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LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 08.06.2010, 5 Sa 24/10
Schlagworte: | Kündigung: Außerordentlich, Kündigung: Fristlos, Arbeitsverweigerung, Eigenkündigung | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein | |
Aktenzeichen: | 5 Sa 24/10 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 08.06.2010 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Neumünster, Urteil 3.12.2009, 4 Ca 1198 a/09 | |
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Aktenzeichen: 5 Sa 24/10
4 Ca 1198 a/09 ArbG Neumünster
(Bitte bei allen Schreiben angeben!)
Verkündet am 08.06.2010
gez. ...
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
pp.
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hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 18.05.2010 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer
für Recht erkannt:
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 03.12.2009, Az. 1198 a/09 teilweise abgeändert und die Klage hinsichtlich der Anträge zu Ziff. 2.) und 6.) abgewiesen.
2. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trag der Kläger zu 15 % und die Beklagte zu 85 %.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Revision nicht gegeben; im Übrigen wird auf § 72 a ArbGG verwiesen.
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Tatbestand
Die Parteien streiten um eine fristlose Kündigung des Klägers und hiermit verbundene Ansprüche.
Der am ....1983 geborene Kläger war bei der Beklagten als Vertriebsbeauftragter im Außendienst zu einem Grundgehalt in Höhe von € 1.557,00 brutto zzgl. Provisionen beschäftigt. Sein durchschnittliches Bruttomonatseinkommen betrug wenigstens € 2.350,00. Ihm stand ein Dienstwagen auch zur Privatnutzung zur Verfügung. Gemäß § 16 des Arbeitsvertrages (Bl. 7 f. d. A.) ist das Dienstfahrzeug bei Ausspruch der Kündigung und Freistellung entschädigungslos zurückzugeben.
Sowohl der Kläger als auch dessen Bruder, S. F., der ebenfalls bei der Beklagten beschäftigt war, kündigten ihre Arbeitsverhältnisse mit Schreiben vom 12.08.2009 fristgemäß zum 30.09.2009 (Bl. 42 d. A.). Beide gaben die Kündigungsschreiben am 12.08.2009 gegen 11:45 Uhr im Büro des Niederlassungsleiters Herrn N. ab. Zudem händigten sie die ihnen zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel (Laptop und Handy) dem Zeugen N. aus. Der Kläger wollte ebenfalls das ihm zur Verfügung gestellte Dienstfahrzeug zurückgeben. Da er die Winterreifen nicht mit sich führte, fuhr er auf Geheiß des Zeugen N. nochmals nach Hause, holte die Winterreifen und gab das Fahrzeug ca. eine Stunde später mit den dazugehörenden Winterreifen bei dem Zeugen N. ab. Herr N. fragte ihn, ob er, der Kläger, seine Arbeitsleistung jetzt einstellen wolle bzw. wie er ohne Arbeitsmittel bis zum Ablauf der Kündigungsfrist arbeiten wolle. Der Rest des Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig. Gegen 13:15 Uhr verließen der Kläger und sein Bruder die Niederlassung der Beklagten. Mit Anwaltsschreiben vom 17.08.2009 bot der Kläger der Beklagten gegenüber seine Arbeitsleistung an. Mit Schreiben vom 24.08.2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos (Bl. 13 d. A.).
Der Kläger hat am 28.08.2009 vor dem Arbeitsgericht Klage erhoben mit folgenden Anträgen,
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1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 24.08.2009 aufgelöst worden ist,
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, ihm das Kfz Mercedes B 180 CDI, amtliches Kennzeichen NMS - ... bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 30.09.2009 zu überlassen,
3. die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Abrechnung für August 2009 zu erteilen, aus der sich ergibt, dass der Nettolohn 2.110,00 EUR beträgt,
4. die Beklagte zu verpflichten, an ihn für den Monat September 2009 1.557,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.10.2009 zu zahlen,
5. die Beklagte zu verpflichten, ihm die Arbeitspapiere, bestehend aus Lohnsteuerkarte, Sozialversicherungsnachweis und einer Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB III auszuhändigen,
6. die Beklagte zu verpflichten, ihm Auskunft zu erteilen über die bis zum 30.09.2009 von ihm herbeigeführten provisionspflichtigen abgerechneten Geschäftsabschlüsse.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands, insbesondere des streitigen Parteivorbringens wie er in der ersten Instanz vorgelegen hat, wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich der Inbezugnahmen verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG.
Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen F., S., S., N., R. und F.. Zum Inhalt und Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll der Kammerverhandlung vom 03.12.2009 verwiesen (Bl. 63 - 68 d. A.).
Das Arbeitsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die fristlose Kündigung sei unwirksam. Ein wichtiger Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB liege nicht vor. Eine beharrliche Arbeitsverweigerung bilde zwar grundsätzlich einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung der Kammer indessen fest, dass der Kläger nach Übergabe seiner Kündigung sogar die Fortsetzung seiner Arbeitsleistung bis zum 30.09.2009 angebo-
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ten habe. Dieses Angebot habe der Zeuge N. nicht angenommen. Dies hätten die Zeugen F. und S. bekundet. Demgegenüber seien die Aussagen der Zeuginnen S., F. und R. unergiebig. Soweit Frau F. behauptet habe, sicher zu sein, das gesamte Gespräch verfolgt zu haben, sei dies unglaubhaft, da sie den Kläger gar nicht hat sehen können. Folglich habe sie auch nicht beurteilen können, ob der Kläger auf die Frage des Zeugen N., ob er seine Arbeit jetzt einstellen wolle, geantwortet und seine Arbeitskraft ausdrücklich angeboten habe. Frau S. habe keine lebendige Erinnerung mehr an das Gespräch vom 12.08.2009 gehabt und nur auf das ihr von Herrn N. damals vorgelegte und von ihr unterschriebene Protokoll verwiesen. Als einzig unparteiischer Zeuge, der sich zudem in unmittelbarer Nähe des Geschehens aufgehalten habe, sei Herr S. überaus glaubhaft. Zudem sei befremdlich, dass die Beklagte den Zeugen S. erst per SMS am Tag der Kammerverhandlung an dessen Zeugenaussage erinnert habe, während sie die übrigen Zeugen bereits am 27.11.2009 hiervon in Kenntnis gesetzt habe. An der Glaubwürdigkeit des Zeugen S. habe die Kammer keinen Zweifel. Zudem habe die Beklagte auf das Schreiben des Klägers vom 17.08.2009 gar nicht reagiert, sondern dem Kläger erst eine weitere Woche später fristlos gekündigt. Der Kläger habe mithin Anspruch auf private Nutzung des Dienstfahrzeugs, auf Erteilung der Augustabrechnung, auf Verzugslohn für September, auf Herausgabe der Arbeitspapiere sowie auf Auskunft gemäß § 87 c Abs. 3 HGB i. V. m. dem Arbeitsvertrag gehabt.
Gegen dieses ihr am 21.12.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19.01.2010 beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Berufung eingelegt und diese am 18.02.2010 begründet.
Die Beklagte trägt vor,
das Arbeitsgericht habe seine Entscheidung nur auf die Aussagen der Zeugen F. und S. gestützt und dabei das besondere Näheverhältnis der Zeugen zum Kläger nicht berücksichtigt. Der Zeuge F. sei der Bruder und der Zeuge S. langjähriger Freund des Klägers. Der Kläger und diese Zeugen seien nach Beendigung ihrer Tätigkeit für die Beklagte zu einem anderen Arbeitgeber gewechselt. Zudem verweist die Beklagte darauf, dass der Zeuge F. sich noch am Tag der Eigenkündigung arbeitsunfähig gemeldet habe. Hierzu hätte er keinen Anlass gehabt, wenn der Zeuge N. den Kläger
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und ihn freigestellt hätte. Zudem hätten sowohl Frau F. als auch Frau S. ausgesagt, dass Herr N. zum Kläger und dessen Bruder gesagt habe, dass sie nicht freigestellt seien. Zudem wäre das Angebot zur Arbeitsaufnahme des Klägers vom 17.08.2009 sinnlos gewesen, wenn der Zeuge N. ihn bereits am 12.08.2009 freigestellt hätte. Im Hinblick auf die eindeutige Arbeitsverweigerung sei mithin die fristlose Kündigung gerechtfertigt. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die private Nutzung des Dienstfahrzeugs gehabt, nachdem er die Arbeit am 12.08.2009 eingestellt habe. Die geforderte Abrechnung für den Monat August auf der Basis von € 2.110,00 netto stehe ihm auch nicht zu, da er die Arbeit ab dem 12.08.2009 verweigert habe. Die Beklagte habe die Herausgabe der Arbeitspapiere nicht grundsätzlich verweigert, sondern nur darauf hingewiesen, dass er diese im Falle des Obsiegens selbstverständlich erhalte. Bei der Abrechnung provisionspflichtiger Geschäfte habe das Arbeitsgericht die Darlegungslast verkannt. Im Übrigen sei dem Antrag nicht zu entnehmen, für welchen Zeitraum die Abrechnung verlangt werde.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Neumünster vom 03.12.2009,
- Az.: 4 Ca 1198 a/09 - die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt
das angefochtene Urteil. Zu Recht habe das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass Voraussetzung eine ernstliche Aufforderung des Arbeitgebers gewesen wäre, die Arbeit aufzunehmen. Diese habe indessen nach den Aussagen aller Zeugen nicht vorgelegen. Der Zeuge N. habe ihn nach eigenen Bekundungen weder zur Arbeitsaufnahme aufgefordert noch die Entgegennahme der Arbeitsmittel verweigert. Vielmehr habe er ihn aufgefordert, auch noch die Winterreifen zu holen. Das Arbeitsgericht habe auch zu Recht den übrigen Anträgen stattgegeben.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 18.05.2009 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Abs. 2 lit. b) und c); 66 Abs. 1 ArbGG; § 519 ZPO.
In der Sache selbst hat die Berufung nur in geringem Umfang Erfolg.
1. Das Arbeitsgericht hat dem Kündigungsfeststellungsantrag zu Recht stattgegeben. Die Einwände der Beklagten gegen die getroffene Beweiswürdigung rechtfertigen kein anderes Ergebnis. Insoweit kann und soll zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf Ziff. 1 der zutreffenden Entscheidungsgründe verwiesen werden. Lediglich ergänzend und auf den Sach- und Rechtsvortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz eingehend wird ergänzend auf Folgendes hingewiesen.
a) Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzel¬falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist dabei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in zwei Stufen zu prüfen. Zuerst ist festzustellen, ob ein bestimmter Sachverhalt an sich geeignet ist, einen Kündigungsgrund zu bilden, sodann ist im Wege einer umfassenden Interessenabwägung festzustellen, ob auch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls ein wichtiger Grund vorliegt. Bei einer Arbeitsverweigerung, d. h. die bewusste und gewollte Nichtleistung der Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis, kann in aller Regel
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grundsätzlich ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vorliegen. Voraussetzung ist allerdings ein Fall der sogenannten beharrlichen Arbeitsverweigerung. Die beharrliche Arbeitsverweigerung setzt eine Nachhaltigkeit im Willen voraus (BAG Urt. v. 05.04.2001 - 2 AZR 580/99 -, AP Nr. 32 zu § 99 BetrVG 1972‚ Einstellung; BAG Urt. v. 19.04.2007 - 2 AZR 78/06 -, AP Nr. 77 zu § 611 BGB‚ Direktionsrecht). Der Arbeitnehmer muss die von ihm geschuldete Arbeit bewusst und nachhaltig nicht leisten wollen, wobei es nicht genügt, dass er eine Weisung des Arbeitgebers schlicht nicht befolgt (LAG Rheinland-Pfalz Urt. v. 08.09.2009 - 1 Sa 230/09 -, LAGE § 626 BGB 2002 Nr. 22; LAG Niedersachen Urt. v. 06.04.2009 - 9 Sa 1303/08 -, LAGE § 106 GewO 2003 Nr. 6 a). Eine derart geforderte intensive bzw. nachhaltige Arbeitsverweigerung liegt nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer sich bewusst und willentlich der für ihn erkennbaren und eindeutigen Arbeitsaufforderung des Arbeitgebers widersetzt. In Fällen, in denen die intensive Weigerung nicht festgestellt werden kann, muss eine erfolglose Abmahnung voran gegangen sein. Nur dann kann die Prognose erstellt werden, ob der Arbeitnehmer die Arbeit künftig weiter verweigern werde. Letztlich ist es im Rahmen des ultima-ratio-Prinzip auch möglich, dass je nach Sachlage nur eine ordentliche Kündigung in Betracht kommt (vgl. BAG Urt. v. vom 21.11.1996 - 2 AZR 357/95 -, AP Nr. 130 zu § 626 BGB; BAG v. 05.04.2001 - 2 AZR 580/99 -, a.a.O.; BAG v. 19.04.2007 - 2 AZR 78/06 -, a. a. O.). Darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen einer beharrlichen Arbeitsverweigerung ist der Arbeitgeber. Es muss mithin nicht der Arbeitnehmer beweisen, dass er freigestellt war oder seine Arbeitskraft tatsächlich oder zumindest mündlich angeboten hat. Vielmehr muss der Arbeitgeber beweisen, dass der Arbeitnehmer sich intensiv geweigert hat, seine Arbeit aufzunehmen.
b) Hieran gemessen kann auch die Berufungskammer bereits aufgrund des unstreitigen Sachverhalts und zudem aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht feststellen, dass der Kläger am 12.08.2009 eine beharrliche Arbeitsverweigerung begangen hat. Die Beklagte verkennt dabei die Darlegungs- und Beweislast. Es geht vorliegend nicht um die Frage, ob der Zeuge N. den Kläger von der Arbeit freigestellt hat, sondern darum, ob der Kläger beharrlich seine geschuldete Arbeitsleistung verweigert hat.
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aa) Zwar hat der Kläger unstreitig am 12.08.2009 aus eigenem Antrieb seine Arbeitsmittel (Laptop, Handy und Dienstfahrzeug) abgegeben und damit bekundet, nicht weiter für die Beklagte arbeiten zu wollen. Indessen ist die Abgabe der Arbeitsmittel erkennbar in Zusammenhang mit der zugleich erklärten Eigenkündigung des Arbeitsverhältnisses zu sehen. Der Kläger beruft sich darauf, dass es bei der Beklagten üblich gewesen sei, im Falle der Eigenkündigung und des Wechsels zu einem Konkurrenzunternehmen, den betreffenden Arbeitnehmer freizustellen. Dies ist gerichtsbekannter Maßen eine durchaus übliche Geschäftspraxis und ist bezogen auf die Beklagte auch von dem Zeugen S. bestätigt worden. Dass auch die Beklagte bei Ausspruch einer Kündigung ihre Arbeitnehmer von der Arbeit freistellt, ergibt sich zudem aus § 16 des klägerischen Arbeitsvertrages selbst. Zudem wusste die Beklagte bzw. deren Niederlassungsleiter N. bereits seit dem 10.08.2009, dass der Kläger zu einer Konkurrentin wechseln wollte. In solchen Fällen hat der Arbeitgeber regelmäßig selbst ein erhebliches Interesse daran, dem betreffenden Arbeitnehmer den Zugang zu Kundendaten und Kontakten mit Kunden durch eine Freistellung abzuschneiden.
bb) Vor diesem Hintergrund konnte die Abgabe der Arbeitsmittel allein noch keine beharrliche Arbeitsverweigerung im obigen Sinne darstellen. Der Zeuge N. hat den Kläger während des strittigen Gesprächs am 12.08.2009 auch unstreitig nicht zur Arbeitsaufnahme aufgefordert. Er hat auch nicht gegen die Abgabe der Arbeitsmittel protestiert. Er hat sich weder geweigert, sie entgegen zu nehmen noch diese dem Kläger wieder ausgehändigt. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Zeuge N. den Kläger unstreitig gefragt hat, ob er seine Arbeitsleistung jetzt einstellen wolle oder wie er ohne Arbeitsmittel weiterarbeiten wolle. Zwar ist dieser Äußerung allein noch nicht der Wille zu entnehmen, den Kläger von der Arbeit freizustellen, indessen beinhaltet diese Fragestellung aber auch nicht die eindeutig erkennbare Aufforderung, die Arbeit unverzüglich wieder aufzunehmen. Gerade angesichts der Tatsache, dass der Zeuge den Kläger unstreitig auch noch aufgefordert hat, die Winterreifen noch zu holen, damit das Dienstfahrzeug komplett zurückgegeben werden könne, deutet darauf hin, dass der Zeuge N. letztlich mit der Arbeitsniederlegung einverstanden war, ihn zumindest auch nicht etwa konkludent zur Arbeitsaufnahme aufgefordert hat. Angesichts dieses Verhaltens konnte der Kläger davon ausgehen, dass die Beklagte ihn
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- wie im Falle einer Eigenkündigung und Wechsel zu einer Konkurrentin üblich - bis zum Beendigungszeitpunkt von der Arbeit freistellt.
Die Beklagte hat mithin weder schlüssig dargelegt noch bewiesen, dass der Kläger seine Arbeitsleistung beharrlich verweigert hat.
2. Der Kläger hat auch Anspruch auf Abrechnung des Augustgehalts auf der Basis eines ausgezahlten Nettobetrages in Höhe von € 2.110,00. Unstreitig bezieht der Kläger neben einem Fixum auch monatlich abzurechnende Provisionen. Die Beklagte hat dem Kläger auf das Augustgehalt unstreitig € 2.110,00 netto gezahlt, ohne dass überprüft werden kann, welcher Anteil auf das Fixum und welcher Anteil auf die Provisionen fällt. Insoweit verfängt der in der Berufungsbegründung (Ziff. 3 und 4) erhobene Einwand der Beklagten nicht. Es geht vorliegend um Abrechnung, nicht um Zahlung. Im Übrigen hat der Kläger gemäß §§ 611 Abs. 1 Hbs. 2, 615 BGB i. V. m. dem Arbeitsvertrag Anspruch auf Vergütung für den vollen Monat August 2009.
3. Der Kläger hat auch zumindest Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Festgehalts für den Monat September 2009. Die Beklagte befand sich im Annahmeverzug, § 615 BGB. Durch Ausspruch der fristlosen Kündigung hat sie zum Ausdruck gebracht, den Kläger nicht weiterbeschäftigen zu wollen.
4. Die Beklagte war auch verpflichtet, dem Kläger die geforderten Arbeitspapiere (Lohnsteuerkarte, Sozialversicherungsschein und Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III herauszugeben. Sie hatte kein Zurückbehaltungsrecht daran. Der Einwand der Beklagten, dass die Arbeitspapiere nach rechtskräftiger Entscheidung über den Kündigungsrechtsstreit eventuell noch hätten berichtigt werden müssen, ändert hieran nichts.
5. Indessen ist die Berufung der Beklagten – teilweise - bezogen auf die Anträge zu Ziffern 2 und 6 begründet.
a) Der Feststellungsantrag zu Ziff. 2 ist unbegründet. Die Beklagte war nach § 16 des Arbeitsvertrages nicht verpflichtet, dem Kläger nach dessen Eigenkündigung und des von ihm selbst behaupteten Freistellungszeitraums das Dienstfahrzeug auch zur
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privaten Nutzung zu überlassen. Der Kläger verhält sich zudem widersprüchlich, wenn er zunächst den Dienstwagen aus eigenem Antrieb zurück gibt und sich hiernach darauf beruft, dass er diesen nicht mehr für Privatfahrten hat nutzen können.
b) Der Antrag zu Ziff. 6 ist bereits zu unbestimmt. Hierauf hat das Berufungsgericht den Kläger auch mit Verfügung vom 07.05.2010 hingewiesen. Es ist nicht ersichtlich, für welchen konkreten Zeitraum der Kläger Auskunft über etwaig verdiente Provisionen begehrt. Soweit ersichtlich sind die Provisionen monatlich abgerechnet worden, sodass nicht verständlich ist, warum der Kläger nunmehr für den gesamten Beschäftigungszeitraum „bis zum 30.09.2009“ Auskunft über die provisionspflichtigen abgerechneten Geschäftsabschlüsse beansprucht. Soweit er meint, dass bestimmte provisionspflichtige Geschäftsabschlüsse noch nicht abgerechnet worden seien, hätte er hierzu konkret vortragen müssen (welche von ihm vermittelten Geschäftsabschlüsse?).
6. Nach alledem war die Berufung teilweise begründet, sodass die Klage unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils im erfolgten Umfang teilweise abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe nach § 72 Abs. 2 ArbGG hierfür nicht vorlagen.
gez. ...
gez. ...
gez. ...
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