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HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

LAG Mün­chen, Ur­teil vom 22.04.2009, 11 Sa 963/08

   
Schlagworte: Betriebsübergang
   
Gericht: Landesarbeitsgericht München
Aktenzeichen: 11 Sa 963/08
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 22.04.2009
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht München
   

11 Sa 963/08

19a Ca 16202/07

(ArbG München) 

 

Verkündet am: 22.04.2009

Gapp, Reg.Se­kretär z.A.
Ur­kunds­be­am­ter

der Geschäfts­stel­le

 

Lan­des­ar­beits­ge­richt München

Im Na­men des Vol­kes

UR­TEIL
In dem Rechts­streit

T.H.


- Kläger und Be­ru­fungs­be­klag­ter -
 


Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:

Rechts­anwälte S. und P.

ge­gen


M.P. als In­sol­venz­ver­wal­ter
über das Vermögen der Fir­ma I. GmbH


- Be­klag­ter und Be­ru­fungskläger -



Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:

P. Rechts­an­walts GmbH

- 2 -


hat die 11. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts München auf Grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 22. April 2009 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Dr. Oben­aus und die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Bergmüller und Sonn­leit­ner


für Recht er­kannt:


1. Auf die Be­ru­fung des Be­klag­ten wird das En­dur­teil des Ar­beits­ge­richts München vom 20. Ju­ni 2008, Az.: 19 a Ca 16202/07 wie folgt ab­geändert:


Schlus­s­ur­teil:


1. Die Kla­ge wird ab­ge­wie­sen.


2. Von den Kos­ten des Rechts­streits trägt der Be­klag­te 4/25 und der Kläger 21/25.


3. Der Streit­wert für die­ses Schlus­s­ur­teil wird auf 100.973,32 € fest­ge­setzt.


2. Die Kos­ten des Be­ru­fungs­ver­fah­rens wer­den dem Kläger auf­er­legt.


3. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.


Tat­be­stand:


Der Aus­ein­an­der­set­zung liegt im We­sent­li­chen fol­gen­der Sach­ver­halt zu Grun­de:


Zwi­schen den Par­tei­en be­steht Streit, ob der Be­klag­te als In­sol­venz­ver­wal­ter über das Vermögen der I. GmbH (fort­an: Schuld­ne­rin) ei­ne For­de­rung des Klägers in Höhe von € 44.723,00, der ein Ab­fin­dungs­an­spruch zu­grun­de liegt, zur Ta­bel­le zu neh­men hat.


Der Kläger war seit 01.03.1996 bei der S. AG beschäftigt. Auf­grund ei­nes
Be­triebsüber­gangs ging sein Ar­beits­verhält­nis zum 01.10.2005 auf die B. M. GmbH & Co. OHG über.
Zum 01.07.2006 über­trug die B. M. GmbH & Co. OHG die Ak­ti­vitäten der Ab­tei­lung
„Cust­o­m­er Ca­re“, in der der Kläger beschäftigt war, auf die I. GmbH (Schuld­ne­rin), mit der Fol­ge, dass das Ar­beits­verhält­nis des Klägers auf die Schuld­ne­rin über­ging.

Die Schuld­ne­rin ist ei­ne 100%ige Toch­ter­ge­sell­schaft der B. M. GmbH & Co. OHG.
 

- 3 -


Das Amts­ge­richt München – In­sol­venz­ge­richt – hat mit Be­schluss vom 29.09.2006, Az. 1503 IN 3271/06 die vorläufi­ge In­sol­venz­ver­wal­tung über das Vermögen der Schuld­ne­rin an­ge­ord­net und den Be­klag­ten zum vorläufi­gen In­sol­venz­ver­wal­ter be­stellt. Am 01.01.2007 wur­de das In­sol­venz­ver­fah­ren über das Vermögen der Schuld­ne­rin eröff­net.


Der Be­klag­te hat das Ar­beits­verhält­nis mit dem Kläger ab dem 01.10.2006 fort­geführt. Auf­grund ei­nes Auf­he­bungs­ver­tra­ges zwi­schen den Par­tei­en en­de­te das Ar­beits­verhält­nis am 28.02.2007.


Mit Da­tum vom 31. Mai 2006 hat der bei der B. GmbH & Co. OHG be­ste­hen­de Ge­samt­be­triebs­rat ei­ne Ver­ein­ba­rung mit B. GmbH & Co. OHG ge­schlos­sen, die die Über­schrift „Pro­to­koll­no­tiz zur Über­lei­tung der Beschäfti­gungs­be­din­gun­gen der von der B. GmbH & Co. OHG Cust­o­m­er Ca­re zur I. GmbH über­ge­hen­den Mit­ar­bei­ter (Ta­rif­kreis/Ver­trags­grup­pen AT und FK)“ trägt und un­ter dem Glie­de­rungs­punkt „2. Nach­teils­aus­gleich bei be­triebs­be­ding­ter Kündi­gung“ fol­gen­de Re­ge­lung enthält:


In der Pro­to­koll­no­tiz vom 31.05.2006 steht un­ter Zif­fer 2 mit der Über­schrift „Nach­teils­aus­gleich bei be­triebs­be­ding­ter Kündi­gung“:


„Aus heu­ti­ger Sicht sind kei­ne be­triebs­be­ding­ten Kündi­gun­gen vor­ge­se­hen. ...
Soll­te es je­doch in München den­noch vor dem 30.09.2008 zu be­triebs­be­ding­ten Kündi­gun­gen / Auf­he­bungs­verträgen zur Ver­mei­dung ei­ner be­triebs­be­ding­ten Kündi­gung bei I. kom­men, er­hal­ten Mit­ar­bei­ter, die aus I. aus­schei­den, oh­ne gleich­zei­tig in den Ru­he­stand zu ge­hen, von I. ei­ne Ab­fin­dung auf Ba­sis des Brut­to­mo­nats­ein­kom­mens im Über­tritts­zeit­punkt nach der am je­wei­li­gen Stand­ort der­zeit (Stand 30.05.2006) be­ste­hen­den / letztgülti­gen S. B. M. So­zi­al­plan­re­ge­lung.“


Ne­ben den in der Be­ru­fungs­in­stanz noch anhängi­gen Streit­ge­genständen hat der Kläger mit sei­ner beim Ar­beits­ge­richt München am 27. No­vem­ber 2007 ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge vom 26. No­vem­ber 2007 Vergütungs­ansprüche im Ge­samt­be­trag von 17.825 € ver­folgt. Im Lau­fe des Ver­fah­rens hat der Be­klag­te die­se For­de­rung an­er­kannt. In der letz­ten münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Ar­beits­ge­richt am 28 Mai 2008 er­ging ein Tei­la­n­er­kennt­nis­ur­teil, wo­nach der Be­klag­te ver­ur­teilt wird, ei­ne In­sol­venz­for­de­rung in Höhe von 17.835 € zur In­sol­venz­ta­bel­le zu neh­men.


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Wei­ter­hin strei­tig blieb die For­de­rung des Klägers, dass ein Ab­fin­dungs­an­spruch in Höhe von 44.722,47 € zur In­sol­venz­ta­bel­le ge­nom­men wird.


Zur Be­gründung ver­weist der Kläger auf die Pro­to­koll­no­tiz vom 13. Mai 2006 so­wie auf ei­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung zwi­schen der S. AG und dem Be­triebs­rat des Stand­or­tes München M. vom 26. Sep­tem­ber 2003, wo nach gemäß 4 bei der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses auf­grund ei­nes Auf­he­bungs­ver­tra­ges ei­ne Ab­fin­dung zu zah­len sei, die im vor­lie­gen­den Fall 44.722,47 € be­tra­ge.


Mit sei­ner erst­in­stanz­li­chen Kla­ge hat der Kläger wei­ter­hin die Ver­ur­tei­lung des Be­klag­ten zur Zah­lung von 56.520,-- € als Mas­se­ver­bind­lich­keit be­gehrt.


Zur Be­gründung hat er auf ein Schrei­ben der Schuld­ne­rin vom 26. Ju­ni 2006 Be­zug ge­nom­men, und nach ihm ei­ne zusätz­li­che Vergütung zu­ge­sagt wur­de, wenn sein Ar­beits­verhält­nis bis zum 30. Ju­ni 2008 un­un­ter­bro­chen fort­be­ste­he. Im Ein­zel­nen hat er da­zu vor­ge­tra­gen, der Be­klag­te ha­be das Ar­beits­verhält­nis mit dem Kläger über den Zeit­punkt der In­sol­ven­zeröff­nung hin­aus zu un­veränder­ten Be­din­gun­gen fort­geführt. Ziel sei es ge­we­sen, mit der be­ste­hen­den Führungs­struk­tur den Good­will der Schuld­ne­rin zu er­hal­ten und da­durch die Über­nah­me des Be­triebs für In­ves­to­ren lu­kra­tiv wer­den zu las­sen. Sei­ne Be­triebs­treue und sei­ne Er­war­tungs­hal­tung, dass das Un­ter­neh­men je­den­falls in ir­gend­ei­ner Form fort­be­ste­hen wer­de und er des­we­gen auch sein Ar­beits­verhält­nis nicht be­en­det ha­be, könne nicht da­zu führen, dass ihm nun­mehr der im Schrei­ben vom 26. Ju­ni 2006 be­zeich­ne­te „Re­ten­ti­on-Bo­nus“ nicht ge­zahlt wer­de.


Der Kläger hat – so­weit nicht durch Tei­la­n­er­kennt­nis­ur­teil vom 28. Mai 2008 er­le­digt – erst­in­stanz­lich fol­gen­de Anträge ge­stellt:


1. Der Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger € 56.520,00 nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit 27.03.2007 zu zah­len.


2. Zur In­sol­venz­ta­bel­le fest­zu­stel­len, dass dem Kläger in dem In­sol­venz­ver­fah­ren über das Vermögen der I. GmbH, H. 1, 8... München, In­sol­venz­for­de­run­gen in Höhe von € 62.548,32 zu­ste­hen, abzüglich ei­nes auf­grund des Tei­la­n­er­kennt­nis­ur­teils er­gan­ge­nen Be­tra­ges in Höhe von € 17.825,00.


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Der Be­klag­te hat Kla­ge­ab­wei­sung be­an­tragt und zur Be­gründung aus­geführt, es feh­le an ei­ner An­spruchs­grund­la­ge für die streit­ge­genständ­li­che Ab­leh­nungs­for­de­rung. We­der aus der Rah­men­ver­ein­ba­rung noch aus der Pro­to­koll­no­tiz er­ge­be sich ei­ne Ver­pflich­tung für die Schuld­ne­rin zur Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung. Von ei­ner Fort­gel­tung be­reits be­ste­hen­de Ar­beits­be­din­gun­gen können nicht die Re­de sein, der die Ver­pflich­tung der Schuld­ne­rin zur Zah­lung von Ab­fin­dun­gen im Fal­le be­triebs­be­ding­te Kündi­gun­gen ih­re Wir­kung erst nach dem Über­gang ha­be ent­fal­ten sol­len. Der Kläger ha­be im Übri­gen auch kei­nen An­spruch auf Be­zah­lung des Re­ten­ti­on-Bo­nus. Es han­de­le sich hier­bei um ei­ne rei­ne Blei­be­prämie der, die erst dann Wir­kung ent­fal­te, wenn das Ar­beits­verhält­nis über den Ju­li 2008 hin­aus fort­be­stan­den ha­be.


Das Ar­beits­ge­richt München hat der Kla­ge mit En­dur­teil vom 20. Ju­ni 2008, das dem Be­klag­ten am 6. Ok­to­ber 2008 zu­ge­stellt wur­de, da­hin­ge­hend statt­ge­ge­ben, dass fest­ge­stellt wur­de, dass der Be­klag­te ver­pflich­tet ist für den Kläger ei­nen Be­trag in Höhe von 44.722,47 € zur In­sol­venz Ta­bel­le zu­neh­men und dass der Be­klag­te ver­ur­teilt wur­de, an den Kläger 18.840 € brut­to zu zah­len. Im Übri­gen hat das Ar­beits­ge­richt die Kla­ge ab­ge­wie­sen.


Zur Be­gründung hat es bezüglich der Ab­fin­dungs­for­de­rung aus­geführt, die Pro­to­koll­no­tiz vom 31. Mai 2006 sei als Be­triebs­ver­ein­ba­rung mit Bin­dungs­wir­kung zu qua­li­fi­zie­ren. Die Be­zug­nah­me der Pro­to­koll­no­tiz auf die Be­triebs­ver­ein­ba­rung aus dem Jahr 2003 sei auch un­be­denk­lich. Es führe zu ei­nem nicht zu ver­tre­ten­den Er­geb­nis, wenn man un­ter­stel­le, dass die B. mit ih­rem Ge­samt­be­triebs­rat zwar ei­ne Re­ge­lung tref­fe, die die Über­lei­tung der Beschäfti­gungs­be­din­gun­gen auf die Schuld­ne­rin re­ge­le, die­se aber nicht gel­ten sol­le, weil die Schuld­ne­rin nicht Ver­trags­part­ner ge­we­sen sei. Ent­schei­dend sei viel­mehr, dass die Schuld­ne­rin aus dem Un­ter­neh­mens­be­reich der B. aus­ge­glie­dert wor­den sei und in­so­fern auch kei­ne Fremd­be­stim­mung im Hin­blick auf die An­wen­dung der Pro­to­koll­no­tiz vom 31. Mai 2006 un­ter­stellt wer­den könne.


Zum An­spruch des Klägers auf Zah­lung der Blei­be­prämie hat das Ar­beits­ge­richt aus­geführt, der zu­ge­sag­te Bo­nus ste­he dem Kläger nicht in vol­ler Höhe, son­dern nur für acht Mo­na­te zu. Es han­de­le sich um ei­nen Fall des Weg­falls der Geschäfts­grund­la­ge gemäß § 313 BGB. Bei­de Par­tei­en sei­en sich da­hin­ge­hend ei­nig ge­we­sen, dass ei­ne Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses auf Grund­la­ge der wirt­schaft­li­chen Zwangs­la­ge der


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Schuld­ne­rin nicht mehr möglich ge­we­sen sei. Wei­ter­hin ha­be Ei­nig­keit be­stan­den, dass trotz Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses über den Zeit­punkt der In­sol­ven­zeröff­nung hin­aus ei­ne Be­en­di­gung zum 28. Fe­bru­ar 2007 an­ge­zeigt ge­we­sen sei. Der Be­klag­te müsse sich ent­ge­gen­hal­ten las­sen, dass er in Kennt­nis der Zu­sa­ge des Bo­nus am Ar­beits­verhält­nis mit dem Kläger fest­ge­hal­ten ha­be und in­so­weit auch ei­ne schnel­le­re Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses durch den Kläger ver­hin­dert ha­be. Bei die­ser Sach­la­ge könne die Bo­nus­zu­sa­ge nicht außer Kraft ge­setzt wer­den. Er­for­der­lich sei da­her die An­pas­sung des Ver­trags. Un­ter Berück­sich­ti­gung der In­ter­es­sen bei­der Sei­ten sei es an­ge­zeigt, ei­ne Zwölf­te­lung des Bo­nus vor­zu­neh­men. Die Bo­nus­zu­sa­ge sei für ei­nen Zeit­raum von 24 Mo­na­ten er­folgt. Ab der Zu­sa­ge ha­be das Ar­beits­verhält­nis noch acht Mo­na­te be­tra­gen, so dass dem Kläger 1/3 des ge­sam­ten Bo­nus­ses zu­ste­he.


Ge­gen die teil­wei­se Kla­ge­ab­wei­sung wen­det sich der Be­klag­te mit sei­ner am 31. Ok­to­ber 2008 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt München ein­ge­gan­ge­nen Be­ru­fung vom sel­ben Tag, den er mit Schrift­satz vom 5. De­zem­ber 2008 der am sel­ben Tag beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­gen ist, be­gründet hat.


Un­ter Ver­tie­fung und teil­wei­se Wie­der­ho­lung sei­nes erst­in­stanz­li­chen Vor­trags macht der Be­klag­te gel­tend, die Pro­to­koll­no­tiz vom 31. Mai 2006 stel­le kei­ne An­spruchs­grund­la­ge für den Ab­fin­dungs­an­spruch dar. Durch die­se Pro­to­koll­no­tiz sei die Schuld­ne­rin nicht ge­bun­den.
Sie wir­ke da­her auch nicht für und ge­gen den Be­klag­ten. We­der aus dem Wort­laut noch aus dem Zu­sam­men­hang der Pro­to­koll­no­tiz wer­de klar, dass die Ver­ein­ba­rung im Na­men der Schuld­ne­rin ha­be ab­ge­schlos­sen wer­den sol­len. Aus dem Zu­sam­men­hang der ge­trof­fe­nen Re­ge­lung ließen sich auch nicht Ver­tre­tungs­verhält­nis­se ent­neh­men. Ei­ne Ver­pflich­tung der Schuld­ne­rin als neu­er Ar­beit­ge­be­rin gemäß § 613 a Ab­satz 1 Satz 1, 2 BGB schei­de aus.
Zwar gel­ten nach die­ser Vor­schrift, die auf den Über­gang des Ar­beits­verhält­nis­ses des Klägers auf die Schuld­ne­rin An­wen­dung fin­de, die Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen des bis­he­ri­gen Ar­beit­ge­bers fort. Das gel­te aber nur für die­je­ni­gen Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen, die be­reits für das bis­he­ri­ge Ar­beits­verhält­nis Rech­te und Pflich­ten ent­fal­tet hätten. Die von der Fir­ma S. AG und der B. ge­schlos­se­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung ent­spre­che dem nicht. Denn hin­sicht­lich der Ver­pflich­tung der Schuld­ne­rin zur Zah­lung von Ab­fin­dun­gen im Fall von be­triebs­be­ding­ten Kündi­gun­gen ha­be sie ih­re Wir­kung erst nach dem Über­gang ent­fal­ten


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sol­len. Von ei­ner Fort­gel­tung be­reits be­ste­hen­der Ar­beits­be­din­gun­gen könne da­her kei­ne Re­de sein. Zum Zeit­punkt des Ab­schlus­ses der Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen am 30. Mai 2006 bzw. der Pro­to­koll­no­tiz zur Über­lei­tung vom 31.5. 2006 ha­be die Schuld­ne­rin noch nicht exis­tiert. Die ge­sam­ten Re­ge­lun­gen stell­ten da­her ei­nen Ver­trag zu­las­ten Drit­ter dar.


Zum An­spruch des Klägers auf Zah­lung des so ge­nann­ten Re­ten­ti­on-Bo­nus trägt der Be­klag­te vor, nach dem Wort­laut der Zu­sa­ge han­de­le es sich um ei­ne Blei­be­prämie, die nur dann be­zahlt wer­den sol­le, wenn das Ar­beits­verhält­nis seit dem 26. Ju­ni 2006 un­un­ter­bro­chen zwei Jah­re mit dem Kläger fort­be­stan­den ha­be. Ei­ne un­un­ter­bro­che­ne Beschäfti­gung während die­ses Zeit­raums ha­be je­doch nicht statt­ge­fun­den. Das Ar­beits­verhält­nis sei nach cir­ca 3/4 Jahr auf Wunsch des Klägers auf­ge­ho­ben wor­den. Das In­sti­tut des Weg­falls der Geschäfts­grund­la­ge könne kei­ne An­wen­dung fin­den, weil zum ei­nen das Ar­beits­verhält­nis auf Wunsch des Klägers auf­ge­ho­ben wor­den sei. Zum an­de­ren be­ste­he schon kein Re­ge­lungs­be­darf, da die Zu­sa­ge ein­deu­tig da­hin­ge­hend for­mu­liert sei, dass die Blei­be­zeit ein­ge­hal­ten wer­den müsse. Es han­de­le sich auch nicht um ein va­ria­bles Ge­halt, da der Blei­be­prämie kein leis­tungs­be­zo­ge­ner Fak­tor zu Grun­de lie­ge. Der Dienst­zeit­bo­nus ha­be al­lein den Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum Ab­lauf Ju­ni 2008 ho­no­rie­ren sol­len.

 


Der Be­klag­te be­an­tragt:

1. Das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts München vom 20.06.2008, Geschäfts­zei­chen 19a Ca 16202/07, wird auf­ge­ho­ben.

2. Die Kla­ge wird ab­ge­wie­sen.


3. Der Kläger trägt die Kos­ten bei­der Rechtszüge.

Der Kläger be­an­tragt,


die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.
 

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Zur Be­gründung führt er aus, die Schuld­ne­rin sei ei­ne hun­dert­pro­zen­ti­ge Toch­ter­ge­sell­schaft der B. GmbH & Co. OHG. Das Vermögen sei mit Ak­ti­va und Pas­si­va bei der Ein­tra­gung der Schuld­ne­rin in das Han­dels­re­gis­ter oh­ne rechts­geschäft­li­che Über­tra­gungs­ak­te Vermögen der Schuld­ne­rin ge­wor­den. Es ha­be kein Be­triebsüber­gang im Sin­ne von § 613 a BGB statt­ge­fun­den, son­dern ein An­teil an der al­ten Ge­sell­schaft sei mit die­sem Be­trieb in sei­nem Ge­sell­schafts­vermögen wei­ter­geführt wor­den. Es ha­be kei­ne Rechts­nach­fol­ge ge­ge­ben und es hätten kei­ne Rechts­verhält­nis­se über­ge­lei­tet wer­den müssen.


Zum An­spruch auf Zah­lung des Re­ten­ti­on-Bo­nus er­wi­dert der Kläger, ent­ge­gen der Dar­stel­lung des Be­klag­ten sei das Ar­beits­verhält­nis nicht auf Wunsch des Klägers auf­ge­ho­ben wor­den. Der Kläger ha­be, wie sei­ne Kol­le­gen, an­de­re An­ge­bo­te zum Ab­schluss ei­nes Ar­beits­ver­trags in der Pha­se nach An­ord­nung der vorläufi­gen In­sol­venz­ver­wal­tung auf aus­drück­li­chen Wunsch des Be­klag­ten ab­ge­lehnt. Erst nach­dem der Be­klag­te sei­ne wirt­schaft­li­che Ent­schei­dung, den Be­trieb der Schuld­ne­rin fort­zuführen, re­vi­diert ha­be und dem Kläger und sei­nen Kol­le­gen aus der Führungs­ebe­ne qua­si grünes Licht ge­ge­ben ha­be, sich an­de­re Stel­le zu su­chen, ha­be sich der Kläger dar­um bemüht. Am 21. De­zem­ber 2006 ha­be er ei­nen Ar­beits­ver­trag mit der S. AG, München, un­ter­zeich­net, und am 15. Ja­nu­ar 2007 sei­ne Ar­beit dort auf­ge­nom­men. Die Blei­be­prämie sei Ge­halts­be­stand­teil. Der An­spruch sei auch nicht des­halb wie­der ent­fal­len, weil das Ar­beits­verhält­nis des Klägers vor dem Ab­lauf der Zwei­jah­res­frist ge­en­det ha­be. Die Ein­schränkung der Bo­nus­zu­sa­ge sei un­wirk­sam, weil sie den Kläger un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­li­ge. Sie Stel­le es in das Be­lie­ben der Schuld­ne­rin, ob der An­spruch erfüllt wer­den müsse oder nicht. So, wie die Klau­sel for­mu­liert sei, ha­be die Schuld­ne­rin den Bo­nus­an­spruch auch aus Gründen, die nicht in der Per­son des Klägers lägen, wie­der un­ter­ge­hen las­sen können, in­dem sie das Ar­beits­verhält­nis vor Ab­lauf der Blei­be­frist ein­sei­tig kündig­te. Ob die Klau­sel Be­stand hätte, wenn der Kläger aus in sei­ner Per­son lie­gen­den Gründen gekündigt hätte, könne da­hin­ste­hen. Das Ar­beits­verhält­nis ha­be nämlich aus be­trieb­lich ver­an­lass­tem Grund ge­en­det. Des­halb ste­he dem Kläger die Bo­nus­zah­lung in der Höhe zu, in der sie ihm zu­ge­stan­den hätte, wenn er die Blei­be­frist erfüllt hätte, was er auch ge­wollt ha­be. Al­ler­dings ver­fol­ge er sei­nen vol­len An­spruch we­gen des Kos­ten­ri­si­kos nicht mehr wei­ter.


Hin­sicht­lich des wei­te­ren Vor­brin­gens der Par­tei­en in der Be­ru­fungs­in­stanz wird auf die ge­wech­sel­ten Schriftsätze ergänzend Be­zug ge­nom­men.


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Ent­schei­dungs­gründe:


I.


Die Be­ru­fung ist zulässig. Sie ist statt­haft nach § 64 Abs. 1 und 2 b) ArbGG und auch im Übri­gen zulässig, ins­be­son­de­re in der ge­setz­li­chen Form und der vor­ge­schrie­be­nen Frist ein­ge­legt und be­gründet wor­den (§§ 11 Abs. 2 ArbGG, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1,2,5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO).


II.


Die Be­ru­fung ist be­gründet. Der Kläger hat we­der ei­nen Ab­fin­dungs­an­spruch noch An­spruch auf den im Schrei­ben vom 26. Ju­ni 2006 in Aus­sicht ge­stell­ten Re­ten­ti­on Bo­nus.


1. Ab­fin­dungs­an­spruch


Die Kla­ge ist un­be­gründet, da ei­ne Rechts­grund­la­ge für den be­haup­te­ten An­spruch nicht ge­ge­ben ist.


a) Der An­spruch kann nicht auf die Pro­to­koll­no­tiz zur Über­lei­tung der
Beschäfti­gungs­be­din­gun­gen der von der B. M. GmbH & Co. OHG, Cust­o­m­er Ca­re, zur I. GmbH über­ge­hen­den Mit­ar­bei­ter (Ta­rif­kreis/Ver­trags­grup­pen AT und FK) vom 31. Mai 2006 – im fol­gen­den: Pro­to­koll­no­tiz – gestützt wer­den. Die­se Be­triebs­ver­ein­ba­rung ist un­wirk­sam und kann da­her ei­nen Ab­fin­dungs­an­spruch nicht be­gründen.
Aus der zwi­schen der Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten, der B. M. GmbH & Co. OHG, und de­ren Ge­samt­be­triebs­rat ge­trof­fe­nen Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung kann der Kläger kei­ne Rech­te her­lei­ten. Die­se Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung ist un­wirk­sam.


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Der Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten und ih­rem Ge­samt­be­triebs­rat fehl­te die Kom­pe­tenz, die Ar­beits­be­din­gun­gen der Ar­beit­neh­mer der Be­klag­ten nach dem Be­triebsüber­gang zu re­geln. Die Be­triebs­part­ner konn­ten zwar Ar­beits­be­din­gun­gen der bei der Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer re­geln. Die dar­aus ent­ste­hen­den Rech­te und Pflich­ten wer­den nach dem Be­triebsüber­gang In­halt des Ar­beits­verhält­nis­ses (§ 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB).


Den Be­triebs­part­nern ist es je­doch ver­wehrt, Ar­beits­be­din­gun­gen für die Zeit nach Be­triebsüber­gang un­mit­tel­bar zu re­geln. Nach dem Be­triebsüber­gang war der bis­he­ri­ge Ge­samt­be­triebs­rat der Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten nämlich nicht mehr für die Ar­beit­neh­mer der Be­klag­ten zuständig. Für Ar­beit­neh­mer ei­nes an­de­ren Be­triebs konn­ten we­der die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten noch de­ren Ge­samt­be­triebs­rat Ar­beits­be­din­gun­gen re­geln. Das gilt auch, wenn die Ar­beit­neh­mer im Zeit­punkt der Re­ge­lung noch in den Zuständig­keits­be­reich des Ge­samt­be­triebs­rats fie­len. Ent­schei­dend ist in­so­weit al­lein, dass die Re­ge­lung selbst Ar­beits­be­din­gun­gen trifft, für die der Be­triebs­rat we­der ein Mit­be­stim­mungs­recht be­an­spru­chen kann noch in­so­weit zuständi­ger Re­präsen­tant der Ar­beit­neh­mer ist.


Auch aus § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB er­gibt sich ei­ne sol­che Be­fug­nis der Be­triebs­part­ner nicht. Wenn dort be­stimmt ist, dass die durch Be­triebs­ver­ein­ba­rung ge­re­gel­ten Rech­te und Pflich­ten bei ei­nem Be­triebsüber­gang In­halt des Ar­beits­verhält­nis­ses mit dem Be­triebs­er­wer­ber wer­den, so sind da­mit die Rech­te und Pflich­ten ge­meint, die ge­genüber dem bis­he­ri­gen Be­triebs­in­ha­ber be­stan­den (BAG, Urt. vom 1.4.1987, Az. 4 AZR 77/86, NZA 87, 593; Urt. vom 11.12.2007, Az. 1 AZR 824/06, DB 2008,1163).


Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klägers han­del­te es sich bei der Gründung der Schuld­ne­rin auch nicht um ei­nen rei­nen Rechts­for­men­wech­sel mit der Fol­ge, dass per­so­nel­le Iden­tität zwi­schen der Schuld­ne­rin und der ab­ge­ben­den B. M. GmbH & Co. OHG be­stan­den hätte und da­mit die Schuld­ne­rin dem Kläger aus der Pro­to­koll­no­tiz ver­pflich­tet wäre . Viel­mehr gründe­te die Rechts­vorgänge­rin der Schuld­ne­rin ei­ne neue ju­ris­ti­sche Per­son, nämlich die Schuld­ne­rin. Anläss­lich der Gründung der Schuld­ne­rin hat kein bloßer Über­gang der Ei­gen­tums­an­tei­le an der ju­ris­ti­schen Per­son der In­ha­be­rin des Be­triebs bzw. Teil­be­triebs statt­ge­fun­den. Viel­mehr ist mit der Über­nah­me des ope­ra­ti­ven Geschäfts „cust­o­m­er ca­re“ durch die Schuld­ne­rin ei­ne an­de­re Rechts­per­son In­ha­be­rin des auf die­se über­ge­gan­ge­nen Be­triebs­teils ge­wor­den.


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b) So­weit sich der Kläger dar­auf be­ruft, die Pro­to­koll­no­tiz sei im We­ge der
Um­deu­tung we­nigs­tens als Ge­samt­zu­sa­ge zu wer­ten mit der Fol­ge, dass der Kläger ei­nen in­di­vi­du­al­recht­li­chen An­spruch ha­be, führt dies nicht zur Be­gründet­heit der Kla­ge.


Es ist zwar rich­tig, dass nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ei­ne un­wirk­sa­me Be­triebs­ver­ein­ba­rung in ei­ne Ge­samt­zu­sa­ge des Ar­beit­ge­bers um­ge­deu­tet wer­den kann, wenn sich un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände ein ent­spre­chen­der Bin­dungs­wil­le des Ar­beit­ge­bers er­gibt.


Die­ses kann je­doch da­hin ge­stellt blei­ben, da ei­ne Ge­samt­zu­sa­ge der B. M. GmbH & Co. OHG die Schuld­ne­rin nicht ver­pflich­ten kann, auch wenn die Schuld­ne­rin 100 %ige Toch­ter der B. M. GmbH & Co. OHG ist.


2. Re­ten­ti­on Bo­nus


Die Kla­ge auf Zah­lung des Re­ten­ti­on Bo­nus gemäß Zu­sa­ge­schrei­ben vom 26. Ju­ni 2006 ist we­der in vol­ler Höhe noch an­tei­lig be­gründet, so­dass das Erst­ur­teil auch in­so­weit ab­zuändern ist.


Die Vor­aus­set­zun­gen des Zah­lungs­ver­spre­chens sind nicht ge­ge­ben, weil die Be­din­gung ei­ner zweijähri­gen Beschäfti­gung nicht erfüllt ist.


a) Die Be­ru­fungs­kam­mer teilt nicht die Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­richts, dass die Ver­ein­ba­rung der Blei­be­prämie - § 151 BGB - we­gen Weg­falls der Geschäfts­grund­la­ge in der Wei­se an­zu­pas­sen ist, dass dem Kläger je­den­falls die sei­ner tatsächli­chen Beschäfti­gungs­zeit ent­spre­chen­de Prämie an­tei­lig zu­steht.

aa) Gemäß § 313 Abs. 1 BGB kann ein Ver­trags­part­ner die An­pas­sung ei­nes Ver­trags ver­lan­gen, wenn sich die Umstände, die zur Grund­la­ge des Ver­trags ge­wor­den sind, nach Ver­trags­schluss schwer­wie­gend verändert ha­ben und wenn die Par­tei­en den Ver­trag nicht oder mit an­de­rem In­halt ge­schlos­sen hätten, wenn sie die­se Verände­rung vor­aus­ge­se­hen hätten und wenn wei­ter­hin ei­nem Ver­trags­part­ner un­ter Berück­sich­ti­gung


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al­ler Umstände des Ein­zel­falls ein Fest­hal­ten am un­veränder­ten Ver­trag nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann. Da­bei steht gemäß § 313 Abs. 2 BGB ei­ner Verände­rung der Umstände gleich, wenn we­sent­li­che Vor­stel­lun­gen, die zur Grund­la­ge des Ver­trags ge­wor­den sind, sich als falsch her­aus­stel­len.
Geschäfts­grund­la­ge sind die bei Ab­schluss des Ver­tra­ges zu Ta­ge ge­tre­te­nen, dem an­de­ren Teil er­kenn­bar ge­wor­de­nen und von ihm nicht be­an­stan­de­ten Vor­stel­lun­gen der ei­nen Par­tei oder die ge­mein­sa­men Vor­stel­lun­gen bei­der Par­tei­en von dem Vor­han­den­sein oder dem künf­ti­gen Ein­tritt be­stimm­ter Umstände, so­fern der Geschäfts­wil­le der Par­tei­en auf die­sen Vor­stel­lun­gen auf­baut (Pa­landt-Hein­richs, 62. Auf­la­ge, § 313 BGB Rand­zif­fer 4).


bb) Im vor­lie­gen­den Fall ist der Fort­be­stand des Beschäfti­gungs­be­triebs in der Wei­se Geschäfts­grund­la­ge ge­wor­den, dass der Re­ten­ti­on Bo­nus nur dann zur Aus­zah­lung ge­lan­gen soll­te, wenn das Ar­beits­verhält­nis zwei Jah­re lang be­steht, was vor­aus­setzt, dass der Beschäfti­gungs­be­trieb nach Ab­lauf von zwei Jah­ren noch fort­be­steht. Da­mit ist der an­spruchs­be­gründen­de Um­stand, dass das der Geschäfts­be­trieb bis zum 26. Ju­ni 2008 noch wei­ter­geführt wird zum aus­drück­li­chen Re­ge­lungs­ge­gen­stand ge­wor­den. Die Re­ge­lung lässt klar er­ken­nen, dass für den Fall, dass das Ar­beits­verhält­nis aus wel­chen Gründen im­mer – al­so auch bei vor­zei­ti­ger Be­en­di­gung we­gen Geschäfts­auf­ga­be – die Blei­be­prämie nicht zur Aus­zah­lung kom­men soll­te. Es han­delt sich da­mit um ei­ne Prämie, die so­wohl ei­ne Ver­hal­tens­kom­po­nen­te – kei­ne Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses – wie auch ei­ne vom Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers un­abhängi­ge Kom­po­nen­te – Fort­be­stand des Geschäfts­be­triebs – um­fasst.
Enthält je­doch be­reits der Ver­trag nach sei­nem ge­ge­be­nen­falls durch ergänzen­de Aus­le­gung zu er­mit­teln­den In­halt Re­geln für Weg­fall, Verände­rung oder Feh­len be­stimm­ter Umstände, schei­det ei­ne An­pas­sung gemäß § 313 BGB aus (Pa­landt-Hein­richs, a.a.O., Rand­zif­fer 6). Das ist bei der Zu­sa­ge vom 26. Ju­ni 2006 der Fall. Die ver­trag­li­che Re­ge­lung vom 26. Ju­ni 2006 um­fasst nämlich be­reits ei­ne Re­ge­lung für den Fall, dass der Be­trieb nicht bis Mit­te 2008 be­steht. In die­sem Fall soll­te kei­ne Blei­be­prämie an­fal­len. Ei­ne An­pas­sung gemäß § 313 BGB schei­det da­mit aus.


b) Der An­spruch kann auch nicht aus § 162 Ab­satz 1 BGB gestützt wer­den. Nach die­ser Vor­schrift gilt ei­ne (ver­trag­li­che) Be­din­gung als ein­ge­tre­ten, wenn der Ein­tritt der Be­din­gung von der Par­tei, zu de­ren Nach­teil er ge­rei­chen würde, wi­der Treu und Glau­ben ver­hin­dert wird. Es kann da­hin ge­stellt blei­ben, ob un­ter­stellt wer­den kann, dass das


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Un­ter­blei­ben des Be­din­gungs­ein­tritts, nämlich der Fort­be­stand des Be­triebs über den 26. Ju­ni 2008 hin­aus, durch ein Ver­hal­ten der Schuld­ne­rin ver­hin­dert wur­de. Selbst wenn man dies un­ter­stellt, kann in der Ein­stel­lung des Geschäfts­be­triebs ein treu­wid­ri­ges Ver­hal­ten je­den­falls nicht ge­se­hen wer­den.


c) Sch­ließlich kann auch of­fen­blei­ben, ob die Zu­sa­ge des Re­ten­ti­on Bo­nus gemäß § 307 Abs. 1 BGB we­gen un­an­ge­mes­se­ner Be­nach­tei­li­gung des Klägers rechts­un­wirk­sam ist. Selbst wenn dies der Fall wäre, würde dies nicht zur Be­gründung ei­nes An­spruchs des Klägers auf Aus­zah­lung der ge­sam­ten Blei­be­prämie oder auch nur ei­nes ra­tier­li­chen Teils der­sel­ben führen.


III. 


Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf §§ 92,97 ZPO. Da­bei war zu berück­sich­ti­gen, dass ein Teil der Kla­ge­for­de­rung durch Tei­la­n­er­kennt­nis­ur­teil aus­ge­ur­teilt wur­de und über die hier­bei ent­stan­de­nen Kos­ten noch nicht be­fun­den wur­de.


IV.


Ge­gen die­ses Ur­teil kann der Kläger Re­vi­si­on ein­le­gen.


Für die Be­klag­te ist ge­gen die­ses Ur­teil kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.


Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb ei­ner Frist von ei­nem Mo­nat ein­ge­legt und in­ner­halb ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten be­gründet wer­den.
Bei­de Fris­ten be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung des Ur­teils.


Die Re­vi­si­on muss beim

Bun­des­ar­beits­ge­richt


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Fax-Num­mer:
(03 61) 26 36 - 20 00


ein­ge­legt und be­gründet wer­den.


Die Re­vi­si­ons­schrift und Re­vi­si­ons­be­gründung müssen von ei­nem Rechts­an­walt un­ter­zeich­net sein.


Dr. Oben­aus 

Bergmüller 

Sonn­leit­ner

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