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LAG Köln, Beschluss vom 27.07.2011, 9 TaBVGa 2/11
Schlagworte: | Betriebsratsmitglied, Kündigung | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Köln | |
Aktenzeichen: | 9 TaBVGa 2/11 | |
Typ: | Beschluss | |
Entscheidungsdatum: | 27.07.2011 | |
Leitsätze: | Ein gekündigtes Betriebsratsmitglied bleibt auch nach erstinstanzlichem Obsiegen im Kündigungsrechtsstreit weiter an der Amtsausübung verhindert und hat deshalb kein Recht auf Ladung und Teilnahme an Betriebsratssitzungen. Etwas anderes gilt, wenn das erstinstanzliche Gericht einen Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf vorläufige Weiterbeschäftigung bereits während der Dauer des Kündigungsrechtsstreits zuerkannt hat (Anschluss an LAG München, Beschluss vom 27. Januar 2011 - 3 TaBVGa 20/10 -). | |
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Aachen, Beschluss vom 5.07.2011, 4 BVGa 11/11 | |
9 TaBVGa 2/11
4 BVGa 11/11
Arbeitsgericht Aachen
Verkündet am 27. Juli 2011
E,
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
LANDESARBEITSGERICHT KÖLN
BESCHLUSS
In dem Beschlussverfahren
mit den Beteiligten
- Antragstellerin und Beschwerdegegnerin -
Verfahrensbevollmächtigte:
- Antragsgegner und Beschwerdeführer -
Verfahrensbevollmächtigte:
- Beteiligte -
hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln
auf die mündliche Anhörung vom 27.07.2011
durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht S als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter H und die ehrenamtliche Richterin Frau H
b e s c h l o s s e n :
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 5. Juli 2011 – 4 BVGa 11/11 – abgeändert:
Die Anträge der Antragstellerin werden zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Beteiligten streiten über das von der Antragstellerin und Beteiligten zu 1), die gewähltes Betriebsmitglied ist, begehrte Recht auf Ladung und
- 2 -
Teilnahme an den Sitzungen des Betriebsrats, der Antragsgegner und Beteiligter zu 2) ist. Beteiligte zu 3) ist die Arbeitgeberin.
Die Arbeitgeberin kündigte mit Zustimmung des Betriebsrats das zwischen ihr und der Antragstellerin seit dem 15. Februar 1989 bestehende Arbeitsverhältnis fristlos wegen beharrlicher Verweigerung einer Anweisung, als Kassenaufsicht aneinandergeklebte Einkaufstüten zu trennen und zu säubern. Die Antragstellerin hat dagegen Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Aachen erhoben. Durch Teilurteil vom 17. Mai 2011 hat das Arbeitsgericht Aachen der Kündigungsschutzklage und der Klage auf Zahlung von Annahmeverzugsvergütung für die Zeit bis April 2011 stattgegeben. Einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung bereits während der Dauer des Kündigungsrechtsstreits hat die Antragstellerin bislang nicht gerichtlich eingeklagt.
Mit dem vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, der am 9. Juni 2011 beim Arbeitsgericht Aachen eingegangen ist, verlangt die Antragstellerin von dem Betriebsrat, sie zu den Sitzungen unter Mitteilung der Tagesordnung rechtzeitig einzuladen und es zu unterlassen, ihr die Teilnahme an den Sitzungen zu verweigern.
Das Arbeitsgericht Aachen hat den Anträgen durch Beschluss vom 5. Juli 2011 stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, zwar sei ein gekündigtes Betriebsratsmitglied zunächst an der Ausübung seines Amtes zeitweilig verhindert. Es werde durch ein Ersatzmitglied nach § 25 Abs. 1 S. 2 BetrVG vertreten. Etwas anderes gelte aber, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam sei oder – wie hier – erstinstanzlich die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt worden sei bzw. ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung zuerkannt worden sei.
- 3 -
Der Beschluss ist dem Betriebsrat am 11. Juli 2011 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 7. Juli 2011 Beschwerde einlegen und diese zugleich und ergänzend am 11. Juli 2011 begründen lassen.
Der Betriebsrat trägt vor, nach der Rechtsprechung sei vor rechtskräftigem Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens das gekündigte Betriebsratsmitglied nur dann nicht mehr zeitweilig verhindert, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam sei oder die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt worden sei und zugleich einem Anspruch auf Weiterbeschäftigung bereits während der Dauer des Kündigungsrechtsstreits stattgegeben worden sei. Beide Alternativen lägen hier nicht vor. Im Übrigen sei auch nicht ersichtlich, inwiefern der für den Erlass der einstweiligen Verfügung erforderliche Verfügungsgrund vorliege.
Der Betriebsrat beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Aachen vom 5. Juli 2011 – 4 BVGa 4/11 – die Anträge zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss. Da sie erstinstanzlich in dem Kündigungsrechtsstreit obsiegt habe, stehe ihr der Weiterbeschäftigungsanspruch zu. Sie habe bislang die von der Arbeitgeberin verweigerte Weiterbeschäftigung nicht gerichtlich geltend gemacht, um eine weitere Eskalation zu vermeiden. Sie wolle an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Es liege auch der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Verfügungsgrund vor, da sei als gewähltes Betriebsratsmitglied jederzeit die Möglichkeit haben müsse, an ordentlichen Betriebsratssitzungen teilzunehmen.
- 4 -
Zuletzt habe der Betriebsrat am 13. Juli 2011 eine Sitzung abgehalten, ohne sie einzuladen und ihr die Teilnahme zu ermöglichen.
Die Arbeitgeberin hat keine Stellungnahme in dem Verfahren abgegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
A. Die Beschwerde ist zulässig.
Die Beschwerde ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
B. Die Beschwerde ist auch begründet.
Die Antragstellerin hat derzeit keinen Anspruch auf Ladung und Teilnahme an den Betriebsratssitzungen.
Nach §§ 935, 940 ZPO, die auch im Beschlussverfahren anwendbar sind, setzt der Erlass einer einstweiligen Verfügung sowohl einen Verfügungsanspruch als auch einen Verfügungsgrund voraus.
Es fehlt hier bereits an dem erforderlichen Verfügungsanspruch.
1. Die Kammer folgt der überwiegenden Ansicht in der Rechtsprechung und L i t e r a t u r , w o n a c h b i s z u m r e c h t s k r ä f t i g e n A b s c h l u s s d e s Kündigungsrechtsstreits die Mitgliedschaft des betroffenen Betriebsratsmitglieds im Betriebsrat grundsätzlich zweifelhaft ist und diese Ungewissheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses in der Regel dazu
- 5 -
führt, dass von einer Verhinderung des Betriebsratsmitglieds an der Amtsausübung auszugehen ist. Solange hat das Betriebsratsmitglied kein Recht auf Ladung und Teilnahme an Betriebsratssitzungen (vgl. BAG, Beschluss vom 10. November 2004 – 7 ABR 12/04 -; LAG Köln, Beschluss vom 12. Dezember 2001 – 8 TaBV 72/01 -; LAG Hamburg, Beschluss vom 6. Oktober 2005 – 7 TaBV 7/05 -; LAG München, Beschluss vom 27. Januar 2011 – 3 TaBVGa 20/10 -; ErfK-Eisemann, 8. Aufl., § 24 BetrVG, Rdn. 4; Fitting, BetrVG, 25. Aufl., § 24 Rdn. 16 f.; HWK-Reichold, Arbeitsrechtskommentar, 4. Aufl., § 24 Rdn. 5; KR-Etzel, 9. Aufl., § 103 BetrVG Rdn. 152 f.).
Eine Ausnahme gilt, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam ist. Es muss insbesondere verhindert werden, dass der Arbeitgeber durch evident unwirksame fristlose Kündigungen Einfluss auf die Zusammensetzung des Betriebsrats nimmt.
Eine weitere Ausnahme ist für den Fall zu bejahen, dass ein Weiterbeschäftigungsanspruch besteht und das gekündigte Betriebsratsmitglied diesen Anspruch auch gerichtlich durchgesetzt hat. Diese gerichtliche Entscheidung begründet mit einiger Wahrscheinlichkeit die Annahme, dass die betreffende Person weiterhin als Amtsinhaber anzusehen ist und deshalb ein Verhinderungsgrund für die Ausübung des Betriebsratsamts nicht besteht (vgl. LAG Köln, Beschluss vom 12. Dezember 2001 – 8 TaBV 72/01 -; LAG München, Beschluss vom 27. Januar 2011 – 3 TaBVGa 20/10 -; KR-Etzel, a.a.O., § 103 BetrVG Rdn. 153).
Dagegen reicht es nicht aus, dass das Arbeitsgericht im Kündigungsschutzverfahren (lediglich) die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt hat, ohne über einen Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung zu erkennen. Zwar mag bei einem erstinstanzlichen Obsiegen im Kündigungsschutzprozess in der Regel auch ein Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung bereits während der Dauer des Kündigungsrechtsstreits
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bestehen. Jedoch ist dies – ausgehend von den Grundsätzen in der Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Februar 1985 – GS 1/84 – nicht zwingend. Es gilt in dem Interessenkonflikt zwischen den Arbeitsvertragsparteien abzuwägen. Zu einer derartigen Abwägung besteht nur Anlass bei einer entsprechenden Antragstellung durch das gekündigte Betriebsratsmitglied. Spricht dann das Arbeitsgericht die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung aus, so besteht zugleich für den Betriebsrat Rechtssicherheit bei der Entscheidung, das gekündigte Betriebsratsmitglied zu der Betriebsratssitzung einzuladen und nicht ein Ersatzmitglied (LAG München, Beschluss vom 27. Januar 2011 – 3 TaBVGa 20/10 - ). Er darf davon ausgehen, dass das gekündigte Betriebsratsmitglied bereits vor Abschluss des Kündigungsrechtsstreits an seinen bisherigen Arbeitsplatz zurückkehrt und zu einer ordnungsgemäßen Amtsausübung in der Lage ist.
Dies führt auch nicht zu einer nach § 78 BetrVG unzulässigen Behinderung bei der Ausübung des Betriebsratsamtes. Der Betriebsrat bleibt weiter funktionsfähig, weil für das gekündigte Betriebsratsmitglied ein Ersatzmitglied zu laden ist und im Regelfall auch geladen werden kann. Zudem bleibt dem gekündigten Betriebsratsmitglied ungeachtet der zeitweiligen Verhinderung der Status eines gewählten Betriebsratsmitgliedes erhalten (vgl. LAG München, Beschluss vom 27. Januar 2011 – 3 TaBVGa 20/10 -).
2. Da die Antragstellerin nicht den Anspruch auf Weiterbeschäftigung bereits während der Dauer des Kündigungsrechtsstreits gerichtlich geltend gemacht hat und demzufolge es auch an einer entsprechenden erstinstanzlichen Entscheidung fehlt, sind derzeit die Anträge auf Einladung zu Betriebsratssitzungen und Ermöglichung der Teilnahme unbegründet. Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nach § 923 Abs. 1 S. 3 ArbGG in Verbindung mit § 85 Abs. 2 ArbGG nicht statthaft.
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S
H
H
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