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HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

Säch­si­sches LAG, Ur­teil vom 27.03.2007, 7 Sa 308/06

   
Schlagworte: Betriebsübergang, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld
   
Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 7 Sa 308/06
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 27.03.2007
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Dresden
   

Säch­si­sches Lan­des­ar­beits­ge­richt


Az.: 7 Sa 308/06
9 Ca 5229/05 ArbG Dres­den

Verkündet am 27.03.2007


Im Na­men des Vol­kes

UR­TEIL

In dem Rechts­streit

...

hat das Säch­si­sche Lan­des­ar­beits­ge­richt – Kam­mer 7 – durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt ... als Vor­sit­zen­den und die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Herrn ... und Herrn ... auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 27.03.2007

für Recht er­kannt:

1. Auf die Be­ru­fung der Kläge­rin wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Dres­den vom 14.03.2006 – 9 Ca 5229/05 – in Zif­fern 3 und 4

ab­geändert:

Der Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin 215,44 € brut­to zuzüglich Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit 01.12.2003 zu zah­len.

2. Die Be­ru­fung des Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Dres­den vom 14.03.2006 wird

zurück­ge­wie­sen.

3. Der Be­klag­te trägt die Kos­ten des Rechts­streits.


4. Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.
 


– Sei­te 2 –

Tat­be­stand:


Die Par­tei­en strei­ten über die Ver­pflich­tung des Be­klag­ten an die Kläge­rin ei­ne rest­li­che Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on für 2003, Ur­laubs­geld für 2004 und ei­ne Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on für 2004 zu be­zah­len.
Die Kläge­rin ist mit Ar­beits­ver­trag vom 17.07.1998 ab 20.07.1998 von dem Be­klag­ten ein­ge­stellt wor­den als Er­zie­he­rin für Kin­der­ta­gesstätte. In § 2 des Ar­beits­ver­tra­ges hat­ten die Par­tei­en u. a. Fol­gen­des ver­ein­bart:

„...

Für das Ar­beits­verhält­nis gilt der Ta­rif­ver­trag über Ar­beits­be­din­gun­gen für An­ge­stell­te, Ar­bei­ter und Aus­zu­bil­den­de des ... in der je­weils gel­ten­den Fas­sung.

...“

Die Kläge­rin ist kein Ge­werk­schafts­mit­glied.
Nach der un­ter § 2 des Ar­beits­ver­tra­ges ver­ein­bar­ten Re­ge­lung galt der ...-Ta­rif­ver­trag-Ost. In § 65 ...-TV-Ost ist un­ter Ab­satz 2 fol­gen­de Re­ge­lung ent­hal­ten:

„...

Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis müssen in­ner­halb ei­ner Aus­schluss­frist von sechs Mo­na­ten nach ih­rer Fällig­keit schrift­lich gel­tend ge­macht wer­den, an­de­ren­falls ver­fal­len sie. Dies gilt auch für Ansprüche des ... ge­genüber dem Mit­ar­bei­ter.

...“

Im Wei­te­ren galt für das Ar­beits­verhält­nis die An­la­ge 8 des ...-TV-Ost „Son­der­re­ge­lun­gen für die Zah­lung von Ur­laubs­geld“ so­wie die An­la­ge 9 zum ...-TV-Ost „Son­der­re­ge­lun­gen für die Zah­lung ei­ner Zu­wen­dung“.

Bezüglich der Aus­zah­lung der Zu­wen­dung (Weih­nachts­geld) für die Jah­re 2002 und 2003 schloss der Be­klag­te mit dem Be­triebs­rat am 06.11.2002 ei­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung. Dar­in ist un­ter Punkt 1.2 zur „Aus­zah­lung der Zu­wen­dung“ fol­gen­de Re­ge­lung ge­trof­fen wor­den:
 


– Sei­te 3 –

„...


Die Aus­zah­lung der Zu­wen­dung für die Jah­re 2002 und 2003 be­ginnt im No­vem­ber 2002 und en­det im De­zem­ber 2003 und er­folgt mit der lau­fen­den Lohn­zah­lung Ge­halt, Orts- und Ta­rif­zu­la­ge.

...“

Am 18.11.2003 kam es zu ei­ner neu­en Be­triebs­ver­ein­ba­rung zwi­schen dem Be­klag­ten und dem Be­triebs­rat. In die­ser Be­triebs­ver­ein­ba­rung ist un­ter Punkt 1.2 “Aus­zah­lung der Zu­wen­dung“ Fol­gen­des ge­re­gelt:

„...

1. Die Aus­zah­lung des Loh­nes ver­schiebt sich auf den 30. bzw. 31. des lau­fen­den Mo­nats. Der Lohn muss je­dem Mit­ar­bei­ter an die­sen Ta­gen zur Verfügung ste­hen. Bei auf­tre­ten­den Schwie­rig­kei­ten sind al­le Mit­ar­bei­ter durch die Geschäfts­lei­tung mit ei­ner Frist von drei Werk­ta­gen zu in­for­mie­ren.

2. Über die Aus­zah­lung der rest­li­chen Zu­wen­dung für das Jahr 2003 wird im April 2004, un­ter Berück­sich­ti­gung der wirt­schaft­li­chen La­ge des ...-Kreis­ver­ban­des ... ent­schie­den.

...“

Bis ein­sch­ließlich Au­gust 2003 zahl­te der Be­klag­te mo­nat­lich ei­nen Be­trag an die Kläge­rin als Weih­nachts­geld. Ab Sep­tem­ber 2003 leis­te­te der Be­klag­te kei­ne Zah­lung von Weih­nachts­geld mehr an die Kläge­rin.
2004 zahl­te der Be­klag­te an die Kläge­rin kein Ur­laubs­geld und auch nicht das Weih­nachts­geld in Höhe von 1.292,61 €.
Mit Schrei­ben vom 14.03.2005 in­for­mier­te der Be­klag­te die Kläge­rin über den be­vor­ste­hen­den Be­triebsüber­gang nach § 613 a BGB der Ar­beits­verhält­nis­se zum 01.04.2005 auf die ... gGmbH.

Am 24.03.2005 über­brach­te die Kreis­geschäftsführe­rin des Be­klag­ten Frau ..., der Kläge­rin und ih­ren Kol­le­gin­nen das An­schrei­ben vom 24.03.2005 mit der Ver­ein­ba­rung als Nach­trag zum Ar­beits­ver­trag. In ei­ner ge­mein­sa­men Zu­sam­men­kunft
 


– Sei­te 4 –

al­ler Beschäftig­ten wies die Kreis­geschäftsführe­rin Frau ... al­le Mit­ar­bei­ter noch­mals dar­auf hin, dass die Über­nah­me durch die ... gGmbH nur er­fol­gen wer­de, wenn die Mit­ar­bei­ter auf al­le of­fe­nen Ansprüche hin­sicht­lich Weih­nachts- und Ur­laubs­geld ver­zich­ten. Falls der Ver­zicht nicht geklärt wer­de, wäre die Fol­ge, dass die In­sol­venz droht und al­le ih­re Ar­beit ver­lie­ren.

Nach ei­ner Be­denk­zeit un­ter­schrieb die Kläge­rin am 26.03.2005 die Ver­ein­ba­rung als Nach­trag zum Ar­beits­ver­trag, die fol­gen­den In­halt hat:

„...

1.
Der Ar­beit­neh­mer ver­zich­tet ge­genüber dem Ar­beit­ge­ber auf rück-ständi­ges Weih­nachts- und Ur­laubs­geld; der Ar­beit­ge­ber nimmt die­sen Ver­zicht an. Mit dem Ver­zicht ist ei­ne Gel­tend­ma­chung auch ge­genüber Drit­ten aus­ge­schlos­sen.

2.
Der Ver­zicht wird un­wirk­sam, wenn der Be­reich Kin­der­ta­gesstätten/Kin­der­heim des Ar­beit­ge­bers nicht bis zum 31.12.2005 auf die ... gGmbH, ..., ... über­geht.

...“

Am 30.09.2004 überg­ab der Be­triebs­rat dem Be­klag­ten die schrift­li­che Gel­tend­ma­chung des Ur­laubs­gel­des der Kläge­rin. Mit Schrei­ben vom 30.05.2005 mach­te die Kläge­rin das Weih­nachts­geld 2004 beim Be­klag­ten gel­tend.
Mit der Kla­ge­schrift vom 15.11.2005 erklärte die Kläger­in­ver­tre­te­rin im Na­men und Voll­macht der Kläge­rin die An­fech­tung der Ver­zichts­ver­ein­ba­rung vom 29.03.2005. Die An­fech­tungs­erklärung ist oh­ne Ori­gi­nal­voll­macht dem Be­klag­ten am 29.11.2005 zu­ge­gan­gen. Mit Schrei­ben vom 14.12.2005 wies die Be­klag­ten­ver­tre­te­rin un­ter Vor­la­ge ei­ner Ori­gi­nal­voll­macht die An­fech­tungs­erklärung gemäß § 174 BGB man­gels Vor­la­ge ei­ner Ori­gi­nal­voll­macht durch die Kläger­in­ver­tre­te­rin zurück.

Mit Schrei­ben vom 14.02.2006 erklärte die Kläger­in­ver­tre­te­rin un­ter Vor­la­ge der Ori­gi­nal­voll­macht ge­genüber dem Be­klag­ten noch­mals die An­fech­tung der Ver­ein­ba­rung vom 26.03.2005.
 


– Sei­te 5 –

Am 17.11.2005 er­hob die Kläge­rin Kla­ge vor dem Ar­beits­ge­richt Dres­den.

Die Kläge­rin hat vor­ge­tra­gen:
Sie ha­be noch An­spruch auf rest­li­che 2/12 Weih­nachts­geld 2003 in Höhe von 215,44 €. Der Be­klag­te ha­be auf das Weih­nachts­geld 2003 Ra­ten erst ab April 2003 ge­zahlt, so dass die vol­le Zah­lung die­ser Gra­ti­fi­ka­ti­on noch nicht er­folgt sei. Die Ver­zichts­ver­ein­ba­rung vom 26.03.2005 sei un­wirk­sam, weil sie aus An­lass des be­vor­ste­hen­den Be­triebsüber­g­an­ges ge­schlos­sen wor­den sei.
Darüber hin­aus sei die Ver­zichts­erklärung auch wirk­sam an­ge­foch­ten, weil der Be­klag­te durch An­dro­hung der In­sol­venz und da­mit Ver­lust al­ler Ar­beitsplätze wi­der-recht­lich ge­droht ha­be. Im Wei­te­ren liegt auch ei­ne arg­lis­ti­ge Täuschung vor, denn ihr Ar­beits­platz in der Kin­der­ta­gesstätte sei auch im Fal­le der In­sol­venz nicht be­droht ge­we­sen, da die Kom­mu­ne aus §§ 8 Abs. 1 und 9 Abs. 3 des Säch­si­schen Kin­der­ta­gesstätten­ge­set­zes ver­pflich­tet ge­we­sen wäre, die Ar­beitsplätze zu über-neh­men. Darüber hätte der Be­klag­te sie in­for­mie­ren müssen.
In dem vom Be­klag­ten vor­ge­leg­ten Ver­ein­ba­rungs­text vom 26.03.2005 lie­ge auch ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung gemäß § 307 Abs. 1 BGB. Es sei auch nicht mit dem Gleich­be­hand­lungs­grund­satz zu ver­ein­ba­ren, dass der Be­klag­te sei­nen Mit­ar­bei­tern, die bei dem Ret­tungs­dienst beschäftigt sei­en, die Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on 2003, 2004 und das Ur­laubs­geld vollständig ge­zahlt ha­be. Sie ha­be je­den­falls auf ih­re Ansprüche nur ver­zich­tet, weil sie der An­nah­me war, dass sie an­sons­ten ih­ren Ar­beits­platz ver­lie­re.

Die Kläge­rin stellt fol­gen­de Anträge:

1. Der Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin ei­nen Be­trag in Höhe von 215,44 € brut­to zuzüglich 5 % Zin­sen über dem Ba­sis­zins seit 01.12.2003 zu zah­len.

2. Der Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin ei­nen Be­trag in Höhe von 255,65 € brut­to zuzüglich 5 % Zin­sen über dem Ba­sis­zins seit dem 01.08.2004 zu zah­len.
 


– Sei­te 6 –

3. Der Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin ei­nen Be­trag in Höhe von 1.292,61 € brut­to zuzüglich 5 % Zin­sen über dem Ba­sis­zins seit dem 01.12.2004 zu zah­len.

Der Be­klag­te stellt den An­trag:

Die Kla­ge wird ab­ge­wie­sen.

Der Be­klag­te hat vor­ge­tra­gen:

Die Kläge­rin ha­be wirk­sam auf ih­re Ansprüche mit der Ver­ein­ba­rung vom 26.03.2005 ver­zich­tet nach ei­ner aus­rei­chen­den Be­denk­zeit. Die Ankündi­gung, dass für den Fall, ein Ver­zicht wer­de nicht erklärt, der Be­triebsüber­gang nicht möglich wer­de, ent­spre­che den Tat­sa­chen. Die Kläge­rin ha­be dem­nach oh­ne Zwang frei ent­schei­den können.
Das Weih­nachts­geld 2003 ha­be die Kläge­rin in vol­ler Höhe er­hal­ten. Die von ihr gel­tend ge­mach­te For­de­rung wer­de auch der Höhe nach be­strit­ten. Der Kläge­rin sei die an­ge­spann­te wirt­schaft­li­che Si­tua­ti­on be­kannt ge­we­sen. Darüber sei in der Be­leg­schafts­ver­samm­lung vom 09.12.2004 in­for­miert wor­den.
Bei der Ver­zichts­ver­ein­ba­rung vom 26.03.2005 han­de­le es sich um ei­ne in­di­vi­du­el­le Ver­ein­ba­rung, die nicht der In­halts­kon­trol­le nach § 307 BGB un­ter­lie­ge. Das ei­ni­gen Mit­ar­bei­tern des Ret­tungs­diens­tes die Son­der­zah­lun­gen ge­zahlt wor­den sei­en, lie­ge dar­an, dass die­se nicht ver­zich­tet hätten.

Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge hin­sicht­lich des Ur­laubs­gel­des für 2004 so­wie des Weih­nachts­gel­des für 2004 statt­ge­ge­ben und die Kla­ge im Übri­gen ab­ge­wie­sen. Zur Be­gründung wird auf die Ent­schei­dungs­gründe (Bl. 109 – 114 d. A.) Be­zug ge­nom­men. Ge­gen das am 04.04.2006 zu­ge­stell­te En­dur­teil des Ar­beits­ge­richts Dres­den vom 14.03.2006 hat der Be­klag­te am 26.04.2006 Be­ru­fung ein­ge­legt und das Rechts­mit­tel am 02.06.2006 be­gründet. Die Kläge­rin hat ih­re An­schluss­be­ru­fung am 14.07.2006 ein­ge­legt und be­gründet.
Der Be­klag­te hat zur Be­gründung aus­geführt, selbst wenn man da­von aus­ge­hen soll­te, dass es sich bei der Ver­zichts­erklärung vom 26.03.2005 um ei­ne all­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung han­deln soll­te, so hal­te die­se ei­ner In­halts­kon­trol­le nach § 307
 


– Sei­te 7 –

Abs. 2 Nr. 1 BGB stand. Zu Un­recht mei­ne das Ar­beits­ge­richt, dass al­lein der un­ent­gelt­li­che Ver­zicht oh­ne kom­pen­sa­to­ri­sche Ge­gen­leis­tung ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung in­di­zie­re. Da­bei sei aber un­berück­sich­tigt ge­blie­ben, dass ei­ne um­fas­sen­de In­ter­es­sen­abwägung vor­ge­nom­men wer­den müsse. So ha­be der Be­klag­te kei­nes­falls miss­bräuch­lich ei­ge­ne In­ter­es­sen auf Kos­ten der Kläge­rin durch­zu­set­zen ver­sucht. Ziel sei es viel­mehr ge­we­sen, die Ar­beitsplätze zu si­chern. Der Be­klag­te ha­be sich in er­heb­li­chen wirt­schaft­li­chen Schwie­rig­kei­ten be­fun­den und es ha­be die Ge­fahr be­stan­den, soll­te die Sa­nie­rung schei­tern, In­sol­venz an­ge­mel­det wer­den müss­te. Der Be­triebsüber­gang wäre je­doch oh­ne den Ver­zicht nicht möglich ge­we­sen.
Der Ver­zicht der Kläge­rin sei schließlich auch frei­wil­lig er­folgt.
Es stim­me auch nicht, dass der Ver­zicht oh­ne Ge­gen­leis­tung er­folgt wäre, denn es sei aus­drück­lich ge­re­gelt wor­den, dass der Ver­zicht un­wirk­sam wer­de, wenn der Be­triebs­teil nicht bis zu ei­nem be­stimm­ten Zeit­punkt über­ge­he. Der Ver­zicht sei da­her klar an ei­ne Be­din­gung ge­knüpft. Die Ge­gen­leis­tung hat dar­in be­stan­den, dass die Ar­beits­verhält­nis­se auf den neu­en Ar­beit­ge­ber über­ge­hen.
An­sons­ten hätte die In­sol­venz ge­droht mit der kon­kre­ten Gefähr­dung des kläge­ri­schen Ar­beits­plat­zes.
Es lie­ge auch kei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung vor, da von kei­ner ge­setz­li­chen Be­stim­mung ab­ge­wi­chen wur­de. Es lie­ge je­den­falls kein Ver­s­toß ge­gen den Grund­ge­dan­ken des § 613 a Abs. 1 BGB vor. Ei­ne über­ra­schen­de Klau­sel ent­hal­te die Ver­zichts­erklärung auch nicht.
Ei­ne wirk­sa­me An­fech­tung schei­de aus, auch lie­ge kein Ver­s­toß ge­gen den Gleich­be­hand­lungs­grund­satz vor.

Der Be­klag­te stellt fol­gen­den An­trag:

1. Das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Dres­den vom 14.03.2006 – Ak­ten­zei­chen 9 Ca 5229/05 – ab­zuändern so­weit es der Kla­ge statt­ge­ge­ben hat und die Kla­ge ins­ge­samt ab­zu­wei­sen.

2. Die Kos­ten des Rechts­streits der Kläge­rin auf­zu­er­le­gen.

3. Die An­schluss­be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.
 


– Sei­te 8 –

Die Kläge­rin be­an­tragt im We­ge der An­schluss­be­ru­fung:

Das an­ge­foch­te­ne Ur­teil ab­zuändern und nach den Schluss­anträgen der ers­ten In­stanz zu ent­schei­den.

Die Kläge­rin hat un­ter Ver­tei­di­gung der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung auf die Be­ru­fungs­be­gründung er­wi­dert, es ent­spre­che nicht den Tat­sa­chen, dass die rest­li­che Zu­wen­dung für 2003 nicht gel­tend ge­macht wor­den sei. Die Gel­tend­ma­chun­gen sei­en von al­len Kläge­rin­nen de­ren Kol­le­gen schrift­lich vom Be­triebs­rat ent­ge­gen­ge­nom­men und am 30.09.2004 an den Be­klag­ten über­ge­ben wor­den. Sch­ließlich sei von Be­klag­ten­sei­te in zahl­rei­chen Gesprächen ge­genüber dem Be­triebs­rat die Rest­for­de­rung für 2003 an­er­kannt wor­den. Ei­ner wei­te­ren Gel­tend­ma­chung ha­be es auch des­we­gen nicht be­durft, weil darüber zwei­mal ei­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung ab­ge­schlos­sen wor­den war.
Be­reits der un­ent­gelt­li­che Ver­zicht der Kläge­rin oh­ne kom­pen­sa­to­ri­sche Ge­gen­leis­tung des Be­klag­ten in­di­zie­re die un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung. Es stim­me nicht, dass ei­ne ent­gelt­li­che Leis­tung des Be­klag­ten vor­ge­le­gen ha­be. Of­fen­sicht­lich sei es nämlich nicht um ei­ne Si­che­rung der Ar­beitsplätze ge­gan­gen, denn der Ver­zicht soll­te nur im Fal­le des Be­triebsüber­gangs wirk­sam sein, nicht je­doch, wenn die Ar­beitsplätze bei dem Be­klag­ten ver­blie­ben. Denn, wenn der Ver­zicht auf rückständi­ges Ur­laubs- und Weih­nachts­geld aus­schlag­ge­bend für die Ab­wen­dung der In­sol­venz­la­ge und den da­mit ein­her­ge­hen­den Er­halt der Ar­beitsplätze ge­we­sen wäre, so wäre es bei nicht zu­stan­de ge­kom­me­nen Be­triebsüber­gang und Ver­bleib der Ar­beitsplätze beim fi­nan­zi­ell be­las­te­ten Be­klag­ten um­so not­wen­di­ger ge­we­sen, den Ver­zicht auf­recht zu er­hal­ten. Die Ver­zichts­ver­ein­ba­rung ha­be al­lein dar­auf ge­zielt, den Be­triebs­er­wer­ber vor der nach § 613 a BGB vor­ge­se­he­nen Über­nah­me rückständi­gen Lohns zu be­wah­ren.

Es stim­me nicht, dass es oh­ne den Ver­zicht nicht möglich ge­we­sen wäre, die Ar­beitsplätze zu er­hal­ten.
 


– Sei­te 9 –

Zur Ergänzung des bei­der­sei­ti­gen Sach­vor­trags im Übri­gen wird auf die ge­wech­sel­ten Schriftsätze Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe:

I.

Die Be­ru­fung des Be­klag­ten so­wie die An­schluss­be­ru­fung der Kläge­rin sind zulässig, ins­be­son­de­re sind die ein­ge­leg­ten Rechts­mit­tel ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Dres­den statt­haft so­wie recht­zei­tig ein­ge­legt und be­gründet wor­den.

II.

In der Sa­che ist je­doch nur das Rechts­mit­tel der Kläge­rin be­gründet. Die Be­ru­fung des Be­klag­ten ist er­folg­los.

1. Das Ar­beits­ge­richt ist da­von aus­ge­gan­gen, dass die Ver­zichts­ver­ein­ba­rung vom 26.03.2005 gemäß §§ 305 Abs. 1, 307 Abs.1 BGB un­wirk­sam sei.

a) Bei der vor­ge­nann­ten Ver­ein­ba­rung han­de­le es sich um ei­nen von dem Be­klag­ten für ei­ne Viel­zahl von Ar­beit­neh­mern vor­for­mu­lier­ten Ver­zichts­ver­trag, der der Kläge­rin zum Ver­trags­ab­schluss vor­ge­legt wur­de. So­mit lie­ge in die­sem Ver­trags­an­ge­bot ei­ne all­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung i. S. v. § 305 Abs. 1 BGB vor, die der In­halts­kon­trol­le un­ter­lie­ge. Da der Ver­trags­in­halt die­ser Ur­kun­de nicht zwi­schen den Par­tei­en in­di­vi­du­ell aus­ge­han­delt wur­de, lie­ge nämlich ei­ne in­di­vi­du­el­le Ver­ein­ba­rung i. S. v. § 305 Abs.1 Satz 2 BGB nicht vor.
Die Ver­ein­ba­rung ha­be al­lein zum In­halt, dass die Kläge­rin auf rückständi­ges Weih­nachts­geld und Ur­laubs­geld ver­zich­te, oh­ne kom­pen­sa­to­ri­sche Leis­tung durch
 


– Sei­te 10 –

den Be­klag­ten. Da al­lein die Kläge­rin auf nicht un­er­heb­li­che Vergütungs­ansprüche ver­zich­tet ha­be oh­ne Ge­gen­leis­tung, sei sie nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­ligt durch die­se all­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen. Dar­aus fol­ge, dass die­se all­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen un­wirk­sam sei­en nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und nicht zur An­wen­dung kom­men.
Die Kläge­rin ha­be dem­nach durch die Ver­ein­ba­rung vom 26.03.2005 nicht wirk­sam auf die Vergütungs­ansprüche hin­sicht­lich Weih­nachts­geld 2003 und 2004 und Ur­laubs­geld 2004 ver­zich­tet.

b) Die Kläge­rin ha­be da­her nach An­la­ge 9 des ...-TV-Ost i. V. m. § 2 des Ar­beits­ver­tra­ges An­spruch auf Zah­lung ei­ner Zu­wen­dung (Weih­nachts­geld) für das Jahr 2004 in Höhe von 1.292,61 €.
Auf­grund § 2 des Ar­beits­ver­tra­ges sei die An­wen­dung des Ta­rif­ver­tra­ges des ... in­di­vi­du­ell ver­ein­bart wor­den. Dar­aus fol­ge, dass der Be­klag­te der Kläge­rin nach An­la­ge 9 des ...-TV-Ost ei­ne Zu­wen­dung für 2004 schul­de, da die Kläge­rin die An­spruchs­vor­aus­set­zun­gen nach § 2 Abs. 1 der An­la­ge 9 des ...-TV-Ost erfülle. Die Höhe der Zu­wen­dung für 2004 be­tra­ge gemäß § 3 Abs. 1 der An­la­ge 9 zum ...-TV-Ost un­strei­tig 1.292,61 €. Die Zah­lung sei am 01.12.2004 nach § 3 Abs. 7 der An­la­ge 9 ...-TV-Ost auch fällig ge­we­sen.
Mit dem Schrei­ben vom 25.05.2005 ha­be die Kläge­rin un­ter Ein­hal­tung der sechs-mo­na­ti­gen Aus­schluss­frist nach § 65 Abs. 2 ...-TV-Ost den An­spruch auch recht­zei­tig beim Be­klag­ten schrift­lich gel­tend ge­macht.

c) Die Kläge­rin ha­be da­her auch An­spruch auf Zah­lung ei­nes Ur­laubs­gel­des ent­spre­chend der An­la­ge 8 ...-TV-Ost i. V. m. § 2 des Ar­beits­ver­tra­ges.
Nach § 3 der An­la­ge 8 ...-TV-Ost sei für voll­beschäftig­te Mit­ar­bei­ter ein Ur­laubs­geld in Höhe von 500,00 DM zu zah­len. Dies ent­spre­che 255,65 €. Die Zah­lung des Ur­laubs­gel­des sei nach § 4 der An­la­ge 8 ...-TV-Ost mit den Bezügen für den Mo­nat Ju­li aus­zu­zah­len.
Mit der Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 18.11.2003 hat­ten die Be­triebs­part­ner den Aus­zah­lungs­ter­min für den Lohn auf den 30. bzw. 31. des lau­fen­den Mo­na­tes ver­ein­bart, so dass das Ur­laubs­geld 2004 am 31. Ju­li 2004 fällig war.


– Sei­te 11 –

Die Kläge­rin ha­be am 30.04.2004 ih­ren Ur­laubs­geld­an­spruch auch recht­zei­tig schrift­lich gel­tend ge­macht.

d) Der An­spruch der Kläge­rin auf die rest­li­che Vergütung von Weih­nachts­geld aus 2003 sei aber gemäß § 65 des ...-TV-Ost ver­fal­len.
Gemäß § 65 ...-TV-Ost würden Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis ver­fal­len, wenn sie nicht in­ner­halb ei­ner Aus­schluss­frist von sechs Mo­na­ten nach ih­rer Fällig­keit schrift­lich gel­tend ge­macht wer­den.
An­la­ge 9 des ...-TV-Ost re­ge­le die Zah­lung ei­ner Zu­wen­dung (Weih­nachts­geld). Nach § 3 Zif­fer 7. der An­la­ge 9 zum ...-TV-Ost sol­le die Zu­wen­dung spätes­tens am 1. De­zem­ber des Jah­res ge­zahlt wer­den. Dem­nach wäre die Zah­lung des Weih­nachts­gel­des 2003 am 01. De­zem­ber 2003 fällig. Durch die Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 06.11.2002 hätten die Be­triebs­part­ner da­von ei­ne ab­wei­chen­de Re­ge­lung ge­trof­fen da­hin­ge­hend, dass die Zu­wen­dung für das Jahr 2003 in Ra­ten mit Be­ginn im No­vem­ber 2002 und En­de im De­zem­ber 2003 er­folgt. Nach­dem der Be­klag­te bis Ok­to­ber 203 mo­nat­lich Ra­ten ge­leis­tet ha­be, hätten die Be­triebs­part­ner am 18.11.2003 durch er­neu­te Be­triebs­ver­ein­ba­rung die Rest­zah­lung der Zu­wen­dung für das Jahr 2003 bis April 2004 ver­scho­ben. Da­nach soll­te ei­ne neue Ver­ein­ba­rung er­fol­gen. Da im April 2004 aber kei­ne neue Ver­ein­ba­rung ge­trof­fen wur­de, sei spätes­tens am 30.04.2004 die Rest­zah­lung 2003 fällig ge­we­sen. Aus die­sem Grun­de wäre die Kläge­rin ver­pflich­tet ge­we­sen, bis spätes­tens 31.10.2004 die Rest­zah­lung der Zu­wen­dung 2003 bei dem Be­klag­ten schrift­lich gel­tend zu ma­chen. Da dies nicht er­folgt sei, ist die­ser An­spruch nach § 65 Abs. 2 ...-TV-Ost ver­fal­len.

2. So­weit der Kla­ge statt­ge­ge­ben wur­de, schließt sich die Kam­mer den kurz zu­sam­men­ge­fass­ten Ent­schei­dungs­gründen an und macht sich zur Ver­mei­dung von Wie­der­ho­lun­gen die dor­ti­gen Ausführun­gen des Ar­beits­ge­richts zu Ei­gen. Der Ver­zicht der Kläge­rin vom 26.03.2005 ist un­wirk­sam.

a) Im Fal­le ei­nes Be­triebsüber­gangs geht das Ar­beits­verhält­nis mit den zum Zeit­punkt des Über­gangs be­ste­hen­den Rech­ten und Pflich­ten auf den Be­triebs­er­wer­ber über, § 613 a Abs.1 BGB. Nach § 613 a Abs. 2 BGB haf­tet der neue In­ha­ber


– Sei­te 12 –

ne­ben dem bis­he­ri­gen Ar­beit­ge­ber für Ver­pflich­tun­gen aus dem Ar­beits­verhält­nis, so­weit sie vor dem Zeit­punkt des Über­gangs ent­stan­den sind.
Ei­nen vom Zweck der Norm, nämlich dem Ar­beit­neh­mer im Fal­le ei­nes Be­triebsüber­gangs sei­ne Rech­te zu si­chern und ent­stan­de­ne For­de­run­gen auch ge­genüber dem Er­wer­ber durch­set­zen zu können, ab­wei­chen­de Ver­ein­ba­rung, hier in Form ei­nes Ver­zichts, wird da­her nur in Aus­nah­mefällen zulässig sein.
Die Recht­spre­chung hat den Ver­zicht auf rückständi­gen Lohn aus An­lass ei­nes Be­triebsüber­g­an­ges, so­weit es sich nicht um Ta­rif­lohn han­delt, zwar grundsätz­lich als wirk­sam an­ge­se­hen. Vor­aus­set­zung war aber, dass hierfür sach­li­che Gründe vor­lie­gen müssen (BAG, Ur­teil vom 18.08.1976 – 5 AZR 95/75; BAG, Ur­teil vom 27.04.1988 – 5 AZR 358/87).
Nach In­kraft­tre­ten der §§ 305 BGB n. F. ab 01.01.2002 sind Be­stim­mun­gen in All-ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen un­wirk­sam, wenn sie den Ver­trags­part­ner des Ver­wen­ders ent­ge­gen den Ge­bo­ten von Treu und Glau­ben un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­li­gen, § 307 Abs. 1 BGB. Der Ver­zichts­ver­trag vom 26.03.2005 un­terfällt den All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen i. S. v. § 305 BGB, denn bei den vom Be­klag­ten vor­be­rei­te­ten Ver­ein­ba­run­gen han­delt es sich um vor­for­mu­lier­te Ver­trags­be­din­gun­gen, die er der an­de­ren Par­tei, hier der Kläge­rin und al­len an­de­ren Ar­beit­neh­mern, bei Ab­schluss der Ver­ein­ba­rung vor­ge­legt hat. Die­se un­ter­lie­gen als All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen den §§ 305 ff. 1 BGB, weil sie nicht für ei­nen ein­zel­nen Ver­trag, son­dern für ei­ne Viel­zahl von Verträgen be­stimmt sind (BAG, Ur­teil vom 15.03.2005 – 9 AZR 502/03). Dies hat das Ar­beits­ge­richt zu­tref­fend fest­ge­stellt. Dem ist der Be­klag­te auch nicht kon­kret ent­ge­gen­ge­tre­ten.
Der un­ent­gelt­li­che Ver­zicht oh­ne kom­pen­sa­to­ri­sche Ge­gen­leis­tung des Ar­beit­ge­bers stellt in die­sem Zu­sam­men­hang be­reits ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung dar (ErfKo-Preis, 6. Aufl., §§ 305 - 310 BGB, Rz. 96). Dem schließt sich die Kam­mer an. Die Kläge­rin hat für den Ver­zicht auf nicht un­er­heb­li­che fi­nan­zi­el­le Ansprüche kei­ne Ge­gen­leis­tung er­hal­ten. Der Be­klag­te hat ei­nen Vor­teil der Kläge­rin dar­in ge­se­hen, dass der Ver­zicht über­haupt erst den (Teil-)Be­triebsüber­gang ermöglicht ha­be. Das stellt für sich al­lein ge­nom­men aber ge­ra­de noch kei­nen Vor­teil dar. Denn mit dem Ver­zicht wird ge­nau das ver­hin­dert, was durch die Norm des § 613 a Abs. 1 BGB geschützt wer­den soll, nämlich die Ver­trags­be­din­gun­gen, die zum Zeit-


– Sei­te 13 –

punkt des Be­triebsüber­gangs be­stan­den ha­ben und den Ein­tritt des Er­wer­bers als Mit­schuld­ner für Ver­bind­lich­kei­ten, die ge­gen den bis­he­ri­gen Ar­beit­ge­ber vor dem Be­triebsüber­gang be­stan­den hat­ten. Die Um­ge­hung des Schutz­zwecks der Norm des § 613 a Abs. 1 BGB zeigt sich auch of­fen­kun­dig dar­in, dass der Ver­zicht nur dann wirk­sam sein soll­te, wenn es zu dem Be­triebsüber­gang kom­men soll­te. Da­her kann sich der Be­klag­te auch nicht dar­auf be­ru­fen, der Ver­zicht der Ar­beit­neh­mer stel­le für den fi­nan­zi­ell an­ge­schla­ge­nen Be­klag­ten ei­ne Art Sa­nie­rungs­bei­trag dar. Ab­ge­se­hen da­von, dass der Be­klag­te dafür kein nach­voll­zieh­ba­res Kon­zept vor­ge­legt hat, er­gibt sich aus dem be­ding­ten Ver­zicht ge­ra­de, dass ei­ne Sa­nie­rung nicht ein­tre­ten konn­te. Denn wenn es nicht zu ei­nem kol­lek­ti­ven Lohn­ver­zicht ge­kom­men wäre, dann wäre der Be­klag­te den streit­ge­genständ­li­chen For­de­run­gen wei­ter­hin aus­ge­setzt ge­we­sen.
Der Be­klag­te kann sich auch nicht dar­auf be­ru­fen, dass der Ver­zicht dem Er­halt von Ar­beitsplätzen ge­dient ha­be. Denn aus dem Um­stand, dass sol­che Ar­beit­neh­mer, die nicht be­reit wa­ren auf die streit­ge­genständ­li­chen Ansprüche ver­zich­tet ha­ben, im­mer noch bei dem Be­klag­ten beschäftigt sind, er­gibt sich ge­ra­de das Ge­gen­teil. Ab­ge­se­hen da­von ist auch nicht durch nach­voll­zieh­ba­re Tat­sa­chen be­legt, dass tatsächlich Ge­fahr für den Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses der Kläge­rin be­stan­den ha­be. Man­gels Ge­gen­leis­tung ist der Ver­zicht der Kläge­rin da­her be­reits aus vor­ste­hen­den Gründen un­wirk­sam, so dass es auf die Fra­ge der An­fech­tung der Ver­zichts­erklärung nicht mehr an­kommt.

b) Der Kläge­rin steht da­her ein An­spruch auf Zah­lung ei­ner Zu­wen­dung (Weih­nachts­geld) für das Jahr 2004 in Höhe von 1.502,64 € so­wie ei­nes Ur­laubs­gel­des in Höhe von 255,65 € nebst Zin­sen zu. In­so­weit wird auf die Be­rech­nung und die Ausführun­gen des Ar­beits­ge­richts un­ter III. und IV. der Ent­schei­dungs­gründe Be­zug ge­nom­men. Die je­wei­li­ge Höhe ist zu­dem nicht be­strit­ten wor­den.

3. Die Kläge­rin kann auch die Zah­lung der rest­li­chen Zu­wen­dung (Weih­nachts­geld) für das Jahr 2003 ver­lan­gen. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­richts ist der An­spruch nicht gemäß § 65 ...-TV-Ost ver­fal­len.
 


– Sei­te 14 –

a) Gemäß § 65 ...-TV-Ost ver­fal­len Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis, wenn sie nicht in­ner­halb ei­ner Aus­schluss­frist von sechs Mo­na­ten nach ih­rer Fällig­keit schrift­lich gel­tend ge­macht wer­den.

b) Im Aus­gangs­fall war die Zah­lung der Zu­wen­dung (Weih­nachts­geld) für das Jahr 2003 am 01. De­zem­ber 2003 fällig, § 3 Zif­fer 7 der An­la­ge 9 zum ...-TV-Ost. Die Be­triebs­par­tei­en hat­ten da­von durch Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 06.11.2002 ei­ne ab­wei­chen­de Re­ge­lung ge­trof­fen in­so­weit, dass die Zu­wen­dung für das Jahr 2003 in Ra­ten, be­gin­nend im No­vem­ber 2002 bis En­de De­zem­ber 2003, ge­zahlt wird. Tatsächlich hat der Be­klag­te auch bis Ok­to­ber 2003 die ent­spre­chen­den mo­nat­li­chen Ra­ten ge­zahlt. Durch ei­ne wei­te­re Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 18.11.2003 wur­de die Rest­zah­lung bis April 2004 hin­aus­ge­scho­ben. Da­nach soll­te ei­ne neue Ver­ein­ba­rung ge­schlos­sen wer­den, wo­zu es aber nicht ge­kom­men ist.
Es kann da­hin­ste­hen, ob die Ar­beit­neh­mer hin­sicht­lich der Rest­zah­lung über­haupt noch ei­ne Aus­schluss­frist ein­zu­hal­ten hat­ten, denn dem Be­klag­ten war be­kannt, dass er die­se Zah­lung zu leis­ten hat­te. In der St­un­dungs­ver­ein­ba­rung vom 18.11.2003 könn­te das Ein­geständ­nis ei­ner sol­chen Zah­lungs­pflicht dem Grun­de nach ge­se­hen wer­den. In ei­ner an­ge­streb­ten Ver­ein­ba­rung im April 2004 soll­ten da­her nur die Zah­lungs­mo­da­litäten ge­re­gelt wer­den. Letzt­lich kann die­se Fra­ge aber of­fen blei­ben, denn die Kläge­rin hat in ih­rer An­schluss­be­ru­fung un­be­strit­ten vor­ge­tra­gen, dass ei­ne von ihr stam­men­de schrift­li­che Gel­tend­ma­chung des Weih­nachts­gel­des 2003 zu­sam­men mit dem Ur­laubs­geld für 2004 vom Be­triebs­rat ent­ge­gen­ge­nom­men und dem Be­klag­ten am 30.09.2004 über­ge­ben wor­den war. Da­her hat­te sie die ta­rif­li­che Aus­schluss­frist des § 65 ...-TV-Ost ein­ge­hal­ten, un­ter­stellt, die­se wäre mit Ab­lauf des Mo­nats April 2004 we­gen der nicht ge­trof­fe­nen Ver­ein­ba­rung, an­ge­lau­fen.
Der Be­klag­te ist da­her zur Zah­lung des rest­li­chen Weih­nachts­gel­des für 2003 ver­pflich­tet. Der Zins­an­spruch er­gibt sich aus §§ 286 Abs. 1 und 2, 288 Abs. 1 BGB.

4. Im Er­geb­nis war aus vor­ste­hen­den Gründen die Be­ru­fung des Be­klag­ten zurück­zu­wei­sen und auf die An­schluss­be­ru­fung der Kläge­rin der Kla­ge hin­sicht­lich der rest­li­chen Zu­wen­dung für 2003 statt­zu­ge­ben.
 


– Sei­te 15 –

III.


Kos­ten: § 97 Abs. 1 ZPO.

Ge­setz­li­che Gründe für die Zu­las­sung der Re­vi­si­on ha­ben nicht vor­ge­le­gen.

Rechts­be­helfs­be­leh­rung:

Ge­gen die Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on kann von dem Be­klag­ten Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de beim Bun­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­legt wer­den.

Die An­schrift des Bun­des­ar­beits­ge­richts lau­tet:

Hu­go-Preuß-Platz 1, 99084 Er­furt
Te­le­fon:(03 61) 26 36 – 0
Te­le­fax: (03 61) 26 36 – 20 00.

Die Be­schwer­de ist in­ner­halb ei­ner Frist von

ei­nem Mo­nat

nach Zu­stel­lung die­ses Ur­teils schrift­lich ein­zu­le­gen. Die Be­schwer­de ist gleich­zei­tig oder

in­ner­halb ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten
nach der Zu­stel­lung die­ses Ur­teils

schrift­lich zu be­gründen.

Die Be­schwer­de­schrift und die Be­schwer­de­be­gründung müssen von ei­nem bei ei­nem deut­schen Ge­richt zu­ge­las­se­nen Rechts­an­walt un­ter­zeich­net sein.

Hin­sicht­lich der Be­gründung der Be­schwer­de wird auf § 72 a ArbGG ver­wie­sen.

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
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