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Hes­si­sches LSG, Ur­teil vom 03.03.2010, L 6 EG 16/09

   
Schlagworte: Elterngeld
   
Gericht: Hessisches Landessozialgericht
Aktenzeichen: L 6 EG 16/09
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 03.03.2010
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Sozialgericht Gießen, Urteil vom 19.05.2009, S 12 EG 1/08
   

Hes­si­sches Lan­des­so­zi­al­ge­richt


L 6 EG 16/09
S 12 EG 1/08 (So­zi­al­ge­richt Gießen)

Im Na­men des Vol­kes

Ur­teil

In dem Rechts­streit

A.,
A-Straße, A-Stadt,


Kläge­rin und Be­ru­fungs­be­klag­te,

Pro­zess­be­vollm.: Rechts­an­walt B.,
B-Straße, B-Stadt,


ge­gen

Re­gie­rungs­präsi­di­um Gießen, ver­tre­ten durch das Lan­des­ver­sor­gungs­amt Hes­sen, Neue Bäue 2, 35338 Gießen,

Be­klag­ter und Be­ru­fungskläger,

hat der 6. Se­nat des Hes­si­schen Lan­des­so­zi­al­ge­richts in Darm­stadt am 3. März 2010 oh­ne münd­li­che Ver­hand­lung durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­so­zi­al­ge­richt Dr. Bor­chert, den Rich­ter am Lan­des­so­zi­al­ge­richt Bar­nusch und den Rich­ter am Lan­des­so­zi­al­ge­richt Dau­me so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Ro­se und Was­se­rheß für Recht er­kannt:

I. Die Be­ru­fung des Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des So­zi­al­ge­richts Gießen vom 19. Mai 2009 wird nach Maßga­be der Ent­schei­dungs­gründe zurück­ge­wie­sen.

II. Der Be­klag­te hat der Kläge­rin de­ren not­wen­di­ge außer­ge­richt­li­che Kos­ten auch für das Be­ru­fungs­ver­fah­ren zu er­stat­ten.

III. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

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Tat­be­stand


Zwi­schen den Be­tei­lig­ten ist die Höhe des El­tern­gel­des be­tref­fend den Be­zugs­zeit­raum vom 28. Ja­nu­ar 2007 bis 27. Ja­nu­ar 2008 strei­tig. Da­bei ist ins­be­son­de­re strei­tig, ob für die Be­rech­nung des El­tern­gel­des Ein­kom­men für die Zeit vom 24. März bis 11. De­zem­ber 2006 zu berück­sich­ti­gen ist, das erst im Fe­bru­ar 2007 aus­ge­zahlt wur­de.

Die 1977 ge­bo­re­ne Kläge­rin ist die Mut­ter des 2007 ge­bo­re­nen Kin­des AS. Sie stell­te am 21. Fe­bru­ar 2007 An­trag auf El­tern­geld. Nach ei­ner Be­schei­ni­gung der DAK vom 20. Fe­bru­ar 2007 be­zog die Kläge­rin vom 12. De­zem­ber 2006 bis zum 25. März 2007 Mut­ter­schafts­geld. Beschäftigt war die Kläge­rin seit dem 1. Sep­tem­ber 1994 als Verkäufe­r­in bei der Fir­ma H. GmbH und Co. KG in N-Stadt. Nach der Ge­burt ih­res ers­ten Kin­des am 24. März 2003 nahm sie bis Fe­bru­ar 2006 El­tern­zeit in An­spruch. Un­ter dem 20. April 2007 be­schei­nig­te der Ar­beit­ge­ber den Ver­dienst für die Mo­na­te März bis De­zem­ber 2006 und wies dar­auf hin, die ent­spre­chen­den Beträge sei­en erst im Mo­nat Fe­bru­ar 2007 nach Durchführung ei­nes Rechts­streits ge­zahlt wor­den.

Durch Be­scheid vom 14. Ju­ni 2007 be­wil­lig­te der Be­klag­te der Kläge­rin das be­an­trag­te El­tern­geld (0,00 € in der Zeit vom 28. Ja­nu­ar bis 27. Fe­bru­ar 2007, 21,42 € in der Zeit vom 28. Fe­bru­ar bis 27. März 2007 und für die Zeit vom 28. März 2007 bis 27. Ja­nu­ar 2008 je­weils den So­ckel­be­trag von 300,00 €). Sie berück­sich­tig­te im Be­mes­sungs­zeit­raum vom De­zem­ber 2005 bis No­vem­ber 2006 kein Net­to­er­werbs­ein­kom­men und teil­te mit, maßge­bend sei das Ein­kom­men aus Er­werbstätig­keit, wel­ches 12 Mo­na­te vor Be­ginn der Mut­ter­schutz­frist tatsächlich ge­zahlt wor­den sei. Nach der Mit­tei­lung des Ar­beit­ge­bers sei in den Mo­na­ten De­zem­ber 2005 bis No­vem­ber 2006 kei­ne tatsächli­che Ge­halts­zah­lung er­folgt. So­weit es im Fe­bru­ar 2007 zu ei­ner Nach­zah­lung ge­kom­men sei, könne die­se nicht berück­sich­tigt wer­den, weil sie nicht in­ner­halb des 12-mo­na­ti­gen Be­mes­sungs­zeit­rau­mes er­folgt sei. Es ver­blei­be des­halb le­dig­lich der Min­dest­be­trag in Höhe von 300,00 € mo­nat­lich. Zu­gleich teil­te der Be­klag­te der Kläge­rin mit, die Be­wil­li­gung des So­ckel­be­tra­ges von 300,00 € ent­spre­che der der­zei­ti­gen Rechts­aus­le­gung. Es ste­he je­doch noch ei­ne Ant­wort des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Fa­mi­lie, Se­nio­ren, Frau­en und Ju­gend aus. Nach ent­spre­chen­dem Ein­gang wer­de der Fall der Kläge­rin er­neut ge­prüft.

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Nach­dem der Be­klag­te der Kläge­rin mit Schrei­ben vom 13. Sep­tem­ber 2007 mit­ge­teilt hat­te, nach der nun­mehr vor­lie­gen­den Mit­tei­lung des zuständi­gen Bun­des­mi­nis­te­ri­ums könne die im Fe­bru­ar 2007 er­folg­te Ge­halts­nach­zah­lung nicht als Ein­kom­men für die Be­rech­nung des El­tern­gel­des berück­sich­tigt wer­den, bat die Kläge­rin um Er­tei­lung ei­nes rechts­mitt­elfähi­gen Be­schei­des. Die­sen er­ließ der Be­klag­te un­ter dem 2. Ok­to­ber 2007 und führ­te aus, die Über­prüfung nach § 44 des Zehn­ten Buchs So­zi­al­ge­setz­buch - So­zi­al­ver­wal­tungs­ver­fah­ren und So­zi­al­da­ten­schutz - (SGB X) ha­be er­ge­ben, dass der Be­scheid vom 14. Ju­ni 2007 nicht zu be­an­stan­den sei. Maßge­bend sei das in­ner­halb der letz­ten 12 Mo­na­te vor Be­ginn der Mut­ter­schutz­frist er­ziel­te Ein­kom­men aus Er­werbstätig­keit, wo­bei das Zu­fluss­prin­zip gel­te. Dem­ent­spre­chend sei­en nur die tatsächli­chen Ge­halts­zah­lun­gen während des maßgeb­li­chen Zeit­raums zu berück­sich­ti­gen. Später er­folg­te Nach­zah­lun­gen hätten außer Be­tracht zu blei­ben.

Die Kläge­rin er­hob Wi­der­spruch am 30. Ok­to­ber 2007 und mach­te gel­tend, die Rechts­auf­fas­sung des Be­klag­ten fin­de kei­ne Stütze im Ge­setz. Im Übri­gen sei die Mit­tei­lung des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Fa­mi­lie, Se­nio­ren, Frau­en und Ju­gend als Rechts­grund­la­ge nicht aus­rei­chend. Durch Wi­der­spruchs­be­scheid vom 27. De­zem­ber 2007 wies der Be­klag­te den Wi­der­spruch der Kläge­rin zurück und hielt an sei­ner Auf­fas­sung fest, dass le­dig­lich die in dem Be­mes­sungs­zeit­raum tatsächlich er­folg­ten Ge­halts­zah­lun­gen zu berück­sich­ti­gen sei­en. Er führ­te ergänzend aus, nach § 2 Abs. 7 S. 2 Bun­des­el­tern­geld- und El­tern­zeit­ge­setz (BEEG) sei­en sons­ti­ge Bezüge im Sin­ne von § 38a des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) nicht als Ein­kom­men zu berück­sich­ti­gen. In­so­weit wer­de für die Be­rech­nung des El­tern­gel­des bzw. für die Ein­kom­men­ser­mitt­lung an das Ein­kom­men­steu­er­recht an­ge­knüpft, für das nach § 38 Abs. 2 S. 2 EStG das Zu­fluss­prin­zip maßgeb­lich sei. Das be­deu­te, dass Ge­halts­zah­lun­gen nur in dem Mo­nat an­ge­setzt wer­den könn­ten, in de­nen auch tatsächlich die Zah­lung er­folgt sei. Im Übri­gen er­ge­be sich auch aus den Lohn­steu­er­richt­li­ni­en 2005, dass Ge­halts­nach­zah­lun­gen, die in ei­nem späte­ren Jahr als dem für den ent­spre­chen­den Lohn­zah­lungs­zeit­raum maßgeb­li­chen Jahr er­folg­ten, sons­ti­ge Bezüge im Sin­ne des Steu­er­rechts sei­en. Die­se steu­er­li­che Zu­ord­nung sei selbst dann nicht zu kor­ri­gie­ren, wenn die Nach­zah­lung et­wa auf­grund ei­nes Ur­teils in ei­nem Rechts­streit zwi­schen Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer er­fol­ge.

Mit der am 9. Ja­nu­ar 2008 er­ho­be­nen Kla­ge ver­folg­te die Kläge­rin ihr Be­geh­ren wei­ter. Sie trug vor, nach Sinn und Zweck des BEEG sei­en im Rah­men der Be­rech­nung des El­tern­gel­des bzw. der Er­fas­sung des Ein­kom­mens gemäß § 2 Abs. 7 BEEG le­dig­lich Son­der­zah­lun­gen wie Weih­nachts­geld und Ur­laubs­geld un­berück­sich­tigt zu las­sen. Dies

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gel­te je­doch nicht für nach­ge­zahl­te Gehälter. Ei­ne an­de­re Wer­tung stel­le ei­nen Ver­s­toß ge­gen Art. 6 Grund­ge­setz (GG) dar. Ergänzend be­rief sich die Kläge­rin auf das Ur­teil des So­zi­al­ge­richts Aa­chen vom 23. Sep­tem­ber 2008 (S 13 EG 10/08), das ih­re Rechts­auf­fas­sung stütze.

Dem­ge­genüber trug der Be­klag­te vor, trotz ge­gen­tei­li­ger so­zi­al­ge­richt­li­cher Recht­spre­chung hal­te er an sei­ner bis­he­ri­gen Rechts­auf­fas­sung fest, weil dies der Auf­fas­sung des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Fa­mi­lie, Se­nio­ren, Frau­en und Ju­gend ent­spre­che.

Durch Ur­teil vom 19. Mai 2009 hat das So­zi­al­ge­richt Gießen der Kla­ge statt­ge­ge­ben und den Be­klag­ten un­ter Ände­rung der Be­schei­de vom 2. Ok­to­ber 2007 und 14. Ju­ni 2007 in der Fas­sung des Wi­der­spruchs­be­schei­des vom 27. De­zem­ber 2007 ver­ur­teilt, der Kläge­rin höhe­res El­tern­geld un­ter Berück­sich­ti­gung der für die Mo­na­te März bis Ok­to­ber 2006 be­schei­nig­ten Ar­beits­ent­gel­te zu zah­len. Zur Be­gründung hat das So­zi­al­ge­richt im We­sent­li­chen aus­geführt, da die Kläge­rin ab dem 12. No­vem­ber 2006 Mut­ter­schafts­geld be­zo­gen ha­be, blie­ben gemäß § 2 Abs. 7 S. 5 und 6 BEEG die Mo­na­te No­vem­ber und De­zem­ber 2006 bei der Be­stim­mung der 12 maßgeb­li­chen Ka­len­der­mo­na­te vor der Ge­burt un­berück­sich­tigt, so dass es hier auf die Mo­na­te vom No­vem­ber 2005 bis Ok­to­ber 2006 an­kom­me. Das in die­sem Zeit­raum er­ziel­te Er­werbs­ein­kom­men sei für die Be­rech­nung der Höhe des El­tern­gel­des zu berück­sich­ti­gen, wo­bei dies auch für sol­ches Ar­beits­ent­gelt gel­te, das dem El­tern­geld­be­rech­tig­ten im Be­mes­sungs­zeit­raum zu­ge­stan­den ha­be, ihm je­doch nicht zeit­nah zu­ge­flos­sen, son­dern erst nachträglich ge­zahlt wor­den sei. Die von dem Be­klag­ten ver­tre­te­ne ge­gen­tei­li­ge Auf­fas­sung sei mit der In­ten­ti­on des Ge­setz­ge­bers des BEEG nicht ver­ein­bar, denn das El­tern­geld sei ei­ne Lohn­aus­fall­leis­tung. Die exis­tenz­si­chern­de Funk­ti­on des El­tern­gel­des würde un­ter­lau­fen, wenn Er­zie­hungs­geld­be­rech­tig­te, die ihr Ar­beits­ent­gelt ar­beits­ver­trags­wid­rig nicht zeit­nah er­hiel­ten und erst in ei­nem ar­beits­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren er­strei­ten müss­ten, wie dies vor­lie­gend der Fall ge­we­sen sei, auf­grund des Fehl­ver­hal­tens des Ar­beit­ge­bers nied­ri­ge­res El­tern­geld er­hiel­ten. Et­was an­de­res er­ge­be sich auch nicht aus dem sog. Zu­fluss­prin­zip, dass nicht streng auf So­zi­al­leis­tun­gen wie El­tern­geld, Un­ter­halts­geld, Ar­beits­lo­sen­geld oder Kran­ken­geld an­zu­wen­den sei. Das rei­ne Zu­fluss­prin­zip fin­de viel­mehr An­wen­dung im Steu­er­recht, nach dem die zu zah­len­den Steu­ern jähr­lich fest­zu­stel­len sei­en. Für den Be­reich der So­zi­al­leis­tun­gen sei das Zu­fluss­prin­zip der­ge­stalt zu mo­di­fi­zie­ren, dass auch - bei Ver­zug des Ar­beit­ge­bers - zunächst vor­ent­hal­te­nes und im maßge­ben­den Be­mes­sungs­zeit­raum zu zah­len­des Ar­beits­ent­gelt berück­sich­tigt wer­den müsse, das erst nachträglich zu­ge­flos­sen sei. Dies ha­be das Bun­des­so­zi­al­ge­richt be­reits für die Be­rech­nung

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von Un­ter­halts­geld, Ar­beits­lo­sen­geld und Kran­ken­geld ent­schie­den. In die­sem Sin­ne sei auch das El­tern­geld zu be­rech­nen.

Ge­gen die­ses dem Be­klag­ten mit Verfügung vom 25. Ju­ni 2009 zu­ge­sand­te Ur­teil rich­tet sich die am 22. Ju­li 2009 vor dem Hes­si­schen Lan­des­so­zi­al­ge­richt ein­ge­leg­te Be­ru­fung. Der Be­klag­te weist auf die en­ge An­bin­dung an das Steu­er­recht, ins­be­son­de­re auf § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, Abs. 2 Nr. 2 EStG hin, wor­aus sich er­ge­be, dass lau­fen­der Ar­beits­lohn dem Mo­nat zu­zu­ord­nen sei, für den er nach der Be­schei­ni­gung des Ar­beit­ge­bers ge­zahlt und in dem die ent­spre­chen­de Lohn­steu­er ab­geführt wor­den sei. Da­bei sei­en sons­ti­ge Bezüge im Sin­ne von § 38a Abs. 1 S. 3 EStG nach § 2 Abs. 7 S. 2 BEEG nicht als Ein­nah­men zu berück­sich­ti­gen. Grund­la­ge der Ein­kom­men­ser­mitt­lung sei­en gemäß § 2 Abs. 7 S. 4 BEEG die ent­spre­chen­den mo­nat­li­chen Ge­halts­be­schei­ni­gun­gen des Ar­beit­ge­bers. Hier sei die Ge­halts­nach­zah­lung im Mo­nat Fe­bru­ar 2007 er­folgt, während sich der maßge­ben­de Be­mes­sungs­zeit­raum vor der Ge­burt des Kin­des auf die Zeit vom De­zem­ber 2005 bis No­vem­ber 2006 er­stre­cke, so dass die Nach­zah­lung außer­halb des Be­mes­sungs­zeit­rau­mes lie­ge. Auch aus der Lohn­steu­er­richt­li­nie 2005 R 115 er­ge­be sich, dass Nach­zah­lun­gen zu den sons­ti­gen Bezügen gehörten, wenn sie sich auch nur teil­wei­se auf Lohn­zah­lungs­zeiträume be­zie­hen würden, die in ei­nem an­de­ren Jahr als dem der Zah­lung en­de­ten. Hier be­inhal­te die Ge­halts­nach­zah­lung im Fe­bru­ar 2007 Lohn­zah­lungs­zeiträume des Vor­jah­res und sei des­halb zwei­fels­frei ein sons­ti­ger Be­zug gemäß § 38a Abs. 1 S. 3 EStG mit der Fol­ge der Nicht­berück­sich­ti­gung bei der Ein­kom­men­ser­mitt­lung. Dem So­zi­al­ge­richt sei im Übri­gen nicht zu fol­gen, wo­nach für den Be­reich von So­zi­al­leis­tun­gen ein mo­di­fi­zier­tes Zu­fluss­prin­zip gel­te. Im Un­ter­schied zum so­zi­al­recht­li­chen Ein­kom­mens­be­griff aus an­de­ren Be­rei­chen ent­hal­te das BEEG ei­ne spe­zi­el­le Re­ge­lung, die die El­tern­geld­stel­len da­zu ver­pflich­te, sich aus Gründen der Ver­wal­tungs­prak­ti­ka­bi­lität bei der Er­mitt­lung des zu berück­sich­ti­gen­den Ein­kom­mens grundsätz­lich auf die Aus­wer­tung von Ge­halts­be­schei­ni­gun­gen zu be­schränken. Dies er­ge­be sich auch aus der Ge­set­zes­be­gründung (Hin­weis auf Bun­des­tags-Druck­sa­che - BT-Drucks. - 16/2785, Sei­te 37). Dar­aus fol­ge, dass die von der Recht­spre­chung des Bun­des­so­zi­al­ge­richts ent­wi­ckel­te kom­bi­nier­te An­spruchs- und Zu­fluss­theo­rie be­tref­fend Leis­tun­gen nach dem Drit­ten Buch So­zi­al­ge­setz­buch - Ar­beitsförde­rung - (SGB III) vor­lie­gend nicht an­zu­wen­den sei.

Der Be­klag­te be­an­tragt,

das Ur­teil des So­zi­al­ge­richts Gießen vom 19. Mai 2009 auf­zu­he­ben und die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

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Die Kläge­rin be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Sie hält das an­ge­foch­te­ne Ur­teil des So­zi­al­ge­richts für zu­tref­fend. Die­ses ha­be rechts­feh­ler­frei das Zu­fluss­prin­zip le­dig­lich mo­di­fi­ziert un­ter Be­ach­tung der Rech­spre­chung des Bun­des­so­zi­al­ge­richts an­ge­wen­det.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten wird auf den In­halt der Ge­richts­ak­te so­wie der bei­ge­zo­ge­nen Ver­wal­tungs­ak­te des Be­klag­ten, die Ge­gen­stand der Ent­schei­dung ge­we­sen sind, Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe

Der Se­nat konn­te oh­ne münd­li­che Ver­hand­lung ent­schei­den (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 So­zi­al­ge­richts­ge­setz - SGG -), da die Be­tei­lig­ten hier­zu ihr Ein­verständ­nis er­teilt ha­ben.

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statt­haf­te Be­ru­fung ist zulässig; sie ist ins­be­son­de­re form-und frist­ge­recht gemäß § 151 Abs. 1 SGG ein­ge­legt wor­den.

Die Be­ru­fung des Be­klag­ten ist je­doch sach­lich nicht be­gründet. Das So­zi­al­ge­richt hat den Be­klag­ten zu Recht durch Ur­teil vom 19. Mai 2009 ver­pflich­tet, höhe­res El­tern­geld un­ter Berück­sich­ti­gung der für die Mo­na­te März bis Ok­to­ber 2006 be­schei­nig­ten Ar­beits­ent­gel­te zu zah­len. Ei­ne ent­spre­chen­de Ver­pflich­tung be­steht im Übri­gen auch für den Mo­nat No­vem­ber 2006, was noch aus­zuführen sein wird. Der an­ge­foch­te­ne Über­prüfungs­be­scheid vom 2. Ok­to­ber 2007 in der Ge­stalt des Wi­der­spruchs­be­schei­des vom 27. De­zem­ber 2007 ist in­so­weit rechts­wid­rig und war auf­zu­he­ben. Ei­ne Ände­rungs­be­fug­nis be­zo­gen auf den Be­scheid vom 14. Ju­ni 2007 sieht der Se­nat al­ler­dings nicht, denn die­ser hat Be­stands­kraft er­langt, so dass der Be­klag­te zu­tref­fend die Über­prüfung nach Ein­gang der Stel­lung­nah­me des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Fa­mi­lie, Se­nio­ren, Frau­en und Ju­gend im Rah­men des § 44 SGB X vor­ge­nom­men hat. Streit­ge­gen­stand des Kla­ge- wie auch des Be­ru­fungs­ver­fah­rens ist da­mit le­dig­lich der Über­prüfungs­be­scheid vom 2. Ok­to­ber 2007 in Ge­stalt des

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Wi­der­spruchs­be­schei­des vom 27. De­zem­ber 2007. Es be­steht je­doch die Ver­pflich­tung des Be­klag­ten, den Be­scheid vom 14. Ju­ni 2007 ent­spre­chend der Ver­ur­tei­lung teil­wei­se zurück­zu­neh­men.

Die Kläge­rin erfüllt zunächst al­le Vor­aus­set­zun­gen des § 1 Abs. 1 BEEG für den Be­zug von El­tern­geld während der ers­ten 12 Le­bens­mo­na­te des 2007 ge­bo­re­nen Kin­des AS., was zwi­schen den Be­tei­lig­ten nicht strei­tig ist. Strei­tig ist al­lein die Fra­ge, ob für die Be­rech­nung der Höhe des El­tern­gel­des die ge­nann­ten Nach­zah­lungs­beträge für die Mo­na­te März bis No­vem­ber 2006 zu berück­sich­ti­gen sind. Dies ist nach Auf­fas­sung des Se­na­tes zu be­ja­hen.

Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG wird El­tern­geld in Höhe von 67 % des in den 12 Ka­len­der­mo­na­ten vor dem Mo­nat der Ge­burt des Kin­des durch­schnitt­lich er­ziel­ten mo­nat­li­chen Ein­kom­mens aus Er­werbstätig­keit bis zu ei­nem Höchst­be­trag von 1.800,00 € mo­nat­lich für vol­le Mo­na­te ge­zahlt, in de­nen die be­rech­tig­te Per­son kein Ein­kom­men aus Er­werbstätig­keit er­zielt. Da­bei ist als Ein­kom­men aus Er­werbstätig­keit die Sum­me der po­si­ti­ven Einkünf­te aus Land- und Forst­wirt­schaft, Ge­wer­be­be­trieb, selbstständi­ger Ar­beit und nicht­selbstständi­ger Ar­beit im Sin­ne von § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 EStG nach Maßga­be der Absätze 7 bis 9 zu berück­sich­ti­gen (§ 2 Abs. 1 S. 2 BEEG). Für Ein­kom­men aus nicht­selbstständi­ger Ar­beit re­gelt § 2 Abs. 7 S. 1 BEEG, dass der Über­schuss der Ein­nah­men in Geld oder Gel­des­wert über die mit ei­nem Zwölf­tel des Pausch­be­trag nach § 9a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buch­sta­be a EStG an­zu­set­zen­den Wer­bungs­kos­ten, ver­min­dert um die ent­spre­chen­den Steu­ern so­wie Pflicht­beiträge zur So­zi­al­ver­si­che­rung ein­sch­ließlich der Beiträge zur Ar­beitsförde­rung, maßgeb­lich ist. Wei­te­re Re­ge­lun­gen zur Ein­kom­men­ser­mitt­lung ent­hal­ten § 2 Abs. 7 S. 4 BEEG, wo­nach Grund­la­ge der Ein­kom­men­ser­mitt­lung die ent­spre­chen­den mo­nat­li­chen Lohn- und Ge­halts­be­schei­ni­gun­gen des Ar­beit­ge­bers sind, so­wie § 2 Abs. 7 S. 2 BEEG, wo­nach sons­ti­ge Bezüge im Sin­ne von § 38a Abs. 1 S. 3 EStG nicht als Ein­nah­men zu berück­sich­ti­gen sind

Da­von aus­ge­hend ver­tritt der Se­nat zunächst die Auf­fas­sung, dass die Re­ge­lung des § 2 Abs. 7 S. 4 BEEG, wo­nach - im Sin­ne der Ver­wal­tungs­ver­ein­fa­chung - als Grund­la­ge der Ein­kom­men­ser­mitt­lung die mo­nat­li­chen Lohn- und Ge­halts­be­schei­ni­gun­gen des Ar­beit­ge­bers her­an­ge­zo­gen wer­den sol­len, nicht da­zu führt, dass die in den Lohn- und Ge­halts­be­schei­ni­gun­gen ent­hal­te­nen An­ga­ben stets bin­dend zu Grun­de zu le­gen sind. Viel­mehr sind Ab­wei­chun­gen und Un­rich­tig­kei­ten von der Behörde zu berück­sich­ti­gen bzw. er­for­dern wei­te­re ei­ge­ne Er­mitt­lun­gen (LSG Ber­lin-Bran­den­burg, Ur­teil vom 20. Ja­nu­ar 2009, L 12 EG 7/08). In­so­fern kann der Ge­sichts­punkt der Ver­wal­tungs­ver­ein­fa­chung im In­ter­es­se

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der auch bei An­wen­dung des BEEG ge­bo­te­nen Ein­zel­fall­ge­rech­tig­keit nicht da­zu führen, dass jed­we­de Ab­wei­chung von Ty­pi­schem oder Un­rich­tig­keit außer acht ge­las­sen wer­den darf.

Die Berück­sich­ti­gung der Nach­zah­lungs­beträge für die Mo­na­te März bis No­vem­ber 2006 ist hier auch nicht nach § 2 Abs. 7 S. 2 BEEG aus­ge­schlos­sen, denn es han­delt sich nicht um sons­ti­ge Bezüge im Sin­ne des § 38a Abs. 1 S. 3 EStG, die als Ein­nah­men un­berück­sich­tigt blei­ben. Nach der Le­gal­de­fi­ni­ti­on des § 38a Abs. 1 S. 3 EStG ist un­ter „sons­ti­ge Bezüge“ Ar­beits­lohn zu ver­ste­hen, der nicht als lau­fen­der Ar­beits­lohn ge­zahlt wird. Dies trifft auf die ge­nann­ten Nach­zah­lun­gen nicht zu, denn die­se stell­ten für die Mo­na­te März bis No­vem­ber 2006 die ge­sam­ten lau­fen­den Bezüge der Kläge­rin dar. Dem Um­stand, dass der Ar­beit­ge­ber der Kläge­rin die zeit­na­he Aus­zah­lung die­ser Beträge ar­beits­ver­trags­wid­rig un­ter­las­sen und in Kor­rek­tur des­sen ei­ne späte­re Nach­zah­lung auf­grund ei­nes ar­beits­ge­richt­li­chen Ur­teils vor­ge­nom­men hat, kann für die Fra­ge, ob es sich um lau­fen­den oder nicht lau­fen­den Ar­beits­lohn han­delt, kei­ne ent­schei­dungs­er­heb­li­che Be­deu­tung zu­kom­men. Viel­mehr ist aus dem Ge­set­zes­wort­laut „Ar­beits­lohn, der nicht als lau­fen­der Ar­beits­lohn ge­zahlt wird“ ab­zu­lei­ten, dass es in­so­weit auf die grundsätz­li­che Ge­stal­tung des dem Ein­kom­men zu Grun­de lie­gen­den Ar­beits­verhält­nis­ses an­kommt. Da­nach stan­den der Kläge­rin die Beträge für die Mo­na­te März bis No­vem­ber 2006 als lau­fen­der Be­zug zu.
Die­se An­nah­me wird gestützt durch die in den Lohn­steu­er-Richt­li­ni­en 2005 (LStR 2005) ent­hal­te­nen De­fi­ni­tio­nen zum „lau­fen­den Ar­beits­lohn“ bzw. zu den „sons­ti­gen Bezügen“ so­wie die ent­spre­chen­den bei­spiel­haf­ten Aufzählun­gen. Da­nach zählen gemäß R 115 Abs. 1 LStR 2005 zum lau­fen­den Ar­beits­lohn ins­be­son­de­re Mo­nats­gehälter (Nr. 1), Wo­chen- und Ta­gelöhne (Nr. 2), Mehr­ar­beits­vergütun­gen (Nr. 3), Zu­schläge und Zu­la­gen (Nr. 4), geld­wer­te Vor­tei­le aus der ständi­gen Über­las­sung von Dienst­wa­gen zur pri­va­ten Nut­zung (Nr. 5). Dem­ge­genüber zählen gemäß R 115 Abs. 2 S. 2 LStR 2005 zu den sons­ti­gen Bezügen ins­be­son­de­re 13. und 14. Mo­nats­gehälter (Nr. 1), ein­ma­li­ge Ab­fin­dun­gen und Entschädi­gun­gen (Nr. 2), Gra­ti­fi­ka­tio­nen und Tan­tie­men, die nicht fort­lau­fend ge­zahlt wer­den (Nr. 3), Ju­biläums­zu­wen­dun­gen (Nr. 4), Ur­laubs­gel­der, die nicht fort­lau­fend ge­zahlt wer­den, und Entschädi­gun­gen zur Ab­gel­tung nicht ge­nom­me­nen Ur­laubs (Nr. 5), Vergütun­gen für Er­fin­dun­gen (Nr. 6), Weih­nachts­zu­wen­dun­gen (Nr. 7). Der ver­glei­chen­de Blick auf die in R 115 Abs. 1 und 2 LStR 2005 ge­nann­ten Ar­beits­lohn­zah­lun­gen legt eben­falls den Schluss na­he, da­nach zu dif­fe­ren­zie­ren, ob die Zah­lun­gen nach der Ge­stal­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses ty­pi­scher­wei­se als fort­lau­fen­de Leis­tung oder aber als Ein­mal­zah­lung zu wer­ten sind.

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So­weit in R 115 Abs. 1 Nr. 6 und 7 so­wie Abs. 2 S. 2 Nr. 8 LStR 2005 ei­ge­ne Re­ge­lun­gen für Nach­zah­lun­gen und Vor­aus­zah­lun­gen ge­trof­fen wor­den sind (lau­fen­der Ar­beits­lohn: zu­fließen­de Nach­zah­lun­gen und Vor­aus­zah­lun­gen im lau­fen­den Ka­len­der­jahr - Abs. 1 Nr. 6 - so­wie Ar­beits­lohn­zah­lun­gen für das ab­ge­lau­fe­ne Ka­len­der­jahr in­ner­halb der ers­ten drei Wo­chen des nach­fol­gen­den Ka­len­der­jah­res - Abs. 1 Nr. 7 -; sons­ti­ge Bezüge: Nach­zah­lun­gen und Vor­aus­zah­lun­gen, wenn sich der Ge­samt­be­trag oder ein Teil­be­trag der Nach­zah­lung oder Vor­aus­zah­lung auf Lohn­zah­lungs­zeiträume be­zieht, die in ei­nem an­de­ren Jahr als dem der Zah­lung en­den bzw. wenn Ar­beits­lohn für Lohn­zah­lungs­zeiträume des ab­ge­lau­fe­nen Ka­len­der­jah­res später als drei Wo­chen nach Ab­lauf die­ses Jah­res zu­fließt - Abs. 2 S. 2 Nr. 8), han­delt es sich er­kenn­bar um spe­zi­fisch steu­er­recht­li­che Vor­schrif­ten, die da­zu die­nen, den Ar­beits­lohn ent­we­der dem Ka­len­der­jahr, in dem der Lohn­zah­lungs­zeit­raum en­det, zu­zu­ord­nen oder dem Ka­len­der­jahr des Zu­flus­ses, weil in­so­weit als Steu­er­pe­ri­ode stets das Ka­len­der­jahr gilt. Die­se für Nach- oder Vor­aus­zah­lun­gen spe­zi­fisch steu­er­recht­li­che Be­trach­tungs­wei­se hat je­doch kei­ne Re­le­vanz für die Ein­kom­men­ser­mitt­lung im Rah­men des BEEG. Nach den Mo­ti­ven des Ge­setz­ge­bers soll mit dem El­tern­geld das während der Be­treu­ung und Er­zie­hung des Kin­des aus­fal­len­de Ein­kom­men, das vor­her re­gelmäßig er­zielt wor­den ist, (teil­wei­se) er­setzt wer­den. In­so­weit ist Ziel des El­tern­gel­des vor al­lem, Fa­mi­li­en bei der Si­che­rung ih­rer Le­bens­grund­la­ge zu un­terstützen, wenn sich die El­tern vor­ran­gig um die Be­treu­ung ih­rer Kin­der kümmern (vgl. BT-Drucks. 16/1889 Sei­te 2, 15; BT-Drucks. 16/2454 Sei­te 2). Je­der be­treu­en­de El­tern­teil, der sei­ne Er­werbstätig­keit un­ter­bricht oder re­du­ziert, soll ei­nen an sei­nem in­di­vi­du­el­len Ein­kom­men ori­en­tier­ten Aus­gleich für die fi­nan­zi­el­len Ein­schränkun­gen im ers­ten Le­bens­jahr des Kin­des er­hal­ten (vgl. BT-Drucks. 16/1889 Sei­te 2, 15; BT-Drucks. 16/2454 Sei­te 2). Nach dem ursprüng­li­chen Ge­set­zes­ent­wurf (BT-Drucks. 16/1889) soll­te auf den Ein­kom­mens­be­griff des Zwei­ten Buchs So­zi­al­ge­setz­buch - Grund­si­che­rung für Ar­beit­su­chen­de - (SGB II) zurück­ge­grif­fen wer­den. Auf Wunsch des Bun­des­ra­tes wur­de letzt­lich ein am Steu­er­recht ori­en­tier­ter Ein­kom­mens­be­griff in § 2 BEEG ge­re­gelt. So­wohl der Be­gründung des ursprüng­li­chen Ge­set­zes­ent­wurfs als auch der späte­ren Be­schluss­emp­feh­lung des Bun­des­tags-Aus­schus­ses für Fa­mi­lie, Se­nio­ren, Frau­en und Ju­gend lässt sich je­doch ent­neh­men, dass le­dig­lich ein­ma­li­ge Ein­nah­men (bei­spiel­haft in der Be­gründung zum Ent­wurf erwähnt: Weih­nachts­geld, Ur­laubs­geld, Prämi­en, Er­folgs­be­tei­li­gun­gen; bei­spiel­haft in der Be­schluss­emp­feh­lung erwähnt: 13. und 14. Mo­nats­gehälter, Gra­ti­fi­ka­tio­nen und Weih­nachts­zu­wen­dun­gen), die die wirt­schaft­li­chen Verhält­nis­se der El­tern nicht mit der glei­chen Nach­hal­tig­keit wie die mo­nat­li­chen Ein­nah­men aus Er­werbstätig­keit prägen, un­berück­sich­tigt blei­ben sol­len (vgl. BT-Drucks. 16/1889, Sei­te 21 und BT-Drucks. 16/2785, Sei­te 37). Mit die­sen bei­spiel­haft auf­gezähl­ten ein­ma­li­gen

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Ein­nah­men ist die hier er­folg­te Nach­zah­lung von Tei­len der lau­fen­den Bezüge, die zunächst rechts­wid­rig ein­be­hal­ten wor­den sind, nicht ver­gleich­bar. Viel­mehr hat die der Kläge­rin zu­ge­flos­se­ne Nach­zah­lung die für das El­tern­geld maßgeb­li­chen Verhält­nis­se in der­sel­ben Wei­se ge­prägt wie lau­fen­des Ar­beits­ent­gelt.

Aus al­lem folgt im Er­geb­nis, dass es mit Sinn und Zweck der Re­ge­lun­gen des BEEG nicht ver­ein­bar ist, bei dem zu berück­sich­ti­gen­den Ein­kom­men der Kläge­rin aus nicht­selbstständi­ger Ar­beit während der letz­ten 12 Ka­len­der­mo­na­te vor der Ge­burt des Kin­des die im Mo­nat Fe­bru­ar 2007 er­folg­te Nach­zah­lung von Ar­beits­ent­gelt für die Mo­na­te März bis No­vem­ber 2006, de­ren Ein­zel­beträge zunächst un­zu­tref­fend nicht aus­ge­zahlt wor­den sind, un­berück­sich­tigt zu las­sen. Der Be­klag­te wird das der Kläge­rin zu­ste­hen­de El­tern­geld un­ter An­rech­nung der im Mo­nat Fe­bru­ar 2007 aus­ge­zahl­ten Nach­zah­lungs­beträge bzw. der von dem Ar­beit­ge­ber be­schei­nig­ten Ent­gel­te neu zu be­rech­nen ha­ben. In­for­ma­to­risch weist der Se­nat dar­auf hin, dass die­se Ver­pflich­tung nicht nur für die auf die Mo­na­te März bis Ok­to­ber 2006 ent­fal­len­den und be­schei­nig­ten Ar­beits­ent­gel­te gilt, wie das So­zi­al­ge­richt dies te­n­o­riert hat, son­dern auch für das Ar­beits­ent­gelt be­zo­gen auf No­vem­ber 2006. In­so­weit ist das So­zi­al­ge­richt un­zu­tref­fend von ei­nem Be­mes­sungs­zeit­raum vom No­vem­ber 2005 bis Ok­to­ber 2006 aus­ge­gan­gen. Viel­mehr sind die letz­ten 12 Mo­na­te vor der Ge­burt des Kin­des maßgeb­lich, wo­bei Ka­len­der­mo­na­te, in de­nen Mut­ter­schafts­geld be­zo­gen wor­den ist, un­berück­sich­tigt blei­ben. Hier hat die Kläge­rin Mut­ter­schafts­geld ab dem 12. De­zem­ber 2006 be­zo­gen, so dass die Zeit ab die­sem Ka­len­der­mo­nat, die an sich von dem 12-mo­na­ti­gen Zeit­raum er­fasst ist, un­berück­sich­tigt bleibt. Maßgeb­li­cher Be­mes­sungs­zeit­raum sind mit­hin die Ka­len­der­mo­na­te De­zem­ber 2005 bis No­vem­ber 2006. Da hier der Be­klag­te al­lei­ni­ger Be­ru­fungsführer ist, sieht sich der Se­nat je­doch dar­an ge­hin­dert, ei­ne ent­spre­chen­de Ver­pflich­tung auch für No­vem­ber 2006 aus­zu­spre­chen. Ge­ge­be­nen­falls ver­bleibt der Kläge­rin die Möglich­keit, ei­nen An­trag nach § 44 SGB X zu stel­len.

Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 193 SGG.

Der Se­nat hat die Re­vi­si­on we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu­ge­las­sen. In­so­weit exis­tiert noch kei­ne ge­fes­tig­te höchst­rich­ter­li­che Recht­spre­chung zur Fra­ge der An­bin­dung der für die Ein­kom­men­ser­mitt­lung maßgeb­li­chen Vor­schrif­ten des BEEG an die steu­er­recht­li­chen Vor­schrif­ten des EStG.

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