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Betriebsrat steht Einsicht in Gehaltslisten mit Arbeitnehmernamen zu
11.01.2019. Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber verlangen, dass er ihm Einsicht in die Bruttolohn- und -gehaltslisten gewährt.
Dieses Recht dient dem Arbeitnehmerschutz, denn es soll dem Betriebsrat die Möglichkeit geben, die korrekte Anwendung von Tarifverträgen, die Gleichbehandlung der Geschlechter und die Beachtung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zu überprüfen.
Ob der Betriebsrat allerdings auch dazu berechtigt ist, die Namen der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erfahren, ist gesetzlich nicht klar geregelt. In einer aktuellen Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen diese Frage zugunsten des Betriebsrats entschieden und klargestellt, dass das umfassende Einsichtsrecht des Betriebsrats auch mit dem Arbeitnehmer-Datenschutz vereinbar ist: LAG Niedersachsen, Beschluss vom 22.10.2018, 12 TaBV 23/18.
- Kann der Arbeitgeber dem Betriebsrat anonymisierte Lohnlisten vorlegen und sich dabei auf den Arbeitnehmer-Datenschutz berufen?
- Betriebsrat eines ambulanten Gesundheitszentrums mit 100 Arbeitnehmern erhält nur Einsicht in anonymisierte Gehaltslisten
- LAG Hannover: Arbeitnehmer-Datenschutz gemäß DS-GVO berechtigt nicht zur Anonymisierung der dem Betriebsrat vorgelegten Bruttolohnlisten
Kann der Arbeitgeber dem Betriebsrat anonymisierte Lohnlisten vorlegen und sich dabei auf den Arbeitnehmer-Datenschutz berufen?
Der Betriebsrat hat gemäß § 80 Abs.1 Nr.1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden.
Zu den „Gesetzen“ im Sinne dieser Vorschrift gehören auch ungeschriebene Rechtsgrundsätze, die in der Rechtsprechung allgemein anerkannt sind und daher wie gesetzliche Regelungen „gelten“, so z.B. der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz.
Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet zwar keine individuellen Lohnunterschiede auf Grundlage von Einzelarbeitsverträgen, doch dürfen einzelne Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen nicht "willkürlich" bzw. ohne sachliche Begründung von allgemeinen Vergünstigungen ausgenommen werden, also z.B. von Prämien, Gratifikationen oder allgemeinen Lohnerhöhungen ("Lohnwellen"), die der Arbeitgeber allen Arbeitnehmern des Betriebs (oder einer bestimmten Arbeitnehmergruppe) nach einer allgemeinen Regel gewährt.
Vor diesem Hintergrund muss der Betriebsrat gemäß § 80 Abs. 1 Nr.1 BetrVG auch über die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes wachen. Und damit er das effektiv tun kann, hat der Betriebsrat gemäß § 80 Abs.2 Satz 2 BetrVG ein Recht zur Einsicht in die vom Arbeitgeber geführten Bruttolohnlisten (in größeren Betrieben nimmt dieses Recht ein Betriebsausschuss wahr oder ein nach Ausschuss gem. § 28 BetrVG). Diese Vorschrift lautet:
„Dem Betriebsrat sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; in diesem Rahmen ist der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen.“
Vom Gesetz nicht eindeutig entschieden ist dabei allerdings, ob der Arbeitgeber dem Betriebsrat bei der Einsicht in die "Listen über die Bruttolöhne und -gehälter" auch die Namen der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nennen muss oder ob er sich aus Gründen des Arbeitnehmer-Datenschutzes darauf beschränken kann, dem Betriebsrat anonymisierte Gehaltslisten vorzulegen. Immerhin gilt seit dem 25.05.2018 die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO), die viele strenge und neue Regeln über die Datenschutzrechte von Arbeitnehmern und Datenschutzpflichten von Arbeitgebern enthält.
Konkret fragt sich, ob die Offenlegung der Arbeitnehmernamen zusammen mit den Lohnlisten gegenüber dem Betriebsrat nach Art.6 Abs.1 Buchst. c) DS-GVO gerechtfertigt ist, d.h. dadurch, dass diese Form der Verarbeitung von Arbeitnehmerdaten "zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, der der Verantwortliche unterliegt". Diese Frage ist durch das Bundesarbeitsgericht (BAG) bisher nicht verbindlich geklärt, denn das BAG hat bislang nur auf der Grundlage der Altfassung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) entschieden, dass die Einsicht des Betriebsrats in die Gehaltslisten mit dem Datenschutz vereinbar ist, und in dieser Entscheidung nicht ausdrücklich klargestellt, dass diese Einsicht die Kenntnis der Arbeitnehmernamen umfasst (BAG, Beschluss vom 14.01.2014, 1 ABR 54/12, Rn.27).
Betriebsrat eines ambulanten Gesundheitszentrums mit 100 Arbeitnehmern erhält nur Einsicht in anonymisierte Gehaltslisten
Im Streitfall wollte der fünfköpfige Betriebsrat einer medizinischen Einrichtung mit etwa 100 Arbeitnehmern Einsicht in die Lohnlisten nehmen, was der Arbeitgeber ihm auch nach einem längeren Schriftwechsel im Juli 2016 zugestand. Dabei legte er dem Betriebsrat aber nur eine anonymisierte Liste der gezahlten Bruttolöhne und -gehälter vor und berief sich dabei auf den Datenschutz.
Der Betriebsrat wollte sich damit nicht abfinden und zog vor das Arbeitsgericht. Er war der Meinung, dass er nur bei Vorlage der Gehaltslisten unter Nennung der betroffenen Arbeitnehmer in der Lage sei, mögliche Diskriminierungen zu erkennen. Er könne die Verteilungsgerechtigkeit der Gehälter nur effektiv prüfen, wenn ihm die Gehaltslisten individualisiert bzw. mit Namensnennung zur Einsicht vorlägen.
Das Arbeitsgericht Hannover gab dem Betriebsrat Recht (Beschluss vom 01.03.2018, 2 BV 10/17).
LAG Hannover: Arbeitnehmer-Datenschutz gemäß DS-GVO berechtigt nicht zur Anonymisierung der dem Betriebsrat vorgelegten Bruttolohnlisten
Das LAG Niedersachsen entschied ebenfalls zugunsten des Betriebsrats und verpflichtete den Arbeitgeber dazu,
"einem vom Betriebsrat benannten Mitglied Einsicht in die Bruttolohn- und Gehaltslisten unter Namensnennung der einzelnen Arbeitnehmer und Aufschlüsselung der Bruttoentgelte nach ihren Bestandteilen mit Ausnahme der leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG zu gewähren."
Zur Begründung führt das LAG zunächst aus, dass sich aus Sinn und Zweck des Einsichtsrechts gemäß § 80 Abs.2 Satz 2 BetrVG das Recht des Betriebsrats ergibt, die Namen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu erfahren, deren Bezüge in den Lohnlisten aufgeführt werden. Denn das erlaubt es dem Betriebsrat, so die Hannoveraner Richter,
"zu überprüfen, ob die für einzelne Entgeltbestandteile (...) erforderlichen tatsächlichen Voraussetzungen auch vorliegen. Der Betriebsrat wird durch die namentliche Zuordnung in die Lage versetzt, Mitarbeiter darauf anzusprechen, ob sie beispielsweise aktuell in der Nachtschicht eingesetzt sind oder kann dies anhand der Dienstpläne nachvollziehen."
Diese Offenlegung von Arbeitnehmerdaten ist auch mit dem Datenschutzrecht vereinbar, so das LAG.
Zum einen ist die Offenlegung der Daten gemäß Art.6 Abs.1 Buchst. c) DS-GVO gerechtfertigt, da der Arbeitgeber gesetzlich dazu verpflichtet ist, nämlich durch § 80 Abs.2 Satz 2 BetrVG in der Auslegung dieser Vorschrift durch das LAG.
Zum anderen kann sich der Arbeitgeber auch auf § 26 Abs.1 Satz 1 BDSG berufen, denn die Vorlage der nicht anonymisierten Listen dient der Ausübung und der Erfüllung der gesetzlichen Rechte des Betriebsrats, einer "Interessenvertretung der Beschäftigten" (LAG Niedersachsen, Beschluss vom 22.10.2018, 12 TaBV 23/18, Rn.33).
Fazit: Das LAG Niedersachsen hat im Ergebnis ebenso wie vor kurzem bereits das LAG Hamm entschieden (LAG Hamm, Beschluss vom 19.09.2017, 7 TaBV 43/17). Beide LAG haben die Rechtsbeschwerde zum BAG zugelassen, das über diese Streitfrage voraussichtlich demnächst entscheiden wird. Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch das BAG zu dem Ergebnis kommt, dass der Betriebsrat Einsicht in die nicht anonymisierten Gehaltslisten verlangen kann.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 22.10.2018, 12 TaBV 23/18
- Landesarbeitsgericht Hamm, Beschluss vom 19.09.2017, 7 TaBV 43/17
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14.01.2014, 1 ABR 54/12
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsvereinbarung
- Handbuch Arbeitsrecht: Datenschutz im Arbeitsrecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Gleichbehandlungsgrundsatz
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohn und Gehalt
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten
- Arbeitsrecht aktuell: 19/166 Betriebsrat und Datenschutz
- Arbeitsrecht aktuell: 19/064 Betriebsrat muss über Arbeitsunfälle von Fremdpersonal informiert werden
- Arbeitsrecht aktuell: 18/005 Gleichbehandlungsgrundsatz bei Betriebsvereinbarungen
- Arbeitsrecht aktuell: 17/185 Entgelttransparenzgesetz in Kraft
- Arbeitsrecht aktuell: 17/092 Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit
- Arbeitsrecht aktuell: 15/098 Bevorzugung von Gewerkschaftsmitgliedern durch Stichtagsregelungen
- Arbeitsrecht aktuell: 09/166 Sonderzahlung steht kraft Gleichbehandlung allen zu, wenn Betriebstreue honoriert wird
- Arbeitsrecht aktuell: 09/159 Keine Gleichbehandlung bei Lohnerhöhung, die vorherigen Einkommensverlust ausgleicht
- Arbeitsrecht aktuell: 09/106 Strenge Voraussetzungen für Ausnahmen bei unternehmensweiter Lohnerhöhung
- Arbeitsrecht aktuell: 09/006 Gleichbehandlung bei betriebsübergreifender Lohnerhöhung
Letzte Überarbeitung: 28. September 2021
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