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BAG, Ur­teil vom 27.01.2016, 5 AZR 9/15

   
Schlagworte: Wiedereinstellung, Vertragsangebot
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 5 AZR 9/15
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 27.01.2016
   
Leitsätze: Führt bei rückwirkender Begründung des Arbeitsverhältnisses die bisher fehlende arbeitsvertragliche Bindung zur Unmöglichkeit der Arbeitsleistung in der Vergangenheit, ist der Arbeitgeber hierfür regelmäßig nicht verantwortlich iSv. § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB, wenn ihm der Arbeitnehmer den zur Verwirklichung seines Rückkehrrechts erforderlichen Abschluss eines Arbeitsvertrags nicht angetragen, sondern von ihm nur die Abgabe eines Vertragsangebots verlangt hat.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Leipzig, Urteil vom 28.03.2014 - 10 Ca 4144/12
Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 28.11.2014 - 3 Sa 232/14
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

5 AZR 9/15
3 Sa 232/14
Säch­si­sches
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am
27. Ja­nu­ar 2016

UR­TEIL

Klei­nert, Ur­kunds­be­am­tin
der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Be­klag­te, Be­ru­fungskläge­rin, Re­vi­si­onskläge­rin und An­schluss­re­vi­si­ons­be­klag­te,

pp.

Kläger, Be­ru­fungs­be­klag­ter, Re­vi­si­ons­be­klag­ter und

An­schluss­re­vi­si­onskläger,

hat der Fünf­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 27. Ja­nu­ar 2016 durch den Vi­ze­präsi­den­ten des Bun­des­ar­beits­ge­richts Dr. Müller-Glöge, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Biebl, die

 

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Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt We­ber so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Krem­ser und Pol­lert für Recht er­kannt:

1. Auf die Re­vi­si­on der Be­klag­ten wird das Ur­teil des Säch­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 28. No­vem­ber 2014 - 3 Sa 232/14 - un­ter Zurück­wei­sung der An­schluss­re­vi­si­on des Klägers teil­wei­se auf­ge­ho­ben, so-weit es die Be­ru­fung der Be­klag­ten zurück­ge­wie­sen hat.

2. Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Leip­zig vom 28. März 2014 - 10 Ca 4144/12 - ab­geändert.

Die Kla­ge wird ins­ge­samt ab­ge­wie­sen.

3. Der Kläger hat die Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über Vergütung für den Zeit­raum Au­gust 2009 bis Mai 2013.

Der Kläger war seit Ju­ni 1991 bei der Be­klag­ten und ih­rer Rechts­vorgänge­rin beschäftigt. Anläss­lich der Aus­glie­de­rung des Breit­band­ka­bel­geschäfts be­ur­laub­te die Be­klag­te ihn. Gleich­zei­tig be­gründe­te der Kläger ein Ar­beits­verhält­nis mit der K D V S GmbH & Co. KG (im Fol­gen­den KDVS). Mit Auf-lösungs­ver­trag vom 30. April 2005 be­en­de­ten die Par­tei­en ihr Ar­beits­verhält­nis ein­ver­nehm­lich zum 31. De­zem­ber 2005. Sie ver­ein­bar­ten ein zeit­lich be­grenz­tes Rück­kehr­recht nach Maßga­be der zwi­schen der Be­klag­ten, der Ge­werk­schaft ver.di und meh­re­ren Ka­bel­ge­sell­schaf­ten (dar­un­ter der KDVS) ge­schlos­se­nen „Schuld­recht­li­chen Ver­ein­ba­rung vom 8. April 2005“ (im Fol­gen­den SV). Die­se lau­tet aus­zugs­wei­se:

„1. Die D T AG räumt den Ar­beit­neh­mern ein­zel­ver­trag­lich ein Rück­kehr­recht zur D T AG ein

 

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a. in­ner­halb ei­nes Zeit­raums von 24 Mo­na­ten (be­rech­net ab dem 1. Ja­nu­ar 2004) oh­ne das Vor­lie­gen be­son­de­rer Gründe (all­ge­mei­nes Rück-kehr­recht),

b. nach Ab­lauf des all­ge­mei­nen Rück­kehr­rechts für wei­te­re 36 Mo­na­te ein Rück­kehr­recht un­ter be­son­de­ren Be­din­gun­gen (be­son­de­res Rück-kehr­recht).

...

2. Be­son­de­re Be­din­gun­gen (im Sin­ne des Ab­sat­zes 1.b) lie­gen vor, wenn

a. das Ar­beits­verhält­nis un­ter Ein­hal­tung der Vor­aus­set­zun­gen des § 1 Ab­satz 2 ff KSchG aus drin­gen­den be­trieb­li­chen Gründen wirk­sam ge-kündigt wird

oder ...

3. Der Ar­beit­neh­mer kann von sei­nem Rück­kehr­recht nach der Zif­fer 1 frühes­tens 6 Mo­na­te nach Be­ginn des Rück­kehr­zeit­raums für das all­ge­mei­ne Rück­kehr­recht Ge­brauch ma­chen. Es ist bei dem Rück-kehr­recht nach Zif­fern 1 a. und b. ei­ne Ankündi­gungs­frist von 3 Mo­na­ten ein­zu­hal­ten. Im Fal­le des be­son­de­ren Rück­kehr­rechts nach Zif­fer 1 b. i.V.m. 2 a. fin­det ei­ne Rück­kehr je­doch erst nach Ab­lauf der für den Ar­beit­ge­ber (Ka­bel­ge­sell­schaft bzw. Rechts­nach­fol­ger) gel­ten­den je­wei­li­gen in­di­vi­du­el­len Kündi­gungs­frist statt, so­weit die­se länger ist, als die drei­mo­na­ti­ge Ankündi­gungs­frist.“

Am 9. De­zem­ber 2008 kündig­te die KDVS das Ar­beits­verhält­nis des Klägers we­gen Weg­falls sei­nes Ar­beits­plat­zes außer­or­dent­lich un­ter Ein­hal­tung ei­ner so­zia­len Aus­lauf­frist. Im Kündi­gungs­schutz­pro­zess ei­nig­ten sich der Kläger und die KDVS auf die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses mit Ab­lauf des 31. Ju­li 2009.

Mit Schrei­ben vom 10. De­zem­ber 2008 kündig­te der Kläger an, von sei­nem be­son­de­ren Rück­kehr­recht Ge­brauch zu ma­chen. Die Be­klag­te lehn­te ab.

Am 19. Ja­nu­ar 2009 reich­te der Kläger beim Ar­beits­ge­richt ei­ne Kla­ge mit dem An­trag ein:

 

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Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, dem Kläger mit Wir­kung vom 1. Au­gust 2009 ein An­ge­bot auf Ab­schluss ei­nes Ar­beits­ver­trags zu un­ter­brei­ten, wo­nach der Kläger als voll­zeit­beschäftig­ter Ar­beit­neh­mer in Vergütungs­grup­pe T 7 Stu­fe 4 nach § 10 des Ent­gelt­rah­men­ta­rif­ver­tra­ges zu beschäfti­gen ist und die Ta­rif­verträge der D T AG in ih­rer je­wei­li­gen Fas­sung als un­mit­tel­bar zwi­schen den Par­tei­en ver­ein­bart gel­ten.

Am 8. Ju­li 2009 bot der Kläger der Be­klag­ten schrift­lich sei­ne Ar­beits­kraft ab dem 1. Au­gust 2009 an.

Das Ar­beits­ge­richt gab der Kla­ge statt. Mit Schrift­satz vom 29. No­vem­ber 2012 erklärte der Kläger, er neh­me das vom Ar­beits­ge­richt aus-ge­ur­teil­te Ver­trags­an­ge­bot an. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt wies die Be­ru­fung der Be­klag­ten zurück. Die Ent­schei­dung ist seit dem 26. April 2013 rechts­kräftig. Am 9. Mai 2013 un­ter­zeich­ne­te der Kläger ei­nen ihm von der Be­klag­ten vor­ge­leg­ten „An­stel­lungs­ver­trag für ta­rif­li­che Ar­beit­neh­mer vom 7. Mai 2013“ (im Fol­gen­den AV 7./9. Mai 2013). Dar­in heißt es ua.:

„Präam­bel

Auf der Ba­sis der Schuld­recht­li­chen Ver­ein­ba­rung vom 08.04.2005 zwi­schen der D T AG, den Ka­bel­ge­sell­schaf-ten und der Ver­ein­ten Dienst­leis­tungs­ge­werk­schaft ver.di zu Rück­kehr­rech­ten der zu den Ka­bel­ge­sell­schaf­ten ge-wech­sel­ten Ar­beit­neh­mer steht dem Ar­beit­neh­mer ein Wie­der­ein­stel­lungs­an­spruch bei der D T AG zu. Die­ser An­spruch wur­de in dem Ver­fah­ren - AZ - vor dem Ar­beits­ge­richt L aus­ge­ur­teilt.

Der nach­ste­hen­de Ar­beits­ver­trag re­gelt ab­sch­ließend die Be­din­gun­gen des auf der Grund­la­ge des Wie­der­ein­stel­lungs­an­spru­ches wie­der zu be­gründen­den Ar­beits­verhält­nis­ses.

§ 1 Tätig­keit

1. Sie wer­den für die Ge­sell­schaft als Ar­beit­neh­mer in L tätig.

2. Die Ge­sell­schaft ist - nach Abwägung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen - be­rech­tigt, Ih­nen auch ei­ne an­de­re, Ih­ren Fähig­kei­ten und Kennt­nis­sen ent­spre­chen­de, min­des­tens gleich­wer­ti­ge Tätig­keit zu über­tra­gen und Sie im Un­ter­neh­men der Ge­sell­schaft an ei­nem an­de­ren Ort in­ner­halb der Bun­des­re­pu­blik Deutsch-

 

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land zu beschäfti­gen.

§ 2 Be­ginn und Dau­er des An­stel­lungs­verhält­nis­ses

Das An­stel­lungs­verhält­nis be­ginnt am 01.08.2009 und gilt un­be­fris­tet.“

Auf der Grund­la­ge des AV 7./9. Mai 2013 wird der Kläger seit dem 1. Ju­ni 2013 beschäftigt und vergütet.

Der Kläger hat gel­tend ge­macht, die Be­klag­te sei we­gen An­nah­me­ver­zugs zur Zah­lung ver­pflich­tet. Das wie­der­hol­te An­ge­bot sei­ner Ar­beits­leis­tung und der An­trag im Vor­pro­zess sei­en von An­fang an auf das endgülti­ge Zu­stan­de­kom­men des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­rich­tet ge­we­sen. Je­den­falls schul­de ihm die Be­klag­te Scha­dens­er­satz, weil sie die ver­trag­li­che Pflicht, ihm ein Ar­beits­ver­trags­an­ge­bot zu un­ter­brei­ten, schuld­haft ver­letzt ha­be.

Der Kläger hat, so­weit für die Re­vi­si­on noch von Be­deu­tung, zu­letzt sinn­gemäß be­an­tragt,

die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an den Kläger Vergütung für die Mo­na­te Au­gust 2009 bis Mai 2013 iHv. 199.773,59 Eu­ro brut­to abzüglich er­hal­te­nen Ar­beits­lo­sen­gelds iHv. 27.751,22 Eu­ro und er­hal­te­ner Ent­gelt­si­che­rung gemäß § 421j SGB III iHv. 15.068,10 Eu­ro so­wie er­ziel­ten Ar­beits­ent­gelts iHv. 42.277,56 Eu­ro nebst Zin­sen in ge­staf­fel­ter Höhe zu zah­len mit der Maßga­be, dass hier-von 6,65 Eu­ro mo­nat­lich auf den Bau­spar­ver­trag des Klägers bei der Bau­spar­kas­se S ein­zu­zah­len sind.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Ein Vergütungs­an­spruch we­gen An­nah­me­ver­zugs könne bei ei­nem rück­wir­kend be­gründe­ten Ar­beits­verhält­nis nicht ent­ste­hen. Ein An­spruch aus § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB oder §§ 280, 286 BGB kom­me nicht in Be­tracht. Der Kläger ha­be sich, wie sei­ne An­trag­stel­lung im Vor­pro­zess be­le­ge, nicht bin­den wol­len, son­dern be­wusst of­fen­ge­las­sen, ob er das von ihm be­gehr­te Ver­trags­an­ge­bot an­neh­me oder nicht. Nach Be­gründung des Ar­beits­verhält­nis­ses feh­le es am er­for­der­li­chen An­ge­bot der Ar­beits­leis­tung.

 

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Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt - un­ter Zurück­wei­sung der Be­ru­fung im Übri­gen - das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts teil­wei­se ab­geändert und die Kla­ge ab­ge­wie­sen, so­weit der Kläger Vergütung für den Zeit­raum 26. April bis 31. Mai 2013 und ei­ne vor dem 10. Mai 2013 be­gin­nen­de Ver­zin­sung der Kla­ge­for­de­rung be­gehr­te. Die Be­klag­te ver­folgt mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ih­ren Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trag wei­ter. Der Kläger be­gehrt mit sei­ner An­schluss­re­vi­si­on die Wie­der­her­stel­lung des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ist be­gründet (A.), die An­schluss­re­vi­si­on des Klägers un­be­gründet (B.). Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung der Be­klag­ten ge­gen das kla­ge­statt­ge­ben­de Ur­teil des Ar­beits­ge­richts zu Un­recht teil­wei­se zurück­ge­wie­sen. Die Kla­ge ist ins­ge­samt un­be­gründet.

A. Der Kläger hat un­ter kei­nem recht­li­chen Ge­sichts­punkt An­spruch auf Vergütung für den Zeit­raum 1. Au­gust 2009 bis 25. April 2013.

I. Ein Vergütungs­an­spruch folgt nicht aus An­nah­me­ver­zug, § 611 Abs. 1, § 615 Satz 1 BGB. Der An­spruch setz­te ein erfüll­ba­res, dh. tatsächlich durch-führ­ba­res Ar­beits­verhält­nis vor­aus. Dar­an fehlt es bei ei­nem rück­wir­kend be­gründe­ten Ar­beits­verhält­nis für den in der Ver­gan­gen­heit lie­gen­den Zeit­raum (BAG 19. Au­gust 2015 - 5 AZR 975/13 - Rn. 22). Zwar ist ein Ver­trags­schluss mit Rück­wir­kung möglich, nicht aber ei­ne rück­wir­ken­de tatsächli­che Beschäfti­gung (vgl. BAG 17. März 2015 - 9 AZR 702/13 - Rn. 15).

1. § 615 Satz 1 BGB gewährt kei­nen ei­genständi­gen An­spruch, son­dern hält den ursprüng­li­chen Erfüllungs­an­spruch auf­recht (BAG 24. Sep­tem­ber 2014 - 5 AZR 593/12 - Rn. 23, BA­GE 149, 169). Die ge­setz­li­che Vergütungs­pflicht des Ar­beit­ge­bers knüpft nach § 611 Abs. 1 BGB an die Leis­tung der „ver­spro­che­nen“ Diens­te an. In An­nah­me­ver­zug kann ein Ar­beit­ge­ber nur ge­ra­ten,

 

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wenn zum Zeit­punkt des An­ge­bots der Ar­beits­leis­tung ein erfüll­ba­res Ar­beits­verhält­nis be­steht, auf­grund des­sen der Ar­beit­neh­mer be­rech­tigt ist, die Ar­beits­leis­tung zu er­brin­gen und es dem Ar­beit­ge­ber ob­liegt, die Ar­beits­leis­tung an­zu­neh­men (vgl. BAG 25. Fe­bru­ar 2015 - 5 AZR 886/12 - Rn. 14).

2. Vor Ab­schluss des Ar­beits­ver­trags be­stand kei­ne Ob­lie­gen­heit der Be­klag­ten, die Ar­beits­leis­tung des Klägers an­zu­neh­men.

a) Mit der Ankündi­gung im Schrei­ben vom 10. De­zem­ber 2008, von sei­nem be­son­de­ren Rück­kehr­recht Ge­brauch ma­chen zu wol­len, konn­te der Kläger al­lein die Ankündi­gungs­frist nach Nr. 3 Satz 2 SV wah­ren, nicht aber die er­neu­te Be­gründung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses mit der Be­klag­ten er­rei­chen. Nr. 1 SV räumt den Ar­beit­neh­mern „ein­zel­ver­trag­lich“ ein Rück­kehr­recht zur Be­klag­ten ein. Die SV be­gründet den An­spruch da­mit nicht nor­ma­tiv mit un­mit­tel­ba­rer und zwin­gen­der Wir­kung. Sie trifft le­dig­lich ei­ne ver­ein­heit­li­chen­de Re­ge­lung für in­di­vi­du­al­ver­trag­li­che Um­set­zungs­ak­te (BAG 9. Fe­bru­ar 2011 - 7 AZR 91/10 -; 13. Ju­ni 2012 - 7 AZR 459/10 - Rn. 23; 19. Ok­to­ber 2011 - 7 AZR 471/10 - Rn. 24). Die Rück­kehr zur Be­klag­ten er­for­der­te den er­neu­ten Ab­schluss ei­nes Ar­beits­ver­trags.

b) Das Zu­stan­de­kom­men ei­nes Ar­beits­ver­trags konn­te der Kläger nur mit übe­rein­stim­men­den Wil­lens­erklärun­gen - An­trag und An­nah­me (§§ 145 bis 147 BGB) - er­wir­ken. Bei­de Vor­aus­set­zun­gen wa­ren bis zum 25. April 2013 nicht erfüllt. Die An­ge­bots­erklärung der Be­klag­ten galt gemäß § 894 Satz 1 ZPO erst mit Rechts­kraft des Be­ru­fungs­ur­teils am 26. April 2013 als ab­ge­ge­ben. Ei­ne An­nah­me iSv. § 147 ff. BGB war vor­her nicht möglich (zum Zu­gang des An­ge­bots als Vor­aus­set­zung ei­ner Ver­ur­tei­lung zur An­nah­me vgl. BAG 15. Ok­to­ber 2013 - 9 AZR 688/12 - Rn. 25). Die vom Kläger im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren mit Schrift­satz vom 29. No­vem­ber 2012 erklärte An­nah­me des vom Ar­beits­ge­richt aus­ge­ur­teil­ten Ver­trags­an­ge­bots ging ins Lee­re. Ein Ar­beits­verhält­nis konn­te erst be­gründet wer­den, als der Kläger das durch rechts­kräfti­ges Ur­teil fin­gier­te Ver­trags­an­ge­bot der Be­klag­ten an­nahm.

 

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3. Der nach dem 25. April 2013 mit Wir­kung zum 1. Au­gust 2009 er­folg­te Ver­trags­schluss ermöglich­te nicht im Nach­hin­ein die Durchführung des Ar­beits­verhält­nis­ses im Rück­wir­kungs­zeit­raum.

a) Seit In­kraft­tre­ten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Ge­set­zes zur Mo­der­ni­sie­rung des Schuld­rechts vom 26. No­vem­ber 2001 (BGBl. I S. 3138) kommt die Ab­ga­be von Wil­lens­erklärun­gen, mit de­nen rück­wir­kend ein Ar­beits­verhält­nis be­gründet wer­den soll, eben­so wie die Ver­ur­tei­lung zur Ab­ga­be sol­cher Erklärun­gen in Be­tracht. Der Zeit­punkt, zu dem die Wil­lens­erklärung wirkt, be­ur­teilt sich nach ma­te­ri­el­lem Recht. Die Fik­ti­on der An­ge­bots­erklärung be­wirkt sämt­li­che Rechts­fol­gen, die ei­ne im sel­ben Zeit­punkt ab­ge­ge­be­ne wirk­sa­me Wil­lens­erklärung mit ent­spre­chen­dem In­halt hätte (BAG 19. Au­gust 2015 - 5 AZR 975/13 - Rn. 19 f. mwN).

b) Auch wenn die auf Ab­schluss ei­nes Ar­beits­ver­trags ge­rich­te­ten Wil­lens­erklärun­gen zurück­wirk­ten, führ­te dies nicht zu ei­ner Ob­lie­gen­heit der Be­klag­ten, die Ar­beits­leis­tung des Klägers für ei­nen in der Ver­gan­gen­heit lie­gen­den Zeit­raum an­zu­neh­men. Das Ar­beits­verhält­nis konn­te in der Ver­gan­gen­heit tatsächlich nicht durch­geführt wer­den (vgl. BAG 9. Fe­bru­ar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 26 mwN). Der Kläger konn­te die Ar­beits­leis­tung für in der Ver­gan­gen­heit lie­gen­de Zeiträume nicht mehr nach­ho­len. Der Zeit­ab­lauf führ­te die Unmöglich­keit der Ar­beits­leis­tung her­bei, weil sich in ei­nem Voll­zeit­ar­beits­verhält­nis oh­ne Möglich­keit zur ver­trags­ge­rech­ten Nach­ho­lung der Ar­beits­leis­tung der Fix­schuld­cha­rak­ter der Ar­beits­pflicht um­fas­send aus­wirkt (vgl. BAG 19. Au­gust 2015 - 5 AZR 975/13 - Rn. 23).

II. Der Vergütungs­an­spruch folgt auch nicht aus § 611 Abs. 1, § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB iVm. § 275 Abs. 1 BGB. Die Be­klag­te hat die Unmöglich­keit der Ar­beits­leis­tung we­der al­lein noch weit über­wie­gend zu ver­ant­wor­ten.

1. Nach § 275 Abs. 1 BGB führt die Unmöglich­keit der Ar­beits­leis­tung zum Aus­schluss des Leis­tungs­an­spruchs des Ar­beit­ge­bers. Der An­spruch des Ar­beit­neh­mers auf die Ge­gen­leis­tung entfällt nach § 326 Abs. 1 BGB, bleibt aber gemäß § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB er­hal­ten, wenn der Gläubi­ger für den

 

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Um­stand al­lein oder weit über­wie­gend ver­ant­wort­lich ist, auf­grund des­sen der Schuld­ner nicht zu leis­ten braucht. Ver­ant­wort­lich nach § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB meint Ver­tre­tenmüssen iSd. §§ 276, 278 BGB, dh. min­des­tens fahr-lässi­ges Han­deln (BAG 19. Au­gust 2015 - 5 AZR 975/13 - Rn. 26 ff.).

2. Der An­wen­dung von § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB im Ar­beits­recht steht § 615 BGB nicht ent­ge­gen. Die dienst­ver­trag­li­chen Re­geln des An­nah­me­ver­zugs ver­drängen § 326 BGB nicht. Viel­mehr ergänzen sich bei­de. Wird dem Ar­beit­neh­mer die ge­schul­de­te Ar­beits­leis­tung unmöglich, be­stimmt sich die Rechts­fol­ge für sei­nen Vergütungs­an­spruch nach § 615 BGB, wenn sich der Ar­beit­ge­ber bei Ein­tritt der Unmöglich­keit im An­nah­me­ver­zug be­fin­det, an­sons­ten nach § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB. Be­ruht die Unmöglich­keit der Ar­beits­leis­tung auf­grund ih­res Fix­schuld­cha­rak­ters al­lein auf dem Zeit­ab­lauf, wird der Vergütungs­an­spruch - un­abhängig vom Ver­schul­den des Ar­beit­ge­bers - nach § 615 BGB auf­recht­er­hal­ten, wenn die Vor­aus­set­zun­gen des An­nah­me­ver­zugs zur Zeit des Ein­tritts der Unmöglich­keit vor­la­gen. Fehlt es hier­an, zB weil das Ar­beits­verhält­nis nicht erfüll­bar war (vgl. BAG 19. Au­gust 2015 - 5 AZR 975/13 - Rn. 24 ff.), ein Fall des § 297 BGB ge­ge­ben war (vgl. BAG 23. Sep­tem­ber 2015 - 5 AZR 146/14 - Rn. 26) oder der Ar­beit­neh­mer die Ar­beits­leis­tung ent­ge­gen §§ 294 ff. BGB nicht an­ge­bo­ten hat­te, kann der Vergütungs­an­spruch nach § 326 Abs. 2 BGB auf­recht­er­hal­ten wer­den, wenn des­sen Vor­aus­set­zun­gen (BAG 23. Sep­tem­ber 2015 - 5 AZR 146/14 - Rn. 26) erfüllt sind.

3. Die im Streit­zeit­raum 1. Au­gust 2009 bis 25. April 2013 feh­len­de ar­beits­ver­trag­li­che Bin­dung der Par­tei­en ist der Um­stand iSd. § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB, auf den sich die Ver­ant­wor­tung der Be­klag­ten be­zie­hen muss. Sie führ­te zur Unmöglich­keit der Ar­beits­leis­tung im Rück­wir­kungs­zeit­raum. Die Be­klag­te war hierfür we­der al­lein noch weit über­wie­gend ver­ant­wort­lich.

a) Die Initia­tiv­last für ei­ne Wie­der­ein­stel­lung liegt - vor­be­halt­lich ei­ner ab­wei­chen­den Rück­kehr­re­ge­lung (vgl. BAG 14. Mai 1997 - 7 AZR 159/96 - zu 1 der Gründe, BA­GE 85, 367; 29. Sep­tem­ber 2005 - 8 AZR 573/04 - Rn. 27) - beim Ar­beit­neh­mer, al­so hier beim Kläger. Er gab außer­ge­richt­lich kein Ver-

 

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trags­an­ge­bot ab und hol­te dies auch mit der am 19. Ja­nu­ar 2009 ein­ge­reich­ten Kla­ge nicht nach. Der Kläger genügte da­mit sei­ner Ob­lie­gen­heit nicht.

aa) Dem Kläger stand es nach der SV frei, der Be­klag­ten den Ab­schluss ei­nes Ar­beits­ver­trags durch ein ei­ge­nes An­ge­bot an­zu­tra­gen und er­for­der­li­chen­falls mit ei­ner Leis­tungs­kla­ge die Ab­ga­be der An­nah­me­erklärung durch die Be­klag­te zu er­wir­ken. Im Fal­le sei­nes Ob­sie­gens hätte mit Rechts­kraft des Ur­teils die Fik­ti­on der An­nah­me­erklärung der Be­klag­ten nach § 894 Satz 1 ZPO un­mit­tel­bar zum Ver­trags­schluss geführt.

bb) Die Be­klag­te war zwar ver­pflich­tet, das vom Kläger ge­for­der­te An­ge­bot zum rück­wir­ken­den Ab­schluss ei­nes Ar­beits­ver­trags ab­zu­ge­ben. Weil sie die­ser Ver­pflich­tung nicht nach­ge­kom­men ist, wur­de ih­re Wil­lens­erklärung mit der Rechts­kraft des Be­ru­fungs­ur­teils fin­giert. Der Ver­trags­schluss setz­te je­doch zusätz­lich die An­nah­me des Ver­trags­an­ge­bots durch den Kläger vor­aus. Die­se lag außer­halb des Ver­ant­wor­tungs­be­reichs der Be­klag­ten.

b) Die Initia­tiv­last für den Ab­schluss des Ar­beits­ver­trags ver­blieb da­mit wei­ter­hin beim Kläger. Die Be­klag­te war schon aus die­sem Grund für den feh­len­den Ver­trags­schluss, der zur Unmöglich­keit der Ar­beits­leis­tung führ­te, we­der al­lein noch weit über­wie­gend ver­ant­wort­lich. Die Über­le­gung des Lan­des­ar­beits­ge­richts, der Kläger hätte ein vor dem 1. Au­gust 2009 ab­ge­ge­be­nes An­ge­bot der Be­klag­ten mit an Si­cher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit noch vor dem 1. Au­gust 2009 an­ge­nom­men, ist da­nach nicht ent­schei­dungs­er­heb­lich. Die Be­wer­tung im Be­ru­fungs­ur­teil hält zu­dem ei­ner re­vi­si­ons­recht­li­chen Über­prüfung nicht stand. Sie wird, wie von der Be­klag­ten zu Recht gerügt, von den tatsächli­chen Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts nicht ge­tra­gen. Die un­ter­las­se­ne Ab­ga­be ei­nes ei­ge­nen Ver­trags­an­ge­bots und die An­trag­stel­lung des Klägers im Vor­pro­zess las­sen die Schluss­fol­ge­run­gen im Be­ru­fungs­ur­teil nicht zu.

aa) Die Prüfung, ob ein ver­späte­tes An­ge­bot al­lein oder - ggf. in wel­chem Grad - mit­ursächlich für ei­nen nur noch rück­wir­kend mögli­chen Ver­trags­schluss war, un­ter­liegt der frei­en rich­ter­li­chen Be­weiswürdi­gung des Tat­sa­chen­ge­richts.

 

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Nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ge­won­ne­ne Über­zeu­gung des Be­ru­fungs­ge­richts von der Kau­sa­lität im Sin­ne ei­ner über­wie­gen­den Wahr­schein­lich­keit re­vi­si­ons­recht­lich nur dar­auf über­prüft wer­den, ob sich der Tatrich­ter ent­spre­chend dem Ge­bot des § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO mit dem Pro­zess­stoff un­ter Berück­sich­ti­gung des ge­sam­ten In­halts der Ver­hand­lun­gen und des Er­geb­nis­ses ei­ner et­wai­gen Be­weis­auf­nah­me um­fas­send und wi­der­spruchs­frei aus­ein­an­der­ge­setzt hat, die Be­weiswürdi­gung al­so vollständig und recht­lich möglich ist und nicht ge­gen Denk­ge­set­ze und Er­fah­rungssätze verstößt (BAG 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 26 ff.; 27. März 2014 - 6 AZR 989/12 - Rn. 37).

bb) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat ent­ge­gen § 286 ZPO den von ihm fest­ge­stell­ten Pro­zess­stoff nur un­vollständig gewürdigt. Es hat außer Acht ge­las­sen, dass der Kläger, in­dem er selbst kein Ver­trags­an­ge­bot ab­gab, son­dern im ers­ten Schritt nur die Ab­ga­be ei­ner An­ge­bots­erklärung von der Be­klag­ten ver­lang­te, noch nicht das endgülti­ge Zu­stan­de­kom­men ei­nes Ar­beits­ver­trags er­streb­te. Das sei­ner Kla­ge statt­ge­ben­de Ur­teil ermöglich­te es ihm, oh­ne schon mit des­sen Rechts­kraft ver­trag­lich ge­bun­den zu sein, un­ter Berück­sich­ti­gung der kon­kre­ten Umstände frei über die er­neu­te Be­gründung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses mit der Be­klag­ten zu ent­schei­den (vgl. BAG 19. Ok­to­ber 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 17, 26). Wäre es dem Kläger um ei­nen un­mit­tel­ba­ren Ver­trags­schluss ge­gan­gen, hätte er von der Be­klag­ten die An­nah­me ei­nes ent­spre­chen­den Ver­trags­an­ge­bots ver­langt und hier­auf ge­klagt. Et­was an­de­res er­gibt sich auch nicht aus der vom Kläger im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren mit Schrift­satz vom 29. No­vem­ber 2012 erklärten An­nah­me des vom Ar­beits­ge­richt aus­ge­ur­teil­ten Ver­trags­an­ge­bots. Die - wie be­reits aus­geführt - ins Lee­re ge­hen­de Erklärung ent­fal­te­te für den Kläger kei­ne Bin­dungs­wir­kung. Ob der Kläger ein An­ge­bot der Be­klag­ten an­neh­men würde, war bis zum tatsächli­chen Ver­trags­schluss of­fen.

III. Der Kläger kann auch nicht auf­grund Schuld­ner­ver­zugs der Be­klag­ten Scha­dens­er­satz we­gen ent­gan­ge­ner Vergütung nach § 280 Abs. 1 und Abs. 2, §§ 286, 249 Abs. 1, § 251 Abs. 1 BGB ver­lan­gen. Hier­auf kann im Streit­fall als An­spruchs­grund­la­ge ne­ben § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht zurück­ge­grif­fen wer­den. Die Umstände, die zur Unmöglich­keit der Ar­beits­leis­tung geführt

 

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ha­ben, sind iden­tisch mit den Tat­sa­chen, die ei­nen mögli­chen Ver­zug der Be­klag­ten mit der Ab­ga­be des Ver­trags­an­ge­bots be­gründen (vgl. BAG 19. Au­gust 2015 - 5 AZR 975/13 - Rn. 36).

B. Die An­schluss­re­vi­si­on des Klägers ist un­be­gründet. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu Recht die Kla­ge hin­sicht­lich der für den Zeit­raum 26. April bis 31. Mai 2013 gel­tend ge­mach­ten Ansprüche ab­ge­wie­sen. Der Kläger hat auch für die­sen Zeit­raum kei­nen An­spruch auf Vergütung.

I. Ein Vergütungs­an­spruch folgt nicht aus An­nah­me­ver­zug, § 611 Abs. 1, § 615 Satz 1 BGB.

1. Zwi­schen den Par­tei­en wur­de nicht be­reits am 26. April 2013 ein Ar­beits­verhält­nis rück­wir­kend zum 1. Au­gust 2009 be­gründet. Der Kläger nahm das Ver­trags­an­ge­bot erst mit Un­ter­zeich­nung des Ar­beits­ver­trags am 9. Mai 2013 an. Die mit Schrift­satz vom 29. No­vem­ber 2012 erklärte An­nah­me war wir­kungs­los. Nach Rechts­kraft der Ent­schei­dung wa­ren we­der die Erklärung der An­nah­me des durch Ur­teil fin­gier­ten Ver­trags­an­ge­bots durch den Kläger noch - nach § 151 BGB - de­ren Zu­gang ent­behr­lich.

a) Nach § 151 Satz 1 BGB braucht die An­nah­me ei­nes Ver­trags­an­ge­bots dem An­tra­gen­den ge­genüber nicht erklärt zu wer­den, wenn ei­ne sol­che Erklärung nach der Ver­kehrs­sit­te nicht zu er­war­ten ist oder der An­tra­gen­de auf sie ver­zich­tet hat. Ei­ne der­ar­ti­ge Ver­kehrs­sit­te kann im All­ge­mei­nen bei un­ent­gelt­li­chen Zu­wen­dun­gen und bei für den An­trags­empfänger le­dig­lich vor­teil­haf­ten Rechts­geschäften an­ge­nom­men wer­den. Trifft dies zu, wird nur die Ver­laut­ba­rung der Ver­trags­an­nah­me ge­genüber dem An­tra­gen­den ent­behr­lich, nicht aber die An­nah­me als sol­che. Auch im Fal­le des § 151 Satz 1 BGB ist ein als Wil­lens­betäti­gung zu wer­ten­des, nach außen her­vor­tre­ten­des Ver­hal­ten des An­ge­bots­empfängers er­for­der­lich, das vom Stand­punkt ei­nes un­be­tei­lig­ten ob­jek­ti­ven Drit­ten auf­grund al­ler äußeren In­di­zi­en auf ei­nen wirk­li­chen An­nah­me­wil­len schließen lässt (vgl. BAG 18. Au­gust 2011 - 8 AZR 312/10 - Rn. 30, BA­GE 139, 52; 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 56, BA­GE 141, 222; BGH

 

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12. Ok­to­ber 1999 - XI ZR 24/99 - zu II 2 der Gründe; 14. Ok­to­ber 2003 - XI ZR 101/02 - zu II 2 a der Gründe).

b) Da­nach sind schon die Vor­aus­set­zun­gen für die Ent­behr­lich­keit ei­ner Erklärung ge­genüber der Be­klag­ten nicht erfüllt. Die Be­klag­te hat hier­auf nicht ver­zich­tet. Auch aus der Ver­kehrs­sit­te er­gibt sich nicht, dass ei­ne An­nah­me­erklärung ent­behr­lich ge­we­sen wäre. Die - so­for­ti­ge - An­nah­me des Ver­trags­an­ge­bots und da­mit Neu­be­gründung des Ar­beits­verhält­nis­ses wäre für den Kläger nicht nur vor­teil­haft ge­we­sen. Er hätte viel­mehr - was mit der von ihm gewähl­ten Gel­tend­ma­chung des Rück­kehr­rechts durch Ver­lan­gen (nur) der Ab­ga­be ei­nes An­ge­bots und ei­ne hier­auf ge­rich­te­te Kla­ge ge­ra­de ver­mie­den wird (vgl. BAG 9. Fe­bru­ar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 20) - un­mit­tel­bar die aus dem Ar­beits­verhält­nis re­sul­tie­ren­den Pflich­ten ein­hal­ten müssen.

c) Es fehl­te zu­dem bis zum 9. Mai 2013 an ei­ner An­nah­me durch den Kläger.

aa) In wel­chen Hand­lun­gen ei­ne aus­rei­chen­de Betäti­gung des An­nah­me­wil­lens zu fin­den ist, kann grundsätz­lich nur durch Würdi­gung des kon­kre­ten Ein­zel­falls ent­schie­den wer­den.

bb) Ei­ne An­nah­me iSv. § 147 BGB war vor der durch Ur­teil fin­gier­ten Ab­ga­be des Ver­trags­an­ge­bots nicht möglich. Sie kann des­halb in den Erklärun­gen des Klägers vor Rechts­kraft des Be­ru­fungs­ur­teils nicht ge­se­hen wer­den. Ei­ne Betäti­gung des An­nah­me­wil­lens kann auch nicht dar­in ge­se­hen wer­den, dass der Kläger das Ver­trags­an­ge­bot nach Rechts­kraft der Ent­schei­dung nicht ab­lehn­te; der so­for­ti­ge Ver­trags­schluss war für den Kläger nicht aus­sch­ließlich vor­teil­haft.

2. Für den Zeit­raum 26. April bis 8. Mai 2013 wur­de das Ar­beits­verhält­nis da­mit nur rück­wir­kend be­gründet. Es war für den in der Ver­gan­gen­heit lie­gen­den Zeit­raum nicht erfüll­bar.

3. Nach Neu­be­gründung des Ar­beits­verhält­nis­ses bot der Kläger sei­ne Ar­beits­leis­tung im Zeit­raum 9. bis 31. Mai 2013 nicht an.

 

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a) Der Ar­beit­ge­ber kommt gemäß § 293 BGB in An­nah­me­ver­zug, wenn er im erfüll­ba­ren Ar­beits­verhält­nis die ihm an­ge­bo­te­ne Leis­tung nicht an­nimmt. Im un­strei­tig be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis muss der Ar­beit­neh­mer die Ar­beits­leis­tung tatsächlich an­bie­ten, § 294 BGB. Ein wört­li­ches An­ge­bot (§ 295 BGB) genügt, wenn der Ar­beit­ge­ber ihm erklärt hat, er wer­de die Leis­tung nicht an­neh­men oder er sei nicht ver­pflich­tet, den Ar­beit­neh­mer in ei­nem die tatsächli­che Her­an­zie­hung über­stei­gen­den Um­fang zu beschäfti­gen. Strei­ten die Par­tei­en über die Be­en­di­gung ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses, genügt ein wört­li­ches An­ge­bot des Ar­beit­neh­mers. Die­ses kann dar­in lie­gen, dass der Ar­beit­neh­mer ge­gen die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses pro­tes­tiert und/oder ei­ne Be­stands­schutz-kla­ge ein­reicht. Le­dig­lich für den Fall ei­ner un­wirk­sa­men Ar­beit­ge­berkündi­gung ist die Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts da­von aus­ge­gan­gen, ein An­ge­bot der Ar­beits­leis­tung sei re­gelmäßig nach § 296 BGB ent­behr­lich. Zu­dem kann ein An­ge­bot der Ar­beits­leis­tung aus­nahms­wei­se ent­behr­lich sein, wenn of­fen­kun­dig ist, dass der Ar­beit­ge­ber auf sei­ner Wei­ge­rung, die ge­schul­de­te Leis­tung an­zu­neh­men, be­harrt, ins­be­son­de­re er durch ein­sei­ti­ge Frei­stel­lung des Ar­beit­neh­mers von der Ar­beit auf das An­ge­bot der Ar­beits­leis­tung ver­zich­tet hat (BAG 21. Ok­to­ber 2015 - 5 AZR 843/14 - Rn. 19).

b) Da­nach hätte der Kläger die Ar­beits­leis­tung tatsächlich an­bie­ten müssen. Der Be­stand des neu be­gründe­ten Ar­beits­verhält­nis­ses stand zwi­schen den Par­tei­en außer Streit. Die Be­klag­te erklärte nach Ver­trags­schluss nicht mehr, sie wer­de die Leis­tung des Klägers nicht an­neh­men oder sei nicht ver­pflich­tet, ihn zu beschäfti­gen. Ein wört­li­ches An­ge­bot (§ 295 BGB) - das der Kläger eben­falls nicht ab­ge­ge­ben hat - hätte dem­nach nicht genügt. Ein An­ge­bot war auch nicht aus­nahms­wei­se ent­behr­lich, weil die Be­klag­te vor rechts­kräfti­ger Ent­schei­dung des Rück­kehr­rechts­streits des­sen Ar­beits­leis­tung nicht an­ge­nom­men hat­te. Als der Kläger sei­ne Ar­beits­leis­tung an­bot, be­stand man­gels ei­nes be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis­ses kei­ne Ob­lie­gen­heit der Be­klag­ten, die­se an­zu­neh­men (zum feh­len­den An­spruch auf Beschäfti­gung vgl. BAG 17. März 2015 - 9 AZR 702/13 - Rn. 27, 28). Nach Rechts­kraft des Be­ru­fungs­ur­teils stell­te die Be­klag­te die Rück­kehr des Klägers nicht mehr in Fra­ge.

 

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II. Der Vergütungs­an­spruch wur­de im Zeit­raum 26. April bis 31. Mai 2013 nicht nach § 611 Abs. 1, § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB auf­recht­er­hal­ten. Nicht die Be­klag­te, son­dern al­lein der Kläger war für die Unmöglich­keit der Ar­beits­leis­tung ver­ant­wort­lich iSv. § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB, in­dem er erst am 9. Mai 2013 das durch Ur­teil fin­gier­te Ver­trags­an­ge­bot an­nahm und nach Ver­trags­schluss sei­ne Ar­beits­leis­tung nicht an­bot.

III. Der Kläger kann auch nicht auf­grund Schuld­ner­ver­zugs von der Be­klag­ten Scha­dens­er­satz we­gen ent­gan­ge­ner Vergütung nach § 280 Abs. 1 und Abs. 2, §§ 286, 249 Abs. 1, § 251 Abs. 1 BGB ver­lan­gen. Die Be­klag­te hat ih­re Ver­pflich­tun­gen aus der Rück­kehr­zu­sa­ge im Zeit­raum 26. April bis 31. Mai 2013 nicht ver­letzt. Mit Rechts­kraft der Be­ru­fungs­ent­schei­dung galt das Ver­trags­an­ge­bot der Be­klag­ten als ab­ge­ge­ben. Der Kläger konn­te das An­ge­bot durch ein­fa­ches „Ja“ an­neh­men, oh­ne dass es wei­te­rer Mit­wir­kungs­hand­lun­gen der Be­klag­ten, ins­be­son­de­re ei­nes von ihr for­mu­lier­ten Ver­trags­an­ge­bots be­durft hätte.

C. Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

 

Müller-Glöge 

Biebl 

We­ber

Krem­ser 

Pol­lert

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