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LAG Mün­chen, Ur­teil vom 01.02.2011, 6 Sa 1078/10

   
Schlagworte: Betriebliche Altersversorgung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht München
Aktenzeichen: 6 Sa 1078/10
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 01.02.2011
   
Leitsätze: 1. Die Formulierung in einer Versorungsordnung, "eine Ehefrau des rentenberechtigten Arbeitnehmers erhalte Hinterbliebenenversorgung, wenn die Ehe vor dem Eintritt des Versorgungsfalles geschlossen und bis zum Tode bestanden hat", ist nicht dahingehend zu verstehen, dass eine Ehefrau, die bei Eintritt des rentenberechtigten Arbeitnehmers mit diesem verheiratet war und nach anschließender Scheidung diesen erneut heiratet, eine Hinterbliebenenversorgung zu erwarten hat.
2. Im Ausschluss der Ehefrau aus der Hinterbliebenenversorgung nach Wiederheirat liegt weder eine Verletzung von Art. 3 GG, Art. 6 Abs. 1 GG oder Art. 14. Abs. 1 GG. Auch ist darin kein Verstoß gegen das AGG wegen Diskriminierung infolge Alters oder des Geschlechts zu erkennen.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht München, Urteil vom 30.06.2010, 19 Ca 13895/09
nachgehend:
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.10.2013, 3 AZR 294/11
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt München

Im Na­men des Vol­kes

UR­TEIL

In dem Rechts­streit

A.
A-Straße, A-Stadt

- Kläger und Be­ru­fungskläger -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:

Rechts­anwälte B. B-
Straße, A-Stadt

ge­gen

,
,
,
C-Straße,

- Be­klag­te und Be­ru­fungs­be­klag­te -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­ter:
Rechts­an­walt D. D-
Straße, D-Stadt

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hat die 6. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts München auf Grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 1. Fe­bru­ar 2011 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Dr. Künzl und die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Rie­den und Ka­lisch

für Recht er­kannt:

1. Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das En­dur­teil des Ar­beits­ge­richts München vom 30. Ju­ni 2010 – 19 Ca 13895/09 – wird kos­ten­pflich­tig zurück­ge­wie­sen.

2. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand:

Die Par­tei­en strei­ten darüber, in­wie­weit der der­zei­ti­gen Ehe­frau des Klägers ei­ne An­wart­schaft auf Wit­wen­ren­te im Fal­le sei­nes Ab­le­bens zu­steht.

Der am 21. Okt. 1929 ge­bo­re­ne Klägers war seit 1. Ju­li 1976 bei der Be­klag­ten bzw. de­ren Rechts­vorgänge­rin beschäftigt. Mit Ab­lauf des 31. Dez. 1992 war er aus dem Ar­beits­verhält­nis aus­ge­schie­den und in Ru­he­stand ge­tre­ten. Seit­dem be­zieht er u.a. ei­ne be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung gemäß der Ver­sor­gungs­ord­nung der Ver­sor­gungs­kas­se der ... e.V.(vgl. da­zu An­la­ge K 2, Bl. 9 ff. d. A.; nach­fol­gend VO ...) in der­zei­ti­ger Höhe von € 1.052.- mo­nat­lich.

Die seit 12. Sept. 1959 be­stan­de­ne Ehe des Klägers mit Frau Hel­ga A. wur­de mit Ur­teil des Amts­ge­richts A-Stadt vom 7. Dez. 1993 (– 873 F 1558/91; vgl. An­la­ge K 3, Bl. 22 ff. d. A.) nach mehr als 3-jähri­ger Tren­nung der Ehe­gat­ten, ge­schie­den; ein Ver­sor­gungs­aus­gleich un­ter­blieb nach ei­ner fa­mi­li­en­ge­richt­lich ge­neh­mig­ten Ver­ein­ba­rung der Par­tei­en nach § 1587o BGB. Am 23. Sept. 1996 ging der Kläger ei­ne neue Ehe ein, wel­che mit Ur­teil des Amts­ge­richts A-Stadt vom 13. Aug. 2003 (– 564 F 03969/01; vgl. Bl. 30 ff. d. A.) oh­ne Durchführung ei­nes Ver­sor­gungs­aus­glei­ches ge­schie­den wur­de. Am 18. Ju­ni 2008 hei­ra­te­te der Kläger Frau Hel­ga A. er­neut.

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Die Be­klag­te teil­te dem Kläger mit Schrei­ben vom 18. Ju­li 2008 (Bl. 35 d. A.) mit, Frau Hel­ga A. ha­be im Fal­le sei­nes Ab­le­bens kei­nen An­spruch auf Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung aus der Ver­sor­gungs­kas­se ... e.V., da die Ehe erst nach Ein­tritt des Ver­sor­gungs­fal­les am 1. Jan. 1993 ge­schlos­sen wor­den sei.

Mit sei­ner am 11. Sept. 2009 beim Ar­beits­ge­richt München ein­ge­gan­ge­nen und der Be­klag­ten am 18. Sept. 2009 zu­ge­stell­ten Kla­ge vom 10. Sept. 2009 be­gehrt der Kläger die Fest­stel­lung, dass sei­ner der­zei­ti­gen Ehe­frau im Fal­le sei­nes Ab­le­bens ei­ne un­ver­fall­ba­re An­wart­schaft auf Leis­tun­gen aus der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung zu­ste­he.

Er ist der An­sicht, § 9 VO ... schließe die Ansprüche sei­ner Ehe­frau nicht aus. Der Son­der­fall der Wie­der­ver­hei­ra­tung sei in die­ser nicht be­dacht wor­den. Die Ehe ha­be schließlich während der ge­sam­ten Zeit sei­ner Beschäfti­gung bei der Be­klag­ten bzw. de­ren Rechts­vorgänge­rin bis zu sei­nem Ru­he­stand­s­ein­tritt un­un­ter­bro­chen be­stan­den. Zwar er­stre­be die VO ... den Aus­schluss un­kal­ku­lier­ba­rer Ver­sor­gungs­las­ten durch sog. „Späte­hen“. Ei­ne sol­che sei hier aber nicht ge­ge­ben. In die­sem Sin­ne stel­le der Aus­schluss der Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung für sei­ne Ehe­frau auch ei­ne willkürli­che und plan­wid­ri­ge Härte dar.

Dem­ge­genüber ist die Be­klag­te der An­sicht, es be­ste­he kei­ne Rechts­grund­la­ge für ei­ne Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung der Ehe­frau des Klägers aus der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung. Die der­zei­ti­ge Ehe des Klägers sei ge­ra­de nicht vor Ein­tritt des Ver­sor­gungs­fal­les (Ru­he­stand­s­ein­tritt) ge­schlos­sen wor­den. Sie sieht auch kei­ne Re­ge­lungslücke, für den hier ge­ge­be­nen Fall, dass der Kläger ei­ne Frau, mit der er schon ein­mal ver­hei­ra­tet ge­we­sen sei, er­neut ehe­li­che. Zweck der Vor­schrift in der VO ... sei ei­ne be­rech­tig­te und in Recht­spre­chung und Schrift­tum an­er­kann­te Ri­si­ko­be­gren­zung des Vo­lu­mens der Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung.

Das Ar­beits­ge­richt München hat die Kla­ge mit En­dur­teil vom 30. Ju­ni 2010 voll­umfäng­lich ab­ge­wie­sen. We­gen des un­strei­ti­gen und des strei­ti­gen Sach­vor­trags im Ein­zel­nen, der erst­in­stanz­lich ge­stell­ten Anträge so­wie der maßgeb­li­chen Erwägun­gen des Ar­beits­ge­richts im Ein­zel­nen wird auf die­se Ent­schei­dung (Bl. 109 ff. d. A.) Be­zug ge­nom­men.

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Das Ar­beits­ge­richt be­gründet sei­ne Ent­schei­dung im We­sent­li­chen da­mit, dass nach der VO ... Wit­wen­ren­te an die Ehe­frau nur dann zu leis­ten sei, wenn die Ehe vor Ein­tritt des Ver­si­che­rungs­fal­les be­stan­den ha­be und bis zum Ein­tritt des To­des des Ver­sor­gungs­empfängers be­steht. Die­se – nach An­sicht des Ar­beits­ge­richts statt­haf­te – Re­ge­lung zur Be­gren­zung des Krei­ses der an­spruchs­be­rech­tig­ten Hin­ter­blie­be­nen und ei­ner Aus­wei­tung des Ver­sor­gungs­ri­si­kos, grei­fe vor­lie­gend ge­ra­de nicht. Denn die ers­te Ehe zwi­schen dem Kläger und sei­ner (der­zei­ti­gen) Gat­tin ha­be zwar bei Ein­tritt des Ver­sor­gungs­fal­les be­stan­den, sei da­nach aber ge­schie­den wor­den, wo­mit sämt­li­che Ansprüche auf Wit­wen­ren­te für Frau Hel­ga A. er­lo­schen sei­en. Die der­zei­ti­ge Ehe möge zwar bei Ab­le­ben des Klägers noch be­ste­hen, sei aber bei Ein­tritt des Ver­sor­gungs­fal­les noch nicht ge­schlos­sen ge­we­sen. Ent­ge­gen der kläge­ri­schen An­sicht sei für die­sen Fall nicht von ei­ner Re­ge­lungslücke im Ver­sor­gungs­werk aus­zu­ge­hen. Viel­mehr sei die­se Ehe­sch­ließung dem äußeren An­schein ge­ra­de der ty­pi­sche Fall ei­ner Ver­sor­gungs­ehe. Des­halb sei ein Be­ru­fen der Be­klag­ten auf die for­ma­len Vor­aus­set­zun­gen für die An­spruchs­be­gründung nicht zu be­an­stan­den. Dar­in lie­ge zu­dem kei­ne un­bil­li­ge Härte für Frau Hel­ga A., die mit dem Ver­zicht auf ei­nen Ver­sor­gungs­aus­gleich im Schei­dungs­ver­fah­ren 1993 die da­durch be­ding­ten nach­tei­li­gen Fol­gen hin­neh­men müsse. Auch wi­der­spre­che die im Ver­sor­gungs­werk ent­hal­te­ne Späte­hen­klau­sel nicht Art. 6 Abs. 1 GG. Dem Ehe­gat­ten ent­ste­he durch die Ver­sor­gungs­re­ge­lung kein Nach­teil, den sie oh­ne die Ehe­sch­ließung nicht ge­habt hätten. Ei­ne Ver­pflich­tung des Ar­beit­ge­bers, die Ehe­sch­ließung durch Gewährung von Vor­tei­len zu fördern, be­ste­he nicht.

Der Kläger hat ge­gen die­se, ihm am 1. Okt. 2010 zu­ge­stell­te Ent­schei­dung mit Schrift­satz vom 27. Okt. 2010, der am 29. Okt. 2010 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­gen war, Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se mit Schrift­satz vom 24. Nov. 2010, ein­ge­gan­gen am 26. Nov. 2010, be­gründet.

Er ist der An­sicht, die VO ... sei hin­sicht­lich der Wit­wen­ren­te nicht so ver­ste­hen, dass die Ehe bei Ein­tritt in den Ru­he­stand be­stan­den und bis zum Ab­le­ben des Ru­he­geld­empfän-gers un­un­ter­bro­chen fort­be­stan­den ha­ben müsse, wie das Ar­beits­ge­richt an­ge­nom­men ha­be. Dar­in läge ei­ne of­fen­sicht­li­che Un­gleich­be­hand­lung der­je­ni­gen, de­ren Ehe aus in­di­vi­du­el­len, persönli­chen Gründen über ei­nen kürze­ren oder länge­ren Zeit­raum un­ter­bro­chen ge­we­sen sei. Je­den­falls aber sei für den Fall ei­ner Wie­der­ver­hei­ra­tung von ei­ner

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Lücke im Ver­sor­gungs­werk aus­zu­ge­hen, je­den­falls wenn die Ehe während der ge­sam­ten Dau­er des Ar­beits­verhält­nis­ses be­stan­den ha­be. Die Be­klag­te hätte den Fall des Ent­fal-lens der Leis­tungs­pflicht auch für den Fall, dass ei­ne Ehe nur un­ter­bro­chen wer­de, aus­drück­lich re­geln müssen.

Im Rah­men der ergänzen­den Aus­le­gung der VO ... sei auch auf Sinn und Zweck der Hin-ter­blie­be­nen­ver­sor­gung, die zum übli­chen Leis­tungs­ka­ta­log rech­ne, ab­zu­stel­len. Die Be­klag­te ha­be hier statt­haf­te Re­ge­lun­gen zum Schutz an­er­ken­nens­wer­ter In­ter­es­sen ge­trof­fen. Al­ler­dings ha­be die Ehe der Ehe­leu­te während des ge­sam­ten Be­stands des Ar­beits­verhält­nis­ses be­stan­den. Frau A. ha­be erst durch ih­re Fürsor­ge die Be­rufstätig­keit des Klägers für die Be­klag­te mit­ge­tra­gen und ermöglicht. Sie ha­be da­mit er­heb­li­chen An­teil an des­sen (Le­bens-)Ar­beits­leis­tung. An­ge­sichts des Ent­gelt­cha­rak­ters der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung ha­be der Kläger durch sei­ne Tätig­keit für die Be­klag­te den vermögens­wer-ten Vor­teil der Wit­wen­ren­te mit er­dient.

Frau A. sei nach der Schei­dung kei­ne neue Ehe mit ei­nem Drit­ten ein­ge­gan­gen, wes­we­gen sich nicht ein­mal das kal­ku­la­to­ri­sche Ri­si­ko der Ab­fin­dung nach § 9 Abs. 2 der VO ... für die Be­klag­te rea­li­siert ha­be.

Je­den­falls stel­le ein Aus­schluss der Wit­wen­ren­te für Frau A. ei­ne un­bil­li­ge Härte nach § 13 VO ... dar. Er ha­be sich die­se Ren­te, ein­sch­ließlich der Wit­wen­ren­ten­an­wart­schaft, er­ar­bei­tet. Müss­te die­se er­dien­te Leis­tung nun aber nicht er­bracht wer­den, hat­te der Kläger in­so­weit um­sonst ge­ar­bei­tet. Hin­zu kom­me, dass die Kläge­rin während der Be­rufs­ar­beit des Klägers in­fol­ge der Sor­ge für die ge­mein­sa­men Kin­der kei­ne Ge­le­gen­heit ge­habt hat­te, ei­ne ei­ge­ne Ver­sor­gungs­an­wart­schaft zu be­gründen. Im Ge­gen­satz zu Ehe­gat­ten, die ei­nen Be­triebs­rent­ner ei­nen Tag vor Ru­he­stand­s­ein­tritt ehe­li­chen und dann An­spruch auf die vol­le Ver­sor­gungs­an­wart­schaft ha­ben, ist die Kläge­rin be­nach­tei­ligt. Ein durch­geführ­ter Ver­sor­gungs­aus­gleich hätte hier­an nichts geändert; die­ser hätte – ent­ge­gen der An­nah­me des Ar­beits­ge­richts – nicht die Ren­ten­an­wart­schaft, son­dern die Be­triebs­ren­te be­trof­fen.

Die sei­tens des Ar­beits­ge­richts vor­ge­nom­me­ne Aus­le­gung ver­s­toße, wie er meint, ge­gen Art. 14 Abs. 1 GG, da in der Kon­se­quenz ei­ne entschädi­gungs­lo­se Ent­eig­nung er­dien­ter, ei­gen­tumsähn­li­cher An­wart­schaf­ten ein­tre­te. Fer­ner sei Art. 6 Abs. 1 GG ver­letzt, wenn al­lein der for­ma­le Be­stand der Ehe, nicht aber ei­ne et­wai­ge Wie­der­hei­rat berück­sich­tigt

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wer­de. Zwar mag der Ar­beit­ge­ber ver­pflich­tet sein, die Ehe­sch­ließung zu fördern; wenn er aber ei­ne Zu­sa­ge er­tei­le, müsse er sich an die­sen „mes­sen las­sen“. Zu­dem ver­bie­te Art. 3 Abs. 1 GG Glei­ches gleich und Un­glei­ches un­gleich zu be­han­deln. Dies ge­sche­he hier, ins­be­son­de­re im Ver­gleich zu Wit­wen, die den Be­triebs­rent­ner un­mit­tel­bar vor Be­en­di­gung des ak­ti­ven Diens­tes ge­ehe­licht ha­ben, ge­ra­de nicht. Auch sei das Be­nach­tei­li­gungs­ver­bot des AGG we­gen Al­ters und Ge­schlecht ver­letzt.

Im Ter­min vom 1. Feb. 2011 hat der Kläger sei­ne Kla­ge nun­mehr ge­gen die C. ge­rich­tet. Die bis­he­ri­ge Be­klag­te hat durch ih­ren Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten, der auch zur Ver­tre­tung der neu­en Be­klag­ten be­vollmäch­tigt war, der Par­teiände­rung zu­ge­stimmt.

Er be­an­tragt zu­letzt:

Das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts München vom 30.06.2010, Ak­ten­zei­chen 19 Ca 13895/09 wird ab­geändert:

Es wird fest­ge­stellt, dass der An­spruch des Klägers auf Leis­tun­gen der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung gemäß der Ver­sor­gungs­ord­nung der Ver­sor­gungs­kas­se der ... GmbH e.V. auch ei­ne auf Wit­wen­ren­te zu­guns­ten der über­le­ben­den Ehe­frau Hel­ga A. um­fasst.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Sie hält ei­nen Wit­wen­ren­ten­an­spruch der nun­meh­ri­gen Ehe­frau des Klägers nicht für ge­ge­ben. Auch wenn man un­ter­stel­le, dass die­se Ehe bis zum Ab­le­ben des Klägers Be­stand ha­be, so ha­be sie je­doch bei des­sen Ein­tritt in den Ru­he­stand noch nicht be­stan­den. Die „aus die­ser Ehe her­vor­ge­gan­ge­ne Ehe­frau“ erfülle da­her nicht die Vor­aus­set­zun­gen des § 9 Abs. 1 VO ....

Letz­te­re Norm wol­le Ehe­gat­ten von der Ver­sor­gung aus­sch­ließen, die den Ver­sor­gungs­empfänger erst nach Ein­tritt in den Ru­he­stand ge­ehe­licht ha­ben. Un­er­heb­lich sei, ob vor­her be­reits ein­mal ei­ne Ehe be­stan­den ha­be. Da­her lie­ge auch kei­ne plan­wid­ri­ge Lücke vor. Den Zeit­punkt der Ehe­sch­ließung auf ei­ne Zeit vor Ru­he­stand­s­ein­tritt ha­be die Be­klag­te auch oh­ne Ver­s­toß ge­gen höher­ran­gi­ges Rechts fest­le­gen dürfen. Der­ar­ti­ge

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Späte­he­klau­seln sei­en auch un­ter dem Ver­bot der Al­ters­dis­kri­mi­nie­rung nicht zu be­an­stan­den.

Späte­he­klau­seln sei­en zulässig. Sie ver­schaff­ten der Be­klag­ten not­wen­di­ge kal­ku­la­to­ri­sche Si­cher­heit. Zu­dem ver­ken­ne der Kläger, dass die Ehe­dau­er im Ver­sor­gungs­werk kei­nes­wegs be­deu­tungs­los sei. Denn die Ehe müsse vor Ru­he­stand­s­ein­tritt ge­schlos­sen sein und bis zum Tod des Ver­sor­gungs­empfängers be­ste­hen.

Das Über­lap­pen der ers­ten Ehe des Klägers mit sei­ner nun­meh­ri­gen Gat­tin mit der Beschäfti­gungs­zeit sei un­er­heb­lich. Mit der Schei­dung ha­be die­se auf ei­nen Ver­sor­gungs­aus­gleich ver­zich­tet. Dies könne nun nicht mehr mit Ab­schluss ei­ner neu­en Ehe re­vi­diert wer­den.

Ei­ne plan­wid­ri­ge Härte für Frau A. sei nicht zu er­ken­nen. Die Ehe­leu­te tra­gen mit der Schei­dung und dem Ver­zicht auf den Ver­sor­gungs­aus­gleich die Ver­ant­wor­tung für die heu­ti­ge Si­tua­ti­on.

Art. 14 Abs. 1 GG sein nicht ver­letzt. Mit dem frei­wil­li­gen Ver­zicht auf den Ver­sor­gungs­aus­gleich ha­be sie auch auf die Durchführung des verlänger­ten schuld­recht­li­chen Ver­sor­gungs­aus­gleichs ver­zich­tet. In ih­rer zwei­ten Ehe mit dem Kläger könne sie nun kei­ne Ver­sor­gungs­ansprüche aus der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung mehr er­wer­ben. In ei­gen­tums­glei­che Rech­te wer­de da­mit nicht ein­ge­grif­fen. Im Übri­gen hand­le es sich bei der An­wart­schaft auf ei­ne Wit­wen­ren­te um ein bloßes Ne­ben­recht aus der Al­ters­ver­sor­gung, das er­satz­los ent­fal­le, wenn die ehe­ma­li­ge Gat­tin nicht Wit­we des späte­ren Ver­stor­be­nen wer­de. Ei­ne Ver­let­zung von Art. 6 Abs. 1 GG schei­de aus, da der Aus­schluss be­trieb­li­cher Ver­sor­gungs­leis­tun­gen nicht auf Struk­tur­feh­lern oder Un­ge­rech­tig­kei­ten der VO ... be­ru­he, son­dern auf der Schei­dung un­ter Ver­zicht auf ei­nen Ver­sor­gungs­aus­gleich. Art. 3 Abs. 1 GG sein nicht ver­letzt, da sich je­des Ver­sor­gungs­sys­tem ge­gen übermäßige Be­an­spru­chung schützen könne und müsse.

Die An­nah­me ei­ner un­zulässi­gen Dis­kri­mi­nie­rung nach dem AGG sei be­reits vom An­satz her falsch. Es sei kei­nes­wegs so, dass die älte­re Frau sich stets schlech­ter ste­he, als ei­ne jünge­re. Zwar stel­le sich die vor Ru­he­stand­s­ein­tritt ge­ehe­lich­te Frau bes­ser, als die ein Jahr nach Ru­he­stand­ein­tritt ge­hei­ra­te­te. Dies sei aber durch ein le­gi­ti­mes Ziel ge­recht­fer­tigt.

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Hin­sicht­lich des Sach­vor­trags der Par­tei­en im Ein­zel­nen wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 10. Sept. 2009 (Bl. 1 ff. d. A.), vom 23. Okt. 2009 (Bl. 60 ff. d. A.) und vom 24. Nov. 2010 (Bl. 137 ff. d. A.), der Be­klag­ten vom 28. Sept. 2009 (Bl. 46 f. d. A.), vom 30. Sept. 2009 (Bl. 51 ff. d. A.), vom 9. Dez. 2009 (Bl. 97 ff. d. A.) und vom 19. Jan. 2011 so­wie auf die Sit­zungs­pro­to­kol­le vom 16. Ju­ni 2010 (Bl. 104 f. d. A.) und vom 1. Feb. 2011 (Bl. 231 ff. d. A.) Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe:

Die in zulässi­ger Wei­se ein­ge­leg­te Be­ru­fung bleibt in der Sa­che oh­ne Er­folg.

I. Die Be­ru­fung ist zulässig.

1. Sie ist nach § 64 Abs. 1, 2b ArbGG statt­haft so­wie in rech­ter Form und Frist ein­ge­legt und be­gründet wor­den (§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 519 Abs. 2, § 520 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 66 Abs. 1 Sätze 1, 2, 5 ArbGG, § 222 ZPO).

2. Die ge­willkürte Par­teiände­rung war statt­haft. Sie wird herr­schend als Kla­geände­rung an­ge­se­hen (vgl. BGH v. 11. 10. 1980 – II ZR 96/80, NJW 1981, 989; BGH v. 7. 7. 1993 – IV ZR 190/92, NJW 1993,. 3072; Tho­mas/Putzo/Hüßte­ge, ZPO, 29. Aufl., Vor­bem. § 50 Rz. 24; Putzo, Fest­ga­be BGH, Band 3, 2000, S. 149, 151). Dem­ge­genüber wird teil­wei­se ein In­sti­tut ei­ge­ner Art an­ge­nom­men (Ro­sen­berg/Schwab/Gott­wald, Zi­vil­pro­zess­recht, 17. Aufl., § 42 Rz. 20). Ei­ne Aus­ein­an­der­set­zung mit die­sen un­ter­schied­li­chen An­sich­ten ist vor­lie­gend nicht ge­bo­ten. Hier wie dort, wird für den ge­willkürten Par­tei­wech­sel auf Be­klag­ten­sei­te in der Be­ru­fungs­in­stanz die Zu­stim­mung der aus­schei­den­den Par­tei ver­langt, die vor­lie­gend er­teilt wur­de.

II. In der Sa­che hat die Be­ru­fung kei­nen Er­folg.

Die (noch) zulässi­ge Kla­ge ist un­be­gründet. Die Ehe­frau des Klägers hat, wie das Ar­beits­ge­richt be­reits zu­tref­fend ausführt, kei­nen An­spruch auf ei­ne Wit­wen­ver­sor­gung aus der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung des Klägers (§ 9 Abs. 1 VO ...). Zwar war sie bei Ru­he­stand­s­ein­tritt des Klägers mit die­sem ver­ehe­licht und wird es (pro­gnos­tisch) ggf. auch bei des­sen Ab­le­ben sein. Doch han­delt es sich da­bei um zwei Ehen, die von­ein­an­der zu

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un­ter­schei­den sind. Auf Grund der ers­ten Ehe wird sie nicht beim Ab­le­ben des Klägers mit die­sem ver­hei­ra­tet sein; auf Grund der ak­tu­el­len Ehe war sie bei des­sen Ru­he­stand­s­ein­tritt nicht mit ihm ver­ehe­licht. Die­se Un­ter­schei­dung der bei­den Ehe­sch­ließun­gen, die dem le­gi­ti­men In­ter­es­se der Be­klag­ten dient, Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gun­gen über­schau­bar und kal­ku­lier­bar zu hal­ten, in­dem Späte­hen aus­ge­schlos­sen wer­den, verstößt we­der ge­gen Grund­rech­te, noch stellt dies ei­ne Al­ters­dis­kri­mi­nie­rung dar.

1. Die Kla­ge ist (noch) zulässig.

a. Der Kläger kann das Be­ste­hen ei­ner Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung zu­guns­ten sei­ner der­zei­ti­gen Ehe­frau ge­richt­lich gel­tend ma­chen. Denn die be­trieb­li­che Hin­ter­blie­be­nen-ver­sor­gung gemäß der VO ... be­ruht auf ei­nem Ver­trag zu­guns­ten Drit­ter (§ 328 Abs. 1 BGB). Empfänger des Ver­sor­gungs­ver­spre­chens ist der Kläger, der ei­ne ge­genüber der – un­ter Umständen – begüns­tig­ten Ehe­frau be­ste­hen­de Leis­tungs­ver­pflich­tung für den Fall sei­nes Ab­le­bens fest­stel­len las­sen kann (vgl. § 335 BGB; BAG v. 26. 8. 1997 – 3 AZR 235/97, NZA 1998, 817).

b. Dem Kläger kann ge­ra­de noch ein recht­li­ches In­ter­es­se an der be­gehr­ten Fest­stel­lung (§ 256 ZPO) zu­ge­spro­chen wer­den. Zwar hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt (Urt. v. 26. 8. 1997, a.a.O.) ein Fest­stel­lungs­in­ter­es­se aus dem Bedürf­nis ei­ner Par­tei, Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten über den Be­stand und die Aus­ge­stal­tung der Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung rasch zu klären, um et­wai­ge Ver­sor­gungslücken möglichst frühzei­tig zu schließen oder zu­min­dest zu ver­rin­gern. An­ge­sichts des Al­ters des Klägers er­scheint die Sch­ließung oder auch nur die Ver­rin­ge­rung von Ver­sor­gungslücken al­ler­dings kaum mehr rea­lis­tisch durchführ­bar. Al­ler­dings ist aus Sicht der Kam­mer zu­zu­ge­ste­hen, dass die­se kei­nen vollständi­gen Über­blick über noch mögli­che Vor­keh­run­gen hat, wes­we­gen ein Fest­stel­lungs­in­ter­es­se noch an­ge­nom­men wird.

2. In der Sa­che hat die Kla­ge kei­nen Er­folg.

Das Ar­beits­ge­richt hat zu Recht und mit zu­tref­fen­der Be­gründung ei­nen An­spruch der der­zei­ti­gen Ehe­frau des Klägers auf Wit­wen­ren­te ver­neint, soll­te der Kläger bei an­ge­nom­me­nem Fort­be­stand der der­zei­ti­gen Ehe vor die­ser ver­ster­ben. Denn die Ehe­frau des Klägers erfüllt nicht die Vor­aus­set­zun­gen des § 9 VO ... für den Be­zug ei­ner Wit­wen­ren­te.

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In­so­weit wird zur Ver­mei­dung von Wie­der­ho­lun­gen vor­weg auf die ausführ­li­che und zu­tref­fen­de Be­gründung des Ar­beits­ge­richts Be­zug ge­nom­men.

Hin­sicht­lich der Ausführun­gen im Be­ru­fungs­rechts­zug ist ergänzend aus­zuführen:

a. Die Be­klag­te hat in zulässi­ger Wei­se in der VO ... ei­ne Wit­wen­ver­sor­gung nur für den – hier nicht ge­ge­be­nen – Fall vor­ge­se­hen, dass die Ehe bis zum Tod ei­nes ak­ti­ven Mit­ar­bei­ters be­stan­den hat­te (§ 9 Abs. 1 Satz 1 VO ...) bzw. dass die Ehe vor Ein­tritt des Ver­sor­gungs­fal­les (Ren­ten­ein­tritt) ge­schlos­sen wor­den war und bis zum To­de be­stan­den hat (§ 9 Abs. 1 Satz 2 VO ...). Vor­lie­gend käme al­lein § 9 Abs. 1 Satz 2 VO ... in Be­tracht, doch sind auch die Vor­aus­set­zun­gen die­ser Norm nicht ge­ge­ben. Zwar hat­ten der Kläger und sei­ne jet­zi­ge Ehe­frau vor sei­nem Ein­tritt in den Ru­he­stand ei­ne Ehe ge­schlos­sen. Die­se Ehe be­steht aber nicht bis zum (künf­ti­gen) Tod des Klägers, son­dern war 1993 ge­schie­den wor­den. Es mag sein, dass die 2008 er­neut ge­schlos­se­ne Ehe bis zum künf­ti­gen Tod des Klägers be­ste­hen wird; al­lein die­se hat­te bei des­sen Ein­tritt in den Ru­he­stand noch nicht be­stan­den.

b. Der Kläger wen­det sich im Er­geb­nis zu Un­recht da­ge­gen, das Ar­beits­ge­richt ha­be ei­nen durch­ge­hen­den Be­stand der bei Ein­tritt des Klägers in den Ru­he­stand be­stan­de­nen Ehe bis zu des­sen künf­ti­gem To­de ge­for­dert. Dies er­ge­be sich nicht aus der Re­ge­lung in § 9 Abs. 1 VO .... Dem kann sich die Kam­mer nicht an­sch­ließen.

§ 9 Abs. 1 Satz 2 VO ... lau­tet:

„Wit­wen­ren­te wird auch beim Tod ei­nes Rent­ners der hin­ter­las­se­nen Ehe­frau gewährt, wenn die Ehe vor Ein­tritt des Ver­sor­gungs­fal­les ge­schlos­sen wur­de und bis zum To­de be­stan­den hat.“

aa. Die VO ... gewährt den von ihr er­fass­ten Mit­ar­bei­tern er­sicht­lich ei­ne Be­triebs­ren­te in Form ei­ner Ge­samt­zu­sa­ge. Ei­ne sol­che ist ge­ge­ben, wenn der Ar­beit­ge­ber den begüns­tig­ten Ar­beit­neh­mern ein­sei­tig ei­ne be­stimm­te Leis­tung bei Erfüllung be­stimm­ter Vor­aus­set­zun­gen ver­spricht. Die da­hin­ge­hen­den Ver­spre­chen sind als ty­pi­sier­te Wil­lens­erklärun­gen nach ob­jek­ti­ven, vom Ein­zel­fall los­gelösten Kri­te­ri­en aus­zu­le­gen (§§ 133, 157 BGB; vgl. BAG v. 20. 4. 2010 – 3 AZR 509/08, ZTR 2010, 539).

bb. Bei Zu­grun­de­le­gung die­ses Verständ­nis­ses schei­det ei­ne Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor-

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in den Ru­he­stand ge­schlos­sen wor­den war. Nach dem vor­zi­tier­ten (oben aa.) Text von § 9 Abs. 1 Satz 2 VO ... muss für ei­ne Hin­ter­blie­be­nen­ren­ten­be­rech­ti­gung die Ehe vor Ein­tritt des ren­ten­be­rech­tig­ten Ar­beit­neh­mers ge­schlos­sen wor­den sein und im Zeit­punkt sei­nes To­des be­stan­den ha­ben. Die­se Vor­aus­set­zun­gen lie­gen hier ge­ra­de nicht vor. Al­lein durch die Ver­wen­dung der Wor­te „die Ehe“ so­wie des Wor­tes „und“ wird deut­lich, das es sich um ein und die­sel­be Ehe han­deln muss, die vor Ren­ten­ein­tritt ge­schlos­sen wor­den war und beim To­de des Be­triebs­rent­ners be­stan­den hat. Es ist in der Be­stim­mung nicht fest­ge­legt, dass die Ehe­gat­ten bei Ren­ten­ein­tritt so­wie beim Tod des Rent­ners – in durch­aus un­ter­schied­li­chen Ehen – mit­ein­an­der ver­hei­ra­tet sein können, was ggf. ei­ne Aus­le­gung im Sin­ne des kläge­ri­schen Verständ­nis­ses zu­ließe. Die Ehe­leu­te ha­ben hier mit ih­rer Wie­der­hei­rat im Jahr 2008 zwar ei­ne neue Ehe ab­ge­schlos­sen; die­se be­stand je­doch nicht bei Ein­tritt des Klägers in den Ru­he­stand und die da­mals be­stan­de­ne war im De­zem­ber 1993 ge­schie­den wor­den.

Die Ar­gu­men­ta­ti­on des Klägers, die Ehe sei nur un­ter­bro­chen ge­we­sen, geht fehl. Mit der Schei­dung der Ehe­leu­te im De­zem­ber 1993 war die Ehe be­en­det. An­sons­ten wäre es dem Kläger auch nicht möglich ge­we­sen, ei­ne neue Ehe ein­zu­ge­hen, die ih­rer­seits im Jahr 2005 ge­schie­den wor­den war. So­mit ha­ben die nun­meh­ri­gen Ehe­leu­te im Jahr 2008 ei­ne neue Ehe ge­schlos­sen und nicht ih­re frühe­re Ehe wie­der auf­ge­nom­men.

c. Der Aus­schluss der Ehe­gat­ten ei­ner erst nach Ein­tritt des Ver­sor­gungs­fal­les ge­schlos­se­nen Ehe von der Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung ist nicht zu be­an­stan­den. Die Re­ge­lung in § 9 Abs. 1 Satz 2 VO ... stellt ei­ne so ge­nann­te Späte­hen­klau­sel dar, die als sol­che recht­lich zulässig und statt­haft ist.

aa. Es be­steht kei­ne Ver­pflich­tung des Ar­beit­ge­bers, ei­ne Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung zu schaf­fen. Mit­hin ist er grundsätz­lich be­rech­tigt, die Ver­sor­gung hin­ter­blie­be­ner Ehe­gat­ten an zusätz­li­che Vor­aus­set­zun­gen zu knüpfen (BAG v. 19. 12. 2000 – 3 AZR 186/00, NZA 2001, 1260; BAG v. 26. 8. 1997 – 3 AZR 235/96, NZA 1998, 817; BAG v. 11. 8. 1987 – 3 AZR 6/86, NZA 1988, 158; vgl. auch BAG v. 20. 4. 2010, a.a.O.). Wenn­gleich die ge­schaf­fe­nen Aus­schluss­tat­bestände ei­ner Rechts­kon­trol­le stand­hal­ten müssen und ins­be­son­de­re nicht ge­gen ver­fas­sungs­recht­li­che Wer­tent­schei­dun­gen ver­s­toßen dürfen, ist ei­ne Späte­hen­klau­sel, wel­che die Wit­wen­ren­ten bei der Ehe­sch­ließung mit ei­nem Ru­heständ­ler aus­sch­ließt, recht­lich nicht zu be­an­stan­den (BAG v. 19. 12. 2000, 26. 8. 1997,

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je­weils a.a.O.; BAG v. 9. 11. 1978 – 3 AZR 784/77, AP BGB § 242 Ru­he­ge­halt Nr. 179; da­zu BVerfG v. 11. 9. 1979 – 1 BvR 92/79, AP BGB § 242 Ru­he­ge­halt Nr. 182). Denn das bei Ab­schluss der Ehe er­reich­te Le­bens­al­ter des Ar­beit­neh­mers wirkt sich er­heb­lich auf die vom Ar­beit­ge­ber über­nom­me­nen Ver­sor­gungs­ri­si­ken aus. Der Ver­sor­gungs­fall des To­des rückt mit sei­nem zu­neh­men­den Al­ter sta­tis­tisch ge­se­hen im­mer näher. Die Späte­hen­klau­sel ver­mei­det die re­la­tiv späte Schaf­fung ei­nes bis­her nicht be­ste­hen­den ho­hen Ver­sor­gungs­ri­si­kos (BAG v. 28. 7. 2005 – 3 AZR 457/04, NZA-RR 2006, 591).

Im Rah­men ei­ner Ver­sor­gungs­ord­nung kann der mögli­che Auf­wand für Hin­ter­blie­be­nen-ver­sor­gungs­be­rech­tig­te ins­be­son­de­re durch ei­ne Be­schränkung des Krei­ses mögli­cher Ver­sor­gungs­be­rech­tig­ter be­ein­flusst bzw. ein­schränkt wer­den. Die Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung knüpft an das ty­pi­sier­te Ver­sor­gungs­in­ter­es­se ei­nes Ar­beit­neh­mers an (BAG v. 20. 4. 2010, a.a.O, un­ter Rz. 77 [ju­ris]; BAG v. 15. 9. 2009 – 3 AZR 294/09, NZA 2010, 216, un­ter Rz. 25 [ju­ris]; BAG v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 277/07, NZA-RR 2009, 153, un­ter Rz. 34 [ju­ris]). Dem Ver­sor­gungs­schuld­ner kann im Rah­men der frei­wil­lig ein­geführ­ten Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung dem­nach nicht ver­wehrt wer­den, den begüns­tig­ten Per­so­nen­kreis auf die­je­ni­gen Per­so­nen zu be­schränken, hin­sicht­lich de­ren er be­reits während des lau­fen­den Ar­beits­verhält­nis­ses an­ge­legt war. Die Le­bensführung des Ar­beit­neh­mers nach sei­nem Aus­schei­den aus dem Ar­beits­verhält­nis kann bei Ab­gren­zung der Leis­tungs­pflich­ten des Ar­beit­ge­bers un­berück­sich­tigt blei­ben (BAG v. 20. 4. 2010, a.a.O). Ent­spre­chend kann der Ar­beit­ge­ber, wie das Bun­des­ar­beits­ge­richt (Urt. v. 11. 8. 1987, a.a.O; BAG v. 19. 12. 2000, a.a.O., S. 1262) ausführt, nur die­je­ni­ge Ehe­frau hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gungs­be­rech­tigt aus­stat­ten, wel­che die Be­rufs­ar­beit des ren­ten­be­rech­tig­ten Ehe­man­nes durch ih­re Fürsor­ge mit­ge­tra­gen hat­te.

Letz­te­res war, ob­schon sei­tens des kläge­ri­schen Ar­beit­ge­bers nur ein zeit­lich sehr ge­rin­ges Mit­tra­gen der Be­rufstätig­keit vor­aus­ge­setzt war, da grundsätz­lich ei­ne Ehe­sch­ließung am Tag vor Ein­tritt in den Ru­he­stand aus­ge­reicht hätte (§ 9 Abs. 1 Satz 2 VO ...), bei der (auch nun­meh­ri­gen) Gat­tin des Klägers si­cher­lich der Fall. Die­ser über­sieht aber, dass das Bun­des­ar­beits­ge­richt die­se Aus­ge­stal­tung nur als Möglich­keit ei­ner zulässi­gen Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gungs­re­ge­lung an­ge­se­hen hat­te. Da­mit ist kei­ne Ver­pflich­tung auf­ge­stellt, dass die Ehe­frau, wel­che die Be­rufs­ar­beit durch ih­re Fürsor­ge – hier: um die ge­mein­sa­men Kin­der – mit­ge­tra­gen hat­te, stets hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gungs­be­rech­tigt sein müss­te und vor al­lem, wenn sie nach der Ver­sor­gungs­ord­nung hin­ter­blie­be­nen­ver­sor-

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gungs­be­rech­tigt ist, dass sie auch dann (noch oder wie­der) hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gungs-be­rech­tigt sein müss­te, wenn die Ehe nach Ein­tritt des Ver­sor­gungs­fal­les ge­schie­den wor­den war, die Ehe­part­ner da­nach aber er­neut ei­ne Ehe ein­ge­gan­gen wa­ren.

Mit­hin war es der Be­klag­ten bzw. de­ren Rechts­vorgänge­rin un­be­nom­men, auch hier die Ver­sor­gung der – un­ter­stellt hin­ter­blei­ben­den – Ehe­frau aus der erst mit dem im Ru­he­stand be­find­li­chen Kläger ge­schlos­se­nen Ehe aus­zu­sch­ließen. Da­bei kann es kei­nen Un­ter­schied ma­chen, ob die­se Ehe­frau schon früher ein­mal mit dem Kläger ver­hei­ra­tet ge­we­sen war und ggf. wann dies der Fall ge­we­sen ist. Ent­spre­chend hat auch das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in Wie­der­ver­hei­ra­tungsfällen den Aus­schluss der Hin­ter­blie­be­nen­ren­te bei Gel­tung von Späte­he­klau­seln für zulässig er­ach­tet (BVerwG v. 13. 10. 1971 – VI C 57/66, MDR 1972, 354; fer­ner OVG Saarbrücken v. 14. 8. 2008 – 1 A 357/08, NVwZ-RR 2009, 124, un­ter Rz. 5 [ju­ris]). Denn die im Fal­le des Vor­ver­ster­bens des Klägers ent­ste­hen­den Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gungs­ansprüche re­sul­tier­ten aus der ak­tu­el­len, im Ru­he­stand ge­schlos­se­nen Ehe, nicht aus ei­ner frühe­ren Ver­bin­dung. Ansprüche aus der frühe­ren Ver­bin­dung sind be­reits we­gen des er­folg­ten Ver­zichts auf Durchführung ei­nes Ver­sor­gungs­aus­glei­ches (§§ 1587 ff. BGB a.F.; vgl. auch Bru­dermüller, NJW 2009, 3074) bei Schei­dung der frühe­ren Ehe aus­ge­schlos­sen.

bb. Die VO ... enthält hin­sicht­lich der Wie­der­ver­hei­ra­tung kei­ne durch ergänzen­de Aus­le­gung zu schließen­de Lücke. Hier wäre nach §§ 133, 157 BGB zu fra­gen, ob die Ver­trags­part­ner für den Fall der Wie­der­ver­hei­ra­tung ge­trof­fen hätten, hätten sie die­sen be­dacht. Bei Schaf­fung der VO ... war es – wie aus­geführt in zulässi­ger Wei­se (oben aa.) – möglich, die Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung für den Fall ei­ner erst nach Ru­he­stand­s­ein­tritt ge­schlos­se­nen Ehe und so­mit den erst nach Ru­he­stand­s­ein­tritt ge­ehe­lich­ten Part­ner von der Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung aus­zu­sch­ließen. Dem liegt das an­er­ken­nens­wer­te Ziel des Ver­sor­gungs­schuld­ners zu­grun­de, bloße Ver­sor­gungs­ehen aus­zu­sch­ließen.

Ein sol­cher Fall ei­ner Ver­sor­gungs­ehe kann auch bei Wie­der­hei­rat ei­nes frühe­ren Ehe­gat­ten nicht ge­ne­rell aus­ge­schlos­sen wer­den (so be­reits BAG v. 11. 8. 1987, a.a.O., un­ter II. 4.). Der 3. Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts hat­te ei­ne Ver­sor­gungs­ehe an­ge­dacht, als die 2. Ehe (Wie­der­hei­rat) kurz vor dem ab­seh­ba­ren To­de des be­triebs­ren­ten­be­rech­tig­ten Ehe­part­ners ge­schlos­sen wur­de. Ei­ne Ver­sor­gungs­ehe ist nach An­sicht der er­ken­nen­den Kam­mer aber eben­so denk­bar, wenn die Wie­der­ver­hei­ra­tung in 2. Ehe nach Ru­he­stands-

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ein­tritt des ren­ten­be­rech­tig­ten Ehe­gat­ten er­folgt, des­sen Ab­le­ben je­doch noch nicht kon­kret vor­her­seh­bar ist, aber der an­de­re Ehe­gat­te kei­ne (nen­nens­wer­ten) ei­ge­nen Ren­ten­ansprüche er­wor­ben hat. Ein sol­cher Fall ist hier ge­ra­de denk­bar. Der Kläger trägt vor, sei­ne ers­te und auch nun­meh­ri­ge Ehe­frau ha­be sich um die ge­mein­sa­men Kin­der gekümmert, während er sei­ner Be­rufstätig­keit nach­ge­gan­gen sei. Die nun­mehr ge­schlos­se­ne er­neu­te Ehe mag dem­nach u.U. eben­so der Ver­sor­gung und dem auskömmli­chen Ru­he­stand der frühe­ren und nun­meh­ri­gen Gat­tin des Klägers nach des­sen Ab­le­ben die­nen.

Die An­nah­me, ei­ne durch die ge­trof­fe­ne und wirk­sa­me Späte­hen­klau­sel an sich nicht ver­sor­gungs­be­rech­tig­te Ehe­frau nach der Wie­der­hei­rat nach Ein­tritt des Ver­sor­gungs­fal­les in den Kreis der (wie­der) Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gungs­be­rech­tig­ten auf­zu­neh­men, setz­te vor­aus, dass in der Ver­sor­gungs­ord­nung ein ent­spre­chen­der Ver­mu­tungs­tat­be­stand ge­schaf­fen wäre (so be­reits BAG v. 11. 8. 1987, a.a.O.). Dafür gibt es vor­lie­gend kei­nen An­halts­punkt, da al­lein auf den for­ma­len Be­stand der Ehe ab­ge­stellt ist.
Aus dem Um­stand, dass die auch nun­meh­ri­ge Ehe­frau des Klägers nach der Schei­dung im De­zem­ber 1993 ih­rer­seits kei­ne wei­te­re Ehe ein­ge­gan­gen war, ist nicht zwin­gend zu fol­gern, dass mit der Wie­der­hei­rat des Klägers der al­te Zu­stand wie­der her­ge­stellt wer­den müss­te. Wenn der Kläger auf die Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 16. 4. 1997 (– 3 AZR 28/96, NZA 1997, 1230) ab­stellt, so ist der dort ent­schie­de­ne Sach­ver­halt dem vor­lie­gen­den nicht ver­gleich­bar. Die hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gungs­be­rech­tig­te Gat­tin hat­te dort ih­ren Ver­sor­gungs­an­spruch nach Ein­ge­hung ei­ner wei­te­ren Ehe ver­lo­ren. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat­te nun fest­ge­stellt, dass die Ver­sor­gungs­ord­nung kei­ne Re­ge­lungslücke ent­hal­te, wenn nach Schei­dung der Zwei­te­he die frühe­re Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung nicht wie­der auf­le­be. Vor­lie­gend ist der Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gungs­fall aber noch nicht ein­ge­tre­ten. Die Schei­dung der Zwei­te­he des Klägers ist al­ler­dings un­er­heb­lich, da des­sen Ehe­frau ih­re Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gungs­be­rech­ti­gung nicht durch Ein­ge­hung die­se Ehe, son­dern be­reits durch die die­ser Ehe vor­an­ge­gan­ge­nen Schei­dung ih­rer ers­ten Ehe ver­lo­ren hat­te.

d. Die Re­ge­lung in § 9 VO ... verstößt – ent­ge­gen kläge­ri­scher An­sicht – auch nicht ge­gen höher­ran­gi­ges Recht. Es ist kein Grund er­sicht­lich, wes­we­gen die er­neut ab­ge­schlos­se­ne Ehe mit ei­nem frühe­ren Ehe­part­ner an­ders als ei­ne Ehe mit ei­nem an­de­ren Ehe­part­ner be­han­delt wer­den soll­te. So ge­bie­tet we­der der Grund­satz der Gleich­be­hand-

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lung (Art. 3 GG), noch der Schutz von Ehe und Fa­mi­lie (Art. 6 Abs. 1 GG) oder die Ei­gen­tums­ga­ran­tie (Art. 14 Abs. 1 GG) oder ein Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot des AGG, den Ehe­part­ner nach ei­ner Wie­der­hei­rat hin­sicht­lich der Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung bes­ser zu stel­len, wenn die­ser im Zeit­punkt des Ru­he­stand­s­ein­tritt mit dem ren­ten­be­rech­tig­ten Ar­beit­neh­mer ver­ehe­licht ge­we­sen war. Zu­dem ist kein Härte­fall nach § 13 VO ... zu er­ken­nen.

aa. Zunächst ist be­reits ei­ne Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gungs­be­rech­ti­gung der nun­meh­ri­gen Ehe­frau des Klägers über die Härte­fall­re­ge­lung des § 13 VO ... aus­zu­sch­ließen. Ein ir­gend­wie ge­ar­te­ter Härte­fall ist vor­lie­gend nicht zu er­ken­nen.

§ 13 VO ... lau­tet:

„In Härtefällen kann von den Be­stim­mun­gen der vor­lie­gen­den Ver­sor­gungs­ord­nung zu­guns­ten des Begüns­tig­ten ab­ge­wi­chen wer­den.“

Wel­che Fälle als Härte­fall an­zu­se­hen sein soll­ten oder als Härte­fall an­zu­se­hen sind, ist in der Re­ge­lung in der VO ... nicht aus­geführt oder an­ge­legt. Die Härte­fall­klau­sel ist nach An­sicht des Bun­des­ar­beits­ge­richts nichts an­de­res als ei­ne Aus­prägung ei­ner kon­kre­ten Bil­lig­keits­kon­trol­le. Sie grei­fe aus­ge­hend vom Maßstab des § 315 BGB dann kor­ri­gie­rend ein, wenn die je­wei­li­ge Re­ge­lung zwar ei­ner abs­trak­ten Bil­lig­keits­kon­trol­le standhält, den ein­zel­ner Ar­beit­neh­mer aber un­ter den be­son­de­ren Umständen des Ein­zel­fal­les in­fol­ge der ge­trof­fe­nen Re­ge­lung be­son­ders hart und un­verhält­nismäßig so­wie im Zwei­fel auch plan­wid­rig trifft. Es ge­he aber nicht an, die recht­lich zulässi­gen Ver­sor­gungs­grundsätze nachträglich mit Hil­fe von Härte­re­ge­lun­gen zu kor­ri­gie­ren (BAG v. 28. 3. 1995 – 3 AZR 343/94, NZA 1995, 1032, un­ter Rz. 30 [ju­ris]). Ein Härte­fall sei dann ge­ge­ben, „wenn ein Ar­beit­neh­mer über das an­ge­streb­te Re­ge­lungs­ziel hin­aus­ge­hend er­heb­lich nach­tei­lig von ei­ner be­schränken­den Re­ge­lung be­trof­fen wird, ob­wohl es bei ihm un­ter den be­son­de­ren Umständen des Ein­zel­fal­les aus­nahms­wei­se an dem fehlt, was Grund für die­se Re­ge­lung war“ (BAG v. 19. 2. 2002 – 3 AZR 99/01, NZA 2002, 1286, un­ter Rz. 29 [ju­ris]).

bb. Der Kläger hat kei­ne Ge­sichts­punk­te für ei­ne un­bil­li­ge Härte vor­ge­tra­gen, wenn sei­ne frühe­re und nun­meh­ri­ge Ehe­frau nicht (mehr) in den Ge­nuss der Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung käme. Vor­lie­gend können die bei Schaf­fung der Norm des § 13 VO ... an­ge­dach­ten Fälle ei­ner un­bil­li­gen Härte letzt­lich of­fen blei­ben. In dem Um­stand, dass die Ehe ei­ner zunächst hin­ter­blie­be­nen­ren­ten­be­rech­tig­ten Ehe­frau nach Ein­tritt des ren­ten­be­rech-

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tig­ten Ar­beit­neh­mers in den Ru­he­stand – oh­ne Ver­sor­gungs­aus­gleich – ge­schie­den wird und die Ehe­leu­te später ei­ne er­neu­te Ehe schließen, die für sich we­gen des erst nach Ru­he­stand­s­ein­tritt er­folg­ten Schlus­ses zu kei­ner Ren­ten­be­rech­ti­gung führt, stellt je­den­falls kei­ne un­bil­li­ge Härte dar. Die­se Si­tua­ti­on ist nicht durch äußere, ggf. vom Ar­beit­ge­ber zu ver­tre­ten­der Umstände, son­dern durch die pri­va­te Le­bensführung des Klägers und sei­ner frühe­ren und nun­meh­ri­gen Gat­tin be­dingt.

Im Fal­le ei­nes bei der Schei­dung am 7. Dez. 1993 durch­geführ­ten Ver­sor­gungs­aus­gleichs hätte die Ehe­frau des Klägers die dem Kläger aus­be­zahl­te Be­triebs­ren­te an­tei­lig (ggf. hälf­tig) über­tra­gen er­hal­ten. Ei­ne Über­tra­gung der An­wart­schaf­ten kam nicht mehr in Be­tracht, da der Ver­sor­gungs­aus­gleich ab­wei­chend von § 1564 Satz 2 BGB für die ge­sam­te nach § 1587 Abs. 2 BGB a.F. be­rech­ne­te Ehe­zeit, al­so vom Be­ginn des Mo­nats, in den die Ehe ge­schlos­sen wor­den war, bis zum Ab­lauf des Mo­nats, das dem Mo­nat, in dem rechts­kräftig über die Schei­dung ent­schie­den ist, vor­an­geht, durch­geführt wird. Auf die­sen hat die Ehe­frau des Klägers – aus wel­chen Gründen und Mo­ti­ven auch im­mer – ver­zich­tet. Da­mit war ent­schie­den, dass die Ehe­frau we­der ge­gen den Kläger noch nach des­sen Tod ge­gen die Be­klag­te ei­nen (verlänger­ten) schuld­recht­li­chen Ver­sor­gungs­aus­gleich er­wer­ben konn­te (§ 3b Nr. 1 VAHRG), ei­ne Ent­schei­dung, die nach­fol­gend nicht mehr zu Un­guns­ten der Be­klag­ten rückgängig ge­macht wer­den kann.

Wenn der Kläger ausführt, sei­ne nun­meh­ri­ge Gat­tin ha­be in der frühe­ren Ehe sei­ne ge­sam­te Be­rufs­ar­beit be­glei­tet, ihn im Pri­va­ten ent­las­tet und so kei­ne (nen­nens­wer­te) ei­ge­ne Al­ters­ver­sor­gung er­wor­ben, so mag dies zu­tref­fen. Die­se Umstände er­kennt das Bun­des­ar­beits­ge­richt – wor­auf er eben­so zu­tref­fend hin­weist – als be­rech­tig­te und an­er­ken­nens­wer­te Erwägung bei der Aus­ge­stal­tung der Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung an (BAG v. 19. 12. 2000, a.a.O., S. 1262). Al­ler­dings führt es eben nur aus, dass der Ar­beit­ge­ber bei Schaf­fung ei­ner Ver­sor­gungs­ord­nung auf die­se Kri­te­ri­en ab­stel­len kann, nicht dass er die­se (in be­stimm­ter Wei­se) berück­sich­ti­gen muss. Der Um­stand, dass die Ehe­frau des Klägers während sei­ner ge­sam­ten Tätig­keit für sei­ne Ar­beit­ge­be­rin mit ihm ver­hei­ra­tet war, stellt kein Kri­te­ri­um dar, da es für die Fra­ge der Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung nach der VO ... ge­ra­de kei­ner be­stimm­ten Ehe­dau­er be­darf und auch kei­ne be­stimm­te Ehe­dau­er in der Ver­sor­gungs­ord­nung vor­aus­zu­set­zen ge­we­sen wäre. Auf die Fra­ge der recht­li­chen Be­en­di­gung der Ehe ggf. be­reits vor Ein­tritt des Klägers in den Ru­he­stand (da­zu die Aus-

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führun­gen der Be­klag­ten im Schrift­satz vom 19. Jan. 2011, Sei­te 10, Bl. 220 d. A.), ist hier nicht ein­zu­ge­hen.

cc. Die Kon­se­quenz des Aus­schlus­ses der frühe­ren und nun­meh­ri­gen Ehe­frau des Klägers von der Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung ver­letzt nicht die Ei­gen­tums­ga­ran­tie des Art. 14 Abs. 1 GG.

aaa. Be­triebs­ren­ten­ansprüche rech­nen zu den durch Art. 14 GG geschütz­ten Rechts­po­si­tio­nen (BAG v. 24. 2. 2004 – 3 AZR 10/02, ju­ris; BAG 20. 4. 2004 – 3 AZR 266/02, ZTR 2005, 54; zur Dritt­wir­kung der Grund­rech­te im Rah­men des Be­triebs­ren­ten­rechts vgl. Höfer, Ge­setz zur Ver­bes­se­rung der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung, Lo­se­blatt, Stand 5/2008, ART Rz. 638 ff.), wenn­gleich die Reich­wei­te des Ei­gen­tums­schut­zes vom In­halt der rechts­geschäft­li­chen oder nor­ma­ti­ven Ver­sor­gungs­re­ge­lun­gen abhängt. Nicht geschützt sind bloße Chan­cen und Er­war­tun­gen. Die Aus­ge­stal­tung der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung un­ter­liegt der Ent­schei­dungs­be­fug­nis der Ar­beits­ver­trags­par­tei­en, der Be­triebs­part­ner, der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en oder des Ge­setz­ge­bers; über die ein­geräum­ten Ansprüche hin­aus ge­hen­de Rechts­po­si­tio­nen sind durch Art. 14 GG nicht gewähr­leis­tet (BAG v. 24. 2. 2004 – 3 AZR 10/02, ju­ris; BAG v. 22. 2. 2000 – 3 AZR 108/99, NZA 2002, 36).

bbb. Die An­wart­schaft auf ein be­trieb­li­ches Ru­he­geld kann grundsätz­lich der Ei­gen­tums­ga­ran­tie un­ter­fal­len (of­fen ge­las­sen BVerfG v. 3. 12. 1998 – 1 BvR 2262/96, NZA-RR 1999, 204, zum Ham­bur­ger Ru­he­geld­ge­setz). Doch selbst wenn man das An­wart­schafts­recht hin­sicht­lich der Ru­he­geld­zu­sa­ge an den Ar­beit­neh­mer we­gen ih­res Ent­gelt­cha­rak­ters der Ei­gen­tums­ga­ran­tie des Art. 14 GG un­ter­stellt, muss dies nicht in glei­cher Wei­se für die eben­so zu­ge­sag­te Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung gel­ten. Letzt­lich kann die­se Fra­ge aber of­fen blei­ben. Denn die Aus­ge­stal­tung der Be­triebs­ren­te, wie auch der Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung er­folgt durch die Ver­sor­gungs­zu­sa­ge, hier durch die VO .... Das An­wart­schafts­recht kann al­lein in dem Um­fang und der Aus­ge­stal­tung zur Ent­ste­hung ge­lan­gen, wie die Zu­sa­ge er­folgt war. Die­se war, wie vor­her aus­geführt, nur der mit dem ren­ten­be­rech­tig­ten Ar­beit­neh­mer in ei­ner Ehe ver­bun­de­nen Gat­tin für den Fall zu­ge­sagt, dass die Ehe bei Ein­tritt des Ar­beit­neh­mers (hier: des Klägers) in den Ruh­stand ge­schlos­sen war und bei des­sen Ab­le­ben be­steht; dar­an fehlt es hier. Denn nach der die Hin­ter­blie­ben­ver­sor­gung in­halt­lich aus­ge­stal­ten­den Ver­sor­gungs­zu­sa­ge verfällt die­se bzw. die dar­auf ge-

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rich­te­te An­wart­schaft ge­ra­de bei ei­ner Schei­dung der Ehe oh­ne Durchführung ei­nes Ver­sor­gungs­aus­glei­ches.

Da­ne­ben darf auch nicht über­se­hen wer­den, dass die Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung je­doch nicht in glei­cher Wei­se den Be­stands­schutz des Art. 14 GG in An­spruch neh­men kann. Die­se stellt, wor­auf der Be­klag­te zu­tref­fend hin­weist, nur ein – so­zi­al erklärba­res – Ne­ben­recht aus der ver­spro­che­nen Be­triebs­ren­te dar. Al­lein die dem Ar­beit­neh­mer zu­ge­sag­te Be­triebs­ren­te be­sitzt un­mit­tel­ba­ren Ent­gelt­cha­rak­ter, nicht aber auch die Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung. Denn auch der nicht ver­hei­ra­te­te Ar­beit­neh­mer er­wirbt durch sei­ne Tätig­keit ei­ne An­wart­schaft auf die­sel­be Be­triebs­ren­te in der­sel­ben Höhe, wie ein ver­gleich­ba­rer ver­ehe­lich­ter Kol­le­ge (vgl. da­zu auch Höfer, a.a.O. Rz. 648 und nach­fol­gend dd.).

dd. Eben­so ist da­durch Art. 6 Abs. 1 GG nicht tan­giert. Da­durch ist un­ter­sagt, die Ehe zu schädi­gen oder in sons­ti­ger Wei­se zu be­ein­träch­ti­gen. Durch ei­ne Späte­hen­klau­sel, auch durch ei­ne Klau­sel, wie die vor­lie­gen­de, ge­schieht den Ehe­gat­ten kein Nach­teil, den sie oh­ne die Hei­rat nicht ge­habt hätten. Die Ver­sor­gungs­ansprüche des Be­triebs­rent­ners blei­ben un­ge­schmälert. Das Aus­blei­ben ei­nes ursprüng­lich er­hoff­ten Vor­teils – hier: für die Ehe­frau – ist kein recht­li­cher Nach­teil (BAG v. 26. 8. 1997, 19. 12. 2000, 28. 7. 2005, je­weils a.a.O.).

Ein Ein­griff in den geschütz­ten Be­reich der Ehe ist, ent­ge­gen der An­sicht des Klägers, auch vor­lie­gend nicht ge­ge­ben. Die da­ma­li­ge und heu­ti­ge Ehe­frau des Klägers ver­liert mit der Späte­hen­klau­sel der VO ... kei­ne er­dien­ten Rech­te oh­ne recht­fer­ti­gen­den Grund. Denn ei­ne von Art. 6 Abs. 1 GG nicht ge­for­der­te Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung kann un­ter ein­schränken­den Vor­aus­set­zun­gen gewährt wer­den (Höfer, a.a.O., Rz. 647 m.w.N.) und war hier un­ter der­ar­ti­gen Ein­schränkun­gen (Ehe­sch­ließung vor Ru­he­stand­s­ein­tritt und Be­stand der Ehe bei Ab­le­ben des ren­ten­be­rech­tig­ten Ar­beit­neh­mers, § 9 Abs. 1 Satz 2 VO ...) gewährt wor­den. Die­se Vor­aus­set­zun­gen erfüllt die frühe­re und der­zei­ti­ge Ehe­frau des Klägers nicht und kann sie in­fol­ge der Schei­dung der frühe­ren Ehe auch nicht mehr erfüllen. Der da­mit ver­bun­de­ne Ver­lust ih­rer Hin­ter­blie­be­nen­ren­ten­be­rech­ti­gung stellt al­ler­dings, wie der Be­klag­te zu­tref­fend ausführt, kei­ne Sys­tem­wid­rig­keit der Ver­sor­gungs­zu­sa­ge, son­dern die bloße Fol­ge der er­folg­ten und we­der dem Ar­beit­ge­ber noch dem Be­klag­ten zu­zu­rech­nen­den Schei­dung oh­ne Durchführung ei­nes Ver­sor­gungs­aus­glei­ches dar.

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ee. Sch­ließlich ist, ent­ge­gen der An­sicht des Klägers, kein Ver­s­toß der VO ... ge­gen den ar­beits­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz bzw. Art. 3 Abs. 1 GG zu er­ken­nen.

aaa. Der ar­beits­recht­li­che Gleich­be­hand­lungs­grund­satz ist auch im Rah­men der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung – un­abhängig von sei­ner dog­ma­ti­schen Her­lei­tung (vgl. BAG v. 28. 7. 1992 – 3 AZR 173/92, NZA 1993, 215, aus Art. 3 Abs. 1 GG; BAG 25. 8. 1982 – 5 AZR 107/80, BB 1982, 1921, aus Art. 3 Abs. 2 GG und Art. 3 Abs. 3 GG; vgl. da­zu Höfer, a.a.O., Rz. 657 auch zu wei­te­ren Her­lei­tungs­be­gründun­gen) – zu be­ach­ten (vgl. § 1b Abs. 1 Satz 4 Be­trAVG). Er ge­bie­tet Glei­ches gleich und Un­glei­ches nach sei­ner Ei­gen­art un­gleich zu be­han­deln (BAG v. 5. 10. 1993 – 3 AZR 695/92, NZA 1995, 30; vgl. auch BAG v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 277/07, NZA-RR 2009, 153). Die­se Aus­sa­ge ist ge­prägt durch das Willkürver­bot. Da­durch ist aus­ge­schlos­sen, dass glei­che Sach­ver­hal­te willkürlich, d.h. oh­ne sach­li­chen Grund, un­gleich be­han­delt wer­den. Ein Ar­beit­neh­mer darf in­ner­halb ei­ner ob­jek­tiv ab­grenz­ba­ren Grup­pe nicht willkürlich von ei­ner nach ei­nem all­ge­mei­nen Prin­zip gewähr­ten frei­wil­li­gen Leis­tung aus­ge­nom­men oder hin­sicht­lich die­ser schlech­ter ge­stellt wer­den. Das Vor­lie­gen des Sach­grun­des be­misst sich nach dem Leis­tungs­zweck (Höfer, a.a.O., Rz. 658 f.).

Ein der­ar­ti­ger sach­wid­ri­ger Aus­schluss der Ehe­frau des Klägers von ei­ner Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung ist al­ler­dings nicht fest­zu­stel­len. Der Um­stand, dass auch bei sehr kur­zer Ehe während der ak­ti­ven Zeit ei­nes ren­ten­be­rech­tig­ten Ar­beit­neh­mers ei­ne Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung zu er­war­ten ist, während die Ehe­frau, die während der ge­sam­ten Tätig­keit des ren­ten­be­rech­tig­ten Ar­beit­neh­mers für den Ar­beit­ge­ber, der die Ver­sor­gungs­zu­sa­ge er­teilt hat bzw. auf­recht erhält, und auch bei Ru­he­stand­s­ein­tritt des Klägers mit die­sem ver­hei­ra­tet ge­we­sen war, kei­ne Ver­sor­gung zu er­war­ten hat, stellt kei­nen Ver­s­toß ge­gen den Gleich­heits­satz dar. Für die Ab­gren­zung nicht begüns­tig­ter und begüns­tig­ter Per­so­nen im Rah­men ei­nes Be­triebs­ren­ten­sys­tems be­steht ei­ne Viel­zahl sach­li­cher Dif­fe­ren­zie­rungs­gründe (Höfer, a.a.O., Rz. 659), eben­so im Rah­men ei­ner gewähr­ten be­trieb­li­chen Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung (da­zu Höfer, a.a.O., Rz. 879 ff.).

Wie be­reits aus­geführt, ist der die Ver­sor­gung Ver­spre­chen­de be­rech­tigt, ei­ne (frei­wil­lig) ein­geräum­te Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung durch Aus­schluss so ge­nann­ter Ver­sor­gungs­ehen in den zu er­war­ten­den Auf­wen­dun­gen über­schau­bar zu hal­ten. Da­bei hat er im Rah­men der Ver­trags­frei­heit ei­nen Er­mes­sen­spiel­raum, auf wel­che Wei­se die Be­gren-

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zung der Ver­sor­gungs­ansprüche er­fol­gen soll, sei es durch Auf­nah­me ei­ner Späte­hen­lau­sel (da­zu oben II. 2. c.), durch Fest­set­zung ei­ner be­stimm­ten Ehe­dau­er als Vor­aus­set­zung für den Er­halt von Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gungs­ansprüchen (et­wa BAG v. 11. 8. 1987, a.a.O.), etc. Wie oben (II. 2. c.) aus­geführt, sind Späte­he­klau­seln, wel­che Ehe­gat­ten von ei­ner Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung aus­neh­men, die den Ar­beit­neh­mer erst nach Er­rei­chen ei­nes be­stimm­ten Al­ters oder nach des­sen Ein­tritt in den Ru­he­stand ge­ehe­licht ha­ben, von der Gewährung ei­ner Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung aus­neh­men, statt­haft (da­zu auch Höfer, a.a.O., Rz. 886 m.w.N.). De­ren Aus­ge­stal­tung ob­liegt dem Schuld­ner der Ver­sor­gung. So kann die­ser – wie hier – ei­ne bloße Späte­hen­klau­sel vor­se­hen, bei der die Ehe noch während der ak­ti­ven Tätig­keit des ren­ten­be­rech­tig­ten Ar­beit­neh­mers ab­ge­schlos­sen sein muss; er kann die­se aber auch mit ei­ner Min­deste­he­dau­er kop­peln, wo­zu der Kläger zu nei­gen scheint. Zu ei­ner Ver­bin­dung meh­re­rer sach­li­cher Kri­te­ri­en zur Ein­schränkung der Leis­tungs­pflicht ist der Ver­sor­gungs­schuld­ner aber kei­nes­wegs ver­pflich­tet. Im Un­ter­las­sen ei­ner der­ar­ti­gen Ver­knüpfung liegt dem­zu­fol­ge kei­ne den ar­beits­recht­li­chen Gleich­heits­satz ver­let­zen­de Un­gleich­be­hand­lung.

bbb. Nach dem Vor­ste­hen­den (vor­ste­hend aaa.) ist auch Art. 3 Abs. 1 GG nicht un­mit­tel­bar ver­letzt.

ff. Letzt­end­lich liegt im Aus­schluss der Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung bei ei­ner erst nach Ru­he­stand­s­ein­tritt des ver­sor­gungs­be­rech­tig­ten Ar­beit­neh­mers ge­schlos­se­nen Ehe nach § 9 Abs. 1 Satz 2 VO ... we­der ei­ne un­mit­tel­ba­re noch ei­ne mit­tel­ba­re Be­nach­tei­li­gung der Ehe­frau des Klägers nach § 7 Abs. 2 AGG vor.

aaa. Nach § 7 Abs. 2 AGG sind Ver­ein­ba­run­gen, ein­ge­schlos­sen so­wohl Ge­samt­zu­sa­gen als auch Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen, wel­che das Be­nach­tei­li­gungs­ver­bot des § 7 Abs. 1 AGG ver­let­zen, un­wirk­sam. Hier­nach dürfen Beschäftig­te nicht we­gen ei­nes in § 1 AGG ge­nann­ten Grun­des (z.B. Al­ter oder Ge­schlecht) be­nach­tei­ligt wer­den. Die­se Re­ge­lun­gen fin­den trotz der Ver­wei­sung in § 2 Abs. 2 Satz 2 AGG auch im Be­triebs­ren­ten­recht An­wen­dung, so­fern das Be­triebs­ren­ten­ge­setz kei­ne vor­ran­gig zu be­ach­ten­de Son­der­re­ge­lung enthält (BAG v. 20. 4. 2010, a.a.O., un­ter Rz. 62 [ju­ris] m.w.N.), was vor­lie­gend nicht ge­ge­ben ist. Auch in zeit­li­cher Hin­sicht ist das Ge­setz an­zu­wen­den, da un­ter sei­nem zeit­li­chen Gel­tungs­be­reich zwi­schen dem Ver­sor­gungs­be­rech­tig­ten (Kläger) und dem Ver­sor­gungs­schuld­ner ein Rechts­verhält­nis (Ver­sor­gungs­verhält­nis) be­stan­den hat­te, das

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nicht not­wen­dig ein Ar­beits­verhält­nis ge­we­sen sein muss­te (BAG v. 20. 4. 2010, a.a.O., un­ter Rz. 63 [ju­ris]; of­fen noch BAG v. 14. 1. 2009 – 3 AZR 20/07, NZA 2009, 489). Fer­ner­hin fin­det das AGG nicht al­lein für ak­ti­ve Ar­beit­neh­mer und für an­de­re Beschäftig­te, son­dern auch für Per­so­nen, de­ren Beschäfti­gungs­verhält­nis be­en­det ist, An­wen­dung (§ 6 Abs. 1 AGG; vgl. BAG v. 15. 9. 2009, un­ter Rz. 28. 37 [ju­ris], 20. 4. 2010, un­ter Rz. 63 [ju­ris], je­weils a.a.O.).

bbb. Die ein­schränken­de Vor­aus­set­zung in § 9 Abs. 1 Satz 2 VO ..., dass für den An­spruch auf Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung die Ehe vor Ein­tritt des Klägers in den Ru­he­stand ge­schlos­sen wor­den sei und – hier: hy­po­the­tisch – bei des­sen Tod be­ste­hen muss, be­deu­tet kei­ne un­zulässi­ge un­mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters. Ei­ne un­mit­tel­ba­re Be­nach­tei­li­gung läge nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG al­lein dann vor, wenn ei­ne Per­son we­gen ei­nes der in § 1 AGG ge­nann­ten Grun­des an­ders (schlech­ter) be­han­delt wird oder würde, als ei­ne an­de­re Per­son in ver­gleich­ba­ren Si­tua­ti­on. Dies ist vor­lie­gend nicht der Fall, da die Re­ge­lung in § 9 Abs. 1 Satz 2 VO ... we­der an das Le­bens­al­ter an­knüpft noch un­mit­tel­bar auf die­sem Merk­mal be­ruht.

Da­ne­ben schei­det aber auch die un­mit­tel­ba­re Be­nach­tei­li­gung we­gen des Merk­mals des Al­ters aus. Ei­ne sol­che läge nach § 3 Abs. 2 AGG dann vor, wenn ei­ne an sich neu­tra­le Re­ge­lung Per­so­nen we­gen in § 1 AGG ge­nann­ter Gründe in be­son­de­rer Wei­se ge­genüber an­de­ren be­nach­tei­li­gen könn­ten und die­se Re­ge­lun­gen nicht durch rechtmäßige Zie­le sach­lich ge­recht­fer­tigt und die Mit­tel zur Er­rei­chung der Zie­le nicht an­ge­mes­sen und er­for­der­lich sind (BAG v. 20. 4. 2010, a.a.O., un­ter Rz 67 [ju­ris]). Aus­rei­chend zur An­nah­me ei­ner mit­tel­ba­ren Be­nach­tei­li­gung we­gen des Al­ters im Sin­ne von § 3 Abs. 2 AGG ist, dass das Kri­te­ri­um ty­pi­scher­wei­se ge­eig­net ist, ei­ne be­stimm­te Al­ters­grup­pe zu be­nach­tei­li­gen, oh­ne dass es ei­nes sta­tis­ti­schen Nach­wei­ses ei­ner tatsächli­chen Be­nach­tei­li­gung be­darf (BAG v. 20. 4. 2010, a.a.O., un­ter Rz. 68]). Ei­ne even­tu­ell an­zu­neh­men­de mit­tel­ba­re Un­gleich­be­hand­lung kann durch ein rechtmäßiges Ziel, ein­ge­schlos­sen von der Rechts­ord­nung an­er­kann­te Gründe für die Ver­wen­dung des neu­tra­len Kri­te­ri­ums, und die Wahl verhält­nismäßiger – ge­eig­ne­ter und er­for­der­li­cher – Mit­tel zu sei­ner Durch­set­zung ge­recht­fer­tigt sein (§ 3 Abs. 2 2. Halbs. AGG; BAG 20. 4. 2010, a.a.O., un­ter Rz. 69 [ju­ris]; BAG v. 18. 8. 2009 – 1 ABR 47/08, NZA 2010, 222, un­ter Rz. 30 f. [ju­ris]).

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Nach dem Vor­ste­hen­den stellt die neu­tra­le For­mu­lie­rung der er­for­der­li­chen Ehe­sch­ließung vor Ein­tritt des Ar­beit­neh­mers in den Ru­he­stand in § 9 Abs. 1 Satz 2 VO ... kei­ne mit­tel­ba­re Be­nach­tei­li­gung der Ehe­frau des Klägers we­gen des Al­ters dar. Denn das auf­ge­stell­te Er­for­der­nis der Ehe­sch­ließung noch während der ak­ti­ven Zeit des ru­he­geld­be­rech­tig­ten Ar­beit­neh­mers ist durch ein rechtmäßiges Ziel sach­lich ge­recht­fer­tigt. § 9 Abs. 1 Satz 2 VO ... will mit die­ser ein­schränken­den Vor­aus­set­zung er­kenn­bar er­rei­chen, dass die Leis­tungs­pflich­ten des Ar­beit­ge­bers auf Ri­si­ken be­grenzt wer­den, die be­reits während des Ar­beits­verhält­nis­ses an­ge­legt wa­ren, was als rechtmäßig i.S. § 3 Abs. 2 2. Halbs. AGG an­zu­se­hen ist. Denn der Ar­beit­ge­ber ent­schei­det frei über die Einführung ei­ner von ihm fi­nan­zier­ten be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung und, führt er ei­ne sol­che ein, auch über de­ren Um­fang, d.h. über die Ver­sor­gungsfälle nach § 1 Abs.- 1 Be­trAVG, für die er Leis­tun­gen zu­sa­gen will und wie hoch er die­se do­tie­ren möch­te. Es liegt in sei­ner frei­en Ent­schei­dung, Leis­tun­gen der Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung zu ver­spre­chen. Dem­zu­fol­ge ist er eben­so be­rech­tigt, die ein­geführ­te Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung von zusätz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen, wie et­wa der Ehe­sch­ließung vor Ru­he­stand­s­ein­tritt, abhängig zu ma­chen und auf die­se Wei­se be­stimm­te Grup­pen von Hin­ter­blie­be­nen der Ar­beit­neh­mer von die­ser Ver­sor­gung aus­zu­sch­ließen(BAG 20. 4. 2010, a.a.O., un­ter Rz. 74 [ju­ris]; BAG 19. 2. 2002, a.a.O., un­ter Rz. 24 ff. [ju­ris]; BAG 19. 12. 2000, a.a.O., un­ter Rz. 27 [ju­ris]; BAG v. 11. 8. 1987, a.a.O., un­ter Rz. 28 [ju­ris]). Ge­ra­de im Be­reich der Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung lie­ge, wie das Bun­des­ar­beits­ge­richt in sei­ner Ent­schei­dung vom 20. 4. 2010 (a.a.O., un­ter Rz. 75 [ju­ris]) ausführt, zur Be­gren­zung des Krei­ses an­spruchs­be­rech­tig­ter Drit­ter, die Einführung zusätz­li­cher an­spruchs­be­gründen­der oder be­son­de­re an­spruchs­aus­sch­ließen­der Merk­ma­le na­he, da ein da­hin­ge­hen­des Leis­tungs­ver­spre­chen zusätz­li­che Unwägbar­kei­ten und Ri­si­ken mit sich brin­ge. Die­se beträfen nicht nur den Zeit­punkt des Leis­tungs­fal­les, son­dern auch die Dau­er der Leis­tungs­er­brin­gung. Vor die­sem Hin­ter­grund ha­be der Ar­beit­ge­ber ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se dar­an, die mit der Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung ver­bun­de­nen zusätz­li­chen Ri­si­ken ein­zu­schränken und so kal­ku­lier­bar zu hal­ten (eben­so be­reits BAG v. 27. 6. 2006 – 3 AZR 352/05 (A), NZA 2006, 1276, un­ter Rz. 15 [ju­ris]; BAG 28. 7. 2005, a.a.O., un­ter Rz. 36 [ju­ris]).

Die Vor­aus­set­zung ei­ner vor dem Aus­schei­den des ren­ten­be­rech­tig­ten Ar­beit­neh­mers ge­schlos­se­nen Ehe ist zur Er­rei­chung des Ziels an­ge­mes­sen und er­for­der­lich. Die Zu­sa­ge der Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung sei, wie das Bun­des­ar­beits­ge­richt (Urt. v. 20. 4. 2010, a.a.O., un­ter Rz. 77 [ju­ris] m.w.N.), wei­ter ausführt und was die Kam­mer teilt, Teil ei­ner

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um­fas­sen­den Ver­sor­gungs­re­ge­lung. Sie die­ne da­zu, den Ar­beit­neh­mer in der Sor­ge um die fi­nan­zi­el­le La­ge sei­ner Hin­ter­blie­be­nen zu ent­las­ten. Die Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung knüpfe an das ty­pi­sier­te Ver­sor­gungs­in­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers an. Auch des­we­gen könne es dem Ver­sor­gungs­schuld­ner – un­abhängig von ver­si­che­rungs­ma­the­ma­ti­schen Erwägun­gen, die für den Um­fang der zu bil­den­den Rück­stel­lun­gen be­deut­sam sei­en – nicht un­ter­sagt wer­den, die frei­wil­lig ein­geführ­te Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung auf ei­nen Per­so­nen­kreis zu be­schränken, hin­sicht­lich des­sen der Ver­sor­gungs­be­darf be­reits während des lau­fen­den Ar­beits­verhält­nis­ses an­ge­legt war. Das En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses sei für den Ver­sor­gungs­schuld­ner ei­ne we­sent­li­che Zäsur und da­mit ein sach­ge­rech­ter An­knüpfungs­punkt für Re­ge­lun­gen der Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung. Die Le­bens­ge­stal­tung des Ar­beit­neh­mers nach Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses, auf dem die Ver­sor­gungs­zu­sa­ge be­ruht, könne un­berück­sich­tigt blei­ben, ins­be­son­de­re des­halb, weil bei der Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung der Kreis der Begüns­tig­ten in der Ver­sor­gungs­zu­sa­ge aus­drück­lich fest­zu­le­gen sei.

Dies muss nach An­sicht der er­ken­nen­den Kam­mer in glei­cher Wei­se gel­ten, wenn die Ehe, die während des be­stan­de­nen Ar­beits­verhält­nis­ses be­reits ge­schlos­sen war, nach­fol­gend ge­schie­den wird, die Ehe­gat­ten aber später er­neut ei­ne Ehe ein­ge­hen. Auch die­se späte­re, er­neu­te Ehe war während des Be­stan­des nicht an­ge­legt. Mit der Schei­dung der frühe­ren Ehe war für den Ver­sor­gungs­schuld­ner die Ver­wirk­li­chung des (frei­wil­lig) über­nom­me­nen Ri­si­kos, Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung leis­ten zu müssen, be­en­det. Die Ein­ge­hung der er­neu­ten Ehe be­deu­tet dann kei­ne Wie­der­her­stel­lung ei­nes früher be­stan­de­nen Zu­stan­des, son­dern er­wei­tert das durch die Schei­dung veränder­ten – auch kal­ku­la­to­ri­schen – Ri­si­kos des Ver­sor­gungs­schuld­ners.

ccc. Die Ein­schränkung der Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung auf Ehe­gat­ten, mit de­nen der ren­ten­be­rech­tig­te die Ehe noch vor Ru­he­stand­s­ein­tritt ge­schlos­sen hat­te, führt eben­so zu kei­ner un­zulässi­gen Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Ge­schlechts. Das Merk­mal der Ehe­sch­ließung vor dem Ren­ten­ein­tritt des ren­ten­be­rech­tig­ten Ar­beit­neh­mers ist im Hin­blick auf das Merk­mal des „Ge­schlechts“ als neu­tra­les Kri­te­ri­um for­mu­liert, wes­we­gen al­lein ei­ne mit­tel­ba­re Be­nach­tei­li­gung in Be­tracht kommt (§ 3 Abs. 2 AGG). Wie schon in der Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts v. 20. 4. 2010 (a.a.O., un­ter Rz. 79 [ju­ris]) sind auch hier kei­ne An­halts­punk­te für ei­ne stärke­re Be­trof­fen­heit des ei­nen als des an­de­ren Ge­schlechts er­sicht­lich. Zu­dem ist auch hier aus den vor­ste­hen­den Erwägun­gen (vors­te-

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hend bbb.) zur An­ge­mes­sen­heit und Er­for­der­lich­keit die­ses Kri­te­ri­ums im Rah­men des Ver­sor­gungs­ver­spre­chens aus.

III. Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

IV. Die Re­vi­si­on war we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG) zu­zu­las­sen.

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