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LAG Rhein­land-Pfalz, Ur­teil vom 03.03.2016, 5 Sa 341/15

   
Schlagworte: Annahmeverzug, Schadensersatz, Leidensgerechte Beschäftigung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen: 5 Sa 341/15
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 03.03.2016
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Trier, 5 Ca 1259/14
   

Ak­ten­zei­chen:
5 Sa 341/15
5 Ca 1259/14
ArbG Trier
Verkündet am: 03.03.2016

Te­nor

1. Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Trier vom 3. Ju­ni 2015, Az. 5 Ca 1259/14, wird kos­ten­pflich­tig zurück­ge­wie­sen.

2. Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

 

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über Vergütung we­gen An­nah­me­ver­zugs oder Scha­dens­er­satz we­gen Nicht­beschäfti­gung.

Der 1966 ge­bo­re­ne Kläger ist mit ei­nem GdB von 50 ein schwer­be­hin­der­ter Mensch. Er ist seit 1995 bei der Be­klag­ten, die in A-Stadt ein Rei­fen­werk mit über 600 Ar­beit­neh­mern be­treibt, als Ar­bei­ter im Drei­schicht­be­trieb beschäftigt. Zu­letzt ar­bei­te­te er in der Lkw-Rei­fen­in­spek­ti­on und kon­trol­lier­te Rei­fen auf Pro­duk­ti­ons­feh­ler. Sei­ne Mo­nats­vergütung be­trug im Au­gust 2012 € 3.125,40 brut­to (€ 2.834,72 zzgl. € 290,62 Nacht­ar­beits­zu­schläge). Der Kläger war seit Au­gust 2012 ar­beits­unfähig er­krankt. Er wur­de An­fang Fe­bru­ar 2014 aus dem Kran­ken­geld­be­zug aus­ge­steu­ert, da­nach be­zog er Ar­beits­lo­sen­geld. Der Kläger kann we­der die kon­kre­te Be­zugs­dau­er noch die Höhe der So­zi­al­leis­tun­gen an­ge­ben.

Im April 2013 be­an­trag­te der Kläger ei­ne Wie­der­ein­glie­de­rung. Er leg­te der Be­klag­ten ei­ne ärzt­li­che Be­schei­ni­gung vom 21.01.2013 vor, dass er kei­ne Nacht­schicht mehr ausüben könne. Wech­sel­schicht mit Früh- und Spätschicht sei ihm zu­mut­bar. Schwe­res He­ben und Tra­gen so­wie sta­ti­sche Be­las­tun­gen soll­ten ge­mie­den wer­den. Leich­te bis mit­tel­schwe­re Aus­dau­er­be­las­tun­gen sei­en voll­schich­tig zu­mut­bar. Der ursprüng­li­che Wie­der­ein­glie­de­rungs­plan sah vor, dass der Kläger ab 29.04.2013 für zwei Wo­chen täglich 2 St­un­den in der Frühschicht, ab 13.05.2013 für zwei Wo­chen täglich 4 St­un­den in der Frühschicht und ab 27.05.2013 für zwei Wo­chen täglich 6 St­un­den in Früh- und Spätschicht ar­bei­ten soll. Die Wie­der­ein­glie­de­rung wur­de im Ein­verständ­nis mit der Be­klag­ten zunächst planmäßig durch­geführt. Am 24.05.2013 wur­de der Plan auf An­trag des Klägers geändert und die 4-St­un­den-Pha­se bis zum 09.06.2013 verlängert. Ei­ne zwei­te Verlänge­rung die­ser Pha­se er­folg­te wunsch­gemäß bis zum 23.06.2013. Der Kläger wur­de nur in der Frühschicht ein­ge­setzt. Am 24.06.2013 emp­fah­len die be­han­deln­den Ärz­te ei­ne drit­te Verlänge­rung der 4-St­un­den-Pha­se bis zum 07.07.2013. Auch auf die­sem Plan ver­merk­ten die Ärz­te, dass ei­ne Wie­der­her­stel­lung der vol­len Ar­beitsfähig­keit zur­zeit nicht ab­seh­bar sei. Die Be­klag­te ent­schloss sich nach Rück­spra­che mit der Kran­ken­kas­se, ei­ne wei­te­re Wie­der­ein­glie­de­rung ab­zu­leh­nen. Sie erklärte sich be­reit, ei­nen an­der­wei­ti­gen Ar­beits­platz für den Kläger zu su­chen, so­bald die Er­geb­nis­se ei­ner kar­dio­lo­gi­schen Un­ter­su­chung vom 16.07.2013 vorlägen. Zwi­schen­zeit­lich hat­te der Werks­arzt der Be­klag­ten am 21.05.2013 fol­gen­de An­fra­ge an die be­han­deln­den Ärz­te des Klägers ge­rich­tet:

"Bei Herrn A. läuft z.Z. die Wie­der­ein­glie­de­rung. Die vier-St­un­den-Pha­se soll­te so lan­ge aus­ge­dehnt wer­den, bis die am Ar­beits­platz not­wen­di­ge Leis­tung (Stück­zahl) er­reicht ist. Ab der sechs-St­un­den-Pha­se ist bei D. die Ar­beit auf Schicht üblich. Bit­te um Mit­tei­lung, ob in ab­seh­ba­rer Zeit ei­ne Nacht­dienst­taug­lich­keit zu er­war­ten ist."

Die be­han­deln­den Ärz­te ant­wor­te­ten ihm am 24.05.2013, dass mit ei­ner Nacht­dienst­taug­lich­keit in 12 Mo­na­ten zu rech­nen sei. Am 11.06.2013 wand­te sich der Werks­arzt mit fol­gen­dem Schrei­ben an die be­han­deln­den Ärz­te des Klägers:

"… Da­mit nicht noch mehr Miss­verständ­nis­se kur­sie­ren, kur­zes Fax von "Ar­beit­ge­ber­sei­te": Herr A. äußer­te heu­te Mor­gen in ei­nem Gespräch in der Per­so­nal-Ab­tei­lung, dass er an dem zurück­lie­gen­den frei­en Wo­chen­en­de schlecht ge­schla­fen ha­be und beim Lie­gen auf der lin­ken Sei­te Was­ser in der Brust spürte? Es wur­de ihm ge­ra­ten, den be­treu­en­den Arzt/Ärz­tin auf­zu­su­chen.

In der Hoff­nung dass sich hier­bei kei­ne Hin­der­nis­se zei­gen, möch­ten wir fol­gen­des vor­schla­gen: Ab dem 24.6. sechs St­un­den auf Früh- und Spätschicht, in de­nen er wei­ter die wech­seln­de Tätig­keit trai­nie­ren kann (der Wie­der­ein­glie­de­rungs­plan müss­te dann ent­spre­chend aus­ge­stellt wer­den). In den Som­mer­fe­ri­en ha­ben wir nur gan­ze Früh-Spät-Nacht-Schicht­wo­chen. Da­nach Drei­er-Schicht mit kur­zem Wech­sel (in dem Schicht­rhyth­mus kommt es in ei­ner Wo­che zu zwei und in der nächs­ten Wo­che zu drei Nacht­schich­ten, je­weils ge­folgt von zwei frei­en Ta­gen).

Wir möch­ten vor­schla­gen ab dem 1.9. Wie­der­ein­glie­de­rung mit je­weils 6 St­un­den im Drei­er-Schicht-Rhyth­mus, wo­bei am 4.9. + 5.9. für zwei Ta­ge für Herrn A. die ers­ten Nacht­schich­ten an­fal­len würden. Nach die­sen bei­den Nacht­schich­ten möch­ten wir vor­schla­gen, dass schon jetzt ein Ter­min bei Ih­nen für Herr A. ver­ein­bart wird zur Kon­trol­le der me­di­zi­ni­schen Zu­mut­bar­keit."

In ei­nem Gespräch vom 23.07.2013 in An­we­sen­heit ei­ner Mit­ar­bei­te­rin des In­te­gra­ti­ons­fach­diens­tes und des Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­ters be­nann­te der Kläger kei­nen Ar­beits­platz, auf dem er sich ei­ne wei­te­re Ar­beits­leis­tung vor­stel­len könn­te. Am 29.10.2013 kam es zu ei­nem wei­te­ren Gespräch. Der Kläger teil­te mit, dass er vor ei­ner er­neu­ten Wie­der­ein­glie­de­rung das Er­geb­nis ei­ner Blut­druck­un­ter­su­chung im De­zem­ber 2013 ab­war­ten wol­le. Da­nach mel­de­te sich der Kläger erst wie­der am 07.02.2014 bei der Per­so­nal­lei­te­rin und erklärte, die Kran­ken­kas­se ha­be ihn aus­ge­steu­ert, er wol­le da­her wie­der beschäftigt wer­den. Gleich­zei­tig räum­te er ein, wei­ter­hin un­ter ge­sund­heit­li­chen Ein­schränkun­gen zu lei­den. Die Be­klag­te bat ihn noch am sel­ben Tag, sei­ne Be­fund­be­rich­te ih­rem Werks­arzt zu über­sen­den, um sei­ne Ar­beitsfähig­keit zu über­prüfen und ei­nen ge­eig­ne­ten Ar­beits­platz zu fin­den.

Der Kläger leg­te kei­ne Un­ter­la­gen vor, son­dern for­der­te über sei­ne zwi­schen­zeit­lich be­auf­trag­te Rechts­anwältin mit Schrei­ben vom 17.05.2014 die Zah­lung von An­nah­me­ver­zugs­lohn seit 07.02.2014. Auf die Auf­for­de­rung der Be­klag­ten, sich von ih­rem Werks­arzt un­ter­su­chen zu las­sen, er­schien der Kläger zwar am 06.06.2014 im Be­trieb; ei­ne werksärzt­li­che Un­ter­su­chung er­folg­te je­doch nicht. Die Ur­sa­chen sind strei­tig. Der Kläger überg­ab dem Werks­arzt am 06.06.2014 ei­nen Arzt­brief vom 13.03.2014 (oh­ne Un­ter­schrift und er­kenn­ba­ren Aus­stel­ler) an sei­ne Hausärz­tin, den er in Ko­pie (in Auszügen) zur Ge­richts­ak­te ge­reicht hat. Im Arzt­brief heißt es ua.:

"… vie­len Dank für die freund­li­che Über­wei­sung Ih­res Pa­ti­en­ten.

Bezüglich der Be­rufstätig­keit kann auf­grund des bis­he­ri­gen Ver­laufs und der vor­lie­gen­de Be­fun­de ge­sagt wer­den, dass schwe­re körper­li­che Ar­bei­ten für den Pa­ti­en­ten ungüns­tig und nicht mehr zu­mut­bar sind. Herr A. ist noch für leich­te bis kurz­fris­tig mit­tel­schwe­re körper­li­che Ar­bei­ten mit ge­re­gel­ten Ar­beits­zei­ten am Ta­ge voll­schich­tig ein­setz­bar. Früh- und Spätschicht sind zu­mut­bar. Nacht­schicht und ech­te drei­fach Wech­sel­schicht sind nicht mehr zu­mut­bar.

Bei Wie­der­auf­nah­me ei­ner ent­spre­chen­den Tätig­keit soll­te der Pa­ti­ent aber wei­ter­hin eng­ma­schig über­wacht wer­den, um ge­ge­be­nen­falls ei­ne Ver­schlech­te­rung der Be­fun­de frühzei­tig zu er­ken­nen, da man dann er­neut ent­schei­den müss­te. So­fern hier wei­te­re Dis­kre­pan­zen oder Un­klar­hei­ten be­ste­hen, würde ich ein sta­ti­onäres Heil­ver­fah­ren befürwor­ten mit der Fra­ge­stel­lung der Klärung der be­ruf­li­chen Leis­tungsfähig­keit."

Im An­schluss prüfte die Be­klag­te ei­nen ent­spre­chen­den lei­dens­ge­rech­ten Ar­beits­platz und for­der­te den Kläger mit Schrei­ben vom 11.06. auf, sich am 16.06.2014 zur Frühschicht im Be­trieb ein­zu­fin­den. Die Rechts­anwältin des Klägers teil­te mit, dass sich ihr Man­dant auf ei­ner Ur­laubs­rei­se be­fin­de und erst am 30.06.2014 wie­der zur Verfügung ste­he. Die Be­klag­te möge ihr mit­tei­len, zu wel­chen Ar­beits­zei­ten der Kläger ein­ge­teilt sei und ihr außer­dem ei­ne kon­kre­te Ar­beits­platz­be­schrei­bung über­mit­teln. Dar­auf­hin for­der­te die Be­klag­te den Kläger mit Schrei­ben vom 23.06. auf, am 01.07.2014, um 7:00 Uhr sei­nen Dienst auf­zu­neh­men.

Der Kläger er­schien am 01.07.2014. Er war mit dem an­ge­bo­te­nen Ar­beits­platz in der Heiz­ab­tei­lung nicht ein­ver­stan­den. Ob er ei­ne hal­be St­un­de ar­bei­te­te, ist strei­tig. Sei­ne Rechts­anwältin teil­te mit Schrei­ben vom 01.07.2014 mit, dass ihr Man­dant auf ei­nen für ihn le­bens­gefähr­li­chen Ar­beits­platz ver­setzt wor­den sei. Er ha­be mit Rei­fen be­la­de­ne Wa­gen, die mehr als 50 kg wo­gen, bei großer Hit­ze und heißen Dämp­fen be­we­gen müssen. Der Werks­arzt, den er auf­ge­sucht ha­be, weil ihm in der Hit­ze schlecht ge­wor­den sei, ha­be ihm ei­ne "Stand­pau­ke" ge­hal­ten. Die Anwältin kündig­te die Ausübung ei­nes Zurück­be­hal­tungs­rechts für den Fall an, dass die Be­klag­te den Ver­zugs­lohn nicht bis zum 04.07.2014 zah­le.

Die Be­klag­te for­der­te den Kläger mit Schrei­ben vom 11.08. auf, ab 18.08.2014 ei­ne Tätig­keit an der Apex-Ma­schi­ne in der Pkw-Wulst­ver­ar­bei­tung auf­zu­neh­men. Ei­ne Re­ak­ti­on hier­auf er­folg­te nicht. Mit Schrei­ben vom 06.09.2014 teil­te die Anwältin des Klägers mit, dass ihr Man­dant von sei­nem Zurück­be­hal­tungs­recht Ge­brauch ma­che.

Mit sei­ner am 29.09.2014 beim Ar­beits­ge­richt Trier ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge vom 06.09.2014 ver­langt der Kläger für die Mo­na­te von Fe­bru­ar bis Au­gust 2014 die Zah­lung von ins­ge­samt € 19.843,04 brut­to (7 x € 2.834,72) so­wie ei­ne ord­nungs­gemäße Lohn­ab­rech­nung. Leis­tun­gen der Kran­ken­kas­se oder der Bun­des­agen­tur für Ar­beit bringt er von der Kla­ge­for­de­rung nicht in Ab­zug.

Der Kläger reich­te erst­in­stanz­lich Blatt 1 ei­nes ärzt­li­chen Ent­las­sungs­be­richts der Deut­schen Ren­ten­ver­si­che­rung (oh­ne Da­tum, oh­ne Un­ter­schrift) zur Ge­richts­ak­te, der am 14.12.2012 aus­ge­stellt wor­den sein soll, und ua. wie folgt lau­tet:

"Fol­gen­de Ar­bei­ten können ver­rich­tet wer­den:

Körper­li­che Ar­beits­schwe­re: leich­te bis mit­tel­schwe­re

Ar­beits­hal­tung: über­wie­gend im Ste­hen, im Ge­hen, im Sit­zen

Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on: Ta­ges­schicht, Früh-/Spätschicht

Be­schrei­bung des Leis­tungs­bil­des:

Es be­steht in Voll­zeit Leis­tungsfähig­keit für leich­te bis mit­tel­schwe­re körper­li­che Tätig­kei­ten, oh­ne Ak­kord, oh­ne Nacht­schicht.

Kei­ne Fahrtätig­keit bei Ver­dacht auf re­le­van­tes Schlaf­apnoe­syn­drom, bis zur wei­te­ren Abklärung bzw. The­ra­pie. …"

Außer­dem leg­te er Sei­te 1 (von 2) ei­nes Gut­ach­tens des ärzt­li­chen Diens­tes der Bun­des­agen­tur für Ar­beit vom 15.04.2014 vor. Die vor­ge­leg­te Sei­te 1 hat aus­zugs­wei­se fol­gen­den In­halt:

"Aus­zu­sch­ließen sind:

Fahr-, Steu­er- und Über­wa­chungstätig­kei­ten.

Tätig­kei­ten mit erhöhter Stress­be­las­tung.

Ar­bei­ten un­ter erhöhtem Zeit­druck.

Ho­he Ver­ant­wor­tung.

Ar­bei­ten in Zwangs­hal­tun­gen.

Gehäuf­tes Bücken.

Er­stei­gen von Lei­tern und Gerüsten.

Ar­beits­me­di­zi­nisch de­fi­nier­te Hit­ze­ar­beit.

Ab­sturz­ge­fahr aus großer Höhe.

Nacht­schichttätig­keit/Wech­sel­schicht.

Be­las­tun­gen durch Staub, Rauch, Ga­se oder Dämp­fe.

So­zi­al­me­di­zi­ni­sche Be­ur­tei­lung:

Herr N. wur­de we­gen ei­ner kom­ple­xen Herz-Kreis­lauf-Funk­ti­onsstörung um­fas­send be­han­delt.

Schwe­re und an­hal­tend mit­tel­schwe­re körper­li­che Tätig­kei­ten, ho­her Zeit­druck, Nacht­schicht, ungüns­ti­ge Wech­sel­schich­ten und ar­beits­me­di­zi­nisch de­fi­nier­te Hit­ze­ar­bei­ten soll­ten nicht ver­langt wer­den. Das Be­we­gen auf Lei­tern und Gerüsten mit Ab­sturz­ge­fahr ist ungüns­tig. Länge­res Bücken so­wie Tätig­kei­ten un­ter Ein­fluss in­ha­la­ti­ver Be­las­tun­gen durch Rauch, Staub oder schädli­che Ga­se und Dämp­fe soll­ten nicht ver­langt wer­den.

Be­ant­wor­tung der Ziel­fra­gen:

Die zu­letzt aus­geübte Tätig­keit des Hel­fers in der Her­stel­lung von Rei­fen ist we­gen der an­ge­ge­be­nen Ein­schränkun­gen nicht güns­tig. Ei­ne voll­schich­ti­ge Leis­tungsfähig­keit se­hen wir je­doch für körper­lich leich­te bis ge­le­gent­lich mit­tel­schwe­re Tätig­kei­ten in wech­seln­der Körper­hal­tung."

Von ei­ner wei­ter­ge­hen­den Dar­stel­lung des un­strei­ti­gen Tat­be­stan­des und des erst­in­stanz­li­chen Par­tei­vor­brin­gens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG ab­ge­se­hen und auf den Tat­be­stand des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Trier vom 03.06.2015 Be­zug ge­nom­men.

Der Kläger hat erst­in­stanz­lich be­an­tragt,

1. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn ei­nen Brut­to­lohn iHv. ins­ge­samt € 19.843,04 nebst Zin­sen iHv. 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz aus € 2.834,72 seit 01.03.2014, aus € 2.834,72 seit 01.04.2014, aus € 2.834,72 seit 01.05.2011, aus € 2.834,72 seit 01.06.2014, aus € 2.834,72 seit 01.07.2014, aus € 2.834,72 seit 01.08.2014 so­wie aus € 2.834,72 seit 01.09.2014 zu zah­len,

2. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, ihm ei­ne ord­nungs­gemäße Lohn­ab­rech­nung für die Mo­na­te Fe­bru­ar bis Au­gust 2014 zu er­tei­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Das Ar­beits­ge­richt hat mit Ur­teil vom 03.06.2015 die Kla­ge ab­ge­wie­sen und zur Be­gründung aus­geführt, der Kläger ha­be man­gels Leis­tungsfähig­keit kei­nen An­spruch auf Vergütung aus An­nah­me­ver­zug für den strei­ti­gen Zeit­raum. Auch Scha­dens­er­satz­ansprüche we­gen Nicht­beschäfti­gung stünden dem Kläger nicht zu. We­gen der Ein­zel­hei­ten der erst­in­stanz­li­chen Be­gründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Ent­schei­dungs­gründe des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Trier vom 03.06.2015 Be­zug ge­nom­men.

Ge­gen das am 26.06.2015 zu­ge­stell­te Ur­teil hat der Kläger mit am 24.07.2015 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nem Schrift­satz Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se in­ner­halb der bis zum 28.09.2015 verlänger­ten Be­ru­fungs­be­gründungs­frist am 28.09.2015 be­gründet.

Er macht gel­tend, das Ar­beits­ge­richt ha­be die Tat­sa­chen feh­ler­haft fest­ge­stellt. Er ha­be insb. be­strit­ten, dass er dau­er­haft ar­beits­unfähig sei. Er ha­be für die­se Be­haup­tung auch Be­weis an­ge­tre­ten durch Be­nen­nung der ihn be­han­deln­den Ärz­te als Zeu­gen und die Ein­ho­lung ei­nes Sach­verständi­gen­gut­ach­tens. Auch sein Vor­trag, dass er der Be­klag­ten die so­zi­al­me­di­zi­ni­sche Leis­tungs­be­ur­tei­lung vom 14.12.2012 über­ge­ben ha­be, sei un­berück­sich­tigt ge­blie­ben. Nach dem Ur­teil des BAG vom 09.04.2014 (10 AZR 637/13) führe die Tat­sa­che, dass ein Ar­beit­neh­mer nicht mehr für Nacht­schich­ten ein­ge­teilt wer­den könne, nicht au­to­ma­tisch zur Ar­beits­unfähig­keit. Viel­mehr ha­be der Ar­beit­ge­ber bei der Schicht­ein­tei­lung auf das ge­sund­heit­li­che De­fi­zit Rück­sicht zu neh­men. Dies ha­be die Be­klag­te aus­weis­lich der Fax­be­rich­te ih­res Werks­arz­tes vom 21.05. und 11.06.2013 nicht ge­tan. Sie ha­be die Wie­der­ein­glie­de­rung viel­mehr we­gen sei­ner Nacht­dienst­un­taug­lich­keit ab­ge­bro­chen. Selbst wenn man der An­sicht des Ar­beits­ge­richts fol­gen woll­te, die Be­klag­te ha­be von sei­ner wei­te­ren Ar­beits­unfähig­keit aus­ge­hen dürfen, hätte spätes­tens am 07.02.2014, nach­dem er ihr erklärt ha­be, wie­der ar­beitsfähig zu sein, und erst Recht nach Vor­la­ge des At­tes­tes vom 13.03.2014 ei­ne an­de­re Be­ur­tei­lung er­fol­gen müssen. Die Be­klag­te hätte ihn zu­min­dest ei­ner neu­en Un­ter­su­chung un­ter­zie­hen müssen, wenn sie Zwei­fel an sei­ner Ar­beitsfähig­keit ge­habt hätte. Er ha­be ent­ge­gen der An­nah­me des Ar­beits­ge­richts ei­nen Ar­beits­platz be­nannt, auf dem er sich ei­ne wei­te­re Ar­beits­leis­tung vor­stel­len könn­te. Hierfür ha­be er erst­in­stanz­lich Be­weis an­ge­bo­ten durch Ver­neh­mung der Mit­ar­bei­te­rin des In­te­gra­ti­ons­fach­diens­tes als Zeu­gin. Er ha­be auch vor­ge­tra­gen, dass in sei­ner Ab­tei­lung zwei Ar­beit­neh­mer beschäftigt wor­den sei­en, die kei­ne Nacht­schicht leis­ten muss­ten. Er ha­be auf ei­nem die­ser Ar­beitsplätze ar­bei­ten wol­len. Hier­auf ha­be er in den BEM-Gesprächen mit der Be­klag­ten mehr­fach und kon­kret hin­ge­wie­sen. Hierfür ha­be er die Zeu­gin vom In­te­gra­ti­ons­fach­dienst eben­falls be­nannt. Aus die­sem Grund lie­ge ei­ne schuld­haf­te Pflicht­ver­let­zung nach § 81 Abs. 4 SGB IX vor. Die Be­klag­te sei ent­ge­gen der An­sicht des Ar­beits­ge­richts ih­rer Ver­pflich­tung nicht da­durch nach­ge­kom­men, dass sie ihm ei­nen Ar­beits­platz an der Apex-Ma­schi­ne an­ge­bo­ten ha­be, denn an die­ser Ma­schi­ne sei Ak­kord­ar­beit zu leis­ten, die er nicht ausüben könne.

Der Kläger be­an­tragt zweit­in­stanz­lich,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Trier vom 03.06.2015, Az. 5 Ca 1259/14, ab­zuändern und

1. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn ei­nen Brut­to­lohn iHv. ins­ge­samt € 19.843,04 nebst Zin­sen iHv. 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz aus € 2.834,72 seit 01.03.2014, aus € 2.834,72 seit 01.04.2014, aus € 2.834,72 seit 01.05.2011, aus € 2.834,72 seit 01.06.2014, aus € 2.834,72 seit 01.07.2014, aus € 2.834,72 seit 01.08.2014 so­wie aus € 2.834,72 seit 01.09.2014 zu zah­len,

2. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, ihm ei­ne ord­nungs­gemäße Lohn­ab­rech­nung für die Mo­na­te Fe­bru­ar bis Au­gust 2014 zu er­tei­len.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

We­gen wei­te­rer Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des wird auf die zwi­schen den Par­tei­en ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen so­wie die Sit­zungs­nie­der­schrif­ten Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe

I. Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statt­haf­te Be­ru­fung des Klägers ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und aus­rei­chend be­gründet wor­den. Sie er­weist sich auch sonst als zulässig.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten genügt die Be­gründung der Be­ru­fung den ge­setz­li­chen An­for­de­run­gen. Der Kläger wen­det sich ge­gen die An­nah­me des Ar­beits­ge­richts, er sei im strei­ti­gen Zeit­raum ab Fe­bru­ar 2014 aus ge­sund­heit­li­chen Gründen nicht in der La­ge ge­we­sen, der Be­klag­ten sei­ne Ar­beits­leis­tung an­zu­bie­ten. Die Be­klag­te ha­be ih­re Pflicht ver­letzt, ihm im Rah­men ih­res Di­rek­ti­ons­rechts ei­ne lei­dens­ge­rech­te Ar­beitsmöglich­keit zu eröff­nen. Er legt dar, wel­che Umstände das Ar­beits­ge­richt aus sei­ner Sicht außer Acht ge­las­sen ha­be und wie dar­aus ein an­de­res Er­geb­nis fol­ge. Das reicht als Be­ru­fungs­an­griff aus.

II. Die Be­ru­fung hat in der Sa­che je­doch kei­nen Er­folg. Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge zu Recht ab­ge­wie­sen. Der Kla­ge­an­trag zu 1) ist un­be­gründet. Der Kläger hat kei­nen An­spruch auf Zah­lung von An­nah­me­ver­zugs­lohn für die Zeit vom 01.02. bis zum 31.08.2014 iHv. € 19.843,04 brut­to aus § 615 BGB. Die Be­klag­te schul­det ihm auch kei­nen Scha­dens­er­satz we­gen Nicht­beschäfti­gung nach § 280 Abs. 1 BGB oder aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 81 Abs. 4 SGB IX. Der Kla­ge­an­trag zu 2) ist be­reits un­zulässig. Der Kläger kann nicht die Er­tei­lung ei­ner ord­nungs­gemäßen Lohn­ab­rech­nung ver­lan­gen.

Die Be­ru­fungs­kam­mer folgt der ausführ­li­chen und sorgfälti­gen Be­gründung des an­ge­foch­te­nen Ur­teils und stellt dies nach § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Von der Dar­stel­lung ei­ge­ner vollständi­ger Ent­schei­dungs­gründe wird da­her ab­ge­se­hen. Das Be­ru­fungs­vor­brin­gen des Klägers ver­an­lasst le­dig­lich fol­gen­de Ausführun­gen:

1. Dem Kläger steht be­reits dem Grun­de nach kein An­spruch nach § 615 BGB auf Vergütung we­gen An­nah­me­ver­zugs für die sie­ben Mo­na­te von Fe­bru­ar bis Au­gust 2014 zu.

a) Für die Zeit vom 01. bis zum 07.02.2014 kann der Kläger kei­nen An­nah­me­ver­zugs­lohn ver­lan­gen, weil er der Be­klag­ten sei­ne Ar­beits­leis­tung nicht an­ge­bo­ten hat. Er ist nach sei­nem ei­ge­nen Vor­trag erst nach der Aus­steue­rung durch die Kran­ken­kas­se am 07.02.2014 im Werk der Be­klag­ten er­schie­nen. Gem. § 293 BGB kommt der Gläubi­ger in Ver­zug, wenn er die ihm an­ge­bo­te­ne Leis­tung nicht an­nimmt. Im un­strei­tig be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis muss der Ar­beit­neh­mer die Ar­beits­leis­tung tatsächlich an­bie­ten, § 294 BGB. Ein tatsächli­ches Ar­beits­an­ge­bot vor dem 07.02.2014 hat der Kläger selbst nicht be­haup­tet.

b) Für die Zeit vom 13. bis zum 29.06.2014 kann der Kläger kei­nen An­nah­me­ver­zugs­lohn be­an­spru­chen, weil er nicht leis­tungs­wil­lig war. Sei­ne Rechts­anwältin hat der Be­klag­ten mit Schrei­ben vom 13.06.2014 mit­ge­teilt, dass sich ihr Man­dant der­zeit auf ei­ner Ur­laubs­rei­se be­fin­de und erst am 30.06.2014 wie­der zur Verfügung ste­he.

Nach § 297 BGB kommt der Ar­beit­ge­ber nicht in An­nah­me­ver­zug, wenn der Ar­beit­neh­mer außer­stan­de ist, die Ar­beits­leis­tung zu be­wir­ken. Ne­ben der (tatsächli­chen oder recht­li­chen) Leis­tungsfähig­keit um­fasst § 297 BGB auch die nicht aus­drück­lich ge­nann­te Leis­tungs­wil­lig­keit. Dies folgt dar­aus, dass ein leis­tungs­un­wil­li­ger Ar­beit­neh­mer sich selbst außer­stan­de setzt, die Ar­beits­leis­tung zu be­wir­ken. Die ob­jek­ti­ve Leis­tungsfähig­keit und der sub­jek­ti­ve Leis­tungs­wil­le sind von dem Leis­tungs­an­ge­bot und des­sen Ent­behr­lich­keit un­abhängi­ge Vor­aus­set­zun­gen, die während des ge­sam­ten An­nah­me­ver­zugs­zeit­raums vor­lie­gen müssen (vgl. BAG 12.12.2012 - 5 AZR 93/12 - Rn. 25 mwN, AP BGB § 615 Nr. 129). Das Schrei­ben der Anwältin vom 13.06.2014 do­ku­men­tiert den feh­len­den Leis­tungs­wil­len des Klägers.

c) Auch in der Zeit vom 05.07. bis 31.08.2014 war der Kläger nicht leis­tungs­wil­lig, was in­so­weit zur Un­be­gründet­heit der Zah­lungs­kla­ge führt. Der Kläger mach­te ab 05.07.2014 von ei­nem ver­meint­li­chen Zurück­be­hal­tungs­recht Ge­brauch. Sei­ne Anwältin hat­te der Be­klag­ten mit Schrei­ben vom 01.07. ei­ne Frist bis zum 04.07.2014 zur Zah­lung von Ver­zugs­lohn für "Fe­bru­ar bis Ju­li" ge­setzt und erklärt, dass ihr Man­dant nach Frist­ab­lauf von sei­nem Zurück­be­hal­tungs­recht Ge­brauch ma­che. Auch dies do­ku­men­tiert den feh­len­den Leis­tungs­wil­len des Klägers.

Zwar kann ein Ar­beit­neh­mer das Zurück­be­hal­tungs­recht an sei­ner Ar­beits­leis­tung nach § 273 Abs. 1 BGB ausüben, wenn der Ar­beit­ge­ber den fälli­gen Vergütungs­an­spruch nicht erfüllt. Er ist dann nicht mehr nach § 614 BGB zur Vor­leis­tung ver­pflich­tet. Er muss viel­mehr erst dann (wie­der) sei­ne Ar­beit leis­ten, wenn der Ar­beit­ge­ber die rückständi­ge Ge­gen­leis­tung er­bringt, in­dem er das rückständi­ge Ent­gelt zahlt. So­lan­ge der Ar­beit­neh­mer sein Zurück­be­hal­tungs­recht wirk­sam ausübt, en­det der An­nah­me­ver­zug des Ar­beit­ge­bers nicht. Das er­gibt sich aus § 298 BGB, der für al­le Fälle des Zurück­be­hal­tungs­rechts und da­mit auch für § 273 BGB gilt (vgl. BAG 08.05.2014 - 6 AZR 246/12 - Rn. 17 mwN, NZA 2014, 860).

§ 273 Abs. 1 BGB setzt ei­nen wirk­sa­men, mit der Kla­ge er­zwing­ba­ren und fälli­gen Ge­gen­an­spruch vor­aus. Die Ansprüche für Ju­li 2014 wa­ren bei Frist­set­zung bis zum 04.07.2014 noch nicht fällig. Die mo­nat­li­che Brut­to­vergütung ist je­weils am Mo­nats­en­de nachträglich zu zah­len, §§ 611, 614, 271 BGB. Für die Zeit vom 07.02. bis 12.06.2014 (vgl. da­zu nach­fol­gend un­ter d) hat der Kläger kei­nen fälli­gen Lohn­an­spruch ge­gen die Be­klag­te er­wor­ben. Da­mit wa­ren die Vor­aus­set­zun­gen für ein Zurück­be­hal­tungs­recht an der Ar­beits­leis­tung we­gen Lohnrückständen nicht erfüllt. Der Kläger konn­te ein Zurück­be­hal­tungs­recht auch nicht dar­auf stützen, dass ihm die Be­klag­te trotz mehr­fa­cher Auf­for­de­rung kei­ne Ur­laubs­ab­gel­tung gewährt hat, die nach sei­nem Vor­trag in der Kla­ge­schrift "auf­grund sei­ner Er­kran­kung im Jahr 2012/2013 er­heb­lich sein dürf­te". Der Kläger hat nach § 7 Abs. 4 BUrlG kei­nen An­spruch auf Ur­laubs­ab­gel­tung, weil das Ar­beits­verhält­nis recht­lich nicht be­en­det ist.

d) Selbst wenn der Kläger am 07.02.2014 im Werk der Be­klag­ten sei­ne Ar­beits­leis­tung tatsächlich an­ge­bo­ten ha­ben soll­te, konn­te er sei­ne Ar­beit­ge­be­rin nicht in An­nah­me­ver­zug ver­set­zen.

aa) Un­be­scha­det der sons­ti­gen An­spruchs­vor­aus­set­zun­gen kommt der Ar­beit­ge­ber nicht in An­nah­me­ver­zug, wenn der Ar­beit­neh­mer außer Stan­de ist, die Leis­tung zu be­wir­ken, § 297 BGB. Die ob­jek­ti­ve Leis­tungsfähig­keit ist - ne­ben dem Leis­tungs­wil­len - ei­ne vom Leis­tungs­an­ge­bot und des­sen Ent­behr­lich­keit un­abhängi­ge Vor­aus­set­zung, die während des ge­sam­ten An­nah­me­ver­zugs­zeit­raums vor­lie­gen muss (vgl. BAG 21.10.2015 - 5 AZR 843/14 - Rn. 22 mwN, Ju­ris).

Grundsätz­lich hat bei Streit über die Leis­tungsfähig­keit der Ar­beit­ge­ber dar­zu­le­gen und zu be­wei­sen, dass der Ar­beit­neh­mer zur Leis­tung ob­jek­tiv außer Stan­de war. Er muss hierfür In­di­zi­en vor­tra­gen, aus de­nen dar­auf ge­schlos­sen wer­den kann. Da­von zu un­ter­schei­den ist der Fall, dass sich be­reits aus dem Sach­vor­trag des Ar­beit­neh­mers selbst In­di­zi­en er­ge­ben, aus de­nen auf ei­ne feh­len­de Leis­tungsfähig­keit in dem Zeit­raum, für den Vergütung we­gen An­nah­me­ver­zugs be­gehrt wird, ge­schlos­sen wer­den kann. In ei­nem sol­chen Fal­le ist die Kla­ge un­schlüssig, wenn der Ar­beit­neh­mer die selbst ge­schaf­fe­ne In­dizwir­kung nicht ausräumt und sub­stan­ti­iert sei­ne Ar­beitsfähig­keit dar­legt (vgl. BAG 24.09.2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 17, NZA 2014, 1407; BAG 15.05.2013 - 5 AZR 130/12 - Rn. 27, NZA 2013, 1076).

bb) Das Ar­beits­ge­richt hat zu­tref­fend fest­ge­stellt, dass der Kläger im hier strei­ti­gen Zeit­raum von Fe­bru­ar bis Au­gust 2014 aus ge­sund­heit­li­chen Gründen nicht in der La­ge war, sei­ne ar­beits­ver­trag­lich ge­schul­de­te Tätig­keit als Pro­duk­ti­ons­mit­ar­bei­ter im Rei­fen­werk der Be­klag­ten zu ver­rich­ten. Die Be­klag­te hat vor­ge­tra­gen, dass der Kläger seit Au­gust 2012 - und auch nach dem 07.02.2014 - ar­beits­unfähig und da­mit leis­tungs­unfähig ge­we­sen sei. Da­mit genügte sie ih­rer Dar­le­gungs­last. Ei­ne lang an­dau­ern­de krank­heits­be­ding­te Ar­beits­unfähig­keit in der un­mit­tel­ba­ren Ver­gan­gen­heit stellt ein ge­wis­ses In­diz für die Fort­dau­er der Ar­beits­unfähig­keit in der Zu­kunft dar. Der Kläger hat nicht schlüssig vor­ge­tra­gen, dass sei­ne Er­kran­kun­gen (kom­ple­xe Herz-Kreis­lauf-Funk­ti­onsstörung, Schlaf­apnoe­syn­drom) ge­ra­de mit dem Aus­lau­fen des Kran­ken­geld­be­zugs ab 07.02.2014 aus­ge­heilt ge­we­sen sei­en.

So­weit der Kläger auf sei­ne Ar­beits­auf­nah­me im Rah­men des Wie­der­ein­glie­de­rungs­verhält­nis­ses hin­weist, ver­kennt er, dass er nach der Be­ur­tei­lung sei­ner be­han­deln­den Ärz­te je­den­falls bis zum 07.07.2013 ar­beits­unfähig er­krankt war. Nach § 74 SGB V kommt ei­ne stu­fen­wei­se Wie­der­ein­glie­de­rung in Be­tracht, wenn ar­beits­unfähi­ge Ver­si­cher­te nach ärzt­li­cher Fest­stel­lung ih­re bis­he­ri­ge Tätig­keit teil­wei­se ver­rich­ten können und sie durch ei­ne stu­fen­wei­se Wie­der­auf­nah­me ih­rer Tätig­keit vor­aus­sicht­lich wie­der bes­ser in das Er­werbs­le­ben ein­ge­glie­dert wer­den können. Während der Wie­der­ein­glie­de­rung be­steht je­doch die Ar­beits­unfähig­keit des Ar­beit­neh­mers fort. Vor­lie­gend ha­ben die be­han­deln­den Ärz­te in je­dem Wie­der­ein­glie­de­rungs­plan, zu­letzt am 24.06. für die Zeit bis 07.07.2013, an­ge­kreuzt, dass die Wie­der­her­stel­lung der vol­len Ar­beitsfähig­keit des Klägers "zZ. nicht ab­seh­bar" sei. Der Kläger kann da­her mit den vor­ge­leg­ten ärzt­li­chen Be­schei­ni­gun­gen und At­tes­ten aus der Zeit bis zum 24.06.2013 sei­ne Ar­beitsfähig­keit ab dem 07.02.2014 nicht schlüssig dar­le­gen. Der Aus­zug (nur Sei­te 1) aus dem Ent­las­sungs­be­richt der Deut­schen Ren­ten­ver­si­che­rung vom 14.12.2012 und die ärzt­li­che Be­schei­ni­gung vom 21.01.2013 sind für die Be­ur­tei­lung der Leis­tungsfähig­keit des Klägers nach der Aus­steue­rung aus dem Kran­ken­geld­be­zug oh­ne Aus­sa­ge­kraft.

Der Kläger hätte viel­mehr erläutern müssen, auf­grund wel­cher Tat­sa­chen er ab dem 07.02.2014 ar­beitsfähig ge­wor­den sein soll. Dies ist auch zweit­in­stanz­lich nicht ge­sche­hen. Das vom Kläger - eben­falls nur teil­wei­se - vor­ge­leg­te Gut­ach­ten (nur Sei­te 1) des ärzt­li­chen Diens­tes der Bun­des­agen­tur für Ar­beit vom 15.04.2014 lässt kei­nen po­si­ti­ven Rück­schluss auf sei­ne Ar­beitsfähig­keit be­zo­gen auf die ver­trag­lich ge­schul­de­te Tätig­keit zu. Ei­ne Ar­beitsfähig­keit auf dem all­ge­mei­nen Ar­beits­markt, schließt ei­ne Ar­beits­unfähig­keit des Klägers be­zo­gen auf die ver­trag­lich ge­schul­de­te Tätig­keit nicht aus. Auch der In­halt des Gut­ach­tens - so­weit es der Kläger vor­ge­legt hat - spricht eher ge­gen ei­ne Ar­beitsfähig­keit. Der Gut­ach­ter ist zu dem Er­geb­nis ge­langt, dass die zu­letzt aus­geübte Tätig­keit des Hel­fers in der Her­stel­lung von Rei­fen we­gen der an­ge­ge­be­nen Ein­schränkun­gen nicht güns­tig sei. Auch der Arzt­brief vom 13.03.2014, den der Kläger - eben­falls nur in Auszügen - vor­ge­legt hat, ist nicht ge­eig­net, das Wie­der­er­lan­gen der Ar­beitsfähig­keit schlüssig dar­zu­le­gen. Dem Arzt­brief lässt sich nicht ent­neh­men, dass sich der Ge­sund­heits­zu­stand des Klägers ab 07.02.2014 ver­bes­sert hat. Es feh­len nicht nur ob­jek­ti­ve An­halts­punk­te für ei­ne Ge­ne­sung; viel­mehr spre­chen das vor­ge­leg­te Gut­ach­ten und der Arzt­brief da­ge­gen. Den Be­weis­an­ge­bo­ten des Klägers, auf Ver­neh­mung der be­han­deln­den Ärz­te oder Ein­ho­lung ei­nes Sach­verständi­gen­gut­ach­tens, war bei die­ser Sach­la­ge nicht nach­zu­ge­hen. Ei­ne Be­weis­auf­nah­me wäre man­gels sub­stan­ti­ier­ten Sach­vor­tra­ges des Klägers auf ei­ne rei­ne und da­mit un­zulässi­ge Aus­for­schung hin­aus­ge­lau­fen.

2. Dem Kläger steht auch kein Scha­dens­er­satz­an­spruch we­gen ent­gan­ge­ner Vergütung nach § 280 Abs. 1 BGB oder aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 81 Abs. 4 SGB IX zu. Die Be­klag­te hat ih­re Pflich­ten ge­genüber dem schwer­be­hin­der­ten Kläger aus § 81 Abs. 4 SGB IX nicht ver­letzt.

a) Versäumt es der Ar­beit­ge­ber schuld­haft, die be­hin­de­rungs­ge­rech­te Beschäfti­gung ei­nes schwer­be­hin­der­ten Ar­beit­neh­mers nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 5 SGB IX zu ermögli­chen, hat der Ar­beit­neh­mer ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch in Höhe der ihm ent­gan­ge­nen Vergütung nach § 280 Abs. 1 BGB so­wie aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 81 Abs. 4 Satz 1 SGB IX. § 81 Abs. 4 SGB IX ist Schutz­ge­setz iSv. § 823 Abs. 2 BGB (vgl. BAG 27.07.2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 76 mwN, AP Tz­B­fG § 21 Nr. 9).

Nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX ha­ben schwer­be­hin­der­te Men­schen ge­genüber ih­ren Ar­beit­ge­bern ei­nen An­spruch auf be­hin­de­rungs­ge­rech­te Beschäfti­gung, da­mit sie ih­re Fähig­kei­ten und Kennt­nis­se möglichst voll ver­wer­ten und wei­ter­ent­wi­ckeln können. Der Ar­beit­ge­ber erfüllt die­sen An­spruch re­gelmäßig, wenn er dem Ar­beit­neh­mer die im Ar­beits­ver­trag ver­ein­bar­te Ar­beit zu­weist. Kann der schwer­be­hin­der­te Ar­beit­neh­mer die da­mit ver­bun­de­nen Tätig­kei­ten we­gen sei­ner Be­hin­de­rung nicht mehr wahr­neh­men, so führt die­ser Ver­lust nach der Kon­zep­ti­on der §§ 81 ff. SGB IX nicht oh­ne wei­te­res zum Weg­fall des Beschäfti­gungs­an­spruchs. Der schwer­be­hin­der­te Ar­beit­neh­mer kann viel­mehr An­spruch auf ei­ne an­der­wei­ti­ge Beschäfti­gung ha­ben und, so­weit der bis­he­ri­ge Ar­beits­ver­trag die­se Beschäfti­gungsmöglich­keit nicht ab­deckt, auf ei­ne ent­spre­chen­de Ver­tragsände­rung. Kommt ei­ne an­der­wei­te Beschäfti­gung in Be­tracht, ist der Ar­beit­ge­ber gleich­wohl dann nicht zur Beschäfti­gung des schwer­be­hin­der­ten Men­schen ver­pflich­tet, wenn ihm die Beschäfti­gung un­zu­mut­bar oder mit un­verhält­nismäßig ho­hen Auf­wen­dun­gen ver­bun­den ist, wie in § 81 Abs. 4 Satz 3 SGB IX aus­drück­lich be­stimmt ist. Der Ar­beit­ge­ber ist auch nicht ver­pflich­tet, für den schwer­be­hin­der­ten Men­schen ei­nen zusätz­li­chen Ar­beits­platz ein­zu­rich­ten. Der Ar­beit­neh­mer, der Ansprüche aus § 81 Abs. 4 SGB IX gel­tend macht, hat nach all­ge­mei­nen Re­geln grundsätz­lich die Dar­le­gungs- und Be­weis­last für die an­spruchs­be­gründen­den Vor­aus­set­zun­gen. Dem Ar­beit­ge­ber ob­liegt es, die an­spruchs­hin­dern­den Umstände vor­zu­tra­gen. Et­was an­de­res gilt, wenn der Ar­beit­ge­ber sei­nen Pflich­ten zur recht­zei­ti­gen Be­tei­li­gung des In­te­gra­ti­ons­amts und der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung im Präven­ti­ons­ver­fah­ren nach § 84 Abs. 1 SGB IX nicht nach­ge­kom­men ist und auch kein aus­rei­chen­des be­trieb­li­ches Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ment nach § 84 Abs. 2 SGB IX durch­geführt hat (vgl. BAG 27.07.2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 58-59, aaO).

b) Ge­mes­sen an die­sen Grundsätzen lie­gen im Streit­fall die Vor­aus­set­zun­gen für ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch nicht vor. Die Be­klag­te hat ih­re Pflich­ten ge­genüber dem schwer­be­hin­der­ten Kläger nicht ver­letzt.

Die Be­klag­te hat vor­lie­gend ih­re Pflich­ten aus § 84 Abs. 1 und Abs. 2 SGB IX erfüllt, weil sie so­wohl das In­te­gra­ti­ons­amt als auch die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung be­tei­ligt hat, um ei­ne al­ter­na­ti­ve Ein­satzmöglich­keit für den ge­sund­heit­lich be­ein­träch­tig­ten Kläger zu fin­den. Der Vor­wurf des Klägers, die Wie­der­ein­glie­de­rung so­wie die lei­dens­ge­rech­te Beschäfti­gung sei am Un­wil­len der Be­klag­ten ge­schei­tert, ihm ei­ne Ar­beit oh­ne Nacht­schicht zu­zu­wei­sen, ist un­rich­tig. Die Wie­der­ein­glie­de­rungs­maßnah­me wur­de im Som­mer 2013 ab­ge­bro­chen, weil die Be­klag­te ei­ner drit­ten Verlänge­rung der 4-St­un­den-Pha­se nicht mehr zu­stim­men woll­te. Sie hat auf dem Wie­der­ein­glie­de­rungs­plan-For­mu­lar am 24.06.2013 auf­geführt: "WE wird so nicht fort­ge­setzt!", "Stei­ge­rung auf 6 St­un­den - Bit­te um Un­ter­su­chung durch med. Dienst". Der Ab­bruch der Wie­der­ein­glie­de­rungs­maßnah­me be­ruh­te mit­hin nicht dar­auf, dass der ar­beits­unfähi­ge Kläger kei­ne Nacht­schich­ten leis­ten konn­te.

Auch der Werks­arzt der Be­klag­ten hat in den Schrei­ben vom 21.05. und 11.06.2013 an die be­han­deln­den Ärz­te des Klägers kei­ne Nacht­schicht­ar­beit ge­for­dert. Im Schrei­ben vom 21.04.2013 bat er die Ärz­te le­dig­lich um Mit­tei­lung, ob in ab­seh­ba­rer Zeit ei­ne Nacht­dienst­taug­lich­keit zu er­war­ten ist. Im Schrei­ben vom 11.06.2013 un­ter­brei­te­te er den be­han­deln­den Ärz­ten "den Vor­schlag", dass der Kläger ab 24.06.2013 sechs St­un­den im Wech­sel von Früh- und Spätschicht ar­bei­tet und ab 01.09.2013 je­weils sechs St­un­den im Drei­er-Schicht-Rhyth­mus ar­bei­ten könn­te, wo­bei am 04. und 05.09.2013 für zwei Ta­ge die ers­ten Nacht­schich­ten "an­fal­len würden". Nach die­sen bei­den Nacht­schich­ten schlug er ab­sch­ließend vor, die "me­di­zi­ni­sche Zu­mut­bar­keit" zu kon­trol­lie­ren. Der Hin­weis des Klägers auf die Ent­schei­dung des BAG vom 09.04.2014 (10 AZR 637/13 - NZA 2014, 719) zum Beschäfti­gungs­an­spruch ei­ner Kran­ken­schwes­ter trotz Nacht­dienst­un­taug­lich­keit verfängt nicht. Im Un­ter­schied zum dor­ti­gen Sach­ver­halt be­ste­hen beim Kläger wei­te­re ge­sund­heit­li­che Ein­schränkun­gen. Die Be­klag­te hat die Beschäfti­gung des Klägers ab dem 07.02.2014 auch nicht ab­ge­lehnt, weil er kei­ne Nacht­ar­beit leis­ten kann, son­dern weil sie von sei­ner fort­dau­ern­den Ar­beits­unfähig­keit aus­ge­gan­gen ist.

Die Tätig­keit auf sei­nem bis­he­ri­gen Ar­beits­platz in der Lkw-Rei­fen­in­spek­ti­on, den die Be­klag­te zunächst als lei­dens­ge­recht an­sah, kann der Kläger - auch im Zwei­schicht­be­trieb - nicht mehr ausüben. Ihm ist beim Sich­ten der Rei­fen schwind­lig ge­wor­den. Die von der Be­klag­ten - auf Vor­schlag des Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­ters - an­ge­bo­te­ne Tätig­keit in der sog. Heiz­ab­tei­lung (dort wer­den Rei­fen­roh­lin­ge vul­ka­ni­siert) hat der Kläger ab­ge­lehnt. Nach sei­ner Dar­stel­lung han­delt es sich um ei­nen le­bens­gefähr­li­chen Ar­beits­platz. Eben­falls ab­ge­lehnt hat der Kläger die an­ge­bo­te­ne Tätig­keit an der Apex-Ma­schi­ne in der Pkw-Wulst­ver­ar­bei­tung. Der Kläger mach­te von ei­nem ver­meint­li­chen Zurück­be­hal­tungs­recht Ge­brauch. Erst mit der Be­ru­fung macht er gel­tend, er ha­be den Ar­beits­platz ab­ge­lehnt, weil er Ak­kord­ar­beit leis­ten soll­te. Von Ak­kord­ar­beit war in der Tätig­keits­be­schrei­bung, die die Be­klag­te der Anwältin des Klägers am 11.08.2014 an­for­de­rungs­gemäß über­mit­telt hat, nicht die Re­de.

Ei­nen lei­dens­ge­rech­ten an­de­ren Ar­beits­platz hat der Kläger nicht auf­ge­zeigt. Die Ver­pflich­tung des Ar­beit­ge­bers zur Neu­be­stim­mung der Tätig­keit des Ar­beit­neh­mers setzt vor­aus, dass der Ar­beit­neh­mer die Um­set­zung auf ei­nen lei­dens­ge­rech­ten Ar­beits­platz ver­langt und dem Ar­beit­ge­ber mit­ge­teilt hat, wie er sich sei­ne wei­te­re, die auf­ge­tre­te­nen Leis­tungs­hin­der­nis­se ausräum­en­de Beschäfti­gung vor­stellt (vgl. BAG 19.05.2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 28 - NZA 2010, 1119). So­weit der Kläger in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor der Be­ru­fungs­kam­mer erklärt hat, er ha­be auf ei­nem Ar­beits­platz in der Lkw-Rei­fen­re­pa­ra­tur beschäftigt wer­den wol­len, den ein schwer­be­hin­der­ter Mit­ar­bei­ter (mit dem Vor­na­men Erich) bis zu des­sen Ren­ten­ein­tritt aus­sch­ließlich in Früh- und Spätschicht in­ne­ge­habt ha­be, ver­hilft dies dem Scha­dens­er­satz­be­geh­ren nicht zum Er­folg. Die­ser Ar­beits­platz ist nach den un­be­strit­ten ge­blie­be­nen An­ga­ben der Be­klag­ten weg­ra­tio­na­li­siert wor­den.

Auf die Fra­ge, ob ein An­spruch des Klägers durch ein mit­wir­ken­des Ver­schul­den gem. § 254 BGB aus­ge­schlos­sen wäre, weil er dem Werks­arzt mo­na­te­lang kei­ne Un­ter­su­chungs­be­fun­de über­ge­ben und sich am 06.06.2014 nicht von ihm hat un­ter­su­chen las­sen, kommt es nicht an.

3. Die gel­tend ge­mach­te Kla­ge­for­de­rung ist auch der Höhe nach nicht ge­recht­fer­tigt. Dies folgt dar­aus, dass der Kläger nach sei­nem ei­ge­nen Vor­brin­gen im streit­ge­genständ­li­chen Zeit­raum vom 01.02. bis zum 31.08.2014 zunächst Kran­ken­geld und nach der Aus­steue­rung durch die Kran­ken­kas­se Ar­beits­lo­sen­geld be­zo­gen hat. Da­mit wäre in Höhe der er­brach­ten So­zi­al­leis­tun­gen ein evtl. An­nah­me­ver­zugs­an­spruch nach § 115 Abs. 1 SGB X auf den Leis­tungs­träger über­ge­gan­gen. Der An­spruchsüber­gang führt zum Ver­lust der Ak­tiv­le­gi­ti­ma­ti­on und der Kla­ge­be­fug­nis (vgl. BAG 01.09.2010 - 5 AZR 700/09 - Rn. 10, NZA 2010, 1409). Der Ar­beit­neh­mer muss zum Nach­weis sei­ner Ak­tiv­le­gi­ti­ma­ti­on von sich aus mit­tei­len, ob und in wel­cher Höhe er im An­nah­me­ver­zugs­zeit­raum So­zi­al­leis­tun­gen er­hal­ten hat. Der Kläger hätte des­halb so­wohl das Kran­ken­geld als auch das Ar­beits­lo­sen­geld, das er von Fe­bru­ar bis Au­gust 2014 tatsächlich be­zo­gen hat, von der Brut­to­for­de­rung als "Net­to­be­trag" in Ab­zug brin­gen müssen. Auch auf ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch sind Leis­tun­gen der So­zi­al­ver­si­che­rung wie Kran­ken­geld oder Ar­beits­lo­sen­geld an­zu­rech­nen.

4. Der Kla­ge­an­trag zu 2) ist un­zulässig.

Dem An­trag, dem Kläger ei­ne "ord­nungs­gemäße" Lohn­ab­rech­nung für die Mo­na­te von Fe­bru­ar bis Au­gust 2014 zu er­tei­len, fehlt es an der hin­rei­chen­den Be­stimmt­heit iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Ein Ur­teil mit ei­nem dem An­trag ent­spre­chen­den Te­nor wäre nicht voll­streck­bar. Die Fra­ge, was ei­ne "ord­nungs­gemäße" Lohn­ab­rech­nung meint, ist im Er­kennt­nis­ver­fah­ren zu klären (vgl. BAG 25.04.2001 - 5 AZR 395/99 - NZA 2001, 1157), zu­mal der Kläger die Höhe des Kran­ken- und Ar­beits­lo­sen­gel­des nicht an­ge­ben konn­te, das als Net­to­be­trag von der Brut­to­for­de­rung ab­zu­zie­hen wäre.

Der An­trag wäre auch un­be­gründet. Ein Ab­rech­nungs­an­spruch ist nach § 108 Abs. 1 Ge­wO „vor Zah­lung“ nicht er­folg­reich klag­bar. Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 Ge­wO ist dem Ar­beit­neh­mer „bei Zah­lung“ des Ar­beits­ent­gelts ei­ne Ab­rech­nung in Text­form zu er­tei­len. Die Ab­rech­nung be­zweckt die In­for­ma­ti­on über die er­folg­te Zah­lung. Der Ab­rech­nungs­an­spruch ent­steht da­nach erst, wenn Ar­beits­ent­gelt ge­zahlt wird (vgl. BAG 16.12.2015 - 5 AZR 567/14 - Rn. 36, Ju­ris).

III. Der Kläger hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kos­ten der er­folg­lo­sen Be­ru­fung zu tra­gen.

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeb­li­chen ge­setz­li­chen Kri­te­ri­en des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zu­las­sung der Re­vi­si­on recht­fer­ti­gen könn­te, be­steht nicht.

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