HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

ARBEITSRECHT AKTUELL // 11/158

Ur­laubs­ab­gel­tung und Aus­schluss­fris­ten

Nach lan­ger Krank­heit an­ge­sam­mel­te Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­sprü­che wer­den im Aus­schei­dens­zeit­punkt fäl­lig und un­ter­lie­gen ar­beits- und ta­rif­ver­trag­li­chen Aus­schluss­fris­ten: Bun­des­ar­beits­ge­richt, Ur­teil vom 09.08.2011, 9 AZR 352/10
Abrisskalender Vor­sicht Frist­ab­lauf bei der Ur­laubs­ab­gel­tung!

16.08.2011. Ar­beit­neh­mer, die über Jah­re ar­beits­un­fä­hig krank sind, dür­fen we­gen des Grund­satz­ur­teils des Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hofs (EuGH) vom 20.01.2009 (C-350/06 - Schultz-Hoff) ih­ren Ur­laubs­an­spruch für die Zeit der Er­kran­kung nicht ver­lie­ren.

Die­sen Grund­satz hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) um­ge­hend für das deut­sche Ar­beits­recht über­nom­men (BAG, Ur­teil vom 24.03.2009, 9 AZR 983/07).

Da­her wächst der Ur­laubs­an­spruch im Lau­fe ei­ner lan­gen Krank­heit im­mer wei­ter an, und mit ihm auch der An­spruch auf Ur­laubs­ab­gel­tung, wenn das Ar­beits­ver­hält­nis schließ­lich be­en­det wird. Dann kom­men auf den Ar­beit­ge­ber oft ho­he Zah­lungs­pflich­ten zu.

Frag­lich ist, ob ar­beits­ver­trag­li­che, ta­rif­ver­trag­li­che oder in Ar­beits­ver­trags­richt­li­ni­en (AVR) ent­hal­te­ne Aus­schluss­fris­ten den An­spruch auf Ur­laubs­ab­gel­tung zu­nich­te ma­chen, wenn der Ar­beit­neh­mer die Fris­ten nicht ein­hält. Das war nach der vor dem Schultz-Hoff-Ur­teil gel­ten­den Recht­spre­chung des BAG nicht der Fall, da das BAG den Ab­gel­tungs­an­spruch als eben­so zwin­gend an­sah wie den ge­setz­li­chen Ur­laubs­an­spruch selbst. Nun hat das BAG sei­ne Mei­nung ge­än­dert (BAG, Ur­teil vom 09.08.2011, 9 AZR 352/10).

Ei­ne Kran­ken­schwes­ter war von Ok­to­ber 2006 zur Be­en­di­gung ih­res Ar­beits­ver­hält­nis­ses En­de März 2008 ar­beits­un­fä­hig er­krankt. Erst im Fe­bru­ar 2009 ver­lang­te sie von ih­rem Ex-Ar­beit­ge­ber schrift­lich Ur­laubs­ab­gel­tung im Um­fang von 35 Ta­gen für 2007 so­wie von 8,75 Ta­ge für 2008. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt Köln wies die Kla­ge ab, da die Ar­beit­neh­me­rin die ta­rif­ver­trag­li­che Aus­schluss­frist von sechs Mo­na­ten nicht ein­ge­hal­ten hat­te (Ur­teil vom 20.04.2010, 12 Sa 1448/09). So sah das auch das BAG.

Fa­zit: Auch wenn Ar­beit­neh­mer bei Be­en­di­gung des Ar­beits­ver­hält­nis­ses krank sind und den Ur­laub in Na­tur nicht neh­men könn­ten, wird der An­spruch auf Ur­laubs­ab­gel­tung so­fort fäl­lig und un­ter­liegt ein­zel- und ta­rif­ver­trag­li­chen Aus­schluss­fris­ten. Er ist da­mit als rei­ner Geld­an­spruch schwä­cher als der zwin­gen­de Ur­laubs­an­spruch selbst. Ar­beit­neh­mer, die nach lan­ger Krank­heit aus dem Ar­beits­ver­hält­nis aus­schei­den, müs­sen da­her in­ner­halb der für sie gel­ten­den Aus­schluss­fris­ten Ur­laubs­ab­gel­tung ver­lan­gen.

Nä­he­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie hier:

Hin­weis: In der Zwi­schen­zeit, d.h. nach Er­stel­lung die­ses Ar­ti­kels, hat das Ge­richt sei­ne Ent­schei­dungs­grün­de schrift­lich ab­ge­fasst und ver­öf­fent­licht. Die Ent­schei­dungs­grün­de im Voll­text fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 4. Juni 2019

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de
Bewertung: 5.0 von 5 Sternen (2 Bewertungen)

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 

Für Personaler, betriebliche Arbeitnehmervertretungen und andere Arbeitsrechtsprofis: "Update Arbeitsrecht" bringt Sie regelmäßig auf den neusten Stand der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Informationen zu den Abo-Bedingungen und ein kostenloses Ansichtsexemplar finden Sie hier:

Alle vierzehn Tage alles Wichtige
verständlich / aktuell / praxisnah

HINWEIS: Sämtliche Texte dieser Internetpräsenz mit Ausnahme der Gesetzestexte und Gerichtsentscheidungen sind urheberrechtlich geschützt. Urheber im Sinne des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Martin Hensche, Lützowstraße 32, 10785 Berlin.

Wörtliche oder sinngemäße Zitate sind nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Urhebers bzw. bei ausdrücklichem Hinweis auf die fremde Urheberschaft (Quellenangabe iSv. § 63 UrhG) rechtlich zulässig. Verstöße hiergegen werden gerichtlich verfolgt.

© 1997 - 2024:
Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Berlin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Lützowstraße 32, 10785 Berlin
Telefon: 030 - 26 39 62 0
Telefax: 030 - 26 39 62 499
E-mail: hensche@hensche.de