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Hessisches LAG, Urteil vom 18.12.2009, 19/3 Sa 323/09
Schlagworte: | Betriebsratswahl | |
Gericht: | Hessisches Landesarbeitsgericht | |
Aktenzeichen: | 19/3 Sa 323/09 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 18.12.2009 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Frankfurt, Urteil vom 22.01.2009, 1 Ca 7211/08 | |
Hessisches Landesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 19/3 Sa 323/09
(Arbeitsgericht Frankfurt am Main: 1 Ca 7211/08)
Verkündet am:
18. Dezember 2009
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
Beklagte und
Berufungsklägerin
Prozessbevollmächtigt.:
gegen
Kläger und
Berufungsbeklagter
Prozessbevollmächtigt.:
hat das Hessische Landesarbeitsgericht, Kammer 19,
auf die mündliche Verhandlung vom 18. Dezember 2009
durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht als
und den ehrenamtlichen Richter
und den ehrenamtlichen Richter
als Beisitzer
für Recht erkannt:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 22. Januar 2009 – 1 Ca 7211/08 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
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Tatbestand.
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.
Der am 10. September 1952 geborene und verheiratete Kläger ist mit einem Grad von 60 schwerbehindert. Er schloss mit der beklagten Stadt, die mehr als zehn Vollzeitarbeitnehmer beschäftigt und bei der eine Personalvertretung gebildet ist, unter dem 12. Februar 2008 einen für die Zeit vom 01. April 2008 bis 31. Dezember 2010 befristeten Arbeitsvertrag. Es wurde eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart (§ 4 Abs. 1 des Arbeitsvertrags, Bl. 49 f. d. A.). Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung der Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD) mit dem Besonderen Teil Verwaltung in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung einschließlich des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (§ 1 Abs. 2 TVÜ-VKA) Anwendung. Der Kläger erhielt zuletzt in Vergütung in Höhe von € 2.412,54 brutto monatlich.
Ab Beginn des Arbeitsverhältnisses wurde der Kläger mit seinem Einverständnis widerruflich der A zur Dienstleistung zugewiesen und in deren Jobcenter Nord, Arbeitsbereich „Persönliche/r Ansprechpartner/in“ eingesetzt. Die A ist eine von der Beklagten und der Agentur für Arbeit, die je zur Hälfte Gesellschafter sind, gemäß § 44 SGB II gegründete Arbeitsgemeinschaft. Die Zusammenarbeit regelt ein Kooperationsvertrag. Danach stellen die Vertragspartner das notwendige Personal zur Verfügung. Sie bleiben Arbeitgeber des zur Verfügung gestellten Personals und übertragen dem Geschäftsführer der A das fachliche Weisungsrecht. Für die A sind ca. 400 Arbeitnehmer tätig. Am 13. August 2008 wurde für die A ein Betriebsrat gewählt, nachdem ein Eilantrag der A auf Abbruch der Wahl durch Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 31. Juli 2008 – 14 BVGa 542/08 – und auch die hiergegen gerichtete Beschwerde durch Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 09. August 2008 - 9 TaBVGa 188/07 – (Bl. 22 – 36) zurückgewiesen worden waren. Laut Wahlausschreiben stand auch den von der Beklagten gestellten Arbeitnehmern das aktive und passive Wahlrecht zu. Auf Antrag der A hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 09. Januar 2009 – 24 BV 613/08 – festgestellt, dass die am 13. August 2008 durchgeführte Betriebsratswahl unwirksam ist. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Betriebsrats hatte keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 03. September 2009 – 9 TaBV 64/09 - die Wahl mit der Begründung wegen Verstoßes gegen §§ 8, 9 BetrVG für ungültig erklärt und ausgeführt, die Rhein-
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Main B habe keine vertraglich verbundener Arbeitnehmer und es bestehe kein gemeinsamer Betrieb „C“ der Beklagten und der Agentur für Arbeit.
Mit Schreiben vom 22. September 2008, das der Kläger am selben Tag erhielt, kündigte die beklagte Stadt nach Beteiligung der bei ihr gebildeten Personalvertretung, aber ohne Anhörung des gebildeten Betriebsrats das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger ordentlich zum 31. Oktober 2008.
Mit seiner am 13. Oktober 2008 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main erhobenen und der Beklagten am 28. Oktober 2008 zugestellten Klage richtet sich der Kläger gegen die Kündigung. Er hat die Ansicht vertreten, die Kündigung sei mangels vorheriger Beteiligung des Betriebsrats unwirksam.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 22. September 2008 nicht aufgelöst wurde.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, dass sie den Betriebsrat nicht habe beteiligen müssen, weil der Kläger Arbeitnehmer der Stadt geblieben sei und kein Gemeinschaftsbetrieb bestehe.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 22. Januar 2009 stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass die Kündigung aufgrund der fehlenden Anhörung des Betriebsrats unwirksam sei. Es könne offen bleiben, ob es sich bei dem Betreib der A um einen gemeinsamen Betrieb der Beklagten und der Agentur für Arbeit handele. Selbst wenn kein Gemeinschaftsbetrieb bestehe, sei die Betriebsratswahl wegen der Verkennung des Betriebsbegriffs nicht nichtig, sondern nur anfechtbar. Bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Wahlanfechtungsverfahren sei der Betriebsrat mit allen Rechten und Pflicht im Amt und vor der Kündigung zu beteiligen. Dem stehe nicht entgegen, dass der Kläger während seiner Zuweisung zur A Arbeitnehmer der Beklagten Stadt gewesen sei. Für den Arbeitgeber, hier der Beklagten, sei Adressat der Anhörung der in dem jeweiligen Betrieb gewählte Betriebsrat.
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Gegen das der Beklagten am 04. Februar 2009 zugestellte Urteil hat diese mit Schriftsatz vom 19. Februar 2009, eingegangen beim Hessischen Landesarbeitsgericht am 20. Februar 2009, Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 08. Juni 2009 mit Schriftsatz vom 20. Mai 2009, der am gleichen Tag beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangen ist, begründet.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass das Betriebsverfassungsgesetz und damit §102 Abs.1 BetrVG nicht anwendbar sei, wenn kein Gemeinschaftsbetrieb bestehe. Die Anwendbarkeit des Betriebsverfassungsgesetzes könne nicht durch die Wahl eines Betriebsrats herbeigeführt werden. Die gegenteilige Annahme stelle einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers zum Personalvertretungsgesetz dar. Die Beklagte bestreitet das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebs. Ferner ist die Beklagte der Ansicht, dass weder Gründe der Praktikabilität noch Vertrauensschutzgesichtspunkte dafür sprächen, nach einer erfolgreichen Wahlanfechtung an der Unwirksamkeitsfolge festzuhalten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 22. Januar 2009 – 1 Ca 7211/08 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger ist der Ansicht, dass § 102 BetrVG wegen der Rechtsform der A anwendbar sei. Die Nichtbeachtung des § 102 BetrVG führe auch dann zur Unwirksamkeit der Kündigung, wenn später die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl festgestellt werde. Dafür spräche das Interesse des Arbeitgebers und der Beschäftigten, die Frage der Wirksamkeit von Rechtshandlungen nicht bis zur Entscheidung über die Wirksamkeit der Betriebsratswahl in der Schwebe zu halten. Da der Betriebsrat problemlos beteiligt werde könne, bestehe für die Änderung der Rechtsprechung kein Bedürfnis.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf den
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d.A.) und vom 28. Juli 2009 (Bl. 162.- 164 d. A.) sowie die Sitzungsniederschrift vom 18. Dezember 2009 (Bl. 170 d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 22. Januar 2009 - 1 Ca 7211/08 - ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 b) und c) ArbGG statthaft und auch darüber hinaus zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Abs. 1, 3 und 5 ZPO.
B.
In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Die Berufungskammer folgt den Gründen der angefochtenen Entscheidung (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Das Berufungsvorbringen der Beklagten gibt Anlass zu folgenden Ergänzungen:
I. Entgegen der Ansicht der Beklagten findet die Regelung des § 102 Abs. 1 BetrVG vorliegend Anwendung, auch wenn bei der A kein Betrieb bestanden haben sollte.
1. Nach § 130 BetrVG findet das Gesetz keine Anwendung auf Verwaltungen und Betriebe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentliche Rechts. Maßgebliches Kriterium für die Abgrenzung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die formelle Rechtsform des Betriebs oder der Verwaltung (BAG 07. November 1975 – 1 AZR 74/74 - BAGE 27, 316 = AP BetrVG 1972 § 130 Nr. 1; 24. Januar 1996 – 7 ABR 10/95 – BAGE 82, 112 = AP BetrVG 1972 § 130 Gemeinsamer Betrieb Nr. 8 = EzA BetrVG 1972 § 1 Nr. 10 zu B 5 der Gründe). Wird ein Gemeinschaftsbetrieb auf der Grundlage einer privatrechtlichen Vereinbarung in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft geführt, findet das Betriebsverfassungsgesetz Anwendung (BAG 24. Januar 1996 – 7 ABR 10/95 – BAGE 82, 112 = AP BetrVG 1972 § 130 Gemeinsamer Betrieb Nr. 8 = EzA BetrVG 1972 § 1 Nr. 10 zu B 5 der Gründe). Das gilt, wenn es sich um einen Gemeinschaftsbetrieb einer juristischen Person der Privatrecht und einer Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt (BAG 24. Januar 1996 – 7 ABR 10/95 – BAGE 82, 112 = AP BetrVG 1972 § 130 Gemeinsamer Betrieb Nr. 8 = EzA BetrVG 1972 § 1 Nr. 10 zu B 5 der Gründe), aber auch dann, wenn an dem Gemeinschaftsbetrieb zwei
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Körperschaften des öffentlichen Rechts beteiligt sind (BAG 08. März 1977 – 1 ABR 18/75 – AP BetrVG 1972 § 43 Nr. 1 = EzA BetrVG 1972 § 43 Nr. 1).
2. Der Betriebsrat ist für den Betrieb der A gebildet worden. Da diese in der Rechtsform einer GmbH organisiert ist und keine Anhaltspunkte für eine Zusammenarbeit der Stadt und der Agentur für Arbeit auf öffentlich-rechtlicher Basis bestehen, ist der Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes eröffnet.
3. Dagegen kann die Beklagte nicht mit Erfolg einwenden, dass die A keinen Betrieb hat, dass insbesondere kein Gemeinschaftsbetrieb gebildet ist.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG hat die erfolgreiche Anfechtung der Wahl nach § 19 Abs. 1 BetrVG keine rückwirkende Kraft, sondern wirkt nur für die Zukunft (BAG 13. März 1991 – 7 ABR 5/90 – BAGE 67, 316 = AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 20; Fitting BetrVG 24. Aufl § 19 Rn. 49 m.w.N.). Der Betriebsrat bleibt im Fall der Anfechtbarkeit der Wahl bis zur Rechtskraft einer die Wahl für ungültig erklärenden gerichtlichen Entscheidung mit allen betriebsverfassungsrechtlichen Befugnissen im Amt. Das gilt auch dann, wenn der Betriebsrat unter Verkennung des Betriebsbegriffs gewählt worden ist und die Wahl deshalb anfechtbar ist. Es würde dem Erfordernis der Rechtssicherheit, dem § 19 BetrVG dient, widersprechen, wenn bei Ausübung eines jeden einzelnen Beteiligungsrecht jeweils zu klären wäre, ob der gewählte Betriebsrat überhaupt für den Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes gewählt bzw. zuständig ist (BAG 03. Juni 2004 – 2 AZR 577/03 – AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 141 – EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 55 zu B der Gründe; BAG 27. Juni 1995 – 1 ABR 62/94 – AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 7 = EzA BetrVG 1972 § 111 Nr. 31 zu B I und II der Gründe).
b) Diese Grundsätze sind auch dann anzuwenden, wenn unter Verkennung des Betriebsbegriffs unzutreffend das Bestehen eines Betriebs angenommen wird.
aa) Auch in diesem Fall spricht das Erfordernis der Rechtssicherheit dafür, dass der Betriebsrat bis zur Rechtskraft der Wahlanfechtungsentscheidung mit allen betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten im Amt bleibt. Damit sind die Beteiligungsrechte des gebildeten Betriebsrats bis zum Abschluss des Wahlanfechtungsverfahrens zu wahren. Bei der Ausübung der einzelnen Beteiligungsrechte ist nicht jeweils zu klären, ob ein Betrieb besteht. Davon ist vielmehr während der Dauer des Wahlverfahrens auszugehen.
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bb) Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegen halten, die Anwendbarkeit des Betriebsverfassungsgesetzes könne bei Anwendung dieser Grundsätze durch Wahl eines Betriebsrats für den Bereich eines öffentlichen Rechtsträgers einfach herbeigeführt werden, auch wenn die Wahl nichtig sei. Zum einen wird die Anwendbarkeit des Betriebsverfassungsgesetzes nicht herbeigeführt; sie folgt vielmehr aus § 130 BetrVG i.V.m. § 19 BetrVG. Zum anderen erwirbt die aus einer nichtigen Wahl hervorgegangene Arbeitnehmervertretung keine betriebsverfassungsrechtlichen Befugnisse (BAG 03. Juni 2004 – 2 AZR 577/03 – AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 141 – EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 55 zu B der Gründe; BAG 13. März 1991 – 7 ABR 5/90 – BAGE 67, 316 = AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 20). Nur in den Fällen, in denen die Wahl nicht nichtig ist, sondern nur anfechtbar ist, behält der gewählte Betriebsrat die Befugnisse bis zum Abschluss der erfolgreichen Wahlanfechtung. Damit war hier schließlich sichergestellt, dass die von der beklagten Stadt zugewiesenen Mitarbeiter, denen bei der letzten Personalratswahl kein Wahlrecht zuerkannt war, eine betriebliche Interessenvertretung hatten.
cc) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auch nicht von einem nicht gerechtfertigten Eingriff in die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers zum Personalvertretungsgesetz auszugehen. Es geht um die Befugnisse eines in einem privatrechtlich organisierten Unternehmen gebildeten Betriebsrats. Ein Eingriff in die Kompetenzen des Personalrats und damit in die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers ist damit nicht notwendig verbunden.
II. Die Unwirksamkeitsfolge des § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG gilt entgegen der Ansicht der Beklagten auch dann, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung im Kündigungsschutzverfahren feststeht, dass die Wahl wirksam angefochten worden ist. Das ist die Konsequenz daraus, dass die erfolgreiche Anfechtung der Wahl nach § 19 BetrVG keine rückwirkende Kraft hat, sondern nur für die Zukunft wirkt. § 19 BetrVG dient – auch zu Gunsten der Interessen des Arbeitgebers - dem Erfordernis der Rechtssicherheit.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen, weil ihr Rechtsmittel keinen Erfolg gehabt hat.
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Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
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