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LAG Hamburg, Beschluss vom 28.02.2012, 1 Ta 2/12
Schlagworte: | Aufhebungsvertrag, Direktversicherung, Zwangsvollstreckung | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Hamburg | |
Aktenzeichen: | 1 Ta 2/12 | |
Typ: | Beschluss | |
Entscheidungsdatum: | 28.02.2012 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Hamburg, Beschluss vom 30.01.2012, 28 Ca 314/10 | |
Landesarbeitsgericht Hamburg
Beschluss
In dem Beschwerdeverfahren
Geschäftszeichen:
1 Ta 2/12
(28 Ca 314/10 ArbG Hamburg)
beschließt das Landesarbeitsgericht Hamburg, Erste Kammer,
durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Dr. Nause als Vorsitzenden
am 28. Februar 2012:
Auf die Beschwerde des Gläubigers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 30. Januar 2012 (28 Ca 314/10) abgeändert und gegen die Schuldnerin zur Durchsetzung ihrer Verpflichtung aus dem gerichtlich mit Beschluss vom 23. November 2010 festgestellten Vergleich, nämlich auf erstes Anfordern alle für die Übernahme der Direktversicherung bei der A. mit der Versicherungsnummer XXXXX durch den Kläger erforderlichen Erklärungen abzugeben, ein Zwangsgeld in Höhe von € 1.000, ersatzweise für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit drei Tage Zwangshaft, festgesetzt.
Die Schuldnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Der Gläubiger verlangt die Festsetzung von Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft, gegen die Schuldnerin.
Im Ausgangsverfahren klagte der Gläubiger gegen die Schuldnerin unter anderem auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Die Parteien schlossen einen gerichtlich festgestellten Vergleich, mit dem das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2011 beendet wurde und in dem geregelt ist:
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„IX. Direktversicherung
Der Kläger ist berechtigt, die für ihn bei der Versicherung A. abgeschlossene Direktversicherung mit der Versicherungsnummer XXXXX mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu übernehmen. Die Beklagte wird auf erstes Anfordern alle hierfür erforderlichen Erklärungen abgeben.“
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vergleichs wird auf den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 23. November 2010 (Bl. 29 bis 32 d.A.) verwiesen.
Der Gläubiger forderte die Schuldnerin mit einem Schreiben vom 22. November 2011 vergeblich auf, die Anlage zu diesem Schreiben (Anlage AG zum Schriftsatz der Schuldnerin vom 3. Januar 2012, Bl. 117 d. A.) zu unterzeichnen.
Der Gläubiger hat mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2011 beantragt,
gegen die Schuldner-Seite ein angemessenes Zwangsgeld von € 1.000 festzusetzen und der Schuldner-Seite nachzulassen, dessen Vollstreckung durch Erfüllung der Ziffer IX des Vergleichs dieses Gerichts vom 23. November 2010 abzuwenden,
hilfsweise,
dass die Beklagte verpflichtet werden soll, das Formular Anlage AG 1 unter Korrektur des Datums auf den 31. Dezember 2011 ausgefüllt und unterschrieben zurückzugeben.
Die Schuldnerin hat beantragt,
den Zwangsvollstreckungsantrag abzuweisen.
Sie hat die Auffassung, dass der Zwangsvollstreckungsantrag nicht bestimmt genug sei und vorzeitig gestellt worden sei. Der Gläubiger habe keine konkrete, der Verpflichtung der Schuldnerin entsprechende Erklärung von dieser gefordert.
Das Arbeitsgericht Hamburg hat den Antrag durch Beschluss vom 30. Januar 2012 zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten des Beschlusses wird auf Bl. 129 bis 133 d. A.
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verwiesen. Gegen diesen Beschluss, der dem Gläubiger am 2. Februar 2012 zugestellt wurde, hat er mit Schriftsatz vom 9. Februar 2012, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 10. Februar 2012, sofortige Beschwerde eingelegt.
Der Gläubiger beantragt,
gegen die Schuldner-Seite ein angemessenes Zwangsgeld von € 1.000 festzusetzen und der Schuldner-Seite nachzulassen, dessen Vollstreckung durch Erfüllung der Ziffer IX des Vergleichs dieses Gerichts vom 23. November 2010 abzuwenden,
hilfsweise,
die Vollstreckung durch Abgabe folgender Erklärung abzuwenden:
„Herr E. ist aus unserem Unternehmen mit dem 31.12.2011 ausgeschieden. Er ist berechtigt, die für ihn bei der Versicherung „A.“ abgeschlossene Direktversicherung mit der VS-Nummer XXXXX mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die zum 31.12.2012 erfolgt ist, zu übernehmen. Wir geben hiermit alle dafür ggf. notwendigen Erklärungen ab und stimmen der Übernahme der Direktversicherung durch Herrn E. zu.“
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.
1) Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Nach § 78 Satz 1 ArbGG gelten für sie die für die Beschwerde gegen Entscheidungen des Amtsgerichts geltenden Vorschriften entsprechend. Nach §§ 567 Abs. 1 Ziffer 2, 793 ZPO ist die Beschwerde statthaft. Sie ist im Sinne des
§ 569 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden. Die vom Gläubiger eingereichte Beschwerdeschrift enthält § 569 Abs. 2 Satz 2 ZPO entsprechend die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werde. Die Beschwerdeschrift ging am 7. Februar 2012 beim Arbeitsgericht ein. Das war innerhalb der nach § 569 Abs. 1 Sätze 1 und 2 zu beachtenden Frist von zwei Wochen nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses. Diese Zustellung erfolgte nämlich am 2. Februar 2012.
2) Die sofortige Beschwerde ist begründet, weil der Antrag zulässig und begründet ist.
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a) Der Antrag ist zulässig. Die Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung sind gegeben. Mit dem gerichtlich festgestellten Vergleich liegt ein der Schuldnerin am 24. November 2010 zugestellter Titel vor, für den dem Gläubiger eine Vollstreckungsklausel erteilt worden ist. Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrages sind nicht ersichtlich.
2) Der Antrag ist begründet.
Der gerichtlich festgestellte Vergleich ist hinsichtlich der Verpflichtung, deren Durchsetzung der Gläubiger begehrt, als Titel hinreichend bestimmt und damit vollstreckbar. Aus dem Hauptantrag des Klägers ergibt sich, dass er die Ziffer IX des Vergleichs erfüllt haben möchte. Wenn der Gläubiger formuliert, dass die Zwangsvollstreckung durch Erfüllung der Ziffer 9 abgewendet werden kann, bedeutet dieses, dass es dem Gläubiger gerade um diese Verpflichtung geht.
Damit ist zugleich auch hinreichend klargestellt, dass es dem Gläubiger um Ziffer IX Satz 2 des Vergleichs geht. Die in Ziffer IX Satz 1 geregelte Berechtigung des Gläubigers ist keiner Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin zugänglich.
In Ziffer IX 2 ist eine Verpflichtung der Schuldnerin geregelt. Das ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut, weil es sich dabei um eine bloße Beschreibung zukünftigen Verhaltens der Schuldnerin („Die Beklagte wird….abgeben.“) handelt. Aus dem Zusammenhang der Vergleichsregelung ergibt sich, dass mit dieser Formulierung über eine Beschreibung hinaus eine Verpflichtung der Schuldnerin begründet werden sollte. Die Formulierung ist nämlich Teil eines Vertrages zwischen den Parteien, der die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dessen Abwicklung regelt. Wenn in einem solchen Vertrag das Verhalten einer Seite beschrieben wird, ist davon auszugehen, dass diese Vertragspartei sich damit auch zur Einhaltung dieses Verhaltens verpflichtet. Mit der Beschreibung eines Verhaltens ist typischerweise sowohl die Erwartung verbunden, dass es zu dem Verhalten kommt, als auch die Ankündigung eines solchen Verhaltens erfolgt. Die Einbindung dieser Erwartung und dieser Ankündigung in einen Vertragstext deutet darauf hin, dass dementsprechende Rechte und Pflichten geschaffen werden sollten. Dieser Deutung steht nicht entgegen, dass die Parteien an anderen Stellen in dem Vergleichstext ausdrücklich Verpflichtungen der Schuldnerin vorgesehen haben. Die Wahl einer eindeutigeren Formulierung in diesen Regelungen ist kein Hinweis darauf, dass in Ziffer IX Satz 2 durch sprachlich unklare Formulierung keine Verpflichtung begründet werden sollte.
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Dem Vergleich fehlt es in Ziffer IX Satz 2 nicht an der erforderlichen Bestimmtheit und Bestimmbarkeit, die Voraussetzung der Vollstreckungsfähigkeit ist (Hartmann, ZPO, Grundz § 704, Rn 19; Stein/Jonas-Münzberg, ZPO, vor § 704, Rn 26). Der Inhalt von Vergleichen muss zumindest aus dem Zusammenhang des Textes durch Auslegung bestimmbar sein (Stein/Jonas-Münzberg, ZPO, vor § 704, Rn 27). Bei der Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung genügt regelmäßig die Angabe des durch die Handlung zu erzielenden, bestimmt bezeichneten Erfolgs (Stein/Jonas-Brehm, § 887, Rn 5). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Es sind die Erklärungen geschuldet, welche zur Übernahme der Versicherung erforderlich sind. Der „Erfolg“ besteht darin, dass die Erklärungen die Übernahmemöglichkeit für den Gläubiger begründen müssen.
Zur Durchsetzung des insoweit also vollstreckbaren Inhalts des Vergleichs hat der Gläubiger einen hinreichend bestimmten Antrag gestellt. Zwar ergibt sich aus diesem Antrag wieder nur mit den oben geschilderten Gedankenschritten, dass der Gläubiger erreichen will, dass die Schuldnerin die Erklärungen abgibt, die zur Übernahme der Versicherung durch den Gläubiger erforderlich sind. Der Gläubiger braucht die Leistung aber nicht zu konkretisieren. Sowohl in seinem Antrag als auch in dem Beschluss kann die Handlung nur nach dem zu erreichenden Erfolg beschrieben werden (Stein/Jonas-Brehm, § 887, Rn 38). Dem ist jedenfalls für § 888 ZPO zu folgen, weil dadurch in einer für die Schuldnerin unbedenklichen Weise für diese ein Handlungsspielraum eröffnet wird, innerhalb dessen sie selbst über die für sie angenehmste Weise zur Herbeiführung des Erfolgs entscheiden kann. Ob die hiergegen im Bereich der §§ 887 ZPO geäußerten Bedenken (OLG Frankfurt, Beschluss vom 20. August 1987, 8 W 43/86) zutreffend sind, kann dahingestellt bleiben, weil es bei § 888 ZPO allein Sache der Schuldnerin ist, wie sie den Erfolg herbeiführt. Der Gläubiger wird nicht wie bei § 887 ZPO ermächtigt, gegen den Willen der Schuldnerin eine bestimmte Handlung im Wege der Ersatzvornahme durchführen zu lassen.
Für die Verpflichtung aus Ziffer IX 2 des Vergleichs ist die Zwangsvollstreckung aus § 888 ZPO gegeben. Die Abgabe der Erklärungen ist eine unvertretbare Handlung, weil nicht die Schuldnerin als Versicherungsnehmerin diese Erklärungen abgeben kann. Die Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO ist nicht ausgeschlossen, weil für eine Willenserklärung nah § 894 ZPO eine Zwangsvollstreckung nicht erforderlich wäre. Wenn nach Art und Inhalt des Titels eine Anwendung des § 894 ZPO ausscheidet, ist die Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO möglich (Stein/Jonas-Brehm, § 888, Rn 4). Das ist hier der Fall, weil der Inhalt der abzugebenden Erklärung im Titel nicht festgelegt worden ist.
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Es kann dahingestellt bleiben, ob die Verpflichtung der Schuldnerin aus dem Vergleich erst bei einer „ersten Anforderung“ nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestand. Jedenfalls in der Erhebung der sofortigen Beschwerde liegt zugleich auch eine Anforderung, so dass die Beklagte spätestens nach der sofortigen Beschwerde die erforderlichen Erklärungen hätte abgeben müssen.
Der Begründetheit des Antrags steht nicht ein von der Schuldnerin geltend gemachtes Zurückbehaltungsrecht entgegen. Dieses müsste gegenüber einem vollstreckbaren Titel nach §§ 767, 769 ZPO geltend gemacht werden.
Zur Durchsetzung der Verpflichtung sind die festgesetzten Zwangsmittel erforderlich, aber auch angemessen und ausreichend. Angesichts eines Rahmens für das Zwangsgeld von € 5 (Art. 6 Abs. 1 EGStGB) bis € 25.000 (§ 888 Abs. 1 Satz 2 ZPO) handelt es sich bei einem Zwangsgeld von € 1.000 um einen Betrag, der der Bedeutung der Verpflichtung der Schuldnerin gerecht wird. Immerhin geht es um ein wirtschaftlich bedeutendes Gut. Andererseits müssen für etwaige nachfolgende Zwangsgeldanträge Steigerungsmöglichkeiten verbleiben. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass es im Rahmen der Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO wesentlich bedeutsamere Verpflichtungen geben kann, deren Erfüllung eine größere Bedeutung für einen Gläubiger haben kann. Demgemäß erscheint ein Betrag von € 1.000 angemessen, für den ersatzweise drei Tage Zwangshaft einzusetzen sind. Die ersatzweise Zwangshaft ist festzusetzen, obwohl sie vom Gläubiger nicht beantragt worden ist. Ein Zwangsgeld muss das Gericht mit ersatzweiser Zwangshaft verbinden (Baumbach-Hartmann, ZPO, § 888, Rn 15).
3) Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 891 Satz 2 ZPO.
Die Rechtsbeschwerde wird nach §§ 72 Abs. 2, 78 Satz 2 ArbGG zugelassen. Die Frage, ob im Rahmen des § 888 ZPO der Antrag auf Zwangsgeld hinreichend bestimmt ist, wenn in ihm nur der Erfolg der vornehmenden Handlungen bezeichnet ist, ist von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG.
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Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de |
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Christoph Hildebrandt Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hildebrandt@hensche.de |
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Nina Wesemann Rechtsanwältin Fachanwältin für Arbeitsrecht Kontakt: 040 / 69 20 68 04 wesemann@hensche.de |