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HANDBUCH ARBEITSRECHT

Was ist Ar­beits­recht?

Das Ar­beits­recht schützt den ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer und re­gelt die Tä­tig­keit von Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tun­gen: Rechts­quel­len im Ar­beits­recht, Ar­beits­ge­richts­bar­keit, ar­beits­ge­richt­li­ches Ver­fah­ren
Fünf Arbeitnehmer

Le­sen Sie hier, mit wel­cher De­fi­ni­ti­on man das Ar­beits­recht be­schrei­ben kann und war­um das Ar­beits­recht als ei­ge­nes Rechts­ge­biet exis­tiert.

Im Ein­zel­nen fin­den Sie In­for­ma­tio­nen da­zu, wel­che Ge­set­ze für den Ar­beit­neh­mer­schutz und für die Ar­beit von Ge­werk­schaf­ten und Be­triebs­rä­ten be­son­ders wich­tig sind, wel­che ver­schie­de­nen Re­ge­lungs­ebe­nen es im Ar­beits­recht gibt und wor­in sich das In­di­vi­dual­ar­beits­recht vom kol­lek­ti­ven Ar­beits­recht un­ter­schei­det.

Au­ßer­dem fin­den Sie ei­ni­ge Hin­wei­se zum Auf­bau der Ar­beits­ge­richts­bar­keit so­wie zum ar­beits­ge­richt­li­chen Ur­teils- und Be­schluss­ver­fah­ren.

von Rechts­an­walt Dr. Mar­tin Hen­sche, Fach­an­walt für Ar­beits­recht, Ber­lin

Wie kann man das Ar­beits­recht de­fi­nie­ren?

Ar­beits­recht ist der Teil der Zi­vil­rechts­ord­nung, der die Rechts­be­zie­hun­gen zwi­schen Ar­beit­neh­mern und Ar­beit­ge­bern so­wie zwi­schen Ar­beit­neh­mer­kol­lek­ti­ven (Ge­werk­schaf­ten, Be­triebs­ver­tre­tun­gen) und ih­ren Ver­hand­lungs­part­nern auf der Ar­beit­ge­ber­sei­te re­gelt.

War­um gibt es das Ar­beits­recht als be­son­de­res Rechts­ge­biet?

Dass sich das Ar­beits­recht als be­son­de­rer Teil der Rechts­ord­nung her­aus­ge­bil­det hat, liegt an der Schutz­bedürf­tig­keit des Ar­beit­neh­mers ge­genüber dem Ar­beit­ge­ber. Denn der ein­zel­ne Ar­beit­neh­mer ist dem Ar­beit­ge­ber ty­pi­scher­wei­se in zwei Hin­sich­ten un­ter­le­gen:

Ers­tens ist er meis­tens stärker auf sein Ein­kom­men an­ge­wie­sen als der Ar­beit­ge­ber dar­auf, ge­ra­de die­sen Ar­beit­neh­mer zu beschäfti­gen, so dass es der Ar­beit­ge­ber in der Hand hat, die Ar­beits­ver­trags­be­din­gun­gen zu sei­nen Guns­ten zu op­ti­mie­ren.

Zwei­tens müssen sich Ar­beit­neh­mer im Be­trieb den Vor­ga­ben des Ar­beit­ge­bers un­ter­ord­nen, so dass der Ar­beit­ge­ber nicht nur bei der Ver­trags­ge­stal­tung, son­dern auch bei der Durchführung des Ar­beits­verhält­nis­ses in ei­ner über­le­ge­nen Po­si­ti­on ist.

Vor die­sem Hin­ter­grund ist das Ar­beits­recht in ers­ter Li­nie Ar­beit­neh­mer­schutz­recht, d.h. es soll Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mer vor un­fai­ren Ar­beits­be­din­gun­gen be­wah­ren und es ih­nen zu­gleich ermögli­chen, ge­mein­sam mit an­de­ren durch be­trieb­li­che In­ter­es­sen­ver­tre­tun­gen (Be­triebs­rat, Per­so­nal­rat, Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung) so­wie durch über­be­trieb­li­che Zu­sam­men­schlüsse (Ge­werk­schaf­ten) Ein­fluss auf die Ar­beits­be­din­gun­gen zu neh­men.

Wor­in be­ste­hen die wich­tigs­ten Vor­schrif­ten des Ar­beits­rechts?

Zum Ar­beits­recht gehören vor al­lem ge­setz­li­che und un­ge­schrie­be­ne recht­li­che Re­ge­lun­gen, die

Die wich­tigs­ten der o.g. Re­ge­lun­gen sind im In­ter­es­se des Ar­beit­neh­mer­schut­zes recht­lich zwin­gend, d.h. sie können durch ver­trag­li­che Ver­ein­ba­run­gen nicht auf­ge­ho­ben oder be­schränkt wer­den. Denn ob­wohl auch im Ar­beits­recht das Prin­zip der Ver­trags­frei­heit gilt, wird es im Ar­beits­recht we­gen der stärke­ren Po­si­ti­on des Ar­beit­ge­bers oft zurück­ge­drängt. Ty­pisch für ar­beits­recht­li­che Vor­schrif­ten ist die Be­schränkung der Ver­trags­frei­heit durch zwin­gen­de Min­dest­stan­dards.

Wo fin­den sich ar­beits­recht­li­che Re­ge­lun­gen?

Vie­le ar­beits­recht­li­che Vor­schrif­ten stam­men nicht vom Ge­setz­ge­ber, son­dern wer­den von den Ta­rif­par­tei­en, d.h. von Ge­werk­schaf­ten und Ar­beit­ge­ber­verbänden (oder ein­zel­nen Ar­beit­ge­bern) aus­ge­han­delt oder von den Be­triebs­par­tei­en ver­ein­bart, d.h. vom Ar­beit­ge­ber zu­sam­men mit dem Be­triebs­rat, dem Per­so­nal­rat oder ei­ner Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung (MAV). Da­her gibt es im Ar­beits­recht vie­le ver­schie­de­ne Re­ge­lungs­ebe­nen, die gleich­sam übe­rein­an­der ste­hen und da­bei die­sel­ben The­men be­tref­fen.

Eu­ro­pa­recht, Ver­fas­sungs­recht

Ganz oben ste­hen Ver­ord­nun­gen und Richt­li­ni­en der Eu­ropäischen Uni­on (EU) so­wie das deut­sche Ver­fas­sungs­recht, d.h. das Grund­ge­setz (GG). Die hier ent­hal­te­nen Vor­ga­ben sind wich­ti­ge Ori­en­tie­rungs­punk­te für die Recht­spre­chung der Ar­beits­ge­rich­te und führen oft da­zu, dass Ge­set­ze oder Ta­rif­verträge in ei­nem be­stimm­ten Sin­ne in­ter­pre­tiert bzw. an­ge­wen­det wer­den.

So ha­ben in den ver­gan­ge­nen 15 Jah­ren vor al­lem die ver­schie­de­nen An­ti­dis­kri­mi­nie­rungs­richt­li­ni­en und die Ar­beits­zeit­richt­li­nie der EU das deut­sche Ar­beits­recht ge­prägt, denn sie ste­hen hin­ter dem All­ge­mei­nen Gleich­be­hand­lungs­ge­setz (AGG) so­wie hin­ter dem Ar­beits­zeit­ge­setz (Arb­ZG) und dem Bun­des­ur­laubs­ge­setz (BUrlG) und be­ein­flus­sen die Recht­spre­chung zu die­sen Ge­set­zen.

Ar­beits­recht­li­che Vor­ga­ben des GG sind vor al­lem die Be­rufs­frei­heit (Art.12 GG) und die Ko­ali­ti­ons­frei­heit (Art.9 Abs.3 GG), d.h. das Grund­recht zur Bil­dung von Ge­werk­schaf­ten und Ar­beit­ge­ber­verbänden, das auch die Ta­rif­frei­heit und die Ar­beits­kampf­frei­heit be­inhal­tet.

Ei­ne Zu­sam­men­stel­lung der wich­tigs­ten ar­beits­recht­li­chen EU-Richt­li­ni­en fin­den Sie auf die­ser Web­sei­te un­ter „Ge­set­ze zum Ar­beits­recht“.

Ge­set­ze und Rechts­ver­ord­nun­gen

Un­ter dem Eu­ro­pa­recht und dem GG ste­hen die ar­beits­recht­li­chen Ge­set­ze, die vor al­lem den ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer schützen und da­her im We­sent­li­chen zwin­gend sind, d.h. ver­trag­lich un­ab­ding­bar. Bei­spie­le sind das Kündi­gungs­schutz­ge­setz (KSchG), das Min­dest­l­ohn­ge­setz (Mi­LoG) oder das Mut­ter­schutz­ge­setz (MuSchG).

An­de­re Ge­set­ze ent­hal­ten kei­ne un­mit­tel­ba­ren Vor­ga­ben z.B. zur Ar­beits­zeit oder zur Lohnhöhe, son­dern tref­fen wich­ti­ge in­sti­tu­tio­nel­le Grund­ent­schei­dun­gen wie z.B. die, dass Ta­rif­verträge ei­ne ge­set­zes­glei­che Wir­kung zwi­schen ta­rif­ge­bun­de­nen Ar­beits­ver­trags­par­tei­en ha­ben (§ 4 Abs.1 Ta­rif­ver­trags­ge­setz - TVG), dass es in al­len Be­trie­ben ab fünf Ar­beit­neh­mern Be­triebsräte als ständi­ge Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tun­gen mit ge­setz­lich fest­ge­leg­ten Rech­ten ge­ben soll (§ 1 Be­trVG), oder dass die ge­werb­li­che Ar­beit­neh­merüber­las­sung zwar im Prin­zip er­laubt, aber stren­gen Re­ge­lun­gen un­ter­wor­fen ist (Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­setz - AÜG).

Ergänzend gel­ten Rechts­ver­ord­nun­gen, die die ge­setz­li­chen Re­ge­lun­gen aus­ge­stal­ten oder fort­schrei­ben, wie z.B. die Drit­te Ver­ord­nung zur An­pas­sung des Min­dest­lohns (Drit­te Min­dest­lohn­an­pas­sungs­ver­ord­nung - MiLoV3), vom 09.11.2020, die den Min­dest­lohn nach dem Mi­LoG zum Ju­li 2021 auf 9,60 EUR brut­to (bis De­zem­ber 2021) an­ge­passt hat.

Ei­ne Aus­wahl ar­beits­recht­li­cher Ge­set­ze fin­den Sie auf die­ser Web­sei­te un­ter „Ge­set­ze zum Ar­beits­recht“.

Ta­rif­verträge

Ta­rif­verträge ste­hen un­ter den Ge­set­zen und gel­ten für be­stimm­te Bran­chen und Ta­rif­ge­bie­te (Flächen­ta­rif­ver­trag) oder für ein­zel­ne Un­ter­neh­men (Fir­men­ta­rif­ver­trag). Ta­rif­par­tei­en sind auf Ar­beit­neh­mer­sei­te die Ge­werk­schaf­ten und auf Ar­beit­ge­ber­sei­te ent­we­der Ar­beit­ge­ber­verbände oder ein­zel­ne Ar­beit­ge­ber, die für ihr Un­ter­neh­men Fir­men­ta­rif­verträge ab­sch­ließen können.

Ta­rif­verträge le­gen nicht nur Löhne und Gehälter, Ar­beits­zei­ten, zusätz­li­che Ur­laubs­ta­ge und Ein­mal­zah­lun­gen fest, son­dern ent­hal­ten auch eher for­mal­ju­ris­ti­sche Re­ge­lun­gen wie z.B. Kündi­gungs­fris­ten, Kündi­gungs­be­schränkun­gen oder Aus­schluss­fris­ten für die Gel­tend­ma­chung ver­trag­li­cher Ansprüche.

Ta­rif­verträge sind auf ein­zel­ne Ar­beits­verhält­nis­se wie ein Ge­setz an­zu­wen­den, wenn so­wohl der Ar­beit­neh­mer als auch der Ar­beit­ge­ber ta­rif­ge­bun­den sind, was auf Sei­ten des Ar­beit­neh­mers die Mit­glied­schaft in der ta­rif­ver­trags­sch­ließen­den Ge­werk­schaft vor­aus­setzt. Viel­fach kom­men Ta­rif­verträge aber auch da­durch zur An­wen­dung, dass in Ar­beits­verträgen auf sie ver­wie­sen wird, so dass die bei­der­sei­ti­ge Ta­rif­bin­dung kei­ne not­wen­di­ge Vor­aus­set­zung für die An­wend­bar­keit des Ta­rif­ver­trags ist. Sch­ließlich können ein­zel­ne Ta­rif­verträge im öffent­li­chen In­ter­es­se für all­ge­mein­ver­bind­lich erklärt wer­den. Zuständig dafür ist das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Ar­beit und So­zia­les (BMAS).

Ta­rif­verträge sind auf­grund ih­res ein­ge­schränk­ten Gel­tungs­be­rei­ches (Bran­che, Un­ter­neh­men) bes­ser als Ge­set­ze da­zu ge­eig­net, Ar­beits­verhält­nis­se und be­trieb­li­che Ord­nun­gen um­fas­send und de­tail­liert zu re­geln. In der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land gibt es nach An­ga­ben des BMAS An­fang 2018 rund 73.000 gülti­ge Ta­rif­verträge, von de­nen 443 vom BMAS für all­ge­mein­ver­bind­lich erklärt wur­den.

Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen

Nicht nur Ge­werk­schaf­ten, son­dern auch Be­triebsräte können mit dem Ar­beit­ge­ber ge­ne­rell-abs­trak­te Re­ge­lun­gen aus­han­deln, nämlich Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen.

Im Un­ter­schied zu den Ge­werk­schaf­ten dürfen Be­triebsräte zur Durch­set­zung ih­rer For­de­run­gen nicht zum Streik auf­ru­fen. Statt­des­sen ha­ben sie ge­setz­li­che Mit­be­stim­mungs­rech­te, die ih­nen Ansprüche auf Ab­schluss von Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen ver­mit­teln. Bei Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten ent­schei­det die Ei­ni­gungs­stel­le. Die Ei­ni­gungs­stel­le ist pa­ritätisch aus Ver­tre­tern der Ar­beit­ge­ber- und Be­triebs­rats­sei­te zu­sam­men­ge­setzt und ent­schei­det un­ter dem Vor­sitz ei­nes stimm­be­rech­tig­ten Drit­ten, in der Re­gel ei­nes Ar­beits­rich­ters.

Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen ste­hen un­ter­halb der Ge­set­ze und Ta­rif­verträge. Da­her können Löhne und Gehälter so­wie sons­ti­ge Ar­beits­be­din­gun­gen, die durch Ta­rif­ver­trag ge­re­gelt sind oder übli­cher­wei­se ge­re­gelt wer­den, gemäß § 77 Abs.3 Satz 1 Be­trVG nicht Ge­gen­stand ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung sein.

Ar­beits­verträge

Da auch im Ar­beits­recht die Ver­trags­frei­heit gilt, können Ar­beit­neh­mer und Ar­beit­ge­ber ih­re Rechts­be­zie­hun­gen im Prin­zip frei ver­ein­ba­ren. Das gilt vor al­lem für die we­sent­li­chen Ver­trags­be­stand­tei­le, d.h. die Lohnhöhe, die Ar­beits­auf­ga­ben und die Ar­beits­zeit.

Im Verhält­nis zu zwin­gen­den über­ge­ord­ne­ten Vor­schrif­ten (Ge­setz, Ta­rif­ver­trag, Be­triebs­ver­ein­ba­rung) gilt in vie­len Fällen das Güns­tig­keits­prin­zip, das aus § 4 Abs.3 TVG her­ge­lei­tet wird. Das Güns­tig­keits­prin­zip be­sagt, dass Ar­beits­verträge von zwin­gen­den ta­rif­ver­trag­li­chen Ar­beits­be­din­gun­gen ab­wei­chen können, wenn die ab­wei­chen­den ar­beits­ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen für den Ar­beit­neh­mer güns­ti­ger sind als die ta­rif­li­chen Vor­ga­ben.

Zur Re­ge­lungs­ebe­ne des Ar­beits­ver­trags gehören auch sog. be­trieb­li­che Übun­gen. Dar­un­ter ver­steht man die Wie­der­ho­lung be­stimm­ter Ver­hal­tens­wei­sen des Ar­beit­ge­bers, aus de­nen die be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer den Schluss zie­hen können, dass ih­nen be­stimm­te Vergüns­ti­gun­gen auf Dau­er gewährt wer­den sol­len. Klas­si­sches Bei­spiel ist die drei­ma­li­ge vor­be­halt­lo­se Gewährung ei­ner Ein­mal­zah­lung wie z.B. ei­nes Ur­laubs- oder Weih­nachts­gel­des.

Ver­trag­li­che Ne­ben­ab­re­den wie Kündi­gungs­fris­ten, Aus­schluss­fris­ten oder Wi­der­rufs­vor­be­hal­te wer­den ty­pi­scher­wei­se vom Ar­beit­ge­ber für ei­ne Viel­zahl von Ar­beits­verträgen vor­for­mu­liert und dem Ar­beit­neh­mer bei Ver­trags­schluss zur An­nah­me ge­stellt. Sol­che Ver­ein­ba­run­gen sind da­her All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen (AGB) und wer­den von den Ar­beits­ge­rich­ten auf der Grund­la­ge von §§ 305 ff. Bürger­li­ches Ge­setz­buch (BGB) recht­lich über­prüft.

Was un­ter­schei­det das in­di­vi­du­el­le vom kol­lek­ti­ven Ar­beits­recht?

Im deut­schen Ar­beits­recht hat sich die Un­ter­schei­dung zwi­schen in­di­vi­du­el­lem und kol­lek­ti­vem Ar­beits­recht ein­gebürgert.

Das In­di­vi­dual­ar­beits­recht um­fasst die­je­ni­gen EU-Richt­li­ni­en, Ge­set­ze und un­ge­schrie­be­nen recht­li­chen Re­geln, die das Rechts­verhält­nis zwi­schen den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en be­tref­fen, d.h. das Verhält­nis zwi­schen dem ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer und sei­nem Ar­beit­ge­ber.

Im Un­ter­schied da­zu re­gelt das kol­lek­ti­ve Ar­beits­recht die Rech­te und Pflich­ten von Ar­beit­neh­mer­kol­lek­ti­ven, d.h. von Ge­werk­schaf­ten, Be­triebsräten, Per­so­nalräten und kirch­li­chen Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tun­gen (MAV), so­wie ih­rer Ver­hand­lungs­geg­ner auf der Ar­beit­ge­ber­sei­te (Ar­beit­ge­ber, Ar­beit­ge­ber­ver­band). Zum kol­lek­ti­ven Ar­beits­recht gehört auch das Ar­beits­kampf­recht.

Wie sind Ar­beits­ge­richts­bar­keit und ar­beits­ge­richt­li­ches Ver­fah­ren ge­ord­net?

Die Ar­beits­ge­richts­bar­keit ist ei­ne ei­genständi­ge, drei­stu­fig auf­ge­bau­te Ge­richts­bar­keit.

Die Ein­gangs­in­stanz bil­den 112 Ar­beits­ge­rich­te, über ih­nen ste­hen als Be­ru­fungs­in­stanz 18 Lan­des­ar­beits­ge­rich­te (LAG) und darüber als Re­vi­si­ons­in­stanz das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) in Er­furt.

Im All­ge­mei­nen gibt es pro Bun­des­land ein LAG. Ei­ne Aus­nah­me sind Ber­lin und Bran­den­burg mit ei­nem ge­mein­sa­men LAG, dem LAG Ber­lin-Bran­den­burg, so­wie Bay­ern mit zwei LAG (LAG München und LAG Nürn­berg) und Nord­rhein-West­fa­len mit drei (LAG Köln, LAG Düssel­dorf und LAG Hamm).

Die Spruchkörper an den Ar­beits­ge­rich­ten und an den LAG sind Kam­mern, die aus ei­nem Be­rufs­rich­ter und zwei eh­ren­amt­li­chen Rich­tern zu­sam­men­ge­setzt sind.

Beim BAG ent­schei­den zehn Se­na­te, die aus je­weils drei Be­rufs­rich­tern und zwei eh­ren­amt­li­chen Rich­tern ge­bil­det sind. Die Zuständig­keit der zehn BAG-Se­na­te ist über Jah­re hin­weg sta­bil, so dass die Se­na­te ih­re ei­ge­nen Recht­spre­chungs­tra­di­tio­nen ent­wi­ckelt ha­ben, so z.B. der Zwei­te Se­nat im Kündi­gungs­schutz­recht oder der Drit­te Se­nat im Be­triebs­ren­ten­recht.

Bei Strei­tig­kei­ten zwi­schen Ar­beit­neh­mern und Ar­beit­ge­bern aus dem Ar­beits­verhält­nis oder über des­sen Be­stand ent­schei­den die Ar­beits­ge­rich­te im Ur­teils­ver­fah­ren. Im Ur­teils­ver­fah­ren klärt das Ar­beits­ge­richt den Sach­ver­halt nicht selbstständig auf, son­dern stützt sich auf den Tat­sa­chen­vor­trag der Par­tei­en („Bei­brin­gungs­grund­satz“).

Das Ver­fah­ren en­det mit ei­nem Ur­teil, ge­gen das die un­ter­le­ge­ne Par­tei bei ei­ner Be­schwer von mehr als 600,00 EUR Be­ru­fung zum LAG ein­le­gen kann. In der Be­ru­fung vor dem LAG können die Par­tei­en neue Tat­sa­chen vor­brin­gen, d.h. die Be­ru­fungs­in­stanz ist ei­ne zwei­te Tat­sa­chen­in­stanz. Wenn das LAG die Re­vi­si­on zum BAG zulässt oder ei­ne Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de Er­folg hat, ent­schei­det das BAG als Re­vi­si­ons­in­stanz durch Ur­teil. In der Re­vi­si­on ist ein wei­te­rer Tat­sa­chen­vor­trag grundsätz­lich aus­ge­schlos­sen, d.h. es geht nur noch um Rechts­fra­gen.

Ne­ben den Pro­zes­sen im Ur­teils­ver­fah­ren ent­schei­den die Ar­beits­ge­rich­te, die LAG und das BAG auch im Be­schluss­ver­fah­ren. Das Be­schluss­ver­fah­ren ist die rich­ti­ge Ver­fah­rens­art bei Strei­tig­kei­ten aus dem kol­lek­ti­ven Ar­beits­recht, z.B. zwi­schen Be­triebs­rat und Ar­beit­ge­ber oder zwi­schen Ta­rif­ver­trags­par­tei­en. Auch Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten über die Ta­riffähig­keit ei­ner Ar­beit­neh­mer­ko­ali­ti­on oder über die Rechtmäßig­keit ei­nes Streiks sind im Be­schluss­ver­fah­ren zu klären. Im Be­schluss­ver­fah­ren er­mit­teln die Ar­beits­ge­rich­te und die LAG als Tat­sa­chen­in­stan­zen den strei­ti­gen Sach­ver­halt von sich aus („von Amts we­gen“), d.h. hier gilt der Un­ter­su­chungs­grund­satz.

Den Ab­schluss der ers­ten In­stanz bil­det nicht ein ar­beits­ge­richt­li­ches Ur­teil, son­dern ein Be­schluss. Ge­gen die­sen Be­schluss kann die un­ter­le­ge­ne Par­tei Be­schwer­de zum LAG ein­le­gen, wor­auf­hin das LAG eben­falls per Be­schluss ent­schei­det. Wenn das LAG die Rechts­be­schwer­de zum BAG zulässt oder ei­ne Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de er­folg­reich ist, ent­schei­det das BAG als Rechts­be­schwer­de­instanz. Wie in der Re­vi­si­on beim Ur­teils­ver­fah­ren ist auch hier ein neu­er Tat­sa­chen­vor­trag grundsätz­lich aus­ge­schlos­sen.

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Letzte Überarbeitung: 4. Oktober 2021

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