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LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Ur­teil vom 24.06.2011, 8 Sa 559/11

   
Schlagworte: Tarifvertrag, Befristung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen: 8 Sa 559/11
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 24.06.2011
   
Leitsätze: Die in § 2 Ziffer 6 MRTV für das Wach- und Sicherheitsgewerbe geregelte Höchstbefristungsdauer von 42 Monaten ist rechtswirksam und verstößt nicht gegen europarechtliche Vorgaben
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 24.01.2011, 23 Ca 10719/10
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt

Ber­lin-Bran­den­burg

 

Verkündet

am 24. Ju­ni 2011

Geschäfts­zei­chen (bit­te im­mer an­ge­ben)

8 Sa 559/11

23 Ca 10719/10
Ar­beits­ge­richt Ber­lin

K., JHS als Ur­kunds­be­am­ter/in
der Geschäfts­stel­le


Im Na­men des Vol­kes

 

Ur­teil

In Sa­chen

pp

hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg, 8. Kam­mer,
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 24. Ju­ni 2011
durch die Vor­sit­zen­de Rich­te­rin am Lan­des­ar­beits­ge­richt A.-G. als Vor­sit­zen­de
so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Herr Dr. M. und Herr N.

für Recht er­kannt:

I. Die Be­ru­fung der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ber­lin vom 24.01.2011 - 23 Ca 10719/10 - wird auf ih­re Kos­ten zurück­ge­wie­sen.

II. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

A.-G. Dr. M. N.

 

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Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob ihr Ar­beits­verhält­nis auf­grund ei­ner sach­grund­lo­sen Be­fris­tung auf der Grund­la­ge von § 14 Abs. 2 Satz 3 Tz­B­fG in Ver­bin­dung mit § 2 Ziff. 6 des Man­tel­rah­men­ta­rif­ver­trags für das Wach- und Si­cher­heits­ge­wer­be vom 1. De­zem­ber 2006 (im Fol­gen­den: MRTV) nach Ab­lauf von 42 Mo­na­ten am 3. Ju­li 2010 ge­en­det hat.

Die Kläge­rin stand seit dem 4. Ja­nu­ar 2007 auf­grund des Ar­beits­ver­trags vom 27. De­zem­ber 2006 (Bl. 3 bis 6 d. A.) als Geld­be­ar­bei­te­rin zu ei­nem Brut­to­ent­gelt von zu­letzt 7,45 EUR pro St­un­de bei ei­ner re­gelmäßigen wöchent­li­chen Ar­beits­zeit von 40 St­un­den in den Diens­ten der Be­klag­ten, die im Be­reich des Wach- und Si­cher­heits­ge­wer­bes tätig ist.

In Zif­fer 2 des Ar­beits­ver­trags vom 27. De­zem­ber 2006 ver­ein­bar­ten die Par­tei­en u. a. die An­wen­dung des MRTV so­wie in Zif­fer 1 die Be­fris­tung ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum 3. Ja­nu­ar 2008. Mit den Ver­ein­ba­run­gen vom 5. No­vem­ber 2007, 13. No­vem­ber 2008 und 30. No­vem­ber 2009 (Bl. 7 bis 9 d. A.) verlänger­ten die Par­tei­en das Ar­beits­verhält­nis bis zum 3. Ja­nu­ar 2009, 30. Ja­nu­ar 2010 und bis zum 3. Ju­li 2010.

Mit der am 12. Ju­li 2010 bei dem Ar­beits­ge­richt Ber­lin ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge hat die Kläge­rin die drit­te Verlänge­rung ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses für rechts­un­wirk­sam ge­hal­ten, die An­zahl der Verlänge­run­gen und die Be­fris­tung als ei­nen Ver­s­toß ge­gen die EU-Richt­li­nie 1999/70/EG an­ge­se­hen und erst­in­stanz­lich be­an­tragt,

1. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en nicht auf­grund der am 30.11.2009 ver­ein­bar­ten Be­fris­tung am 03.07.2010 be­en­det wor­den ist,

2. im Fall des Ob­sie­gens mit dem An­trag zu 1. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, die Kläge­rin bis zum rechts­kräfti­gen Ab­schluss des Ver­fah­rens zu un­veränder­ten ar­beits­ver­trag­li­chen Be­din­gun­gen als Geld­be­ar­bei­te­rin wei­ter­zu­beschäfti­gen.


Die Be­klag­te hat Kla­ge­ab­wei­sung be­an­tragt und die Be­fris­tung für rechts­wirk­sam ge­hal­ten. Von der wei­te­ren Dar­stel­lung des Sach- und

 

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Streit­stan­des ers­ter In­stanz wird un­ter Be­zug­nah­me auf den Tat­be­stand des an­ge­foch­te­nen Ur­teils ab­ge­se­hen.

Durch das Ur­teil vom 24. Ja­nu­ar 2011 hat das Ar­beits­ge­richt Ber­lin die Kla­ge kos­ten­pflich­tig ab­ge­wie­sen und zur Be­gründung im We­sent­li­chen aus­geführt, die Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses, die sich als ka­len­dermäßige Be­fris­tung oh­ne Vor­lie­gen ei­nes sach­li­chen Grun­des im Rah­men der in § 2 Zif­fer 6 des auf das Ar­beits­verhält­nis kraft ein­zel­ver­trag­li­cher Ver­ein­ba­rung an­wend­ba­ren MRTV dar­stel­le und ih­re ge­setz­li­che Grund­la­ge in § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG fin­de, sei wirk­sam. We­gen der wei­te­ren Be­gründung wird auf die Ent­schei­dungs­gründe des Ur­teils (Bl. 69 bis 73 d. A.) ver­wie­sen.

Ge­gen das der Kläge­rin am 18. Fe­bru­ar 2011 zu­ge­stell­te Ur­teil rich­tet sich die am 10. März 2011 bei dem Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg ein­ge­gan­ge­ne Be­ru­fung, die die Kläge­rin mit ei­nem am 12. April 2011 ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz be­gründet.

Die Kläge­rin hält die Be­fris­tung wei­ter­hin für rechts­un­wirk­sam, weil, so trägt die Kläge­rin vor, frag­lich sei, ob die ge­setz­li­che Re­ge­lung in § 14 Abs. 2 Satz 3 Tz­B­fG nach eu­ropäischem Recht über­haupt zulässig sei, die ta­rif­ver­trag­li­che Re­ge­lung in § 2 Ziff. 6 MRTV ent­spre­che je­den­falls nicht den ge­setz­li­chen Grund­wer­tun­gen, in­dem sie die Ge­samt­be­fris­tungs­dau­er na­he­zu ver­dop­pe­le und auch die An­zahl der mögli­chen Verlänge­run­gen erhöhe. Je mehr die ta­rif­ver­trag­li­che Re­ge­lung von der ge­setz­li­chen Grund­wer­tung ab­wei­che, des­to ge­wich­ti­ge­re Gründe müss­ten dafür vor­lie­gen, da­mit der nach Art. 12 Abs. 1 GG be­ste­hen­de Be­rufs­schutz als staat­li­cher Min­dest­schutz ge­wahrt blei­be. Dies sei bei der hier ein­schlägi­gen Re­ge­lung nicht mehr der Fall. An­ders als mögli­cher­wei­se in der Me­tall- und Elek­tro­in­dus­trie in Ba­den-Würt­tem­berg im Jahr 2009 bestünden im Wach- und Si­cher­heits­ge­wer­be, in dem ein ständi­ger Be­darf an den von den Un­ter­neh­men zu er­brin­gen­den Dienst­leis­tun­gen ge­ge­ben sei, für die ge­trof­fe­nen Re­ge­lun­gen kei­ne an­er­ken­nens­wer­ten Gründe.

Die Kläge­rin und Be­ru­fungskläge­rin be­an­tragt,

1. un­ter Abände­rung des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Ber­lin vom 24.01.11 - 23 Ca 10719/10 – fest­zu­stel­len, dass das

 

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Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en nicht auf­grund der am 30.11.09 ver­ein­bar­ten Be­fris­tung am 03.07.10 be­en­det wor­den ist;

2. im Fall des Ob­sie­gens mit dem An­trag zu 1. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, die Kläge­rin bis zum rechts­kräfti­gen Ab­schluss des Ver­fah­rens zu un­veränder­ten ar­beits­ver­trag­li­chen Be­din­gun­gen als Geld­be­ar­bei­te­rin wei­ter­zu­beschäfti­gen;

3. hilfs­wei­se, den Rechts­streit dem Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on zur Vor­ab-Ent­schei­dung nach Ar­ti­kel 267 des Ver­tra­ges über die Ar­beits­wei­se der Eu­ropäischen Uni­on (AEUV) vor­zu­le­gen.


Die Be­klag­te und Be­ru­fungs­be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te ver­tei­digt das an­ge­foch­te­ne Ur­teil und meint, der na­tio­na­le Ge­setz­ge­ber sei der Vor­ga­be in Pa­ra­graf 5 der Rah­men­ver­ein­ba­rung im Rah­men sei­nes Er­mes­sens­spiel­raums ge­folgt, ins­be­son­de­re ent­hal­te die Rah­men­ver­ein­ba­rung kei­ne kon­kre­ten Vor­ga­ben für die Aus­ge­stal­tung be­fris­te­ter Ar­beits­verhält­nis­se und las­se ei­ne Über­tra­gung der Re­ge­lungs­kom­pe­ten­zen auf die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en zu.

We­gen des wei­te­ren Vor­brin­gens der Par­tei­en in der Be­ru­fungs­in­stanz wird auf den vor­ge­tra­ge­nen In­halt der Be­ru­fungs­be­gründung vom 11. April 2011 (Bl. 85 bis 91 d. A.) und der Be­ru­fungs­be­ant­wor­tung vom 2. Mai 2011 (Bl. 100 bis 101 d. A.) Be­zug ge­nom­men.


Ent­schei­dungs­gründe

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statt­haf­te Be­ru­fung der Kläge­rin ist form- und frist­ge­recht im Sin­ne der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO ein­ge­legt und be­gründet wor­den.

II.

Die Be­ru­fung hat je­doch in der Sa­che kei­nen Er­folg.

 

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Zu Recht hat das Ar­beits­ge­richt die gemäß § 17 Tz­B­fG zulässi­ge und recht­zei­tig er­ho­be­ne Fest­stel­lungs­kla­ge als un­be­gründet ab­ge­wie­sen und die Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses der Par­tei­en zum 3. Ju­li 2010 mit der Ver­ein­ba­rung vom 30. No­vem­ber 2009 für wirk­sam er­ach­tet. Da­bei hat das Ar­beits­ge­richt die ein­schlägi­gen Rechts­vor­schrif­ten zu­tref­fend an­ge­wandt und die der Be­fris­tung zu­grun­de lie­gen­de Ta­rif­vor­schrift zu Recht für rechts­wirk­sam er­ach­tet.

Die An­grif­fe der Be­ru­fung sind nicht ge­eig­net, die Rechts­la­ge an­ders zu be­ur­tei­len.

Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en hat auf­grund der Be­fris­tung in der Ver­ein­ba­rung vom 30. No­vem­ber 2009, in der die Par­tei­en die in dem Ar­beits­ver­trag vom 27. De­zem­ber 2006 ver­ein­bar­te Be­fris­tung verlängert ha­ben, mit Ab­lauf des 30. Ju­li 2010 ge­en­det.

1. Die Be­fris­tungs­ab­re­de ist gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1, Satz 3, Satz 4 Tz­B­fG in Ver­bin­dung mit § 2 Zif­fer 6 MRTV wirk­sam.

Zwar ha­ben die Par­tei­en ent­ge­gen § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG ihr sach­grund­los be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis über die Dau­er von zwei Jah­ren fort­ge­setzt, es ist je­doch den­noch kein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis gemäß § 16 Tz­B­fG ent­stan­den, denn die Höchst­dau­er des be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses rich­te­te sich nach § 2 Ziff. 6 MRTV.

Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 3 Tz­B­fG kann die Höchst­dau­er der Be­fris­tung und die An­zahl der Verlänge­run­gen durch Ta­rif­ver­trag ab­wei­chend von Satz 2 fest­ge­legt wer­den. Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 4 Tz­B­fG können die nicht ta­rif­ge­bun­de­nen Par­tei­en im Gel­tungs­be­reich ei­nes Ta­rif­ver­trags die An­wen­dung der ta­rif­li­chen Re­ge­lun­gen ver­ein­ba­ren.

In § 2 Zif­fer 6 MRTV ha­ben die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en des Wach- und Si­cher­heits­ge­wer­bes von der Ta­riföff­nungs­klau­sel Ge­brauch ge­macht und die ka­len­dermäßige Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags oh­ne Vor­lie­gen ei­nes sach­li­chen Grun­des bis zur Dau­er von 42 Mo­na­ten bei ei­ner höchs­tens vier­ma­li­gen Verlänge­rung ge­re­gelt.

 

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Die Par­tei­en ha­ben in Zif­fer 2 des Ar­beits­ver­trags vom 27. De­zem­ber 2009 die An­wen­dung des für das Wach- und Si­cher­heits­ge­wer­be ein­schlägi­gen MRTV ver­ein­bart. Sie ha­ben ihr Ar­beits­verhält­nis un­ter dem 5. No­vem­ber 2007, un­ter dem 13. No­vem­ber 2008 und un­ter dem 30. No­vem­ber 2009 ins­ge­samt drei­mal verlängert und die gemäß § 2 Zif­fer 6 MRTV zulässi­ge Ge­samt­dau­er des Ar­beits­verhält­nis­ses von 42 Mo­na­ten nicht über­schrit­ten, so dass sich die Be­fris­tung als rechts­wirk­sam er­weist.

2. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Kläge­rin ist § 2 Zif­fer 6 MRTV auch nicht we­gen der Ver­let­zung höher­ran­gi­gen Rechts un­wirk­sam.

2.1 Die Re­ge­lung in § 14 Abs. 2 Satz 3 Tz­B­fG, nach der durch Ta­rif­ver­trag die An­zahl der Verlänge­run­gen und die Höchst­dau­er der sach­grund­lo­sen Be­fris­tung ab­wei­chend von § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG – auch zum Nach­teil der Ar­beit­neh­mer – fest­ge­legt wer­den kann, verstößt nicht ge­gen Ge­mein­schafts­recht.

Ge­gen die Zulässig­keit der Ta­riföff­nungs­klau­sel be­ste­hen kei­ne Be­den­ken, denn nach Pa­ra­graf 5 Nr. 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung über be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis­se im An­hang der Richt­li­nie 1999/770/EG des Ra­tes vom 28. Ju­ni 1999 sind ne­ben den Mit­glied­staa­ten aus­drück­lich auch die So­zi­al­part­ner be­fugt, un­ter Berück­sich­ti­gung der An­for­de­run­gen be­stimm­ter Bran­chen und/oder Ar­beit­neh­mer­ka­te­go­ri­en die Maßnah­men zur Ver­mei­dung von Miss­brauch durch auf­ein­an­der fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis­se zu tref­fen.

Auch die Re­ge­lung in § 14 Abs. 2 Satz 4 Tz­B­fG, die im Gel­tungs­be­reich ei­nes Ta­rif­ver­trags des­sen Ver­ein­ba­rung durch nicht ta­rif­ge­bun­de­ne Ar­beit­neh­mer und Ar­beit­ge­ber zulässt, ist nicht zu be­an­stan­den. Der­ar­ti­ge ge­setz­li­che Re­ge­lun­gen sind im deut­schen Ar­beits­recht üblich und fin­den sich un­ter an­de­rem in §§ 622 Abs. 4 Satz 2 BGB, § 13 Abs. 1 Satz 2 BUrlG und § 4 Abs. 4 EFZG.

2.2 § 2 Zif­fer 6 MRTV wahrt auch die An­for­de­run­gen nach Pa­ra­graf 5 Nr. 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung über be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis­se im An­hang der Richt­li­nie 1999/770/EG. Zwar er­ken­nen die

 

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Un­ter­zeich­ner­par­tei­en der Rah­men­ver­ein­ba­rung an, dass un­be­fris­te­te Verträge die übli­che Form des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses zwi­schen Ar­beit­ge­bern und Ar­beit­neh­mern sind und wei­ter dar­stel­len wer­den. Sie er­ken­nen aber auch an, dass be­fris­te­te Beschäfti­gungs­verträge un­ter be­stimm­ten Umständen den Bedürf­nis­sen von Ar­beit­ge­bern und Ar­beit­neh­mern ent­spre­chen.

Dass der Ge­setz­ge­ber da­bei den Ta­rif­ver­trags­par­tei­en die Möglich­keit eröff­net hat, in Ta­rif­verträgen auch zum Nach­teil der Ar­beit­neh­mer von der ge­setz­lich ge­re­gel­ten Höchst­be­fris­tungs­dau­er (und der An­zahl der Verlänge­run­gen) ab­zu­wei­chen, recht­fer­tigt sich we­gen des aus­ta­rier­ten Kräfte­gleich­ge­wichts der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en, so dass nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (vgl. Urt. vom 25.03.2009 – 7 AZR 710/07 – NZA 2009, 1417) in Ar­beits­rechts­re­ge­lun­gen der Kir­chen nicht zu Un­guns­ten der Ar­beit­neh­mer von den Vor­ga­ben gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG ab­ge­wi­chen wer­den kann.

Die von den Ta­rif­ver­trags­par­tei­en vor­lie­gend ge­re­gel­te Höchst­be­fris­tungs­dau­er von 42 Mo­na­ten weicht zwar deut­lich von der Ober­gren­ze gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG ab, ei­ne Ver­let­zung der Grundsätze der Rah­men­ver­ein­ba­rung liegt dar­in je­doch nach Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts nicht.

Nach der ständi­gen höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung (vgl. zu­letzt BAG, Urt. vom 09.01.2011 – 3 AZR 29/09 – zi­tiert nach ju­ris – m. w. N.) gebührt den Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ei­ne Einschätzungs­präro­ga­ti­ve in Be­zug auf die sach­li­chen Ge­ge­ben­hei­ten, die be­trof­fe­nen In­ter­es­sen und die Re­ge­lungs­fol­gen. Da­bei verfügen sie über ei­nen Be­ur­tei­lungs- und Er­mes­sens­spiel­raum in Be­zug auf die in­halt­li­che Ge­stal­tung ih­rer Re­ge­lun­gen.

Aus­ge­hend von die­sen Rechts­grundsätzen ist es nicht zu be­an­stan­den, wenn die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en des Wach- und Si­cher­heits­ge­wer­bes mit Rück­sicht auf die Ge­ge­ben­hei­ten die­ses Wirt­schafts­zwei­ges die Höchst­be­fris­tungs­dau­er auf 42 Mo­na­te fest­ge­legt ha­ben. Wenn die Kläge­rin da­ge­gen ein­wen­det, dass im Wach- und Si­cher­heits­ge­wer­be – an­ders als bei­spiels­wei­se in der Me­tall- und Elek­tro­in­dus­trie – ein ständi­ger

 

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Be­darf an den von den Un­ter­neh­men zu er­brin­gen­den Dienst­leis­tun­gen be­ste­he, so über­sieht sie, dass die ent­spre­chen­den Dienst­leis­tungs­verträge re­gelmäßig zeit­lich be­fris­tet sind, so dass sich aus die­sem Um­stand her­lei­ten lässt, dass die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en mit ih­rer Re­ge­lung in § 2 Zif­fer 6 MRTV auf ein Bedürf­nis für die Fest­le­gung ei­ner länge­ren Dau­er sach­grund­los be­fris­te­ter Ar­beits­verhält­nis­se re­agiert ha­ben.

3. Über den nur hilfs­wei­se für den Fall des Ob­sie­gens ge­stell­ten Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch der Kläge­rin war nicht zu ent­schei­den.

III.

Die Kläge­rin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kos­ten ih­res er­folg­lo­sen Rechts­mit­tels zu tra­gen.

IV.

Die Kam­mer hat die Re­vi­si­on gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG we­gen der grundsätz­li­chen Be­deu­tung der ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Rechts­fra­ge zu­ge­las­sen.


Rechts­mit­tel­be­leh­rung

Ge­gen die­ses Ur­teil kann von der Kläge­rin bei dem

Bun­des­ar­beits­ge­richt,

Hu­go-Preuß-Platz 1, 99084 Er­furt

(Post­adres­se: 99113 Er­furt),

Re­vi­si­on ein­ge­legt wer­den.

Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb

ei­ner Not­frist von ei­nem Mo­nat

schrift­lich beim Bun­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­legt wer­den.

Sie ist gleich­zei­tig oder in­ner­halb

ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten

schrift­lich zu be­gründen.

Bei­de Fris­ten be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­setz­ten Ur­teils, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

 

- 10 -

Die Re­vi­si­ons­schrift muss die Be­zeich­nung des Ur­teils, ge­gen das die Re­vi­si­on ge­rich­tet wird und die Erklärung ent­hal­ten, dass ge­gen die­ses Ur­teil Re­vi­si­on ein­ge­legt wer­de.

Die Re­vi­si­ons­schrift und die Re­vi­si­ons­be­gründung müssen von ei­nem Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten un­ter­zeich­net sein. Als sol­che sind außer Rechts­anwälten nur fol­gen­de Stel­len zu­ge­las­sen, die zu­dem durch Per­so­nen mit Befähi­gung zum Rich­ter­amt han­deln müssen:

• Ge­werk­schaf­ten und Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern so­wie Zu­sam­men­schlüsse sol­cher Verbände für ih­re Mit­glie­der oder für an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der,
• ju­ris­ti­sche Per­so­nen, de­ren An­tei­le sämt­lich im wirt­schaft­li­chen Ei­gen­tum ei­ner der vor­ge­nann­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen ste­hen, wenn die ju­ris­ti­sche Per­son aus­sch­ließlich die Rechts­be­ra­tung und Pro­zess­ver­tre­tung die­ser Or­ga­ni­sa­ti­on und ih­rer Mit­glie­der oder an­de­rer Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der ent­spre­chend de­ren Sat­zung durchführt, und wenn die Or­ga­ni­sa­ti­on für die Tätig­keit der Be­vollmäch­tig­ten haf­tet.

Für die Be­klag­te ist kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.


Der Schrift­form wird auch durch Ein­rei­chung ei­nes elek­tro­ni­schen Do­ku­ments i. S. d. § 46 c ArbGG genügt. Nähe­re In­for­ma­tio­nen da­zu fin­den sich auf der In­ter­net­sei­te des Bun­des­ar­beits­ge­richts un­ter www.bun­des­ar­beits­ge­richt.de.

 

A.-G.

Dr. M.

N.

 



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