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LAG Köln, Urteil vom 28.09.2010, 5 Sa 814/10
Schlagworte: | Kündigung: Kündigungsverzicht | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Köln | |
Aktenzeichen: | 5 Sa 814/10 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 28.09.2010 | |
Leitsätze: | Die Äußerung des Firmeninhabers, auch wenn es der Firma mal nicht so gut gehe, werde der Arbeitnehmer der "Letzte sein, der das Licht ausmache", kann nicht als vertragliche Kündigungsbeschränkung gewertet werden. | |
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 23.04.2010, 1 Ca 8799/09 | |
Landesarbeitsgericht Köln, 5 Sa 814/10
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Köln vom 23.04.2010 – 1 Ca 8799/09 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren um die Wirksamkeit einer ordentlichen arbeitgeberseitigen Beendigungskündigung, den Weiterbeschäftigungsanspruch sowie einen Anspruch auf Zahlung einer zusätzlichen Vergütung.
Die Beklagte erbringt Transportleistungen insbesondere im Bereich von Sand und Kies. Sie handelt ferner mit Schuttgütern und deponiert diese. Das Unternehmen wurde im Jahr 2005 von dem im Januar 2009 verstorbenen Unternehmer H gegründet.
Der am 05.09.1947 geborene, verheiratete Kläger war nach seinen Angaben in der Klageschrift seit dem 03.01.2005 bei der Beklagten zu einem Bruttomonatsverdienst in Höhe von 3.500,00 € zuzüglich einer Prämie in Höhe von 1 % des monatlichen Umsatzes, abzurechnen jeweils im Folgemonat und jeweils vorab abzurechnenden 1.500,00 € sowie zuzüglich einem Vorteil für die Gewährung der privaten Nutzung eines Dienstfahrzeuges in Höhe von rund 615,00 € als Angestellter beschäftigt.
Mit Wirkung ab dem 20.03.2009 wurde er von der Beklagten zu deren Prokurist bestellt.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger durch Schreiben vom 31.08.2009, dem Kläger am selben Tag zugegangen, zum Ablauf des 30.09.2009 und stellte ihn zugleich mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung noch offenen Urlaubs von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei.
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Mit seiner am 18.09.2009 bei Gericht eingegangenen Kündigungsschutzklage hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewandt und seine Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen begehrt sowie verschiedene Auskunfts- und Zahlungsansprüche geltend gemacht.
Dazu hat der Kläger vorgetragen, das Kündigungsschutzgesetz sei anwendbar, da die Beklagte nach Auskunftserteilung des Steuerberaters zur Lohnsteueraußenprüfung und Bericht vom 05.08.2009 eine Zahl von fünf Arbeitnehmern angegeben habe. Die Kündigung sei mangels Vorliegens dringender betrieblicher Erfordernisse, die seiner Weiterbeschäftigung entgegenstünden, sozial gerechtfertigt. Durch seine Bestellung zum Prokuristen mit Wirkung vom 20.03.2009 sei sein Verantwortungsbereich ausgeweitet worden, sodass er einen Anspruch auf eine angemessene Gehaltssteigerung in Höhe von 3.000,00 € brutto pro Monat für seine Prokuristentätigkeit beanspruchen könne. Zudem habe er mit der Erbin des Unternehmensgründers eine Absprache getroffen, der zufolge seine Tätigkeit als Prokurist angemessen entlohnt werden solle und entsprechende Gehaltsforderungen mit Rücksicht auf die geschäftliche Situation und die private Belastung der Erbin gestundet würden.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die schriftliche Kündigung vom 31.08.2009, zugegangen am selben Tag, nicht zum 30.09.2009 aufgelöst worden ist;
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 30.09.2009 hinaus fortbesteht;
3. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Arbeitsbedingungen über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen;
4. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein angemessenes zusätzliches monatliches Entgelt für die Tätigkeit als Prokurist seit dem 20.03.2009 zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.03.2009;
5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn monatlich 615,44 € brutto nebst Zinsen zur Abgeltung des Ausfalls der vertraglich vereinbarten privaten Nutzung des Dienstwagens seit dem 01.09.2009 zu zahlen;
6. die Beklagte zu verurteilen, ihm die Lohnbescheinigung für den Monat Januar 2009 zu erteilen;
7. die Beklagte zu verurteilen, belegte Auskunft über die im Monat Dezember 2008 erzielten Umsätze zu erteilen,
a. ggf. die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft an Eides statt zu versichern,
b. an ihn eine Prämie in Höhe von 1 % für den über 150.000,00 € hinaus erzielten Umsatz für den Monat Dezember 2008 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.12.2008 zu zahlen;
8. die Beklagte zu verurteilen, belegte Auskunft über die im Monat Januar 2009 erzielten Umsätze zu erteilen,
a. ggf. die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft an Eides statt zu versichern,
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b. an ihn eine Prämie in Höhe von 1 % für den über 150.000,00 € hinaus erzielten Umsatz für den Monat Januar 2009 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.01.2009 zu zahlen;
9. hilfsweise zu den Anträgen zu 1. bis 3., die Beklagte zu verurteilen, an ihn 29.400,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zur Abgeltung von Urlaub z zahlen;
10. hilfsweise für den Fall der Begründetheit der von der Beklagten hilfsweise erklärten Aufrechnung, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 15.025,57 € zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, die Kündigung sei wirksam. Zum Zeitpunkt der Kündigung habe sie nur drei Arbeitnehmer beschäftigt, sodass das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar sei. Die weiteren Forderungen des Klägers seien ebenfalls unbegründet. Hilfsweise werde in Höhe von 8.586,00 € die Aufrechnung erklärt. Dieser Betrag resultiere daraus, dass sich bei einer Lohnsteueraußenprüfung ergeben habe, dass der Kläger den Privatanteil seines Dienstwagens nicht ordnungsgemäß versteuert habe, sodass sie zu einer Nachzahlung in dieser Höhe herangezogen worden sei.
Das Arbeitsgericht hat durch Teilurteil vom 23.04.2010 über die Anträge zu 1, 2, 3 und 4 entschieden und diese abgewiesen.
Der Antrag zu 1 – der Kündigungsschutzantrag – sei unbegründet, denn das Kündigungsschutzgesetz sei nicht anwendbar, da im Betrieb der Beklagten weniger als 10 Arbeitnehmer beschäftigt seien und die Altfallregelung des § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG ebenfalls nicht eingreife, weil der Kläger nicht dargelegt habe, dass mehr als 5
Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2003/2004 beschäftigt gewesen seien und zudem das Arbeitsverhältnis erst nach dem 31.12.2003 begonnen habe.
Die Kündigung sei auch nicht nach den allgemeinen Bestimmungen der §§ 134, 138, 242, 612 a BGB, unwirksam. Der Antrag zu 2 – der allgemeine Feststellungsantrag sei unzulässig. Der Antrag zu 3 – der Weiterbeschäftigungsantrag – sei unbegründet, da das Arbeitsverhältnis durch die rechtswirksame Kündigung zum 30.09.2009 beendet worden sei. Der Antrag zu 4 – der Zahlungsantrag, gerichtet auf ein angemessenes zusätzliches monatliches Entgelt für die Tätigkeit als Prokurist seit dem 20.03.2009 – sei ebenfalls unbegründet, da aus der Erteilung einer Prokura kein Anspruch auf eine Vergütungserhöhung folge.
Gegen dieses Teilurteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegen und begründen lassen.
Das Kündigungsschutzgesetz sei anwendbar, da eine Altfallregelung vorliege. Denn der Kläger sei zwar formal Arbeitnehmer der Beklagten erst zum 03.01.2005 geworden, er sei jedoch faktisch für die verschiedenen Firmen des Herrn S bereits seit 1995 tätig gewesen. Da es für die vorangegangenen Tätigkeiten keine schriftlichen Arbeitsverträge gegeben habe, liege die Darlegungs- und Beweislast bei der Beklagten, weil sie gegen die Pflichten aus dem Nachweisgesetz verstoßen habe. Die Aufsplittung der verschiedenen Firmen der Beklagten und die unterlassene Erteilung eines schriftlichen Arbeitsvertrages führten zu
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einer Beweisvereitelung durch die Beklagte. Unter Bezugnahme auf die Handelsregisterauszüge (Bl. 194, 195 d. A.) trägt der Kläger vor, er habe seit Januar 2002 für die K gearbeitet. Zudem habe der Inhaber der Beklagten dem Kläger bereits anlässlich eines Gesprächs im November/Dezember 2001 gesagt, dass wenn der Kläger nochmals in die neue Firma wechseln würde, er auf jeden Fall sicher sein könne, dass er hier sein Einkommen bis zu Rente und darüber hinaus haben würde. Vor der Tätigkeit für die "K " sei der Kläger seit 1985 für die H tätig gewesen. Zugunsten des Klägers sei hier von einem Betriebsübergang auszugehen. Für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes in seiner Fassung vor dem 31.12.2003 sei zu berücksichtigen, dass auch für die K wohl mindestens ein weiteres Beschäftigungsverhältnis bestanden haben werde, sodass für die Unternehmensgesamtheit "K mehr als 5 Arbeitnehmer tätig gewesen seien. Etwa im November/Dezember 2001 habe der Erblasser dem Kläger gesagt, dass – wenn der Kläger nochmals in eine neue Firma wechseln würde – er auf jeden Fall sicher sein könne, dass er hier sein Einkommen bis zu Rente und darüber hinaus haben würde. Im Übrigen sei von einem Betriebsübergang auszugehen. Die Darlegungs- und Beweislast sei insgesamt auf die Beklagte verlagert, weil die Beklagte gegen das Nachweisgesetz verstoßen habe. Dies gelte sowohl für die getroffenen Vereinbarungen wie auch für die Zahl der Beschäftigten.
Die Kündigung verstoße darüber hinaus gegen § 242 BGB. Denn der Kläger wie auch andere Mitarbeiter seien gekündigt worden, weil sie nicht auf den vorgeschlagenen Lohnverzicht der mit den wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Beklagten begründet worden sei, eingegangen sein. So sei die Zeugin Ulrike Becker zunächst ebenso wie der Kläger gekündigt worden, weil sie auf den vorgeschlagenen Lohnverzicht nicht eingegangen sei. Zwei Tage später habe sich die Zeugin bereit erklärt, doch zu den angebotenen Konditionen zu arbeiten und sei daraufhin wieder eingestellt worden. Dies könne nur als widersprüchliches Verhalten verstanden werden. Entweder es werde betriebsbedingt gekündigt, dann könne aber nicht zwei Tage später der Gekündigte erneut eingestellt werden. Oder aber es bestünden eben keine betrieblich veranlassten Gründe, Arbeitnehmer zu entlassen. Zwischen dem Kläger und dem Erblasser sei eine Kündigungsbeschränkung verabredet worden. Der Erblasser habe dem Kläger auch anlässlich eines gemeinsamen Urlaubs der Eheleute F und S vom 26.03. bis 09.04.2002 gesagt, dass sich der Kläger keine Sorgen machen müsse und dass auch dann, wenn es der Firma einmal nicht mehr so gut gehe, der Kläger in jedem Fall der Letzte sei, der das Licht ausmache. Zudem sei auch eine individualvertragliche Kündigungsfrist von 6 Monaten schon im Dezember 2001 lässlich eines Besuchs im Haus von H besprochen worden. Die als Zeugin benannte Ehefrau des Klägers wisse von der Absprache zur 6-monatigen Kündigungsfrist, könne sich aber nicht genau erinnern, ob dies auch Inhalt des Gesprächs im Dezember 2001 gewesen sei. Jedenfalls habe Herr H seiner langjährigen Mitarbeiterin, der Zeugin U , gegenüber erwähnt, dass der Kläger nur mit Ablauf von 6 Monaten gekündigt werden könne. Zu welcher Gelegenheit Herr S dies mit Frau B besprochen habe, wisse der Kläger nicht. Er sei aber später von Frau B darauf angesprochen worden.
Schriftsätzlich hat der Kläger ferner vortragen lassen (Berufungsbegründung S. 10 Bl. 192 d. A.), dass er mit Frau Schumacher anlässlich eines Gesprächs im Mai 2009 eine zusätzliche Vergütung für seine Prokuristentätigkeit verabredet habe. Es sei nicht nachvollziehbar, warum das Arbeitsgericht auch diesbezüglich davon ausgegangen sei, dass es sich bei der Zeugenbenennung um einen Ausforschungsbeweis handele. Wegen Verstoßes gegen das Nachweisgesetz die durch die Beklagte könne die vereitelte Beweisbarkeit nicht zulasten des Klägers gehen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Teilurteils des Arbeitsgerichts Köln vom 23.04.2010 – 1 Ca 8799/09
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die schriftliche Kündigung vom 31.08.2009, zugegangen am selben Tag, nicht zum 30.09.2009 aufgelöst worden ist,
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2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den bisherigen Arbeitsbedingungen über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen,
3. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein angemessenes zusätzliches Entgelt für die Tätigkeit als Prokurist seit dem 20.03.2009 zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.03.2009.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, der Kläger habe selbst vorgetragen, dass nur 5 Arbeitnehmer
beschäftigt würden, sodass weder nach alter noch nach neuer Rechtslage das Kündigungsschutzgesetz Anwendung finde. Die vom Kläger vorgetragenen angeblichen Vereinbarungen würden bestritten. Der Kläger sei nach seiner Bestellung zum Prokuristen weitgehend untätig geblieben, sodass Insolvenz gedroht habe. Zur Abwendung der Insolvenz seien Vergütungsreduzierungen unumgänglich geworden. Da der Kläger hierauf nicht eingegangen sei, sei die fristgerechte Kündigung ausgesprochen worden. Ein zusätzlicher Vergütungsanspruch für die Erteilung der Prokura bestehe nicht und sei auch nicht vereinbart worden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist in der Sache nicht begründet. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Arbeitsgericht die Ansprüche, die Gegenstand des Teilurteils waren, abgewiesen. Auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts wird Bezug genommen. Zur Unterstreichung und im Hinblick auf das zweitinstanzliche Vorbringen der Parteien ist Folgendes festzuhalten.
I. Der Antrag zu 1, der Kündigungsschutzantrag ist unbegründet. Die ausgesprochene fristgerechte Kündigung ist rechtswirksam und hat das Arbeitsverhältnis zum 30.09.2009 aufgelöst.
II. Das Kündigungsschutzgesetz ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Nach § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG findet es keine Anwendung auf Betriebe, in denen in der Regel 10 oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt werden.
Der Kläger selbst geht nicht davon aus, dass diese Voraussetzung erreicht wäre. Er vertritt die Auffassung, dass das Kündigungsschutzgesetz aufgrund der Altfallregelung in § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG Anwendung finde.
Voraussetzung hierfür wäre jedoch, dass nach § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt wären und das Arbeitsverhältnis vor dem 31.12.2003 begonnen hätte.
An beiden Voraussetzungen mangelt es.
Schon nach dem erstinstanzlichen Vortrag des Klägers sind 5, aber eben nicht mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt gewesen.
Abgesehen davon, dass die Beklagte eine geringere Beschäftigtenzahl vorgetragen hat, fehlt es an jeglicher Konkretisierung, welche Arbeitnehmer durchgehend seit 2003 bei der
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Beklagten beschäftigt gewesen sein sollen.
Auch bei Zusammenrechnung der Beschäftigten der Firma M und der Beklagten ergibt sich nach den Darlegungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 28.09.2010 keine Beschäftigtenzahl von regelmäßig mehr als 5 Arbeitnehmern. Der Kläger hat die Gesamtbeschäftigtenzahl unter Einschluss der beiden Geschäftsführer/Geschäftsführerin mit 7 angegeben, sodass nach Abzug der beiden Geschäftsführer/Geschäftsführerin nur 5 Arbeitnehmer verbleiben. Selbst diese konnten nicht alle namentlich bezeichnet werden, abgesehen davon, dass die Voraussetzungen für einen gemeinsamen Betrieb verschiedene Unternehmen nicht dargelegt wurden (siehe hierzu BAG, Urteil vom 12.11.1998 – 2 AZR 459/97, NZA 1999, Seite 590 ff; Erfurter Kommentar/Kiel, 10. Auflage, § 23 KSchG Randnummer 5 mit umfangreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur).
Die Beweislast für die Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes und damit für die Zahl der Beschäftigten liegt beim Arbeitnehmer. Eine Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast wegen der vom Kläger behaupteten Verstöße gegen das Nachweisgesetz kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil nach dem Nachweisgesetz zu erteilenden schriftlichen Arbeitsnachweis die Zahl der Beschäftigten nicht aufzunehmen ist, sodass auch bei korrekt erteiltem Arbeitsnachweis der Kläger die anderen beschäftigten Arbeitnehmer aus dem Arbeitsnachweis nicht hätte ersehen können, sondern unabhängig hiervon konkret hätte angeben müssen.
Unabhängig vom Vorhergesagten ist die Altfallregelung des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KSchG auch deshalb nicht anwendbar, weil das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nach den Angaben, die der Kläger selbst in der Klageschrift gemacht hat, erst im Jahre 2005 begonnen hat.
Auf einen Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB kann sich der Kläger nicht berufen. Es ist, auch nach den Bekundungen der Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 28.09.2010 unstreitig, dass die Firma Dr. M und die Beklagte zwei unterschiedliche und nebeneinander existierende Unternehmen sind, die verschiedene Geschäftsgegenstände haben. Während die Firma Dr. M eine Produktionsunternehmung ist, die sich mit dem Abbau und der Bearbeitung von Sand und Kies beschäftigt, ist die Beklagte eine Unternehmung, die Transportleistungen insbesondere im Bereich Sand und Kies erbringt. Von einem Betriebsübergang kann daher nicht ausgegangen werden.
Das Kündigungsschutzgesetz ist daher aus mehreren unabhängig voneinander bestehenden Gründen auf das vorliegende Arbeitsverhältnis nicht anwendbar.
2. Von einer vertraglich vereinbarten Kündigungsbeschränkung kann nicht ausgegangen werden. Die vom Kläger behauptete Äußerung des Herrn Schumacher in den Jahren 2001 und 2002, der Kläger könne sicher sein, falls er nochmals in eine neue Firma wechseln würde, dass sein Einkommen bis zur Rente und darüber hinaus sicher sein werde, hat keine rechtlich verbindliche Qualität.
Der Äußerung kann, wenn sie denn getätigt worden sein sollte, was die Beklagte bestreitet, keine konkrete hinreichend bestimmte Kündigungsbeschränkung entnommen werden. Weder der Inhalt einer solchen Kündigungsbeschränkung noch die Reichweite sind damit festgelegt. Es mangelt an jeglicher Darlegung, welche Art von Kündigung und für welchen Zeitraum ausgeschlossen gewesen sein soll. Da die Aussage zudem in den Jahren 2001 und 2002 erfolgt sein soll, kann sie nicht auf ein Arbeitsverhältnis bezogen werden, dass zum Zeitpunkt dieser behaupteten Äußerungen noch gar nicht bestand, sondern erst fast 3 Jahre später begründet wurde. Eine Beweislastumkehr kommt auch diesbezüglich nicht in Betracht, weil unabhängig von allen anderen Zweifelsfragen dafür erforderlich wäre, dass sich aus dem Vortrag des Klägers ergeben würde, dass eine verbindliche und mit konkretem
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Inhalt gefüllte Kündigungsbeschränkung jedenfalls mündlich vereinbart worden wäre. Genau dies kann dem Vortrag des Klägers jedoch nicht entnommen werden.
Unabhängig hiervon sprechen auch die vom Kläger angeführten Gesprächssituationen durchgreifend gegen einen für eine rechtsverbindliche Zusage erforderlichen Rechtsbindungswillen. Denn beide Gesprächssituationen – sowohl das gemeinsame Abendessen der Eheleute als auch der gemeinsame Urlaub – unterstreichen, dass es sich
nicht um geschäftliche Vertragsverhandlungstermine handelte, sondern um private, freundschaftliche Zusammenkünfte.
Die vom Kläger behaupteten Äußerungen können aus all diesen Gründen nur als allgemeine Wohlwollensäußerungen bewertet, die erkennbar keinen Rechtsbindungswillen im Hinblick auf konkret beabsichtigte Rechtsfolgen zum Inhalt hatten.
Von einer konkreten Kündigungsbeschränkung kann daher schon nach dem Vortrag des Klägers nicht ausgegangen werden.
3. Die Kündigung ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB rechtsunwirksam. Sie ist insbesondere nicht, wie der Kläger meint, wegen eines widersprüchlichen Verhaltens als rechtsunwirksam zu werten. Ausgangspunkt ist die auch vom Kläger nicht bestrittene negative finanzielle Entwicklung der Beklagten, die die Beklagte an den Rand der Insolvenz geführt hat. Angesichts dessen ist es weder widersprüchlich noch treuwidrig, von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rahmen einer Sanierung einen teilweisen Verzicht auf Gehaltsbestandteile zu erbitten. Dies konnte auch von dem überdurchschnittlich bezahlten Kläger erwartet werden. Es war daher nicht widersprüchlich, sondern im Gegenteil konsequent, wenn die Beklagte nur diejenigen Mitarbeiter weiter beschäftigt hat, die zum Zwecke der Sanierung des Unternehmens zu einer Gehaltsreduzierung bereit waren.
Daher kann eine Treuwidrigkeit zu Lasten des Klägers, der eine solche Bereitschaft zur Gehaltsreduzierung nicht verbindlich erklärt hat, nicht angenommen werden.
Die Kündigung scheitert daher nicht an § 242 BGB.
4. Schließlich ist die Kündigungsfrist zutreffend gemäß § 622 Abs. 1 BGB mit Ablauf des 30.09.2009 berechnet worden.
Eine verlängerte Kündigungsfrist wegen der Vorbeschäftigung des Klägers bei verschiedenen anderen Unternehmen kam nicht in Betracht. Aus den bereits dargelegten Gründen kann nicht von einem Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB ausgegangen werden, sodass sich eine verlängerte Kündigungsfrist nicht aus einem Betriebsübergang ergeben konnte.
Auch eine einzelvertragliche Vereinbarung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten ist nicht substantiiert dargetan. Bereits das Arbeitsgericht hatte in seinem Urteil zu Recht darauf hingewiesen, dass der diesbezügliche Vortrag des Klägers, es sei eine 6-monatige Kündigungsfrist vereinbart worden, ohne einlassungsfähigen Tatsachenvortrag und daher unsubstantiiert sei. Die vom Kläger benannten Zeuginnen seien nicht zu vernehmen, weil dies auf einen Ausforschungsbeweis hinauslaufe. Trotz dieses eindeutigen gerichtlichen Hinweises im erstinstanzlichen Urteil hat der Kläger in der Berufungserwiderung keinen Vortrag zu liefern vermocht, der sein Vorbringen im Sinne eines substantiierten Tatsachenvortrages schlüssig gemacht hätte.
Schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers sind weder die benannte Zeugin B noch die benannte Zeugin F bei dem Gespräch anwesend gewesen, in dem Herr S dem Kläger eine
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6-monatige Kündigungsfrist zugesagt haben soll. Es fehlt darüber hinaus an jeglichem Vortrag, wann genau, in welcher Gesprächssituation und mit welchen Worten Herr Schumacher dem Kläger eine solche 6-monatige Kündigungsfrist zugesagt haben soll. Der Kläger hat zudem keine schlüssige Erklärung dafür zu liefern vermocht, weshalb er insoweit nicht auf eine schriftliche Fixierung gedrängt hat, obwohl er als späterer Prokurist und ferner als Geschäftsführer der Firma M ausreichend geschäftserfahren sein musste, um zu wissen, dass zu Beweiszwecken eine schriftliche Fixierung geboten war. Im Vortrag des Klägers in der Klageschrift (S. 7/ Bl. 7 d. Akte) lässt sich nicht einmal mit hinreichender Sicherheit entnehmen, dass und wann genau eine konkrete Frist besprochen worden ist. Die Behauptung, Herr Schumacher habe dem Kläger gesagt, im Notfall sei er der Letzte, der in der Kölner Baggerei das Licht ausmache, ist jedenfalls nicht geeignet, daraus konkret eine 6-monatige Kündigungsfristvereinbarung abzuleiten.
Insgesamt ist das Arbeitsverhältnis daher durch die Kündigung der Beklagten rechtswirksam zum 30.09.2009 beendet worden.
II. Der Weiterbeschäftigungsantrag konnte keinen Erfolg haben, da das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung rechtswirksam zum 30.09.2009 aufgelöst wurde.
III. Der Zahlungsantrag hatte ebenfalls keinen Erfolg. Er ist unzulässig, im Übrigen unbegründet.
a. Die Unzulässigkeit folgt bereits daraus, dass kein konkreter Zahlungsantrag gestellt worden ist. Dies widerspricht § 253 Abs. 1 Nr. 2 ZPO.
b. Unabhängig davon ist der Zahlungsanspruch auch unbegründet. Denn eine verbindliche Vereinbarung über eine zusätzliche Vergütung anlässlich der Bestellung zum Prokuristen ist schon nach dem Vortrag des Klägers nicht gegeben.
Da gesetzlich ein zusätzlicher Vergütungsanspruch bei Erteilung der Prokura nicht vorgesehen ist, konnte ein solcher Anspruch nur entstehen, wenn es eine konkrete vertragliche Zusage der Beklagten gab.
Eine solche liegt jedoch nicht vor, weil es schon nach dem Vortrag des Klägers an der Einigung auf eine konkrete Summe fehlt. Nach dem Vortrag des Klägers, auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 28.09.2010 ist, wenn man die Richtigkeit dieses Vortrages unterstellt, lediglich ein Rahmen besprochen worden. Eine konkrete fixe Mehrvergütung ist hingegen nicht festgelegt worden. Dem entspricht es auch, dass der Kläger keinen konkreten Zahlungsantrag gestellt hat, sondern seinen Antrag auf eine angemessene Vergütung gerichtet hat. Eine solche konkrete Summe hätte aber vereinbart werden müssen, um eine verbindliche Einigung annehmen zu können.
Es kommt hinzu, dass der Kläger erklärt hat, üblicherweise seien mündliche Abmachungen per Handschlag besiegelt worden. Die Absprache mit der Geschäftsführerin Frau S bezüglich der zusätzlichen Vergütung für die Prokura sei aber nicht per Handschlag besiegelt worden. Dies unterstreicht, dass es sich bei der vom Kläger behaupteten Erklärung allenfalls um Absichtserklärungen handelte, nicht aber um die konkrete Vereinbarung einer genau definierten zusätzlichen Vergütung. Eine konkrete Einigung über eine bestimmte Mehrvergütungssumme ist daher nicht zustande gekommen.
Deshalb war auch der Zahlungsanspruch des Klägers unbegründet.
IV. Insgesamt hatte die Berufung des Klägers keinen Erfolg und musste mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden.
Die Revision konnte nicht zugelassen werden, da die Rechtssache keine
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rechtsgrundsätzliche Bedeutung hatte und auch kein Fall von Divergenz vorlag.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil ist kein weiteres Rechtsmittel gegeben. Hinsichtlich einer Nichtzulassungsbeschwerde wird auf die in § 72 a ArbGG genannten Voraussetzungen Bezug genommen.
Dr. Griese
Haas
Reuber
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