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HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

LAG Schles­wig-Hol­stein, Be­schluss vom 18.06.2008, 3 TaBV 8/08

   
Schlagworte: Betriebsrat: Mitbestimmung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Aktenzeichen: 3 TaBV 8/08
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 18.06.2008
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Elmshorn
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt Schles­wig-Hol­stein

Ak­ten­zei­chen: 3 TaBV 8/08
2 BV 89 d/07 ArbG Elms­horn
(Bit­te bei al­len Schrei­ben an­ge­ben!)

 

Verkündet am 18.06.2008

gez. ...
als Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

 

Be­schluss

Im Na­men des Vol­kes

Im Be­schluss­ver­fah­ren mit den Be­tei­lig­ten pp.

hat die 3. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Schles­wig-Hol­stein auf die Anhörung der Be­tei­lig­ten am 18.06.2008 durch die Vor­sit­zen­de Rich­te­rin am Lan­des­ar­beits­ge­richt ... als Vor­sit­zen­de und d. eh­ren­amt­li­chen Rich­ter ... als Bei­sit­zer und d. eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin ... als Bei­sit­ze­rin

b e s c h l o s s e n:

Die Be­schwer­de der Ar­beit­ge­be­rin (Be­tei­lig­ten zu 1) ge­gen den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Elms­horn vom 6.12.2007 – 2 BV 50 d/07 – wird zurück­ge­wie­sen.

Die Rechts­be­schwer­de wird zu­ge­las­sen.

Rechts­mit­tel­be­leh­rung

Ge­gen die­sen Be­schluss können die Be­tei­lig­ten durch Ein­rei­chung ei­ner Rechts­be­schwer­de­schrift bei dem

Bun­des­ar­beits­ge­richt in 99084 Er­furt, Hu­go-Preuß-Platz 1,

Te­le­fax: (0361) 26 36 - 20 00,

Rechts­be­schwer­de ein­le­gen.

 

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Die Rechts­be­schwer­de­schrift muss

bin­nen ei­ner Not­frist von ei­nem Mo­nat

beim Bun­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­gen sein.

Der Rechts­be­schwer­deführer muss die Rechts­be­schwer­de be­gründen. Die Rechts­be­schwer­de­be­gründung ist, so­fern sie nicht be­reits in der Rechts­be­schwer­de­schrift ent­hal­ten ist, in ei­nem Schrift­satz bei dem Bun­des­ar­beits­ge­richt ein­zu­rei­chen. Die Frist für die Rechts­be­schwer­de­be­gründung beträgt

zwei Mo­na­te.

Die Fris­ten für die Ein­le­gung und die Be­gründung der Rechts­be­schwer­de be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Be­schlus­ses, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

Die Rechts­be­schwer­de­schrift muss den Be­schluss be­zeich­nen, ge­gen den die Rechts­be­schwer­de ge­rich­tet wird, und die Erklärung ent­hal­ten, dass ge­gen die­sen Be­schluss Rechts­be­schwer­de ein­ge­legt wer­de.

Der Rechts­be­schwer­de­schrift soll ei­ne Aus­fer­ti­gung oder be­glau­big­te Ab­schrift des an­ge­foch­te­nen Be­schlus­ses bei­gefügt wer­den.

Die Rechts­be­schwer­de und ih­re Be­gründung müssen von ei­nem bei ei­nem deut­schen Ge­richt zu­ge­las­se­nen Rechts­an­walt un­ter­zeich­net sein.

Der Schrift­form wird auch durch Ein­rei­chung ei­nes elek­tro­ni­schen Do­ku­ments genügt, wenn es für die Be­ar­bei­tung durch das Ge­richt ge­eig­net ist. Schriftsätze können da­zu über ei­ne ge­si­cher­te Ver­bin­dung in den elek­tro­ni­schen Ge­richts­brief­kas­ten des Bun­des­ar­beits­ge­richts ein­ge­legt wer­den. Die er­for­der­li­che Zu­gangs- und Über­tra­gungs­soft­ware kann li­zenz­kos­ten­frei über die In­ter­net­sei­te des Bun­des­ar­beits­ge­richts (www.bun­des­ar­beits­ge­richt.de) her­un­ter­ge­la­den wer­den. Das Do­ku­ment ist mit ei­ner qua­li­fi­zier­ten Si­gna­tur nach dem Si­gna­tur­ge­setz zu ver­se­hen. Nähe­re In­for­ma­tio­nen fin­den sich auf der In­ter­net­sei­te des Bun­des­ar­beits­ge­richts (s.o.) so­wie un­ter www.egvp.de.

(Rechts­mit­tel­schrif­ten, Rechts­mit­tel­be­gründungs­schrif­ten und wech­sel­sei­ti­ge Schriftsätze im Ver­fah­ren vor dem Bun­des­ar­beits­ge­richt sind in sie­ben­fa­cher - für je­den wei­te­ren Be­tei­lig­ten ei­ne wei­te­re - Aus­fer­ti­gung ein­zu­rei­chen).

 

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Gründe

I.

Die Par­tei­en strei­ten im Be­schwer­de­ver­fah­ren über die Er­set­zung der Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zur Ein­stel­lung von vier­zehn Leih­ar­beit­neh­mern.

Die an­trag­stel­len­de Ar­beit­ge­be­rin (im Fol­gen­den: P.) be­treibt ein Un­ter­neh­men des öffent­li­chen Per­so­nen­nah­ver­kehrs. Sie ist ein Kon­zern­un­ter­neh­men der V.-AG. Zwi­schen der V.-AG und der P. be­steht ein Be­herr­schungs- und Ge­winn­abführungs­ver­trag.

Toch­ter­un­ter­neh­men der P. ist die Fir­ma G. GmbH. Die­se be­fasst sich eben­falls mit dem öffent­li­chen Per­so­nen­nah­ver­kehr, hat kei­ne ei­ge­ne Be­triebsstätte. P. und G. GmbH führen ei­nen Ge­mein­schafts­be­trieb. Die V.-AG hat ein wei­te­res Toch­ter­un­ter­neh­men, die H. mit be­schränk­ter Haf­tung (im Fol­gen­den H.). Die­se wur­de am 21.12.2006 ins Han­dels­re­gis­ter ein­ge­tra­gen. Ge­gen­stand ih­res Un­ter­neh­mens ist nach der HB-Ein­tra­gung:

„Der Be­trieb ei­nes Un­ter­neh­mens der Per­so­nen­beförde­rung in al­len der Ge­sell­schaft von den Behörden er­laub­ten For­men (ins­be­son­de­re Li­ni­en- und Ge­le­gen­heits­ver­kehr), die Ver­mitt­lung von Beförde­rungs­an­ge­bo­ten so­wie die ge­werb­li­che Über­las­sung von Ar­beit­neh­mern nebst al­len die­sem Zweck die­nen­den Geschäften.“

(Bl. 20 d. A.).

Herr P. ist Geschäftsführer der H., der P. und gleich­zei­tig ver­tre­tungs­be­rech­tig­tes Vor­stands­mit­glied der V. -AG. Die H. verfügt über kei­ne ei­ge­nen Be­triebs­mit­tel. Un­ge­ach­tet der Ein­tra­gung im Han­dels­re­gis­ter ist sie aus­sch­ließlich im Be­reich der Ar­beit­neh­merüber­las­sung tätig. Sie ist der­zeit Ver­trags­ar­beit­ge­be­rin von ca. 70 an die P./G. GmbH ver­lie­he­nen be­fris­tet ein­ge­stell­ten Ar­beit­neh­mern und von ca. wei­te­ren 70 an die V.-AG ver­lie­he­nen be­fris­tet ein­ge­stell­ten Ar­beit­neh­mern. Zwi­schen der H. und der Kon­zern­mut­ter V.-AG be­steht eben­falls ein Be­herr­schungs- und Ge­winn­abführungs­ver­trag (An­la­ge A 5 – Bl. 40 ff. d. A.). Die H. hat ab­ge­se­hen von den ver­lie-

 

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he­nen Ar­beit­neh­mern kein ei­ge­nes Per­so­nal. Die Be­ar­bei­tung von Ver­wal­tungstätig­kei­ten so­wie die Per­so­nal­wirt­schaft wur­den per Geschäfts­be­sor­gungs­ver­trag der Kon­zern­mut­ter V.-AG ge­gen Zah­lung ei­ner pau­scha­len Vergütung von mo­nat­lich 5 % der an­fal­len­den Ge­samt­lohn­kos­ten pro zu be­treu­en­dem Mit­ar­bei­ter über­tra­gen (An­la­ge A 6 – Bl. 45 ff. d. A.). Die H. verfügt über kei­ne Er­laub­nis zur Per­so­nalüber­las­sung. Sie ist be­an­tragt, aber – bis­her – nicht er­teilt.

Um Per­so­nal­kos­ten zu re­du­zie­ren ent­schloss sich die An­trag­stel­le­rin, die P., neue Mit­ar­bei­ter künf­tig nicht mehr selbst oder über ihr Toch­ter­un­ter­neh­men G. GmbH ein­zu­stel­len, die­se viel­mehr von ih­rer Schwes­ter, der Per­so­nalüber­las­sungs­ge­sell­schaft H. aus­zu­lei­hen. Sie schloss mit der H. ei­nen „Rah­men­ver­trag zur kon­zern­in­ter­nen Über­las­sung von Ar­beit­neh­mern“, nämlich Kraf­tom­ni­bus­fah­rern. Als Vergütung für die Ar­beit­neh­merüber­las­sung wur­de in § 2 die Zah­lung der je­weils an­fal­len­den Ge­samt­lohn­kos­ten die­ser Ar­beit­neh­mer zuzüglich ei­ner 5 %igen Ver­wal­tungs­pau­scha­le ver­ein­bart. Die P. wur­de darüber hin­aus in § 4 die­ses Rah­men­ta­rif­ver­tra­ges un­ter an­de­rem ermäch­tigt, dis­zi­pli­na­ri­sche Maßnah­men, ins­be­son­de­re Er­mah­nun­gen, Ab­mah­nun­gen und Kündi­gun­gen ge­genüber den Ar­beit­neh­mern im Na­men der H. zu erklären. Die Über­las­sung der ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer er­folgt gemäß § 6 des Rah­men­ver­tra­ges je­weils un­be­fris­tet (An­la­ge A 4 – Bl. 36 – 39 d. A.).

Die Ein­stel­lungs- und Aus­wahl­gespräche mit et­wai­gen bei der H. mit Ein­satz­be­reich P./G. GmbH ein­zu­stel­len­den Ar­beit­neh­mern führt die P..

Die H. schließt gleich lau­ten­de, je­weils sach­grund­los zeit­lich auf ma­xi­mal zwei Jah­re be­fris­te­te Ar­beits­verträge mit ih­ren Leih­ar­beit­neh­mern. Es han­delt sich um voll­zeit­beschäftig­te Bus­fah­rer, die im Li­ni­en­dienst und im Schicht­be­trieb die glei­chen Diens­te wie die Stamm­be­leg­schaft der P./ G. GmbH ver­rich­ten. De­ren Ar­beits­verhält­nis rich­tet sich nach dem all­ge­mein­ver­bind­li­chen MTV für die ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mer/in­nen des pri­va­ten Om­ni­bus­ge­wer­bes in Schles­wig-Hol­stein in der je­weils gülti­gen Fas­sung. Die Ent­loh­nung rich­tet sich nach dem Lohn­ta­rif­ver­trag für die ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mer des Om­ni­bus­ge­wer­bes in Schles­wig-Hol­stein (SH- OVN, An­la­ge BK 1 – Bl. 138 ff d.A.).

 

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Die P. zahlt über Ta­rif. Sie gewährt ih­ren Mit­ar­bei­tern u.a. – kürz­bar nach Fehl­ta­gen - bei ei­ner An­we­sen­heits­quo­te von 100% ei­ne „Ak­tiv­prämie“ von 133,00 EUR brut­to mo­nat­lich (An­la­ge BK 2 bis BK 4 – Bl.144 – 159 d. A.). Ver­gleich­ba­re Ansprüche exis­tie­ren we­der bei der H. noch bei der G. GmbH. Fer­ner zahlt die P. ih­ren Ar­beit­neh­mern jähr­lich 820,00 EUR, ma­xi­mal 1/2 Ge­halt Ur­laubs­geld, während die H. und die G. mbH ein ta­rif­li­ches Ur­laubs­geld von 15,00 EUR pro Ur­laubs­tag gewähren. Das Weih­nachts­geld beläuft sich bei der P. auf 1800,00 EUR p.a. zzgl. 16,00 EUR pro Jahr der Be­triebs­zu­gehörig­keit. Das von H. und G. GmbH ge­schul­de­te ta­rif­li­che Weih­nachts­geld beträgt 524,00 EUR. Darüber hin­aus exis­tie­ren wei­te­re Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen bei der P., die auf H.-Mit­ar­bei­ter kei­ne An­wen­dung fin­den. Hin­sicht­lich der De­tails wird auf den Schrift­satz der Ar­beit­ge­be­rin vom 13.06.2008 nebst den bei­gefügten An­la­gen BK 1 – BK 10 ver­wie­sen (Bl.138 – Bl. 172 d.A.).

Seit dem 01.04.2007 strei­ten sich die Be­tei­lig­ten in ei­ner Viel­zahl von Zu­stim­mungs­er­set­zungs­ver­fah­ren über die Er­tei­lung der Zu­stim­mung des Be­triebs­ra­tes zur be­fris­te­ten Ein­stel­lung von Leih­ar­beit­neh­mern der H.. Streit­ge­gen­stand ist vor­lie­gend die be­fris­te­te Ein­stel­lung von vier­zehn von der H. ent­lie­he­nen Bus­fah­rern. Drei­zehn von ih­nen wa­ren bis­lang bei der G. GmbH sach­grund­los be­fris­tet als Bus­fah­rer an­ge­stellt. Sie soll­ten ab dem 01.04.2007 von der H. ein­ge­stellt und von dort an den Be­trieb der P./G. GmbH aus­ge­lie­hen wer­den. Nach ei­ner ers­ten Anhörung ver­wei­ger­te der Be­triebs­rat die Zu­stim­mung zur be­an­trag­ten Ein­stel­lung die­ser Per­so­nen als Leih­ar­beit­neh­mer. Durch - nicht rechts­kräfti­gen - Be­schluss vom 30.8.2007 (2 BV 6 d/07) hat das Ar­beits­ge­richt Elms­horn den An­trag auf Er­set­zung der Zu­stim­mung zurück­ge­wie­sen. Das Be­schwer­de­ver­fah­ren da­zu wird un­ter dem Az. 4 TaBV 38/07 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt Schles­wig-Hol­stein geführt und ist noch nicht ent­schie­den. Ein Schwer­punkt des dor­ti­gen Ver­fah­rens ist vor al­lem, ob der Be­triebs­rat um­fas­send in­for­miert wur­de.

Die Ar­beit­neh­mer sind im Ein­verständ­nis mit dem Be­triebs­rat vorläufig gem. § 100 Be­trVG beschäftigt.

Be­reits vor der Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts hat die Ar­beit­ge­be­rin mit Schrei­ben vom 25.6.2007 (Bl. 4 – 6 d.A.) er­neut die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zur Ein­stel­lung die­ser vier­zehn Per­so­nen be­an­tragt und wei­te­re An­ga­ben ge­macht, die in dem

 

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un­ter dem Az. 2 BV 6 d/07 geführ­ten Ver­fah­ren (beim LAG: 4 TaBV 38/07) noch fehl­ten. Nach Verlänge­rung der ge­setz­li­chen Stel­lung­nah­me­frist brach­te der Be­triebs­rat er­neut in­ner­halb der verlänger­ten Frist mit Schrei­ben vom 12.7.2007 vor, nicht aus­rei­chend un­ter­rich­tet zu sein. Dem Be­triebs­rat la­gen zu die­sem Zeit­punkt das Ar­beits­ver­trags­mus­ter, der Rah­men­ver­trag zur kon­zern­in­ter­nen Über­las­sung von Ar­beit­neh­mern, der Be­herr­schungs- und Ge­winn­abführungs­ver­trag, der Geschäfts­be­sor­gungs­ver­trag so­wie der Han­dels­re­gis­ter­aus­zug be­reits vor. Er rügte die Nicht­vor­la­ge der Über­las­sungs­er­laub­nis und ver­wei­ger­te gleich­zei­tig die Zu­stim­mung u.a. un­ter Hin­weis auf das Gleich­be­hand­lungs­ge­bot, ent­ste­hen­de Nach­tei­le für al­le Ar­beit­neh­mer so­wie de­tail­lier­te schriftsätz­li­che Ausführun­gen sei­nes Be­vollmäch­tig­ten vom 7.5.2007 im Vor­pro­zess (An­la­ge A 2 – Bl. 7 d.A.). Dar­auf­hin lei­te­te die P. mit Schrift­satz vom 26.07.2007 das vor­lie­gen­de Zu­stim­mungs­er­set­zungs­ver­fah­ren ein.

Das Ar­beits­ge­richt hat die­sen An­trag mit Be­schluss vom 06.12.2007 zurück­ge­wie­sen. Aus­ge­hend vom Vor­lie­gen nicht ge­werbsmäßiger und da­mit nicht er­laub­nis­pflich­ti­ger Ar­beit­neh­merüber­las­sung be­jah­te es ei­nen Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­grund im Sin­ne des § 99 Abs. 2 Ziff. 3 Be­trVG. Der in Teil­zeit beschäftig­te Ar­beit­neh­mer R. er­lei­de durch die Ein­stel­lun­gen ei­nen Nach­teil im Sin­ne des § 99 Abs. 2 Ziff. 3 Be­trVG, da er durch die Ein­stel­lun­gen der Leih­ar­beit­neh­mer trotz Auf­sto­ckungs­ver­lan­gen sei­ne Ar­beits­zeit nicht auf Voll­zeit ha­be erhöhen können. Hin­sicht­lich der erst­in­stanz­li­chen Anträge so­wie der Ein­zel­hei­ten des Be­schlus­ses wird zur Ver­mei­dung von Wie­der­ho­lun­gen auf die Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts Elms­horn vom 06.12.2007 Be­zug ge­nom­men.

Zwi­schen­zeit­lich hat der Ar­beit­neh­mer R. ei­nen Voll­zeit­ar­beits­ver­trag er­hal­ten.

Ge­gen den der Ar­beit­ge­be­rin am 18. Ja­nu­ar 2008 zu­ge­stell­ten Be­schluss leg­te sie am 14.02.2008 Be­schwer­de ein, die nach Frist­verlänge­rung in­ner­halb der verlänger­ten Frist be­gründet wur­de. Sie ver­weist zunächst dar­auf, dass der Mit­ar­bei­ter R. seit dem 01.04.2008 ei­ne Voll­zeit­beschäfti­gung hat, so dass in­so­weit ein et­wai­ger Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­grund nicht mehr vor­lie­ge. Im Übri­gen ergänzt und ver­tieft sie ihr erst­in­stanz­li­ches Vor­brin­gen. Der Be­triebs­rat sei hin­rei­chend un­ter­rich­tet wor­den. Zu­dem lie­ge ei­ne kon­zern­in­ter­ne Ar­beit­neh­merüber­las­sung im Sin­ne des § 1 Abs. 3 Ziff. 2 AÜG vor, so dass das Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­setz weit­ge­hend

 

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un­an­wend­bar sei. Auch be­trei­be die H. kei­ne er­laub­nis­pflich­ti­ge ge­werbsmäßige Ar­beit­neh­merüber­las­sung. Ein Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­grund im Sin­ne des § 99 Abs. 2 Ziff. 1 Be­trVG sei da­her nicht ge­ge­ben. Die H., und nur auf die­se sei ab­zu­stel­len, han­de­le we­der mit un­mit­tel­ba­rer noch mit mit­tel­ba­rer Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht. Sie ar­bei­te kos­ten­neu­tral. Auf ei­ne et­wai­ge Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht der Mut­ter­ge­sell­schaft V.-AG sei eben­so we­nig ab­zu­stel­len, wie auf ei­ne Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht der Ar­beit­ge­be­rin P.. Ein Ver­s­toß ge­gen das Gleich­be­hand­lungs­ge­bot lie­ge nicht vor, da die Stamm­be­leg­schaft und die Leih­ar­beit­neh­mer bei un­ter­schied­li­chen Ar­beit­ge­bern an­ge­stellt wären. Außer­dem er­ge­be sich aus dem Grund­satz des „equal pay“ auch kein Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­grund im Sin­ne des § 99 Abs. 2 Ziff. 3 Be­trVG. Nach­tei­le der P.-Be­leg­schaft, die ein Recht zur Ver­wei­ge­rung der Zu­stim­mung zur Ein­stel­lung der Leih­ar­beit­neh­mer auslösen könn­ten, sei­en nicht er­sicht­lich. Auch ein Ver­s­toß ge­gen § 14 Abs. 2 Tz­B­fG lie­ge nicht vor. Die An­trag­stel­le­rin und die H. sei­en un­ter­schied­li­che Ar­beit­ge­ber.

Die An­trag­stel­le­rin be­an­tragt,

den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Elms­horn vom 6.12.2007 – 2 BV 50 d/07 – ab­zuändern und

die ver­wei­ger­te Zu­stim­mung des An­trags­geg­ners zur Ein­stel­lung fol­gen­der Mit­ar­bei­ter zu er­set­zen:

1. E. B.
2. R. F.
3. A. H.
4. A. K.
5. C. K.
6. I. K.
7. V. C.
8. A. M.
9. C. M.
10. A. P.
11. W. P.
12. J. S.
13. N. W.
14. T. Y.

Der Be­triebs­rat be­an­tragt,

 

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die Be­schwer­de zurück­zu­wei­sen,

hilfs­wei­se,

die Rechts­be­schwer­de we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung zu­zu­las­sen.

Sei­nes Er­ach­tens verstößt die Ein­stel­lung der vier­zehn von der H. ent­lie­he­nen Ar­beit­neh­mer ge­gen ein Ge­setz, da die H. ent­ge­gen § 1 AÜG oh­ne Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­er­laub­nis ge­werbsmäßige Ar­beit­neh­merüber­las­sung be­trei­be. Ih­re Tätig­keit sei un­mit­tel­bar, min­des­tens je­doch mit­tel­bar von Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht ge­prägt, auch wenn sie selbst aus der Beschäfti­gung der Leih­ar­beit­neh­mer mögli­cher­wei­se der­zeit kei­ne Ge­win­ne er­zie­le. Die Ge­werbsmäßig­keit er­ge­be sich be­reits aus den im Han­dels­re­gis­ter ein­ge­tra­ge­nen Ge­genständen des Un­ter­neh­mens. Fer­ner sei auf­grund des Kon­zern­ver­bun­des vor al­len Din­gen auch an­ge­sichts der Be­herr­schungs- und Ge­winn­abführungs­verträge auf die Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht des Kon­zerns ab¬zu­stel­len. Das gel­te um­so mehr, als die H. nur ein „Pa­pier­ti­ger“ sei, oh­ne jeg­li­ches ei­ge­nes Per­so­nal und oh­ne jeg­li­che ei­ge­nen Be­triebs­mit­tel. Je­den­falls stel­le die vom Kon­zern gewähl­te und von der Mut­ter im Zu­sam­men­wir­ken mit der P. über die H. ge­steu­er­te Vor­ge­hens­wei­se ein recht­miss­bräuch­li­ches Ver­hal­ten un­ter Ver­s­toß ge­gen § 242 BGB dar. Das sei eben­falls ein Ge­set­zes­ver­s­toß und da­mit ein Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­grund im Sin­ne des § 99 Abs. 2 Ziff. 1 Be­trVG. Außer­dem ver­s­toße die Ein­stel­lung der Leih­ar­beit­neh­mer ge­gen den Grund­satz des „equal pay“ und die ta­rif­li­chen Be­stim­mun­gen des MTV. Das könne un­ter an­de­rem ih­rer zur Ak­te ge­reich­ten Ta­bel­le über die Ent­gelt­un­ter­schie­de ent­nom­men wer­den (An­la­ge AG 2 und 2 – Bl. 130 f. d. A.). Zu­dem befürch­te der Be­triebs­rat Nach­tei­le für die im Be­trieb beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer, wie im Ein­zel­nen im Wi­der­spruch des Be­triebs­rats ge­nannt.

Hin­sicht­lich der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten wird auf den münd­lich vor­ge­tra­ge­nen In­halt der ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen so­wie die Pro­to­kol­le der münd­li­chen Ver­hand­lun­gen, ins­be­son­de­re auch auf das Pro­to­koll der Ver­hand­lung vom 18.06.2008 ver­wie­sen.

II.

 

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A) Die Be­schwer­de ist zulässig.

1. Sie ist form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und in­ner­halb der verlänger­ten Be­schwer­de­be­gründungs­frist auch be­gründet wor­den.

2. Der Zulässig­keit des vor­lie­gen­den Zu­stim­mungs­er­set­zungs­ver­fah­rens steht auch nicht ent­ge­gen, dass par­al­lel für die­se vier­zehn Ar­beit­neh­mer ein Zu­stim­mungs­er­set­zungs­ver­fah­ren zum Az. 4 TaBV 38/07 geführt wird, wel­ches noch nicht ab­ge­schlos­sen ist. Der Ar­beit­ge­ber ist nicht ge­hin­dert, noch während des Laufs des ge­richt­li­chen Ver­fah­rens über die Er­set­zung der Zu­stim­mung des Be­triebs­rats für die­sel­be Stel­le mit ei­nem neu­en Be­set­zungs­vor­gang nach § 99 Abs. 1 Be­trVG zu be­gin­nen. Bei dem An­trag auf ge­richt­li­che Er­set­zung der aber­mals ver­wei­ger­ten Zu­stim­mung han­delt es sich trotz der Iden­tität des Be­wer­bers um ei­nen pro­zes­su­al ei­genständi­gen Ver­fah­rens­ge­gen­stand (BAG vom 28.02.2006- 1 ABR 1/05 – zi­tiert nach JU-RIS). Der ma­te­ri­ell­recht­li­chen und pro­zes­sua­len Ei­genständig­keit ei­nes neu­er­li­chen Zu­stim­mungs- und Zu­stim­mungs­er­set­zungs­er­su­chens steht nicht ent­ge­gen, dass der Ar­beit­ge­ber auf die­se Wei­se in die La­ge ver­setzt wird, mit Hil­fe im­mer neu­er Ge­su­che an den Be­triebs­rat ei­ge­ne frühe­re Feh­ler zu ver­mei­den (BAG a.a.O). Die Gren­zen des Rechts­miss­brauchs sind vor­lie­gend in­so­weit kei­nes­wegs er­reicht. Die Ar­beit­ge­be­rin P. hat nach dem ers­ten Zu­stim­mungs­er­set­zungs­ver­fah­ren dem Be­triebs­rat zur In­for­ma­ti­on wei­te­re um­fas­sen­de Un­ter­la­gen zur Verfügung ge­stellt. Sie hat die­ses Zu­stim­mungs­ver­fah­ren ge­ra­de noch­mals ein­ge­lei­tet, um et­wai­ge frühe­re In­for­ma­ti­ons­feh­ler aus­zu­glei­chen. Das ist ihr nicht ver­wehrt.

B) Die Be­schwer­de ist je­doch un­be­gründet. Die ver­wei­ger­te Zu­stim­mung ist nicht nach § 99 Abs. 4 Be­trVG zu er­set­zen. Das Ar­beits­ge­richt hat die Er­set­zung der Zu­stim­mung zu den Ein­stel­lun­gen der vier­zehn im An­trag im Ein­zel­nen be­nann­ten von der H. ent­lie­he­nen Ar­beit­neh­mer im Er­geb­nis zu Recht ver­wei­gert. In der Be­grün¬dung folgt die Kam­mer dem Ar­beits­ge­richt al­ler­dings im We­sent­li­chen nicht.

1. Der Zu­stim­mungs­er­set­zungs­an­trag schei­tert ent­ge­gen der An­sicht des Be­triebs­rats nicht be­reits dar­an, dass ei­ne un­vollständi­ge Un­ter­rich­tung im Sin­ne des § 99 Abs. 1 Be­trVG vor­liegt. Der Be­triebs­rat ist in die­sen per­so­nel­len An­ge­le­gen­hei­ten vor

 

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der Über­nah­me der je­wei­li­gen Leih­ar­beit­neh­mer im Sin­ne des § 14 Abs. 3 S. 1 AÜG hin­rei­chend un­ter­rich­tet wor­den. Ihm sind die Beschäfti­gungs­kon­di­tio­nen, die Beschäfti­gungs­dau­er, die per­so­nel­len Ein­zel­da­ten eben­so be­kannt­ge­ge­ben wor­den wie die wech­sel­sei­ti­gen ver­trag­li­chen Wei­sungs­be­fug­nis­se und kon­zern­be­zo­ge­nen Abhängig­keits­verhält­nis­se. Die Wo­chen­frist ist durch die Anhörung vom 25.06.2007 in-fol­ge der in­halt­lich ins­ge­samt genügen­den Un­ter­rich­tung in Gang ge­setzt wor­den.

2. Den Ausführun­gen des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils zur Zulässig­keit der Frist­verlänge­rung zur Stel­lung­nah­me und de­ren Ein­hal­tung un­ter II. Ziff. 1. ist nichts hin­zu­zufügen. Ih­nen folgt die Be­schwer­de­kam­mer. Die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats gilt nicht nach § 99 Abs. 3 S. 2 Be­trVG als be­reits er­teilt. Der Be­triebs­rat hat in sei­nem Schrei­ben vom 12.07.2007 form- und frist­ge­recht und in in­halt­lich zu be­ach­ten­der Wei­se Ver­wei­ge­rungs­gründe vor­ge­bracht, die sich den Gründen des § 99 Abs. 2 Ziff. 1, Ziff. 3 und Ziff. 4 Be­trVG ob­jek­tiv zu­ord­nen las­sen. Das gilt auch, so­weit er auf die schriftsätz­li­chen Ausführun­gen sei­nes Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten ver­weist. Der Be­triebs­rat hat ge­nau ein­ge­grenzt, auf wel­chen Schrift­satz und wel­che in­halt­li­chen Ausführun­gen er Be­zug nimmt.

3. Es liegt ein Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­grund nach § 99 Abs. 2 Be­trVG vor. Die Ein­stel­lung der vier­zehn im An­trag be­nann­ten Leih­ar­beit­neh­mer verstößt ge­gen ein Ge­setz im Sin­ne des § 99 Abs. 2 Ziff. 1 Be­trVG, da sie ge­gen § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG verstößt. Die H. be­treibt ei­ne er­laub­nis­pflich­ti­ge ge­werbsmäßige Ar­beit­neh­merüber­las­sung, oh­ne hierfür die Er­laub­nis zu be­sit­zen. Gleich­zei­tig er­gibt sich ein Ge­set­zes­ver­s­toß im Sin­ne des § 99 Abs. 1 Ziff. 1 Be­trVG aus § 242 BGB, da die von der Ar­beit­ge­be­rin P., der Ent­lei­he­rin H. so­wie der Kon­zern­mut­ter V.-AG gewähl­te recht­li­che Vor­ge­hens­wei­se zur Beschäfti­gung von Leih­ar­beit­neh­mern im Kon­zern über ih­re aus­sch­ließlich kon­zern­in­tern und nicht am Markt agie­ren­de so­wie le­dig­lich in Pa­pier­form exis­tie­ren­de kon­zern­an­gehöri­ge Per­so­nalüber­las­sung­s­toch­ter ge­gen das Um­ge­hungs­ver­bot verstößt. Die Kon­struk­ti­on ist dar­auf ge­rich­tet, durch die ge­ziel­te Wahl kon­zern­in­ter­ner Or­ga­ni­sa­ti­ons­for­men oh­ne Ände­rung der be­trieb­li­chen Abläufe und oh­ne Ände­rung der ar­beit­ge­ber­recht­li­chen Wei­sungs­be­fug­nis­se über die Zwi­schen­schal­tung ei­ner „künst­li­chen“ kon­zern­in­ter­nen Per­so­nalüber­las­sungs­ge­sell­schaft die An­wend­bar­keit des Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­set­zes her­bei­zuführen, um da­durch in ih­rem Un­ter­neh­men, vor al­lem bei der P./G. GmbH mit glei­chen Tätig-

 

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kei­ten beschäftig­te Ar­beit­neh­mer vergütungsmäßig un­gleich be­han­deln zu dürfen. Das ist un­zulässig, da rechts­miss­bräuch­lich und führt eben­falls zu ei­nem Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­recht des Be­triebs­rats nach § 99 Abs. 2 Ziff.1 Be­trVG.

3. 1. Die Ein­stel­lung der vier­zehn von der H. zu über­las­sen­den Ar­beit­neh­mer verstößt ge­gen § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG. Die H. han­delt oh­ne ei­ne hier­zu nach dem Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­setz er­for­der­li­che Über­las­sungs­er­laub­nis. Aus die­sem Grun­de hat der Be­triebs­rat ein Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­recht gem. § 99 Abs. 2 Ziff. 1 Be­trVG.

a) Die H. be­treibt Ar­beit­neh­merüber­las­sung. Sie will der Ar­beit­ge­be­rin P. auf der Grund­la­ge ei­ner ent­spre­chen­den Ab­re­de, des Rah­men­ver­tra­ges zur kon­zern­in­ter­nen Über­las­sung von Ar­beit­neh­mern, die Ar­beits­kraft von vier­zehn bei ihr an­ge­stell­ter bzw. an­zu­stel­len­der Ar­beit­neh­mer als Bus­fah­rer zur Verfügung stel­len, da­mit die­se bei der P. nach de­ren Wei­sun­gen Ar­beits­leis­tun­gen er­brin­gen können. Die Ar­beit­neh­merüber­las­sung ist ihr Un­ter­neh­mens­ge­gen­stand. Das lässt sich be­reits aus den Ein­tra­gun­gen im Han­dels­re­gis­ter ent­neh­men.

b) Ent­ge­gen der An­sicht der Ar­beit­ge­be­rin P. ist das AÜG vor­lie­gend an­wend­bar. Die ver­trag­li­chen Be­zie­hun­gen zwi­schen der H. und der P. so­wie die Ein­stel­lung der streit­be­fan­ge­nen Leih­ar­beit­neh­mer erfüllen nicht die Vor­aus­set­zun­gen des § 1 Abs. 3 Ziff. 2 AÜG. Da­nach ist das Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­setz dann auf die Ar­beit­neh­merüber­las­sung zwi­schen Kon­zern­un­ter­neh­men nicht an­zu­wen­den, wenn der Ar­beit­neh­mer sei­ne Ar­beit vorüber­ge­hend nicht bei sei­nem Ar­beit­ge­ber leis­tet. Ei­ne vorüber­ge­hen­de Ar­beit­neh­merüber­las­sung zwi­schen Kon­zern­un­ter­neh­men liegt hier je­doch nicht vor.

aa) Zweck der Vor­schrift des § 1 Abs. 3 Ziff. 2 AÜG ist, das AÜG dann außer An­wen­dung zu las­sen, wenn von ei­nem Aus­tausch von Ar­beit­neh­mern nur der in­ter­ne Ar­beits­markt des Kon­zerns be­trof­fen und so­mit der so­zia­le Schutz der Leih­ar­beit­neh­mer nicht gefähr­det ist (Thüsing, Kom­men­tar zum AÜG, Rz. 185 zu § 1; Schüen/Ha­mann, Komm. zum AÜG, 3. Aufl., Rz. 529 zu § 1). Al­ler­dings darf die kon­zern­in­ter­ne Über­las­sung nur vorüber­ge­hen­der Na­tur sein. Da­bei be­zieht sich „vorüber­ge­hend“ auf das Nichttätig­wer­den beim Ver­trags­ar­beit­ge­ber (Schüren/Ha­mann, Rz. 552

 

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zu § 1 AÜG). Dem­ent­spre­chend muss be­reits zum Zeit­punkt der Über­las­sung fest­ste­hen, dass der Ar­beit­neh­mer in sein ursprüng­li­ches Un­ter­neh­men zurück­keh­ren und nicht et­wa endgültig aus die­sem Un­ter­neh­men aus­schei­den soll (Thüsing/Waas, AÜG Rz. 194 zu § 1 m. w. N.; Schüren/Ha­mann, AÜG Rz. 553 zu § 1). Für die An­wen­dung von § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG muss nicht die Über­las­sung vorüber­ge­hend sein, son­dern die Tätig­keit außer­halb des Ar­beit­ge­ber­un­ter­neh­mens. Das Kon­zern­pri­vi­leg fin­det da­her kei­ne An­wen­dung, wenn der Ar­beit­neh­mer nach der vorüber­ge­hen­den Über­las­sung an ein Kon­zern­un­ter­neh­men nicht mehr in ei­nem Be­trieb sei­nes Ar­beit­ge­bers tätig ist, son­dern an­sch­ließend an wei­te­re kon­zern­zu­gehöri­ge Ent­lei­her­un­ter­neh­men über­las­sen wer­den soll. Da­her fal­len rei­ne kon­zern­an­gehöri­ge Per­so­nalführungs­ge­sell­schaf­ten, de­ren Zweck die Ein­stel­lung und Beschäfti­gung von Ar­beit­neh­mern ist, die dann dau­er­haft zu an­de­ren Kon­zern­un­ter­neh­men ent­sandt wer­den sol­len, nicht un­ter Abs. 3 Nr. 2, son­dern un­ter­lie­gen den Be­stim­mun­gen des AÜG (Bo­em­ke/Lembke, Komm. zum AÜG, 2. Aufl., Rz. 202 zu § 1 m. w. N.). Fehlt es zu Be­ginn der Über­las­sung an ei­nem Rück­kehr­recht, fehlt es im­mer an dem Merk­mal ei­ner „vorüber­ge­hen­den“ Ar­beit­neh­merüber­las­sung (Ul­ber, Komm. zum AÜG, 3. Aufl., Rz. 253 zu § 1, m. w. N.).

bb) Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind vor­lie­gend je­doch nicht erfüllt. Die H. überlässt der Ar­beit­ge­be­rin P. nicht nur - qua­si aus­hilfs­wei­se - bei ihr an­ge­stell­te Ar­beit­neh­mer zum vorüber­ge­hen­den Ein­satz. Die Ar­beit­neh­mer wer­den ge­ra­de zum Zwe­cke des Ein­sat­zes bei der P./G. GmbH von der H. ein­ge­stellt. Sie können auch gar nicht bei ih­rer Ar­beit­ge­be­rin H. tätig wer­den. Die­se hat un­strei­tig kei­ner­lei Be­triebs­mit­tel.

c) Die H. be­treibt die Ar­beit­neh­merüber­las­sung auch ge­werbsmäßig mit der Fol­ge, dass sie er­laub­nis­pflich­tig ist.

aa) Ge­werbsmäßig im Sin­ne des § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG ist je­de auf ei­ne ge­wis­se Dau­er an­ge­leg­te und auf die Er­zie­lung un­mit­tel­ba­rer oder mit­tel­ba­rer wirt­schaft­li­cher Vor­tei­le ge­rich­te­te selbständi­ge Über­las­sungstätig­keit. Das ent­schei­den­de Kri­te­ri­um für die Ge­werbsmäßig­keit ist die Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht. Für die­se kommt es nicht dar­auf an, ob tatsächlich ein Ge­winn er­zielt wird. Es genügt die Ab­sicht. Es genügt, dass mit der Ar­beit­neh­merüber­las­sung le­dig­lich ein mit­tel­ba­rer Ge­winn er­strebt wird (BAG vom 25.01.2005 – 1 ABR 61/03, Rz. 37 m. w. N.; BAG vom 21.03.1990 – 7

 

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AZR 198/89; BAG vom 20.04.2005 – 7 ABR 20/04, Rz. 26 – je­weils zi­tiert nach JU-RIS). Die Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht setzt vor­aus, dass aus der Sicht des Han­deln­den die Möglich­keit ei­ner Ge­winn­erzie­lung be­steht. Ge­winn ist da­bei je­de geld­wer­te Leis­tung, die der Ver­lei­her über die De­ckung sei­ner Kos­ten hin­aus er­zielt (BAG vom 20.04.2005 – 7 ABR 20/04 m. w. N.). Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht im ge­wer­be­recht­li­chen Sin­ne liegt re­gelmäßig dann vor, wenn ein Über­schuss der Erträge ge­genüber den Auf­wen­dun­gen an­ge­strebt wird. Dem­zu­fol­ge han­delt der Ver­lei­her mit Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht, wenn er das Ent­gelt für die Über­las­sung des Leih­ar­beit­neh­mers so be­misst, dass es die Kos­ten über­steigt (BAG vom 20.04.2005 – 7 ABR 20/04 m. w. N.; BAG vom 25.01.2005, 1 ABR 61/03). Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht fehlt, wenn die Ar­beit­neh­merüber­las­sung un­mit­tel­bar ge­meinnützi­gen, ka­ri­ta­ti­ven oder sons­ti­gen ide­el­len Zwe­cken dient (KR-Wank, Erf.Komm. Rz. 49 zu § 1 AÜG; Schüren/ Ha­mann, Rz. 315 zu § 1 AÜG; vgl. auch BAG vom 25.01.2005 – 1 ABR 61/03, Rz. 38, zi­tiert nach JURIS). So ist bei­spiels­wei­se bei ei­ner ge­meinnützi­gen Körper­schaft, die nicht be­rech­tigt ist, Ge­win­ne zu er­zie­len, vom Feh­len ei­ner Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht aus­zu­ge­hen, so­weit kei­ne kon­kre­ten an­der­wei­ti­gen An­halts­punk­te für das Ge­gen­teil vor­lie­gen (vgl. BAG a.a.O).

Der Be­griff der Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht ist weit zu ver­ste­hen. Ein po­si­ti­ves Ge­samt­er­geb­nis ist für die Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht kei­ne zwin­gen­de Vor­aus­set­zung. Es genügt viel­mehr, wenn der Ver­lei­her durch die Ar­beit­neh­merüber­las­sung fi­nan­zi­ell güns­ti­ger ge­stellt wird. Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht er­for­dert al­ler­dings nicht, dass un­mit­tel­ba­re Vor­tei­le aus der Tätig­keit ge­zo­gen wer­den, es genügt, wenn mit­tel­ba­re wirt­schaft­li­che Vor­tei­le er­strebt wer­den. So reicht es aus, wenn der Ver­lei­her die Geschäfts­be­zie­hung zum Ent­lei­her durch die Ar­beit­neh­merüber­las­sung zu ver­bes­sern oder zu pfle­gen sucht bzw. wenn die Über­las­sung in der Er­war­tung er­folgt, hier­durch künf­tig Auf­träge vom Ent­lei­her zu er­lan­gen bzw. künf­ti­ge Kun­den zu ge­win­nen (Bo­em­ke/Lembke, Rz. 48 – 51 zu § 1 AÜG). Ge­ne­rell kann im Rah­men der Tätig­keit von Wirt­schafts­un­ter­neh­men von Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht zu­min­dest dann aus­ge­gan­gen wer­den, wenn die Ar­beit­neh­merüber­las­sung der ein­zi­ge oder zu­min­dest ei­ner der Be­triebs­zwe­cke ist (Bo­em­ke/Lembke, Rz. 52 zu § 1; Ul­ber, Rz. 156 zu § 1 AÜG).

 

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bb) Die Kam­mer geht hier vom Vor­lie­gen min­des­tens mit­tel­ba­rer Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht aus.

aaa) Bei der H. han­delt es sich um ein Wirt­schafts­un­ter­neh­men mit den Steu­er­vor­tei­len der Ab­setz­bar­keit von Be­triebs­aus­ga­ben etc. Ih­re Tätig­keit hat nichts mit ge­meinnützi­gen, ka­ri­ta­ti­ven oder sons­ti­gen ide­el­len Zwe­cken zu tun.

bbb) Zwar er­folgt zu­min­dest ge­genwärtig die Über­las­sung der Leih­ar­beit­neh­mer qua­si auf Selbst­kos­ten­ba­sis. Die H. erhält für die Über­las­sung an die P. le­dig­lich die Er­stat­tung der Per­so­nal­kos­ten und ih­rer an die V.-AG ab­zuführen­den 5%igen Ver­wal­tungs­kos­ten­pau­scha­le für de­ren Per­so­nal­ver­wal­tung im Na­men der H.. Da­mit scheint vor­der­gründig die Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht der H. als Ver­lei­he­rin ver­neint wer­den zu müssen, weil der­zeit nur auf Selbst­kos­ten­ba­sis ge­ar­bei­tet wird. Ih­re mit­tel­ba­re Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht er­gibt sich aber be­reits aus dem mit der Kon­zern­mut­ter V.-AG ab­ge­schlos­se­nen Be­herr­schungs- und Ge­winn­abführungs­ver­trag. Er wäre überflüssig, wenn we­der kurz- noch lang­fris­tig über­haupt ei­ne Ge­winn­erzie­lung an­ge­strebt ist.

ccc) Es kann fer­ner nicht un­berück­sich­tigt blei­ben, dass die H. im Zu­sam­men­hang mit der Ein­tra­gung in das Han­dels­re­gis­ter selbst als Ge­gen­stand des Un­ter­neh­mens die „ge­werb­li­che“ Über­las­sung von Ar­beit­neh­mern an­ge­ge­ben hat. Hier­aus wird be­reits deut­lich, dass ihr Tätig­keits­ziel wei­ter­ge­hend ist, als ge­genwärtig auf dem Markt um­ge­setzt. Schon die­ser selbst­ge­setz­te ein­ge­tra­ge­ne Un­ter­neh­mens­zweck muss da­zu führen, dass vom Er­for­der­nis ei­ner Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­er­laub­nis im Sin­ne des § 1 Abs. 1 AÜG aus­zu­ge­hen ist.

ddd) Zu berück­sich­ti­gen ist auch, in wel­chem sons­ti­gen Kon­text die ein­ge­tra­ge­ne „ge­werb­li­che Ar­beit­neh­merüber­las­sung“ im Han­dels­re­gis­ter­ein­trag steht. Ein­ge­tra­ge­ner Ge­gen­stand des Un­ter­neh­mens ist auch der Be­trieb ei­nes Un­ter­neh­mens der Per­so­nen­beförde­rung und die Ver­mitt­lung von Beförde­rungs­an­ge­bo­ten. An­ge­sichts des­sen kann nur da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass die Über­las­sung auch in der Er­war­tung er­folgt, hier­durch künf­tig Auf­träge vom Ent­lei­her zu er­lan­gen bzw. künf­ti­ge Kun­den zu ge­win­nen. Das reicht be­reits für die Be­ja­hung von mit­tel­ba­rer Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht aus.

 

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Dass die­ses ge­plant, ge­wollt und gewünscht ist, er­gibt sich auch aus den Erörte­run­gen in der Ver­hand­lung vom 18.06.2008. Es geht dem Kon­zern und den Kon­zern­un­ter­neh­men ge­ra­de dar­um, im Rah­men des Aus­schrei­bungs­wett­be­wer­bes Auf­trags­pa­ke­te zu si­chern und ge­ge­be­nen­falls aus­zu­bau­en. Das soll durch kostengüns­ti­ge­re Rück­griffmöglich­kei­ten der ent­lei­hen­den P. auf die H. um­ge­setzt wer­den.

eee) Dem steht auch nicht die Ent­schei­dung des BAG vom 20.4.2005 – 7 ABR 20/04 ent­ge­gen. An­ders als in der ge­nann­ten Ent­schei­dung (sie­he dort un­ter B II 2 c aa)) han­delt es sich vor­lie­gend nicht um ei­ne „kon­zern­in­ter­ne Per­so­nalführungs­ge­sell­schaft“, die zur Ver­ein­heit­li­chung der Ar­beits­rechts­be­zie­hun­gen qua­si wie ei­ne aus­ge­la­ger­te Per­so­nal­ab­tei­lung be­trie­ben wird. Die Per­so­nal­ab­tei­lung ist auf die Kon­zern­mut­ter V.-AG aus­ge­la­gert wor­den, nicht auf die H.. Die H. verfügt über kei­ner­lei Ab­tei­lung zur Be­ar­bei­tung von Per­so­nal­an­ge­le­gen­hei­ten. Sie un­terstützt die an­ge­schlos­se­nen Kon­zern­un­ter­neh­men ge­ra­de nicht bei der for­ma­len Ab­wick­lung von Ar­beits­verträgen, weil sie in­so­weit kei­ner­lei ei­ge­ne Ak­ti­vitäten un­ter­nimmt. Sie führt noch nicht ein­mal die Ein­stel­lungs­gespräche. Sie hat mit Aus­nah­me ih­rer Leih­ar­beit­neh­mer kein ei­ge­nes Per­so­nal und kei­ner­lei ei­ge­ne Be­triebs­struk­tu­ren. Sie ver­ein­heit­licht nicht die Ar­beits­rechts­be­zie­hun­gen; sie fun­giert ge­ra­de als Zwi­schen­glied, um ver­schie­de­ne un­ter­schied­li­che Ar­beits­rechts­be­zie­hun­gen im Kon­zern zu ermögli­chen. Da­her liegt der vom BAG ab­han­del­te „Re­gel­fall“ für die Ver­nei­nung der Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht ei­ner kon­zern­in­ter­nen Per­so­nalführungs­ge­sell­schaft hier nicht vor.

fff) Bei der Fest­stel­lung ei­ner un­mit­tel­ba­ren oder mit­tel­ba­ren Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht kann an­ge­sichts der gewähl­ten Kon­zern­struk­tu­ren hier nicht al­lein auf die Ab­sich­ten der streit­ge­genständ­li­chen kon­zern­in­ter­nen Per­so­nal­be­schaf­fungs­ge­sell­schaft H. ab­ge­stellt wer­den. Viel­mehr ist an­ge­sichts der gewähl­ten Ge­stal­tungs­for­men der Ar­beit­neh­merüber­las­sung, der Per­so­nalführung und der Be­herr­schungs- und Ge­winn­abführungs­verträge in die­sem Kon­zern auch auf die sich er­ge­ben­de Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht der P. und der Kon­zern­mut­ter, der V.-AG ab­zu­stel­len.

Im Rah­men kon­zern­ei­ge­ner Per­so­nalüber­las­sung kann bei der Prüfung, ob ei­ne als Wirt­schafts­un­ter­neh­men de­kla­rier­te, nicht am Markt agie­ren­de, über kei­ne Be­triebs-

 

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mit­tel und kei­ne Per­so­nal­ab­tei­lung verfügen­de Per­so­nalüber­las­sungs­ge­sell­schaft bei der Ar­beit­neh­merüber­las­sung mit Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht han­delt, nicht nur auf den Ver­lei­her ab­ge­stellt wer­den. Es ent­spricht nicht mehr der wirt­schaft­li­chen und ge­sell­schaft­li­chen Rea­lität, den Ein­fluss von Kon­zern­sach­ver­hal­ten auf das Ar­beits­recht un­berück­sich­tigt zu las­sen (Bro­se, DB 2008, 1378ff, 1382). Gibt der kon­zern­ei­ge­ne Ver­lei­her nur sei­nen Na­men für die Ar­beit­neh­merüber­las­sung und han­delt er im Übri­gen we­der kon­zern­in­tern noch am Markt selbst, son­dern nur durch Kon­zern­mut­ter oder - ent­lei­hen­de - Kon­zern­schwes­ter, ist bei der Fest­stel­lung der Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht auf de­ren Ge­winn­erzie­lungs­ab­sich­ten ab­zu­stel­len. Das muss je­den­falls dann gel­ten, wenn Be­herr­schungs- und Ge­winn­abführungs­verträge be­ste­hen.

Bei der H. han­delt es sich – mit den Wor­ten des Be­triebs­rats ge­sagt - tatsächlich aus­sch­ließlich um ei­nen „Pa­pier­ti­ger“. Sie wird seit ih­rer Gründung be­trie­ben oh­ne Be­triebs­mit­tel, oh­ne Per­so­nalführungs­ak­ti­vitäten, oh­ne jeg­li­che Ei­gen­ak­ti­vitäten - sei es nach in­nen, sei es am Markt -, und oh­ne ei­ge­nes Ver­wal­tungs­per­so­nal.

Auf­grund der die Kon­zern­struk­tu­ren prägen­den Be­herr­schungs- und Ge­winn­abführungs­verträge so­wohl der - kei­ne ei­ge­nen Ak­ti­vitäten ent­fal­ten­den - H. als auch der Ar­beit­ge­be­rin P. mit der V.-AG kommt es da­her vor­lie­gend bezüglich der er­for­der­li­chen Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht nicht al­lein auf et­wai­ge Ab­sich­ten der H. an, son­dern auch auf die (un)mit­tel­ba­ren Ge­winn­erzie­lungs­ab­sich­ten der für die H. han­deln­den, die Vor­tei­le ih­rer Exis­tenz als Ver­lei­h­un­ter­neh­men nut­zen­den Kon­zern­schwes­ter P. und der die Ge­win­ne er­hal­ten­den Kon­zern­mut­ter. Spätes­tens bei Letz­te­rer ent­ste­hen durch die Gründung des kon­zern­ei­ge­nen, aber nicht agie­ren­den Ver­lei­h­un­ter­neh­mens im Zu­sam­men­hang mit dem Ge­winn­abführungs­ver­trag mit­tel­bar die aus der Ar­beit­neh­merüber­las­sung ent­sprin­gen­den Ge­win­ne aus nied­ri­ge­ren Lohn­kos­ten, ab­setz­ba­ren Per­so­nal­ver­wal­tungs­kos­ten, nied­ri­ge­rem Ar­beit­ge­ber­ri­si­ko aus An­nah­me­ver­zugs­lohn­ansprüchen bei feh­len­der vol­ler Aus­las­tung, ge­rin­ge­rem So­zi­al­plan­vo­lu­men, ge­rin­ge­ren An­we­sen­heits­prämi­en auf­grund un­ter­schied­li­cher ar­beits­ver­trag­li­cher Zu­gehörig­kei­ten der Bus­fah­rer. Es ist da­her vor­lie­gend auch von Be­deu­tung, dass die P. nach den Erörte­run­gen in der Ver­hand­lung vom 18.06.2008 un­strei­tig – in wel­cher Größen­ord­nung auch im­mer – für ca. 70 über die H. ein­ge­stell­te, in ih­rem mit der G. GmbH zu­sam­men geführ­ten Ge­mein­schafts­be­trieb ein­ge­setz­te Bus­kraft­fah­rer u. a. kei­ne An­we­sen­heits­prämi­en in Höhe von ma­xi­mal 133,00 EUR

 

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pro Per­son und Mo­nat zah­len muss. Das ist bei­spiels­wei­se ihr Ge­winn. Zu die­sem Ge­winn ver­hilft ihr die Kon­zern­schwes­ter H.. Die­sen Ge­winn muss die P. – wie al­le ih­re an­de­ren Ge­win­ne auch – ge­nau so an die Kon­zern­mut­ter V.-AG abführen wie die H., der kon­zern­ei­ge­ne, noch nicht ein­mal die Ein­stel­lungs­gespräche führen­de oder über Ent­las­sun­gen sei­ner Leih­ar­beit­neh­mer ent­schei­den­de Ver­lei­her.

Das kann im Zu­sam­men­hang mit der Be­wer­tung et­wai­ger Ge­winn­erzie­lungs­ab­sich­ten ei­nes „Pa­pier­ti­gers“ nicht aus­ge­blen­det wer­den.

Aus den vor­ge­nann­ten Gründen be­treibt die H. ge­werbsmäßige Ar­beit­neh­merüber­las­sung im Sin­ne des § 1 Abs. 1 AÜG. Die­se ist er­laub­nis­pflich­tig. Die H. verfügt nicht über ei­ne dies­bezügli­che Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­er­laub­nis. Sie verstößt da­mit ge­gen § 1 Abs. 1 AÜG.

d) Der Be­triebs­rat hat auf­grund der feh­len­den Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­er­laub­nis zu Recht sei­ne Zu­stim­mung gem. §§ 99 Abs. 2 Ziff. 1 Be­trVG in Ver­bin­dung mit § 1 Abs. 1 AÜG ver­wei­gert.

aa) Nach ständi­ger Recht­spre­chung des BAG kann der Be­triebs­rat ei­ner per­so­nel­len Maßnah­me die Zu­stim­mung ver­sa­gen, wenn die Maßnah­me selbst ge­gen ein Ge­setz, ei­nen Ta­rif­ver­trag oder ei­ne sons­ti­ge Norm verstößt. Geht es um die Ein­stel­lung ei­nes Leih­ar­beit­neh­mers, muss die­se als sol­che un­ter­sagt sein. Da­zu be­darf es zwar kei­nes Ver­bots­ge­set­zes im tech­ni­schen Sin­ne, das un­mit­tel­bar die Un­wirk­sam­keit der Maßnah­me her­beiführ­te. Der Zweck der be­tref­fen­den Norm, die Ein­stel­lung selbst zu ver­hin­dern, muss aber hin­rei­chend deut­lich zum Aus­druck kom­men (BAG vom 25.1.2005 – 1 ABR 61/03 Rz. 41 m.w.N. – zi­tiert nach JURIS).

bb) Verstöße ge­gen die Er­laub­nis­pflicht be­rech­ti­gen zur Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rung gemäß § 99 Abs. 2 Ziff. 1 Be­trVG (Ul­ber, Rz. 162 ff zu § 14 AÜG). Ge­werbsmäßige Ar­beit­neh­merüber­las­sung ist grundsätz­lich ver­bo­ten, es sei denn, der Ver­lei­her hat ei­ne Er­laub­nis. Die Ver­lei­h­er­laub­nis wird er­teilt, wenn nicht die in § 3 auf­gezähl­ten ne­ga­ti­ven Vor­aus­set­zun­gen (Ver­sa­gungs­gründe) grei­fen. Das ermöglicht ei­ne Präven­tiv­kon­trol­le der Ver­lei­her durch die für die Er­laub­nis­er­tei­lung zuständi­ge Ar­beits­ver­wal­tung (Schüren/ Schüren, Rz. 26 zu § 3 AÜG). Die Ver­lei­h­er­laub­nis ist per­so-

 

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nen­ge­bun­den. Zweck des Ge­set­zes ist zum ei­nen die Re­ge­lung der le­ga­len Ar­beit­neh­merüber­las­sung und zum an­de­ren die Bekämp­fung der il­le­ga­len Ar­beit­neh­merüber­las­sung (Wank, Erf.Komm. Rz. 2 zu § 1 AÜG). Die Ver­let­zung des Ge­bots, ei­ne ge­werbsmäßige Ar­beit­neh­merüber­las­sung nur bei Vor­lie­gen ei­ner staat­li­chen Er­laub­nis be­trei­ben zu dürfen, führt zu ei­nem Beschäfti­gungs­ver­bot. Ihr Sinn und Zweck ist, durch die Kon­trollmöglich­kei­ten der Bun­des­agen­tur für Ar­beit die Ein­hal­tung der Rech­te der Ar­beit­neh­mer aus dem Ar­beits­verhält­nis si­cher­zu­stel­len und il­le­ga­le For­men der Beschäfti­gung präven­tiv zu ver­hin­dern. Die­ser Zweck des Ver­bots mit Er­laub­nis­vor­be­halt kann nur er­reicht wer­den, wenn Rechts­fol­ge des Nicht­vor­han­den­seins ei­ner Er­laub­nis zur Ar­beit­neh­merüber­las­sung ist, dass die Ein­stel­lung ins­ge­samt un­ter­bleibt. Der Be­triebs­rat kann da­her im Mit­be­stim­mungs­ver­fah­ren bei Ein­stel­lun­gen von Leih­ar­beit­neh­mern sei­ne Zu­stim­mung ver­wei­gern, wenn der Ver­lei­her kei­ne Über­las­sungs­er­laub­nis be­sitzt (Schüren/Ha­mann, Rz. 183, 184 zu § 14 AÜG; Bo­em­ke/Lembke, Rz. 107 zu § 14 AÜG; Ul­ber Rz. 162 zu § 14 AÜG; Kas­s­ler Hand­buch/Düwell, 4.5. Rz 488; Melms/Li­pink­si, Ab­sen­kung des Ta­rif­ni­veaus durch die Gründung von AÜG-Ge­sell­schaf­ten als Al­ter­na­ti­ve oder flan­kie­ren­de Maßnah­me zum Per­so­nal­ab­bau, BB 2004, S. 2409 ff ,2413 m. w. N.; vgl. auch BAG vom 28.9.1988, 1 ABR 85/87 – zi­tiert nach JURIS; zum Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­grund nach § 99 Abs. 2 Ziff. 2 Be­trVG bei Ver­s­toß ge­gen das Ver­bot der Ar­beit­neh­merüber­las­sung im Bau­ge­wer­be (§ 1b AÜG ) Fit­ting, En­gels u.a. Komm. zum Be­trVG, 24. Aufl., Rz. 195 zu § 99). Ein dies­bezügli­ches Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­recht nach § 99 Abs. 2 Ziff. 1 Be­trVG er­gibt sich auch als Kon­se­quenz aus der Ver­pflich­tung des Ar­beit­ge­bers nach § 14 Abs. 3 Satz 2 AÜG, dem Be­triebs­rat im Rah­men des Mit­be­stim­mungs­ver­fah­rens die nach § 12 Abs. 1 Satz 2 AÜG not­wen­di­ge schrift­li­che Erklärung des Ver­lei­hers über das Vor­lie­gen ei­ner Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­er­laub­nis vor­zu­le­gen.

cc) Auf die­sen Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­grund hat der Be­triebs­rat sich in sei­ner Stel­lung­nah­me vom 31.10.2007 be­ru­fen.

3.2. Das Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­recht des Be­triebs­rats er­gibt sich vor­lie­gend auch aus § 242 BGB i. V. m. § 99 Abs. 2 Ziff. 1 Be­trVG. Die im Kon­zern­ver­bund gewähl­ten ver­trag­li­chen und un­ter­neh­mens­recht­li­chen Ver­ein­ba­run­gen sind rechts­miss­bräuch­lich und ver­s­toßen ge­gen das sich aus § 242 BGB er­ge­ben­de Um­ge-

 

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hungs­ver­bot. Sie sind dar­auf ge­rich­tet, mit­tels der nur ih­ren Na­men her­ge­ben­den, je­doch sonst nicht agie­ren­den kon­zern­ei­ge­nen Ver­lei­he­rin H. das Vergütungs­ni­veau bei der Ar­beit­ge­be­rin P. zu un­ter­schrei­ten und von ihr selbst aus­gewähl­te, mit glei­chen Tätig­kei­ten be­trau­te, aber ver­trag­lich bei der H. an­ge­sie­del­te Bus­fah­rer im Verhält­nis zu bei ihr an­ge­stell­ten Stamm­ar­beit­neh­mern un­gleich zu be­han­deln.

a) Die un­ter­neh­me­ri­sche Ge­stal­tungs- und Ent­schei­dungs­frei­heit gilt nicht schran­ken­los. In­so­weit ist stets ei­ne Miss­brauchs­kon­trol­le durch die Ge­rich­te möglich und zulässig. Ne­ben Verstößen ge­gen ge­setz­li­che und ta­rif­li­che Nor­men fal­len hier­un­ter vor al­lem Um­ge­hungsfälle. Der Grund­satz von Treu und Glau­ben (§242 BGB) als Ge­bot der Red­lich­keit und als all­ge­mei­ne Schran­ke der Rechts­ausübung bil­det ei­ne al­len Rech­ten, Rechts­la­gen und Rechts­nor­men im­ma­nen­te In­halts­be­gren­zung. Die ge­gen § 242 BGB ver­s­toßen­de Rechts­ausübung oder Aus­nut­zung ei­ner Rechts­la­ge ist als Rechtsüber­schrei­tung miss­bräuch­lich und un­zulässig. Die sich aus ei­ner Rechts­norm an sich er­ge­ben­den Fol­gen müssen zurück­tre­ten, wenn sie zu ei­nem mit Treu und Glau­ben un­ver­ein­ba­ren, schlecht­hin un­trag­ba­ren Er­geb­nis führen (Pa­landt/Hein­richs, BGB 63. Aufl. § 242 Rz. 40); dies ist u.a. der Fall, wenn ein Ver­trags­part­ner die an sich recht­lich mögli­che Ge­stal­tung in ei­ner mit Treu und Glau­ben un­ver­ein­ba­ren Wei­se nur da­zu ver­wen­det, sich zum Nach­teil des an­de­ren Vor­tei­le zu ver­schaf­fen, die nach dem Norm­zweck nicht vor­ge­se­hen sind (BAG vom 18.10.2006, 7 AZR 145/06 – zi­tiert nach JURIS). So han­delt der Ar­beit­ge­ber miss­bräuch­lich, der zum Bei­spiel durch die Bil­dung se­pa­ra­ter be­trieb­li­cher Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tu­ren sei­nen Be­trieb in meh­re­re Tei­le auf­spal­tet, um Ar­beit­neh­mern den all­ge­mei­nen Kündi­gungs­schutz zu ent­zie­hen und ih­nen „frei“ kündi­gen zu können (s. BAG vom 26.09.2002 – 2 AZR 636/01 – Rz. 20 – zi­tiert nach JURIS). Die Miss­brauchs­kon­trol­le hat sich un­ter an­de­rem dar­an zu ori­en­tie­ren, dass durch die Wer­tung der Willkür und des Miss­brauchs der ver­fas­sungs­recht­lich ge­for­der­te Schutz der Ar­beit­neh­mer nicht un­an­ge­mes­sen zurück­ge­drängt wird (vergl. BAG a. a. O.). Im Rah­men der Miss­brauchs­kon­trol­le ist aber auch zu prüfen, in­wie­weit mit den gewähl­ten Ge­stal­tungs­va­ri­an­ten das ge­setz­li­che Ver­bot der Ar­beit­neh­merüber­las­sung mit Er­laub­nis­vor­be­halt mit der nach § 3 AÜG not­wen­di­gen Zu­verlässig­keits­auf­sicht und - kon­trol­le der dafür vom Ge­setz­ge­ber vor­ge­se­he­nen Behörden ein­ge­hal­ten oder aber da­durch un­ter­lau­fen wird, dass tatsächlich an­de­re als der Ver­lei­her des­sen Geschäftstätig­keit ausführen. So muss der Ver­lei­her selbst das Ver­lei­her­ge­wer­be be­trei­ben. Es genügt

 

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nicht, dass er nur for­mal die­se Funk­ti­on ausübt (Stroh­mann), während ei­ne an­de­re Per­son (Hin­ter­mann) oh­ne Ver­lei­h­er­laub­nis die Geschäftstätig­keit be­stimmt und sich da­durch der Zu­verlässig­keitsprüfung ent­zieht (vgl. Schüren/Schüren, Rz. 37 zu § 3 AÜG). Zur Zu­verlässig­keitsprüfung gehört auch die Ein­hal­tung des „equal pay“-Grund­sat­zes gem. § 3 Abs. 3 AÜG.

In­di­zi­en für un­zulässi­ge Um­ge­hungs­kon­struk­tio­nen im Zu­sam­men­hang mit der Gründung von kon­zern­in­ter­nen AÜG-Ge­sell­schaf­ten sind bei­spiels­wei­se Per­so­nal­uni­on in der Geschäftsführung, 100%ige Ge­sell­schafts­be­tei­li­gun­gen an dem Un­ter­neh­men, von dem hauptsächlich Ar­beit­neh­mer ent­lie­hen wer­den, kei­ne ört­li­che Tren­nung der Ge­sell­schaf­ten, kein ei­ge­ner Be­trieb der Über­las­sungs­ge­sell­schaft, kein wer­ben­des Auf­tre­ten des Ver­lei­hers am Markt (Melms/ Li­pin­ski, BB 2004, 2409ff, 2416).

b) Nach die­sen Grundsätzen liegt hier ei­ne rechts­miss­bräuch­li­che Um­ge­hungs­kon­struk­ti­on vor.

aa) Die Gründung von kon­zern­in­ter­nen Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­sell­schaf­ten wird zwar über­wie­gend für zulässig ge­hal­ten. Wei­ter ist kraft Ge­set­zes auch ei­ne länger­fris­ti­ge Ar­beit­neh­merüber­las­sung zulässig. § 9 Ziff. 2 AÜG for­dert zwar glei­che Vergütung (equal pay) von Leih­ar­beit­neh­mern und im Ent­lei­her­be­trieb beschäftig­ten ver­gleich­ba­ren Ar­beit­neh­mern. Er lässt je­doch da­von ab­wei­chen­de ta­rif­ver­trag­li­che Re­ge­lun­gen zu, die auch oh­ne Ta­rif­bin­dung ar­beits­ver­trag­lich ver­ein­bart wer­den können. Eben­so hat das BAG ent­schie­den, die Über­las­sung ei­nes sach­grund­los be­fris­tet ein­ge­stell­ten Ar­beit­neh­mers an sei­nen vor­ma­li­gen Ver­trags­ar­beit­ge­ber, bei dem er zu­vor schon 2 Jah­re sach­grund­los be­fris­tet ge­ar­bei­tet hat, stel­le we­der ei­nen Ver­s­toß ge­gen §§ 1, 14 Abs. 2 Tz­B­fG dar noch sei die­se Ver­trags­ge­stal­tung rechts­miss­bräuch­lich (BAG vom 18.10.2006 – 7 AZR 145/06 – zi­tiert nach JURIS).

bb) Ihr un­ter­neh­me­ri­sches Ziel, die Ar­beits- und Per­so­nal­pla­nung der P. kostengüns­ti­ger und fle­xi­bler zu ge­stal­ten, hätten die die Ar­beit­ge­be­rin P. und die Mut­ter­ge­sell­schaft V.-AG durch zahl­rei­che an­de­re recht­lich zulässi­ge Mit­tel ver­wirk­li­chen können. Es kann ei­ne am Markt wer­ben­de Per­so­nal­ser­vice­agen­tur in An­spruch ge­nom­men wer­den. Es kann ein Kon­zern­un­ter­neh­men ge­gründet wer­den, das nicht nur

 

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kon­zern­in­tern agiert son­dern am Markt auf­tritt, zum Bei­spiel spe­zia­li­siert auf Ar­beit­neh­mertätig­kei­ten des Ein­zugs­be­reichs der P.. Die­se kann ei­ne Er­laub­nis be­an­tra­gen und sich in­so­weit der Auf­sichts- und Kon­troll­funk­ti­on der Bun­des­agen­tur un­ter­zie­hen. Das kon­zern­in­ter­ne Ver­lei­h­un­ter­neh­men, die H., hätte da­hin­ge­hend or­ga­ni­siert wer­den können, dass es selbst ei­nen rea­len Be­trieb führt und z. B. den Kon­zern­schwes­tern Per­so­nal­an­ge­le­gen­hei­ten ab­nimmt. Min­des­tens aber hätte es da­hin­ge­hend ge­stal­tet wer­den können, dass es als Ver­lei­he­rin die ur­ei­ge­nen Rech­te und Pflich­ten ei­nes Ar­beit­ge­bers im Zu­sam­men­hang mit Ein­stel­lun­gen und Ent­las­sun­gen selbst ausübt. Fer­ner be­steht ar­beits­recht­lich die Möglich­keit, nach dem Tz­B­fG sach­grund­los be­fris­te­te Beschäfti­gungs­verhält­nis­se mit Ar­beit­neh­mern ein­zu­ge­hen, um fle­xi­bel auf Auf­trags­schwan­kun­gen re­agie­ren zu können. Es können un­ter­schied­li­che ar­beits­ver­trag­li­che Be­din­gun­gen in ei­nem Be­trieb ein­geführt wer­den und Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen gekündigt wer­den. Ar­beit­ge­ber können bei Vor­lie­gen drin­gen­der be­triebs­be­ding­ter Gründe Ar­beits­verhält­nis­se be­en­den. So­weit der­ar­ti­ge Maßnah­men ei­ne be­stimm­te Größen­ord­nung er­rei­chen, hat der Ge­setz­ge­ber In­ter­es­sen­aus­gleichs- und So­zi­al­plan­ver­hand­lun­gen in §§ 111 ff. Be­trVG vor­ge­se­hen.

cc) Die Ar­beit­ge­be­rin P. hat zu­sam­men mit der V.-AG je­doch ein un­ter­neh­me­ri­sches Kon­zept gewählt, das fak­tisch nicht zu Ände­run­gen in den be­trieb­li­chen Abläufen der P. führen soll­te, aber zum Ver­lust des Gleich­be­hand­lungs­grund­sat­zes so­wie des equal-pay-An­spruchs al­ler im Be­trieb der Ar­beit­ge­be­rin mit glei­chen Tätig­kei­ten beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer. Die von Ar­beit­ge­ber­sei­te hier prak­ti­zier­te Aus­ge­stal­tung der Nut­zung ei­ner kon­zern­ei­ge­nen Per­so­nalüber­las­sungs­ge­sell­schaft ist rechts­miss­bräuch­lich, da sie ei­ne Kon­struk­ti­on dar­stellt, die dar­auf ge­rich­tet ist, in­ner­be­trieb­lich ge­schul­de­te Leis­tun­gen wie z.B. An­we­sen­heits­prämi­en und höhe­res Weih­nachts- und Ur­laubs­geld an ei­nen Teil der von ihr ein­ge­setz­ten Bus­fah­rer nicht er­brin­gen zu müssen, oh­ne die ei­ge­nen be­trieb­li­chen und per­so­nal­ver­wal­tungsmäßigen Abläufen der P. ändern zu müssen. Gleich­zei­tig wird über die Schaf­fung ei­nes „Pa­pier­ti­gers“ H. als Ver­lei­he­rin ver­ei­telt, dass im Rah­men ei­nes et­wai­gen Ge­wer­be­er­laub­nis­ver­fah­rens von der Er­laub­nis­behörde die Zu­verlässig­keit des tatsächlich den Geschäfts­be­trieb Be­trei­ben­den über­prüft wird.

Gibt im Rah­men ei­ner kon­zern­in­ter­nen Ar­beit­neh­merüber­las­sung der kon­zern­ei­ge­ne Ver­lei­her nur sei­nen Na­men für die Ar­beit­neh­merüber­las­sung her, han­delt er im Üb-

 

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ri­gen we­der kon­zern­in­tern noch am Markt selbst, son­dern nur durch Kon­zern­mut­ter oder - ent­lei­hen­de – Kon­zern­schwes­ter, verfügt der kon­zern­ei­ge­ne Ver­lei­her zu­dem über kei­ner­lei ei­ge­ne Be­triebs­mit­tel und kei­ner­lei ei­ge­nes (Ver­wal­tungs)-Per­so­nal, lässt er außer­dem noch die Ein­stel­lungs­gespräche mit „sei­nen“ Ar­beit­neh­mern von der kon­zern­in­ter­nen Ent­lei­he­rin führen und überträgt die­ser die Ent­las­sungs- und Ab­mah­nungs­be­fug­nis für sei­ne Ar­beit­neh­mer, stellt die­ses ei­ne rechts­miss­bräuch­li­che Ge­stal­tung der ar­beits­recht­li­chen und ge­sell­schafts­recht­li­chen Be­zie­hun­gen dar. Das muss je­den­falls dann gel­ten, wenn die­se kon­zern­in­ter­nen Ver­trags­ge­stal­tun­gen da­zu führen, dass die kon­zern­in­ter­ne Ent­lei­he­rin hier­durch im Er­geb­nis Lohn­kos­ten sen­ken kann und we­gen der un­ter­schied­li­chen Ver­trags­ar­beit­ge­ber „ih­ren“ Ar­beit­neh­mern ge­schul­de­te Vergütungs­be­stand­tei­le wie An­we­sen­heits­prämi­en, höhe­res Ur­laubs- und Weih­nachts­geld den Leih­ar­beit­neh­mern nicht zah­len muss.

Das un­ter­neh­me­ri­sche kon­zern­in­ter­ne Kon­zept be­stand erklärter­maßen dar­in, u.a. im Rah­men ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung bspw. ver­ein­bar­te An­we­sen­heits­prämi­en für ei­ne Viel­zahl von im Ge­mein­schafts­be­trieb der P. täti­gen Bus­fah­rern nicht zah­len zu müssen. Da­mit ein­her­ge­hend entfällt die Ver­pflich­tung, eben­falls in Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen ver­ein­bar­te Vergütun­gen für Vor- und Nach­be­rei­tungs­zei­ten so­wie Zu­schläge ver­schie­dens­ter Art nicht bzw. nicht in der in der Be­triebs­ver­ein­ba­rung fest­ge­leg­ten Höhe zah­len zu müssen. Glei­ches gilt für das Ur­laubs- und das Weih­nachts­geld. Das un­ter­neh­me­ri­sche Kon­zept be­stand wei­ter dar­in, per­so­nalmäßig fle­xi­bler agie­ren zu können – was nicht ver­werf­lich ist – aber auch ge­ge­be­nen­falls bei ein­schnei­den­den Maßnah­men kei­ne So­zi­al­plan­ansprüche auslösen zu müssen. Die Art und Wei­se und das Aus­maß der Vor­ge­hens­wei­se der Ar­beit­ge­be­rin bzw. der Kon­zern­un­ter­neh­men, mit dem die­se sich auch der fest­ge­leg­ten Kon­troll­funk­ti­on der Bun­des­agen­tur für Ar­beit ent­zo­gen hat, führt vor­lie­gend zur Be­ja­hung ei­nes rechts­miss­bräuch­li­chen Um­ge­hungs­geschäftes.

c) Das Vor­lie­gen ei­nes sol­chen Um­ge­hungs­geschäftes im Sin­ne des § 242 BGB stellt ei­nen Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­grund im Sin­ne des § 99 Abs. 2 Ziff. 1 Be­trVG dar. Zwar ist das Mit­be­stim­mungs­recht des Be­triebs­rats bei Ein­stel­lun­gen kein In­stru­ment zur um­fas­sen­den Ver­trags­in­halts­kon­trol­le (BAG vom 25.01.2005 – 1 ABR 61/03 – Rz. 41 – zi­tiert nach JURIS). Bezüglich der Ein­hal­tung des „equal pay“ ist der Ar­beit­neh­mer da­her re­gelmäßig auf den in­di­vi­du­al­recht­li­chen Weg zu ver­wei-

 

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sen (BAG a.a.O). Hier han­delt es sich je­doch um ei­ne ge­ziel­te rechts­miss­bräuch­li­che Um­ge­hung ei­nes Bündels ge­setz­li­cher Vor­schrif­ten. Nur die Ver­wei­ge­rung der Zu­stim­mung zur Ein­stel­lung der Leih­ar­beit­neh­mer kann bei ei­ner der­ar­ti­gen Fall­kon­stel­la­ti­on des Rechts­miss­brauchs, der Um­ge­hung des Gleich­be­hand­lungs­grund­sat­zes und des Sich-Ent­zie­hens der Zu­verlässig­keitsprüfung durch die BA dem Grund­satz von Treu und Glau­ben zum Recht ver­hel­fen. An­de­ren­falls kann ge­ra­de der Um­ge­hungs­zweck die­ser gewähl­ten ge­sell­schafts­recht­li­chen und ar­beits­recht­li­chen Kon­struk­tio­nen nicht ver­hin­dert wer­den.

d) Der Be­triebs­rat war da­her an­ge­sichts des Vor­lie­gens ei­nes Ver­s­toßes ge­gen § 242 BGB be­rech­tigt, auch in­so­weit die Zu­stim­mung we­gen des Ver­s­toßes ge­gen ein Ge­setz gemäß § 99 Abs. 2 Ziff. 1 Be­trVG zu ver­wei­gern. Er hat auf die Nicht­ein­hal­tung der ge­schul­de­ten Vergütungs­be­stand­tei­le in sei­nem Wi­der­spruch hin­ge­wie­sen und sich im Übri­gen auch auf den Schrift­satz sei­nes Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten vom 07.05. 2007 in dem Par­al­lel­ver­fah­ren be­zo­gen. In die­sem wur­de be­reits aus­drück­lich für den Be­triebs­rat Rechts­miss­brauch vor­ge­tra­gen.

3.3. Die Tat­sa­che, dass die streit­be­fan­ge­nen Ar­beit­neh­mer ganz oder teil­wei­se vor der be­fris­te­ten Ein­stel­lung bei der H. be­reits sach­grund­los be­fris­te­te Ar­beits­verträge mit der G. GmbH hat­ten, gewährt dem Be­triebs­rat aber kein Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­recht. Wie schon erwähnt, führt die Über­las­sung ei­nes Ar­beit­neh­mers an sei­nen vor­ma­li­gen Ver­trags­ar­beit­ge­ber, bei dem er zu­vor zwei Jah­re sach­grund­los be­fris­tet beschäftigt war, nicht zur Un­wirk­sam­keit ei­ner an­sch­ließend mit dem Ver­lei­her im Sin­ne des § 1 AÜG nach § 14 Abs. 2 Tz­B­fG ver­ein­bar­ten sach­grund­lo­sen Be­fris­tung (BAG vom 18.10.2006 – 7 AZR 145/06 – zi­tiert nach JURIS). Ab­ge­se­hen da­von stellt die „Be­fris­tung“ ei­nes Ar­beits­ver­tra­ges nach langjähri­ger ständi­ger Recht­spre­chung des BAG kei­nen Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­grund des Be­triebs­rats im Sin­ne des § 99 Be­trVG dar. Auch in­so­weit be­treibt der Be­triebs­rat über § 99 Abs. 2 Be­trVG ei­ne un­zulässi­ge Ver­trags­in­halts­kon­trol­le.

3.4. So­weit der Be­triebs­rat in sei­nem Wi­der­spruch vom 12.07.2007 darüber hin­aus als Wi­der­spruchs­grund sons­ti­ge Nach­tei­le für im Be­trieb beschäftig­te Ar­beit­neh­mer befürch­tet, ist dies be­reits nicht hin­rei­chend kon­kre­ti­siert.

 

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4. Der Zu­stim­mungs­er­set­zungs­an­spruch der Ar­beit­ge­be­rin war da­her im Er­geb­nis – wenn auch mit ei­ner an­de­ren Be­gründung – nach wie vor zu ver­nei­nen. Die Zu­stim­mung des Be­triebs­ra­tes zur Ein­stel­lung der vier­zehn im Ein­zel­nen be­nann­ten Leih­ar­beit­neh­mer der Fir­ma H. ist zu Recht nicht er­setzt wor­den.

Die Be­schwer­de der Ar­beit­ge­be­rin war da­her zurück­zu­wei­sen.

5. Die Rechts­be­schwer­de war an­ge­sichts der ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Fra­gen der Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht so­wie des Vor­lie­gens ei­ner Ge­set­zes­um­ge­hung we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung zu­zu­las­sen (§§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG).

 

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