ver­hin­dert sie künf­ti­ge sta­ti­sche Fest­le­gun­gen der Ar­beits­zeit nicht. Dafür spricht der in sich ge­schlos­se­ne Re­ge­lungs­zu­sam­men­hang des § 2 Abs. 1 BV Ar­beits­zeit, der ei­nen bloßen Ar­beits­zeit­rah­men schafft. Von den Gren­zen die­ser Rah­men­re­ge­lung sind be­ste­hen­de Ver­tei­lungs­ver­ein­ba­run­gen nach § 2 Abs. 2 BV Ar­beits­zeit aus­ge­nom­men. Die Aus­nah­me­be­stim­mung des § 2 Abs. 2 BV Ar­beits­zeit lässt dem­ge­genüber kei­nen Rück­schluss auf den Re­gel­fall der

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Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit in­ner­halb des Ar­beits­zeit­rah­mens nach § 2 Abs. 1 BV Ar­beits­zeit zu.

(3) Da die BV Ar­beits­zeit ei­ne star­re Fest­le­gung der Ar­beits­zeit er­laubt, kommt es für das Neu­ver­tei­lungs­ver­lan­gen der Kläge­rin we­der auf die Wirk­sam­keit die­ses mit dem Ge­samt­be­triebs­rat ge­schlos­se­nen Re­gel­werks noch auf die Pro­to­koll­no­tiz vom 1. Ok­to­ber 2001 an, die Ab­wei­chun­gen auf be­trieb­li­cher Ebe­ne zulässt.


e) Der An­spruch auf Zu­stim­mung zur sta­ti­schen Fest­le­gung der Ar­beits­zeit aus § 8 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 Tz­B­fG schei­tert je­doch an der von der Be­klag­ten und dem ört­li­chen Be­triebs­rat ge­trof­fe­nen Re­ge­lungs­ab­re­de. Sie er­laubt kei­ne star­re Fest­le­gung der Ar­beits­zeit der Kläge­rin.


aa) Die Mit­be­stim­mungs­rech­te in so­zia­len An­ge­le­gen­hei­ten aus § 87 Abs. 1 Be­trVG können durch form­lo­se Re­ge­lungs­ab­re­de aus­geübt wer­den (für die st. Rspr. Se­nat 20. Ja­nu­ar 1998 - 9 AZR 698/96 - zu B I 2 der Gründe, AP Be­trVG 1972 § 77 Nr. 73 = EzA Be­trVG 1972 § 87 Be­trieb­li­che Lohn­ge­stal­tung Nr. 63; BAG 10. März 1992 - 1 ABR 31/91 - zu B I 2 a der Gründe, AP Be­trVG 1972 § 77 Re­ge­lungs­ab­re­de Nr. 1 = EzA Be­trVG 1972 § 77 Nr. 47; 14. Fe­bru­ar 1991 - 2 AZR 415/90 - zu IV 2 der Gründe, AP BGB § 615 Kurz­ar­beit Nr. 4 = EzA Be­trVG 1972 § 87 Kurz­ar­beit Nr. 1; 20. No­vem­ber 1990 - 1 AZR 643/89 - zu I 2 der Gründe, AP Be­trVG 1972 § 77 Re­ge­lungs­ab­re­de Nr. 2; Großer Se­nat 16. Sep­tem­ber 1986 - GS 1/82 - zu C IV 3 der Gründe, BA­GE 53, 42).


(1) Ha­ben die Be­triebs­par­tei­en ei­ne Übe­r­ein­kunft er­zielt, ist nach den Grundsätzen der nor­ma­ti­ven Aus­le­gung fest­zu­stel­len, ob ei­ne Re­ge­lungs­ab­re­de oder ei­ne - bei feh­len­der Schrift­form we­gen § 77 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs. Be­trVG un­wirk­sa­me - Be­triebs­ver­ein­ba­rung ge­schlos­sen wur­de (vgl. BAG 19. Ju­ni 2007 - 1 AZR 541/06 - Rn. 13). Es kommt dar­auf an, ob die Re­ge­lung nach ih­rem In­halt un­mit­tel­bar und zwin­gend wir­ken soll (vgl. BAG 9. De­zem­ber 1997 - 1 AZR 330/97 - zu II 2 b der Gründe, AP Be­trVG 1972 § 77 Re­ge­lungs­ab­re­de Nr. 3 = EzA Be­trVG 1972 § 77 Nr. 62; Fit­ting § 77 Rn. 218). Das
 


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Re­vi­si­ons­ge­richt hat die Rechts­na­tur der Ab­spra­che un­ein­ge­schränkt zu über­prüfen.


(2) Die Aus­le­gung er­gibt, dass die Be­klag­te und der ört­li­che Be­triebs­rat ei­ne nicht form­bedürf­ti­ge Re­ge­lungs­ab­re­de tref­fen woll­ten.


(a) Die Be­klag­te wand­te sich zunächst mit der Bit­te an den Be­triebs­rat, der von der Kläge­rin gewünsch­ten Fest­le­gung der Ar­beits­zeit zu­zu­stim­men. Sie wehr­te sich je­doch nicht ge­gen die ver­wei­ger­te Zu­stim­mung und rief ins-be­son­de­re nicht die Ei­ni­gungs­stel­le an (§ 87 Abs. 2 Satz 1 Be­trVG). Die Be­klag­te mach­te sich viel­mehr un­ter dem 24. Ja­nu­ar 2007 die Ar­gu­men­ta­ti­on der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den in de­ren Schrei­ben vom 19. Ja­nu­ar 2007 zu ei­gen. Die­sem Schrei­ben lag nach den bin­den­den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts ein Be­schluss des Be­triebs­rats iSv. § 33 Be­trVG zu­grun­de. Dem Ver­hal­ten der Be­klag­ten kommt da­mit der Erklärungs­wert ei­nes Ein­verständ­nis­ses mit der ab­leh­nen­den Hal­tung des Be­triebs­rats zu. Ei­ne Re­ge­lungs­ab­re­de kann kon­klu­dent ge­trof­fen wer­den (Fit­ting § 77 Rn. 219; Kreutz GK-Be­trVG § 77 Rn. 10; Ri­char­di in Ri­char­di § 77 Rn. 227).


(b) Die Be­triebs­par­tei­en wa­ren nicht auf den Ab­schluss ei­ner nach § 77 Abs. 4 Satz 1 Be­trVG nor­ma­tiv wir­ken­den Be­triebs­ver­ein­ba­rung an­ge­wie­sen, um ihr Re­ge­lungs­ziel zu er­rei­chen. Sie woll­ten die Fra­ge der star­ren Fest­le­gung der Ar­beits­zeit der Kläge­rin re­geln, die Aus­wir­kun­gen auf das kol­lek­ti­ve Ar­beits­zeit­sys­tem im Ver­kaufs-, Kas­sen- und In­for­ma­ti­ons­be­reich des Be­triebs hat.


(aa) Die Be­klag­te hat als Ar­beit­ge­be­rin nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG nicht nur Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen, son­dern auch Re­ge­lungs­ab­re­den durch­zuführen. Mit der Übe­r­ein­kunft ver­pflich­te­te sie sich ge­genüber dem Be­triebs­rat schuld­recht­lich, sich ent­spre­chend der ge­trof­fe­nen Ab­re­de zu ver­hal­ten (vgl. BAG 21. Ja­nu­ar 2003 - 1 ABR 9/02 - zu B II 2 c bb der Gründe, AP Be­trVG 1972 § 21a Nr. 1 = EzA Be­trVG 2001 § 77 Nr. 3; 14. Fe­bru­ar 1991 - 2 AZR 415/90 - zu IV 3 der Gründe, AP BGB § 615 Kurz­ar­beit Nr. 4 = EzA Be­trVG 1972 § 87 Kurz­ar­beit Nr. 1).
 


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(bb) Ei­ne nur schuld­recht­lich wir­ken­de Re­ge­lungs­ab­re­de si­chert die Ausübung des Mit­be­stim­mungs­rechts hier ef­fek­tiv. Der Be­triebs­rat kann auf der Grund­la­ge von § 77 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG und der Re­ge­lungs­ab­re­de selbst ver­lan­gen, dass die Be­klag­te ent­ge­gen­ste­hen­de Hand­lun­gen un­terlässt. Die­ser An­spruch be­steht un­abhängig von ei­nem mögli­chen all­ge­mei­nen Un­ter­las­sungs­an­spruch des Be­triebs­rats (vgl. nur BAG 21. Ja­nu­ar 2003 - 1 ABR 9/02 - zu B II 1 b der Gründe mwN, AP Be­trVG 1972 § 21a Nr. 1 = EzA Be­trVG 2001 § 77 Nr. 3; Fit­ting § 77 Rn. 227).

bb) Die ge­trof­fe­ne Re­ge­lungs­ab­re­de wahrt die Gren­zen der Re­ge­lungs­macht der Be­triebs­par­tei­en.

(1) Nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Be­trVG hat der Be­triebs­rat die all­ge­mei­ne Auf­ga­be, die Ver­ein­bar­keit von Fa­mi­lie und Er­werbstätig­keit zu fördern. Die­se durch das Ge­setz zur Re­form des Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­set­zes vom 23. Ju­li 2001 (BGBl. I 2001, 1852) ein­gefügte Be­stim­mung hat zum Ziel, es Ar­beit­neh­mern mit Fa­mi­li­en­pflich­ten zu er­leich­tern, ei­ne Be­rufstätig­keit aus­zuüben. Ge­dacht ist zB an ei­ne fa­mi­li­en­freund­li­che Ge­stal­tung der be­trieb­li­chen Ar­beits­zeit (BT-Drucks. 14/5741 S. 46). Die­sem Zweck dient im Hin­blick auf den Schutz der Fa­mi­lie auch § 75 Abs. 2 Satz 1 Be­trVG (vgl. Fit­ting § 75 Rn. 167). Da­nach ha­ben Ar­beit­ge­ber und Be­triebs­rat die freie Ent­fal­tung der Persönlich­keit der im Be­trieb beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer zu schützen und zu fördern. Die be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Schutz- und Förder­pflich­ten ge­hen auf die ver­fas­sungs­recht­li­che Wer­te­ord­nung und die Schutz­pflicht aus Art. 6 GG zurück.

(2) Der Be­triebs­rat hat die be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Schutz- und Förder­pflich­ten bei der Ausübung sei­nes Mit­be­stim­mungs­rechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 Be­trVG zu be­ach­ten (Fit­ting § 80 Nr. 40; Kraft/We­ber GK-Be­trVG § 80 Rn. 40; Thüsing in Ri­char­di § 80 Rn. 30). Die Förder­pflich­ten führen je­doch nicht not­wen­dig zum Vor­rang der In­ter­es­sen des ein­zel­nen Ar­beit­neh­mers, der Fa­mi­li­en­pflich­ten zu erfüllen hat. Die Be­triebs­par­tei­en ha­ben hin­sicht­lich der tatsächli­chen Vor­aus­set­zun­gen und der Fol­gen der von ih­nen ge­setz­ten Re­geln

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ei­nen Be­ur­tei­lungs­spiel­raum und ei­ne Einschätzungs­präro­ga­ti­ve (BAG 22. März 2005 - 1 AZR 49/04 - zu 3 a der Gründe, BA­GE 114, 179; Fit­ting § 77 Rn. 53).


(3) Die Be­triebs­par­tei­en über­schrit­ten die­sen Be­ur­tei­lungs­spiel­raum hier nicht.


(a) Die ge­trof­fe­ne Re­ge­lungs­ab­re­de spie­gelt das be­trieb­li­che 74 Or­ga­ni­sa­ti­ons­kon­zept wi­der. Da­nach wer­den al­le Ar­beit­neh­mer im Ver­kaufs-, Kas­sen- und In­for­ma­ti­ons­be­reich oh­ne fes­te Ar­beits­zei­ten in ei­nem rol­lie­ren­den Schicht­sys­tem an fünf Werk­ta­gen beschäftigt. Die­sem Sys­tem der kol­lek­ti­ven Ar­beits­zeit­ver­tei­lung wi­der­spricht der in­di­vi­du­el­le Ver­tei­lungs­wunsch der Kläge­rin. Die Be­triebs­par­tei­en kann­ten und berück­sich­tig­ten die Si­tua­ti­on der Kläge­rin als al­lein­er­zie­hen­de Mut­ter und ent­schie­den sich nach Abwägung der Ein­zel- und Kol­lek­tiv­in­ter­es­sen im Er­geb­nis ge­gen ei­ne Aus­nah­me­re­ge­lung zu­guns­ten der Kläge­rin.

(b) Für ei­ne ge­ziel­te Be­nach­tei­li­gung ent­ge­gen dem Ver­bot des § 4 Abs. 1 75 Satz 1 Tz­B­fG be­ste­hen kei­ne An­halts­punk­te. Die Kläge­rin wird mit ih­rem Ein­satz in rol­lie­ren­der Wech­sel­schicht eben­so be­han­delt wie die ver­gleich­ba­ren Voll­zeit­kräfte.

cc) Die Be­klag­te darf die Kläge­rin während der Dau­er der Re­ge­lungs­ab­re­de nicht mit der gewünsch­ten star­ren Ar­beits­zeit beschäfti­gen. Die wirk-sa­me Durch­set­zung der durch Re­ge­lungs­ab­re­de aus­geübten Mit­be­stim­mung steht auch der An­nah­me des Ände­rungs­an­ge­bots der Kläge­rin durch die Be­klag­te ent­ge­gen. Der Se­nat hat we­gen der ge­trof­fe­nen be­trieb­li­chen Re­ge­lung nicht darüber zu be­fin­den, ob der Ar­beit­ge­ber die Ei­ni­gungs­stel­le an­ru­fen muss, wenn er ei­nem An­trag auf Neu­ver­tei­lung der Ar­beits­zeit selbst zu­stim­men will, der Be­triebs­rat die Beschäfti­gung mit der geänder­ten Ar­beits­zeit da­ge­gen ab­lehnt (zu die­sem Pro­blem Laux in Laux/Schlach­ter § 8 Rn. 207; Zwan­zi­ger in Kitt­ner/Däubler/Zwan­zi­ger § 8 Tz­B­fG Rn. 53).
 


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B. Die Kläge­rin hat nach Wie­der­her­stel­lung des kla­ge­ab­wei­sen­den erst­in­stanz­li­chen Ur­teils auch die Kos­ten des Be­ru­fungs- und des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens zu tra­gen (§ 97 Abs. 1 ZPO).


Düwell 

Krasshöfer 

Gall­ner

Jun­ger­mann 

Pfel­zer

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