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Außerordentliche betriebsbedingte Kündigung
Ein solcher Grund kann z.B. eine Betriebsschließung sein. Aber genügt auch die vollständige Aufgabe einer betrieblichen Funktion wie die Fremdvergabe von Reinigungsarbeiten, die bislang mit eigenen Arbeitnehmern durchgeführt, um bei einer Betriebsgröße von ca. 60 bis 80 Arbeitnehmer zwei unkündbaren Reinigungskräften eine außerordentliche Kündigung aus betriebsbedingten Gründen auszusprechen?
In einer aktuellen Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg diese Frage mit nein beantwortet: LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.02.2012, 7 Sa 2164/11.
- Außerordentliche betriebsbedingte Kündigung eines Unkündbaren - auch bei Fremdvergabe von Reinigungsarbeiten?
- LAG Berlin-Brandenburg: Kündigung einer unkündbaren Reinigungskraft trotz Fremdvergabe der Reinigungsarbeiten unwirksam
Außerordentliche betriebsbedingte Kündigung eines Unkündbaren - auch bei Fremdvergabe von Reinigungsarbeiten?
Wenn ein Arbeitsverhältnis unter das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) fällt und der Arbeitnehmer daher Kündigungsschutz genießt, kann der Arbeitgeber auch bei Beachtung der Kündigungsfristen nicht "einfach so" kündigen, sondern er braucht für seine ordentliche Kündigung einen vernünftigen Grund. Ansonsten ist die Kündigung "sozial ungerechtfertigt" und daher unwirksam.
Ein von Arbeitgebern oft vorgebrachter und vom KSchG im Prinzip anerkannter Kündigungsgrund besteht in einer Änderung der betrieblichen Abläufe, die die weitere vertragsgemäße Beschäftigung des Arbeitnehmers dauerhaft unmöglich macht. Dann kommt eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung in Betracht, so z.B. bei einer Betriebsschließung oder bei der ersatzlosen Aufgabe kompletter bisheriger Arbeitsbereiche.
Eine solche Begründung für eine betriebsbedingte Kündigung wird von den Arbeitsgerichten oft auch anerkannt, wenn der gekündigte Arbeitnehmer aufgrund eines Tarifvertrags und/oder aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung ordentlich unkündbar ist. Dann kann sich der Arbeitgeber zwar nicht mehr auf einen Kündigungsgrund im Sinne des KSchG berufen, da dieses Gesetz keine Grundlage für die Kündigung ordentlich unkündbarer Arbeitnehmer enthält. Das macht aber im Ergebnis oft nichts, denn der Arbeitgeber kann dann oft eine außerordentliche Kündigung aus betriebsbedingten Gründen aussprechen, und zwar unter Berufung auf § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Nach dieser Vorschrift kann auch unkündbaren Arbeitnehmern gekündigt werden, falls der Arbeitgeber dafür einen "wichtigen Grund" hat. Ein solcher wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung eines unkündbaren Arbeitnehmers ist oft ein erheblicher Pflichtverstoß, kann aber auch eine Betriebsschließung oder auch die vollständige Aufgabe bisheriger Arbeitsbereiche sein. Dabei muss der Arbeitgeber, wenn er einem ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen außerordentlich kündigt, eine sog. Auslauffrist gewähren, die mindestens so lang ist wie die Kündigungsfrist, die er bei einer (aufgrund der Unkündbarkeit ausgeschlossenen) ordentlichen Kündigung des Unkündbaren gewähren müsste.
Dass unkündbare Arbeitnehmer nicht nur bei einer Betriebsschließung außerordentlich gekündigt werden können, sondern sogar dann, wenn der Arbeitgeber nur Teile seiner bisherigen betrieblichen Arbeitsabläufe einstellt bzw. an eine Fremdfirma vergibt, ist allerdings fragwürdig, da eine solche Kündigungsmöglichkeit den Wert einer Unkündbarkeit erheblich verringert. Im Ergebnis läuft eine solche außerordentliche Kündigungsmöglichkeit darauf hinaus, dass der formell "Unkündbare" letztlich doch eine betriebsbedingte Kündigung erhält, und zwar mit genau derselben Kündigungsfrist, die der Arbeitgeber auch bei ordentlicher Kündbarkeit beachtet hätte. Der einzige Unterschied besteht in der juristischen Begründung der Kündigung.
Hier hat das LAG Berlin-Brandenburg in einer aktuellen Entscheidung nicht mitgemacht. Es bewertete die außerordentliche betriebsbedingte Kündigung einer unkündbaren Reinigungskraft als unwirksam, obwohl der Arbeitgeber die Kündigung mit der Fremdvergabe der Reinigungsarbeiten begründet hatte und sich damit auf einen Kündigungsgrund stützte, der nach der überwiegenden Rechtsprechung meist als ausreichend "wichtiger Grund" bewertet wird (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.02.2012, 7 Sa 2164/11).
LAG Berlin-Brandenburg: Kündigung einer unkündbaren Reinigungskraft trotz Fremdvergabe der Reinigungsarbeiten unwirksam
In dem vom LAG entschiedenen Fall ging es um eine vormals landeseigene Liegenschaftsverwaltung, die mit etwa 85 Arbeitnehmern Büro- und Gewerbeflächen verwaltet und vermietet. Nachdem die Gesellschaft mitsamt den Grundstücken 2007 an einen privaten Investor verkauft und übertragen worden war, rüttelte dieser 2010 an den ihm vom Land Berlin ursprünglich auferlegten Verpflichtungen zur Sicherung der übernommenen Arbeitsplätze. Angestrebt war eine Verringerung der Arbeitneherzahl von 84,5 auf 62.
Zu diesem Zweck wurden gut 20 Hausmeister in einen eigens geschaffenen Betriebsteil "Hausmeisterdienste" überführt und zwei lange beschäftigte Reinigungskräfte in einen (angeblichen) Betriebsteil "Reinigungsdienste". Sodann wurden diese (angeblichen) Betriebsteile im Wege des Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB auf eine andere Firma übertragen, die künftig als Fremdfirma die Hausmeisterdienste und die Reinigungsarbeiten erbringen sollte. Eine der betroffenen Reinigungskräfte widersprach der Überleitung ihres Arbeitsverhältnisses, so dass ihr Arbeitsverhältnis bei der Liegenschaftsverwaltung verblieb.
Daraufhin erklärte die Liegenschaftsverwaltung der Reinigungskraft, die tarifvertraglich ordentlich nicht mehr kündbar war, die außerordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen unter Gewährung einer Auslauffrist. Mit ihrer Kündigungsschutzklage hatte die Reinigungskraft vor dem Arbeitsgericht Berlin zunächst keinen Erfolg (Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 29.08.2011, 19 Ca 4676/11), wohl aber vor dem LAG. Das LAG bewertete die streitige Kündigung als unwirksam.
Zur Begründung heißt es, der Arbeitgeber könne sich - ebenso wie bei anderen Verträgen - nicht ohne Weiteres von seiner Vertragsbindung gegenüber dem Arbeitnehmer (sprich: der Unkündbarkeit) lossagen. Demzufolge hätte der Arbeitgeber, so das LAG, die ordentliche Unkündbarkeit der Reinigungskraft bereits bei der Erstellung seines unternehmerischen Konzepts in Rechnung stellen müssen. Und weil der Arbeitgeber nicht konkret belegen konnte, dass die Auslagerung der Reinigungsarbeiten auf Dritte "unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten unumgänglich" war, bestand aus Sicht des LAG kein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung der unkündbaren Reinigungskräfte.
Wesentlich für dieses Urteil war die offenkundige Zielstrebigkeit, mit der die Liegenschaftsverwaltung ihr quantitatives Ziel einer Verringerung von Mitarbeiterkapazitäten durchsetzen wollte. Zwingende betriebliche oder wirtschaftliche Gründe, bei einer Betriebsgröße von ca. 60 bis 80 Arbeitnehmern ausgerechnet eine unkündbare Reinigungskraft außerordentlich zu kündigen, waren daher nicht ersichtlich. Zwar wäre hier wohl eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung rechtens gewesen, nicht aber eine außerordentliche Kündigung einer Unkündbaren aus betrieblichen Gründen.
Das Urteil ist sorgfälig begründet geht im Ergebnis in Ordnung. Allerdings überprüfen andere Gerichte Betriebsverkleinerungen, die auf eine außerordentliche Kündigung unkündbarer Arbeitnehmer hinauslaufen, weniger streng als das LAG. Sie betonen eher die Freiheit der unternehmerischen Entscheidungen über eine Verringerung der Betriebsgröße. Das LAG hat daher die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zugelassen. Wie das BAG über den Fall entscheidet, ist offen. Es spricht aber einiges dafür, dass das BAG ebenso wie das LAG entscheiden wird.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.02.2012, 7 Sa 2164/11 (Pressemitteilung)
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.02.2012, 7 Sa 2164/11
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsstilllegung, Betriebsschließung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung des Arbeitsvertrags (Überblick)
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Betriebsbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsfristen
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Tarifvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Unkündbarkeit
- Arbeitsrecht aktuell: 19/197 Interner Arbeitsmarkt statt Kündigungsschutz?
- Arbeitsrecht aktuell: 17/079 Kündigung wegen beabsichtigter Betriebsschließung
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Gericht seine Entscheidungsgründe schriftlich abgefasst und veröffentlicht. Die Entscheidungsgründe im Volltext finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 30. August 2019
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