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ArbG Stutt­gart, Ur­teil vom 02.10.2014, 6 Ca 1800/14

   
Schlagworte: Kündigungsfrist, Kündigungsschutzklage, Probezeit
   
Gericht: Arbeitsgericht Stuttgart
Aktenzeichen: 6 Ca 1800/14
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 02.10.2014
   
Leitsätze:
Vorinstanzen:
   

Ar­beits­ge­richt Stutt­gart

Ak­ten­zei­chen: 6 Ca 1800/14

 

Ur­teil vom 02.10.2014


1. Die Kla­ge wird ab­ge­wie­sen.

2. Der Kläger hat die Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen.

3. Der Streit­wert wird auf 12.810,- € fest­ge­setzt.

 

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über die Rechts­wirk­sam­keit ei­ner Kündi­gung der Be­klag­ten.

Der im Jahr 1977 ge­bo­re­ne Kläger war auf­grund Ar­beits­ver­trags vom 24.06.2013 ab 01.09.2013 bei der Be­klag­ten, bei der deut­lich mehr als 10 Ar­beit­neh­mer tätig sind, beschäftigt. Der Ar­beits­ver­trag sah in § 1 2. Fol­gen­des vor:

„Die ers­ten sechs Mo­na­te des Ar­beits­verhält­nis­ses gel­ten als Pro­be­zeit. Während der Pro­be­zeit kann das Ar­beits­verhält­nis täglich mit ei­ner Frist von zwei Wo­chen gekündigt wer­den. Wird während der Pro­be­zeit nicht gekündigt, so geht das Pro­be­ar­beits­verhält­nis in ein endgülti­ges Ar­beits­verhält­nis über. Es gel­ten dann die Kündi­gungs­fris­ten gem. §14 die­ses Ver­tra­ges.“

§ 14 des Ar­beits­ver­trags ver­weist auf die ge­setz­li­chen Kündi­gungs­fris­ten. Hin­sicht­lich der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Ar­beits­ver­trags wird auf An­la­ge K1, Bl. 7 bis 19 d. A., Be­zug ge­nom­men. Der Kläger er­ziel­te ei­nen mo­nat­li­chen Brut­to­ver­dienst von rund 4.270,00 Eu­ro. Mit Schrei­ben vom 26.02.2014, wel­ches der Kläger am sel­ben Ta­ge er­hielt, kündig­te die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis zum 31.05.2014. Im Kündi­gungs­schrei­ben heißt es ein­lei­tend wie folgt:

„…wie zwi­schen Ih­nen und Herrn C. be­spro­chen, sind Ih­re bis­her ge­zeig­ten Leis­tun­gen als Ac­count Ma­na­ger nicht aus­rei­chend, so dass Ih­re Pro­be­zeit als nicht be­stan­den gilt.

Wir sind be­reit Ih­nen ei­ne wei­te­re Bewährungs­chan­ce zu gewähren und kündi­gen hier­mit den mit Ih­nen be­ste­hen­den An­stel­lungs­ver­trag während der Pro­be­zeit mit ei­ner Frist von drei Mo­na­ten zum 31. Mai 2014.

Für den Fall der Bewährung wären wir ger­ne be­reit, mit Ih­nen über ei­nen an­sch­ließen­den neu­en An­stel­lungs­ver­trag zu spre­chen...“

Ge­gen die­se Kündi­gung wen­det sich der Kläger mit der vor­lie­gen­den, am 18.03.2014 beim Ar­beits­ge­richt Stutt­gart ein­ge­reich­ten Kla­ge.

Der Kläger trägt im We­sent­li­chen vor, die Kündi­gung sei un­wirk­sam, da ei­ne Um­ge­hung des Kündi­gungs­schut­zes vor­lie­ge, nach­dem ei­ne Kündi­gung zum Be­en­di­gungs­da­tum 31.05.2014 auch noch En­de April hätte aus­ge­spro­chen wer­den können. Zu die­sem Zeit­punkt hätte er über Kündi­gungs­schutz nach dem Kündi­gungs­schutz­ge­setz verfügt. Das Vor­ge­hen der Be­klag­ten sei rechts­miss­bräuch­lich, ein Fall wie vom Bun­des­ar­beits­ge­richt am 07.03.2002 (2 AZR 93/01) ent­schie­den, lie­ge nicht vor, nach­dem die Be­klag­te vor­lie­gend le­dig­lich va­ge in Aus­sicht ge­stellt ha­be, mögli­cher­wei­se ei­nen neu­en Ver­trag mit mögli­cher­wei­se geänder­ten Ver­trags­be­din­gun­gen ab­zu­sch­ließen. Er ha­be die von ihm ge­for­der­ten Leis­tun­gen voll er­bracht, Gespräche, wel­che kon­kre­ten De­fi­zi­te er ha­be und be­sei­ti­gen müsse, um den An­for­de­run­gen der Be­klag­ten ge­recht zu wer­den, sei­en nicht geführt wor­den, auch nicht im Hin­blick auf die Kündi­gung.

Der Kläger be­an­tragt:

1. Es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­ver­trags­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en auf­grund der Kündi­gungs­erklärung der Be­klag­ten vom 26.02.2014 nicht mit Ab­lauf des 31.05.2014 en­digt, son­dern fort­be­steht.

2. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, den Kläger über den 31.05.2014 hin­aus als Ac­count Ma­na­ger im Be­reich Busi­ness De­ve­lop­ment und Ver­trieb zu ei­nem Brut­to­mo­nats­ent­gelt von 3.800,00 € so­wie zu den Be­din­gun­gen des Ar­beits­ver­tra­ges zwi­schen den Par­tei­en vom 24.06.2013 wei­ter zu beschäfti­gen.


Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Sie trägt im We­sent­li­chen vor, der Kläger ha­be die Zie­le nicht er­reicht und aus ih­rer, der Be­klag­ten, Sicht die Pro­be­zeit nicht be­stan­den. Man ha­be ihm je­doch die Chan­ce ge­ben wol­len, sich noch zu bewähren und des­halb den An­stel­lungs­ver­trag mit ei­ner Frist von 3 Mo­na­ten gekündigt.

We­gen des wei­te­ren Vor­trags der Par­tei­en wird auf die ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen und das Pro­to­koll der münd­li­chen Ver­hand­lung Be­zug ge­nom­men.


 

Ent­schei­dungs­gründe

I.

Die Kla­ge ist zulässig, je­doch nicht be­gründet.

Die Kla­ge ist recht­zei­tig er­ho­ben, § 4 Satz 1 KSchG. Die Kündi­gung der Be­klag­ten hat das Ar­beits­verhält­nis je­doch zum 31.05.2014 auf­gelöst. Die Kündi­gung er­weist sich nicht als rechts­miss­bräuch­lich we­gen Um­ge­hung des Kündi­gungs­schutz­ge­set­zes. Während der War­te­zeit des § 1 Abs. 1 KSchG gilt der Grund­satz der Kündi­gungs­frei­heit. Der Ar­beit­ge­ber kann al­so dem Ar­beit­neh­mer re­gelmäßig noch am letz­ten Tag der War­te­frist or­dent­lich kündi­gen. In der so­ge­nann­ten vor­zei­ti­gen Kündi­gung liegt in der Re­gel ein Ver­zicht auf die ge­setz­li­che Kündi­gungs­frist. Ein Hin­aus­schie­ben des Wirk­sam­wer­dens ei­ner ar­beit­ge­ber­sei­ti­gen or­dent­li­chen Kündi­gung über die ge­setz­li­chen oder ta­rif­li­chen Kündi­gungs­fris­ten hin­aus ist an sich recht­lich möglich, weil die­se Fris­ten nur Min­dest­fris­ten zum Schut­ze des Ar­beit­neh­mers sind und ei­ne Verlänge­rung die­ser Fris­ten durch den Ar­beit­ge­ber beim Aus­spruch der Kündi­gung dem Ar­beit­neh­mer zu­gu­te kommt, weil da­durch sein Ar­beits­verhält­nis länger auf­recht­er­hal­ten wird (vgl. LAG Schles­wig-Hol­stein 24.11.2010 - 4 Sa 250/10, Rn. 21 m. w. N.).
Ei­ne funk­ti­ons­wid­ri­ge Um­ge­hung des Kündi­gungs­schutz­ge­set­zes ist vor­lie­gend nicht ge­ge­ben. Sol­che Fälle lie­gen nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts dann nicht, wenn es sich um ei­ne über­schau­ba­re länge­re Kündi­gungs­frist han­delt und die Verlänge­rung der Kündi­gungs­frist je­den­falls nicht al­lein oder über­wie­gend im In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers liegt (vgl. BAG 07.03.2002 - 2 AZR 93/01). Vor­lie­gend hat die Be­klag­te ge­genüber der ver­trag­li­chen (und ge­setz­li­chen) Re­ge­lung ei­ne 2 Mo­na­te länge­re Kündi­gungs­frist gewählt. Ei­ne der­ar­ti­ge über­schau­ba­re Verlänge­rung ist vor dem Hin­ter­grund der Kündi­gungs­frei­heit in der War­te­frist aus Sicht der Kam­mer nicht zu be­an­stan­den. Dass wei­ter die Verlänge­rung der Kündi­gungs­frist al­lein oder über­wie­gend im In­ter­es­se der Be­klag­ten ge­le­gen hat, ist nicht er­sicht­lich. Die Be­klag­te hat dem Kläger je­den­falls mit dem Kündi­gungs­schrei­ben mit­ge­teilt, dass sie die Pro­be­zeit als nicht er­folg­reich ab­sol­viert sieht. Für den Fall der Bewährung wur­de die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses in Aus­sicht ge­stellt. Dies ist im In­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers, dem so­mit noch ei­ne Bewährungs­chan­ce für ei­nen über­schau­ba­ren Zeit­raum ge­ge­ben wird. Un­be­nom­men bleibt es hier­bei bei dem Ar­beit­neh­mer, sich sei­ner­seits mit der kürze­ren ver­trag­li­chen Kündi­gungs­frist vom Ar­beits­verhält­nis zu lösen. Vor dem Hin­ter­grund des Er­pro­bungs­zwecks macht es aus Sicht der Kam­mer auch kei­nen Un­ter­schied, ob, wie vor­lie­gend, die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses in Aus­sicht ge­stellt wird oder ei­ne Wie­der­ein­stel­lung nach ei­ner Kündi­gung fest zu­ge­sagt wird.

II.

Da der Kläger un­ter­le­gen ist, hat er die Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen, § 91 Abs. 1 ZPO. Die Fest­set­zung des Rechts­mit­tel­streit­werts be­ruht dem Grun­de nach auf § 61 Abs. 1 ArbGG, der Höhe nach auf § 3 ff. ZPO und wur­de mit ei­nem Vier­tel­jah­res­ver­dienst be­mes­sen.

 

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