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LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.02.2016, 17 Sa 74/15
Schlagworte: | Betriebsübergang, Betriebsinhaber | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg | |
Aktenzeichen: | 17 Sa 74/15 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 26.02.2016 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Stuttgart, 26 Ca 1810/14 | |
Ausfertigung
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Aktenzeichen:
17 Sa 74/15
26 Ca 1810/14 (ArbG Stuttgart - Kn. Ludwigsburg)
(Bitte bei allen Schreiben angeben!)
Verkündet am 26.02.2016
Bascelic
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Im Namen des Volkes
Urteil
In der Rechtssache
- Klägerin/Berufungsklägerin -
Proz.-Bev.:
gegen
- Beklagte zu 1 -
Proz.-Bev.:
- Beklagte zu 2/Berufungsbeklagte -
Proz.-Bev.:
hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 17. Kammer - durch den Richter am Arbeits-gericht Sänger, die ehrenamtliche Richterin Hagenlocher und die ehrenamtliche Richterin Schmolke auf die mündliche Verhandlung vom 26.02.2016
für Recht erkannt:
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart - Kammern Ludwigsburg - vom 17. Juli 2015 - 26 Ca 1810/14 insoweit abgeändert, als die Klage gegen die Beklagte zu 2. abgewiesen wurde:
1. Es wird festgestellt, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2. über den 31. März 2011 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht.
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2. Die Beklagte zu 2. wird verurteilt, die Klägerin zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als gewerbliche Arbeitnehmerin weiter zu beschäftigen.
II. 1. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu 2. zu tragen.
2. Von den gerichtlichen Kosten erster Instanz und den außergerichtlichen Kosten erster Instanz der Klägerin haben die Beklagten zu 1. und zu 2. jeweils 50 % zu tragen. Im Übrigen haben die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten erster Instanz selbst zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
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Tatbestand
Die Klägerin und die Beklagte zu 2. streiten insbesondere noch darüber, ob das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen zum 1. April 2011 durch einen Betriebsübergang auf die Beklagte zu 1. übergegangen ist oder ob es bei der Beklagten zu 2 verblieben ist. Ferner begehrt die Klägerin, von der Beklagten zu 2. weiterbeschäftigt zu werden.
Die Klägerin war langjährig bei der Beklagten zu 2. (bzw. deren Rechtsvorgängerin) als Produkti-onsmitarbeiterin in deren Betrieb in O. beschäftigt. Der Betrieb war darauf ausgerichtet, Industrie-produkte, insbesondere in den Bereichen Holz- und Kunststoffwerkstoffe sowie Formteile, herzu-stellen, diese zu veredeln und Werk- und Dienstleistungen auf diesen Gebieten zu erbringen. Hierzu setzte die Beklagte zu 2. die in ihrem Eigentum stehenden Betriebsmittel, insbesondere Maschi-nen, Produktionsanlagen und das Betriebsgrundstück, sowie über 150 Arbeitnehmer ein. Weitere Betriebe unterhielt die Beklagte zu 2. in N. (T.) und in B..
Im Sommer des Jahres 2010 beschloss der Beirat der Beklagten zu 2. auszugsweise das Folgende:
„Die W. GmbH + Co. KG soll in Zukunft nur noch die Immobilien halten und verwalten sowie das Anlagevermögen, die Lizenzrechte sowie die sonstigen Vermögensgegenstände der Gesellschaft.
Der Betrieb der Gesellschaft soll zukünftig - im Wesentlichen unverändert - durch eine neu gegründete Schwestergesellschaft in der Rechtsform einer GmbH + Co. KG mit den gleichen Beteiligungsverhältnissen wie bei der W. GmbH + Co. KG geführt werden (W. I. GmbH + Co. KG). In der neuen Gesellschaft soll derselbe Beirat installiert werden wie bei der W. GmbH + Co. KG.
Diese neue Gesellschaft soll die Produktion der W.-Produkte als Lohnfertigung für die W. GmbH + Co. KG übernehmen sowie die Bereiche Einkauf, Vertrieb, Marketing, Forschung und Entwicklung sowie das Rechnungswesen etc. für die W. GmbH + Co. KG mittels Dienstleistungsverträgen erledigen. Die neu gegründete Gesellschaft soll dabei die Möglichkeit haben, neben der Auftragsproduktion für die W. GmbH + Co. KG eigene, nicht in Konkurrenz zu den W.-Produkten stehende Produkte zu entwickeln und zu vertreiben so-
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wie Fremdaufträge von anderen Unternehmen (ausgenommen Konkurrenzunternehmen) zu übernehmen.
Die Arbeitsverhältnisse der W. GmbH + Co. KG sollen auf die neu gegründete W. I. GmbH + Co. KG übergehen (Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB).
Die Rechtsverhältnisse zwischen den beiden Gesellschaften werden durch Abschluss entsprechender Verträge (z.B. Dienstleistungsverträge) geregelt.
Es handelt sich um eine strategische Entscheidung, die mittel- und langfristige Vorteile für das Unternehmen hat, v.a. im arbeitsrechtlichen Bereich.“
Am 28. Oktober 2010 schlossen die Beklagte zu 2. und der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat zur Umsetzung dieses Konzepts einen Interessenausgleich, der insbesondere die Übernahme aller Arbeitnehmer durch die neu zu gründende Gesellschaft im Wege eines Betriebsüberganges zum Gegenstand hatte (vgl. Anlage der Beklagten, auf deren Inhalt Bezug genommen wird).
Im März 2011 schlossen die Beklagte zu 2. und die neu gegründete, damals noch als I. W. GmbH + Co. KG firmierende Beklagte zu 1. - jeweils vertreten durch die Geschäftsführer der Komple-mentärinnen Herrn J. W. und Herrn Dr. J. K. - eine „Vereinbarung über Lohnfertigung und Ge-schäftsbesorgungsvertrag über Betriebsführung“ (im Folgenden: Vereinbarung 2011, in der die Beklagte zu 2. als „W.“, die heutige Beklagte zu 1. als „I. W.“ bezeichnet ist; Anlage der Beklagten). Darin heißt es ua.:
„Vorbemerkung:
W. ist ein weltweit tätiger Hersteller von Bauelementen (Fensterbänke, Balkon-, Fassaden-elemente, Terrassenprofile), Tischplatten, Industrieformteilen und Sperrholz-Formteilen (insbesondere Federleisten) und verfügt in Deutschland über 3 Standorte in O., N. und B..
Im Dezember 2010 wurde eine neue Schwestergesellschaft, die I. W. GmbH + Co. KG, mit dem Sitz in O. gegründet. Diese neue Gesellschaft soll in Zukunft die Produkte von W. in Lohnfertigung herstellen und im Übrigen die drei Betriebe von W. in D. führen. Die Mitarbeiter von W. werden zum Stichtag 1. April 2011 im Rahmen eines gesetzlichen Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB auf die neu gegründete I. W. GmbH + Co. KG übergehen.
Dies vorausgeschickt, vereinbaren die Vertragsparteien folgendes:
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A. Lohnfertigung
§ 1 Vertragsinhalt/Entgelt
Die I. W. führt die komplette Produktion der W.-Produkte an allen 3 inländischen Standorten ab dem 1. April 2011 in Lohnfertigung weiter. Dies umfasst insbesondere die Herstellung und Bearbeitung der folgenden Produkte nach den Vorgaben von W.:
…
Die Vergütung der von der I. W. erbrachten Leistungen erfolgt anhand der von der I. W. nachgewiesenen Lohnkosten (zuzüglich Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung so-wie sonstigen Lohnnebenkosten) plus eines Aufschlags zu den Brutto-Lohnsummen von 3%. Darüber hinaus hat die I. W. Anspruch auf Erstattung der gerechtfertigten Sachkosten, die im direkten Zusammenhang mit der Wertschöpfung entstehen.
…
§ 3 Gewährleistung des Lohnfertigers
Im Zusammenhang mit der Lohnfertigung gewährleisten die I. W. die Bearbeitung der be-treffenden Ware sowie die Verarbeitung der Rohstoffe, Vorprodukte und Halbzeuge gemäß den Vorgaben von W.. Diese Vorgaben werden von der I. W. nicht überprüft. W. ist für die-se allein verantwortlich.
…
§ 4 Eigentum und Gefahrübergang bei Lohnfertigung
An Ware für Lohnfertigung erwerben die I. W. zu keinem Zeitpunkt Eigentum. Die Beschaf-fung von Ware für Lohnfertigung, welche die I. W. bei Dritten beziehen, erfolgt im Namen und auf Rechnung von W.. Von W. an die I. W. gelieferte Ware für Lohnfertigung bleibt im Eigentum von W., bis ein Dritter diese Ware zu Eigentum erwirbt.
…
B. Betriebsführung im Übrigen
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§ 6 Betriebsführung mittels Geschäftsbesorgungsvertrag
Die I. W. übernehmen darüber hinaus für W. ab dem 1. April 2011 die Betriebsführung des gesamten Geschäftsbetriebs an allein drei inländischen Standorten. Insbesondere umfasst dies sämtliche, in den folgenden Abteilungen zu erledigenden Arbeiten nach den Vorgaben von W.:
- Einkauf
- Vertrieb
- Marketing
- Finanzbuchhaltung
- Forschung und Entwicklung sowie
- Instandhaltung.
Der Auftrag zur Betriebsführung erstreckt sich auf alle Geschäfte und Maßnahmen, die dem Betriebsablauf und dem gewerblichen Zweck des Betriebs dienen.
Die Geschäftsbesorgung und die Betriebsführung erfolgt durch die I. W. mit eigenen, auf sie gem. § 613a BGB übergegangenen Arbeitnehmern.
Grundlage dafür ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen den Vertragsparteien mit folgendem Inhalt:
§ 7 Handeln für Rechnung und im Namen von W. / Bevollmächtigung
Die I. W. handeln bei ihrer Tätigkeit gem. § 6, sofern diese im Zusammenhang mit der Lohn-fertigung und der Herstellung der W.-Produkte ausgeführt wird, für welche W. die Patentrechte und das know-how besitzt, ausschließlich für Rechnung und im Namen von W..
Insofern erteilt W. der I. W. Generalhandlungsvollmacht zur Vertretung von W. bei allen Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen, bei denen das Gesetz eine Stellvertretung gestattet und die der Betrieb des Gewerbes von W. mit sich bringt. Die I. W. dürfen von dies-
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er Vollmacht nur für die Zwecke der Betriebsführung und im Rahmen dieses Auftrags Gebrauch machen.
§ 8 Verpflichtung des Auftragnehmers I. W.
Die I. W. erledigen und managen eigenverantwortlich die in § 6 aufgeführten Abteilungen an allen drei Standorten. Sie sind verantwortlich für die gesamten Abläufe ab Auftragseingang bis zum Zahlungseingang durch den Kunden von W.. Des Weiteren kümmern sie sich im Vertrieb darum, dass ausreichende Auftragseingänge zu verzeichnen sind. Hinzu kommen die Erledigung der erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen, der gebotenen Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten sowie die pünktliche und ordnungsgemäße Erstellung der Fi-nanzbuchhaltung.
Dabei sind neben den Vorgaben von W. alle gesetzlichen Vorgaben zu beachten.
…
§ 9 Entgelt für die Geschäftsbesorgung
Die Vergütung der von der I. W. erbrachten Leistungen erfolgt anhand der von der I. W. nachgewiesenen Kosten für die Gehälter der in den in § 6 genannten Abteilungen einge-setzten Mitarbeiter (zuzüglich Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung sowie sonstigen Nebenkosten) plus eines Aufschlags zu den Brutto-Gehaltssummen von 3%. Darüber hin-aus haben die I. W. Anspruch auf Erstattung der gerechtfertigten Sachkosten, die im direkten Zusammenhang mit der Wertschöpfung entstehen.
…
Miete und/oder Pacht für die Nutzung der Verwaltungsgebäude sowie das Anlagevermögen ist von der I. W. nicht zu entrichten. Die mit der Verwaltung zusammenhängenden Nebenkosten (insbesondere Energiekosten und sonstige Verbrauchskosten) trägt W..
§ 10 Gewerbliche Schutzrechte
W. verfügt zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung über eine Reihe von gewerblichen Schutzrechten (Altschutzrechte). Unbeschadet der Benutzung dieser Schutzrechte zur Ausführung der Lohnfertigung und der Durchführung von weiteren Entwicklungsarbeiten
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durch die Mitarbeiter der I. W. in der Forschung- und Entwicklungsabteilung, berührt dieser Vertrag nicht die rechtliche Situation der Schutzrechte, insbesondere verbleiben diese Schutzrechte im ausschließlichen Eigentum von W..
Neue Entwicklungen und Erfindungen, die die Arbeitnehmer der I. W. während der Dauer dieses Vertrages auf den Gebieten Produkte und Verfahrenstechniken im Bereich Holz- und Kunststoffe sowie Holz- und Kunststoffformteile tätigen (Neuschutzrechte), werden von W. unbeschränkt in Anspruch genommen und in deren Namen zum Schutzrecht angemeldet. Die Anmeldung wird von der I. W. im Namen und auf Rechnung von W. erledigt. Diese Schutzrechte stehen auch eigentumsrechtlich ausschließlich W. zu.
…
C. Allgemeine Bestimmungen
§ 12 Auskunftsrecht von W.
W. kann von der Geschäftsführung der I. W. jederzeit und in allen die Lohnfertigung und die Betriebsführung betreffenden Angelegenheiten Auskünfte verlangen. Im Hinblick auf die Betriebsführung gemäß Lit. B., nicht aber für Lit. A. dieses Vertrages (mit Ausnahme der Vorgaben für die Herstellung, Bearbeitung und Lieferung der Ware gemäß §§ 1, 2 und 3 Abs. 1), kann W. Richtlinien erlassen und Weisungen erteilen. Insbesondere kann W. bestimmen, welche Arten von Geschäften ihrer vorherigen Zustimmung bedürfen.“
Mit Schreiben vom 1. März 2011 (vgl. Anlage der Klägerin, auf deren Inhalt Bezug genommen wird) informierte die Beklagte zu 2. sämtliche Arbeitnehmer darüber, dass ihre Arbeitsverhältnisse zum 1. April 2011 gemäß § 613 a BGB auf die Beklagte zu 1. übergingen. Die Klägerin wider-sprach dem wie auch die übrigen Arbeitnehmer (mit Ausnahme eines Arbeitnehmers) nicht. Sie und die anderen erbrachten fortan ihre Arbeitsleistung an ihren bisherigen Arbeitsplätzen in unveränderter Art und Weise und stellten weiter ausschließlich W.-Produkte her. Verträge mit Dritten (insbesondere mit Kunden und Lieferanten) wurden von der Beklagten zu 1. - entsprechend der Vereinbarung 2011 - auf Rechnung und im Namen der Beklagten zu 2. geschlossen. Der Markt-auftritt zum Vertrieb der W.-Produkte erfolgte weiterhin über die Internetseite der Beklagten zu 2. Bei der Email-Kommunikation nach außen versah das EDV-System die Emails der Mitarbeiter automatisch mit einer Signatur der Beklagten zu 2., geschäftliche Korrespondenz erfolgte auf dem Briefpapier der Beklagten zu 2. Gegenüber den Arbeitnehmern trat demgegenüber die Beklagte
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zu 1. als Arbeitgeberin auf, etwa verwendete die Personalabteilung bei der internen Kommunikation mit ihren Mitarbeitern eine Signatur der Beklagten zu 1.
Im Mai/Juni 2013 beschlossen die Gesellschafter der Beklagten zu 1., diese zu liquidieren und den Betrieb in O., wie auch die beiden anderen Betriebe in N. und B., stillzulegen (vgl. Anlage der Beklagten). Die Liquidation der Gesellschaft wurde am 12. Juli 2013 in das Handelsregister eingetragen (vgl. Anlage der Beklagten).
Am 17. Juli 2013 schlossen die Beklagten eine neue „Vereinbarung über Lohnfertigung und Ge-schäftsbesorgungsvertrag über Betriebsführung“ (im Folgenden: Vereinbarung 2013; Anlage der Beklagten, auf deren Inhalt Bezug genommen wird). Danach führt die Beklagte zu 1. lediglich Teile der Produktion in Lohnfertigung weiter, wobei „der Umfang der Tätigkeiten zwischen den Parteien laufend abgestimmt“ wird (§ 1). Nach § 6 übernimmt die Beklagte zu 1. bis zur Beendigung der Gesellschaft für die Beklagte zu 2. „die Betriebsführung einzelner Bereiche des Geschäftsbetriebes gem. Einzelabsprache“. Die Beklagte zu 2. soll weiter berechtigt sein, einzelne Gewerke oder Teile davon an andere Unternehmen zu vergeben (§ 6 Satz 2). Auch soll der Auftrag zur Betriebsführung nach Absprache eingeschränkt werden können, wenn wie beabsichtigt einzelne Teilbereiche ganz oder teilweise an andere Unternehmen vergeben werden (§ 6 Satz 5). Auch nach der Verein-barung 2013 handelt die Beklagte zu 1. bei der Tätigkeit gemäß § 6, sofern diese im Zusammenhang mit der Lohnfertigung und der Herstellung der W.-Produkte ausgeführt wird, ausschließlich für Rechnung und im Namen der Beklagten zu 2.
Nachdem in der Folgezeit Verhandlungen über einen Interessenausgleich vor der Einigungsstelle gescheitert waren (vgl. Anlage der Beklagten), kündigte die Beklagte zu 1. die Arbeitsverhältnisse mit ihren Arbeitnehmern nach Beteiligung des Betriebsrats (vgl. Anlagen der Beklagten) und Erstat-tung einer Massenentlassungsanzeige (vgl. Anlagen der Beklagten), dasjenige mit der Klägerin mit Schreiben vom 28. Oktober 2014 zum 31. Mai 2015.
Am 25. November 2014 kam durch Spruch der Einigungsstelle ein Sozialplan zustande, der aller-dings keine Abfindungsleistungen für die Arbeitnehmer vorsah (vgl. Anlage der Beklagten).
Mit Schreiben vom 31. Dezember 2014 (Anlage der Beklagten) kündigte die Beklagte zu 2. die Vereinbarung 2013 zum 31. März 2015. Unter dem 26. März 2015 schlossen die Beklagten eine bis zum 31. Mai 2015 befristete, den Betrieb in O. betreffende „Vereinbarung über Geschäftsbe-sorgung und Betriebsführung“ (im Folgenden: Vereinbarung 2015; Anlage der Beklagten, auf de-
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ren Inhalt Bezug genommen wird). Der Betrieb in B. wurde zum 30. September 2014, der Betrieb in N. zum 28. Februar 2015 geschlossen.
Die Klägerin hat zunächst gegen die Kündigung der Beklagten zu 1. Kündigungsschutzklage erhoben. Im April 2015 erweiterte sie ihre Klage auf die Beklagte zu 2. mit dem Begehren festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nach wie vor mit der Beklagten zu 2. bestehe, und diese zu ihrer Wei-terbeschäftigung zu verurteilen. Sie hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis sei im Jahr 2011 nicht im Wege eines Betriebsüberganges auf die Beklagte zu 1. übergegangen. Vielmehr sei die Beklagte zu 2. Arbeitgeberin geblieben. Ein Betriebsübergang setze die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit voraus, die nicht gegeben sei, wenn lediglich die Arbeitnehmer eines betriebsmittelgeprägten Betriebs übernommen würden, wie es hier der Fall sei. Die Beklagte zu 1. habe keinerlei materielle Betriebsmittel oder Kunden- und Lieferantenbeziehungen übernommen. Ein Betriebsinhaberwechsel habe nicht stattgefunden. Es liege ein sog. echter Betriebsführungs-vertrag vor, der keinen Betriebsübergang auslöse. Auch wenn die Beklagte zu 1. beim Abschluss einiger Rechtsgeschäfte (über Leiharbeit oder gegenüber Behörden) nach außen aufgetreten sei, sei sie zu keinem Zeitpunkt am Markt aufgetreten oder habe Akquise betrieben. Die Beklagte zu 2. sei das alleinige Tor zur Öffentlichkeit geblieben. Auch für die Arbeitnehmer habe sich zum 1. April 2011 nichts verändert, der Personalleiter sei für beide Unternehmen in Personalunion aufgetreten. Die Beklagten hätten einer gemeinsamen Leitungsmacht unterlegen. Der Geschäftsführer der Be-klagten zu 2. sei erst kurz vor dem Liquidationsbeschluss als Geschäftsführer der Beklagten zu 1. ausgeschieden. Er habe auch die Geschicke der Beklagten zu 1. geleitet und mit beiden Firmen einen einheitlichen wirtschaftlichen Zweck verfolgt. Aus der Vereinbarung 2011 ergebe sich nichts anderes. § 1 Vereinbarung 2011 zeige, dass die Beklagte zu 1. komplett nach den Vorgaben der Beklagten zu 2. deren Personal einzusetzen gehabt habe. Vergütung für die Inanspruchnahme der Betriebsmittel habe die Beklagte zu 1. nicht leisten müssen. In § 3 Vereinbarung 2011 sei nochmals geregelt, dass die Beklagte zu 1. die Ware und die Verarbeitung ausschließlich gemäß den Vorga-ben der Beklagten zu 2. gewährleiste. Gemäß § 4 Vereinbarung 2011 erwerbe ausschließlich die Beklagte zu 2. Eigentum an den Waren, deren Beschaffung erfolge immer im Namen und auf Rechnung der Beklagten zu 2. Auch dies zeige die untergeordnete Stellung der Beklagten zu 1. Dass die Beklagte zu 1. den Betriebsalltag in Teilen habe selbst gestalten dürfen, ändere nichts daran, dass kein Inhaberwechsel stattgefunden habe. Auch in § 7 Vereinbarung 2011 sei festgehal-ten, dass die Beklagte zu 1. ausschließlich - mittels einer Generalhandlungsvollmacht - auf Rechnung und im Namen der Beklagten zu 2. handle. Gemäß § 12 Vereinbarung 2011 habe die Beklag-te zu 2. das Recht, Richtlinien zu erlassen und
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Weisungen zu erteilen, was zeige, dass die Beklagte zu 1. überhaupt keine Handlungsberechtigung im eigenen Namen und in eigener Verantwortung gehabt habe. Die Vereinbarung 2011 bestätige, dass die Beziehungen zwischen den Beklagten letztlich wie in einem Verhältnis zwischen Arbeitgeber und leitendem Angestellten funktioniert hät-ten. Dass künstlich zwei Unternehmen geschaffen worden seien, ändere daran nichts. Ein Betriebsübergang habe daher nicht vorgelegen. Ob dies von anderen in der Vergangenheit anders gesehen worden sei, sei ohne Relevanz. Soweit von Gerichten von einem Betriebsübergang ausgegan-gen worden sei, sei anzunehmen, dass dies nicht in Kenntnis aller relevanten Umstände und Beweismittel geschehen sei. Die Einigungsstellenvorsitzenden hätten sich mit der Prüfung des Betriebsüberganges als solchem nicht befasst, gleiches gelte für den Betriebsrat und dessen Vertre-ter. Der Beschäftigungsbedarf für die Klägerin sei nicht entfallen, die Beklagte zu 2. werde nicht stillgelegt. Es sei davon auszugehen, dass die Beklagte zu 2. schlicht neue Arbeitnehmer suchen wolle, um den Betrieb fortzuführen. Die Kündigung der Beklagten zu 1. sei allein schon mangels Arbeitsverhältnisses mit dieser unwirksam. Jedenfalls könne sich die Beklagte zu 2. aufgrund Gestaltungsmissbrauchs nicht auf das Vorliegen eines Betriebsüberganges berufen. Die Beklagte zu 1. habe lediglich als mittellose Marionette fungieren sollen, um sich - durch Liquidation derselben - der finanziellen, sozialen und juristischen Verantwortung gegenüber der langjährig beschäftigten Belegschaft zu entziehen. Eine Verwirkung, sich auf ein Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2. zu berufen, liege nicht vor. Ein Umstandsmoment sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Demgemäß sei die Beklagte zu 2. auch zur Weiterbeschäftigung der Klägerin zu verur-teilen. Ein Weiterbeschäftigungsanspruch bestehe auch in einem Falle wie hier, wenn über einen Betriebsübergang als Beendigungstatbestand gestritten werde. Falsch sei, dass keine Beschäftigungsmöglichkeit bestehe. Die Beklagte zu 2. beschäftige auch Leiharbeitnehmer. Für den Fall, dass ein Betriebsübergang stattgefunden habe und die Beklagte zu 2. sich hierauf berufen könne, sei die ausgesprochene Kündigung der Beklagten zu 1. mangels sozialer Rechtfertigung iSd. § 1 KSchG und mangels ordnungsgemäßer Beteiligung des Betriebsrats iSd. § 17 Abs. 2 KSchG un-wirksam.
Die Klägerin hat - erstinstanzlich, zuletzt unbedingt - beantragt,
festzustellen, dass zwischen der Beklagten zu 2. und der Klägerin über den 31. März 2011 hinaus ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht;
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die Beklagte zu 2. zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen arbeitsvertragsgemäß bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als ge-werbliche Arbeitnehmerin weiter zu beschäftigen;
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten zu 1. vom 28. Oktober 2014 zum 31. Mai 2015 nicht aufgelöst worden ist,
die Beklagte zu 1. zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen arbeitsvertragsgemäß bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als gewerbliche Arbeitnehmerin weiter zu beschäftigen;
Die Beklagten haben - erstinstanzlich - jeweils beantragt,
die Klage abzuweisen.
Während die Beklagte zu 1. die Rechtfertigung der Kündigung verteidigt hat, indem sie vorgebracht hat, diese sei wegen Betriebsstillegung aus betriebsbedingten Gründen iSd. § 1 KSchG sozial gerechtfertigt und auch unter Zugrundelegung des § 17 Abs. 2 KSchG nicht zu beanstanden, hat die Beklagte zu 2. die Ansicht vertreten, das Arbeitsverhältnis sei im Jahr 2011 im Wege eines Be-triebsüberganges auf die Beklagte zu 1. übergegangen. Gemäß dem Interessenausgleich vom 28. Oktober 2010 seien zum 1. April 2011 die Fertigungsaktivitäten, die Bereiche Forschung und Entwicklung, Logistik, Einkauf, Vertrieb, Finanzbuchhaltung und Instandhaltung auf die Beklagte zu 1. übertragen und dieser das Immobilien-, Anlage- und Umlaufvermögen sowie die Patente und Li-zenzverträge unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden. Der Produktionsbetrieb der Beklagten zu 2. sei unter Wahrung der wirtschaftlichen Identität übergegangen und von der Beklagten zu 1. tatsächlich fortgeführt worden. Da ein betriebsmittelarmer Betrieb vorliege, komme es wesentlich auf die Fähigkeiten der Mitarbeiter an, die - bis auf einen Mitarbeiter - alle übernommen worden seien. Aber auch wenn man von einem betriebsmittelgeprägten Betrieb ausgehe, liege ein Betriebsübergang vor, da die Betriebsmittel gerade mitübernommen worden seien und es insoweit nicht auf die Eigentumsverhältnisse ankomme. Ausreichend sei, dass die sächlichen Betriebsmittel der Beklagten zu 1. von der Beklagten zu 2. zur Verfügung gestellt worden seien. Auch habe der Vorsitzende im vergleichsweise am 22. November 2012 beigelegten Rechtsstreit vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 6 Sa 31/12 - darauf hingewiesen, dass von einem Betriebsübergang auszugehen sei. Die Inanspruchnahme
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der Beklagten zu 2. neben derjenigen der Beklagten zu 1. sei im Übrigen widersprüchlich. Eine Beschäftigung bei der Beklagten zu 2. sei zudem nicht möglich, da diese keinen Betrieb mehr führe. Aufgaben, die einer gewerblichen Mitarbeiterin übertragen werden könnten, seien nicht vorhanden.
Mit weiterem Schriftsatz vom 3. Juni 2015 hat die Beklagte zu 2. ihren Vortrag vertieft und ausgeführt, dass das Vorliegen eines Betriebsübergangs nicht davon abhänge, ob ein wie auch immer gearteter Betriebsführungsvertrag geschlossen worden sei. Die Begriffe „echte Betriebsführung“ und „unechte Betriebsführung“ seien nicht eindeutig definiert und damit keiner isolierten rechtlichen Würdigung zugänglich. Maßgeblich seien vielmehr die tatsächlichen Umstände und die Prüfung der Kriterien, die nach der Rechtsprechung einen Betriebsübergang begründeten. Diese seien hier allesamt erfüllt:
Gegenstand der Übertragung sei ein Betrieb gewesen, der Fertigungsaktivitäten und die damit verbundenen und administrativen Funktionen (insb. Forschung und Entwicklung, Logistik, Einkauf, Vertrieb, Finanzbuchhaltung und Instandhaltung) verfolgt habe. Dessen Personal sei zum 1. April 2011 von der Beklagten zu 1. übernommen worden. Diese habe den Betrieb ab dem 1. April 2011 als ein anderer Inhaber fortgeführt. Bei den Beklagten handle es sich um verschiedene Rechtsträger. Die geschäftsführenden Gesellschaften (Komplementärinnen) seien nie identisch gewesen, die für die unternehmerischen Entscheidungen zuständigen Beiräte seien nicht personenidentisch besetzt. Soweit vorübergehend Personenidentität in der Geschäftsführung der Komplementärinnen im Jahr 2011 bestanden habe, hätten die handelnden Personen stets erkennen lassen, in welcher Funktion für welche Gesellschaft sie handelten. Unabhängig davon sei die Beklagte zu 1. auch nach außen aufgetreten und habe Rechtsgeschäfte getätigt, zB. Verträge mit anderen Unterneh-men und Körperschaften (Leiharbeit, IHK, Finanzverwaltung, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater etc.) abgeschlossen. Die Übertragung sei durch eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung in Gestalt der Vereinbarung 2011 erfolgt. Die Herstellung und Bearbeitung der Produkte sei durch die darin enthaltene Lohnfertigungsvereinbarung auf die Beklagte zu 1. übertragen worden, wobei der Beklagten zu 2. produktbezogene Vorgaben vorbehalten geblieben seien. Bezogen auf die Abteilungen Forschung und Entwicklung, Logistik, Einkauf, Vertrieb, Finanzbuchhaltung und Instandhaltung habe die Beklagte zu 2. der Beklagten zu 1. einen Auftrag in Form eines Geschäftsbesorgungsvertrages erteilt und sich vorbehalten, auf den Gegenstand der Geschäftsbesorgung bezogene Vorgaben zu machen. Zugleich sei aber vereinbart worden, dass die Beklagte zu 1. diese Aufgaben eigenverantwortlich erledige und manage und sie für sämtliche Abläufe ab Auftragseingang bis zum Zahlungseingang verantwortlich sei. Diese Aufgaben habe die Beklagte zu 1. bis mindestens zum Abschluss der Vereinbarung 2013, mit der sie die Exklusivität als Vertragspartner
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verloren habe, eigenverantwortlich erfüllt, teilweise darüber hinaus. Die Vereinbarung 2011 räume der Beklagten zu 2. insbesondere kein Weisungsrecht gegenüber einzelnen Arbeitnehmern ein. Die Beklagte zu 2. habe der Beklagten zu 1. die Betriebsmittel gemäß der Vereinbarung 2011 unentgeltlich überlassen, was diese in die Lage versetzt habe, den Betrieb zu führen. Die Beklagte zu 1. habe diesen nach dem Betriebsübergang auch tatsächlich geführt, ihre Mitarbeiter angeleitet und angewiesen und deren Vergütung bezahlt. Die Beklagte zu 1. habe ab dem 1. April 2011 die Leitungsmacht über den Betrieb und sämtliche zur Erreichung des Betriebszwecks wesentlichen Faktoren gesteuert und koordiniert. Sie sei gegenüber den Arbeitnehmern, dem Betriebsrat und der zuständigen Gewerkschaft klar erkennbar unter ihrer Firma und nicht unter dem Namen der Beklagten zu 2. aufgetreten. Der Umstand, wie die Beklagte zu 1. am Markt aufgetreten sei, sei unerheblich für die Frage, ob der Betrieb übertragen worden sei. Unerheblich sei auch, dass gebrauchte, von der Beklagten zu 2. einstmals ihren Arbeitnehmern überlassene Arbeitskleidung mit dem Schriftzug „W.“ möglicherweise nach dem 31. März 2011 weiterbenutzt worden sei. Dass die Beklagte zu 1. ihre eigene Belegschaft danach mit solcher Arbeitskleidung ausgestattet habe, werde mit Nichtwissen bestritten. Maßgeblich sei allein, dass die Beklagte zu 1. ab dem 1. April 2011 deutlich als Arbeitgeber aufgetreten sei. Die eigenverantwortliche Ausübung der Arbeitgeberstellung sei ausreichend, um einen Betriebsübergang zu begründen. Nach europäischem Recht sei Betriebsinhaber gerade derjenige, der die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Beschäftigten eingehe, was ab dem 1. April 2011 eindeutig die Beklagte zu 1. gewesen sei. Arbeitgeber sei derjenige, der das Weisungsrecht gegenüber den Arbeitnehmern eigenverantwortlich ausübe und in dessen betriebliche Organisation diese eingegliedert seien. Da die Beklagte zu 1. gegenüber den Arbeitnehmern im eigenen Namen aufgetreten sei und die betrieblichen Organisationsstrukturen tatsächlich genutzt habe, seien diese Voraussetzungen erfüllt. Die über den Betriebsübergang unterrichtete Klägerin habe in Kenntnis der Vorgänge vier Jahre nie die Arbeitgeberstellung der Beklagten zu 1. bezweifelt oder die Beklagte zu 2. als Arbeitgeberin angesprochen. Auch Betriebsrat - vertreten durch die Sozietät der Vertreterin der Klägerin - und Gewerkschaft hätten die Beklagte zu 1. als Arbeitgeberin angesprochen und anerkannt; im Jahr 2014 sei der Betriebsrat als Betriebsrat der Beklagten zu 1. gewählt worden (näher dazu vgl. das schriftsätzliche Vorbringen der Beklagten zu 2.). Die rechtliche Qualität der Zusammenarbeit der Beklagten sei zudem vielfach Vorfrage arbeitsgerichtlicher Auseinandersetzungen gewesen. Dabei sei stets von einem Betriebsübergang ausgegangen worden. Dies gelte für ein Beschlussverfahren vor der 26. Kammer des Arbeitsgerichts Stuttgart - Kammern Ludwigsburg - 26 BV 62/13 -, in dem das Gericht zu dem Ergebnis gekommen sei, dass es sich bei der Zusammenarbeit der Be-
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klagten um eine bloße unternehmeri-sche Zusammenarbeit handle und das Bestehen eines gemeinsamen Betriebes nicht ansatzweise ersichtlich sei. Weiter gelte dies für ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht Stuttgart - Kammern Ludwigsburg - 12 Ca 905/11 -, bezüglich dem der Vorsitzende im Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 6 Sa 31/12 - im Berufungstermin ebenfalls geäußert habe, dass er von einem Betriebsübergang ausgehe. Auch das Arbeitsgericht Berlin habe in meh-reren Verfahren (55 Ca 4863/14 und 57 Ca 4865/14) einen Betriebsübergang angenommen, erst-genanntes Urteil sei vom Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg mittlerweile rechtskräftig bestätigt worden. Auch die jeweiligen Einigungsstellenvorsitzenden hätten bei der Bejahung ihrer Zuständigkeit die Arbeitsgeberstellung der Beklagten zu 1. anerkannt. Vor diesem Hintergrund gebiete auch die Rechtssicherheit die Annahme eines Betriebsüberganges. In der übrigen Rechtsprechung zu Betriebsführungsverträgen und zur Lohnfertigung, soweit solche existiere, sei ebenfalls von Be-triebsübergängen ausgegangen worden (vgl. LAG Baden-Württemberg 24. Juni 2005 - 7 Sa 10/05; LAG Rheinland-Pfalz 12. Juli 2012 - 2 Sa 144/12).
Im Übrigen sei das Recht der Klägerin, sich auf ein Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2. zu berufen, verwirkt.
Der Weiterbeschäftigungsantrag gegen die Beklagte zu 2. sei auch deshalb unbegründet, weil eine Weiterbeschäftigung unmöglich sei. Die Beklagte zu 2. unterhalte keinen Betrieb und keine Arbeitsplätze, sie vergebe die Fertigungsaufträge seit 2011 an andere Unternehmen, wie sie am 20. Mai 2015 nochmals bekräftigt habe. Sie sei durch die Beiratsbeschlüsse gebunden und vertraglich verpflichtet, Räume und Maschinen diesen zur Nutzung zu überlassen. Auch verfüge sie nicht über technisch erfahrene Aufsichtspersonen für die Produktionsmitarbeiter. Falsch sei, dass die Beklagte zu 2. Leiharbeitnehmer beschäftige, lediglich die Beklagte zu 1. habe solche eingesetzt. Im Übrigen existiere ein allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch vor rechtskräftiger Entscheidung über den Feststellungsantrag hier nicht. Nur in Kündigungsschutzprozessen sei ein solcher ausnahms-weise anerkannt, nicht aber in einem atypischen Falle wie dem vorliegenden, in dem das Bestehen des Arbeitsverhältnisses auch deswegen streitig sei, weil um das Vorliegen eines Betriebsüberganges im Jahr 2011 gestritten werde. Das Beschäftigungsinteresse der Klägerin überwiege nicht. Diese habe über vier Jahre Zeit gehabt, über den Bestand des Arbeitsverhältnisses zu streiten, was sie unterlassen habe. Dem gegenüber bestehe ein schutzwertes Interesse der Beklagten zu 2. an der Nichtbeschäftigung der Klägerin, nachdem in vorangegangenen Entscheidungen von einem Betriebsübergang ausgegangen worden sei.
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Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 17. Juli 2015 die gegen die Beklagte zu 2. gerichteten Klaganträge der Klägerin mit der Argumentation abgewiesen, ihr Arbeitsverhältnis sei am 1. April 2011 im Wege des Betriebsüberganges auf die Beklagte zu 1. übergegangen. Den gegen die Beklagte zu 1. gerichteten Klaganträgen hat es hingegen stattgegeben.
In am 8. Mai 2015 entschiedenen Parallelverfahren hatte das Arbeitsgericht noch abweichend ent-schieden. Damals hatte es einen Betriebsübergang verneint und entsprechenden Anträgen anderer Kläger gegen die Beklagte zu 2. stattgegeben sowie deren Kündigungsschutzklagen gegen die Be-klagte zu 1. abgewiesen.
Zur Begründung seiner abweichenden Auffassung hat das Arbeitsgericht im Urteil vom 17. Juli 2015 ausgeführt, der zulässige Feststellungsantrag gegen die Beklagte zu 2. sei nicht begründet. Die Beklagte zu 2. habe ihre Arbeitgeberstellung am 1. April 2011 infolge eines Betriebs-überganges an die Beklagte zu 1. verloren. Aus dem Vortrag der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten zu 2. ergebe sich das Vorliegen eines Betriebsüberganges und als Folge auch der Übergang des Arbeitsverhältnisses. Neben der Übernahme des Personals seien der Beklagten zu 1. sämtliche Betriebsmittel zur Nutzung überlassen worden, was für die Übertragung einer wirtschaftlichen Einheit bei einem betriebsmittelgeprägten Betrieb, wie er hier vorliege, entscheidend sei. Es liege keine andere Situation vor, als sie bei der Verpachtung eines Betriebes vorzufinden sei. Die Beklagte zu 1. habe ab dem 1. April 2011 sämtliche Betriebsmittel zur Herstellung der Produkte genutzt und sei vom Auftragseingang bis zum Zahlungseingang durch den Kunden verantwortlich gewesen. Die Beklagte zu 1. habe hierfür die von der Beklagten zu 2. geschaffene Betriebsorganisation und die aufgebauten Kunden- und Lieferantenbeziehungen genutzt und habe für einen ausreichenden Auftragseingang zu sorgen gehabt. Sie habe also nicht lediglich das Personal getrennt von den Betriebsmitteln übernommen. Die Art und der Zweck des Betriebes seien unverändert geblieben, eine Unterbrechung der Tätigkeit habe nicht stattgefunden. Die Beklagte zu 1. habe ab dem 1. April 2011 den betrieblichen Funktionszusammenhang für eine (eigene) wirtschaftliche Tätigkeit genutzt. Irrelevant sei, dass die gesamte Produktion und Betriebsführung mit fremden Betriebsmitteln durchzuführen gewesen sei. Nicht die Eigentümerstellung sei insoweit maßgeblich, sondern allein die tatsächliche Nutzungs- und Verfügungsgewalt. Die eigenwirtschaftliche Nutzung von Betriebsmitteln sei keine Voraussetzung für einen Betriebsübergang. Auch sei die wirtschaftliche Einheit durch Rechtsgeschäft, nämlich durch die Vereinbarung 2011, übertragen worden, ohne dass es auf dessen Wirksamkeit ankäme. Die Beklagte zu 1. sei auch Betriebsinhaberin des zuvor von der Beklagten zu 2. geführten Betriebes geworden. Keine
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entscheidende Bedeutung habe der Umstand, dass das wirtschaftliche Ergebnis der Tätigkeit - mit Ausnahme der geregelten Vergütung von 3 % der Bruttolohnsumme - letztlich der Beklagten zu 2. zugute gekommen sei. Auch Bindungen im Innenverhältnis oder die fehlende Befugnis zur Veräußerung der Betriebsmittel stünden einem Betriebsinhaberwechsel nicht entgegen. Die Beklagte zu 1. habe auch die maßgebliche Arbeitgeberfunktion gegenüber den Beschäftigten übernommen und sei nach außen als Vollrechtsinhaberin aufgetreten. Aus den zwischen den Beklagten geschlossenen Vereinbarungen und deren tatsächlicher Praktizierung könne nicht entnommen werden, dass die Beklagte zu 2. weiter-hin für den Betrieb verantwortlich geblieben sei. Zwar habe die Kammer in den Entscheidungen vom 8. Mai 2015 die Auffassung vertreten, ein Betriebsinhaberwechsel habe am 1. April 2011 nicht stattgefunden, weil es hierfür nicht genüge, wenn der neue Inhaber lediglich gegenüber den Arbeitnehmern im eigenen Namen auftrete, und es vielmehr auch erforderlich sei, dass gegenüber Lieferanten, Kunden und am Markt im eigenen Namen aufgetreten werde. Für diese Auffassung sprächen auch einige Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (näher dazu vgl. S. 21 f. des Urteils), in deren Folge die Kammer die Vereinbarung 2011 als sog. echte Betriebsführungsvereinbarung eingeordnet habe, die keinen Betriebsübergang ausgelöst habe. Weil die Beklagte zu 1. weder Waren im eigenen Namen bezogen noch Verträge mit Kunden im eigenen Namen geschlossen und die Lieferung der Produkte und die gesamte Kommunikation nach außen im fremden Namen stattgefunden habe, sei die Kammer damals zu der Einschätzung gelangt, die Beklagte zu 1. sei nicht Betriebsinhaberin geworden. Dass die Beklagte zu 1. gegenüber den eigenen Arbeitnehmern im eigenen Namen aufgetreten sei, habe dem Gericht am 8. Mai 2015 nicht genügt. In anderen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts habe demgegenüber für die Erlangung der Organisations- und Leitungsmacht die Ausübung des arbeitsgeberseitigen Weisungsrechts - neben den Nutzung des betrieblichen Funktionszusammenhangs - genügt (näher dazu vgl. S. 22 f. des Urteils). In ihrer jetzigen Besetzung halte die Kammer die letztgenannten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts und damit ein Abstellen allein auf die Ausübung des Weisungsrechts im eigenen Namen gegenüber der Belegschaft für überzeugender. Entscheidendes Argument sei hierbei der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit. Genügte für die Ausübung der betrieblichen Leitungsmacht das Gebrauchmachen vom Weisungsrecht gegenüber den Arbeitnehmern nicht, stellte sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt (bspw. durch ein Handeln im eigenen Namen gegenüber Kunden und Liefe-ranten) ein Betriebsinhaberwechsel eintrete, was rechtssicher kaum feststellbar und letztlich ein Einfallstor für mögliche Manipulationen wäre. Werde demgegenüber auf das Weisungsrecht abgestellt, lasse sich der Zeitpunkt des Betriebsinhaberwechsels rechtssicher feststellen. Für den arbeitsrechtlichen Sinnzusammenhang
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müsse es also letztlich ausschlaggebend sein, wer ab wann gegenüber den Arbeitnehmer das Weisungsrecht im eigenen Namen ausübe. Andernfalls könne ein Unternehmen einer Auffanggesellschaft die Betriebsmittel zur Verfügung stellen und diese mit der Produktion von Waren im fremden Namen beauftragen, um sich von der Belegschaft zu lösen. Nach Sinn und Zweck des § 613 a BGB soll jedoch genau ein solches Auseinanderfallen von Arbeitsplatz und Arbeitsverhältnis vermieden werden. Zudem entspreche dieses Verständnis dem Unionsrecht, wonach Betriebsinhaber die für den Betrieb verantwortliche Person sei, die die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Beschäftigten eingehe. Gemessen daran sei es ab 1. Ap-ril 2011 zu einem Betriebsinhaberwechsel gekommen. Die Beklagte zu 1. habe ab diesem Zeitpunkt - unstreitig - gegenüber den Arbeitnehmern das arbeitgeberseitige Weisungsrecht im eigenen Namen durch den Geschäftsführer und den Personalleiter ausgeübt. Auch gegenüber dem Be-triebsrat sei die Beklagte zu 1. im eigenen Namen auf eigenem Briefpapier aufgetreten, worauf dieser die Beklagte zu 1. als Ansprechpartnerin für die wahrzunehmenden kollektiven Rechte iden-tifiziert habe. Gegenüber dem Gesamtbetriebsrat, der Gewerkschaft, der Einigungsstelle und an-deren Dritten sei die Beklagte zu 1. in Bezug auf die Arbeitsverhältnisse ebenfalls im eigenen Na-men aufgetreten. Sie habe ferner die Arbeitsentgelte im eigenen Namen abgerechnet und bezahlt, die sie dann zuzüglich des Aufschlages von 3 % von der Beklagten zu 2. erstattet bekommen ha-be. Ein Handeln im fremden Namen sei insoweit nicht ansatzweise ersichtlich. Die Beklagte zu 1. habe die für § 613 a BGB maßgebliche Leitungsmacht über den betrieblichen Funktionszusam-menhang wahrgenommen. Sie sei zudem für sämtliche Abläufe, beginnend mit dem Vertrieb und dem Auftragseingang bis hin zum Zahlungseingang, verantwortlich gewesen und sei daher auch nach außen - wenn auch im fremden Namen - aufgetreten. Eigene Betriebstätigkeit einer betriebsführenden Gesellschaft sei gerade die Interessenwahrnehmung für die Eigentümergesellschaft. Dies sei letztlich auch der Hintergrund dafür, dass die Klägerin vor Ausspruch der Kündigung durch die Beklagte zu 1. eine Arbeitgeberstellung der Beklagten zu 2. niemals geltend gemacht habe. Darauf, dass die Beklagte zu 1. gegenüber Dritten, dh. Kunden und Lieferanten, vereinbarungsge-mäß im fremden Namen aufgetreten sei, komme es danach nicht an. Dies sei lediglich Ausdruck der Bindungen der Beklagten zu 1. im Innenverhältnis und der geschlossenen Vereinbarung zur Betriebsführung. Die Arbeitnehmer hätten die Beklagte zu 1. in Anbetracht der Ausübung der Leitungs- und Organisationsmacht iSd. Gebrauchmachens vom arbeitsgeberseitigen Weisungsrecht als Arbeitgeberin identifizieren können. Der Beklagten zu 2. sei es nicht verwehrt, sich infolge Ge-staltungsmissbrauchs auf den eingetretenen Betriebsinhaberwechsel zu berufen. Es fehle an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass bereits im Frühjahr 2011 geplant gewesen sei, etwas
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mehr als zwei Jahre später die Liquidation der Beklagten zu 1. und die Kündigung der Arbeitsverhältnisse einzuleiten. Hiergegen sprächen auch die geführten Verhandlungen über Auffanglösungen. Da die Beklagte zu 2. ihre Arbeitgeberfunktion zum 1. April 2011 verloren habe, sei auch der zulässige Weiterbeschäftigungsantrag gegen sie unbegründet. Zulässig und begründet seien hingegen der Kündigungsschutz- und der Weiterbeschäftigungsantrag gegen die Beklagte zu 1. Die von dieser ausgesprochene Kündigung sei unwirksam, da weder das nach § 17 Abs. 2 KSchG erforderliche Konsultationsverfahren mit dem zuständigen Betriebsrat durchgeführt, noch gemäß § 17 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KSchG eine ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige erstattet worden sei. Eine Weiterbeschäftigung sei der Beklagten zu 1. nicht unzumutbar.
Die Beklagten legten gegen dieses Urteil keine Berufung ein. Die Klägerin, der das Urteil am 23. Juli 2015 zugestellt worden war, legte dagegen am 13. August 2015 gegenüber der Beklagten zu 2. Berufung ein und begründete diese - innerhalb der verlängerten Frist - am 29. Oktober 2015.
Gegenüber den am 8. Mai 2015 gegenüber der Beklagten zu 2. obsiegenden Klägern, sprach die Beklagte zu 2. vorsorglich außerordentliche fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigungen aus. Ge-genüber der Klägerin erfolgte indes keine vorsorgliche Kündigung durch die Beklagte zu 2.
Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufung vor, diese sei entgegen der Auffassung der Beklagten zu 2. zulässig. In Rechtskraft erwachsen sei lediglich die Feststellung, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. ein Arbeitsverhältnis bestehe. Bei der Frage des Vorliegens eines Betriebsüberganges handle es sich um eine Tatsache, von der das Arbeitsgericht als Prozessstoff ausgegangen sei. Eine solche gemeinsame Vorfrage werde niemals rechtskräftig festgestellt. Eine Kollision mehrerer rechtskräftiger Entscheidungen sei nicht dadurch vermeidbar, dass die Beru-fung für unzulässig erklärt werde. Vielmehr müsse die Rechtskraft des jüngeren Urteils derjenigen des älteren Urteils nach der lex-posterior-Regel vorgehen, so dass das Berufungsurteil ausschlag-gebend sei. Auch sei es keine Seltenheit, dass sich ein Arbeitnehmer am Ende eines Rechtsstreits in zwei wirksamen Arbeitsverhältnissen vorfinde, wie die in § 12 KSchG geregelte Wahlmöglichkeit zeige. Die Berufung sei demgemäß nicht mit dem Verstreichen der Rechtsmittelfrist für die Be-klagte zu 1. unzulässig geworden. Die Berufung sei auch begründet, es habe zum 1. April 2011 kein Betriebsübergang stattgefunden. Bei dem betriebsmittelgeprägten Betrieb seien lediglich die Arbeitnehmer auf die Beklagte zu 1. übergegangen, nicht aber die zentralen Betriebsmittel, wie die Maschinen und der Kundenstamm. Die Arbeitnehmer hätten unverändert dieselben Maschinen in denselben Räumlichkeiten genutzt und dieselben Produkte der Beklagten zu 2. hergestellt. Die Beklagte zu 1. sei zu keinem Zeitpunkt am Markt aufgetreten. Sie sei nicht Betriebsinhaberin ge-worden. Dass die Beklagte zu 1. gegenüber den Beschäftigten als Arbeitgeberin aufgetreten sei, führe nicht zu einem Inhaberwechsel. Hier liege ein echter Betriebsführungsvertrag vor, bei dem der Betriebsführer lediglich im fremden Namen als „verlängerter Arm“ des Veräußerers auftrete, und der zu keinem Betriebsübergang führe. Dies habe das Arbeitsgericht in den Urteilen vom 8. Mai 2015 noch zutreffend erkannt. Der Personalleiter der Beklagten zu 1., der zugleich Personallei-ter der Beklagten zu 2. sei, nehme zwar Urlaubsanträge und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen entgegen, lasse sich aber bei den Entscheidungen, wann Urlaub gewährt werde, allein davon leiten, was die Beklagte zu 2. an Auftragsvolumen an die Beklagte zu 1. vergebe, die dieses dann zu erledigen habe, wie es sich der Kunde der
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Beklagten zu 2. vorstelle. Die Beklagte zu 1. habe keinerlei eigen akquirierte Kunden und trete am Markt nicht auf. Die Beklagte zu 2. stelle die Maschinen zur Verfügung, an denen ausschließlich ihre Produkte hergestellt würden. Die Beklagte zu 1. sei daher nicht in der Lage, eigenständige Entscheidungen zu treffen. Sie habe lediglich den Ein-satz der Arbeitnehmer vor Ort geregelt, der aber maßgeblich von den Vorgaben der Beklagten zu 2. abhänge. Letztlich sei die Beklagte zu 1. anzusehen, als wäre sie ein leitender Angestellter der Beklagten zu 2. mit entsprechender Personalverantwortung. Unzutreffend gehe das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil daher von einem unechten Betriebsführungsvertrag aus. Dass die Arbeitnehmer Anweisungen ihres „Kapo“ bekämen sei unstreitig, dies mache diesen jedoch nicht zu einem eigenen Arbeitgeber. Die Ausübung des Direktionsrechts durch Vorgesetzte der Beklagten zu 1. könne unmöglich entscheidend für die Frage des Vorliegens eines Betriebsüberganges sein, zumal sich diese auf die Beklagte zu 2. und deren Bedürfnisse beriefen, wenn es um den Einsatz der Arbeitnehmer gehe. Wenn das Arbeitsgericht von Rechtssicherheit spreche, genüge die Ausübung des Direktionsrecht gerade nicht, um einen Betriebsübergang anzunehmen. Im Gegenteil, es sei keine Rechtssicherheit gegeben, solange der „Betriebsübernehmer“ nicht am Markt auftrete, keinerlei eigenwirtschaftlichen Nutzen verfolge, keine Betriebsmittel übernehme, lediglich Kunden des Veräußerers bediene, dessen Arbeitskleidung getragen werde und der Personalleiter für beide zuständig sei. Wenn die wichtigen Entscheidungen, wann welches Auftragsvolumen zu bearbeiten sei und ob dies mit der eigenen Mannschaft oder Leiharbeitnehmern geschehe, wie hier im Ermessen des Veräußerers lägen, sei kein Betriebsübergang gegeben. Dem Feststellungs- und dem Weiterbeschäftigungsantrag gegen die Beklagte zu 2. sei daher stattzugeben.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgericht Stuttgart - Kammern Ludwigsburg - vom 17. Juli 2015 - 26 Ca 1810/14 - in Ziff. 3 abzuändern;
festzustellen, dass zwischen der Beklagten zu 2. und der Klägerin über den 31. März 2011 hinaus ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht;
die Beklagte zu 2. zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen arbeitsvertragsgemäß bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als gewerbliche Arbeitnehmerin weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte zu 2. beantragt,
die Berufung der Klägerin als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Beklagte zu 2. ist der Auffassung, die Berufung sei wegen entgegenstehender Rechtskraft unzulässig. Da die Beklagte zu 1. gegen das Sachurteil vom 17. Juli 2015 keine Berufung eingelegt habe, stehe rechtskräftig fest, dass deren Kündigung unwirksam sei und dass zum Zeitpunkt des Ausspruchs derselben zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. ein Arbeitsverhältnis bestan-den habe. Die Rechtskraft des Urteils stehe dem Ziel, das die Klägerin mit ihrer Berufung verfolge, entgegen, diese sei unzulässig geworden. Die Klägerin habe, obgleich andere prozessuale Mög-lichkeiten hätten gewählt werden können, eine unbedingte subjektive Klagehäufung gewählt. Dieser Weg führe schnell zu einer einheitlichen Entscheidung desselben Spruchkörpers, mindestens aber zu einem Unterliegen gegen eine der beiden Beklagten. Es sei zwingend vorgegeben, dass mit der Rechtskraft eines obsiegenden Urteils zu einer der Beklagten (hier der Beklagten zu 1.) nicht noch ein weiteres obsiegendes Urteil zu der anderen Beklagten (hier der Beklagten zu 2.) erzielt werden könne. Jede andere Bewertung führe zu widersprüchlichen Entscheidungen. Bei der subjektiven unbedingten Klagehäufung bestehe ein Feststellungsinteresse nur dann, wenn sich die Beklagten im Verhältnis zur Klägerin gegenteiliger Rechtspositionen berühmten. Falle diese Voraussetzung weg, wenn eine Beklagte, wie hier die Beklagte zu 1., ihre Rechtsposition aufgebe, könne die Klägerin nicht in demselben Rechtsstreit weiter ein Ziel verfolgen, das den in Rechtskraft erwachsenen bindenden Feststellungen unauflöslich widerspreche. Falsch sei, dass im arbeitsgerichtlichen Urteil offen geblieben sei, ob ein Betriebsübergang stattgefunden habe. Dieser sei nicht nur Prozessstoff, sondern juristisch zwingende Voraussetzung
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der Arbeitgeberstellung der Beklagten zu 1. Soweit die Klägerin unter Berufung auf § 12 KSchG ausführe, dass zwei wirksame Abeitsverhältnisse bestehen könnten, übersehe sie, dass es hier um dasselbe Arbeitsverhältnis gehe, bei dem nur die Beklagte zu 1. oder die Beklagte zu 2. Arbeitgeberin sein könne, nicht aber beide gleichzeitig. Jedenfalls aber sei die Berufung der Klägerin aus diesen Erwägungen rechtsmissbräuchlich und unbegründet. Unbegründet sei die Berufung ferner, weil das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt habe, dass der Betrieb zum 1. April 2011 durch Betriebsübergang von der Beklagten zu 2. auf die Beklagte zu 1. übergegangen sei. Es stelle zutreffend auf die Kriterien der Rechtsprechung ab und komme in Anwendung derselben zu dem richtigen Ergebnis. Zutreffend habe das Arbeitsgericht festgestellt, dass die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität zum 1. April 2011 durch Rechtsgeschäft von der Beklagten zu 2. auf die Beklagte zu 1. übertragen worden sei, und habe als entscheidendes Kriterium für den Betriebsübergang die tatsächliche Weiterführung der Geschäftstätigkeit genannt. Zu Recht habe das Arbeitsgericht für die Erlangung der Organisations- und Leitungsmacht auf die Ausübung des arbeitsgeberseitigen Weisungsrechts neben der tatsächlichen Nutzung des betrieblichen Funktionszusammenhangs abgestellt und dies mit dem Erfordernis der Rechtssicherheit begründet. Zutreffend habe es die mit Schriftsatz vom 3. Juni 2015 dargelegten Tatsachen (Abrechnung und Zahlung der Arbeitsentgelte durch die Beklagte zu 1. im eigenen Namen, Schreiben der Beklagten zu 1. an den Betriebsrat, Auftreten der Beklagten zu 1. gegenüber der Einigungsstelle als Arbeitgeber und dortige Anerkennung als Arbeitgeber durch den Betriebsrat, Auftreten gegenüber Behörden als Arbeitgeber) bewertet. Zu Recht habe das Arbeitsgericht angenommen, dass bei der Beklagten zu 2. kein betrieblicher Bereich verblieben sei. Die Behauptung der Klägerin, die Beklagte zu 1. sei nach außen nicht als eigener Rechts-träger aufgetreten sei daher ebenso falsch, wie die Behauptung, die Betriebsmittel seien bei der Beklagten zu 2. verblieben. Diese habe die Nutzungsbefugnis auf die Beklagte zu 1. übertragen. Zutreffend habe das Arbeitsgericht bewertet, dass die Beklagte zu 1. ab 1. April 2011 für sämtliche Abläufe (insb. den Vertrieb, den Auftragseingang und alle weiteren Abläufe in der Produktion und Verwaltung bis zum Zahlungseingang) verantwortlich gewesen sei. Zu Unrecht meine die Klägerin, der Personalleiter der Beklagten zu 1. sei zugleich auch Personalleiter der Beklagten zu 2. Die Be-klagte zu 2. habe kein Personal und beschäftige keinen Personalleiter. Soweit die Beklagte zu 1. die Urlaubsbewilligung an der Auftragslage ausgerichtet habe, sei dies sachgerecht. Dies mache den Auftraggeber nicht zum Arbeitgeber. Falsch sei die pauschale Behauptung, die Beklagte zu 1. sei „verlängerter Arm“ der Beklagten zu 2. gewesen. Nicht nachvollziehbar sei die weitere Behauptung, die Beklagte zu 1. sei „ein leitender Angestellter der Beklagten zu 2. mit entsprechender Personalverantwortung“
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gewesen. Die Klägerin formuliere Anforderungen an die Arbeitgeberstellung, die kein Konzernunternehmen erfüllen würde und für die es in der Rechtsordnung keine Anknüpfung gebe. Auch in Konzernen seien die Geschäftsführungen der abhängigen Gesellschaften nicht vollständig frei in ihren Entscheidungen, sondern an Weisungen ihrer Gesellschafter gebunden, und könnten wirtschaftlich vollständig abhängig sein. Unklar sei, was die Klägerin mit der Bezeichnung „Kapo“ meine. Weisungen hätten die Arbeitnehmer von der Geschäftsführung der Komplementärin der Beklagten zu 1. und von deren Führungskräften erhalten. Die pauschale Behauptung, dass Vertreter der Beklagten zu 1. Erklärungen im Namen der Beklagten zu 2. abgegeben hätten, sie völlig unsubstantiiert und durch Tatsachen widerlegt. Insbesondere werde auf den Schriftsatz vom 3. Juni 2015 Bezug genommen, der das Arbeitsgericht veranlasst habe, den vorliegenden Fall anders zu entscheiden als die parallel gelagerten, am 8. Mai 2015 entschiedenen Fälle. Abgesehen davon könne auch infolge der Nichtausübung des Widerspruchsrechts des § 613 a Abs. 6 BGB und infolge von Verwirkung nicht vom Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2. ausgegangen werden. Die Klage gegen die Beklagte zu 2. sei rechtsmissbräuchlich, ihre Rechtsverteidigung sei durch Zeitablauf nach mehr als vier Jahren beeinträchtigt. In allen gesetz-lich geregelten und von der Rechtsprechung bisher zu beantwortenden Fällen sei ein auf die Fest-stellung oder Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses gerichteter Antrag aus Gründen der Rechtssicherheit nur innerhalb von wenigen Wochen oder Monaten zulässig (näher dazu vgl. S. 7 f. der Berufungsbeantwortung). All diesen Wertungen widerspräche es, wenn die Klägerin vier Jahre nach Kenntnis von dem Übertragungsvorgang durch umfassende Unterrichtung und außerdem vier Monate nach einer isolierten Kündigungsschutzklage gegen die Beklagte zu 1. erstmals noch die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten zu 2. geltend machen könne. Die Klägerin habe dem Betriebsübergang nicht innerhalb der Monatsfrist des § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB widersprochen. Die Bestimmung sei bereits unmittelbar anwendbar. Die Unterrichtungspflicht sei subjek-tiv determiniert nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und des Erwerbers. Gingen diese über-einstimmend von einem Betriebsübergang aus, seien sie zur Unterrichtung verpflichtet, unabhängig davon ob der Arbeitnehmer die rechtliche Bewertung teile. Die Unterrichtungspflicht bestehe in Zweifelsfällen zum Schutz der Arbeitnehmerinteressen, um diesen das Wahlrecht zu eröffnen. Damit werde auch in solch einem Falle wie hier die Frist ausgelöst. Das Fortsetzungsverlangen des Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Arbeitgeber könne der Arbeitnehmer auch hier unkompliziert innerhalb eines Monats zum Ausdruck bringen. Sowohl aus Gründen der Rechtssicherheit als auch nach dem Regelungszweck sei dieses Ergebnis geboten. Zumindest aber sei § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB analog anzuwenden, jedenfalls aber als Zeitmo-
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ment im Rahmen der Verwirkung des Klagerechts (Prozessverwirkung) und des materiellen Rechts zur Feststellung eines Arbeitsverhältnisses. Auch das Umstandsmoment sei gegeben. Die Beklagte zu 2. habe nicht mehr damit rechnen müssen, wieder als Arbeitgeberin betrachtet zu werden, ein Vertrauenstatbestand sei gegeben. Die Klägerin habe seit dem 1. April 2011 bis April 2015 durchgängig und ausschließlich Interesse an einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1. gezeigt. Trotz umfassender Unterrichtung über den Betriebsübergang habe sie nicht widersprochen, sondern ihr Wahlrecht zugunsten eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 1. ausgeübt und dort über Jahre weitergearbeitet. Auch bei keiner anderen Gelegenheit habe sie zum Ausdruck gebracht, das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2. fortsetzen zu wollen. Spätestens die Betriebsratswahl im Jahr 2014 habe dazu eine anschauliche Gelegenheit geboten, wie das der Klägerin bekannte Wahlausschreiben der Beklagten zu 1. zeige (vgl. Anlage der Beklagten zu 2.). Auch habe sich die Klägerin mit keinem einzigen arbeitsvertraglichen Anliegen an die Beklagte zu 2. gewandt. Die Klägervertreterin lasse unkommentiert, dass der von ihrer Sozietät über mehrere Jahre beratene Betriebsrat in Beschluss- und Einigungsstellenverfahren stets die Beklagte zu 1. als Arbeitgeberin angesprochen habe. Es liege daher eine Prozessverwirkung vor, erst recht nachdem die Klägerin ihr Klageziel gegenüber der Beklagten zu 1. erreicht habe. Durch die verspätete Durchsetzung des Rechts entstünden der Beklagten zu 2. unzumutbare Nachteile. Bei einer früheren Geltendmachung wären ihr die zeit- und kostenaufwändigen gerichtlichen Auseinandersetzungen erspart geblieben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Protokolle der Termine zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Berufung der Klägerin gegen die Beklagte zu 2. ist begründet. Dies gilt sowohl, soweit sie mit ihrer Berufung die Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses zwischen ihr und der Beklagten zu 2. begehrt, als auch, soweit sie damit deren Verurteilung zu ihrer Weiterbeschäftigung verlangt.
1. Die Berufung der Klägerin gegen die Beklagte zu 2. ist zulässig, insbesondere ist sie gemäß § 64 Abs. 2 Buchst. b und c ArbGG statthaft und wurde gemäß §§ 66 Abs. 1 Sätze 1 und 5, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519 Abs. 1 und 2, 520 Abs. 1 und 3 ZPO frist- und formgerecht eingelegt und begründet. Soweit die Beklagte zu 2. die Zulässigkeit der Berufung in Anbetracht des - im Hinblick auf die Beklagte zu 1. - rechtskräftigen erstinstanzlichen Urteils in Abrede stellt, kann dem nicht gefolgt werden. Eine etwaige entgegenstehende Rechtskraft stünde einer Zulässigkeit der Klaganträge der Klägerin entgegen, nicht aber der Zulässigkeit ihrer Berufung. Die Klägerin ist durch das - im Hinblick auf die Beklagte zu 2. - klagabweisende erstinstanzliche Urteil fraglos beschwert, ihre Berufung kann mithin mit dieser Argumentation nicht in Frage gestellt werden.
2. Die Berufung der Klägerin gegen die Beklagte zu 2. ist auch begründet. Sowohl ihr Feststellungsantrag, mit dem sie die Feststellung begehrt, dass zwischen ihr und der Beklagten zu 2. über den 31. März 2011 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht, als auch ihr Weiterbeschäftigungsantrag, mit dem sie die Verurteilung der Beklagten zu 2. erstrebt, sie zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als gewerbliche Arbeitnehmerin weiter zu beschäftigen, ist zulässig und auch in der Sache begründet.
a) Der allgemeine Feststellungsantrag der Klägerin gemäß § 256 Abs. 1 ZPO, wonach festgestellt werden soll, dass zwischen ihr und der Beklagten zu 2. über den 31. März 2011 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht, ist zulässig und begründet.
aa) Dieser Antrag - dies sei zunächst angemerkt - ist so zu verstehen, dass damit die Feststellung begehrt wird, dass zwischen ihr und der Beklagten zu 2. über den 31. März 2011 hinaus im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz, dh. in der Berufungsinstanz, ein Arbeitsverhältnis besteht. Anders als in den Fällen, in denen die Beklagte zu 2. gegen arbeitsgerichtliche Urteile vom 8. Mai 2015 Berufung einlegte (vgl. dazu etwa LAG Baden-Württemberg
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26. Februar 2015 - 17 Sa 58/15), ist der Antrag hier nicht zeitlich beschränkt - auf einen Bestand des Arbeitsverhältnisses über den 31. März 2011 hinaus bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz - zu verstehen. Hier stellt sich die Frage nicht, ob der Vortrag der Klägerin als Anschlussberufung zu bewerten ist, sie ist selbst Berufungsführerin. Auch existiert vorliegend keine vorsorgliche Kündigung der Beklagten zu 2., bezüglich der ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht anhängig wäre. Ein zeitlich beschränktes Antragsverständnis wäre demgemäß nicht sachgerecht.
bb) Der in diesem Sinne zu verstehende Feststellungsantrag der Klägerin iSv. § 256 Abs. 1 ZPO genügt den Anforderungen an die Zulässigkeit. Insbesondere ist er nicht wegen entgegenstehender Rechtskraft, Prozessverwirkung oder fehlendem Feststellungsinteresse unzulässig.
aaa) Das Feststellungsbegehren der Klägerin ist nicht wegen entgegenstehender Rechtskraft iSd. § 322 Abs. 1 ZPO unzulässig. Eine solche ergibt sich nicht aus dem - in Bezug auf die Beklagte zu 1. - rechtskräftigen Sachurteil des Arbeitsgerichts, mit dem festgestellt wurde, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten zu 1. durch die Kündigung der Beklagten zu 1. vom 28. Oktober 2014 nicht beendet wurde. Zu den am 8. Mai 2015 entschiedenen Parallelfällen, in denen die Beklagte zu 1. in den Berufungsverfahren die Kündigungsschutzanträge der dortigen Kläger anerkannt hat, worauf jeweils Teilanerkenntnisurteil erging, hat das Gericht in den Zwangsvollstreckungsbeschlüssen bereits das Folgende ausgeführt (vgl. etwa LAG Baden-Württemberg 9. November 2015 - 18 Ta 18/15):
„Entgegen der Auffassung der Beklagten Ziff. 2 steht mit dem Anerkenntnis der Beklagten Ziff. 1, auch wenn dieses in Rechtskraft erwachsen sollte, nicht fest, dass die Klage gegenüber der Beklagten Ziff. 2 zwangsläufig unzulässig (…) ist. Richtig ist zwar, dass bei materieller Prüfung der Klage entweder die Anträge gegen die Beklagte Ziff. 1 oder aber diejenigen gegen die Beklagte Ziff. 2 abzuweisen wären. Da bei einem Anerkenntnis aber gerade keine Schlüssigkeits- und Begründetheitsprüfung stattfindet, sondern bei zulässigen Anträgen ohne weitere Prüfung dem Anerkenntnis gemäß verurteilt wird, besteht in diesem Fall gerade kein Ausschlussverhältnis. Erwiese sich die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts, dass das Arbeitsverhältnis nicht auf die Beklagte Ziff. 1 übergegangen, sondern bei der Beklagten Ziff. 2 verblieben ist, als zutreffend, wäre das Landesarbeitsgericht nicht gehindert, das arbeitsgerichtliche Urteil insoweit zu bestätigen. Soweit das zu erlassende An-erkenntnisurteil in Rechtskraft erwachsen sollte, wirkt diese nur inter partes im
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Verhältnis zwischen Kläger und Beklagter Ziff. 1. Die von der Beklagten Ziff. 2 angenommene Präklusion besteht nicht.“
In den die Fälle vom 8. Mai 2015 betreffenden Berufungsurteilen hat die Kammer weiter ausgeführt (vgl. etwa LAG Baden-Württemberg 26. Februar 2015 - 17 Sa 58/15):
„An dieser Auffassung hält die Kammer fest. In Ergänzung dieser Begründung ist darauf hinzuweisen, dass, wenn in Betriebsübergangsfällen der (vermeintliche) Betriebsveräußerer und der (vermeintliche) Betriebserwerber in einem Verfahren verklagt werden - wie es hier der Fall war -, diese lediglich einfache Streitgenossen iSd. §§ 59, 60 ZPO und nicht etwa notwendige Streitgenossen iSd. § 62 ZPO sind (vgl. BAG 22. August 2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 37; 24. Juni 2004 - 2 AZR 215/03 - Rn. 26; 25. April 1996 - 5 AS 1/96 - Rn. 31). Eine notwendige Streitgenossenschaft entsteht nämlich nicht allein dadurch, dass in verschiedenen Rechtsstreitigkeiten bzw. in verschiedenen Prozessrechtsverhältnissen in einem Verfahren dieselbe (Vor-)Frage von Bedeutung ist, wie etwa die Frage, ob ein Betriebsübergang vorgelegen hat (vgl. BAG 22. August 2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 37). Liegt demgemäß eine einfache Streitgenossenschaft vor, wurden die gegen die beiden Beklag-ten gerichteten Klagen lediglich aus Gründen der prozessualen Zweckmäßigkeit in einem einheitlichen Verfahren zusammengefasst, in welchem jedoch die Entscheidung - aus prozessualen Gründen - gegen den einen Streitgenossen anders lauten kann als diejenige gegen den anderen Streitgenossen (vgl. BAG 25. April 1996 - 5 AS 1/96 - Rn. 31). Eine Rechtskrafterstreckung bei einfacher Streitgenossenschaft, wie sie hier zwischen den Beklagten zu 1. und zu 2. vorlag, erfolgt nicht. Allein dass aus Gründen der Logik eine einheitliche Entscheidung wünschenswert wäre, genügt nicht für die Annahme einer Rechtskrafterstreckung. Lediglich angemerkt sei, dass es die Beklagten selbst in der Hand gehabt hätten, eine Feststellung von Arbeitsverhältnissen mit beiden Beklagten im Falle des Nichtvorliegens eines Betriebsüberganges zu vermeiden. Hätte die Beklagte zu 1. den gegen sie gerichteten punktuellen Kündigungsschutzantrag nicht anerkannt, wäre dieser - wie bereits vom Arbeitsgericht zutreffend erkannt und begründet - abzuweisen gewesen. Da eine subjektiv bedingte Klagehäufung unzulässig ist und eine alternative Antragstellung durch den Kläger, wie sie die Beklagte zu 2. als zweckmäßig erachtet (negative Feststellungsklage gegen die Beklagte zu 1., dass mit ihr kein Arbeitsverhältnis bestehe, hilfsweise punktuelle Kündigungsschutzklage gegen die Beklagte zu 1. sowie Klage auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2.; vgl. HaKo-
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Mestwerdt/Wemheuer 5. Aufl. § 613a BGB Rn. 212), ihrerseits mit erheblichen Risiken für den Kläger verbunden ist, wie das Bundesarbeitsgericht jüngst aufgezeigt hat (vgl. BAG 24. September 2015 - 2 AZR 562/14 - Rn. 21), ist es nachvollziehbar, dass der Kläger den Weg einer unbedingten subjektiven Klagehäufung, wie sie hier vorlag, beschritten hat. Das Ergebnis der Feststellung von Arbeitsverhältnissen mit beiden Beklagten im Falle des Nichtvorliegens eines Betriebsüberganges ist daher nicht einer nicht nachvollziehbaren Antragstellung des Klägers, sondern der Prozesstaktik der Beklagten geschuldet.“
Diese ergänzende Begründung macht deutlich, dass insoweit nicht zwischen Teilanerkenntnisurteil und Sachurteil unterschieden werden kann. Auch bei einem Sachurteil kann aus den genannten Gründen - bei der hier vorliegenden einfachen Streitgenossenschaft - keine Rechtskrafterstreckung angenommen werden. Auch hier sei angemerkt, dass es die Beklagten selbst in der Hand gehabt hätten, eine Feststellung von Arbeitsverhältnissen mit beiden Beklagten im Falle des Nichtvorliegens eines Betriebsüberganges zu vermeiden. Hätte die Beklagte zu 1. Berufung gegen das arbeitsgerichtliche Urteil eingelegt, wären die gegen sie gerichteten Anträge vom Berufungsgericht mangels Bestehens eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 1. im Zeitpunkt ihrer Kündigung abzuweisen gewesen.
bbb) Der Feststellungantrag der Klägerin ist entgegen der Auffassung der Beklagten zu 2. nicht wegen Prozessverwirkung unzulässig.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann das Recht, eine Klage zu er-heben, verwirkt werden mit der Folge, dass eine dennoch erhobene Klage unzulässig ist. Dies kommt jedoch nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht. Das Klagerecht soll ausnahmsweise verwirken können, wenn der Anspruchsteller die Klage erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums erhebt und zusätzlich ein Vertrauenstatbestand beim Anspruchsgegner geschaffen worden ist, dass er gerichtlich nicht mehr belangt werde. Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an der sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem Gegner die Einlassung auf die nicht innerhalb angemessener Frist erhobene Klage nicht mehr zumutbar ist. Durch die Annahme einer prozessualen Verwirkung darf der Weg zu den Gerichten nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigenden Weise erschwert werden. Dies ist im Zusammenhang mit den an das Zeit- und Umstandsmoment zu stellenden Anforderungen zu berücksichtigen (vgl. etwa BAG 20. April 2011 - 4 AZR 368/09 - Rn. 23; 10. Oktober 2007 - 7 AZR 448/06 - Rn. 17).
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(2) Die Voraussetzungen einer Prozessverwirkung liegen im Streitfall nicht vor. Der Beklagten zu 2. ist die Einlassung auf das Klagebegehren der Klägerin nicht unzumutbar. Dabei kann dahinstehen, ob das Recht, sich auf den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zu berufen, in Gestalt einer Prozessverwirkung überhaupt verwirken kann (offenlassend bzgl. der materiell-rechtlichen Verwirkung BAG 13. August 2008 - 7 AZR 269/07 - Rn. 36 mwN) und ob das Zeitmoment erfüllt ist, nachdem die Klägerin das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2. erstmals vier Jahre nach dem behaupteten Betriebsübergang auf die Beklagte zu 1. geltend gemacht hat. Jedenfalls fehlt es an dem für eine Prozessverwirkung erforderlichen Umstandsmoment. Ein Verhalten der Klägerin, aus dem die Beklagte zu 2. ein berechtigtes Vertrauen hätte ableiten können, diese sei in Kenntnis eines ihr zustehenden Rechts untätig geblieben, ist nicht ersichtlich. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin bekannt war, dass in Wirklichkeit zum 1. April 2011 kein Betriebsübergang stattgefunden hat und sie in Kenntnis dessen untätig geblieben ist. Sie durfte vielmehr - infolge der Unterrichtung nach § 613 a Abs. 5 BGB durch die Beklagte zu 2. - gerade davon ausgehen, dass ein solcher erfolgt ist. Dabei war sie nicht verpflichtet, das Unterrichtungs-schreiben auf seine sachliche Richtigkeit zu überprüfen und die Beklagte zu 2. auf deren möglich-erweise fehlerhafte Rechtsauffassung hinzuweisen. Sie konnte vielmehr davon ausgehen, dass die Beklagte zu 2. sie entsprechend ihrer gesetzlichen Verpflichtung nach § 613 a Abs. 5 BGB zutreffend unterrichtet hat. Allein aus der widerspruchsfreien Vertragsdurchführung in der Folgezeit, etwa durch ihre Weiterarbeit bei der Beklagten zu 1. oder bspw. durch eine etwaige Teilnahme an der Betriebsratswahl bei der Beklagten zu 1. im Jahr 2014, kann ein Umstandsmoment nicht hergeleitet werden. Die Klägerin hat letztlich nur nachvollzogen, was ihr in dem Unterrichtungsschreiben anlässlich des behaupteten Betriebsübergangs von der Beklagten zu 2. als bestehende Rechtslage mitgeteilt wurde. Es fehlt an einer besonderen vertrauensbegründenden Verhaltensweise der Klägerin, mit der sie gegenüber der Beklagten zu 2. den Anschein hätte erwecken können, sie werde sich auf den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses mit ihr nicht mehr berufen (vgl. dazu BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 3/10 - Rn. 32). Die Beklagte zu 2. musste damit rechnen im Falle der Liquidation der Beklagten zu 1. und im Falle von darauf gestützten Kündigungen, von den Gekündigten als Arbeitgeber in Anspruch genommen zu werden, zumal das Vorliegen eines Betriebsüberganges bereits im Jahr 2012 in einem vergleichsweise beigelegten Rechtsstreit vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 6 Sa 31/12 - thematisiert wurde. Auch wenn der Vor-sitzende der 6. Kammer damals darauf hingewiesen haben mag, dass von einem Betriebsübergang auf die Beklagte zu 1. auszugehen sei, musste die Beklagte zu 2. damit rechnen, dass gekündigte Arbeitnehmer eine andere Rechtsauffassung vertreten und diese einer
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gerichtlichen Klärung zuführen, nachdem der Übertragungsvorgang - so ihr eigener Vortrag in den Parallelverfahren - „möglicherweise ein Grenzfall“ ist. Soweit die Beklagte zu 2. anführt, sie habe die tatsächliche Handhabung des Betriebsführungsvertrages über mehrere Jahre nicht im Einzelnen dokumentiert, wie dies nahe gelegen hätte, wäre dieser von Anfang an streitig gewesen, so dass ihre Rechtsverteidigung beeinträchtigt sei, ist dies bereits deshalb unerheblich, weil die Klägerin - wie dargelegt - keine besondere vertrauensbegründende Verhaltensweise an den Tag gelegt hat. Im Übrigen kommt zum einen hinzu, dass die tatsächliche Handhabung des Betriebsführungsvertrages weitestgehend unstreitig ist, so dass in einer etwaig fehlenden Dokumentation keine Beeinträchtigung der Rechtsverteidigung liegen kann. Abgesehen davon geht das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass Beweisschwierigkeiten, denen der Verpflichtete deshalb ausgesetzt ist, weil der Gläubiger seine Rechte erst nach längerer Zeit geltend macht, den Einwand der Prozessverwirkung grundsätzlich nicht rechtfertigen (vgl. BAG 10. Oktober 2007 - 7 AZR 448/06 - Rn. 19). Soweit die Beklagte zu 2. darauf hinweist, dass sie Dispositionen getroffen habe, indem sie weitere Gesellschaf-ten mit der Lohnfertigung und Dienstleistungen beauftragt habe, ist auch dies schon deswegen irrelevant, da die Klägerin keine besondere vertrauensbegründende Verhaltensweise gezeigt hat, die Auslöser hierfür gewesen sein könnte. Soweit die Beklagte zu 2. schließlich anmerkt, die Klägerin habe unproblematisch im Jahr 2011 einem Betriebsübergang widersprechen können, wenn sie das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2. habe fortsetzen wollen, ist darauf hinzuweisen, dass ihr dann bereits damals die Kündigung gedroht hätte. Schon in § 3 Ziff. 5 des Interessenausgleichs vom 28. Oktober 2010 heißt es, dass bei einem Widerspruch damit gerechnet werden muss, dass der Arbeitsplatz gefährdet ist. Der einzig widersprechende Arbeitnehmer erhielt damals offenbar auch eine Kündigung. Veranlassung für die Klägerin, die Beklagte zu 2. in Anspruch zu nehmen, bestand erst nach der Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte zu 1., im Zuge des hiergegen angestrengten Kündigungsschutzprozesses hat sie dies getan.
ccc) Schließlich ist der Feststellungsantrag der Klägerin auch nicht mangels Feststellungsinteresses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO unzulässig. Da die Beklagte zu 2. das Bestehen eines Arbeitsverhältnis-ses mit ihr über den 31. März 2011 hinaus bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz in Abrede stellt, besteht ein Feststellungsinteresse. Soweit die Beklagte zu 2. den Antrag als „widersprüchlich“ und „rechtsmissbräuchlich“ bezeichnet und damit möglicherweise das Feststellungsinteresse (oder das Rechtsschutzbedürfnis) in Abrede stellen will, ist dies nicht plausibel. Dass das prozessuale Vorgehen der Klägerin nachvollziehbar erscheint, wurde bereits im Rahmen der Erörterungen zur Rechtskraft und zur Prozessverwirkung aufgezeigt.
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cc) Der Feststellungantrag der Klägerin ist auch in der Sache begründet. Antragsgemäß war fest-zustellen, dass zwischen ihr und der Beklagten zu 2. über den 31. März 2011 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht. Da sonstige Beendigungstatbestände nicht im Streit stehen, folgt dies daraus, dass das unstreitig bis zum 31. März 2011 mit der Beklagten zu 2. bestehende Arbeitsverhältnis nicht zum 1. April 2011 - oder zu einem späteren Zeitpunkt im streitgegenständlichen Zeitraum - von der Beklagten zu 2. auf die Beklagte zu 1. im Wege eines Betriebsüberganges nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB übergegangen ist. Die Voraussetzungen für einen Betriebsübergang sind nicht gegeben, das Arbeitsverhältnis verblieb bei der Beklagten zu 2. Die Berufung der Klägerin auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2. ist materiell-rechtlich weder verfristet noch verwirkt mit der Folge, dass ihr Feststellungsantrag begründet ist.
aaa) Die Voraussetzungen für einen Betriebsübergang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB sind nicht gegeben, das Arbeitsverhältnis der Klägerin verblieb über den 31. März 2011 hinaus bis zum Zeit-punkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz bei der Beklagten zu 2, es ging nicht auf die Beklagte zu 1. über. Denn es fehlt bereits an einem für einen Betriebsübergang zwingend erforderlichen Betriebsinhaberwechsel. Ob die übrigen Voraussetzungen für einen Betriebsübergang gegeben sind, bedarf angesichts dessen keiner Erörterung.
(1) Ein Betriebsübergang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB und im Sinne der Richtlinie 2001/23/EG liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger eine bestehende wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt (vgl. EuGH 6. März 2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 30 mwN; BAG 22. Januar 2015 - 8 AZR 139/14 - Rn. 13). Dabei muss es um eine auf Dauer angelegte Einheit gehen, deren Tätigkeit nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränkt ist. Um eine solche Einheit handelt es sich bei jeder hinreichend strukturierten und selbständigen Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck (vgl. EuGH 6. März 2014 - C-458/12 - Amatori ua.] Rn. 31 f. mwN; BAG 22. Januar 2015 - 8 AZR 139/14 - Rn. 14). Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgebenden Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (vgl. EuGH 15. Dezember 2005 - C-232/04 und C-233/04 - [Güney-Görres und Demir] Rn. 35; BAG 22. Januar 2015 - 8 AZR 139/14 - Rn. 15). Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der
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Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten. Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden (vgl. EuGH 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 34; BAG 22. Januar 2015 - 8 AZR 139/14 - Rn. 15).
(2) Kommt es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an, kann eine strukturierte Gesamtheit von Arbeitnehmern trotz des Fehlens nennenswerter materieller oder immaterieller Vermögenswerte eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Wenn eine Einheit ohne nennenswerte Vermögenswerte funktioniert, kann die Wahrung ihrer Identität nach ihrer Übernahme nicht von der Übernahme derartiger Vermögenswerte abhängen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt (vgl. EuGH 6. September 2011 - C-108/10 - [Scattolon] Rn. 49; BAG 22. Januar 2015 - 8 AZR 139/14 - Rn. 16). Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen an-deren (Funktionsnachfolge) ebenso wenig einen Betriebsübergang dar wie die reine Auftragsnach-folge (vgl. EuGH 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 36 und 415; BAG 22. Januar 2015 - 8 AZR 139/14 - Rn. 18). Eine wirtschaftliche Einheit darf nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden (vgl. EuGH 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 41, BAG 22. August 2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 41). Kommt es im Wesentlichen auf die Betriebsmittel wie etwa das Inventar an, dann kann ein Übergang einer ihre Identität bewahrenden Einheit auch ohne Übernahme von Personal vorliegen (vgl. EuGH 20. November 2003 - C-340/01 - [Abler ua.] Rn. 37; BAG 22. Januar 2015 - 8 AZR 139/14 - Rn. 17). Ohne Bedeutung ist, ob das Eigentum an den eingesetzten Betriebsmitteln über-tragen worden ist (vgl. EuGH 20. November 2003 - C-340/01 - [Abler ua.] Rn. 41; BAG 22. Januar 2015 - 8 AZR 139/14 - Rn. 17).
(3) Wesentliche Änderungen in der Organisation, der Struktur oder im Konzept der betrieblichen Tätigkeit können einer Wahrung der Identität entgegenstehen. So spricht eine Änderung des Betriebszwecks gegen eine im Wesentlichen unveränderte Fortführung des Betriebes und damit ge-gen die für einen Betriebsübergang erforderliche Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit (vgl. BAG 23. Mai 2013 - 8 AZR 207/12 - Rn. 24; 22. August 2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 43). Ein Betriebsübergang scheidet auch aus, wenn die funktionelle Verknüpfung der Wechselbeziehung und gegenseitigen Ergänzung zwischen den Produktionsfaktoren beim anderen Unterneh-
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mer verloren geht. Bei einer Eingliederung der übertragenen Einheit in die Struktur des Erwerbers fällt der Zusammenhang dieser funktionellen Verknüpfung der Wechselbeziehung und gegenseitigen Ergänzung zwischen den für einen Betriebsübergang maßgeblichen Faktoren nicht zwangsläufig weg. Die Beibehaltung der „organisatorischen Selbstständigkeit“ ist nicht erforderlich, wohl aber die Beibehaltung des Funktions- und Zweckzusammenhangs zwischen den verschiedenen übertragenen Faktoren, der es dem Erwerber erlaubt, diese Faktoren, auch wenn sie in eine andere Organisationsstruktur eingegliedert werden, zur Verfolgung einer bestimmten wirtschaftlichen Tätigkeit zu nutzen (vgl. EuGH 12. Februar 2009 - C-466/07 - [Klarenberg] - Rn. 48; BAG 22. August 2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 44)
(4) Der Betriebsübergang tritt mit dem Wechsel in der Person des Inhabers des Betriebs ein. Der bisherige Betriebsinhaber muss seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb einstellen, der Übernehmer muss die Geschäftstätigkeit tatsächlich weiterführen oder wieder aufnehmen (vgl. BAG 27. September 2012 - 8 AZR 826/11 - Rn. 21; 31. Januar 2008 - 8 AZR 2/07 - Rn. 28). Entscheidendes Kriterium für den Betriebsübergang ist die tatsächliche Weiterführung oder Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit. Einer besonderen Übertragung einer irgendwie gearteten Leitungsmacht bedarf es wegen des Merkmals der Fortführung des Betriebs nicht (vgl. BAG 27. September 2012 - 8 AZR 826/11 - Rn. 21; 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11 - Rn. 27). Allerdings tritt der Wechsel der Inhaberschaft nicht ein, wenn der neue „Inhaber” den Betrieb gar nicht führt (vgl. BAG 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11 - Rn. 27). Maßgeblich ist die Weiterführung der Geschäftstätigkeit durch diejenige Person, die nunmehr für den Betrieb als Inhaber „verantwortlich“ ist (vgl. BAG 27. September 2012 - 8 AZR 826/11 - Rn. 21; 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11 - Rn. 27; 31. Januar 2008 - 8 AZR 2/07 - Rn. 28). Verantwortlich ist die Person, die den Betrieb im eigenen Namen führt und nach außen als Betriebsinhaber auftritt (vgl. BAG 27. September 2012 - 8 AZR 826/11 - Rn. 21; 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11 - Rn. 27, 49; 31. Januar 2008 - 8 AZR 2/07 - Rn. 28) . Es kommt nicht allein darauf an, wer im Verhältnis zur Belegschaft als Inhaber auftritt, sondern auf die umfassende Nutzung des Betriebs nach außen (vgl. BAG 27. September 2012 - 8 AZR 826/11 - Rn. 21; 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11 - Rn. 27, 49; 31. Januar 2008 - 8 AZR 2/07 - Rn. 28; 13. Dezember 2007 - 8 AZR 1107/06 - Rn. 24; 20. März 2003 - 8 AZR 312/02 - Rn. 43). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH, wonach der Zeitpunkt des Übergangs dem Zeitpunkt entspricht, zu dem die Inhaberschaft, mit der die Verantwortung für den Betrieb der übertragenen Einheit verbunden ist, vom Veräußerer auf den Erwerber übergeht und dieser den Betrieb fortführt (vgl. EuGH 26. Mai 2005 - C-478/03 - [Celtec] Rn. 36). Nicht erforderlich ist es dabei, dass der neue Inhaber den Betrieb auf eigene Rechnung führt. Unschädlich ist es daher,
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wenn der Gewinn an einen anderen abgeführt wird (vgl. BAG 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11 - Rn. 27; 13. Dezember 2007 - 8 AZR 1107/06 - Rn. 24). Einem Betriebsinhaberwechsel steht es auch nicht entgegen, wenn der Erwerber im Innenverhältnis Bindungen unterliegt oder zur Veräußerung der Betriebsmittel im eigenen Namen nicht befugt ist. Entscheidend ist vielmehr, dass er im Außenverhältnis als Vollrechtsinhaber auftritt und die Verfügungsbefugnis über den betrieblichen Funktionszusammen-hang erlangt hat (vgl. BAG 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11 - Rn. 43).
(5) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der Betrieb der Beklagten zu 2. nicht zum 1. April 2011 gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte zu 1. übergegangen, weil kein Wechsel in der Person des Inhabers des Betriebs vorliegt. Die Beklagte zu 2. hat ihre Inhaberstellung damals nicht verloren, die Beklagte zu 1. ist nicht Betriebsinhaberin geworden. Dies folgt daraus, dass durch die Beklagte zu 1. gerade keine umfassende Nutzung des Betriebs nach außen erfolgt ist, sie nicht im Außenverhältnis als Vollrechtsinhaberin aufgetreten ist und sie nicht die Verfügungsbefugnis über den betrieblichen Funktionszusammenhang erlangt hat. Ob vorliegend noch andere Gründe einem Betriebsinhaberwechsel entgegenstehen, kann dahinstehen.
(a) Gemäß der Vereinbarung 2011 übernahm die Beklagte zu 1. ab dem 1. April 2011 die komplette Produktion der W.-Produkte in Lohnfertigung und war im Übrigen beauftragt, den Betrieb führen (vgl. Vorbemerkung und §§ 1, 6 Vereinbarung 2011). Die Lohnfertigung durch die Beklagte zu 1. umfasste gemäß § 1 Vereinbarung 2011 bei unentgeltlicher Überlassung der Betriebsmittel die Herstellung der Produkte nach den Vorgaben der Beklagten zu 2., wobei hierfür als Vergütung die Erstattung der Lohnkosten zuzüglich eines Aufschlages von 3 % auf die Bruttolohnsummen und die Erstattung von Sachkosten vorgesehen war. Die Warenbeschaffung für die Lohnfertigung bei Dritten durch die Beklagte zu 1. erfolgte gemäß § 4 Vereinbarung 2011 im Namen und auf Rechnung der Beklagten zu 2. In Lieferantenbeziehungen trat die Beklagte zu 1. demgemäß aus-schließlich im Namen der Beklagten zu 2. auf. Die Betriebsführung durch die Beklagte zu 1. um-fasste gemäß § 6 Vereinbarung 2011 bei unentgeltlicher Überlassung der Betriebsmittel (§ 9 Vereinbarung 2011) den gesamten Geschäftsbetrieb bzw. alle Geschäfte und Maßnahmen, die dem Betriebsablauf und dem gewerblichen Zweck des Betriebes dienen, insbesondere sämtliche in den Abteilungen Einkauf, Vertrieb, Marketing, Finanzbuchhaltung, Forschung und Entwicklung sowie Instandhaltung zu erledigenden Arbeiten nach den Vorgaben der Beklagten zu 1, wobei als Vergütung hierfür in § 9 Vereinbarung 2011 eine der Vergütung für die Lohnfertigung entsprechende Regelung getroffen war. Bei der Betriebsführung handelte die Beklagte zu 1. gemäß § 7 Vereinbarung 2011, sofern diese im Zusammenhang mit der Lohnfertigung und der Herstellung
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der W.-Produkte ausgeführt wurde, für welche die Beklagte zu 2. die Patentrechte und das Know-how besitzt, mit der ihr in dieser Regelung vertraglich eingeräumten Generalhandlungsvollmacht ausschließlich für Rechnung und im Namen der Beklagten zu 2. Ua. in Kundenbeziehungen trat die Beklagte zu 1. demgemäß ausschließlich im Namen der Beklagten zu 2. auf. Der Marktauftritt zum Vertrieb der W.-Produkte erfolgte dementsprechend weiterhin über die Internetseite der Beklagten zu 2. Bei der Email-Kommunikation nach außen versah das EDV-System die Emails der Mitarbeiter automatisch mit einer Signatur der Beklagten zu 2., geschäftliche Korrespondenz erfolgte auf dem Briefpapier der Beklagten zu 2. Zwar heißt es in § 8 Vereinbarung 2011, dass die Beklagte zu 1. die genannten Abteilungen eigenverantwortlich managt und verantwortlich für die gesamten Abläufe ab Auftragseingang bis zum Zahlungseingang ist, im weiteren Verlauf wird aber wiederholt, dass dabei die Vorgaben der Beklagten zu 2. zu beachten sind. Weiter heißt es in § 12 Vereinbarung 2011, dass im Hinblick auf die Betriebsführung die Beklagte zu 2. Richtlinien erlassen und Weisungen erteilen und insbesondere bestimmen kann, welche Arten von Geschäften der vorherigen Zustimmung bedürfen. Was die gewerblichen Schutzrechte anbelangt, regelt § 10 Vereinbarung 2011 - neben dem Umstand, dass die bisherigen gewerblichen Schutzrechte im ausschließlichen Eigentum der Beklagten zu 2. verbleiben -, dass neue Entwicklungen und Erfindungen von der Beklagten zu 2. unbeschränkt in Anspruch genommen und in deren Namen von der Beklagten zu 1. zum Schutzrecht angemeldet werden.
(b) Die vertragliche Ausgestaltung der Vereinbarung 2011 und die davon nicht abweichende tat-sächliche Handhabung derselben, die die Beklagte zu 2. in den Terminen zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer erster Instanz am 8. Mai 2015 in den Parallelfällen bestätigt hat, lässt deutlich werden, dass die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung für einen Betriebsinhaberwechsel geforderten Kriterien, nämlich die umfassende Nutzung des Betriebs nach außen, das Auftreten als Vollrechtsinhaber im Außenverhältnis und das Erlangen der Verfügungsbefugnis über den betrieblichen Funktionszusammenhang, bei der Beklagten zu 1. gerade nicht vorliegen.
(aa) Die Beklagte zu 1. ist im Außenverhältnis, insb. gegenüber Kunden und Lieferanten, nicht als Vollrechtsinhaberin, dh. im eigenen Namen, sondern als Generalbevollmächtigte im fremden Namen, nämlich demjenigen der Beklagten zu 2., aufgetreten. Die notwendige umfassende Nutzung des Betriebs nach außen liegt damit nicht vor. Dass die Beklagte zu 1. im Verhältnis zu ihren Arbeitnehmern im eigenen Namen als Betriebsinhaberin aufgetreten ist, genügt nicht. Es kommt, wie das Bundesarbeitsgericht wiederholt deutlich gemacht hat, gerade nicht allein darauf an, wer im Verhältnis zur Belegschaft als Inhaber auftritt, sondern auf die umfassende Nutzung des Be-
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triebs nach außen (vgl. BAG 27. September 2012 - 8 AZR 826/11 - Rn. 21; 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11 - Rn. 27, 49; 31. Januar 2008 - 8 AZR 2/07 - Rn. 28; 13. Dezember 2007 - 8 AZR 1107/06 - Rn. 24; 20. März 2003 - 8 AZR 312/02 - Rn. 43).
(bb) Die Beklagte zu 1. hat nicht die Verfügungsbefugnis über den betrieblichen Funktionszusammenhang erlangt. Die Betriebsführung durch die Beklagte zu 1. hatte, wie die §§ 6, 8 Vereinbarung 2011 zeigen, nach den Vorgaben der Beklagten zu 2. zu erfolgen, nach § 12 Vereinbarung 2011 war es der Beklagten zu 2. gestattet, diesbezüglich - einseitig und ohne jede Einschränkung - Richtlinien zu erlassen und Weisungen zu erteilen. Die vertragliche Regelung belässt dadurch „die Zügel“ unzweideutig in der Hand der Beklagten zu 2., sie kann die Betriebsführung der Beklagten zu 1. jederzeit in beliebigem Ausmaß einschränken und wieder an sich ziehen (vgl. dazu Ingenfeld Die Betriebsausgliederung aus der Sicht des Arbeitsrechts 1992 S. 227, der ausführt, dass die be-auftragende Gesellschaft Betriebsinhaberin bleibt, wenn sich die Betriebsführungsgesellschaft deren Weisungen unterordnet bzw. wenn die beauftragende Gesellschaft die Betriebsführung wieder an sich ziehen kann). Es kann vor diesem Hintergrund nicht davon gesprochen werden, dass die Beklagte zu 1. eine eigenständige betriebliche Leitungs- und Organisationsbefugnis bzw. Leitungsmacht - bezogen auf den betrieblichen Funktionszusammenhang - erlangt hat. Auch ist nicht nachvollziehbar, wie diese vertragliche Gestaltungsweise mit der vom Bundesarbeitsgericht formulierten Definition eines Betriebsinhaberwechsels, nach der der bisherige Betriebsinhaber seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb einstellen muss, in Einklang zu bringen sein soll. Die Beklagte zu 1. fungierte letzten Endes lediglich als „verlängerter Arm“ der Beklagten zu 2. und hatte die gleiche Funktion wie jeder sonstige Generalbevollmächtigte einer Arbeitgeberin auch, was für ei-nen Betriebsübergang gerade nicht ausreichend ist (vgl. MüKo HGB-von Hoyningen-Huene 3. Aufl. § 59 Rn. 24). Für den Betrieb „verantwortlich“ iSd. Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts blieb unter Zugrundelegung der Vereinbarung 2011 die Beklagte zu 2.
(c) Dass vorliegend nicht von einem Betriebsinhaberwechsel auszugehen ist, wird aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11, die sich mit der Frage eines Betriebsübergangs im Rettungsdienstgewerbe zu beschäftigen hatte, besonders deutlich. In Rn. 49 grenzt das Bundesarbeitsgericht die - einen Inhaberwechsel bewirkende - umfassende Nutzung nach außen bzw. das Handeln im eigenen Namen nach außen, die hier nicht vorliegen, gerade von einer - keinen Inhaberwechsel bewirkenden - Betriebsführung im fremden Namen - als „verlängerter Arm“ des Auftraggebers - ab, wie sie hier, wie anhand der vertraglichen Gestaltung aufgezeigt wurde, gerade gegeben ist. Will man an die Kategorisierung in der Rechtsliteratur,
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nämlich die Einteilung von Betriebsführungsverträgen in sog. echte Betriebsführungsverträge, die keinen Betriebsübergang bewirken, und sog. unechte Betriebsführungsverträge, die einen Betriebsübergang nach sich ziehen, anknüpfen, ist die Vereinbarung 2011 als echter Betriebsführungsvertrag anzusehen. Nach dieser Kategorisierung liegt ein echter Betriebsführungsvertrag vor, wenn der Betriebsführer nicht im eigenen, sondern im fremden Namen, nämlich demjenigen des Auftraggebers, auftritt, wie es hier nach außen der Fall war. Hingegen handelt es sich um einen unechten Betriebsführungsvertrag, wenn der Betriebsführer im eigenen Namen auftritt und mit den Betriebsmitteln und Arbeitnehmern nach außen hin erkennbar eigene Zwecke verfolgt, woran es hier fehlt (zu dieser Unterscheidung vgl. etwa Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen 3. Aufl. G. Rn. 109; Niklas/Schauß BB 2014, 2805, 2809; Rieble NZA 2010, 1145, 1147; Ingenfeld Die Betriebsausgliederung aus der Sicht des Arbeitsrechts 1992 S. 227). Soweit in der Literatur zT darauf abgestellt wird, dass es für das Auftreten im eigenen Namen allein auf die Ausübung des Weisungsrechts gegenüber den Arbeitnehmern im eigenen Namen ankomme, nicht aber darauf, wer gegenüber außerhalb des Arbeitsverhältnisses stehenden Dritten als Betriebsinhaber in Erscheinung trete (vgl. HWK/Willemsen 6. Auflage § 613 a Rn. 47; Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt Umstrukturierung und Übertragung von Unter-nehmen 3. Aufl. G. Rn. 110), ist dies mit der aufgezeigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht in Einklang zu bringen, nach der es gerade nicht allein darauf ankommt, wer im Verhältnis zur Belegschaft als Inhaber auftritt (vgl. auch Winter/Theisen AG 2011, 662, 663, die von einer echten, keinen Betriebsübergang bewirkenden Betriebsführung ausgehen, wenn der Betriebsführer gegenüber Geschäftspartnern weiterhin unter der „Marke“ des Betriebseigentümers auftritt).
(d) Da im Ergebnis zum 1. April 2011 aus den genannten Gründen kein Betriebsinhaberwechsel auf die Beklagte zu 1. erfolgte, kann dahinstehen, ob der Annahme eines solchen auch noch ande-re Gründe entgegenständen. Dies betrifft die Problematik, ob und inwieweit der Betriebsführer, um selbst Betriebsinhaber zu werden, neben dem Auftreten im eigenen Namen nach außen mit der Betriebsführung eigene wirtschaftliche Zwecke verfolgen muss (vgl. dazu Willem-sen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen 3. Aufl. G. Rn. 111 f.). Wäre die Verfolgung eigener wirtschaftlicher Zwecke Voraussetzung für einen Inhaberwechsel, erschiene es in Anbetracht der in der Vereinbarung 2011 getroffenen Vergütungsregelung (Kostenerstattung zuzüglich eines Aufschlages von 3 %) nicht völlig unzweifelhaft, ob vor diesem Hintergrund von einem Betriebsinhaberwechsel ausgegangen werden könnte. Mangels Entscheidungserheblichkeit bedarf diese Thematik indes keiner näheren Erörterung.
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(6) Da bereits mangels Betriebsinhaberwechsels zum 1. April 2011 kein Betriebsübergang iSd. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB angenommen werden kann, bedarf es keiner Ausführungen dazu, ob die übrigen Voraussetzungen für einen Betriebsübergang gegeben wären, läge ein Inhaberwechsel vor. Dies betrifft insbesondere den Einwand der Klägerin, es sei keine wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortgeführt worden (vgl. dazu BAG 23. September 2010 - 8 AZR 567/09 - Rn. 36).
(7) Auch zu einem späteren Zeitpunkt im streitgegenständlichen Zeitraum kam es nicht zu einem Betriebsübergang iSd. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB von der Beklagten zu 2. auf die Beklagte zu 1. Derartiges ist weder behauptet noch erkennbar. Im Gegenteil, die Vereinbarungen 2013 und 2015 beschränken im Vergleich zur Vereinbarung 2011 die Betriebsführung der Beklagten zu 1. weiter. Konnte die Umsetzung der Vereinbarung 2011 bereits keinen Betriebsübergang bewirken, muss dies erst Recht für die Folgevereinbarungen gelten. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin besteht da-her über den 31. März 2011 hinaus mit der Beklagten zu 2. fort.
bbb) Der Klägerin ist es nicht aufgrund von materiell-rechtlicher Verfristung gemäß § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB verwehrt, sich auf das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2. zu berufen. Diese Vorschrift ist weder unmittelbar noch analog anwendbar.
(1) Nach § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB kann der Arbeitnehmer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach § 613 a Abs. 5 BGB schriftlich widersprechen. Nach § 613 a Abs. 6 Satz 2 BGB kann der Widerspruch gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden. Erfolgt ein frist- und formgerechter Widerspruch verbleibt das Arbeitsverhältnis beim bisherigen Arbeitgeber. Die einmonatige Widerspruchsfrist wird allerdings nur durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung in Lauf gesetzt, andern-falls kann der Arbeitnehmer noch nach Fristablauf in den Grenzen der Verwirkung dem Betriebsübergang widersprechen (vgl. etwa BAG 14. November 2013 - 8 AZR 824/12 - Rn. 18, 32). Das Widerspruchsrecht des § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB ist ein Gestaltungsrecht in Form eines Rechtsfolgenverweigerungsrechts (vgl. etwa BAG 21. August 2014 - 8 AZR 619/13 - Rn. 27).
(2) § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB ist vorliegend nicht unmittelbar anwendbar. Die Bestimmung setzt nämlich zwingend voraus, dass ein Betriebsübergang stattgefunden hat. Bereits dem Wortlaut des Satz 1 ist zu entnehmen, dass ein „Übergang des Arbeitsverhältnisses“ Voraussetzung für die Entstehung des Widerspruchsrechts und damit auch für die Einhaltung des Fristerfordernisses ist. Findet kein Betriebsübergang statt, fehlt es auch an einem bisherigen Arbeitgeber und einem
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neuen Inhaber, die Satz 2 als Adressaten eines Widerspruchs benennt. Für ein Gestaltungsrecht, das fristgebunden auszuüben ist, ist von vornherein kein Raum, wenn das Arbeitsverhältnis mangels Betriebsüberganges ohnehin beim bisherigen Arbeitgeber verbleibt. Eine Gestaltung eines Rechtsverhältnisses ist in solch einem Falle nicht möglich.
(3) Auch eine analoge Anwendung des § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB kommt nicht in Betracht. Die analoge Anwendung einer Norm setzt voraus, dass eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassene Lücke vorliegt und diese Planwidrigkeit aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden kann. Analoge Gesetzesanwendung erfordert darüber hinaus, dass der gesetzlich ungeregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nach der gleichen Rechtsfolge verlangt wie die gesetzessprachlich erfassten Fälle (vgl. BAG 10. Dezember 2013 - 9 AZR 51/13 - Rn. 23). Diese Voraussetzungen liegen offenkundig nicht vor. Weder kann aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden, dass eine unbeabsichtigt gelassene Gesetzeslücke vorliegt, noch verlangt der gesetzlich ungeregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nach der gleichen Rechtsfolge. Im Gegenteil, es wäre widersprüchlich ein fristgebundenes Gestaltungsrecht analog anwenden zu wollen, wo ein Gestaltungsbedürfnis überhaupt nicht gegeben ist. Den Belangen des Arbeitgebers im Falle eines vermeintlichen Betriebsüberganges, der sich im Nachhinein nicht als solcher er-weist, kann ggf. durch die Anwendung der Grundsätze der materiell-rechtlichen Verwirkung hinreichend Rechnung getragen werden, sofern deren Voraussetzungen vorliegen. Liegt kein Betriebsübergang vor, ist die Unterrichtung des Arbeitgebers, ein solcher finde statt, unrichtig. Weshalb gerade hier eine Widerspruchsfrist zu laufen beginnen soll, während sie in den übrigen Fällen einer fehlerhaften Unterrichtung bei Vorliegen eines Betriebsübergangs gerade nicht in Lauf gesetzt wird, ist nicht nachvollziehbar. Eine Analogie vermiede hier keine Wertungswidersprüche, sondern führte zu solchen.
ccc) Der Klägerin ist es nicht aufgrund von materiell-rechtlicher Verwirkung gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2. zu berufen. Die Voraussetzung einer materiell-rechtlichen Verwirkung liegen nicht vor.
(1) Die materiell-rechtliche Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit ihr wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes und dient - wie die Verjährung - dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Mit der Verwirkung soll das Auseinanderfallen zwi-
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schen rechtlicher und sozialer Wirklichkeit beseitigt werden; die Rechtslage wird der sozialen Wirklichkeit angeglichen. Die Verwirkung verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner bereits dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, sodass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Begehrens nicht mehr zuzumuten ist (vgl. etwa BAG 11. Dezember 2014 - 8 AZR 838/13 - Rn. 24, 25).
(2) Gemessen daran liegt keine materiell-rechtliche Verwirkung vor. Es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Umstandsmoment. Dies folgt aus den Erwägungen, die die Kammer im Rahmen der Erörterung der Prozessverwirkung angestellt hat und auf die an dieser Stelle Bezug genommen wird (siehe oben, Ziff. I. 2. a) bb) bbb) (2)). Aufgrund der dort dargelegten Gründe kann auch im Rahmen der Prüfung der materiell-rechtlichen Verwirkung nicht vom Vorliegen eines Umstandsmoments ausgegangen werden. Der Beklagten zu 2. ist die Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses der Klägerin mit ihr über den 31. März 2011 hinaus nicht unzumutbar.
ddd) Da das Arbeitsverhältnis der Klägerin mangels Betriebsüberganges auf die Beklagte zu 1. bei der Beklagten zu 2. verblieben ist, es der Klägerin mangels Verfristung und mangels Verwirkung auch nicht verwehrt ist, sich hierauf zu berufen, und ihr Feststellungsantrag bereits deswegen begründet ist, kann offen bleiben, ob das Arbeitsverhältnis, selbst wenn zum 1. April 2011 ein Betrieb-sübergang stattgefunden hätte, möglicherweise gleichwohl in der Folgezeit mit Beklagten zu 2. fortbestanden hätte bzw. ob sich diese so behandeln lassen müsste, als hätte es mit ihr fortbestanden. Dies betrifft zum einen die Frage, ob, hätte ein Betriebsübergang vorgelegen, die Klägerin infolge etwaiger unzureichender Unterrichtung iSd. § 613 Abs. 5 BGB diesem mit ihrer Klageerweiterung gegen die Beklagte zu 2. noch wirksam widersprechen hätte können und das Arbeitsverhältnis deswegen bei dieser verblieben wäre. Dies betrifft zum anderen die Problematik, ob, hätte ein Betriebsübergang vorgelegen, die Beklagte zu 2. sich aufgrund des Einwandes des Gestaltungsmissbrauches (§ 242 BGB) so behandeln lassen müsste, als wäre dieser nicht erfolgt und deswegen nach wie vor als Arbeitgeberin anzusehen wäre (vgl. dazu Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen 3. Aufl. G. Rn. 113).
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b) Der Weiterbeschäftigungsantrag, mit dem die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zu 2. er-strebt, sie zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als gewerbliche Arbeitnehmerin weiter zu beschäftigen, ist ebenfalls zulässig und begründet.
aa) Der Weiterbeschäftigungsantrag der Klägerin ist zulässig. Insbesondere ist er nicht wegen entgegenstehender Rechtskraft, Prozessverwirkung, fehlender Bestimmtheit oder fehlendem Rechtsschutzbedürfnis unzulässig.
aaa) Entgegenstehende Rechtskraft iSd. § 322 Abs. 1 ZPO kann nicht zu einer Unzulässigkeit des Weiterbeschäftigungsantrages der Klägerin führen. Zwar wurde - rechtkräftig - durch das arbeits-gerichtliche Sachurteil gegenüber der Beklagten zu 1. eine Weiterbeschäftigungsverpflichtung tituliert. Aus den unter Ziff. I. 2. a) bb) aaa) genannten Gründen kann auch insoweit allerdings keine Rechtskrafterstreckung angenommen werden.
bbb) Der Weiterbeschäftigungsantrag der Klägerin ist auch nicht wegen Prozessverwirkung unzulässig. Insoweit kann vollumfänglich auf die Ausführungen zum Feststellungsantrag unter Ziff. I. 2. a) bb) bbb) Bezug genommen werden, die für den Weiterbeschäftigungsantrag entsprechend gelten.
ccc) Der Weiterbeschäftigungsantrag der Klägerin ist ferner nicht wegen fehlender Bestimmtheit unzulässig. Die Kammer hält insoweit uneingeschränkt an den Ausführungen fest, die in den Zwangsvollstreckungsverfahren zur Bestimmtheit von Weiterbeschäftigungstiteln erfolgt sind, wo das Folgende ausgeführt wurde (vgl. Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg 9. November 2015 - 21 Ta 10/15):
„Der Umfang der materiellen Rechtskraft gemäß § 322 Abs. 1 ZPO ist aus dem Urteil und den dazu ergangenen Gründen zu bestimmen. Der Titel muss aus sich heraus einen bestimmten oder zumindest bestimmbaren Inhalt haben. Das Erfordernis der - von Amts wegen zu prüfenden - Bestimmtheit des Urteilsausspruchs dient der Rechtsklarheit und -sicherheit. Der Umfang der materiellen Rechtskraft und damit die Entscheidungswirkungen müssen festgestellt werden können. Andernfalls würden Unklarheiten über den Inhalt der Verpflichtung aus dem Erkenntnis- in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden, dessen Aufgabe es nicht ist zu klären, worin die festgelegte Verpflichtung des Schuldners be-
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steht (st. Rspr., vgl. etwa BAG 27. Mai 2015 - 5 AZR 88/14 - juris; 15. April 2009 - 3 AZB 93/08 - juris).
Gemessen daran ist der in Ziff. 2 des Tenors des Urteils vom 8. Mai 2015 titulierte Weiterbeschäftigungsanspruch hinreichend bestimmt. Der Umfang der materiellen Rechtskraft ist feststellbar. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Inhalts der ausgeurteilten Beschäftigungspflicht als auch in zeitlicher Hinsicht, innerhalb der diese zu erfolgen hat.
Der Inhalt der ausgeurteilten Beschäftigungspflicht ist dem Titel mit hinreichender Bestimmtheit zu entnehmen. Die erfolgte Titulierung, wonach der Kläger laut Tenor „als gewerblicher Arbeitnehmer“ weiter zu beschäftigen ist, genügt vorliegend den Anforderungen.
Bei der Titulierung eines dem Arbeitnehmer während des bestehenden Arbeitsverhältnisses zustehenden Beschäftigungsanspruchs oder eines ihm während des Laufs eines Kündigungsschutzprozesses zustehenden Weiterbeschäftigungsanspruchs muss der Vollstreckungstitel verdeutlichen, um welche Art von Beschäftigung es geht. Für den Schuldner muss aus rechtsstaatlichen Gründen erkennbar sein, in welchen Fällen er mit einem Zwangsmittel zu rechnen hat. Andererseits erfordert das Rechtsstaatsprinzip und das dar-aus folgende Gebot effektiven Rechtsschutzes, dass materiell-rechtliche Ansprüche effektiv durchgesetzt werden können. Bei im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebener Arbeitspflicht kann der Titel aus materiell-rechtlichen Gründen nicht so genau sein, dass er auf eine ganz bestimmte im Einzelnen beschriebene Tätigkeit oder Stelle zugeschnitten ist. Darauf hat der Arbeitnehmer regelmäßig keinen Anspruch, weil das Weisungsrecht nach § 106 Satz 1 GewO dem Arbeitgeber zusteht. Um diesen Gesichtspunkten gerecht werden, ist es jedenfalls erforderlich, dass die Art der ausgeurteilten Beschäftigung des Arbeitnehmers aus dem Titel ersichtlich ist. Einzelheiten hinsichtlich der Art der Beschäftigung oder sonstigen Arbeitsbedingungen muss der Titel demgegenüber nicht enthalten. Es reicht aus, wenn sich aus dem Titel das Berufsbild, mit dem der Arbeitnehmer beschäftigt werden soll, ergibt oder diesem zu entnehmen ist, worin die ihm zuzuweisende Tätigkeit bestehen soll (vgl. BAG 27. Mai 2015 - 5 AZR 88/14 - juris; 15. April 2009 - 3 AZB 93/08 - juris).
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Gemessen daran ist vorliegend der Inhalt der Tätigkeit hinreichend bestimmt. Anders als in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Mai 2015 (5 AZR 88/14 - juris), die sich mit einem Sachverhalt auseinandersetzte, bei dem lediglich eine Weiterbeschäftigung „gemäß Arbeitsvertrag“ mit dem in diesem Fall widersprüchlichen Zusatz „zu unveränderten Arbeitsbedingungen“ tituliert war, was zur Unbestimmtheit des Titels führte, lässt sich hier bereits aus dem Tenor die Art der Tätigkeit erkennen. Danach ist der Kläger „als gewerblicher Arbeiternehmer“ einzusetzen. Da aus dem Titel nur der Weiterbeschäftigungsanspruch, nicht aber die damit zusammenhängenden Ansprüche auf Entgelt, Zuwendungen etc. vollstreckt werden, erfüllt die Beklagte Ziff. 2 den Anspruch bereits dadurch, dass sie den Kläger aufgrund ihres Weisungsrechts im Betrieb als gewerblichen Arbeitnehmer ein-setzt. Es ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass der Kläger eine näher bestimmte Tätigkeit aufgrund des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts überhaupt beanspruchen könnte. So liegt kein Arbeitsvertrag vor, aus dem sich Derartiges ergäbe. Auch in der Anlage zur Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 KSchG „Liste der zur Entlassung vorgesehenen Arbeitnehmer“ bezeichnet die Beklagte Ziff. 1 bei einem Großteil der Gekündigten die „zuletzt ausgeübte Tätigkeit“ schlicht mit „gewerblicher Arbeitnehmer“. Auch die Beklagte Ziff. 2 trägt vor, dass es sich bei den Vollstreckenden um un- oder angelernte Arbeitnehmer handelt. Hinzu kommt, dass nicht ersichtlich ist, dass zwischen den Parteien Streit über die vom Kläger auszuführende Tätigkeit herrscht. Vor diesem Hintergrund erweist es sich als hinreichend bestimmt, wenn das Arbeitsgericht die Beklagte Ziff. 2 dazu verurteilt hat, den Kläger „als gewerblichen Arbeitnehmer“ weiter zu beschäftigen (vgl. dazu, die Titulierung einer Weiterbeschäftigung „als Arbeiter“ als hinreichend bestimmt ansehend, LAG Baden-Württemberg 21. Februar 2007 - 17 Ta 1/07 - juris; sowie noch weitergehend, die Titulierung einer Weiterbeschäftigung „als Mitarbeiterin zu den bisherigen Bedingungen“ als hin-reichend bestimmt ansehend, BAG 17. März 2015 - 9 AZR 702/13 - ZIP 2015, 1653).
In zeitlicher Hinsicht ist der Weiterbeschäftigungstitel ebenfalls hinreichend bestimmt. Die titulierte Beschäftigungspflicht bedurfte vorliegend keiner zeitlichen Eingrenzung im Tenor.
Der Umfang der materiellen Rechtskraft iSd. § 322 Abs. 1 ZPO des Titels muss sich auch in zeitlicher Hinsicht ermitteln lassen. Bei einem Weiterbeschäftigungstitel muss feststellbar sein, ab welchem Zeitpunkt und ggfs. bis zu welchem Zeitpunkt die Verpflichtung des
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Schuldners bestehen soll. Tenor und Entscheidungsgründe dürfen sich insoweit nicht widersprechen (vgl. BAG 27. Mai 2015 - 5 AZR 88/14 - juris).
Gemessen daran ist der Titel vorliegend auch in zeitlicher Hinsicht hinreichend bestimmt, auch wenn das Arbeitsgericht im Tenor die Beschäftigungsverpflichtung zeitlich nicht ein-gegrenzt hat. Anders als in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Mai 2015 (5 AZR 88/14 - juris), die sich mit einem Sachverhalt befasste, in dem am 17. Januar 2012 zum einen rückwirkend und damit von vornherein unmöglich eine Weiterbeschäftigung „über den 31. März 2007“ hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens tituliert wurde, während zum anderen in den Entscheidungsgründen die Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Februar 1985 (GS 1/84 - BAGE 48, 122) herangezogen wurde, die für eine dem Weiterbeschäftigungsantrag stattgebende Entscheidung ein die Unwirksamkeit der Kündigung feststellendes Instanzurteil voraussetzt, ohne dass ein solches vor dem 17. Januar 2012 vorhanden gewesen wäre, so dass der Tenor mit den Entscheidungsgründen nicht in Einklang zu bringen war, besteht diese Problematik vorliegend nicht. Das Arbeitsgericht hat die Beklagte Ziff. 2 vorliegend nicht zu einer von vornherein unmöglichen rückwirkenden Weiterbeschäftigung verurteilt, auch setzt es sich in den Entscheidungsgründen nicht in Widerspruch zu seinem Ausspruch im Tenor. Soweit kein abweichender Anfangszeitpunkt benannt wird, kann ein Weiterbeschäftigungstitel naheliegender Weise nur so verstanden werden, dass die titulierte Verpflichtung ab sofort, dh. ab deren Titulierung, greift. Einer Benennung des Anfangszeitpunkts der Verpflichtung im Tenor bedarf es in diesen Fällen grundsätzlich nicht. Deren Fehlen führt auch hier nicht zur Unbestimmtheit des Titels. Aber auch eines Endzeitpunktes, bis zu welchem Zeitpunkt die titulierte Verpflichtung greifen soll, bedurfte es vorliegend im Tenor nicht. Aus den Entscheidungsgründen des Urteils vom 8. Mai 2015 und den dort vom Arbeitsgericht zur Begründung des titulierten Anspruchs herangezogenen Entscheidungen (vgl. A. II. 2. Buchst. a der Entscheidungsgründe) wird hinreichend deutlich, worauf der Anspruch gestützt wurde, woraus auch dessen zeitliche Wirkungsdauer hervorgeht. Dies hat das Landesarbeitsgericht bereits in seinem Beschluss vom 18. August 2015 (4 Sa 19/15 - juris) deutlich gemacht.“
Da diese den Weiterbeschäftigungstitel betreffenden Ausführungen entsprechend für den Weiterbeschäftigungsantrag gelten, fehlt es diesem nicht an einer hinreichenden Bestimmtheit, abgese-
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hen davon, dass der Antrag in zeitlicher Hinsicht hier ausdrücklich „bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits“ beschränkt wurde.
ddd) Schließlich entbehrt der Weiterbeschäftigungsantrag der Klägerin auch nicht eines Rechtschutzbedürfnisses. Auch dieser Antrag ist weder „widersprüchlich“ noch „rechtsmissbräuchlich“. Allein die Tatsache, dass in dem gegenüber der Beklagten zu 1. rechtskräftigen Urteil bereits ein Weiterbeschäftigungsanspruch gegenüber dieser tituliert wurde, lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen.
bb) Der Weiterbeschäftigungsantrag der Klägerin ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 2. in Anbetracht ihres Obsiegens mit dem Feststellungsantrag, mit dem das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2. festgestellt wurde, einen allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits.
aaa) Der allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits ist bei einem erst- oder zweitinstanzlichen Obsiegen des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess von der ständigen Rechtsprechung anerkannt (st. Rspr. seit BAG 27. Februar 1985 - GS 1/84): Danach begründet die Ungewissheit über den Ausgang des Kündigungsprozesses - außer im Fall einer offensichtlich unwirksamen Kündigung - zunächst ein schutzwertes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers für die Dauer des Kündigungsprozesses. Dieses überwiegt in der Regel das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers allerdings nur bis zu dem Zeitpunkt, in dem im Kündigungsprozess ein die Unwirksamkeit der Kündigung feststellendes Urteil ergeht. Solange ein solches Urteil besteht, kann die Ungewissheit des Prozessausgangs für sich allein ein überwiegendes Gegeninteresse des Arbeitgebers nicht mehr begründen. Hinzukommen müssen dann vielmehr zusätzliche Umstände, aus denen sich im Einzelfall ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers ergibt, den Arbeitnehmer trotz des Urteils nicht zu beschäftigen. Andersfalls hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer während der Dauer des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen.
bbb) Dieser allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch besteht nicht nur, wenn über die Wirksamkeit einer Kündigung gestritten wird, sondern auch bei einem Streit über andere Beendigungstatbestände, etwa über eine Befristung, eine auflösende Bedingung oder einen Aufhebungsvertrag (vgl. BAG 16. Januar 1992 - 2 AZR 412/91 - Rn. 34). Nicht anders kann die Rechtslage beurteilt werden, wenn im Streit steht, ob ein Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber infolge eines Betriebsüberganges geendet hat. Nimmt man hier zunächst ein im Rahmen der Interessen-
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abwägung zu berücksichtigendes schutzwertes Interesse des bisherigen Arbeitgebers an, den Arbeitnehmer bei unsicherem Bestand des Arbeitsverhältnisses mit ihm für die Dauer des Rechtsstreits nicht zu beschäftigen, muss, wenn - wie vorliegend - das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Arbeitgeber durch Gerichtsurteil festgestellt wird, der bisherige Arbeitgeber auch hier zusätzliche Gründe für eine Nichtbeschäftigung für den weiteren Verlauf des Rechtsstreits anführen. Die Interessenlage unterscheidet sich nicht (vgl. BAG 12. September 1985 - 2 AZR 193/14 - Rn. 49; LAG Baden-Württemberg 18. August 2015 - 4 Sa 19/15 - Rn. 36; 5. Juli 2012 - 21 Sa 173/11 - Rn. 101).
ccc) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat die Klägerin den von ihr geltend gemachten Anspruch, von der Beklagten zu 2. zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als gewerbliche Arbeitnehmerin weiterbeschäftigt zu werden. Sie hat mit ihrem Feststellungsantrag obsiegt, vom Berufungsgericht wurde das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2. festgestellt. Ein überwiegendes Gegeninteresse der Beklagten zu 2. an einer Nichtbeschäftigung der Klägerin besteht nicht, insbesondere besteht keine Unmöglichkeit, den Weiterbeschäftigungsanspruch zu erfüllen.
(1) Mit dem Einwand, eine Weiterbeschäftigung der Klägerin sei ihr unmöglich, weil sie keinen Betrieb und keine Arbeitsplätze mehr unterhalte, vermag die Beklagte zu 2. nicht durchzudringen. Es wurde gerade festgestellt, dass die Beklagte zu 2. Betriebsinhaberin geblieben ist, ihr Betrieb mithin nicht auf die Beklagte zu 1. übergegangen ist. Unstreitig standen und stehen die materiellen und immateriellen Betriebsmittel sowie das Betriebsgrundstück unverändert im Eigentum der Beklagten Ziff. 2. Die Produktion der W.-Produkte findet nach wie vor statt, der Arbeitsplatz der Klägerin im Betrieb in O. existiert weiterhin. Es wird gerade nicht geltend gemacht, dass die Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb rein tatsächlich nicht mehr vorhanden ist, etwa weil die Produktion eingestellt wurde. Soweit die Beklagte Ziff. 2 ihren Unmöglichkeitseinwand auf rechtliche Hindernisse in Gestalt vertraglicher Beziehungen mit Drittunternehmen stützt, weil sie die Fertigungsaufträge seit 2011 an andere Unternehmen vergebe und sie vertraglich verpflichtet sei, Räume und Maschinen diesen zur Nutzung zu überlassen, vermag auch daraus keine Unmöglichkeit einer Weiterbeschäftigung der Klägerin abgeleitet zu werden. Die Beklagte zu 2. hat aufgrund der vorliegenden Vereinbarungen 2011, 2013 und 2015 mit der Beklagten zu 1. die Betriebsinhaberschaft nicht verloren. Letztgenannte Vereinbarung endete im Übrigen am 31. Mai 2015 (vgl. § 8 Vereinbarung 2015). Sachvortrag, aufgrund welcher etwaigen nachfolgenden Ver-
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einbarungen mit welchen Firmen welchen Inhalts mittlerweile eine Weiterbeschäftigung rechtlich unmöglich geworden sein soll, fehlt im vorliegenden Verfahren. Soweit die Beklagte zu 2. vorgebracht hat, sie verfüge sie nicht über technisch erfahrene Aufsichtspersonen für die Produktionsmitarbeiter, ist darauf hinzuweisen, dass in Anbetracht der Fortsetzung der Produktion davon auszugehen ist, dass geeignetes Aufsichtspersonal vorhanden ist, auch wenn die Aufsichtspersonen nicht bei der Beklagten zu 2. an-gestellt sein sollten (näher dazu vgl. LAG Baden-Württemberg 9. November 2015 - 17 Ta 23/15 - Rn. 57 f.).
(2) Der Umstand, dass die Klägerin vier Jahr lang nicht geltend gemacht, dass die Beklagte zu 2. ihre Arbeitgeberin sei, ist ebenfalls unerheblich. Der Weiterbeschäftigungsanspruch ist materiell-rechtlich nicht verwirkt. Insoweit kann vollumfänglich auf die Ausführungen zum Feststellungsantrag unter Ziff. I. 2. a) cc) ccc) Bezug genommen werden, die für den Weiterbeschäftigungsantrag entsprechend gelten. Liegt aufgrund besagter Gründe keine Verwirkung vor, kann allein aus der lang andauernden Nichtgeltendmachung des Anspruchs auch kein überwiegendes Gegeninteresse der Beklagten zu 2. an einer Nichtbeschäftigung der Klägerin abgeleitet werden.
(3) Ebenso unerheblich ist schließlich der Umstand, dass in der Vergangenheit von einem Betriebsübergang ausgegangen wurde. Weshalb allein dies ein überwiegendes Gegeninteresse der Beklagten zu 2. an einer Nichtbeschäftigung der Klägerin begründen soll, ist nicht nachvollziehbar.
II.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, 100 Abs. 1 ZPO. Danach hat die im Berufungsverfahren vollumfänglich unterlegene Beklagte zu 2. die Kosten des Berufungsverfahrens und haben die erstinstanzlich unterlegene Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 2. die erstinstanzlichen Kosten zu jeweils 50 % zu tragen. Soweit für die erste Instanz zwischen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten differenziert wurde, bleibt § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG freilich unberührt.
III.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe iSd. § 72 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 ArbGG vorliegen. Die Kammer vermag weder vom Vorliegen einer entscheidungserheblichen
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Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG auszugehen, noch ist eine entscheidungserhebliche Divergenz iSd. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG erkennbar.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auf § 72a ArbGG wird hingewiesen.
Sänger
Hagenlocher
Schmolke
Ausgefertigt
Stuttgart, den 06.04.2016
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
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Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de |
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Christoph Hildebrandt Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hildebrandt@hensche.de |
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Nina Wesemann Rechtsanwältin Fachanwältin für Arbeitsrecht Kontakt: 040 / 69 20 68 04 wesemann@hensche.de |