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BAG, Ur­teil vom 21.03.2017, 7 AZR 369/15

   
Schlagworte: Befristung: Sachgrund, Befristungskontrolle
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 7 AZR 369/15
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 21.03.2017
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Magdeburg, Urteil vom 13.06.2013, 4 Ca 3755/12
Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26.02.2015, 3 Sa 318/13
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

7 AZR 369/15
3 Sa 318/13
Lan­des­ar­beits­ge­richt
Sach­sen-An­halt

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am
21. März 2017

UR­TEIL

Schie­ge, Ur­kunds­be­am­ter
der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläge­rin, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Sieb­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 21. März 2017 durch die Vor­sit­zen­de Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Gräfl, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Renn­pferdt, den

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Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Was­kow so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Au­hu­ber und Kley für Recht er­kannt:

Auf die Re­vi­si­on der Kläge­rin wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Sach­sen-An­halt vom 26. Fe­bru­ar 2015 - 3 Sa 318/13 - auf­ge­ho­ben.

Die Sa­che wird zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung - auch über die Kos­ten der Re­vi­si­on - an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­ver­wie­sen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob ihr Ar­beits­verhält­nis auf­grund Be­fris­tung am 31. De­zem­ber 2012 ge­en­det hat.

Die Kläge­rin war in der Zeit vom 1. Au­gust 2000 bis zum 26. Mai 2012 mit meh­re­ren Un­ter­bre­chun­gen auf der Grund­la­ge der fol­gen­den be­fris­te­ten Ar­beits­verträge als Co­die­re­rin bei der Be­klag­ten in de­ren Nie­der­las­sung M beschäftigt:

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Ar­beits­ver­trag vom Zeit­raum Be­fris­tungs­grund
1. 31. Ju­li 2000 1. Au­gust 2000 bis
31. De­zem­ber 2000 
BeschFG
2. 12. De­zem­ber 2000 1. Ja­nu­ar 2001 bis
31. Ju­li 2002 
BeschFG
3. 22. Ju­li 2002  1. Au­gust 2002 bis
14. Ja­nu­ar 2003 
§ 14 Abs. 2 Tz­B­fG
4. 20. März 2006 3. April 2006 bis
14. Mai 2006
Auf­bau des INA-Rück-
sen­de­zen­trums bei der
NL M
5. 8. Mai 2006  15. Mai 2006 bis
10. Au­gust 2006
Mut­ter­schutz­ver­tre­tung
für Frau J
6. 19. Ju­li 2006  11. Au­gust 2006 bis
28. Fe­bru­ar 2007 
El­tern­zeit­ver­tre­tung für
Frau J
7. 14. Fe­bru­ar 2007  1. März 2007 bis
30. Ju­ni 2007
El­tern­zeit­ver­tre­tung für
Frau J
8. 18. Ju­ni 2007  1. Ju­li 2007 bis
31. De­zem­ber 2007 
El­tern­zeit­ver­tre­tung für
Frau J
9. 7. April 2008  11. April 2008 bis
30. Sep­tem­ber 2008 
Mut­ter­schutz­ver­tre­tung
für Frau K
10. 19. Sep­tem­ber 2008 1. Ok­to­ber 2008 bis
30. De­zem­ber 2008
El­tern­zeit­ver­tre­tung für
Frau K
11. 13. Ja­nu­ar 2011 17. Ja­nu­ar 2011 bis
28. Fe­bru­ar 2011
Ver­tre­tung we­gen vor-
über­ge­hen­der Ab­we­sen­heit
der Mit­ar­bei­te­rin R
12. 23. Fe­bru­ar 2011  1. März 2011 bis
31. März 2011
Kran­ken­ver­tre­tung der
Mit­ar­bei­te­rin R
13. 2. De­zem­ber 2011 6. De­zem­ber 2011 bis
28. Ja­nu­ar 2012 
Ver­tre­tung we­gen vor-
über­ge­hen­der Ab­we­sen­heit
der Mit­ar­bei­te­rin H
14. 5. Ja­nu­ar 2012  29. Ja­nu­ar 2012 bis
29. Fe­bru­ar 2012 
Ver­tre­tung we­gen vor-
über­ge­hen­der Ab­we­sen­heit
der Mit­ar­bei­te­rin H
15. 17. Fe­bru­ar 2012 1. März 2012 bis
30. April 2012
Ver­tre­tung we­gen vor-
über­ge­hen­der Ab­we­sen­heit
der Mit­ar­bei­te­rin H bis
4. März 2012; ab
5. März 2012 Kran­ken-
ver­tre­tung der
Mit­ar­bei­te­rin L
16. 19. April 2012  1. Mai 2012 bis
26. Mai 2012
Ver­tre­tung we­gen vor-
über­ge­hen­der Ab­we­sen­heit
der Mit­ar­bei­te­rin L

Ge­gen die mit Ver­trag vom 19. April 2012 ver­ein­bar­te Be­fris­tung zum 26. Mai 2012 er­hob die Kläge­rin Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge. Nach­dem der Vor­sit­zen­de in der Güte­ver­hand­lung den Ab­schluss ei­nes Ver­gleichs an­ge­regt hat­te, erklärte sich die Kläge­rin be­reit, ei­nen Ver­gleich über ei­ne Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­gen Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung oder ei­nen Ver­gleich über

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ei­ne be­fris­te­te Wei­ter­beschäfti­gung ab­zu­sch­ließen. Die Be­klag­te teil­te dem Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Kläge­rin außer­ge­richt­lich mit, sie sei mit dem Ab­schluss ei­nes Ver­gleichs über ei­ne be­fris­te­te Wei­ter­beschäfti­gung der Kläge­rin in der Zeit vom 1. Ju­li bis zum 31. De­zem­ber 2012 ein­ver­stan­den. Dar­auf­hin über­mit­tel­te der Pro­zess­be­vollmäch­tig­te der Kläge­rin dem Ar­beits­ge­richt ei­nen Ver­gleichs­ent­wurf und bat das Ge­richt, den Par­tei­en die­sen als Ver­gleich vor­zu­schla­gen. Die Be­klag­te un­ter­brei­te­te dem Ge­richt ei­nen ab­wei­chen­den Ver­gleichs­vor­schlag. Nach wei­te­rer Ab­stim­mung der Par­tei­en teil­te der Pro­zess­be­vollmäch­tig­te der Kläge­rin dem Ar­beits­ge­richt mit Schrift­satz vom 20. Ju­ni 2012 mit, dass der Ver­gleich wie folgt lau­ten sol­le:

„1. Die Par­tei­en sind sich ei­nig, dass das streit­ge­genständ­li­che mit Ver­trag vom 19.04.2012 ver­ein­bar­te Ar­beits­verhält­nis mit Ab­lauf des 26.05.2012 durch Frist­ab­lauf ge­en­det hat.

2. Die Par­tei­en sind sich wei­ter­hin da­hin­ge­hend ei­nig, dass die Be­klag­te die Kläge­rin im Zeit­raum vom 01.07.2012 bis 31.12.2012 be­fris­tet als Co­die­re­rin zu den Be­din­gun­gen des Ar­beits­ver­tra­ges vom 19.04.2012 in ih­rer Nie­der­las­sung M wei­ter­beschäftigt.

3. Da­mit ist der vor­lie­gen­de Rechts­streit er­le­digt.“

Nach­dem die Be­klag­te mit Schrift­satz vom 21. Ju­ni 2012 ihr Ein­verständ­nis mit dem Ver­gleich in der Fas­sung des Vor­schlags der Kläge­rin vom 20. Ju­ni 2012 erklärt hat­te, stell­te das Ar­beits­ge­richt durch Be­schluss vom 21. Ju­ni 2012 das Zu­stan­de­kom­men die­ses Ver­gleichs fest.

Mit der am 13. De­zem­ber 2012 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen und der Be­klag­ten am 20. De­zem­ber 2012 zu­ge­stell­ten Kla­ge hat die Kläge­rin die Auf­fas­sung ver­tre­ten, für die Be­fris­tung be­ste­he kein Sach­grund. Sie be­ru­he nicht auf ei­nem ge­richt­li­chen Ver­gleich iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG, da der Ver­gleich nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO zu­stan­de ge­kom­men sei.

Die Kläge­rin hat be­an­tragt

fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en auf­grund der Be­fris­tung laut dem Ver­gleich vor dem Ar­beits­ge­richt Mag­de­burg vom 21. Ju­ni 2012 zum Az. 9 Ca 1499/12 zum 31. De­zem­ber 2012 nicht be­en­det wor­den

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ist, son­dern zu un­veränder­ten Be­din­gun­gen un­be­fris­tet fort­be­steht.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Sie hat die An­sicht ver­tre­ten, der nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO zu­stan­de ge­kom­me­ne Ver­gleich sei ein ge­richt­li­cher Ver­gleich iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG. Der Kläge­rin sei es je­den­falls nach Treu und Glau­ben ver­wehrt, sich auf die Un­wirk­sam­keit der auf ih­rem Ver­gleichs­vor­schlag be­ru­hen­den Be­fris­tung zu be­ru­fen. Die Be­fris­tung sei außer­dem nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Tz­B­fG sach­lich ge­recht­fer­tigt. Die Kläge­rin sei zur Ver­tre­tung der seit dem 8. Mai 2012 auf un­ab­seh­ba­re Zeit ar­beits­unfähig er­krank­ten Co­die­re­rin B beschäftigt wor­den.

Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts ab­geändert und die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Mit der Re­vi­si­on be­gehrt die Kläge­rin die Wie­der­her­stel­lung der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung. Die Be­klag­te be­an­tragt die Zurück­wei­sung der Re­vi­si­on.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on ist be­gründet. Sie führt zur Auf­he­bung der an­ge­foch­te­nen Ent­schei­dung und zur Zurück­ver­wei­sung der Sa­che an das Lan­des­ar­beits­ge­richt. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt ge­ge­be­nen Be­gründung kann die Kla­ge nicht ab­ge­wie­sen wer­den. Der Se­nat kann auf der Grund­la­ge der bis­lang ge­trof­fe­nen Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen nicht ab­sch­ließend be­ur­tei­len, ob das Ar­beits­verhält­nis auf­grund der ver­ein­bar­ten Be­fris­tung am 31. De­zem­ber 2012 ge­en­det hat.

I. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt ist zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass der Sach­an­trag aus­sch­ließlich als Be­fris­tungs­kon­troll­an­trag nach § 17 Satz 1 Tz­B­fG zu ver­ste­hen ist. Dafür be­darf es kei­nes be­son­de­ren Fest­stel­lungs­in­ter­es­ses (BAG 26. Ok­to­ber 2016 - 7 AZR 135/15 - Rn. 10; 24. Ju­ni 2015 - 7 AZR 541/13 - Rn. 18). Der letz­te Halb­satz des Kla­ge­an­trags, mit dem fest­ge­stellt wer­den soll, dass das Ar­beits­verhält­nis „zu un­veränder­ten Be­din­gun­gen un­be-

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fris­tet fort­be­steht“, hat kei­ne ei­genständi­ge Be­deu­tung im Sin­ne ei­ner all­ge­mei­nen Fest­stel­lung­kla­ge iSv. § 256 Abs. 1 ZPO, die ein be­son­de­res Fest­stel­lungs­in­ter­es­se vor­aus­setz­te. Dar­an fehl­te es, da kei­ne wei­te­ren Be­en­di­gungs­tat­bestände im Streit sind. Die Kläge­rin ver­folgt da­her mit dem letz­ten Halb­satz des Kla­ge­an­trags kein von der Be­fris­tungs­kon­trol­le un­abhängi­ges Kla­ge­be­geh­ren, son­dern be­zeich­net le­dig­lich die Rechts­fol­ge, die sich bei ei­ner un­wirk­sa­men Be­fris­tung ih­res Ar­beits­ver­trags er­gibt.

II. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu Recht an­ge­nom­men, dass die Be­fris 11 tung nicht nach § 17 Satz 2 Tz­B­fG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirk­sam gilt. Die Kläge­rin hat die Rechts­un­wirk­sam­keit der Be­fris­tung mit der am 13. De­zem­ber 2012 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen und der Be­klag­ten am 20. De­zem­ber 2012 zu­ge­stell­ten Kla­ge recht­zei­tig nach § 17 Satz 1 Tz­B­fG gel­tend ge­macht. Nach ständi­ger Recht­spre­chung des Se­nats wahrt auch die Er­he­bung ei­ner Kla­ge vor dem Ab­lauf der ver­ein­bar­ten Ver­trags­lauf­zeit die Kla­ge­frist des § 17 Satz 1 Tz­B­fG (BAG 28. Sep­tem­ber 2016 - 7 AZR 549/14 - Rn. 9; 2. Ju­ni 2010 - 7 AZR 136/09 - Rn. 13, BA­GE 134, 339).

III. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die ver­ein­bar­te Be­fris­tung des Ar­beits­ver 12 trags zum 31. De­zem­ber 2012 je­doch zu Un­recht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG für ge­recht­fer­tigt ge­hal­ten.

1. Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG liegt ein sach­li­cher Grund für die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags vor, wenn sie auf ei­nem ge­richt­li­chen Ver­gleich be­ruht.

a) Vor­aus­set­zung für den Sach­grund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG ist die Ver­ein­ba­rung ei­ner Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses in ei­nem ge­richt­li­chen Ver­gleich, so­weit die Par­tei­en dar­in zur Be­en­di­gung ei­nes Kündi­gungs­schutz­ver­fah­rens oder ei­nes sons­ti­gen Fest­stel­lungs­rechts­streits über den Fort­be­stand oder die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses ei­ne Ei­ni­gung er­zie­len (vgl. BAG 8. Ju­ni 2016 - 7 AZR 339/14 - Rn. 14; 14. Ja­nu­ar 2015 - 7 AZR 2/14 - Rn. 23; 12. No­vem­ber 2014 - 7 AZR 891/12 - Rn. 13, BA­GE 150,

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8; 15. Fe­bru­ar 2012 - 7 AZR 734/10 - Rn. 13, BA­GE 140, 368). Der ge­richt­li­che Ver­gleich, mit dem die Par­tei­en zur Bei­le­gung ei­ner der­ar­ti­gen Rechts­strei­tig­keit ein be­fris­te­tes oder auflösend be­ding­tes Ar­beits­verhält­nis ver­ein­ba­ren, un­ter­liegt kei­ner wei­te­ren Be­fris­tungs­kon­trol­le. De­ren Funk­ti­on erfüllt das Ar­beits­ge­richt durch sei­ne ord­nungs­gemäße Mit­wir­kung beim Zu­stan­de­kom­men des Ver­gleichs. Dem Ge­richt als Grund­rechts­ver­pflich­te­ten iSd. Art. 1 Abs. 3 GG ob­liegt im Rah­men der ar­beits­ge­richt­li­chen Be­fris­tungs­kon­trol­le die Auf­ga­be, den Ar­beit­neh­mer vor ei­nem grund­lo­sen Ver­lust sei­nes Ar­beits­plat­zes zu be­wah­ren und da­mit ei­nen an­ge­mes­se­nen Aus­gleich der wech­sel­sei­ti­gen, grund­rechts­geschütz­ten In­ter­es­sen der Ar­beits­ver­trags­par­tei­en zu fin­den. Die­se aus Art. 12 Abs. 1 GG ab­ge­lei­te­te Schutz­pflicht erfüllt das Ge­richt nicht nur durch ein Ur­teil, son­dern auch im Rah­men der gütli­chen Bei­le­gung ei­nes Rechts­streits. Schlägt das Ar­beits­ge­richt zur Be­en­di­gung des Ver­fah­rens über den Be­stand ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses ei­nen Ver­gleich vor, der ei­ne wei­te­re, al­ler­dings zeit­lich be­grenz­te Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses vor­sieht, bie­tet das im Re­gel­fall ei­ne hin­rei­chen­de Gewähr dafür, dass die­se Be­fris­tung nicht des­we­gen gewählt wor­den ist, um dem Ar­beit­neh­mer grund­los den ge­setz­li­chen Be­stands­schutz zu neh­men (vgl. BAG 8. Ju­ni 2016 - 7 AZR 339/14 - Rn. 15; 14. Ja­nu­ar 2015 - 7 AZR 2/14 - Rn. 24; 15. Fe­bru­ar 2012 - 7 AZR 734/10 - Rn. 13, aaO; 23. No­vem­ber 2006 - 6 AZR 394/06 - Rn. 55, BA­GE 120, 251).

b) Ein nach § 278 Abs. 6 ZPO zu­stan­de ge­kom­me­ner Ver­gleich erfüllt die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes ge­richt­li­chen Ver­gleichs iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG nur dann, wenn das Ge­richt an dem Ver­gleich ver­ant­wort­lich mit­wirkt. Das ist bei ei­nem nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 ZPO zu­stan­de ge­kom­me­nen Ver­gleich der Fall. Da­ge­gen wird ein nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO ge­schlos­se­ner Ver­gleich den An­for­de­run­gen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG in der Re­gel nicht ge­recht. Das hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt ver­kannt.

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aa) Nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 ZPO wird ein Ver­gleich da­durch ge­schlos­sen, dass die Par­tei­en ei­nen schrift­li­chen Ver­gleichs­vor­schlag des Ge­richts durch Schrift­satz ge­genüber dem Ge­richt an­neh­men. Durch den Ver­gleichs­vor­schlag wirkt das Ge­richt am In­halt des Ver­gleichs ver­ant­wort­lich mit (vgl. BAG 8. Ju­ni 2016 - 7 AZR 467/14 - Rn. 23; 14. Ja­nu­ar 2015 - 7 AZR 2/14 - Rn. 28; 15. Fe­bru­ar 2012 - 7 AZR 734/10 - Rn. 25, BA­GE 140, 368; 23. No­vem­ber 2006 - 6 AZR 394/06 - Rn. 55 f., BA­GE 120, 251). Wird der Ver­gleich hin­ge­gen nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO da­durch ge­schlos­sen, dass die Par­tei­en dem Ge­richt ei­nen übe­rein­stim­men­den schrift­li­chen Ver­gleichs­vor­schlag un­ter­brei­ten, fehlt es in der Re­gel an der er­for­der­li­chen ver­ant­wort­li­chen Mit­wir­kung des Ge­richts (BAG 8. Ju­ni 2016 - 7 AZR 467/14 - Rn. 23; 14. Ja­nu­ar 2015 - 7 AZR 2/14 - Rn. 26; 15. Fe­bru­ar 2012 - 7 AZR 734/10 - Rn. 19, aaO). Bei ei­nem sol­chen Ver­gleich ist der ge­richt­li­che Bei­trag - ab­ge­se­hen von der Prüfung von Verstößen ge­gen Straf­ge­set­ze und ge­gen §§ 134, 138 BGB - re­gelmäßig auf ei­ne Fest­stel­lungs­funk­ti­on be­schränkt (vgl. BAG 8. Ju­ni 2016 - 7 AZR 467/14 - Rn. 23; 14. Ja­nu­ar 2015 - 7 AZR 2/14 - Rn. 28; 15. Fe­bru­ar 2012 - 7 AZR 734/10 - Rn. 25, aaO). Ein nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO zu­stan­de ge­kom­me­ner Ver­gleich genügt nur aus­nahms­wei­se den An­for­de­run­gen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG, wenn das Ge­richt den Ver­gleich selbst vor­ge­schla­gen hat (vgl. BAG 8. Ju­ni 2016 - 7 AZR 339/14 - Rn. 24). Die­se Dif­fe­ren­zie­rung er­gibt sich zwar nicht aus dem Wort­laut des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG. Die­ser un­ter­schei­det nicht zwi­schen den bei­den Al­ter­na­ti­ven des § 278 Abs. 6 Satz 1 ZPO. Der Wort­laut des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG er­weist sich je­doch in­so­weit un­ter Berück­sich­ti­gung der Ent­ste­hungs­ge­schich­te der Vor­schrift als un­er­gie­big, da es die in § 278 Abs. 6 ZPO ge­trof­fe­ne Re­ge­lung bei In­kraft­tre­ten des Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­set­zes am 1. Ja­nu­ar 2001 noch nicht gab. Bis En­de des Jah­res 2001 muss­te ein den Pro­zess be­en­den­der Ver­gleich vor Ge­richt ab­ge­schlos­sen und nach § 160 Abs. 3 Nr. 1, § 162 ZPO pro­to­kol­liert wer­den. Aus der Ge­set­zes­be­gründung zu § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG (BT-Drs. 14/4374 S. 19) er­gibt sich al­ler­dings, dass der Ge­setz­ge­ber den ge­richt­li­chen Ver­gleich des­halb als Sach­grund für die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags an­er­kannt hat, weil das Ge­richt die Mög-

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lich­keit und die Ob­lie­gen­heit hat, beim Ab­schluss des Ver­gleichs dar­auf hin­zu­wir­ken, dass bei des­sen In­halt - auch un­ter Berück­sich­ti­gung der Pro­zess­aus­sich­ten in dem bei­ge­leg­ten Rechts­streit - die Schutz­in­ter­es­sen des Ar­beit­neh­mers berück­sich­tigt wer­den. Es gibt kei­nen An­halts­punkt dafür, dass der Ge­setz­ge­ber zwi­schen­zeit­lich von dem Er­for­der­nis der ge­richt­li­chen Mit­wir­kung an dem Ver­gleich Ab­stand ge­nom­men hat. Aus dem Zweck der zum 1. Ja­nu­ar 2002 in Kraft ge­tre­te­nen und zum 1. Sep­tem­ber 2004 er­wei­ter­ten Re­ge­lung in § 278 Abs. 6 ZPO, den Ab­schluss ei­nes Pro­zess­ver­gleichs zu ver­ein­fa­chen, folgt nicht der Wil­le des Ge­setz­ge­bers, die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses zu er­leich­tern (BAG 14. Ja­nu­ar 2015 - 7 AZR 2/14 - Rn. 27).

bb) Die Dif­fe­ren­zie­rung ist auch uni­ons­recht­lich ge­bo­ten (vgl. BAG 17 15. Fe­bru­ar 2012 - 7 AZR 734/10 - Rn. 17, BA­GE 140, 368). Nach § 5 der EGB-UN­ICE-CEEP-Rah­men­ver­ein­ba­rung über be­fris­te­te Ar­beits­verträge im An­hang der Richt­li­nie 1999/70/EG des Ra­tes vom 28. Ju­ni 1999 er­grei­fen die Mit­glied­staa­ten, um Miss­brauch durch auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se zu ver­mei­den, ei­ne oder meh­re­re der in § 5 Nr. 1 Buchst. a bis Buchst. c der Rah­men­ver­ein­ba­rung ge­nann­ten Maßnah­men. Ent­schließt sich ein Mit­glied­staat zu ei­ner oder meh­re­ren die­ser Maßnah­men, hat er das uni­ons­recht­lich vor­ge­ge­be­ne Ziel der Ver­hin­de­rung des Miss­brauchs durch auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge zu gewähr­leis­ten (vgl. EuGH 14. Sep­tem­ber 2016 - C-16/15 - [Pérez López] Rn. 30 f.; 26. No­vem­ber 2014 - C-22/13 ua. - [Mas­co­lo ua.] Rn. 76 f.; 3. Ju­li 2014 - C-362/13 ua. - [Fia­min­go ua.] Rn. 60 f.; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [An­gel­i­da­ki ua.] Rn. 94 f. mwN, Slg. 2009, I-3071). Es ist Auf­ga­be der na­tio­na­len Ge­rich­te, im Rah­men ih­rer Zuständig­keit die­sem Ziel bei der Aus­le­gung der na­tio­na­len Vor­schrif­ten Rech­nung zu tra­gen (vgl. EuGH 14. Sep­tem­ber 2016 - C-16/15 - [Pérez López] Rn. 35; 26. No­vem­ber 2014 - C-22/13 ua. - [Mas­co­lo ua.] Rn. 82; 3. Ju­li 2014 - C-362/13 ua. - [Fia­min­go ua.] Rn. 67; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [An­gel­i­da­ki ua.] Rn. 106, aaO; 7. Sep­tem­ber 2006 - C-53/04 - [Mar­ro­su und Sar­di­no] Rn. 56, Slg. 2006, I-7213; 7. Sep­tem­ber 2006 - C-180/04 - [Vas­sal­lo] Rn. 41, Slg. 2006, I-7251). Dies ge­schieht bei dem in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG ge­re­gel­ten Sach­grund durch das Er­for­der­nis der ver­ant­wort­li­chen Mit-

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wir­kung des Ge­richts an dem Ver­gleichs­schluss (vgl. BAG 14. Ja­nu­ar 2015 - 7 AZR 2/14 - Rn. 29; 15. Fe­bru­ar 2012 - 7 AZR 734/10 - Rn. 17, aaO).

2. Da­nach ist die in dem Ver­gleich vom 21. Ju­ni 2012 ver­ein­bar­te Be­fris­tung zum 31. De­zem­ber 2012 ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG ge­recht­fer­tigt. Die Par­tei­en ha­ben die streit­be­fan­ge­ne Be­fris­tung nicht in ei­nem ge­richt­li­chen Ver­gleich iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG ver­ein­bart. Das Ge­richt hat am Ab­schluss des Ver­gleichs nicht durch ei­nen Ver­gleichs­vor­schlag ver­ant­wort­lich mit­ge­wirkt, viel­mehr war sein Bei­trag auf ei­ne Fest­stel­lungs­funk­ti­on be­schränkt. Die Par­tei­en ha­ben dem Ar­beits­ge­richt übe­rein­stim­mend den die Be­fris­tung des Ar­beits­ver­trags zum 31. De­zem­ber 2012 ent­hal­ten­den Ver­gleichs­vor­schlag un­ter­brei­tet. Das Ar­beits­ge­richt hat le­dig­lich das Zu­stan­de­kom­men und den In­halt des Ver­gleichs mit Be­schluss vom 21. Ju­ni 2012 nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1, Satz 2 ZPO fest­ge­stellt.

IV. Der Rechts­feh­ler führt zur Auf­he­bung der an­ge­foch­te­nen Ent­schei­dung und zur Zurück­ver­wei­sung der Sa­che an das Lan­des­ar­beits­ge­richt. Ei­ne ab­sch­ließen­de Sach­ent­schei­dung ist dem Se­nat nicht möglich.

1. Der Se­nat kann auf der Grund­la­ge der bis­lang ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen nicht be­ur­tei­len, ob die Be­fris­tung durch den Sach­grund der Ver­tre­tung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Tz­B­fG, auf den sich die Be­klag­te be­ru­fen hat, ge­recht­fer­tigt ist. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat dies nicht ge­prüft. Dies ist vom Lan­des­ar­beits­ge­richt - ggf. nach ergänzen­dem Sach­vor­trag der Par­tei­en - nach­zu­ho­len.

2. Die Zurück­ver­wei­sung ist nicht des­halb ent­behr­lich, weil die Be­klag­te nach den Grundsätzen des in­sti­tu­tio­nel­len Rechts­miss­brauchs dar­an ge­hin­dert wäre, sich auf den Sach­grund der Ver­tre­tung zu be­ru­fen. Das ist nicht der Fall.

a) Die Ge­rich­te dürfen sich bei der Be­fris­tungs­kon­trol­le nicht auf die Prüfung des gel­tend ge­mach­ten Sach­grunds be­schränken. Sie sind viel­mehr aus uni­ons­recht­li­chen Gründen ver­pflich­tet, durch Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände

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des Ein­zel­falls aus­zu­sch­ließen, dass Ar­beit­ge­ber miss­bräuch­lich auf be­fris­te­te Ar­beits­verträge zurück­grei­fen (vgl. EuGH 21. Sep­tem­ber 2016 - C-614/15 - [Po­pes­cu] Rn. 44 f., 66; 14. Sep­tem­ber 2016 - C-16/15 - [Pérez López] Rn. 31; 26. No­vem­ber 2014 - C-22/13 ua. - [Mas­co­lo ua.] Rn. 77, 102; 3. Ju­li 2014 - C-362/13 ua. - [Fia­min­go ua.] Rn. 62, 72; 26. Ja­nu­ar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40). Die Be­ach­tung von § 5 Nr. 1 Buchst. a der EGB-UN­ICE-CEEP-Rah­men­ver­ein­ba­rung über be­fris­te­te Ar­beits­verträge im An­hang der Richt­li­nie 1999/70/EG des Ra­tes vom 28. Ju­ni 1999 ver­langt, dass kon­kret ge­prüft wird, ob die Verlänge­rung be­fris­te­ter Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se der De­ckung ei­nes zeit­wei­li­gen Be­darfs dient und ob ei­ne na­tio­na­le Vor­schrift nicht in Wirk­lich­keit ge­nutzt wird, um ei­nen ständi­gen und dau­er­haf­ten Ar­beits­kräfte­be­darf des Ar­beit­ge­bers zu de­cken. Hier­zu sind stets al­le Umstände des je­wei­li­gen Ein­zel­falls zu prüfen und da­bei na­ment­lich die Zahl der mit der­sel­ben Per­son oder zur Ver­rich­tung der glei­chen Ar­beit ge­schlos­se­nen auf­ein­an­der­fol­gen­den be­fris­te­ten Verträge zu berück­sich­ti­gen, um aus­zu­sch­ließen, dass Ar­beit­ge­ber miss­bräuch­lich auf be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se zurück­grei­fen, mögen die­se auch an­geb­lich zur De­ckung ei­nes Ver­tre­tungs­be­darfs ge­schlos­sen wor­den sein (EuGH 21. Sep­tem­ber 2016 - C-614/15 - [Po­pes­cu] Rn. 65 f.; 26. No­vem­ber 2014 - C-22/13 ua. - [Mas­co­lo ua.] Rn. 101 f.; 26. Ja­nu­ar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 39 f., 43, 51, 55). Die da­zu ge­bo­te­ne zusätz­li­che Prüfung ist im deut­schen Recht nach den Grundsätzen des in­sti­tu­tio­nel­len Rechts­miss­brauchs (§ 242 BGB) vor­zu­neh­men (vgl. BAG 26. Ok­to­ber 2016 - 7 AZR 135/15 - Rn. 23; 7. Ok­to­ber 2015 - 7 AZR 944/13 - Rn. 14; 29. April 2015 - 7 AZR 310/13 - Rn. 24; 12. No­vem­ber 2014 - 7 AZR 891/12 - Rn. 27, BA­GE 150, 8; grund­le­gend: BAG 18. Ju­li 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 38, BA­GE 142, 308 und - 7 AZR 783/10 - Rn. 33).

aa) Die Kon­trol­le ei­ner Be­fris­tung nach den Grundsätzen ei­nes in­sti­tu­tio­nel­len Rechts­miss­brauchs hängt maßgeb­lich von der Ge­samt­dau­er der be­fris­te­ten Verträge so­wie der An­zahl der Ver­trags­verlänge­run­gen ab. Ist da­nach die Prüfung ei­nes in­sti­tu­tio­nel­len Rechts­miss­brauchs ver­an­lasst, sind wei­te­re Umstände zu berück­sich­ti­gen. Da­bei kann von Be­deu­tung sein, ob der Ar­beit­neh­mer stets auf dem­sel­ben Ar­beits­platz mit den­sel­ben Auf­ga­ben beschäftigt wur­de

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oder ob es sich um wech­seln­de, ganz un­ter­schied­li­che Auf­ga­ben han­delt. Bei zu­neh­men­der An­zahl be­fris­te­ter Verträge und Dau­er der be­fris­te­ten Beschäfti­gung ei­nes Ar­beit­neh­mers kann es zu­dem für ei­ne miss­bräuch­li­che Aus­nut­zung der dem Ar­beit­ge­ber an sich recht­lich eröff­ne­ten Be­fris­tungsmöglich­keit spre­chen, wenn er ge­genüber ei­nem be­reits langjährig beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer trotz der tatsächlich vor­han­de­nen Möglich­keit ei­ner dau­er­haf­ten Ein­stel­lung im­mer wie­der auf be­fris­te­te Verträge zurück­greift (BAG 19. Fe­bru­ar 2014 - 7 AZR 260/12 - Rn. 36 mwN). Bei an­ein­an­der­ge­reih­ten be­fris­te­ten Ar­beits­verträgen zur Ver­tre­tung liegt die An­nah­me ei­nes Ge­stal­tungs­miss­brauchs näher, wenn die Lauf­zeit der Verträge wie­der­holt hin­ter der pro­gnos­ti­zier­ten Dau­er des Ver­tre­tungs­be­darfs zurück­bleibt, oh­ne dass dafür ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers er­kenn­bar ist (vgl. grundsätz­lich BAG 18. Ju­li 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 46, BA­GE 142, 308). An­halts­punk­te für und ge­gen ei­nen Rechts­miss­brauch können sich auch aus der Art der Ver­tre­tung er­ge­ben; re­gelmäßig er­weist sich et­wa ei­ne Be­fris­tung zur un­mit­tel­ba­ren Ver­tre­tung ge­genüber ei­ner mit­tel­ba­ren Ver­tre­tung oder ei­ner Ver­tre­tung nach dem Mo­dell der sog. ge­dank­li­chen Zu­ord­nung als we­ni­ger miss­brauchs­anfällig (vgl. da­zu BAG 7. Ok­to­ber 2015 - 7 AZR 944/13 - Rn. 22; 11. Fe­bru­ar 2015 - 7 AZR 113/13 - Rn. 20 f.). Die An­zahl und Dau­er et­wai­ger Un­ter­bre­chun­gen zwi­schen den be­fris­te­ten Ar­beits­verträgen können ge­gen ei­nen Rechts­miss­brauch spre­chen (vgl. BAG 10. Ju­li 2013 - 7 AZR 761/11 - Rn. 27). Bei der Ge­samtwürdi­gung können da­ne­ben wei­te­re Ge­sichts­punk­te ei­ne Rol­le spie­len. Grund­recht­lich gewähr­leis­te­te Frei­hei­ten können eben­so von Be­deu­tung sein (BAG 29. April 2015 - 7 AZR 310/13 - Rn. 25; 24. Sep­tem­ber 2014 - 7 AZR 987/12 - Rn. 38; 19. Fe­bru­ar 2014 - 7 AZR 260/12 - Rn. 36; 18. Ju­li 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 47, aaO) wie be­son­de­re An­for­de­run­gen der in Re­de ste­hen­den Bran­chen und/oder Ar­beit­neh­mer­ka­te­go­ri­en, so­fern dies ob­jek­tiv ge­recht­fer­tigt ist (EuGH 26. Fe­bru­ar 2015 - C-238/14 - [Kom­mis­si­on/Lu­xem­burg] Rn. 40; BAG 7. Ok­to­ber 2015 - 7 AZR 944/13 - Rn. 15).

bb) Für die Kon­trol­le ei­ner durch ei­nen Sach­grund ge­recht­fer­tig­ten Be­fris­tung nach den Grundsätzen des in­sti­tu­tio­nel­len Rechts­miss­brauchs gilt ein drei­stu­fi­ges Sys­tem. Die­ses war be­reits in den Aus­gangs­ent­schei­dun­gen des

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Se­nats (BAG 18. Ju­li 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 48, BA­GE 142, 308 und - 7 AZR 783/10 - Rn. 43) an­ge­legt und wur­de in der wei­te­ren Recht­spre­chung des Se­nats kon­kre­ti­siert (BAG 26. Ok­to­ber 2016 - 7 AZR 135/15 - Rn. 25).

(1) Zur Be­stim­mung der Schwel­le ei­ner rechts­miss­bräuch­li­chen Ge­stal­tung von Sach­grund­be­fris­tun­gen kann an die ge­setz­li­chen Wer­tun­gen in § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG an­ge­knüpft wer­den. Die Vor­schrift macht ei­ne Aus­nah­me von dem Er­for­der­nis der Sach­grund­be­fris­tung und er­leich­tert da­mit den Ab­schluss von be­fris­te­ten Verträgen bis zu der fest­ge­leg­ten Höchst­dau­er von zwei Jah­ren bei ma­xi­mal drei­ma­li­ger Verlänge­rungsmöglich­keit. Sie kenn­zeich­net den nach Auf­fas­sung des Ge­setz­ge­bers un­ter al­len Umständen un­pro­ble­ma­ti­schen Be­reich. Ist ein Sach­grund nach § 14 Abs. 1 Tz­B­fG ge­ge­ben, lässt erst das er­heb­li­che Über­schrei­ten die­ser Grenz­wer­te den Schluss auf ei­ne miss­bräuch­li­che Ge­stal­tung zu. Da­her be­steht bei Vor­lie­gen ei­nes die Be­fris­tung an sich recht­fer­ti­gen­den Sach­grunds kein ge­stei­ger­ter An­lass zur Miss­brauchs­kon­trol­le, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG für die sach­grund­lo­se Be­fris­tung be­zeich­ne­ten Gren­zen nicht um ein Mehr­fa­ches über­schrit­ten sind (vgl. hier­zu et­wa BAG 24. Au­gust 2016 - 7 AZR 41/15 - Rn. 31 f.; 11. Fe­bru­ar 2015 - 7 AZR 113/13 - Rn. 31; 11. Fe­bru­ar 2015 - 7 AZR 17/13 - Rn. 46, BA­GE 150, 366; 14. Ja­nu­ar 2015 - 7 AZR 2/14 - Rn. 47; 6. No­vem­ber 2013 - 7 AZR 96/12 - Rn. 35; 10. Ju­li 2013 - 7 AZR 833/11 - Rn. 25; 16. Ja­nu­ar 2013 - 7 AZR 661/11 - Rn. 25, BA­GE 144, 193; 10. Ok­to­ber 2012 - 7 AZR 462/11 - Rn. 31; 18. Ju­li 2012 - 7 AZR 783/10 - Rn. 44). Da­von ist aus­zu­ge­hen, wenn nicht min­des­tens das Vier­fa­che ei­nes der in § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG be­stimm­ten Wer­te oder das Drei­fa­che bei­der Wer­te über­schrit­ten ist. Liegt ein Sach­grund vor, kann al­so von der Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses Ge­brauch ge­macht wer­den, so­lan­ge das Ar­beits­verhält­nis nicht die Ge­samt­dau­er von sechs Jah­ren über­schrei­tet und zu­dem nicht mehr als neun Ver­trags­verlänge­run­gen ver­ein­bart wur­den, es sei denn, die Ge­samt­dau­er über­steigt be­reits acht Jah­re oder es wur­den mehr als zwölf Ver­trags­verlänge­run­gen ver­ein­bart (BAG 26. Ok­to­ber 2016 - 7 AZR 135/15 - Rn. 26).

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(2) Wer­den die Gren­zen des § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG al­ter­na­tiv oder ku­mu­la­tiv mehr­fach über­schrit­ten, ist ei­ne um­fas­sen­de Miss­brauchs­kon­trol­le ge­bo­ten (vgl. hier­zu et­wa BAG 18. März 2015 - 7 AZR 115/13 -; 13. Fe­bru­ar 2013 - 7 AZR 225/11 -). Hier­von ist idR aus­zu­ge­hen, wenn ei­ner der Wer­te des § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG mehr als das Vier­fa­che beträgt oder bei­de Wer­te das Drei­fa­che über­stei­gen. Über­schrei­tet al­so die Ge­samt­dau­er des be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses acht Jah­re oder wur­den mehr als zwölf Verlänge­run­gen des be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags ver­ein­bart, hängt es von wei­te­ren, zunächst vom Kläger vor­zu­tra­gen­den Umständen ab, ob ein Rechts­miss­brauch an­zu­neh­men ist. Glei­ches gilt, wenn die Ge­samt­dau­er des be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses sechs Jah­re über­schrei­tet und mehr als neun Ver­trags­verlänge­run­gen ver­ein­bart wur­den (BAG 26. Ok­to­ber 2016 - 7 AZR 135/15 - Rn. 27).

(3) Wer­den die in § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG ge­nann­ten Gren­zen al­ter­na­tiv oder ku­mu­la­tiv in be­son­ders gra­vie­ren­dem Aus­maß über­schrit­ten, kann ei­ne miss­bräuch­li­che Aus­nut­zung der an sich eröff­ne­ten Möglich­keit zur Sach­grund­be­fris­tung in­di­ziert sein (vgl. et­wa BAG 7. Ok­to­ber 2015 - 7 AZR 944/13 - Rn. 16; 29. April 2015 - 7 AZR 310/13 - Rn. 26; 18. Ju­li 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 48, BA­GE 142, 308). Von ei­nem in­di­zier­ten Rechts­miss­brauch ist idR aus­zu­ge­hen, wenn durch die be­fris­te­ten Verträge ei­ner der Wer­te des § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG um mehr als das Fünf­fa­che über­schrit­ten wird oder bei­de Wer­te mehr als das je­weils Vier­fa­che be­tra­gen. Das be­deu­tet, dass ein Rechts­miss­brauch in­di­ziert ist, wenn die Ge­samt­dau­er des Ar­beits­verhält­nis­ses zehn Jah­re über­schrei­tet oder mehr als 15 Ver­trags­verlänge­run­gen ver­ein­bart wur­den oder wenn mehr als zwölf Ver­trags­verlänge­run­gen bei ei­ner Ge­samt­dau­er von mehr als acht Jah­ren vor­lie­gen. In ei­nem sol­chen Fall hat al­ler­dings der Ar­beit­ge­ber die Möglich­keit, die An­nah­me des in­di­zier­ten Ge­stal­tungs­miss­brauchs durch den Vor­trag be­son­de­rer Umstände zu ent­kräften (BAG 26. Ok­to­ber 2016 - 7 AZR 135/15 - Rn. 28).

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b) Bei An­wen­dung die­ser Grundsätze ist die Be­klag­te nicht dar­an ge­hin­dert, sich auf den Sach­grund der Ver­tre­tung zu be­ru­fen.

aa) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu Recht an­ge­nom­men, dass die Beschäfti­gungs­zei­ten seit dem 17. Ja­nu­ar 2011 kei­nen An­lass für ei­ne Rechts­miss­brauchs­kon­trol­le be­gründen. Die in § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG für die sach­grund­lo­se Be­fris­tung be­zeich­ne­ten Gren­zen sind nicht um ein Mehr­fa­ches über­schrit­ten. Die Kläge­rin war in der Zeit vom 17. Ja­nu­ar 2011 bis zum 31. De­zem­ber 2012 ins­ge­samt et­wa 14,5 Mo­na­te auf­grund von sie­ben be­fris­te­ten Verträgen ein­sch­ließlich des Ver­gleichs bei der Be­klag­ten beschäftigt.

bb) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt durf­te die Beschäfti­gungs­zei­ten der Kläge­rin vor dem 17. Ja­nu­ar 2011 bei der Prüfung ei­nes in­sti­tu­tio­nel­len Rechts­miss­brauchs un­berück­sich­tigt las­sen.

(1) Zwar sind grundsätz­lich die Ge­samt­dau­er des Ar­beits­verhält­nis­ses und die Ge­samt­zahl der Ver­trags­verlänge­run­gen in die Ge­samtwürdi­gung ein­zu­be­zie­hen. Un­ter­bre­chungs­zei­ten können im Rah­men der Ge­samtwürdi­gung ge­gen ei­ne rechts­miss­bräuch­li­che In­an­spruch­nah­me des Sach­grunds der Ver­tre­tung spre­chen (vgl. BAG 10. Ju­li 2013 - 7 AZR 761/11 - Rn. 30). Han­delt es sich je­doch um er­heb­li­che Un­ter­bre­chun­gen, wel­che die An­nah­me „auf­ein­an­der­fol­gen­der Ar­beits­verträge“ aus­sch­ließen, sind im Rah­men der Rechts­miss­brauchsprüfung nur die Dau­er des Ar­beits­verhält­nis­ses und die Zahl der Ver­trags­verlänge­run­gen nach der Un­ter­bre­chung zu berück­sich­ti­gen (vgl. BAG 14. Ja­nu­ar 2015 - 7 AZR 2/14 - Rn. 47).

(2) Da­nach ist die Würdi­gung des Lan­des­ar­beits­ge­richts, die Un­ter­bre­chung des Ar­beits­verhält­nis­ses der Kläge­rin in der Zeit vom 31. De­zem­ber 2008 bis zum 16. Ja­nu­ar 2011 schließe die An­nah­me „auf­ein­an­der­fol­gen­der Ar­beits­verhält­nis­se“ im Streit­fall aus, nicht zu be­an­stan­den. Ei­ne Un­ter­bre­chung von zwei Jah­ren schließt in der Re­gel auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis­se und da­mit ei­nen Rechts­miss­brauch aus. Bei ei­ner so lang­fris­ti­gen Un­ter­bre­chung des Ar­beits­verhält­nis­ses ist re­gelmäßig da­von aus­zu­ge­hen, dass die Beschäfti­gung nicht der De­ckung ei­nes ständi­gen und dau­er­haf­ten

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Ar­beits­kräfte­be­darfs dient. Vor­lie­gend kommt hin­zu, dass das Ar­beits­verhält­nis auch vom 15. Ja­nu­ar 2003 bis zum 2. April 2006 und vom 1. April 2011 bis zum 5. De­zem­ber 2011 länger­fris­tig un­ter­bro­chen war. Die Kläge­rin wur­de für die Dau­er des je­wei­li­gen Ver­tre­tungs­be­darfs be­fris­tet beschäftigt. Die Un­ter­bre­chun­gen zei­gen, dass kein dau­er­haf­ter Beschäfti­gungs­be­darf be­stand.

3. Die Zurück­ver­wei­sung des Rechts­streits an das Lan­des­ar­beits­ge­richt erübrigt sich nicht des­halb, weil die kla­ge­ab­wei­sen­de Ent­schei­dung aus an­de­ren Gründen rich­tig wäre (§ 561 ZPO). Dies ist nicht der Fall. Der Kläge­rin ist es ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten nicht nach § 242 BGB ver­wehrt, die Un­wirk­sam­keit der Be­fris­tung gel­tend zu ma­chen.

a) Es verstößt nicht grundsätz­lich ge­gen Treu und Glau­ben, wenn ei­ne Par­tei ein un­ter ih­rer Be­tei­li­gung zu­stan­de ge­kom­me­nes Rechts­geschäft an­greift. Wi­dersprüchli­ches Ver­hal­ten ist erst dann rechts­miss­bräuch­lich, wenn da­durch für den an­de­ren Teil ein Ver­trau­en­stat­be­stand ge­schaf­fen wor­den ist oder wenn an­de­re be­son­de­re Umstände die Rechts­ausübung als treu­wid­rig er­schei­nen las­sen (BAG 15. Fe­bru­ar 2012 - 7 AZR 734/10 - Rn. 27, BA­GE 140, 368; 18. Ju­ni 2008 - 7 AZR 214/07 - Rn. 32 mwN).

b) Die Be­klag­te durf­te nicht al­lein des­halb auf die Wirk­sam­keit der Be­fris­tung ver­trau­en, weil sie in ei­nem Ver­gleich zur gütli­chen Bei­le­gung des Rechts­streits über die Wirk­sam­keit der vor­an­ge­gan­ge­nen Be­fris­tung ver­ein­bart wor­den ist. Ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten be­gründet auch der Um­stand, dass die Kläge­rin den Ab­schluss ei­nes Ver­gleichs über ei­ne be­fris­te­te Wei­ter­beschäfti­gung vor­ge­schla­gen und den mit der Be­klag­ten ab­ge­stimm­ten Ver­gleichs­vor­schlag dem Ar­beits­ge­richt mit­ge­teilt hat, kein schützens­wer­tes Ver­trau­en. Be­son­de­re Umstände, wel­che die Rechts­ausübung als treu­wid­rig er­schei­nen las­sen, lie­gen nicht vor. Die Kläge­rin hat die Be­klag­te nicht da­zu ver­an­lasst, den Ver­gleich nur im Weg des § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO (und nicht an­ders) zu

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schließen. Viel­mehr hat­te sie das Ar­beits­ge­richt ge­be­ten, den von ihr zunächst mit­ge­teil­ten Ver­gleichs­text als Ver­gleichs­vor­schlag zu un­ter­brei­ten.

Gräfl
Was­kow
M. Renn­pferdt
Kley
Au­hu­ber

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