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ArbG Nienburg, Urteil vom 19.12.2013, 2 Ca 257/12 Ö
Schlagworte: | Urlaubsanspruch, Teilzeit | |
Gericht: | Arbeitsgericht Nienburg | |
Aktenzeichen: | 2 Ca 257/12 Ö | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 19.12.2013 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | ||
ARBEITSGERICHT NIENBURG
Gerichtsangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
2 Ca 257/12 Ö
IM NAMEN DES VOLKES
SCHLUSSURTEIL
In dem Rechtsstreit
Klägerin,
Proz.-Bev.:
gegen
beklagtes Land,
Proz.-Bev.:
hat die 2. Kammer des Arbeitsgerichts Nienburg
auf die mündliche Verhandlung vom 19. Dezember 2013
durch den
den ehrenamtlichen Richter und die ehrenamtliche Richterin als Beisitzer
für Recht erkannt:
1. Es wird festgestellt, dass die Klägerin aus den Jahren 2010 und 2011 einen restlichen Urlaubsanspruch von weiteren 12 Urlaubstagen hat.
2. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 29,3 % und das beklagte Land zu 70,7 % zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 1.161,12 Euro festgesetzt.
4. Die Berufung wird zugelassen.
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Tatbestand
Die Parteien streiten noch darüber, ob der Klägerin aus den Jahren 2010 und 2011 ein Urlaubsanspruch von 12 Arbeitstagen zusteht.
Die im Jahr 1984 geborene Klägerin ist bei dem beklagten Land seit dem 01. April 2009 beschäftigt. Die Parteien vereinbarten ein Vollzeitarbeitsverhältnis, das zunächst bis zum 31. März 2011 befristet war (Anlage K 2 zur Klageschrift vom 28. Juni 2012, BI. 8 u. 9 d. A.); mit Vereinbarung vom 29. September 2009 wurde das befristete Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung in ein unbefristetes umgewandelt (Anlage K 3 zur Klageschrift vom 28. Juni 2012, Bl. 10 u. 11 d. A.). Das Arbeitsverhältnis richtet sich gemäß den Vereinbarungen nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (TV-L) in der jeweiligen Fassung.
Im Jahr 2010 trat bei der Klägerin eine Schwangerschaft ein. Während der Schwangerschaft unterlag die Klägerin einem Beschäftigungsverbot. Am 22. Dezember 2010 gebar die Klägerin ein Kind. im Anschluss an die Zeit des Mutterschutzes nahm die Klägerin ab dem 17. Februar 2011 bis zum 21. Dezember 2011 Elternzeit in Anspruch.
Am 13. September 2011 vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin in der Zeit vom 22. September 2011 bis zum 21. Dezember 2013 als Teilzeitbeschäftigte mit 1/2 der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer entsprechend Vollbeschäftigten bei dem beklagten Land beschäftigt werde (Anlage K 1 zur Klageschrift vom 28.06.2012, Bl. 6 u. 7 d. A.). Die Lage der verringerten Arbeitszeit ist in dieser Änderungsvereinbarung nicht festgelegt. Tatsächlich wird die Klägerin von dem beklagten Land seit der Verringerung der Arbeitszeit an 3 Tagen in der Kalenderwoche beschäftigt. Sie erhält hierfür zuletzt eine monatliche Vergütung in Höhe von 1.257,88 Euro brutto.
Im Jahr 2010 konnte die Klägerin aufgrund ihrer Schwangerschaft und des damit zusammenhängenden Beschäftigungsverbotes bzw. aufgrund der Zeiten des Mutterschutzes einen auf der Grundlage ihrer vollzeitigen Beschäftigung errechneten Urlaubsrest in Höhe von 22 Arbeitstagen nicht nehmen. Für das Jahr 2011 ergibt sich auf der Grundlage der vertraglich bis zum 21. Dezember 2011 weiterbestehenden Vereinbarung einer vollzeitigen Beschäftigung ein Urlaubsanspruch von 7 Arbeitstagen.
Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stünden weiterhin 29 Arbeitstage Urlaub aus den Jahren 2010 und 2011 zu. Die Änderung ihrer Arbeitsbedingungen in ein Teilzeitarbeitsverhältnis führe nicht dazu, dass ihr erworbener Alturlaubsanspruch zu quotieren sei. Die Umrechnungsre-
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gelungen nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für Alturlaub bei Übergang von einem Vollzeit- in ein Teilzeitarbeitsverhältnis seien unionsrechtswidrig.
Die Klägerin hat mit ihrer am 04. Juli 2012 dem beklagten Land zugestellten Klage ursprünglich den Antrag angekündigt, festzustellen, dass sie aus den Jahren 2010 und 2011 einen restlichen Urlaubsanspruch von 29 Arbeitstagen hat. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 19. Dezember 2013 haben die Parteien einen Teilvergleich darüber geschlossen, dass die Klägerin aus den Jahren 2010 und 2011 zumindest einen Urlaubsanspruch von 13 bzw. 4 (= insgesamt 17) Arbeitstagen hat, soweit dieser nicht bereits gewährt und genommen worden ist. Die Klägerin beantragt zuletzt,
festzustellen, dass sie aus den Jahren 2010 und 2011 einen restlichen Urlaubsanspruch von weiteren 12 Arbeitstagen hat.
Das beklagte Land beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es vertritt — unter anderem unter Berufung auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts — die Auffassung, der in den Jahren 2010 und 2011 erworbene Urlaubsanspruch sei aufgrund des Wechsels von Voll- in Teilzeit zu quotieren. Hierzu sei die Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage vor und nach der Vertragsänderung ins Verhältnis zu setzen. Das beklagte Land macht folgende Rechnung auf: 29 Tage Urlaub geteilt durch 5 Arbeitstage mal 3 Arbeitstage ergibt 17,4 Tage Urlaub. Damit stehe der Klägerin — entsprechend der Regelung im gerichtlichen Teilvergleich — ein Resturlaubsanspruch von nur 17 Arbeitstagen zu.
Die Kammer hat den Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: EuGH) mit Beschluss vom 04. September 2012 (BB 2012, 3080 = LAGE § 4 TzBfG Nr. 8) um Vorabentscheidung gemäß Artikel 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) über folgende Frage ersucht:
„Ist das einschlägige Unionsrecht, insbesondere § 4 Nr. 1 u. 2 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit in der durch die Richtlinie 98/23 geänderten Fassung, dahin auszulegen, dass es nationalen gesetzlichen oder tariflichen Bestimmungen oder Gepflogenheiten entgegensteht, nach der bei einer mit der Änderung der Zahl der wöchentlichen Arbeitszeit verbundene Änderung des Beschäftigungsmaßes eines Arbeitnehmers das Ausmaß des noch nicht verbrauchten Anspruchs auf Erholungsurlaub, dessen Ausübung dem Arbeitnehmer im Bezugszeitraum nicht möglich war, in der Weise angepasst wird, dass der in Wochen
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ausgedrückte Urlaubsanspruch der Höhe nach zwar gleich bleibt, jedoch hierbei der in Tagen ausgedrückte Urlaubsanspruch auf das neue Beschäftigungsausmaß umgerechnet wird?"
Der EuGH hat mit Beschluss vom 13. Juni 2013 (-C-415/12, EzA Richtlinie 97/81 EG-Vertrag 1999 Nr. 2) erkannt:
„Das einschlägige Unionsrecht, insbesondere Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung und Paragraf 4 Nr. 2 der am 6. Juni 1997 geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81 EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit in der durch die Richtlinie 98/23 EG des Rates vom 7. April 1998 geänderten Fassung, ist dahin auszulegen, dass es nationalen Bestimmungen oder Gepflogenheiten wie den im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, nach denen die Zahl der Tage bezahlten Jahresurlaubs, die ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer im Bezugszeitraum nicht in Anspruch nehmen konnte, wegen des Übergangs dieses Arbeitnehmers zu einer Teilzeitbeschäftigung entsprechend dem Verhältnis gekürzt wird, in dem die von ihm vor diesem Übergang geleistete Zahl der wöchentlichen Arbeitstage zu der danach geleisteten Zahl steht."
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze, Protokolle und anderen Unterlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
A. Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin sind wegen des in den Jahren 2010 und 2011 zwar entstandenen, aber nicht voll erfüllten Urlaubsanspruchs noch weitere 12 Urlaubstage zu gewähren.
I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, durch das Gericht feststellen zu lassen, ob ihr für die Jahre 2010 und 2011 noch Urlaub zusteht (§ 256 Abs. 1 ZPO). Die Feststellungsklage ist nicht wegen des Vorrangs der Leistungsklage unzulässig (vgl. BAG, Urt. v. 10. Juli 2012 - 9 AZR 11/11, AP BUrIG § 7 Nr. 60; BAG, Urt. v. 12. April 2011 - 9 AZR 80/10, AP BUrlG § 7 Nr. 50).
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11. Die Klage ist begründet. Das beklagte Land ist gemäß § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 Satz 1, § 286 Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB verpflichtet, der Klägerin 12 Arbeitstage Ersatzurlaub für verfallenen Urlaub aus den Jahren 2010 und 2011 zu gewähren.
1. Hat der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt, wandelt sich der im Verzugszeitraum verfallene Urlaubsanspruch in einen auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch um (BAG, Urt. v. 06. August 2013 - 9 AZR 956/11, juris; BAG, Urt. v. 14. Mai 2013 - 9 AZR 760/11, DB 2013, 2155).
2. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Der Klägerin standen aus den Jahren 2010 und 2011 die streitgefangenen 9 bzw. 3 Arbeitstage als Urlaub zu. Dieser Urlaub verfiel mit Ablauf des 31. Dezember 2012. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das beklagte Land mit der Urlaubsgewährung in Verzug.
a) Während des Vollzeitarbeitsverhältnisses der Klägerin ist im Jahr 2010 ein Urlaubsanspruch von 22 Arbeitstagen und im Jahr 2011 von 7 Arbeitstagen entstanden. Da die Parteien über den Umfang der Entstehung dieses Urlaubsanspruches nicht streiten, bedarf es hierüber keiner Erwägungen der Kammer.
b) Die Parteien haben durch gerichtlichen Teilvergleich vom 19. Dezember 2013 geregelt, dass die Klägerin aus dem Jahr 2010 zumindest noch einen Urlaubsanspruch von 13 Arbeitstagen und aus dem Jahr 2011 von 4 Arbeitstagen hat, soweit dieser nicht bereits gewährt und genommen worden ist. Über den im gerichtlichen Teilvergleich geregelten Urlaubsanspruch hinaus stand der Klägerin aus dem Jahr 2010 ein weiterer Urlaubsanspruch von 9 Arbeitstagen und aus dem Jahr 2011 von 3 Arbeitstagen zu. Der Umfang des Urlaubsanspruches hat sich durch das im Zeitraum vom 22. Dezember 2011 bis zum 21. Dezember 2013 vereinbarte Teilzeitarbeitsverhältnis und die damit einhergehende Änderung der Verteilung der Arbeitszeit von 5 auf 3 Arbeitstage in einer Kalenderwoche nicht verkürzt.
aa) Das beklagte Land stützt sich für seine entgegenstehende Auffassung unter anderem auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Dieses ist bisher davon ausgegangen, dass sich bei einer Änderung der Verteilung der Arbeitszeit auf weniger Arbeitstage in einer Kalenderwoche im Verlauf eines Kalenderjahres die Dauer des dem Arbeitnehmer zustehenden Urlaubs entsprechend verkürzt (vgl. BAG, Urt. v. 28. April 1998 - 9 AZR 314/97, AP BUrIG § 3 Nr. 7).
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bb) Eine solche Verkürzung.. widerspricht Unionsrecht. Das folgt aus dem Beschluss des EuGH vom 13. Juni 2013 (-C-415/12, a. a. 0.). Dort hat der EuGH in Auslegung von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABI. EU Nr. L 299 vom 18. November 2003, S. 9) und § 4 Nr. 2 des Anhangs zu der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinigung über Teilzeitarbeit (ABI. EG Nr. L 14 vom 20. Januar 1998, S. 9) in der durch die Richtlinie 98/23/EG des Rates vom 7. April 1998 (ABI. EG Nr. L 131 vom 5. Mai 1998, S. 10) geänderten Fassung im Rahmen der Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entgegenstehende Rechtssätze aufgestellt. Diese Auslegungsergebnisse sind für die Kammer inhaltlich verbindlich. Der EuGH ist als gesetzlicher Richter i. S. v. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zur endgültigen Entscheidung über die Auslegung des Unionsrechts berufen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22. Oktober 1986 - 2 BvR 197/83 - [Solange II], BVerfGE 73, 339).
c) Der Urlaubsanspruch der Klägerin aus den Jahren 2010 und 2011 verfiel mit Ablauf des 31. Dezember 2012.
aa) Hat eine Arbeitnehmerin ihren Urlaub vor Beginn eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes nicht oder nicht vollständig erhalten, so kann sie gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 MuSchG nach Ablauf der Fristen den Resturlaub im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr beanspruchen. Der Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2010 stand der Klägerin vor Beginn ihres Beschäftigungsverbotes zu. Nachdem die Klägerin die Wartezeit von 6 Monaten (§ 4 BUrIG i. V. m. § 26 Abs. 2 TV-L) erfüllt hatte, ist dieser Urlaubsanspruch bereits am 01. Januar 2010 entstanden (vgl. BAG, Urt. v. 24. Oktober 2006 - 9 AZR 669/05, AP SGB IX § 125 Nr. 1). Ein Verfall des Urlaubsanspruchs ist nicht mit Ablauf der Fristen des § 7 Abs. 3 BUrIG V. m. § 26 Abs. 1 und Abs. 2 a) TV-L) eingetreten, da § 17 Abs. 2 Satz 2 MuSchG eine gesetzliche Sonderreglung enthält, die der Verfallsvorschrift des § 7 Abs. 3 BUrIG und den entsprechenden tariflichen Bestimmungen vorgeht (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 29. Januar 2009 - 11 Sa 547/08, juris; ErfK/Schlachter, 14. Aufl., § 17 MuSchG Rn. 1). Der auf Grund des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots nach § 17 Abs. 2 Satz 2 MuSchG übertragene Urlaub aus dem Jahr 2010 ist danach erst mit Ablauf des auf das Ende des Beschäftigungsverbots am 16. Februar 2011 folgenden Urlaubsjahres und somit mit Ablauf des 31. Dezember 2012 verfallen.
bb) Hat ein Arbeitnehmer den ihm zustehenden Urlaub vor dem Beginn der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhalten, so hat der Arbeitgeber nach § 17 Abs. 2 BEEG den Resturlaub nach der Elternzeit im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr zu gewähren. Der Urlaubsan-
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spruch aus dem Jahr 2011 stand der Klägerin vor Beginn ihrer Elternzeit am 17. Februar 2011 zu. Dieser Urlaubsanspruch ist bereits am 01. Januar 2011 entstanden. Er ist nicht mit Ablauf der Fristen des § 7 Abs. 3 BUrIG V. m. § 26 Abs. 1 und Abs. 2 a) TV-L) verfallen, da § 17
Abs. 2 BEEG als gesetzliche Sonderreglung der Verfallsvorschrift des § 7 Abs. 3 BUrIG und den entsprechenden tariflichen Bestimmungen vorgeht (vgl. BAG, Urt. v. 25. Januar 1994 - 9 AZR 312/92, AP BUr1G § 7 Nr. 16). Der auf Grund der Elternzeit nach § 17 Abs. 2 BEEG übertragene Urlaub aus dem Jahr 2011 ist danach erst mit Ablauf des auf das Ende der Elternzeit am 21. Dezember 2011 folgenden Urlaubsjahres und somit mit Ablauf des 31. Dezember 2012 verfallen.
d) Als der Urlaubsanspruch der Klägerin aus den Jahren 2010 und 2011 verfiel, befand sich das beklagte Land mit der Urlaubsgewährung in Verzug.
aa) Spätestens mit der am 04. Juli 2012 zugestellten Klage hat die Klägerin ihre Urlaubsansprüche geltend gemacht (vgl. BAG, Urt. v. 12. April 2011 - 9 AZR 80/10, AP BUrIG § 7 Nr. 50).
bb) Ohne dass es einer Mahnung bedurfte, trat der Verzug nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB ein, weil das beklagte Land die Erfüllung der streitbefangenen Urlaubsansprüche ernsthaft und endgültig verweigerte. Das beklagte Land hat jedenfalls mit dem Antrag auf Klageabweisung vom 09. Juli 2012 und somit in dem Zeitraum vor dem Verfall des Urlaubsanspruches aus den Jahren 2010 und 2011 zu erkennen gegeben, die streitbefangenen 12 Urlaubstage nicht gewähren zu wollen. Darin lag seine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung als Schuldner des Urlaubsanspruchs, die gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine Mahnung der Klägerin entbehrlich machte (vgl. BAG, Urteil vom 20. März 2012 - 9 AZR 529/10, AP TVöD § 26 Nr. 2; BAG, Urt. v. 17. Mai 2011 - 9 AZR 197/10, EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 138; BAG, Urt. v. 31. Januar 1991 - 8 AZR 462/89, EEK 1/1058).
e) Wird es dem Arbeitgeber während des Verzugs infolge der Befristung des Urlaubsanspruchs unmöglich, dem Arbeitnehmer Urlaub zu gewähren, richtet sich der Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis gemäß § 249 Abs. 1 BGB auf die Gewährung von Ersatzurlaub (BAG, Urt. v. 14. Mai 2013 - 9 AZR 760/11, a. a. 0.). Demzufolge hat das beklagte Land der Klägerin 9 Arbeitstage Ersatzurlaub für verfallenen Urlaub aus dem Jahr 2010 sowie 3 Arbeitstage Ersatzurlaub für verfallenen Urlaub aus dem Jahr 2011 und somit insgesamt 12 Ersatzurlaubstage zu gewähren.
B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i. V. m. § 92 Abs. 1, § 98 ZPO, wobei bei einem Gebührenstreitwert in Höhe von insgesamt 2.806,04 Euro (1.257,88
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Euro mal 3 Monate geteilt durch 39 Arbeitstage mal 29 Arbeitstage Urlaub) die Parteien hin-sichtlich des durch den gerichtlichen Teilvergleich geregelten Streitgegenstandes jeweils mit dem halben Kostenanteil und das beklagte Land hinsichtlich des weitergehenden Streitge-genstandes aufgrund des Unterliegens im Schlussurteil vollumfänglich zu belasten waren. Die Streitwertentscheidung beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 3 ZPO. Da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, war die Berufung gemäß § 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann Berufung eingelegt werden.
Die Berufungsschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; an seine Stelle können Vertreter der Gewerkschaften oder von Vereinigungen von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind.
Die Berufungsschrift muss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Urteils bei dem
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Siemensstraße 10, 30173 Hannover
eingegangen sein.
Die Berufungsschrift muss das Urteil bezeichnen, gegen das die Berufung gerichtet ist und die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Ihr soll ferner eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils beigefügt werden.
Die Berufung ist gleichzeitig oder innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils in gleicher Form zu begründen.
Die für die Zustellung an die Gegenseite erforderliche Zahl von beglaubigten Abschriften soll mit der Berufungs- bzw. Begründungsschrift eingereicht werden.
Das Landesarbeitsgericht bittet darum, die Berufungsbegründung und die Berufungserwiderung in fünffacher Ausfertigung, für jeden weiteren Beteiligten ein Exemplar mehr, einzureichen.
Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:
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Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de |
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