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HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

BAG, Ur­teil vom 21.02.2008, 8 AZR 157/07

   
Schlagworte: Betriebsübergang, Betriebsübergang: Widerspruch
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 8 AZR 157/07
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 21.02.2008
   
Leitsätze: Ein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs 6 BGB gegen den Übergang eines Arbeitsverhältnisses besteht in Fällen, in denen ein Arbeitsverhältnis wegen gesellschaftsrechtlicher Gesamtrechtsnachfolge auf einen neuen Arbeitgeber übergegangen ist, nicht.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Freiburg (Breisgau), Urteil vom 21.02.2006, 8 Ca 544/05
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 31.01.2007, 22 Sa 5/06
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT


8 AZR 157/07
22 Sa 5/06
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Ba­den-Würt­tem­berg

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

21. Fe­bru­ar 2008

UR­TEIL


Di­ede­rich, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläger, Be­ru­fungskläger und Re­vi­si­onskläger,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Ach­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf Grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 21. Fe­bru­ar 2008 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Hauck, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Böck und
 


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Brein­lin­ger so­wie den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Dr. Um­fug und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Wan­kel für Recht er­kannt:
Auf die Re­vi­si­on des Klägers wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Ba­den-Würt­tem­berg - Kam­mern Frei­burg - vom 31. Ja­nu­ar 2007 - 22 Sa 5/06 - im Kos­ten­aus­spruch und in­so­weit auf­ge­ho­ben, als es die Be­ru­fung des Klägers ge­gen die Ab­wei­sung sei­nes Kla­ge­an­trags zu 3) zurück­ge­wie­sen hat.


Auf die Be­ru­fung des Klägers wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Frei­burg - Kam­mern Vil­lin­gen-Schwen­nin­gen - vom 21. Fe­bru­ar 2006 - 8 Ca 544/05 - im Kos­ten­aus­spruch und in­so­weit ab­geändert, als es die Kla­ge hin­sicht­lich des Kla­ge­an­trags zu 3) ab­ge­wie­sen hat.


Es wird fest­ge­stellt, dass zwi­schen dem Kläger und der Be­klag­ten ein Ar­beits­verhält­nis be­steht.

Die Kos­ten des Rechts­streits hat die Be­klag­te zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob zwi­schen ih­nen ein Ar­beits­verhält­nis be­steht oder die­ses durch ei­nen Wi­der­spruch des Klägers oder ei­ne Kündi­gung be­en­det wor­den ist.


Der Kläger war bei der K GmbH & Co. KG (im Fol­gen­den: K KG) beschäftigt. In der K KG wa­ren 75 klei­ne­re Wa­renhäuser der Kgrup­pe zu­sam­men­ge­fasst. Der Kläger war im Wa­ren­haus T stell­ver­tre­ten­der Ab­tei­lungs­lei­ter mit ei­nem durch­schnitt­li­chen Brut­to­mo­nats­ge­halt iHv. zu­letzt 3.200,00 Eu­ro.

Kom­ple­mentärin der K KG war die K Ver­wal­tungs GmbH (K Ver­wal­tungs GmbH), ein­zi­ge Kom­man­di­tis­tin war zu­letzt die M GmbH (M GmbH). Die Ge­sell­schaf­ter der K KG schlos­sen am 6. Sep­tem­ber 2005 ei­nen Ver­trag über den Aus­tritt der Kom­ple­mentärin K Ver­wal­tungs GmbH aus der
 


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K KG. Die­ser Aus­tritt soll­te zum 20. Sep­tem­ber 2005, 24.00 Uhr wirk­sam wer­den. Die K KG soll­te mit dem Aus­tritt aufhören zu exis­tie­ren und die M GmbH al­le Kom­man­dit­an­tei­le der K KG er­wer­ben. Al­le Ak­ti­va und Pas­si­va der K KG soll­ten auf die M GmbH über­ge­hen. Die M GmbH änder­te ih­re Fir­ma zunächst in „K GmbH“ (K GmbH) und zu­letzt in die Be­klag­te.

Mit Schrei­ben vom 20. Sep­tem­ber 2005, dem Kläger am 26. Sep­tem­ber 2005 zu­ge­gan­gen, wies die K KG dar­auf hin, dass sie mit Wir­kung zum 21. Sep­tem­ber 2005 we­gen Aus­tritts der K Ver­wal­tungs GmbH auf­gelöst und das Ar­beits­verhält­nis des Klägers auf die K GmbH über­ge­hen wer­de. Dem Über­gang sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses könne der Kläger nach § 613a Abs. 6 BGB in­ner­halb ei­nes Mo­nats nach Zu­gang des Un­ter­rich­tungs­schrei­bens schrift­lich wi­der­spre­chen. Der Wi­der­spruch hätte zwar zur Fol­ge, dass das Ar­beits­verhält­nis nicht auf die K GmbH über­ge­he, würde aber auch nicht da­zu führen, dass es mit der K KG fort­be­ste­he. Auf Grund des Erlöschens der K KG en­de im Fall ei­nes Wi­der­spruchs das Ar­beits­verhält­nis au­to­ma­tisch mit Ab­lauf des 20. Sep­tem­ber 2005. Un­ter dem 26. Ok­to­ber 2005 wi­der­sprach der Kläger ge­genüber der K KG dem Über­gang sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses auf die K GmbH. Die K GmbH bestätig­te noch am sel­ben Ta­ge den Ein­gang des Wi­der­spruchs und den Aus­tritt des Klägers mit dem 20. Sep­tem­ber 2005. Un­ter dem 27. Ok­to­ber 2005 rich­te­te der Kläger an ver­schie­de­ne Adres­sa­ten - teil­wei­se Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten - ei­ne E-Mail, die aus­zugs­wei­se lau­tet:


„Ir­gend­wann hat je­der mal die Schnau­ze voll und kann das, was so ab­geht, gar nicht mehr nach­voll­zie­hen. Ha­be das hier in T jetzt über 8 Jah­re mit­ge­macht. Ir­gend­wann soll­te man für sich ent­schei­den so nicht mehr. Die­se Ent­schei­dung ha­be ich ges­tern ge­trof­fen. Ich ha­be dem Be­triebsüber­gang von K GmbH & Co. KG auf K GmbH wi­der­spro­chen ... hier­mit möch­te ich mich auch bei euch al­len für die schöne Zu­sam­men­ar­beit ... be­dan­ken ... wünsche al­len ei­ne gu­te und stress­freie Zeit im Un­ter-neh­men. Wer­de mich in den nächs­ten Wo­chen nach et­was Neu­em und womöglich Bes­se­rem um­schau­en.“


Der Kläger hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, sein Wi­der­spruch vom 26. Ok­to­ber 2005 könne nicht die Rechts­wir­kung nach § 613a Abs. 6 BGB
 


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ent­fal­ten. Zum ei­nen ha­be er ihn ge­genüber ei­nem er­lo­sche­nen Ar­beit­ge­ber erklärt; zum an­de­ren ge­be es kei­nen Be­triebsüber­gang iSd. § 613a BGB. Sch­ließlich ha­be er, selbst wenn § 613a BGB an­wend­bar sein soll­te, kein Wi­der­spruchs­recht ge­habt, da der bis­he­ri­ge Ar­beit­ge­ber er­lo­schen sei. In sei­nem Wi­der­spruchs­schrei­ben sei kei­ne Ei­genkündi­gung zu se­hen, auch ei­ne da­hin­ge­hen­de Um­deu­tung kom­me nicht in Be­tracht.


So­weit für die Re­vi­si­on noch von Be­deu­tung hat der Kläger zu­letzt be­an­tragt,

3. fest­zu­stel­len, dass zwi­schen ihm und der Be­klag­ten ein Ar­beits­verhält­nis be­steht;

4. hilfs­wei­se: die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn ei­nen Nach­teils­aus­gleich gemäß § 113 Be­trVG zu be­zah­len, des­sen Höhe in das Er­mes­sen des Ge­richts ge­stellt wird;

5. höchst hilfs­wei­se: die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn ei­ne So­zi­al­ab­fin­dung aus dem So­zi­al­plan von 2004 zu be­zah­len.
Die Be­klag­te hat in­so­weit die Ab­wei­sung der Kla­ge be­an­tragt. Sie hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, bei Aus­tritt ei­nes Ge­sell­schaf­ters und An­wach­sung sei­ner Ge­sell­schafts­an­tei­le auf den ver­blei­ben­den Ge­sell­schaf­ter sei § 613a BGB an­wend­bar. Der Ar­beit­neh­mer ha­be das Recht, dem Über­gang sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses zu wi­der­spre­chen, un­abhängig vom Erlöschen des bis­he­ri­gen Ar­beit­ge­bers. Denn der Ge­setz­ge­ber ha­be in § 613a Abs. 3 BGB die­se Kon­stel­la­ti­on ge­re­gelt, da­von je­doch in § 613a Abs. 6 BGB be­wusst ab­ge­se­hen. Trotz Adres­sie­rung an die K KG sei der Wi­der­spruch des Klägers der Be­klag­ten wirk­sam zu­ge­gan­gen. Zu­min­dest sei das Schrei­ben des Klägers als Kündi­gungs­erklärung aus­zu­le­gen. Da der Kläger auf die au­to­ma­ti­sche Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses im Fal­le sei­nes Wi­der­spruchs hin­ge­wie­sen wor­den sei, ha­be er ge­wusst, dass er durch den Wi­der­spruch das Ar­beits­verhält­nis be­en­de. Je­den­falls sei nach § 140 BGB ei­ne ent­spre­chen­de Um­deu­tung vor­zu­neh­men.


Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung des Klägers zurück­ge­wie­sen. Mit der vom Lan­des­ar­beits-
 


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ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt der Kläger sei­ne Anträge wei­ter.


Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on ist be­gründet, da die Kla­ge im ver­blie­be­nen Haupt­an­trag zu 3) zulässig und be­gründet ist. Mit Wir­kung ab dem 21. Sep­tem­ber 2005 ist das Ar­beits­verhält­nis des Klägers auf die Be­klag­te über­ge­gan­gen und be­steht zu die­ser fort. Dem steht der Wi­der­spruch des Klägers vom 26. Ok­to­ber 2005 nicht ent­ge­gen. Er­lischt der bis­he­ri­ge Recht­sträger im Zeit­punkt der Rechts-nach­fol­ge, ist das Wi­der­spruchs­recht iSd. § 613a Abs. 6 BGB nicht ge­ge­ben. Ein den­noch erklärter Wi­der­spruch ent­fal­tet kei­ne Rechts­fol­gen. Das Wi­der­spruchs­schrei­ben des Klägers ist darüber hin­aus we­der im We­ge der Aus­le­gung noch der Um­deu­tung als Kündi­gungs­erklärung zu ver­ste­hen.


A. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat an­ge­nom­men, in­fol­ge der Aus­tritts­ver­ein­ba­rung zwi­schen den Ge­sell­schaf­tern der K KG sei das Ar­beits­verhält­nis des Klägers nach § 613a BGB mit dem 21. Sep­tem­ber 2005 auf die M GmbH über­ge­gan­gen. Dem ha­be der Kläger nach § 613a Abs. 6 BGB wi­der­spre­chen können, ob­wohl auf Grund der Aus­tritts­ver­ein­ba­rung sein bis­he­ri­ger Ar­beit­ge­ber, die K KG, mit Ab­lauf des 20. Sep­tem­ber 2005 er­lo­schen sei. Der form-und frist­ge­recht erklärte Wi­der­spruch des Klägers vom 26. Ok­to­ber 2005 ha­be den Wei­ter­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses zwi­schen den Par­tei­en ab dem Zeit­punkt sei­nes Zu­gangs ver­hin­dert, wes­halb der Kla­ge­an­trag zu 3) un­be­gründet sei.


B. Dem folgt der Se­nat nicht. 


I. Mit dem ab 21. Sep­tem­ber 2005 wir­ken­den Aus­tritt der K Ver­wal­tungs GmbH aus der K KG ist die M GmbH, zu­letzt fir­mie­rend als Be­klag­te, Ar­beit­ge­be­rin des Klägers im We­ge ge­sell­schafts­recht­li­cher Ge­samt­rechts­nach­fol­ge ge­wor­den.
 


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1. Mit dem Aus­tritt der K Ver­wal­tungs GmbH als persönlich haf­ten­de Ge­sell­schaf­te­rin der K KG ist von de­ren zu­letzt noch zwei Ge­sell­schaf­tern nur die M GmbH übrig ge­blie­ben. Nach der zwi­schen den Ge­sell­schaf­tern ge­schlos­se­nen Aus­tritts­ver­ein­ba­rung ist der Geschäfts­an­teil der K Ver­wal­tungs GmbH der ein­zig ver­blie­be­nen Ge­sell­schaf­te­rin zu­ge­wach­sen, der da­ma­li­gen M GmbH. Da­bei kann da­hin­ste­hen, ob die Rechts­nach­fol­ge im We­ge sons­ti­ger Ge­samt­rechts­nach­fol­ge oder durch An­wach­sung nach § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB ein­ge­tre­ten ist. Je­den­falls en­de­te das Ge­sell­schafts­verhält­nis der Ge­sell­schaf­ter der K KG durch Kon­fu­si­on und die Ge­samt­hand fiel in sich zu­sam­men, da aus ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaft der zweit­letz­te Ge­sell­schaf­ter aus­schied und zu­dem ein Ge­sell­schaf­ter im We­ge der Rechts­nach­fol­ge al­le An­tei­le an der Per­so­nen­ge­sell­schaft er­warb. Dies ha­ben auch die Ge­sell­schaf­ter der K KG mit Ab­lauf des 20. Sep­tem­ber 2005 so vor­ge­se­hen: Das Aus­schei­den der K Ver­wal­tungs GmbH als zweit­letz­te Ge­sell­schaf­te­rin und die „Geschäftsüber­nah­me“ durch die ver­blei­ben­de M GmbH, die späte­re Be­klag­te. In ei­nem sol­chen Fall er­lischt die Ge­sell­schaft oh­ne Aus­ein­an­der­set­zung, der ver­blei­ben­de Al­lein­ge­sell­schaf­ter wird ihr Ge­samt­rechts­nach­fol­ger (Kars­ten Schmidt Ge­sell­schafts­recht 4. Aufl. § 8 IV und § 11 V 3 a). Das gilt auch, wenn, wie vor­lie­gend, ei­ne Per­so­nen­ge­sell­schaft, die K KG, auf ei­ne Ka­pi­tal­ge­sell­schaft, die M GmbH, ver­schmol­zen wird (BGH 10. Mai 1978 - VIII ZR 32/77 - BGHZ 71, 296). Auch in die­sem Fall geht das Vermögen oh­ne Wei­te­res, ins­be­son­de­re oh­ne Li­qui­da­ti­on auf die auf­neh­men­de Ge­sell­schaft über, oh­ne dass hierfür das Um­wand­lungs­ge­setz in An­spruch ge­nom­men wer­den müss­te. Da­her ist die M GmbH als Ge­samt­rechts­nach­fol­ge­rin der K KG ab 21. Sep­tem­ber 2005 auch die Ar­beit­ge­be­rin des Klägers ge­wor­den.


2. Es kann da­hin­ste­hen, ob ein sol­cher Fall der ge­sell­schafts­recht­li­chen Ver­schmel­zung und Ge­samt­rechts­nach­fol­ge auf den ver­blei­ben­den Al­lein­ge­sell­schaf­ter zu­gleich auch ei­nen Be­triebsüber­gang iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB dar­stellt. Der Über­gang des Ar­beits­verhält­nis­ses des Klägers auf die M GmbH, die heu­ti­ge Be­klag­te, hängt we­gen der Ge­samt­rechts­nach­fol­ge nicht von der An­wend­bar­keit des § 613a Abs. 1 BGB ab.
 


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a) Al­ler­dings hat vor­lie­gend mit dem Erlöschen der K KG und ih­rer Ver­schmel­zung auf die M GmbH die Iden­tität des Be­triebs­in­ha­bers ge­wech­selt.


Für ei­nen Be­triebsüber­gang iSv. § 613a BGB muss ein neu­er Recht­sträger die wirt­schaft­li­che Ein­heit des Be­triebs oder Be­triebs­teils un­ter Wah­rung ih­rer Iden­tität fortführen (BAG 24. Au­gust 2006 - 8 AZR 556/05 - Rn. 21, AP BGB § 613a Nr. 315 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 59, zu B II 1 a der Gründe; 14. Au­gust 2007 - 8 AZR 803/06 - Rn. 15, AP BGB § 613a Nr. 326 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 75, zu II 1 der Gründe). Für den In­ha­ber­wech­sel maßgeb­lich ist stets der Wech­sel der Rechts­persönlich­keit des Be­triebs­in­ha­bers; bleibt das Rechts­sub­jekt des Be­triebs­in­ha­bers iden­tisch, fehlt es an ei­nem Be­triebsüber­gang (BAG 20. März 2003 - 8 AZR 312/02 - EzA BGB 2002 § 613a Nr. 7, zu II 3 b bb der Gründe; 3. Mai 1983 - 3 AZR 1263/79 - BA­GE 42, 312, 321 f. = AP HGB § 128 Nr. 4 = EzA Be­trAVG § 1 Nr. 25). Bei ei­nem Ge­sell­schaf­ter­wech­sel in ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaft liegt kein Be­triebs­in­ha­ber­wech­sel vor, weil die Per­so­nen­ge­sell­schaft ih­re Iden­tität als Ar­beit­ge­be­rin behält (BAG 3. Mai 1983 - 3 AZR 1263/79 - aaO). Lösen die Ge­sell­schaf­ter, wie im vor­lie­gen­den Fall, je­doch die Ge­sell­schaft auf und über­tra­gen al­le Geschäfts­an­tei­le auf ei­nen Er­wer­ber, so bleibt das Rechts­sub­jekt ge­ra­de nicht iden­tisch. Mit der Ver­schmel­zung der K KG auf die M GmbH hat al­so auch der Be­triebs­in­ha­ber iSv. § 613a BGB ge­wech­selt.

b) Die­ser Be­triebs­in­ha­ber­wech­sel wur­de auch durch Rechts­geschäft be­wirkt. Da­von ist im­mer aus­zu­ge­hen, wenn die zum Be­trieb gehören­den ma­te­ri­el­len oder im­ma­te­ri­el­len Rech­te durch be­son­de­re Über­tra­gungs­ak­te auf den neu­en In­ha­ber über­tra­gen wur­den. Die­se sind an sich von ei­ner Ge­samt­rechts­nach­fol­ge oder Ho­heits­ak­ten als Über­tra­gungs­weg ab­zu­gren­zen. Aus­rei­chend ist je­doch, wenn der Über­gang von dem al­ten auf den neu­en In­ha­ber rechts­geschäft­lich ver­an­lasst wur­de, sei es durch ei­ne Rei­he von ver­schie­de­nen Rechts­geschäften oder durch rechts­geschäft­li­che Ver­ein­ba­run­gen mit ver­schie­de­nen Drit­ten (BAG 15. Fe­bru­ar 2007 - 8 AZR 431/06 - Rn. 30, AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64, zu II 2 e der Gründe; 6. April 2006 - 8 AZR 222/04 - Rn. 30, BA­GE 117, 349, 360 = AP BGB
 


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§ 613a Nr. 299 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 49, zu B I 3 b ee der Gründe; 2. März 2006 - 8 AZR 147/05 - Rn. 23, AP BGB § 613a Nr. 302 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 50, zu II 2 c dd der Gründe). Rechts­geschäft­lich ver­an­lasst in die­sem Sin­ne wur­de der Über­gang von dem al­ten In­ha­ber, der K KG, auf den neu­en Recht­sträger, die M GmbH, durch die Aus­tritts­ver­ein­ba­rung der Ge­sell­schaf­ter vom 6. Sep­tem­ber 2005. Die ge­sell­schafts­recht­li­che Ge­samt­rechts­nach­fol­ge ist le­dig­lich Fol­ge die­ser Aus­tritts­ver­ein­ba­rung und ge­ra­de nicht al­lein auf Grund ei­nes Ge­set­zes ein­ge­tre­ten.

II. Ein Wi­der­spruchs­recht nach § 613a Abs. 6 BGB ge­gen den Über­gang des Ar­beits­verhält­nis­ses be­steht in den Fällen aber nicht, in de­nen der bis­he­ri­ge Recht­sträger durch ge­sell­schafts­recht­li­che Ver­schmel­zung er­lischt. Der Wi­der­spruch des Klägers durch sein Schrei­ben vom 26. Ok­to­ber 2005 steht da­her dem Über­gang und dem Fort­be­stand sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses zur Be­klag­ten nicht ent­ge­gen.


1. Es kann da­hin­ste­hen, ob die Par­tei­en ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses bei Un­ter­neh­mens­um­struk­tu­rie­run­gen mit Hil­fe ei­ner An­wach­sung, die von dem Um­wand­lungs­ge­setz und da­mit von § 324 Um­wG nicht er­fasst wer­den, ein dem § 613a Abs. 6 BGB ent­spre­chen­des Wi­der­spruchs­recht des Ar­beit­neh­mers in­di­vi­du­al­ver­trag­lich ver­ein­ba­ren können. Vor­lie­gend ist es je­den­falls zu ei­ner sol­chen Ver­ein­ba­rung nicht ge­kom­men. Das In­for­ma­ti­ons­schrei­ben der K KG vom 20. Sep­tem­ber 2005, das als Se­ri­en­brief an al­le Ar­beit­neh­mer ei­ner Aus­le­gung durch den Se­nat zugäng­lich ist, enthält be­reits vom Wort­laut her kein An­ge­bot an den Kläger, ein der­ar­ti­ges Wi­der­spruchs­recht ein­zel­ver­trag­lich zu ver­ein­ba­ren. Viel­mehr wies die K KG aus­drück­lich auf ein Wi­der­spruchs­recht „nach § 613a Abs. 6 BGB“ hin, woll­te al­so nur über ei­ne aus ih­rer Sicht ge­ge­be­ne Rechts­la­ge in­for­mie­ren, nicht je­doch ei­ne sol­che durch ei­ne ar­beits­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung mit dem Kläger erst schaf­fen. Da­ge­gen spricht auch die dem In­for­ma­ti­ons­schrei­ben wei­ter zu ent­neh­men­de In­ten­ti­on der K KG, von dem aus ih­rer Sicht be­ste­hen­den ge­setz­li­chen Wi­der­spruchs­recht „nur nach sorgfälti­ger Abwägung Ge­brauch zu ma­chen“, da im Fal­le des Wi­der­spruchs das Ar­beits­verhält­nis „au­to­ma­tisch en­de“. We­der der Wort­laut noch die of­fen-


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sicht­li­che Ziel­set­zung des In­for­ma­ti­ons­schrei­bens, möglichst al­le Adres­sa­ten mit ih­rem Ar­beits­verhält­nis auf die K GmbH (M GmbH) über­ge­hen zu las­sen, bie­ten da­her kei­ne An­halts­punk­te dafür, mit dem In­for­ma­ti­ons­schrei­ben ha­be ein Wi­der­spruchs­recht über­haupt erst in­di­vi­du­al­ver­trag­lich ver­ein­bart wer­den sol­len.


2. Für den Fall ei­ner Un­ter­neh­mensum­wand­lung nach dem Um­wand­lungs­ge­setz, al­so für die hier nicht vor­lie­gen­den Fälle ei­ner Ver­schmel­zung, Spal­tung oder Vermögensüber­tra­gung sieht § 324 Um­wG vor, dass § 613a Abs. 1 und 4 bis 6 BGB durch ei­ne sol­che Um­wand­lung un­berührt blei­ben. Auch bei durch das Um­wand­lungs­ge­setz er­fass­ten Un­ter­neh­mens­um­struk­tu­rie­run­gen ist je­doch um­strit­ten, ob ein Wi­der­spruchs­recht nach § 613a Abs. 6 BGB auch in den Fällen be­steht, in de­nen der bis­he­ri­ge Recht­sträger mit der Ein­tra­gung der Um­wand­lung li­qui­da­ti­ons­los er­lischt. Nach Sinn und Zweck des Wi­der­spruchs­rechts und un­ter Berück­sich­ti­gung der Be­stands­schutz­funk­ti­on von § 613a BGB ist da­bei der Auf­fas­sung zu fol­gen, die im We­ge der te­leo­lo­gi­schen Re­duk­ti­on von § 613a Abs. 6 BGB in sol­chen Fällen ein Wi­der­spruchs­recht des Ar­beit­neh­mers ab­lehnt mit der Fol­ge, dass ein den­noch erklärter Wi­der­spruch un­be­acht­lich ist.


a) Nach ei­ner An­sicht be­steht ein Wi­der­spruchs­recht auch dann, wenn der bis­he­ri­ge Recht­sträger in­fol­ge der Um­wand­lung er­lischt (Stau­din­ger/An­nuß BGB (2005) § 613a Rn. 187; Boecken ZIP 1994, 1087, 1092; Däubler RdA 1995, 136, 140; Hart­mann ZfA 1997, 21, 30; Hört­nagl in Sch­mitt/Hört­nagl/Stratz Um­wG 4. Aufl. § 131 Rn. 54; KR-Pfeif­fer 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 115; So­er­gel-Raab BGB 12. Aufl. § 613a Rn. 177; Rieb­le NZA 2004, 1, 5; Sem­ler/Sten­gel-Si­mon Um­wG 2. Aufl. § 324 Rn. 52: „ent­ge­gen der Ge­set­zes­be­gründung BT-Drucks. 14/7760 S. 20 zur Ände­rung von § 324 Um­wG“; ArbG Müns­ter 14. April 2000 - 3 Ga 13/00 - NZA-RR 2000, 467, 468; Schnit­ker/Grau ZIP 2008, 394, 398). Sei­ne Ausübung be­wir­ke, dass das Ar­beits­verhält­nis im Zeit­punkt des Erlöschens des Recht­strägers be­en­det wer­de (Hart­mann aaO; Joost in Lut­ter Um­wG 3. Aufl. Band II § 324 Rn. 66), der Wi­der­spruch lau­fe in­so­fern auf ein frist­lo­ses Lösungs­recht hin­aus (Däubler aaO). § 324 Um­wG ver­wei­se in al­len
 


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Um­wand­lungsfällen auf § 613a Abs. 6 BGB (Rieb­le aaO). Auch § 613a Abs. 6 BGB selbst ma­che kei­ne Ein­schränkung für den Fall, dass der Veräußerer erlösche. In § 613a Abs. 3 BGB ha­be der Ge­setz­ge­ber da­ge­gen aus­drück­lich für die Fälle des Erlöschens des Alt-Ar­beit­ge­bers ei­ne Aus­nah­me von der Haf­tung ge­macht (Rieb­le aaO). Das Wi­der­spruchs­recht sol­le nicht in ers­ter Li­nie das Ar­beits­verhält­nis zum bis­he­ri­gen Ar­beit­ge­ber er­hal­ten (Sem­ler/Sten­gel-Si­mon aaO; ArbG Müns­ter 14. April 2000 - 3 Ga 13/00 - aaO). Es be­zwe­cke viel­mehr al­lein, dem Ar­beit­neh­mer nicht ge­gen sei­nen Wil­len ei­nen neu­en Ar­beit­ge­ber auf­zu­drängen (Hart­mann aaO; Sem­ler/Sten­gel-Si­mon aaO). Da die Frist für die Ausübung des Wi­der­spruchs ei­nen Mo­nat be­tra­ge, könne die Wahl­frei­heit des Ar­beit­neh­mers nicht durch die bloße Möglich­keit ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung nach § 626 BGB gewähr­leis­tet wer­den, da ei­ne sol­che Kündi­gung nur bin­nen der Zwei-Wo­chen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB er­fol­gen könne. We­gen des An­spruchs aus § 628 Abs. 2 BGB würde die An­er­ken­nung ei­nes außer­or­dent­li­chen Kündi­gungs­rechts bei Erlöschen des Recht­strägers zu­dem den wi­der­spre­chen­den Ar­beit­neh­mer ge­genüber al­len an­de­ren Fällen ei­nes Be­triebsüber­gangs bes­ser­stel­len (Sem­ler/Sten­gel-Si­mon aaO).


b) Die Ge­gen­an­sicht lehnt ein Wi­der­spruchs­recht ab, wenn der bis­he­ri­ge Recht­sträger mit der Ein­tra­gung der Um­wand­lung li­qui­da­ti­ons­los er­lischt (Bach­ner NJW 1995, 2881, 2882; Gaul Das Ar­beits­recht der Be­triebs- und Un­ter­neh­mens­spal­tung § 11 Rn. 35; Gaul/Ot­to DB 2002, 634, 636; Graef NZA 2006, 1078, 1080 f.; Henn­richs ZIP 1995, 794, 799; Hunold NZA-RR 2003, 505, 512; Kreßel BB 1995, 925, 930; Münch­KommBGB/Müller-Glöge 4. Aufl. § 613a Rn. 219; ErfK/Preis 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 183; Kall­mey­er/Wil­lem­sen Um­wG 3. Aufl. § 324 Rn. 47; HWK/Wil­lem­sen/Müller-Bo­nan­ni 2. Aufl. § 613a BGB Rn. 357; Wlotz­ke DB 1995, 40, 43; LAG Düssel­dorf 15. No­vem­ber 2002 - 9 Sa 945/02 -, zu II 3 der Gründe). Fal­le die Ur­sprungs­ge­sell­schaft als Ar­beit­ge­ber weg, er­ge­be ein Wi­der­spruchs­recht der Ar­beit­neh­mer kei­nen Sinn (Gaul/Ot­to aaO; Henn­richs aaO). Für ein Wi­der­spruchs­recht ge­be es kei­nen An­satz (Wlotz­ke aaO). Erlösche der über­tra­gen­de Recht­sträger, ge­he das Wi­der­spruchs­recht ins Lee­re; den Ar­beit­neh­mern sei ein Recht auf außer­or­dent­li­che
 


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Kündi­gung zu­zu­ge­ste­hen (Bach­ner aaO; Kreßel aaO; Münch­KommBGB/Müller-Glöge aaO; ErfK/Preis aaO; Kall­mey­er/Wil­lem­sen aaO). § 613a BGB die­ne in ers­ter Li­nie dem Be­stands­schutz des Ar­beits­verhält­nis­ses (Graef NZA 2006, 1078, 1080). Der Grund­rechts­schutz des Ar­beit­neh­mers ge­bie­te nicht das Be­ste­hen ei­nes Wi­der­spruchs­rechts, da er durch die be­ste­hen­den Kündi­gungsmöglich­kei­ten zu wah­ren sei.


c) Die Re­gie­rungs­be­gründung zu § 132 Um­wG (BT-Drucks. 12/6699 S. 121) erwähnt aus­drück­lich, bei ei­ner Auf­spal­tung sei ein Wi­der­spruchs­recht we­gen des Erlöschens des über­tra­gen­den Recht­strägers in­so­weit ge­gen­stands­los, als sei­ne Ausübung nicht zur Fortführung des bis­he­ri­gen Ar­beits­verhält­nis­ses bei dem auf­ge­spal­te­nen Recht­sträger führen könne. Auch in der Re­gie­rungs­be­gründung zur Neu­fas­sung von § 324 Um­wG (Ge­setz zur Ände­rung des See­manns­ge­set­zes und an­de­rer Ge­set­ze vom 23. März 2002, BT-Drucks. 14/7760 S. 20) wird dar­auf hin­ge­wie­sen, dass es kei­nen An­satz für ein Wi­der­spruchs­recht des Ar­beit­neh­mers ge­be, wenn das über­tra­gen­de Un­ter­neh­men in­fol­ge der Um­wand­lung erlösche. In der Zu­sam­men­schau mit der be­reits be­ste­hen­den klar­stel­len­den Ge­set­zes­re­gel des § 613a Abs. 3 BGB, nach der ein durch Um­wand­lung er­lo­sche­ner Recht­sträger nicht mehr haf­tet, spre­chen die­se Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en dafür, dass der Ge­setz­ge­ber in sol­chen Fällen ei­ne aus­drück­li­che Aus­nah­me von der Wi­der­spruchsmöglich­keit des § 613a Abs. 6 BGB als überflüssig an­ge­se­hen hat. Da­ge­gen weist nichts dar­auf hin, dass er ei­nen be­son­de­ren Be­en­di­gungs­tat­be­stand des „au­to­ma­ti­schen Erlöschens“ im Fal­le ei­nes wirk­sam ausübba­ren Wi­der­spruchs zu­las­sen woll­te.


d) Sinn und Zweck des Wi­der­spruchs­rechts un­ter Berück­sich­ti­gung der Be­stands­schutz­funk­ti­on des § 613a BGB führen zu ei­ner te­leo­lo­gi­schen Re­duk­ti­on des An­wen­dungs­be­reichs von § 613a Abs. 6 BGB in Fällen, in de­nen der bis­he­ri­ge Recht­sträger durch ge­sell­schafts­recht­li­che Um­struk­tu­rie­rung er­lischt. Der Sinn des Wi­der­spruchs­rechts erschöpft sich nicht al­lein in dem Schutz des Ar­beit­neh­mers, ge­gen sei­nen Wil­len ei­nen neu­en Ar­beit­ge­ber auf­ge­drängt zu be­kom­men. Viel­mehr führt die Ausübung des Wi­der­spruchs auch zum Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses mit dem bis­he­ri­gen Ar­beit-

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ge­ber. Der Wi­der­spruch ist dar­auf ge­rich­tet, den Über­gang des Ar­beits­verhält­nis­ses auf den Be­triebsüber­neh­mer nicht ein­tre­ten, son­dern statt­des­sen das Ar­beits­verhält­nis mit dem bis­he­ri­gen Ar­beit­ge­ber fort­be­ste­hen zu las­sen (BAG 13. Ju­li 2006 - 8 AZR 305/05 - Rn. 40, BA­GE 119, 91, 101 = AP BGB § 613a Nr. 312 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 56, zu II 2 a der Gründe; 30. Ok­to­ber 2003 - 8 AZR 491/02 - BA­GE 108, 199, 203 = AP BGB § 613a Nr. 262 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 16, zu II 2 a der Gründe). Die­se Rechts­fol­gen las­sen sich nicht von­ein­an­der tren­nen. Schon bei der richter­recht­li­chen Fas­sung des Wi­der­spruchs­rechts vor sei­ner Ko­di­fi­ka­ti­on durch § 613a Abs. 6 BGB wur­de dar­auf hin­ge­wie­sen, dass der Ar­beit­neh­mer zur Ab­wehr ei­nes un­erwünsch­ten neu­en Ver­trags­part­ners dann nicht auf sein Recht zur Kündi­gung und da­mit den Zwang zur Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ver­wie­sen wer­den könne, wenn der bis­he­ri­ge Ar­beit­ge­ber fort­be­ste­he (vgl. BAG 2. Ok­to­ber 1974 - 5 AZR 504/73 - BA­GE 26, 301, 311 = AP BGB § 613a Nr. 1 = EzA BGB § 613a Nr. 1, zu III 4 b und 5 der Gründe). Ist hin­ge­gen der bis­he­ri­ge Ar­beit­ge­ber er­lo­schen, be­darf es auch mit Blick auf die durch Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG gewähr­leis­te­te Ver­trags- und Be­rufs­frei­heit des Ar­beit­neh­mers kei­nes Wi­der­spruchs­rechts zur Ab­wehr ei­nes auf­ge­dräng­ten Ver­trags­part­ners. Will der Ar­beit­neh­mer das Ar­beits­verhält­nis nicht bei dem neu­en Ar­beit­ge­ber fort­set­zen, so kann er oh­ne Rechts­ver­lust von sei­nem Kündi­gungs­recht Ge­brauch ma­chen (BAG 2. Ok­to­ber 1974 - 5 AZR 504/73 - BA­GE 26, 301, 309 = aaO, zu III 3 c der Gründe). Der Ein­wand über­zeugt nicht, die Zwei-Wo­chen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB für den Aus­spruch der außer­or­dent­li­chen Kündi­gung sei im Verhält­nis zur Mo­nats­frist für die Ausübung des Wi­der­spruchs­rechts zu kurz. Die Frist nach § 626 Abs. 2 BGB be­ginnt erst ab Kennt­nis von der Ein­tra­gung der zum Erlöschen des bis­he­ri­gen Ar­beit­ge­bers führen­den Um­wand­lung zu lau­fen. Eben­so ist der Hin­weis auf ei­ne an­geb­li­che Bes­ser­stel­lung durch Scha­dens­er­satz­ansprüche nach § 628 Abs. 2 BGB nicht stich­hal­tig. Bei Erlöschen sei­nes bis­he­ri­gen Ar­beit­ge­bers steht dem Ar­beit­neh­mer ein wich­ti­ger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB al­lein we­gen sei­ner durch Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG gewähr­leis­te­ten Ver­trags- und Be­rufs­frei­heit zu. Da­ge­gen ist ei­ne ge­sell­schafts­recht­li­che Um­struk­tu­rie­rung, die zum Erlöschen des bis­he­ri­gen Ar­beit­ge­bers
 


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führt, grundsätz­lich kein ver­trags­wid­ri­ges Ver­hal­ten des Ar­beit­ge­bers, was je­doch Vor­aus­set­zung für Scha­dens­er­satz­ansprüche nach § 628 Abs. 2 BGB wäre.


3. Wird, wie vor­lie­gend, ei­ne KG auf ei­ne GmbH ver­schmol­zen, so dass die KG er­lischt, kann es aus den glei­chen Erwägun­gen wie bei Um­struk­tu­rie­run­gen nach dem Um­wand­lungs­ge­setz kein Wi­der­spruchs­recht des Ar­beit­neh­mers ge­gen den Über­gang sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses ge­ben. Die In­ter­es­sen­la­ge in Fällen, bei de­nen der bis­he­ri­ge Recht­sträger mit der Ein­tra­gung der Um­wand­lung li­qui­da­ti­ons­los er­lischt, ist die glei­che, ob es sich um ei­ne Um­struk­tu­rie­rung nach dem Um­wand­lungs­ge­setz oder um ei­ne Un­ter­neh­mensum­wand­lung nach all­ge­mei­nen ge­sell­schafts­recht­li­chen Um­struk­tu­rie­rungsmöglich­kei­ten han­delt. § 613a Abs. 6 BGB ist in al­len die­sen Fällen te­leo­lo­gisch zu re­du­zie­ren.


III. Nach sei­nem ob­jek­ti­ven Erklärungs­wert stellt das Wi­der­spruchs­schrei­ben des Klägers vom 26. Ok­to­ber 2005 we­der ei­ne Ei­genkündi­gung noch ein An­ge­bot auf Ab­schluss ei­nes Auf­he­bungs­ver­trags dar.

1.a) Die Aus­le­gung des Wi­der­spruchs­schrei­bens des Klägers nach den §§ 133, 157 BGB geht ei­ner mögli­chen Um­deu­tung gemäß § 140 BGB vor (vgl. Pa­landt/Hein­richs BGB 67. Aufl. § 140 Rn. 4). Maßgeb­lich ist, wie der Erklärungs­empfänger die Wil­lens­erklärung nach Treu und Glau­ben un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Be­gleit­umstände ver­ste­hen muss­te (BGH 24. Fe­bru­ar 1988 - VIII ZR 145/87 - BGHZ 103, 275, 280, zu II 4 b bb der Gründe; BAG 12. Ja­nu­ar 1994 - 5 AZR 41/93 - AP BGB § 242 Be­trieb­li­che Übung Nr. 43 = EzA BGB § 242 Be­trieb­li­che Übung Nr. 30, zu I 1 der Gründe). Bei der Aus­le­gung dürfen nur sol­che Umstände berück­sich­tigt wer­den, die bei Zu­gang des Wi­der­spruchs am 26. Ok­to­ber 2005 für den Empfänger er­kenn­bar wa­ren (Pa­landt/Hein­richs/El­len­ber­ger § 133 Rn. 9). Da­her ist für die Aus­le­gung des Wi­der­spruchs­schrei­bens der Erklärungs­ge­halt der E-Mail des Klägers vom 27. Ok­to­ber 2005 un­be­acht­lich. Auf die Ver­fah­rensrüge des Klägers, das Lan­des­ar­beits­ge­richt ha­be un­zu­tref­fend fest­ge­stellt, bei den Empfängern der E-
 


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Mail ha­be es sich teil­wei­se auch um Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten ge­han­delt, kommt es da­her nicht an.

b) Für die Be­klag­te er­kenn­bar war das Wi­der­spruchs­schrei­ben des Klägers ei­ne Re­ak­ti­on auf das In­for­ma­ti­ons­schrei­ben vom 20. Sep­tem­ber 2005. In die­sem hat­te die K KG die Rechts­an­sicht ver­tre­ten, ein Wi­der­spruch des Klägers wer­de „au­to­ma­tisch“ zur Be­en­di­gung sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses führen. Da­her kann das Wi­der­spruchs­schrei­ben ge­ra­de nicht da­hin aus­ge­legt wer­den, der Kläger ha­be nicht den Wi­der­spruch ge­gen den Über­gang sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses, son­dern un­mit­tel­bar ei­ne Kündi­gung aus­spre­chen wol­len. Ei­ne zur Be­en­di­gung sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses führen­de ei­ge­ne Wil­lens­erklärung woll­te der Kläger mit sei­nem Wi­der­spruchs­schrei­ben nicht ab­ge­ben. Da­her lässt es sich auch nicht als An­ge­bot auf Ab­schluss ei­nes Auf­he­bungs­ver­trags und auch nicht als An­nah­me ei­nes ihm dies­bezüglich zu­vor von Ar­beit­ge­ber­sei­te ge­mach­ten An­ge­bots aus­le­gen.


2. Sch­ließlich kann der Wi­der­spruch des Klägers vom 26. Ok­to­ber 2005 nicht nach § 140 BGB in ei­ne Ei­genkündi­gung oder ein An­ge­bot auf Ab­schluss ei­nes Auf­he­bungs­ver­trags um­ge­deu­tet wer­den.


a) Die Möglich­keit ei­ner Um­deu­tung nach § 140 BGB ist im Pro­zess von Amts we­gen zu be­ach­ten (BGH 28. No­vem­ber 1962 - V ZR 127/61 - NJW 1963, 339, 340, zu 5 der Gründe; BAG 15. No­vem­ber 2001 - 2 AZR 310/00 - AP BGB § 140 Nr. 13 = EzA BGB § 140 Nr. 24, zu B I 1 b der Gründe). Vor­aus­set­zung ist, dass das um­zu­deu­ten­de, nich­ti­ge oder wir­kungs­lo­se Rechts­geschäft den Er­for­der­nis­sen ei­nes an­de­ren Rechts­geschäfts ent­spricht. Je­doch darf das Er­satz­geschäft in sei­nen recht­li­chen Wir­kun­gen nicht wei­ter rei­chen als das un­wirk­sa­me (BGH 15. De­zem­ber 1955 - II ZR 204/54 - BGHZ 19, 269, 275, zu 2 der Gründe; BAG 12. Sep­tem­ber 1974 - 2 AZR 535/73 - AP TVAL II § 44 Nr. 1 = EzA TVG § 1 Aus­le­gung Nr. 3, zu III der Gründe).


b) Da­nach kann der wir­kungs­los ge­blie­be­ne Wi­der­spruch des Klägers nicht in ei­ne rechts­ge­stal­ten­de Wil­lens­erklärung mit dem Ziel ei­ner Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses um­ge­deu­tet wer­den. Denn Rechts­fol­ge ei­nes wirk-
 


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sa­men Wi­der­spruchs ge­gen den Über­gang des Ar­beits­verhält­nis­ses nach § 613a Abs. 6 BGB wäre, wie aus­geführt, nicht die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses, son­dern der Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses mit dem bis­he­ri­gen Ar­beit­ge­ber ge­we­sen. Da­mit würde die Rechts­fol­ge ei­nes in ei­ne Ei­genkündi­gung oder das An­ge­bot auf Ab­schluss ei­nes Auf­he­bungs­ver­trags um­ge­deu­te­ten Rechts­geschäfts wei­ter rei­chen als die ei­nes wirk­sa­men Wi­der­spruchs. Auf den mut­maßli­chen oder tatsächli­chen Par­tei­wil­len kommt es in­so­weit nicht an. Da­her ist es hier nicht er­heb­lich, dass der Kläger bei sei­nem Wi­der­spruch mögli­cher­wei­se ei­ner von der Be­klag­ten durch ihr In­for­ma­ti­ons­schrei­ben pro­vo­zier­ten Vor­stel­lung un­ter­lag, sein Wi­der­spruch führe „au­to­ma­tisch“ zum En­de sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses. Dies könn­te nur bei der Fra­ge, ob der Kläger nach sei­nem Wi­der­spruch die Ar­beits­kraft wei­ter­hin sei­nem Ar­beit­ge­ber an­ge­bo­ten hat, al­so bei der Fra­ge des An­nah­me­ver­zugs, von Be­deu­tung sein. Darüber war aber vor­lie­gend nicht zu ent­schei­den.

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