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Wahlkampf beim Thema Mitbestimmung
30.06.2013. Die SPD hat die betriebliche Mitbestimmung zum Wahlkampfthema gemacht.
Sie macht sich dafür stark, die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beim Thema Betriebsübergang, beim Einsatz von Leiharbeitnehmern und beim betrieblichen Gesundheitsschutz zu stärken.
Dazu müsste das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geändert werden.
Um diese Forderungen öffentlich zu machen, hat die Bundestagsfraktion einen entsprechenden Antrag in den Bundestag eingebracht. Dabei handelt es sich aber nicht um einen eigenen Gesetzesvorschlag, sondern um die Aufforderung an die schwarz-gelbe Bundesregierung, ihrerseits einen Entwurf vorzulegen: Moderne Mitbestimmung für das 21. Jahrhundert, Antrag der Abgeordneten Anette Kramme u.a. sowie der Bundestagsfraktion der SPD vom 14.05.2013, Bundestag Drucks. 17/13476.
- Ansätze für eine Weiterentwicklung der betrieblichen Mitbestimmung
- Verbesserung der Rechte des Betriebsrats bei Betriebsübergängen
- Stärkere Rechte des Betriebsrats beim Einsatz von Leiharbeitnehmern
- Verbesserung der Mitbestimmung beim betrieblichen Gesundheitsschutz
- Bewertung: Die Richtung einiger Vorschläge stimmt, aber sie könnten konkreter sein
- Fazit: Jetzt kommt erst einmal die Bundestagswahl und dann sieht man weiter
Ansätze für eine Weiterentwicklung der betrieblichen Mitbestimmung
Mit einem Antrag vom 14.05.2013 schlugen Anette Kramme, einige weitere Abgeordnete der SPD sowie die SPD-Bundestagsfraktion vor, der Bundestag möge die Bundesregierung dazu auffordern, einen Gesetzentwurf zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) vorzulegen. In dem SPD-Antrag werden bestimmte Eckpunkte für eine Reform des BetrVG genannt.
Das BetrVG bestimmt, in welchen Betrieben ein Betriebsrat zu wählen ist und wie dies gemacht werden muss, wie viele Mitglieder ein Betriebsrat hat und wann Betriebsräte von Arbeit freizustellen sind. Vor allem aber regelt das BetrVG die Mitwirkungsrechte des Betriebsrats. Die wichtigsten Rechte des Betriebsrats sind die Mitbestimmungsrechte in personellen Angelegenheiten, die Mitbestimmungsrechte in sozialen Angelegenheiten und die Mitbestimmungsrechte in wirtschaftlichen Angelegenheiten.
Da der Betriebsrat im Unterschied zu einer Gewerkschaft seine Kollegen nicht zum Streik aufrufen darf, hängen seine Handlungsmöglichkeiten praktisch allein vom BetrVG ab. Wenn das Gesetz ihm ein Anhörungs-, Konsultations- oder sogar ein echtes Mitbestimmungsrecht an die Hand gibt, kann er mit dem Arbeitgeber über eine gemeinsam zu beschließende Regelung sprechen, d.h. er besitzt Gestaltungs- und Verhandlungsmacht.
Gibt ihm das Gesetz in bestimmten Angelegenheiten dagegen keine Rechte, muss der Betriebsrat es hinnehmen, dass der Arbeitgeber die „Politik des Betriebs“ einseitig aufgrund seiner Eigentümerstellung so bestimmt, wie er es für richtig hält. Der Betriebsrat kann dann zwar murren, aber nichts machen.
Verbesserung der Rechte des Betriebsrats bei Betriebsübergängen
So verhält es sich derzeit z.B. bei einem Betriebsübergang, d.h. bei einem Verkauf des gesamten Betriebs oder eines Betriebsteils, der dann infolge des Verkaufs aus der Hand des bisherigen Arbeitgebers auf einen neuen Arbeitgeber übergeht. Weil § 613a Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vorschreibt, dass bei einem solchen Betriebsübergang alle Arbeitsverhältnisse eins zu eins auf den Betriebserwerber übergehen, hat der Betriebsrat hier nichts zu sagen: Ein Betriebsübergang ist keine Betriebsänderung und hat daher nicht zur Folge, dass der Betriebsrat über einen Interessenausgleich sprechen könnte oder gar einen Sozialplan fordern könnte. Schließlich wird den betroffenen Arbeitnehmern ja nichts genommen, so die herrschende Meinung.
An dieser Stelle hakt der Antrag der SPD vom 14.05.2013 ein und schlägt vor, dass der Betriebsrat einen Sozialplan zum Ausgleich für alle Nachteile verlangen können soll, die den Arbeitnehmern infolge eines Betriebsübergangs entstehen können, z.B. infolge einer „Verschlechterung der Haftungsmasse“.
Stärkere Rechte des Betriebsrats beim Einsatz von Leiharbeitnehmern
Eine andere Lücke im bisherigen System der betrieblichen Mitbestimmung betrifft den Einsatz von Leiharbeitnehmern. Hier hat der Betriebsrat zwar auf der Grundlage des derzeit geltenden BetrVG ein Mitbestimmungsrechte in personellen Angelegenheiten, d.h. er muss der Einstellung eines jeden einzelnen Leiharbeitnehmers gemäß § 99 Abs.1 BetrVG zustimmen, doch nutzt ihm dieses Recht in der Praxis wenig.
Denn er hat in aller Regel kein Recht, seine Zustimmung zu verweigern, weil der Einsatz von Leiharbeitnehmern nicht in der gesetzlichen (abschließenden) Liste von Gründen für die Zustimmungsverweigerung enthalten ist. Hier hat die neueste Rechtsprechung zwar einige Entscheidungen pro Betriebsrat gefällt, indem sie ihm ein Recht zur Zustimmungsverweigerung beim geplanten Einsatz von Leiharbeitnehmern auf „Dauerarbeitsplätzen“ zugesteht, aber diese Rechtsprechung ist bislang noch nicht vom Bundesarbeitsgericht (BAG) bestätigt worden (wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 12/390 Kein Einsatz von Leiharbeit auf Dauerarbeitsplätzen).
Auch in dieser Frage möchte die SPD die Rechte des Betriebsrats stärken und schlägt daher vor, dem Betriebsrat ein „echtes Mitbestimmungsrecht (...) hinsichtlich der jeweiligen Zahl der Leiharbeitnehmer, der Dauer ihrer jeweiligen Überlassung und ihrer jeweiligen Einsatzbereiche“ einzuräumen.
Obwohl diese Forderung nicht weiter erläutert wird, soll das wohl bedeuten, dass sich der Betriebsrat beim Einsatz von Leiharbeit künftig ohne einen konkreten „sachlichen“ Grund für eine Zustimmungsverweigerung querlegen kann, was in mitbestimmten Betrieben das Ende der Leiharbeit einleiten könnte.
Verbesserung der Mitbestimmung beim betrieblichen Gesundheitsschutz
Hervorzuheben ist schließlich eine dritte Reformforderung der SPD, die den Gesundheitsschutz bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen betrifft.
Derzeit kann der Betriebsrat hier nur unter sehr engen Voraussetzungen, die in § 91 BetrVG genannt sind, vom Arbeitgeber Änderungen verlangen. Erforderlich für dieses Mitbestimmungsrecht ist derzeit, dass Arbeitnehmer durch eine Änderung der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs oder der Arbeitsumgebung, die gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen offensichtlich widersprechen, in besonderer Weise belastet werden.
Da diese vielen Voraussetzungen für das Mitbestimmungsrecht selten vorliegen, steht es praktisch nur auf dem Papier. So gibt es z.B. in der Praxis wenig Einigungsstellenverfahren, um das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 91 BetrVG durchzusetzen.
Hier fordert die SPD ein „echtes Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Umgestaltung von Arbeitsplätzen, die nicht ausreichend gesundheitlichem physischem oder psychischem Verschleiß vorbeugen, und hinsichtlich von Arbeitsplätzen, die nicht ausreichend auf spezifisches Leistungsvermögen von Älteren Rücksicht nehmen (...), sowie ein echtes Mitbestimmungsrecht bei der betrieblichen Gesundheitsförderung“. Geht es nach der SPD, soll der Arbeitgeber künftig verpflichtet werden, hierfür „angemessene finanzielle Mittel (...) zur Verfügung zu stellen“.
Bewertung: Die Richtung einiger Vorschläge stimmt, aber sie könnten konkreter sein
Die oben genannten drei Vorschläge der SPD zeigen einen wirklichen Reformbedarf bei der betrieblichen Mitbestimmung auf - abgesehen vielleicht von der Mitbestimmung beim Thema Leiharbeit. Denn hier sollte man politisch Farbe bekennen:
Gesteht man dem Betriebsrat zu, Leiharbeit weitgehend zu verhindern, und begründet man dies wie das SPD-Papier u.a. mit dem „Missbrauch von Leiharbeit (...), um Stammbelegschaften zu ersetzen“, dann fragt sich, ob man nicht besser das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) verändern sollte.
Denn würde man (wie es der früher einmal geltenden Rechtslage entsprach) den Einsatz von Leiharbeitnehmern in ein und demselben Betrieb auf eine bestimmte Maximaldauer von z.B. drei, sechs oder neun Monaten beschränken, würde das eine jahrelange Tätigkeit von Leiharbeitnehmern auf Stammarbeitsplätzen von vornherein verhindern. Vermutlich würde dadurch auch die gesamte „Leiharbeitsbranche“ wieder auf ein normales Maß schrumpfen. Im Ergebnis würde sich das Problem der Ersetzung von Stammbelegschaften durch Leiharbeitnehmer ohne Zutun der Betriebsräte erledigen.
Das dürfte gegenüber einer Änderung des BetrVG der bessere Weg sein. Denn man darf nicht vergessen, dass bei weitem nicht in allen Betrieben Betriebsräte gebildet sind. Und wo kein Betriebsrat besteht, könnte der Arbeitgeber auch weiterhin Stammkräfte durch Leiharbeitnehmer ersetzen.
Anders als beim Thema Leiharbeit besteht bei den Themen Betriebsübergang und Gesundheitsschutz tatsächlich Anlass, über eine Erweiterung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nachzudenken. An dieser Stelle hätte man sich aber gewünscht, dass die Reformvorschläge des SPD-Papiers ein wenig genauer wären.
Es ist schön und gut, die Sozialplanpflichtigkeit von Betriebsübergängen zu fordern, aber dann sollte man auch sagen, wie ein solcher Sozialplan konkret aussehen könnte. Denn die Begründung für die derzeitige Rechtslage ist ja nicht völlig abwegig - dass nämlich die bloße Änderung der Person des Betriebsinhabers an den Rechten der Arbeitnehmer des Betriebs nichts ändert.
Trotzdem könnte man dem Betriebsrat das Recht geben, einen Sozialplan zu verlangen, der z.B. einen Anspruch der Arbeitnehmer enthalten könnte, zum alten Arbeitgeber zurückzukehren. Doch an dieser Stelle müsste man sich dann Gedanken darüber machen, wie man Umgehungsstrategien der Arbeitgeberseite abwehrt, denn wenn eine Gesellschaft, die einen Betrieb veräußert, nach der Veräußerung liquidiert wird, nutzt das schönste Rückkehrrecht nichts.
Und eine „Verringerung der Haftungsmasse“ kommt in den besten Familien vor, soll heißen: Auch große Unternehmen sind vor finanziellen Schieflagen und schlimmstenfalls vor einer Insolvenz nicht immer sicher.
Auch beim Thema Gesundheitsschutz könnte man die Rechte des Betriebsrats stärken und z.B. § 91 BetrVG endlich zu einem „echten“ bzw. lebenden Mitbestimmungsrecht machen. Aber auch hier steckt der Teufel im Detail, und über Details schweigt sich das SPD-Papier aus.
Fazit: Jetzt kommt erst einmal die Bundestagswahl und dann sieht man weiter
In der Debatte im Bundestag am 17.05.2013 über den Antrag der SPD wurde dieser zur weiteren Diskussion in die Ausschüsse überwiesen. Der zuständige Ausschuss für Arbeit und Soziales wiederum empfahl dem Bundestag erwartungsgemäß aufgrund der Stimmenmehrheit der Regierungskoalition, den Antrag der SPD abzulehnen (Ausschuss für Arbeit und Soziales, Beschlussempfehlung und Bericht vom 14.06.2013).
Ob das SPD-Papier nur für den Aktenschrank ausgearbeitet wurde oder nicht, wird daher der Ausgang der Bundestagswahl zeigen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Moderne Mitbestimmung für das 21. Jahrhundert, Antrag der Abgeordneten Anette Kramme u.a. sowie der Bundestagsfraktion der SPD vom 14.05.2013, Bundestag Drucks. 17/13476
- Deutscher Bundestag, Stenografischer Bericht, 241. Sitzung, 17.05.2013
- Ausschuss für Arbeit und Soziales, Beschlussempfehlung und Bericht vom 14.06.2013, Bundestag Drucks. 17/14004
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit, Zeitarbeit)
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsänderung
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsübergang
- Handbuch Arbeitsrecht: Interessenausgleich
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten
- Handbuch Arbeitsrecht: Sozialplan
- Arbeitsrecht aktuell: 13/210 Betriebsrat kann Dauer-Leiharbeit verhindern
- Arbeitsrecht aktuell: 12/390 Kein Einsatz von Leiharbeit auf Dauerarbeitsplätzen
Letzte Überarbeitung: 16. November 2020
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Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de | |
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