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LAG Ba­den-Würt­tem­berg, Ur­teil vom 02.07.2008, 2 Sa 14/08

   
Schlagworte: Kündigung: Außerordentlich, Auflösungsantrag
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Aktenzeichen: 2 Sa 14/08
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 02.07.2008
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Ulm, Urteil vom 25.01.2008, 1 Ca 94/07, Urteil
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt

Ba­den-Würt­tem­berg

 

Verkündet

am 02.07.2008

Ak­ten­zei­chen (Bit­te bei al­len Schrei­ben an­ge­ben)

2 Sa 14/08

1 Ca 94/07 (ArbG Ulm)

Mat­tel, An­ge­stell­te
Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

 

Im Na­men des Vol­kes

 

Ur­teil

In dem Rechts­streit

- Be­klag­te/Be­ru­fungskläge­rin-

Proz.-Bev.:

ge­gen

- Kläger/Be­ru­fungs­be­klag­ter

Proz.-Bev.:

hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ba­den-Würt­tem­berg - 2. Kam­mer - durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Hen­sin­ger, den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Bau­er und den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Eiss
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 02.07.2008

für Recht er­kannt:

1. Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ar-beits­ge­richts Ulm vom 25.01.2008 - Az.: 1 Ca 94/07 - wird auf de­ren Kos­ten zurück­ge­wie­sen.

2. Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

 

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Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten in der Be­ru­fungs­in­stanz über die Wirk­sam­keit ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung der Be­klag­ten vom 17.03.2007 mit so­zia­ler Aus­lauf­frist zum 30.09.2007 und ei­nen ar­beit­ge­ber­sei­ti­gen Auflösungs­an­trag.

We­gen des erst­in­stanz­li­chen Sach- und Streit­stan­des wird auf den Tat­be­stand des an­ge­foch­te­nen Ur­teils Be­zug ge­nom­men. Im Übri­gen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von der Dar­stel­lung des Tat­be­stan­des ab­ge­se­hen, da das Ur­teil des Be­ru­fungs­ge­richts der Re­vi­si­on nicht un­terfällt.


Ent­schei­dungs­gründe

I.

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statt­haf­te Be­ru­fung der Be­klag­ten ist frist­ge­recht ein­ge­legt und aus­geführt wor­den. Im Übri­gen sind Be­den­ken an der Zulässig­keit der Be­ru­fung nicht ver­an­lasst.

II.

In der Sa­che hat die Be­ru­fung der Be­klag­ten kei­nen Er­folg. Das Ar­beits­ge­richt hat der Fest­s­tel-lungs­kla­ge zu Recht statt­ge­ge­ben. Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en ist nicht durch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 17.03.2007 mit Ab­lauf des 30.09.2007 be­en­det wor­den, da die­se Kündi­gung un­wirk­sam ist (1.). Der in der Be­ru­fungs­in­stanz ge­stell­te Auflösungs­an­trag der Be­klag­ten ist un­zulässig (2.).

1. Die mit so­zia­ler Aus­lauf­frist von der Be­klag­ten aus­ge­spro­che­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses vom 17.03.2007 ist un­wirk­sam.

Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Ar­beits­verhält­nis oh­ne Ein­hal­tung der Kündi­gungs­frist aus wich­ti­gem Grund gekündigt wer­den, wenn Tat­sa­chen vor­lie­gen, auf­grund de­rer dem Kündi­gen­den un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Ein­zel­fal­les und un­ter Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann und wäre es auch nur bis zum Ab­lauf der or­dent­li­chen Kündi­gungs­frist. Bei der Fest­stel­lung des wich­ti­gen Grun­des, der Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Ein­zel­fal­les und der da­nach er­for­der­li­chen, all­sei­ti­gen In­ter­es­sen­abwägung ist nicht auf die be­son­de­re, sub­jek­ti­ve, mögli­cher­wei­se emp­find­li­che Auf­fas­sung des Ar­beit­ge­bers ab­zu­stel­len,

 

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son­dern auf die Be­trach­tung und Würdi­gung ei­nes ob­jek­ti­ven, neu­tral und verständig den­ken­den und in so­zia­ler Ver­ant­wor­tung han­deln­den Ar­beit­ge­bers (BAG in ständi­ger Recht­spre­chung, so bei­spiels­wei­se AP Nr. 4, 6 zu § 626 BGB).

Die Be­klag­te stützt die vor­lie­gen­de Kündi­gung auf be­lei­di­gen­de und ver­leum­de­ri­sche Äußerung des Klägers im Schrift­satz vom 20.02.2007 in dem ers­ten Rechts­streit der Par­tei­en beim Lan­des­ar­beits­ge­richt Ba­den-Würt­tem­berg (8 Sa 36/06), in dem es u. a. um die Wirk­sam­keit ei­ner Ver­set­zung des Klägers ge­gan­gen ist. Da­bei ist mit der 15. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts im vor­her­ge­hen­den Kündi­gungs­ver­fah­ren (15 Sa 29/07) und dem an­ge­foch­te­nen Ur­teil da­von aus­zu­ge­hen, dass grundsätz­lich kei­ne Par­tei ge­hin­dert ist, das von ihr für er­heb­lich Ge­hal­te­ne dem­je­ni­gen Rich­ter vor­zu­tra­gen, der nach der Ge­richts­ver­fas­sung für den Rechts­streit zuständig ist (vgl. BGH, 24.11.1970 - VI ZR 70/69, NJW 1971, 284). Der Grund­satz der Wahr­neh­mung be­rech­tig­ter In­ter­es­sen hat al­ler­dings dort sei­ne Gren­ze, wo be­wusst un­wah­re oder leicht­fer­ti­ge Be­haup­tun­gen auf­ge­stellt wer­den, de­ren Un­halt­bar­keit auf der Hand liegt (BGH, a.a.O.).

Die er­ken­nen­de Kam­mer ist bei An­wen­dung der vor­ge­nann­ten Rechts­grundsätze der Mei-nung, dass die Äußerun­gen des Klägers im Schrift­satz vom 20.02.2007 nach ei­ner ge­bo­te-nen um­fas­sen­den In­ter­es­sen­abwägung nicht ge­eig­net sind, das schärfs­te Mit­tel, das der Ar­beit­ge­ber hat, ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung, zu recht­fer­ti­gen.

Zwar wirft der Kläger der Be­klag­ten in sei­nem über 300seitigen Schrift­satz vom 20.02.2007 - zu­sam­men­ge­fasst - un­wah­ren Vor­trag, sys­te­ma­ti­schen Ver­s­toß ge­gen die Wahr­heits­pflicht und Pro­zess­be­trug vor. Die Äußerun­gen des Klägers sind zum Teil auch so pau­schal, zu­sam­men­hang­los und nicht näher be­gründet in den Raum ge­stellt, dass sie kei­ne Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen, son­dern Wert­ur­tei­le dar­stel­len, die z. T. be­lei­di­gen­den Cha­rak­ter ha­ben. So be­ginnt die Stel­lung­nah­me des Klägers zum Ur­teil des Ar­beits­ge­richts mit sei­nem „Fa­zit“ (Ab­schnitt C des Ord­ners, Sei­te 2): „Der Vor­trag der Be­klag­ten be­stand aus zahl­rei­chen nach­weis­lich fal­schen Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen, so dass der Vor­wurf des Pro­zess­be­trugs im Raum steht. Es han­delt sich da­bei nicht nur um ver­such­ten Pro­zess­be­trug, son­dern um voll­ende­ten, da es der Be­klag­ten auch ge­lun­gen ist, beim Rich­ter Irrtümer über den Sach­ver­halt zu er­re­gen.“ Die­ser Vor­wurf wird ein­fach so er­ho­ben, oh­ne dass der Kläger un­ter Be­zug auf die vie­len fol­gen­den Sei­ten näher die­se Aus­sa­ge erläutert. Auch in sei­nen wei­te­ren „ausführ­li­chen Tat­sa­chen­schil­de­run­gen und Er­wi­de­run­gen“ (Ab­schnitt C des Ord-ners, Sei­te 33) er­hebt der Kläger Vorwürfe oh­ne sub­stanz­hal­ti­ge Be­gründung: „So ver­sieht die Be­klag­te das gan­ze Ver­fah­ren mit Falsch­aus­sa­gen, wohl in der Hoff­nung, dass dies un­ter der Flag­ge ei­ner re­nom­mier­ten Fir­ma durch­geht und wohl in der Mei­nung, dass Pro-

 

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zess­be­trug ein Ka­va­liers­de­likt sei. Ein sol­ches Aus­maß an Un­wahr­haf­tig­keit und Un­fair­ness ver­mu­tet man bei ei­ner an­sons­ten als se­riös an­ge­se­hen Fir­ma nicht“.

Gleich­wohl recht­fer­ti­gen die­se be­lei­di­gen­den Äußerun­gen des Klägers aus nach­fol­gen­den Gründen kei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses. Der Kläger hat im Rechts­streit 8 Sa 36/06 ne­ben der ein­ge­hen­den und um­fang­rei­chen und mit vie­len An­la­gen ver­se­he­nen Be­ru­fungs­be­gründungs­schrift vom 25.08.2006 kurz vor dem Be­ru­fungs­ter­min ei­nen Ord­ner ein­rei­chen las­sen, der ei­nen über 300seitigen Schrift­satz enthält. Die­ser Schrift­satz ist im Ge­gen­satz zur Be­ru­fungs­be­gründung nicht vom Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten des Klägers, son­dern vom Kläger selbst er­stellt wor­den. Der Pro­zess­be­vollmäch­tig­te des Klägers hat die­sen Schrift­satz le­dig­lich un­ter­schrie­ben. Der Kläger hat die­sen Schrift­satz al-so nicht von ei­nem ju­ris­tisch ge­schul­ten Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten ab­fas­sen las­sen, son­dern sei­ne Mei­nung „un­ge­fil­tert“ geäußert. In dem Be­ru­fungs­ver­fah­ren 8 Sa 36/06 ging es ne­ben der Wirk­sam­keit der Ver­set­zung des Klägers auch um Scha­den­er­satz und Schmer­zens­geld auf­grund der Mob­bing­vorwürfe des Klägers ge­genüber sei­nem Vor­ge­setz­ten. Zwar hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt wie zu­vor das Ar­beits­ge­richt die Kla­ge auch in­so­weit ab­ge­wie­sen. Die Be­gründung des Be­ru­fungs­ur­teils macht je­doch deut­lich, dass die Vorwürfe des Klägers nicht völlig aus der Luft ge­grif­fen wa­ren. Das Be­ru­fungs­ur­teil hat den Um­gangs­ton des Vor­ge­setz­ten des Klägers als un­an­ge­mes­sen be­zeich­net (Ur­teil Sei­te 16). Die be­lei­di­gen­den Vorwürfe des Klägers sind des­halb nicht zu ent­schul­di­gen. Sie sind aber im Rah­men ei­nes Mob­bing­pro­zes­ses zu re­la­ti­vie­ren. Des Wei­te­ren ist zu berück­sich­ti­gen, dass die Vorwürfe des Klägers nur im Rah­men des Vor­pro­zes­ses er­ho­ben wor­den und ne­ben den im Ver­fah­ren be­tei­lig­ten Per­so­nen der Be­klag­ten nie­man­dem be­kannt ge­wor­den sind. Ganz ent­schei­dend ist bei den In­ter­es­sen des Klägers an der Bei­be­hal­tung sei­nes Ar­beits­plat­zes zu berück­sich­ti­gen, dass er be­reits langjährig seit dem 01.01.1977 bei der Be­klag­ten beschäftigt und das Ar­beits­verhält­nis bis zur Ver­set­zung un­gestört ver­lau­fen ist. Im Übri­gen ist der Kläger im Kündi­gungs­zeit­punkt 56 Jah­re alt ge­we­sen und da­mit in ei­nem Le­bens­al­ter, in dem er auf dem all­ge­mei­nen Ar­beits­markt bei sei­ner Qua­li­fi­ka­ti­on kaum Chan­cen hat. Die­se In­ter­es­sen des Klägers über­wie­gen nach An­sicht der er­ken­nen­den Kam­mer ein­deu­tig die In­ter­es­sen der Be­klag­ten an der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses. Das verständ­li­che In­ter­es­se der Be­klag­ten, in Pro­zess­schriftsätzen nicht un­an­ge­mes­sen an­ge­gan­gen zu wer­den ist ge­genüber den In­ter­es­sen des Klägers nicht schwer­ge­wich­tig.

2. Der erst­mals in der Be­ru­fungs­in­stanz mit Schrift­satz vom 30.06.2008 ge­stell­te Auflösungs­an­trag der Be­klag­ten ist nicht zulässig.

In Kennt­nis des § 13 Abs. 1 Satz 3 KSchG be­gründet die Be­klag­te den Auflösungs­an­trag da­mit, dass der ta­rif­li­che Kündi­gungs­schutz des Klägers (§ 4.4 MTV Me­tall­in­dus­trie Nord-

 

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würt­tem­berg/Nord­ba­den) dem Ar­beit­ge­ber die in § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG nor­mier­te Möglich­keit ei­ner Auflösung des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht neh­men könne. Nach der In­ter­es­sen­la­ge der Par­tei­en und dem Sinn und Zweck der §§ 9 ff. KSchG sei ei­ne ana­lo­ge An­wen­dung des § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG auf ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung des Ar­beit­ge­bers ge­bo­ten. Die von der Be­klag­ten an­geführ­te ana­lo­ge An­wen­dung des § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG würde aber ei­ne plan­wid­ri­ge Ge­set­zeslücke vor­aus­set­zen. Ob ei­ne Ge­set­zeslücke im Sin­ne ei­ner plan­wid­ri­gen Un­vollständig­keit des Ge­set­zes vor­liegt, die im We­ge der Ana­lo­gie aus­gefüllt wer­den kann, ist vom Stand­punkt des Ge­set­zes und der ihm zu­grun­de lie­gen­den Re­ge­lungs­ab­sicht zu be­ur­tei­len (La­renz, Me­tho­den­leh­re der Rechts­wis­sen­schaft, 6. Auf­la­ge, Sei­te 373; BGH 13.11.2001 - X ZR 134/00 - BGHZ 149, 165 [174]; BAG 29.09.2004 - 1 ABR 39/03 - AP Nr. 40 zu § 99 Be­trVG 1972 Ver­set­zung, Gründe B III. 2. b).

Ei­ne sol­che Lücke liegt je­doch nicht schon vor, weil im Fal­le ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi-gung nur dem Ar­beit­neh­mer das Recht ein­geräumt wird, ge­ge­be­nen­falls die Auflösung des Ar­beits­verhält­nis­ses durch ge­richt­li­che Ent­schei­dung zu er­rei­chen. Der Ge­setz­ge­ber hat nämlich § 9 Abs. 1 KSchG mit der Maßga­be für an­wend­bar erklärt, dass nur der Ar­beit­neh­mer, nicht da­ge­gen der Ar­beit­ge­ber, den An­trag auf Auflösung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­gen Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung stel­len kann. Ei­ne un­wirk­sa­me außer­or­dent­li­che Kündi­gung sieht der Ge­setz­ge­ber als ei­ne be­son­ders schwer­wie­gen­de Pflicht­ver­let­zung des Ar­beit­ge­bers an mit der Fol­ge, dass er ihm die Möglich­keit ver­wehrt, sei­ner­seits ei­nen Auflösungs­an­trag zu stel­len (vgl. die Be­gründung zum Ent­wurf ei­nes Kündi­gungs­schutz­ge­set­zes, BT- Druck­sa­che Nr. I/2090 Sei­te 15). Bei der Neu­fas­sung des § 13 KSchG durch Art. 1 Nr. 6 des Ge­set­zes zu Re­for­men am Ar­beits­markt vom 24.12.2003 (BGBl. I Sei­te 3002) hat der Ge­setz­ge­ber in Kennt­nis der ta­rif­li­chen Vor­schrif­ten über die or­dent­li­che Unkünd­bar­keit von älte­ren Ar­beit­neh­mern ei­ne Auflösungsmöglich­keit im Fal­le ei­ner un­wirk­sa­men außer­or­dent­li­chen Ar­beit­ge­berkündi­gung nicht vor­ge­se­hen. Des­halb kann von ei­ner plan­wid­ri­gen Un­vollständig­keit des Ge­set­zes nicht ge­spro­chen wer­den. Die ganz über­wie­gen­de An­sicht in Recht­spre­chung und ar­beits­recht­li­cher Li­te­ra­tur ver­neint des­halb ei­nen Auflösungs­an­trag des Ar­beit­ge­bers im Fal­le ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung (BAG 26.10.1979 - 7 AZR 752/77 - AP Nr. 5 zu § 9 KSchG 1969, Gründe II. 1.; sie­he auch BAG 15.03.1978 - 5 AZR 831/76 - AP Nr. 45 zu § 620 BGB Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag, wo ei­ne ana­lo­ge An­wen­dung des § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG im Fal­le ei­ner un­wirk­sa­men außer­or­dent­li­chen Kündi­gung ge-genüber ei­nem Ar­beit­neh­mer, der sich zu Recht auf die Un­wirk­sam­keit ei­ner Be­fris­tung be-ru­fen hat, ver­neint wird; LAG Köln 22. Ju­ni 1989 - 10 Sa 246/89, LA­GE § 9 KSchG Nr. 14; LAG Hamm 18. Ok­to­ber 1990 - 17 Sa 600/90, LA­GE § 9 KSchG Nr. 19; LAG Nie­der­sach­sen 10. No­vem­ber 1994 - 1 Sa 1132/94, LA­GE § 9 KSchG Nr. 23, LAG Ba­den-Würt­tem­berg 30.07.2007 - 15 Sa 29/07; KR-Fried­rich, 8. Auf­la­ge, § 13 KSchG Rn. 64; APS-Biebl, 3. Auf-la­ge, § 13 Rn. 24,; Kitt­ner/Däubler/Zwan­zi­ger-Däubler; KSchR, 6. Auf­la­ge; § 13 KSchG Rn.

 

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13; BB­DW/Ba­der, § 13 KSchG Rn. 18; Ha­Ko-KSchG/Fie­big, 3. Auf­la­ge, § 13 Rn. 23; v. Ho­y­nin­gen-Hue­ne/Linck, KSchG, 14. Aufl., § 13 Rn. 16; ErfK-Ascheid, 8. Aufl., § 13 KSchG Rn. 13; Stahl­ha­cke/Preis/Vos­sen, Kündi­gung und Kündi­gungs­schutz im Ar­beits­verhält­nis, 9. Aufl., Rn. 1988; Isen­hardt/Ber­risch, Kündi­gung, HzA Grup­pe 5 Rn. 679; Linck/Scholz, Die Kündi­gung unkünd­ba­rer Ar­beit­neh­mer, AR-Blat­tei (SD) 1010.7 Rn. 108; Feicht­in­ger/Huep; an­de­rer An­sicht: Schäfer, Auflösungs­an­spruch des Ar­beit­ge­bers bei un­wirk­sa­mer außer­or­dent­li­cher Kündi­gung, BB 1985, 1994 ff.; Fromm, Auflösung des Ar­beits­verhält­nis­ses ei­nes unkünd­ba­ren An­ge­stell­ten in be­son­ders her­aus­ra­gen­der Funk­ti­on ge­gen des­sen Wil­len? DB 1988, 601 ff.; Trap­pehl/Lam­brich, Auflösungs­an­trag des Ar­beit­ge­bers nach außer­or­dent­li­cher Kündi­gung? RdA 1999, 243 ff.). Ab­ge­se­hen da­von, dass so­wohl Fromm (a.a.O.) als auch Trap­pehl/Lam­brich (a.a.O.) ei­nen Auflösungs­an­trag des Ar­beit­ge­bers im Fal­le ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung nur dann be­ja­hen, wenn es sich um An­ge­stell­te mit be­son­de­rer Wich­tig­keit für das Un­ter­neh­men bzw. sol­che in be­son­ders her­aus­ra­gen­der Funk­ti­on han­delt, wo­zu der Kläger er­kenn­bar nicht zählt, hätten die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en bei der ge­trof­fe­nen Ver­ein­ba­rung (hier: § 4.4 MTV) auf die Ge­set­zes­la­ge Be­dacht neh­men können. Die von der Be­klag­ten vor­lie­gend ge­for­der­te ana­lo­ge An­wen­dung des § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG auf ei­nen Auflösungs­an­trag des Ar­beit­ge­bers beim Aus­spruch ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung we­gen der or­dent­li­chen Unkünd­bar­keit ei­nes Ar­beit­neh­mers auf­grund von ta­rif­li­chen Vor­schrif­ten ist des­halb aus rechts­me­tho­di­schen Gründen nicht zu ver­tre­ten. Nur die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en könn­ten die von der Be­klag­ten als un­be­frie­di­gend emp­fun­de­ne recht­li­che Si­tua­ti­on an­ders lösen, in­dem sie z. B. ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gungs-gründe des Ar­beit­ge­bers bei Unkünd­bar­keits­re­geln aus­klam­mern.

 

III.

Da so­mit die Be­ru­fung der Be­klag­ten kei­nen Er­folg ha­ben konn­te, hat sie die Kos­ten ih­res er­folg­lo­sen Rechts­mit­tels gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO zu tra­gen.

Die Re­vi­si­on an das Bun­des­ar­beits­ge­richt ist nicht zu­zu­las­sen, weil die ge­setz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) dafür nicht vor­lie­gen.

 

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Rechts­mit­tel­be­leh­rung

Ge­gen die­ses Ur­teil ist ein Rechts­mit­tel nicht ge­ge­ben. Auf § 72a ArbGG wird hin­ge­wie­sen.

 

Hen­sin­ger

Bau­er

Eiss


 

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