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BAG, Ur­teil vom 06.07.2011, 4 AZR 706/09

   
Schlagworte: Bezugnahmeklausel: Arbeitsvertraglich
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 4 AZR 706/09
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 06.07.2011
   
Leitsätze: Eine arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel, die auf die Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost verweist, erfasst zwar zumindest im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die Tarifverträge der Deutschen Telekom AG als einem der Rechtsnachfolger des Sondervermögens des Bundes, die dann auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind. Eine solche Bezugnahmeklausel kann aber nach ihrem Inhalt und ohne weitere besondere Anhaltspunkte nicht dahingehend - erweiternd - ausgelegt werden, dass auch die Haustarifverträge von Tochterunternehmen erfasst werden, die nachfolgend von der Deutschen Telekom AG gegründet worden sind und auf die die Arbeitsverhältnisse im Wege des Betriebsübergangs übergegangen sind.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Hannover, Urteil vom 7.10.2008 - 10 Ca 130/08
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 6.8.2009 - 7 Sa 1674/08
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT


4 AZR 706/09
7 Sa 1674/08
Lan­des­ar­beits­ge­richt
Nie­der­sach­sen

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

6. Ju­li 2011

UR­TEIL

Frei­tag, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläger, Be­ru­fungs­be­klag­ter und Re­vi­si­onskläger,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Vier­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 6. Ju­li 2011 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des-
 


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ar­beits­ge­richt Prof. Be­p­ler, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Creutz­feldt und Dr. Tre­ber so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Klotz und Hess für Recht er­kannt:


1. Auf die Re­vi­si­on des Klägers wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Nie­der­sach­sen vom 6. Au­gust 2009 - 7 Sa 1674/08 - auf­ge­ho­ben.

Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Han­no­ver vom 7. Ok­to­ber 2008 - 10 Ca 130/08 - wird zurück­ge­wie­sen.

2. Die Be­klag­te hat die Kos­ten der Be­ru­fung und der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten darüber, wel­che ta­rif­li­chen Re­ge­lun­gen auf­grund ar­beits­ver­trag­li­cher Be­zug­nah­me auf das zwi­schen ih­nen be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis an­zu­wen­den sind.

Der nicht ta­rif­ge­bun­de­ne Kläger ist seit dem 26. Au­gust 1980 als Ar­beit­neh­mer bei der Be­klag­ten und ih­ren Rechts­vorgänge­rin­nen beschäftigt. In dem schrift­li­chen Ar­beits­ver­trag vom 3. Sep­tem­ber 1980, der sei­ner­zeit mit der Deut­schen Bun­des­post ge­schlos­sen wur­de, heißt es ua.:


„Die Be­stim­mun­gen des Ta­rif­ver­tra­ges für die Ar­bei­ter der Deut­schen Bun­des­post (TV Arb) und die sons­ti­gen Ta­rif­verträge für die Ar­bei­ter der Deut­schen Bun­des­post gel­ten in ih­rer je­wei­li­gen Fas­sung als un­mit­tel­bar zwi­schen den Ver­trags­par­tei­en als ver­ein­bart.“


Be­reits im Jahr 1990 ent­stan­den im Zu­ge der sog. Post­re­form I aus der Deut­schen Bun­des­post die ein­zel­nen Geschäfts­be­rei­che - sog. öffent­li­che Un­ter­neh­men - Post­dienst, Post­bank und Fern­mel­de­dienst, die nach wie vor (Teil-)Son­der­vermögen des Bun­des bil­de­ten. Der Kläger ver­blieb im Geschäfts­be­reich Deut­sche Bun­des­post - Fern­mel­de­dienst (ab 1992 Deut­sche Bun­des-
 


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post - Te­le­kom). Die Geschäfts­be­rei­che wur­den bei der sog. Post­re­form II durch das Ge­setz zur Um­wand­lung der Un­ter­neh­men der Deut­schen Bun­des­post in die Rechts­form der Ak­ti­en­ge­sell­schaft (vom 14. Sep­tem­ber 1994, BGBl. I S. 2325, 2339 - Pos­tum­wand­lungs­ge­setz - Pos­tUmwG) pri­va­ti­siert. Aus dem Geschäfts­be­reich, in dem der Kläger tätig ge­we­sen war, ent­stand nach § 1 Abs. 2 drit­ter Spie­gel­strich Pos­tUmwG die Deut­sche Te­le­kom AG (nach­fol­gend DT AG). Das Ar­beits­verhält­nis des Klägers wur­de zum 1. Ja­nu­ar 1995 gemäß § 21 Abs. 1 drit­ter Spie­gel­strich des Ge­set­zes zum Per­so­nal­recht der Beschäftig­ten der frühe­ren Deut­schen Bun­des­post (vom 14. Sep­tem­ber 1994, BGBl. I S. 2325, 2353 - Post­per­so­nal­rechts­ge­setz - Post­PersRG) auf die DT AG über­ge­lei­tet.


Die DT AG ver­ein­bar­te in der Fol­ge­zeit mit der Deut­schen Post­ge­werk­schaft (DPG) Ta­rif­verträge, die ua. die zu­vor zwi­schen der Deut­schen Bun­des­post und der DPG ge­schlos­se­nen „Ta­rif­verträge für die Ar­bei­ter der Deut­schen Bun­des­post“ (nach­fol­gend TVArb) für den Be­reich der DT AG abänder­ten. Ei­ne weit­ge­hen­de Ablösung der vor­mals mit der Deut­schen Bun­des­post ge­schlos­se­nen und auch noch nach­fol­gend geänder­ten Ta­rif­verträge er­folg­te anläss­lich der Einführung des „Neu­en Be­wer­tungs- und Be­zah­lungs­sys­tems - NBBS“ zum 1. Ju­li 2001 in ei­nem ge­son­der­ten Über­g­angs­ta­rif­ver­trag, dem Ta­rif­ver­trag zur Um­stel­lung auf das NBBS.


Im Jah­re 2007 gründe­te die DT AG drei Te­le­kom Ser­vice Ge­sell­schaf­ten, dar­un­ter die Be­klag­te. Das Ar­beits­verhält­nis des Klägers ging in­fol­ge Be­triebsüber­gangs mit dem 25. Ju­ni 2007 auf die­se über. Bis zu die­sem Zeit-punkt wur­den auf das Ar­beits­verhält­nis des Klägers stets die je­wei­li­gen für ihn ein­schlägi­gen Ta­rif­verträge der Deut­schen Bun­des­post und später die der DT AG an­ge­wen­det. Die Be­klag­te schloss eben­falls am 25. Ju­ni 2007 mit der Ge­werk­schaft ver.di Haus­ta­rif­verträge ab, dar­un­ter den Man­tel­ta­rif­ver­trag (MTV DT­TS) und den Ent­gelt­rah­men­ta­rif­ver­trag (ERTV DT­TS), die von den Ta­rif­verträgen der DT AG ua. bei der Ar­beits­zeit und beim Ent­gelt Ab­wei­chun­gen ent­hal­ten. Mit Schrei­ben vom 9. Ja­nu­ar 2008 hat der Kläger er­folg­los Ansprüche nach den vor­mals bei der DT AG be­ste­hen­den Ta­rif­verträgen gel­tend ge­macht.

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Mit sei­ner Kla­ge be­gehrt der Kläger ua. die Fest­stel­lung, dass auf das Ar­beits­verhält­nis die Ta­rif­verträge der DT AG mit dem Re­ge­lungs­be­stand vom 24. Ju­ni 2007 an­zu­wen­den sind. Er ist der Auf­fas­sung, ein sol­cher Fest­stel­lungs­an­trag sei zulässig, da mit ihm die An­wend­bar­keit der Ta­rif­verträge der DT AG auf das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis geklärt wer­de. Die Hilfs­anträge sei­en für den Fall der Un­zulässig­keit des Haupt­an­tra­ges ge­stellt. Bei der ar­beits­ver­trag­li­chen Re­ge­lung han­de­le es sich um ei­ne klei­ne dy­na­mi­sche Be­zug­nah­me­klau­sel, die das Ta­rif­werk der Deut­schen Bun­des­post und später das­je­ni­ge der DT AG zur An­wen­dung brin­ge. Da die DT AG kraft Ge­set­zes Rechts­nach­fol­ge­rin der Deut­schen Bun­des­post - Te­le­kom sei, würden die von ihr seit 1995 ge­schlos­se­nen neu­en Ta­rif­verträge oh­ne wei­te­res von der Be­zug­nah­me­klau­sel er­fasst. Die mit der Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Haus­ta­rif­verträge hätten die mit der DT AG ver­ein­bar­ten hin­ge­gen nicht im We­ge ei­ner Ta­rif­suk­zes­si­on er­setzt.

Der Kläger hat zu­letzt be­an­tragt, 


I. fest­zu­stel­len, dass auf das Ar­beits­verhält­nis des Klägers zu der Be­klag­ten die Ta­rif­verträge der Deut­schen Te­le­kom AG, Ta­rif­stand 24. Ju­ni 2007, an­zu­wen­den sind,

II. hilfs­wei­se

1. Es wird fest­ge­stellt, dass die wöchent­li­che Ar­beits-zeit des Klägers über den 1. Ju­li 2007 hin­aus wei­ter­hin 34 St­un­den gem. den ta­rif­li­chen Be­stim­mun­gen der Deut­schen Te­le­kom AG, Ta­rif­stand 24. Ju­ni 2007, beträgt.


2. Es wird fest­ge­stellt, dass ent­spre­chend den bis­he­ri­gen ar­beits­ver­trag­li­chen Be­din­gun­gen zwi­schen dem Kläger und der Deut­schen Te­le­kom AG die Be­klag­te ver­pflich­tet ist, dem Kläger ab dem 1. Ju­li 2007 ein mo­nat­li­ches Ent­gelt nach Lohn­grup­pe T 6 GrST 4 nach dem Ent­gelt­ta­rif­ver­trag der Deut­schen Te­le­kom AG, Stand Ju­ni 2007, in Höhe von 3.444,00 Eu­ro brut­to so­wie ei­ne mo­nat­li­che vermögens­wirk­sa­me Leis­tung in Höhe von 6,65 Eu­ro zu zah­len.


3. Es wird fest­ge­stellt, dass ent­spre­chend den bis­he­ri­gen ar­beits­ver­trag­li­chen Be­din­gun­gen zwi­schen dem Kläger und der Deut­schen Te­le­kom AG der
 


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Sams­tag kein Re­gel­ar­beits­tag ist.


4. Es wird fest­ge­stellt, dass ent­spre­chend den bis­he­ri­gen ar­beits­ver­trag­li­chen Be­din­gun­gen zwi­schen dem Kläger und der Deut­schen Te­le­kom AG der Hei­lig­abend (24.12.), Sil­ves­ter (31.12.) so­wie der Sams­tag vor Os­ter­sonn­tag und Pfingst­sonn­tag kei­ne re­gulären Ar­beits­ta­ge sind.

5. Es wird fest­ge­stellt, dass ent­spre­chend den bis­he­ri­gen ar­beits­ver­trag­li­chen Be­din­gun­gen zwi­schen dem Kläger und der Deut­schen Te­le­kom AG Sams­tag und Sonn­tag zu­sam­menhängen­de re­guläre freie Ar­beits­ta­ge pro Wo­che sind.

6. Es wird fest­ge­stellt, dass ent­spre­chend den bis­he­ri­gen ar­beits­ver­trag­li­chen Be­din­gun­gen zwi­schen dem Kläger und der Deut­schen Te­le­kom AG es kei­nen so ge­nann­ten op­ti­mier­ten Dienst­an­tritt gibt.

7. Es wird fest­ge­stellt, dass der Kläger ent­spre­chend den bis­he­ri­gen ar­beits­ver­trag­li­chen Be­din­gun­gen zwi­schen dem Kläger und der Deut­schen Te­le­kom AG gem. § 26 des Man­tel­ta­rif­ver­tra­ges iVm. § 7 des Ta­rif­ver­tra­ges über Son­der­re­ge­lun­gen be­son­de­ren Kündi­gungs­schutz für älte­re Ar­beit­neh­mer bei der Deut­schen Te­le­kom AG, Ta­rif­stand 24. Ju­ni 2007, be­sitzt.

Die Be­klag­te be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. 


Der Fest­stel­lungs­an­trag sei we­gen des Vor­rangs der Leis­tungs­kla­ge un­zulässig. Der An­trag sei nicht ge­eig­net, den Streit zwi­schen den Par­tei­en ab­sch­ließend zu klären. Darüber hin­aus sei die Kla­ge un­be­gründet. Mit dem Be­triebsüber­gang sei­en die für die DT AG gel­ten­den Ta­rif­be­stim­mun­gen durch die bei ihr gel­ten­den Haus­ta­rif­verträge er­setzt wor­den. Die ver­trag­li­che Ver­wei­sung sei zwar zunächst als ei­ne sog. klei­ne dy­na­mi­sche Be­zug­nah­me­klau­sel ver­ein­bart wor­den. Ab dem 1. Ju­li 2001 ha­be je­doch ei­ne Re­ge­lungslücke be­stan­den, weil die Ta­rif­verträge vom Wort­laut nicht er­fasst sei­en. Aus der zeit­dy­na­mi­schen Be­zug­nah­me des Ta­rif­werks der Deut­schen Bun­des­post er­ge­be sich der Par­tei­wil­le, auch die Ta­rif­verträge der DT AG und die ih­rer Nach­fol­ge­ein­hei­ten in Be­zug zu neh­men. Die Ver­trags­pra­xis der Par­tei­en zei­ge auch de­ren Wil­len, die je­weils ein­schlägi­gen Ta­rif­verträge an­zu­wen­den. Zu­dem ha­be mit der Ge­werk­schaft ver.di stets die­je­ni­ge Ge­werk­schaft ge­han­delt, die
 


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- früher noch als Deut­sche Post­ge­werk­schaft - den TV Arb und die Nach­fol­ge­ta­rif­verträge ge­schlos­sen ha­be. Es han­de­le sich um ei­ne un­ter­neh­mensüberg­rei­fen­de und kon­zern­be­zo­ge­ne Ta­rif­ei­ni­gung mit Ablösungs­wil­len. Die­se Ta­rif­suk­zes­si­on set­ze sich mit der Auf­glie­de­rung in im­mer klei­ne­re Kon­zern­ge­sell­schaf­ten fort. Es sei Sinn und Zweck der Gleich­stel­lungs­ab­re­de, glei­che Ar­beits­be­din­gun­gen in dem je­wei­li­gen Kon­zern­un­ter­neh­men der DT AG si­cher­zu­stel­len.


Das Ar­beits­ge­richt hat der Fest­stel­lungs­kla­ge statt­ge­ge­ben. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt der Kläger die Wie­der­her­stel­lung des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils. Die Be­klag­te be­an­tragt, die Re­vi­si­on zurück­zu­wei­sen.


Ent­schei­dungs­gründe

Die zulässi­ge Re­vi­si­on ist be­gründet. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat den Fest­stel­lungs­an­trag zu 1. zu Un­recht ab­ge­wie­sen. Der An­trag ist ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts be­gründet. Der Kläger kann die An­wen­dung der Ta­rif­verträge der DT AG mit dem Re­ge­lungs­stand vom 24. Ju­ni 2007 auf sein Ar­beits­verhält­nis auf­grund der ar­beits­ver­trag­li­chen Be­zug­nah­me­klau­sel ver­lan­gen.

I. Der Fest­stel­lungs­an­trag zu 1. ist zulässig. 


1. Der Fest­stel­lungs­an­trag be­darf der Aus­le­gung. Er ist, ob­wohl er nach sei­nem Wort­laut nur ge­gen­warts­be­zo­gen for­mu­liert ist, da­hin­ge­hend zu ver­ste­hen, dass der Kläger die An­wend­bar­keit der im An­trag ge­nann­ten Ta­rif­verträge ab dem Zeit­punkt des Be­triebsüber­gangs, dem 25. Ju­ni 2007, fest­ge­stellt wis­sen will. Das er­gibt sich aus dem Vor­brin­gen des Klägers. Der Kläger hat be­reits mit sei­nem Gel­tend­ma­chungs­schrei­ben die An­wend­bar­keit der vor­mals bei der DT AG be­ste­hen­den Ta­rif­verträge mit dem Re­ge­lungs­be­stand, der bei Ab­lauf des 24. Ju­ni 2007 be­stand, an­ge­mahnt. Die­ses Verständ­nis sei­nes



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An­tra­ges hat der Kläger in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat bestätigt.


2. Der der­art klar­ge­stell­te An­trag ist ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten zulässig. Da­mit fal­len die Hilfs­anträge nicht zur Ent­schei­dung an.


Ei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge kann sich auf ein­zel­ne Be­zie­hun­gen oder Fol­gen aus ei­nem Rechts­verhält­nis, auf be­stimm­te Ansprüche oder Ver­pflich­tun­gen oder auf den Um­fang ei­ner Leis­tungs­pflicht be­schränken - sog. Ele­men­ten­fest­stel­lungs­kla­ge -. Auch die An­wend­bar­keit ei­nes be­stimm­ten Ta­rif­ver­tra­ges oder Ta­rif­werks auf ein Ar­beits­verhält­nis kann Ge­gen­stand ei­ner Fest­stel­lungs­kla­ge sein (st. Rspr., s. nur BAG 22. Ok­to­ber 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BA­GE 128, 165). Mit dem in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat klar­ge­stell­ten Be­geh­ren kann der Streit der Par­tei­en über Grund und Um­fang ins­be­son­de­re der zukünf­ti­gen Leis­tungs­pflich­ten, die sich aus der Be­zug­nah­me­klau­sel in sei­nem Ar­beits­ver­trag vom 3. Sep­tem­ber 1980 er­ge­ben, geklärt wer­den. Dass die Be­klag­te ei­ner ge­richt­li­chen Fest­stel­lung nicht Fol­ge leis­ten will, trägt sie selbst nicht vor. Für ein sol­ches zukünf­ti­ges Ver­hal­ten fehlt es auch an An­halts­punk­ten. Auf­grund der Be­frie­dungs­funk­ti­on ei­nes Fest­stel­lungs­ur­teils ist der Kläger ent­ge­gen dem Vor­brin­gen der Be­klag­ten auch nicht ge­hal­ten, ei­ne Leis­tungs­kla­ge zu er­he­ben (BAG 5. No­vem­ber 2003 - 4 AZR 632/02 - zu I 2 a der Gründe, BA­GE 108, 224; 9. Mai 2007 - 4 AZR 319/06 - Rn. 15, AP BGB § 305c Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 12). Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten bleibt auch et­wa nicht un­geklärt, wel­che Aus­schluss­fris­ten zu be­ach­ten sind. Die von der Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträge gel­ten nicht nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG für das Ar­beits­verhält­nis des ta­ri­fun­ge­bun­de­nen Klägers.

II. Der Fest­stel­lungs­an­trag zu 1. ist be­gründet. Die Ta­rif­verträge der DT AG sind kraft ar­beits­ver­trag­li­cher Be­zug­nah­me auf das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en mit dem ta­rif­li­chen Re­ge­lungs­be­stand vom 24. Ju­ni 2007, dem Tag vor dem Be­triebsüber­gang auf die Be­klag­te, an­zu­wen­den. Das er­gibt ei­ne ergänzen­de Aus­le­gung der ver­ein­bar­ten Be­zug­nah­me­klau­sel, bei der es sich um ei­ne sog. Gleich­stel­lungs­ab­re­de iSd. frühe­ren Se­nats­recht­spre­chung han­delt. Die­se
 


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er­fasst nach dem Be­triebsüber­gang auf die Be­klag­te al­ler­dings nicht die von ihr ge­schlos­se­nen Haus­ta­rif­verträge, weil sie auch im We­ge ei­ner ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung we­der als Ta­rif­wech­sel­klau­sel noch als ei­ne Be­zug­nah­me­klau­sel ver­stan­den wer­den kann, die je­den­falls auf die im Kon­zern der DT AG für die ein­zel­nen Kon­zern­un­ter­neh­men je­weils ein­schlägi­gen Ta­rif­verträge ver­weist.


1. Die Par­tei­en stim­men zu Recht dar­in übe­rein, dass es sich bei der Be­zug­nah­me­re­ge­lung in dem 1980 ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­trag um ei­ne sog. Gleich­stel­lungs­ab­re­de iSd. frühe­ren Se­nats­recht­spre­chung han­delt.


a) Nach die­ser Recht­spre­chung wa­ren bei Ta­rif­ge­bun­den­heit des Ar­beit­ge­bers - an­ders als bei nicht ta­rif­ge­bun­de­nen Ar­beit­ge­bern - Ver­wei­sungs­klau­seln wie die­je­ni­ge in dem Ar­beits­ver­trag der Par­tei­en in al­ler Re­gel als sog. Gleich­stel­lungs­ab­re­den aus­zu­le­gen. Dies be­ruh­te auf der Vor­stel­lung, dass mit ei­ner sol­chen von ei­nem ta­rif­ge­bun­de­nen Ar­beit­ge­ber ge­stell­ten Ver­trags­klau­sel le­dig­lich die mögli­cher­wei­se feh­len­de Ge­bun­den­heit des Ar­beit­neh­mers an die im Ar­beits­ver­trag ge­nann­ten Ta­rif­verträge er­setzt wer­den soll, um je­den­falls zu ei­ner ver­trag­li­chen An­wen­dung des ein­schlägi­gen Ta­rif­ver­tra­ges zu kom­men und da­mit - bei de­ren ge­ne­rel­ler Ver­wen­dung - zu des­sen Gel­tung für al­le Beschäftig­ten (vgl. nur BAG 21. Au­gust 2002 - 4 AZR 263/01 - zu I 2 b der Gründe, BA­GE 102, 275; 25. Sep­tem­ber 2002 - 4 AZR 294/01 - zu II 2 f bb der Gründe, BA­GE 103, 9; 1. De­zem­ber 2004 - 4 AZR 50/04 - zu I 2 a der Gründe, BA­GE 113, 40). Die­se Aus­le­gungs­re­gel hält der Se­nat nicht mehr auf­recht. Er wen­det sie aus Gründen des Ver­trau­ens­schut­zes aber wei­ter­hin auf die Ver­wei­sungs­klau­seln in Ar­beits­verträgen an, die vor dem In­kraft­tre­ten der Schuld­rechts­re­form zum 1. Ja­nu­ar 2002 ab­ge­schlos­sen wor­den sind (st. Rspr., vgl. nur BAG 18. No­vem­ber 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 und 22 je­weils mwN, BA­GE 132, 261; 26. Au­gust 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 49, BA­GE 132, 10; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26 ff., BA­GE 122, 74; 14. De­zem­ber 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BA­GE 116, 326).


b) Da die im Ar­beits­ver­trag ent­hal­te­ne Ver­wei­sung auf die Ta­rif­verträge für die Ar­bei­ter der Deut­schen Bun­des­post im Jah­re 1980 ver­ein­bart wor­den ist,



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kommt bei des­sen Aus­le­gung wei­ter­hin die frühe­re Se­nats­recht­spre­chung zum Tra­gen. Da­nach ist die Be­zug­nah­me­klau­sel des Ar­beits­ver­tra­ges ei­ne Gleich­stel­lungs­ab­re­de. Sie ver­weist auf die fach­lich ein­schlägi­gen Ta­rif­verträge, an die die da­ma­li­ge Ar­beit­ge­be­rin ta­rif­ge­bun­den war. Auf die­se Wei­se sind de­ren Re­ge­lun­gen mit der sich aus dem Cha­rak­ter als Gleich­stel­lungs­ab­re­de er­ge­ben­den Maßga­be In­halt des Ar­beits­ver­tra­ges des Klägers ge­wor­den.


2. Nach dem Ar­beits­ver­trag sind für das Ar­beits­verhält­nis die An­wen­dung der „Be­stim­mun­gen des Ta­rif­ver­tra­ges für die Ar­bei­ter der Deut­schen Bun­des­post (TV Arb) und die sons­ti­gen Ta­rif­verträge für die Ar­bei­ter der Deut­schen Bun­des­post ... in ih­rer je­wei­li­gen Fas­sung“ ver­ein­bart. Die­se Ab­re­de enthält ei­ne dy­na­mi­sche Be­zug­nah­me, die den TV Arb und die sons­ti­gen Ta­rif­verträge für die Ar­bei­ter der Deut­schen Bun­des­post er­fasst.

a) Bei dem zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­den Ar­beits­ver­trag han­delt es sich um ei­nen For­mu­lar­ver­trag, des­sen In­halt als All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung nach ih­rem ob­jek­ti­ven In­halt und ty­pi­schen Sinn ein­heit­lich so aus­zu­le­gen ist, wie sie von verständi­gen und red­li­chen Ver­trags­part­nern un­ter Abwägung der In­ter­es­sen der nor­ma­ler­wei­se be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­se ver­stan­den wer­den, wo­bei die Verständ­nismöglich­kei­ten des durch­schnitt­li­chen Ver­trags­part­ners des Ver­wen­ders zu­grun­de zu le­gen sind. An­satz­punkt für die Aus­le­gung All­ge­mei­ner Geschäfts­be­din­gun­gen ist in ers­ter Li­nie der Ver­trags­wort­laut. Von Be­deu­tung für das Aus­le­gungs­er­geb­nis sind fer­ner der von den Ver­trags­par­tei­en ver­folg­te Re­ge­lungs­zweck so­wie die der je­weils an­de­ren Sei­te er­kenn­ba­re In­ter­es­sen­la­ge der Be­tei­lig­ten (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, AP TVG § 1 Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 48; 16. De­zem­ber 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12, AP TVG § 1 Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 44). Die Aus­le­gung durch das Lan­des­ar­beits­ge­richt kann vom Re­vi­si­ons­ge­richt oh­ne Ein­schränkung über­prüft wer­den (st. Rspr., vgl. nur BAG 30. Au­gust 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 b der Gründe mwN, BA­GE 95, 296). Dies gilt auch für Be­zug­nah­me­klau­seln (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - aaO; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 24, BA­GE 122, 74).


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b) Da­nach enthält der Ar­beits­ver­trag ei­ne zeit­dy­na­mi­sche Be­zug­nah­me auf die je­wei­li­gen Re­ge­lun­gen des TV Arb ein­sch­ließlich der hier­zu ge­schlos­se­nen Zu­satz­ta­rif­verträge, die aber nicht in­halts­dy­na­misch aus­ge­stal­tet ist.

aa) Im Ar­beits­ver­trag knüpfen die Par­tei­en hin­sicht­lich der Ar­beits­be­din­gun­gen an die für den Be­reich der da­ma­li­gen Deut­schen Bun­des­post im Ar­bei­ter­be­reich ta­rif­lich ver­ein­bar­ten Re­ge­lun­gen an und ge­stal­ten sie zeit­dy­na­misch. Da­von ge­hen die Par­tei­en übe­rein­stim­mend aus und dem ent­sprach auch die ar­beits­ver­trag­li­che Pra­xis. Da­mit woll­te die Deut­sche Bun­des­post in ih­ren Be­trie­ben das für sie gel­ten­de Ta­rif­werk an­wen­den und die dort statt­fin­den­de ta­rif­li­che Ent­wick­lung auch in den Ar­beits­verhält­nis­sen der nicht ta­rif­ge­bun­de­nen Ar­beit­neh­mer nach­voll­zie­hen.

bb) Die Be­zug­nah­me er­fasst von ih­rem Wort­laut her je­den­falls nicht die den TV Arb und sei­ne Zu­satz­ta­rif­verträge er­set­zen­den Ta­rif­verträge der DT AG im Zu­ge der Ver­ein­ba­rung der Ta­rif­verträge des NBBS. Die­se sind kei­ne „je­wei­li­ge Fas­sung“ des TV Arb und der ihn ergänzen­den oder ändern­den Ta­rif­verträge und wur­den zu­dem nicht von der Deut­schen Bun­des­post, son­dern von ei­nem der drei Nach­fol­ge­un­ter­neh­men, der DT AG, ge­schlos­sen. Der Ar­beits­ver­trag ist hin­sicht­lich der Be­zug­nah­me nur zeit­dy­na­misch auf den TV Arb, nicht aber in­halts­dy­na­misch auf die Ta­rif­verträge der DT AG aus­ge­stal­tet (s. auch BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 18, AP TVG § 1 Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 48; 10. Ju­ni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, AP BGB § 157 Nr. 38; je­weils zum BAT). Ob die von der DT AG und der DPG seit Be­ginn des Jah­res 1995 ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträge, die den TV Arb und die Zu­satz­ta­rif­verträge für den Be­reich der DT AG - teil­wei­se un­ter Bei­be­hal­tung der Be­zeich­nung „TV Arb“ - änder­ten und ergänz­ten, noch oh­ne wei­te­res von der Be­zug­nah­me­re­ge­lung er­fasst wa­ren, ob­wohl sie auf Ar­beit­ge­ber­sei­te von der DT AG und nicht von der Deut­schen Bun­des­post ge­schlos­sen wor­den wa­ren, muss der Se­nat vor­lie­gend nicht ent­schei­den.


3. Die An­wend­bar­keit der Re­ge­lun­gen der vom Kläger an­geführ­ten Ta­rif­verträge mit dem Re­ge­lungs­stand vom 24. Ju­ni 2007 er­gibt sich je­den­falls auf­grund ei­ner ergänzen­den Aus­le­gung der im Ar­beits­ver­trag ent­hal­te­nen


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Be­zug­nah­me­klau­sel in Form ei­ner sog. Gleich­stel­lungs­ab­re­de. Der Ar­beits­ver­trag der Par­tei­en enthält auf­grund des Über­gangs der Deut­schen Bun­des­post im We­ge der par­ti­el­len Ge­samt­rechts­nach­fol­ge auf die DT AG zum 1. Ja­nu­ar 1995 und durch die Ablösung der fort­ge­schrie­be­nen Re­ge­lun­gen des TV Arb und der ihn ergänzen­den Ta­rif­verträge durch die Einführung des NBBS und der in die­sem Zu­sam­men­hang ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträge je­den­falls spätes­tens seit dem 1. Ju­li 2001 ei­ne nachträglich ein­ge­tre­te­ne Re­ge­lungslücke, die im We­ge ei­ner zulässi­gen ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung zu schließen ist.


a) Der Ar­beits­ver­trag ist, weil er nachträglich lücken­haft ge­wor­den ist, ei­ner ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung zugäng­lich.

aa) Vor­aus­set­zung der ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung ist, dass die Ver­ein­ba­rung ei­ne Re­ge­lungslücke iSe. plan­wid­ri­gen Un­vollständig­keit auf­weist (BAG 9. De­zem­ber 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 25; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 33, BA­GE 130, 202). Ei­ne Re­ge­lungslücke liegt da­bei nur vor, wenn die Par­tei­en ei­nen Punkt über­se­hen oder zwar nicht über­se­hen, aber doch be­wusst of­fen­ge­las­sen ha­ben, weil sie ihn im Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses für nicht re­ge­lungs­bedürf­tig ge­hal­ten ha­ben, und die An­nah­me der feh­len­den Re­ge­lungs­bedürf­tig­keit sich nachträglich als un­zu­tref­fend her­aus­stellt. Von ei­ner Plan­wid­rig­keit kann nur die Re­de sein, wenn der Ver­trag ei­ne Be­stim­mung ver­mis­sen lässt, die er­for­der­lich ist, um den ihm zu­grun­de lie­gen­den Re­ge­lungs­plan zu ver­wirk­li­chen, mit­hin oh­ne Ver­vollständi­gung des Ver­tra­ges ei­ne die­sem ein­ver­nehm­li­chen Re­ge­lungs­plan an­ge­mes­se­ne, in­ter­es­sen­ge­rech­te Lösung nicht zu er­zie­len ist (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 23 mwN, AP TVG § 1 Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 48; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - aaO).


bb) Da­nach ist die Be­zug­nah­me im Ar­beits­ver­trag lücken­haft. Aus der dy­na­mi­schen Aus­ge­stal­tung der Be­zug­nah­me auf das je­weils gel­ten­de ta­rif­li­che Re­ge­lungs­werk für die Ar­bei­ter der Deut­schen Bun­des­post er­gibt sich der Wil­le der Par­tei­en, die Ar­beits­be­din­gun­gen nicht in ei­ner be­stimm­ten Wei­se fest­zu­schrei­ben, son­dern sie - dy­na­misch - an der Ta­ri­fent­wick­lung im Be­reich der Deut­schen Bun­des­post aus­zu­rich­ten. Das Ar­beits­verhält­nis wird in sei­ner


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Ent­wick­lung an die­je­ni­gen Ar­beits­be­din­gun­gen ge­bun­den, die für die Ar­beit­neh­mer gel­ten, die von dem in Be­zug ge­nom­me­nen Ta­rif­ver­trag er­fasst wer­den.


Die Par­tei­en ha­ben al­ler­dings, wie sie übe­rein­stim­mend vor­ge­tra­gen ha­ben, bei Ab­schluss des Ar­beits­ver­tra­ges nicht be­dacht, dass die Deut­sche Bun­des­post pri­va­ti­siert und im We­ge der par­ti­el­len Ge­samt­rechts­nach­fol­ge auf drei recht­lich selbständi­ge Ak­ti­en­ge­sell­schaf­ten über­geht und in­fol­ge­des­sen der TV Arb durch die Deut­sche Bun­des­post nicht mehr fort­geführt wer­den könn­te, wes­halb für die­sen Fall ei­ne Re­ge­lung im Ar­beits­ver­trag fehlt. Durch die fast vollständi­ge Er­set­zung des ta­rif­li­chen Re­ge­lungs­werks für die Ar­bei­ter der Deut­schen Bun­des­post im Be­reich der DT AG zum 1. Ju­li 2001 durch das neue Ta­rif­werk im Rah­men des NBBS war der be­ste­hen­de Ver­trag spätes­tens seit dem 1. Ju­li 2001 lücken­haft ge­wor­den.


Ob die DT AG als ei­ner der drei Rechts­nach­fol­ger der Deut­schen Bun­des­post auf­grund der Re­ge­lung in § 21 Abs. 1 Post­PersG in die von die­ser ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträge tatsächlich im We­ge der par­ti­el­len Ge­samt­rechts-nach­fol­ge ein­ge­tre­ten ist, wie es der Kläger meint, und was im Er­geb­nis zu ei­ner „Ver­drei­fa­chung“ des be­ste­hen­den Ta­rif­werks auf drei Rechts­nach­fol­ger geführt hätte, muss der Se­nat nicht ab­sch­ließend ent­schei­den. Denn je­den­falls die Ta­rif­verträge, die im Rah­men des NBBS ge­schlos­sen wur­den, wer­den von der Be­zug­nah­me­klau­sel nicht mehr er­fasst (un­ter II 2 b bb).


b) Ei­ne nachträglich ent­stan­de­ne Re­ge­lungslücke ist im We­ge der ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung zu schließen. Die­se er­gibt, dass die Par­tei­en die für den Kläger ein­schlägi­gen Ta­rif­verträge der DT AG ver­ein­bart hätten. Ob der Kläger und die DT AG durch ih­re Ver­trags­pra­xis nach dem 1. Ju­li 2001 bis zum Be­triebsüber­gang auf die Be­klag­te im wei­te­ren Ver­lauf des Ar­beits­verhält­nis­ses kon­klu­dent die Be­zug­nah­me­klau­sel da­hin­ge­hend ab­geändert ha­ben, es sol­len die Ta­rif­verträge der DT AG zur An­wen­dung kom­men, muss, auch wenn vie­les hierfür spricht, da­her nicht ab­sch­ließend ent­schie­den wer­den (da­zu et­wa BAG 24. Sep­tem­ber 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 25, BA­GE 128, 73), da sich de­ren An­wend­bar­keit je­den­falls in­fol­ge ei­ner ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung er­gibt.
 


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aa) Im We­ge der ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung tritt an die Stel­le der lücken­haf­ten Klau­sel die­je­ni­ge Ge­stal­tung, die die Par­tei­en bei ei­ner an­ge­mes­se­nen Abwägung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen nach Treu und Glau­ben als red­li­che Ver­trags­par­tei­en ver­ein­bart hätten, wenn ih­nen die Un­wirk­sam­keit der Geschäfts­be­din­gung be­kannt ge­we­sen wäre (st. Rspr., et­wa BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 31, AP TVG § 1 Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 48; 16. De­zem­ber 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 22, AP TVG § 1 Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 44; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 26, BA­GE 122, 182). Die ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung im Be­reich der All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen hat sich zu ori­en­tie­ren an ei­nem ob­jek­tiv-ge­ne­ra­li­sie­ren­den, am Wil­len und In­ter­es­se der ty­pi­scher­wei­se an Geschäften die­ser Art be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­se, aus­ge­rich­te­ten Maßstab, und nicht nur an dem der kon­kret be­tei­lig­ten Per­so­nen (BGH 7. März 1989 - KZR 15/87 - zu II 1 der Gründe mwN, BGHZ 107, 273). Die Ver­trags­ergänzung muss des­halb für den be­trof­fe­nen Ver­trags­typ als all­ge­mei­ne Lösung ei­nes stets wie­der­keh­ren­den In­ter­es­sen­ge­gen­sat­zes an­ge­mes­sen sein. Maßge­ben­der Zeit­punkt für die Fest­stel­lung und Be­wer­tung des mut­maßli­chen ty­pi­sier­ten Par­tei­wil­lens und der In­ter­es­sen­la­ge ist der Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses, da die ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung ei­ne anfäng­li­che Re­ge­lungslücke rück­wir­kend schließt (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - aaO; BGH 12. Ok­to­ber 2005 - IV ZR 162/03 - zu B IV 1 b der Gründe, BGHZ 164, 297). Das gilt auch, wenn ei­ne Lücke sich erst nachträglich als Fol­ge des wei­te­ren Ver­laufs der Din­ge er­ge­ben hat (BGH 6. Ju­li 1989 - III ZR 35/88 - zu II 4 a der Gründe, NJW-RR 1989, 1490). Zunächst ist hierfür an den Ver­trag selbst an­zu­knüpfen, denn die in ihm ent­hal­te­nen Re­ge­lun­gen und Wer­tun­gen, sein Sinn und Zweck sind Aus­gangs­punkt der Ver­trags­ergänzung. So­weit ir­gend möglich, sind da­nach Lücken im We­ge der ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung in der Wei­se aus­zufüllen, dass die Grundzüge des kon­kre­ten Ver­tra­ges „zu En­de ge­dacht“ wer­den (BGH 20. Sep­tem­ber 1993 - II ZR 104/92 - zu 2 der Gründe, BGHZ 123, 281).


bb) Aus­ge­hend von die­sen Maßstäben hätten die Par­tei­en red­li­cher­wei­se für den Fall des Weg­falls der ursprüng­li­chen Ta­rif­ver­trags­par­tei Deut­sche
 


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Bun­des­post auf Ar­beit­ge­ber­sei­te in­fol­ge der Post­re­form II und der da­mit ver­bun­de­nen par­ti­el­len Ge­samt­rechts­nach­fol­ge auf die DT AG so­wie der sich nach­fol­gend voll­zie­hen­den Ablösung der Ta­rif­verträge der Deut­schen Bun­des­post durch das ta­rif­li­che Re­ge­lungs­werk der DT AG des­sen ar­beits­ver­trag­li­che Be­zug­nah­me ver­ein­bart, weil ei­ne sta­ti­sche Re­ge­lung der Ar­beits­be­din­gun­gen nach dem TV Arb und den wei­te­ren Ta­rif­verträgen für die Ar­bei­ter, sei es in dem Re­ge­lungs­be­stand zum Jah­res­wech­sel 1995 oder zum 1. Ju­li 2001, nicht ih­ren In­ter­es­sen ent­sprach.
 

Zwar han­delt es sich bei der Er­set­zung des TV Arb durch das Ta­rif­werk der DT AG nicht um ei­ne von den den­sel­ben Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ver­ein­bar­te Ta­rif­suk­zes­si­on in­ner­halb des An­wen­dungs­be­reichs des bis­he­ri­gen Ta­rif­ver­tra­ges, wie es et­wa im Be­reich des öffent­li­chen Diens­tes durch die weit­ge­hen­de Er­set­zung des BAT durch die Nach­fol­ge­ta­rif­verträge der Fall ge­we­sen ist (da­zu ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, BA­GE 130, 286). Das würde nicht berück­sich­ti­gen, dass es nicht nur zu ei­ner Ablösung des TV Arb so­wie der ihn ändern­den und ergänzen­den Ta­rif­verträge ge­kom­men ist, son­dern auch zu ei­ner par­ti­el­len Ge­samt­rechts­nach­fol­ge in Be­zug auf die ursprüng­li­che Ta­rif­ver­trags­par­tei „Deut­sche Bun­des­post“, die im wei­te­ren Ver­lauf drei von­ein­an­der dif­fe­rie­ren­de Ta­rif­ver­trags­wer­ke in den Un­ter­neh­men DT AG, Deut­sche Post AG und Deut­sche Post­bank AG her­vor­ge­bracht hat.


Je­den­falls für den Kläger, der seit Be­ginn sei­ner Tätig­keit stets als Fern­mel­de­hand­wer­ker in dem Un­ter­neh­mens­be­reich tätig ge­we­sen ist, der später den Geschäfts­be­reich Fern­mel­de­dienst und nach­fol­gend Te­le­kom bil­de­te und an­sch­ließend auf die DT AG über­ge­gan­gen ist, ist da­von aus­zu­ge­hen, dass die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en in die­sem spe­zi­el­len Fall ei­ner Ge­samt­rechts­nach­fol­ge auf drei Nach­fol­ge­un­ter­neh­men un­ter Weg­fall der ursprüng­li­chen Ta­rif­ver­trags­par­tei von den dann be­ste­hen­den Nach­fol­ge­re­ge­lun­gen die­je­ni­gen Ta­rif­be­stim­mun­gen in Be­zug ge­nom­men hätten, die dem Tätig­keits­be­reich des Klägers ent­spre­chen. Dies sind die Ta­rif­verträge der DT AG. Dem ent­spricht auch die Ver­trags­pra­xis der da­ma­li­gen Ar­beits­ver­trags­par­tei­en - des Klägers und der DT AG -, die bis zum Be­triebsüber­gang im Jah­re 2007 stets die­ses Ta­rif­werk an­ge­wen­det ha­ben.

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4. In­fol­ge des Be­triebsüber­gangs auf die Be­klag­te hat sich an die­ser Rechts­la­ge nichts geändert. Die so be­gründe­ten, aus dem in Be­zug ge­nom­me­nen Ta­rif­werk herrühren­den in­di­vi­du­al­ver­trag­li­chen Rech­te und Pflich­ten wur­den nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB In­halt des Ar­beits­verhält­nis­ses mit der Be­klag­ten als Er­wer­be­rin (vgl. BAG 17. No­vem­ber 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 19, NZA 2011, 356; 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - BA­GE 105, 284; 26. Sep­tem­ber 2001 - 4 AZR 544/00 - BA­GE 99, 120), und zwar, weil es sich um ei­ne Gleich­stel­lungs­ab­re­de han­delt (oben II 1 a), mit dem ta­rif­li­chen Re­ge­lungs­be­stand vom 24. Ju­ni 2007. Die Be­zug­nah­me er­streckt sich da­ge­gen nicht auf die von der Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträge.


a) Die Be­zug­nah­me­klau­sel er­fasst nicht die bei der Be­klag­ten be­ste­hen­den Ta­rif­verträge. Be­son­de­re Umstände, die ei­ne er­wei­tern­de Aus­le­gung der Be­zug­nah­me­klau­sel ermögli­chen, sind we­der vor­ge­tra­gen noch er­sicht­lich. Für ei­ne wei­te­re ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung fehlt es an der er­for­der­li­chen Ver­tragslücke. Ein an­de­res er­gibt sich nicht aus dem Cha­rak­ter der Be­zug­nah­me­klau­sel als Gleich­stel­lungs­ab­re­de.


aa) Die Be­zug­nah­me­klau­sel er­fasst nach ih­rem In­halt nicht die bei der Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträge.


(1) Der Wort­laut der Be­zug­nah­me­klau­sel gibt kei­ne aus­rei­chen­den Hin­wei­se dar­auf, dass ei­ne Ta­rif­wech­sel­klau­sel oder zu­min­dest ei­ne Be­zug­nah­me ver­ein­bart wor­den ist, die die je­wei­li­gen Ta­rif­verträge von ein­zel­nen Kon­zern-un­ter­neh­men der DT AG er­fasst. Das gilt auch für die im We­ge der ergänzen-den Ver­trags­aus­le­gung be­ste­hen­de Be­zug­nah­me­re­ge­lung. Es be­ste­hen selbst un­ter Berück­sich­ti­gung der Ver­trags­pra­xis bei der DT AG bis zum Be­triebsüber­gang im Jah­re 2007 kei­ne An­halts­punk­te dafür, es soll­ten über die von der DT AG selbst ge­schlos­se­nen Ta­rif­re­ge­lun­gen wei­te­re Ta­rif­verträge an­de­rer Ta­rif­ver­trags­par­tei­en er­fasst wer­den. An­halts­punk­te, die ursprüng­li­che Be­zug­nah­me­klau­sel sei be­reits ih­rem Wort­laut nach als Ta­rif­wech­sel­klau­sel aus­zu­le­gen, sind nicht er­kenn­bar. Das gilt auch für ih­ren In­halt auf­grund der ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung.



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(2) Auch für die von der Be­klag­ten in An­spruch ge­nom­me­ne Aus­le­gung da­hin­ge­hend, je­den­falls in­ner­halb ein­zel­ner Kon­zern­un­ter­neh­men soll­ten im Fal­le von Un­ter­neh­mens­ab­spal­tun­gen oder Neu­gründun­gen von Toch­ter­un­ter­neh­men mit nach­fol­gen­den (Teil-)Be­triebsübergängen die dort je­weils ein­schlägi­gen Ta­rif­verträge an­ge­wen­det wer­den, gibt es we­der im Ver­trags­wort­laut noch in der fol­gen­den Ver­trags­pra­xis ei­nen hin­rei­chen­den An­halts­punkt. Des­halb kann nicht da­von aus­ge­gan­gen wer­den, es sol­le die Ta­ri­fent­wick­lung nicht nur bei der DT AG, son­dern auch bei von ihr ge­gründe­ten Toch­ter­un­ter­neh­men je­weils nach­voll­zo­gen wer­den, selbst wenn die DT AG und die von ihr ge­schlos­se­nen und ar­beits­ver­trag­lich - mit - in Be­zug ge­nom­me­nen Ta­rif­verträge wei­ter­hin be­ste­hen und als sol­che auch wei­ter­ent­wi­ckelt wer­den.

(3) Ei­ne ar­beits­ver­trag­li­che Be­zug­nah­me auf die bei der Be­klag­ten gel­ten­den Haus­ta­rif­verträge kann dem Ar­beits­ver­trag der Par­tei­en nicht im We­ge ei­ner - wei­te­ren - ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung ent­nom­men wer­den. We­der liegt ein Fall der Ta­rif­suk­zes­si­on vor, wie die Be­klag­te meint, noch be­steht ei­ne Ver­tragslücke.


Ei­ne von den den­sel­ben Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ver­ein­bar­te Ta­rif­suk­zes­si­on in­ner­halb des Gel­tungs­be­reichs des bis­he­ri­gen Ta­rif­ver­tra­ges, wie sie et­wa im Be­reich des öffent­li­chen Diens­tes durch die weit­ge­hen­de Er­set­zung des BAT durch die Nach­fol­ge­ta­rif­verträge ge­sche­hen ist (da­zu ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, BA­GE 130, 286), ist vor­lie­gend nicht ge­ge­ben. Viel­mehr be­ste­hen die Ta­rif­verträge bei der DT AG nach wie vor fort. Des­halb fehlt es auch an ei­ner Ver­tragslücke, weil das Be­zug­nah­me­ob­jekt - an­ders als der TV Arb und die da­zu ge­schlos­se­nen Zu­satz­ta­rif­verträge spätes­tens zum 1. Ju­li 2001 - nicht weg­ge­fal­len ist.

(4) Eben­so we­nig hat ein „ab­ge­stimm­tes Ver­hal­ten“ von Ta­rif­ver­trags­par­tei­en Ein­fluss auf die Aus­le­gung ei­ner ar­beits­ver­trag­li­chen Be­zug­nah­me­klau­sel. Ihr even­tu­el­ler Ge­stal­tungs­wil­le als nicht am Ar­beits­ver­trag Be­tei­lig­te ist für die Aus­le­gung ei­ner ein­zel­ver­trag­li­chen Be­zug­nah­me­klau­sel oh­ne Be­deu­tung (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 20, AP TVG § 1 Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 48;
 


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16. De­zem­ber 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 16, AP TVG § 1 Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 44). Al­lein der Um­stand, dass die DT AG vor dem Be­triebsüber­gang Spar­ten­ta­rif­verträge hätte schließen können, die dann von der Be­zug­nah­me­klau­sel hätten er­fasst sein können, führt nicht da­zu, dass der zwi­schen den Par­tei­en ge­schlos­se­ne Ver­trag nun - da dies nicht ge­sche­hen ist - ent­spre­chend kor­ri­gie­rend aus­zu­le­gen wäre. Der DT AG wäre es - ei­ne Ei­ni­gung mit der ver­trags­sch­ließen­den Ge­werk­schaft vor­aus­ge­setzt - zwar un­be­nom­men ge­we­sen, Spar­ten­ta­rif­verträge für ihr Un­ter­neh­men ab­zu­sch­ließen. Aber selbst dann würde die Be­zug­nah­me­klau­sel im Fal­le ei­nes nach­fol­gen­den Be­triebsüber­gangs nur die von der DT AG ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträge er­fas­sen, nicht aber nach­fol­gen­de Ta­rif­verträge der Be­klag­ten, die die­se in­halt­lich fort­set­zen.


bb) Dafür, dass die Be­zug­nah­me­klau­sel über ih­ren Wort­laut hin­aus auch ei­nen Wech­sel auf die je­weils ein­schlägi­gen Ta­rif­verträge in Kon­zern­un­ter­neh­men der DT AG mit er­fas­sen soll, spricht nichts.


(1) Nach der Recht­spre­chung des Se­nats kann die Be­zug­nah­me auf das Ta­rif­werk ei­ner be­stimm­ten Bran­che über ih­ren Wort­laut hin­aus nur dann als große dy­na­mi­sche Ver­wei­sung - Be­zug­nah­me auf den je­weils für den Be­trieb fach­lich bzw. be­trieb­lich gel­ten­den Ta­rif­ver­trag - aus­ge­legt wer­den, wenn sich dies aus be­son­de­ren Umständen er­gibt (st. Rspr., 22. Ok­to­ber 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 21 mwN, BA­GE 128, 165; 29. Au­gust 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 17, BA­GE 124, 34; 25. Sep­tem­ber 2002 - 4 AZR 294/01 - zu II 2 c der Gründe, BA­GE 103, 9).


(2) Ein der­ar­ti­ges am Wort­laut der Be­zug­nah­me­klau­sel ori­en­tier­tes Aus­le­gungs­er­geb­nis gilt auch, wenn die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en ver­trag­lich die An­wen­dung ei­nes beim Ar­beit­ge­ber gel­ten­den Haus­ta­rif­ver­tra­ges ver­ein­ba­ren und die­sen in der Klau­sel na­ment­lich be­zeich­nen. In Be­zug ge­nom­men ist dann nur der ge­nann­te Ta­rif­ver­trag oder das be­tref­fen­de Ta­rif­werk in sei­ner je­wei­li­gen Fas­sung und - was durch Aus­le­gung der Klau­sel zu er­mit­teln ist - die ergänzen­den, ändern­den und ggf. er­set­zen­den Ta­rif­verträge.



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Auch hier ha­ben die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en die Möglich­keit, die Rechts­fol­ge ei­nes Ta­rif­wech­sels, et­wa weil wie hier ein an­de­rer Ar­beit­ge­ber an ei­nen an­de­ren ab­ge­schlos­se­nen Ta­rif­ver­trag ge­bun­den ist, aus­drück­lich zu ver­ein­ba­ren. Sie be­stim­men mit ih­rer ver­trag­li­chen Ab­re­de den Um­fang der Be­zug­nah­me. Wol­len die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en für den Fall ei­ner durch ei­nen Be­triebsüber­gang geänder­ten Ta­rif­bin­dung des Ar­beit­ge­bers an ei­nen an­de­ren Ta­rif­ver­trag er­rei­chen, dass durch ei­ne ver­trag­li­che Be­zug­nah­me das im neu­en Un­ter­neh­men gel­ten­de Ta­rif­recht zur An­wen­dung kommt, ha­ben sie die Möglich­keit, den Ty­pus der Ta­rif­wech­sel­klau­sel zu wählen. Sch­licht un­ter­stellt wer­den kann der Wil­le zum Ta­rif­wech­sel nicht (st. Rspr., s. nur BAG 22. Ok­to­ber 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 22 mwN, BA­GE 128, 165). Sol­cher Ta­rif­wech­sel­klau­seln hat sich die Be­klag­te im Übri­gen auch in den später von ihr ge­schlos­se­nen Ar­beits­verträgen nach dem un­strei­ti­gen Vor­brin­gen des Klägers be­dient.

Das Ar­gu­ment der Be­klag­ten, die ver­trag­li­che Be­zug­nah­me sei dann an­ders zu be­ur­tei­len, wenn es sich le­dig­lich um ei­nen Ar­beit­ge­ber­wech­sel in­fol­ge ei­nes Be­triebsüber­gangs in­ner­halb der­sel­ben Bran­che han­delt, ver­kennt, dass es sich hier um die Aus­le­gung ei­ner ver­trag­li­chen Ab­re­de han­delt. Hierfür ist es grundsätz­lich oh­ne Be­deu­tung, ob sich die Ta­rif­ge­bun­den­heit durch ei­nen Ver­bands­wech­sel des Ar­beit­ge­bers ändert oder das Ar­beits­verhält­nis in­fol­ge ei­nes Be­triebsüber­gangs auf ei­nen an­ders ta­rif­ge­bun­de­nen Ar­beit­ge­ber über­geht. Eben­so we­nig ist es von Be­deu­tung, ob ein sol­cher Vor­gang mit ei­nem Bran­chen­wech­sel ein­her­geht (vgl. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 27, BA­GE 130, 286; 22. Ok­to­ber 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 23, BA­GE 128, 165).


(3) Die Be­klag­te kann sich schließlich nicht er­folg­reich auf die Ent­schei­dung des Se­nats vom 4. Sep­tem­ber 1996 (- 4 AZR 135/95 - BA­GE 84, 97) stützen. Die da­ma­li­ge Ent­schei­dung be­traf zwar ei­ne ar­beits­ver­trag­li­che Ver­wei­sungs­klau­sel, die kei­ne Ta­rif­wech­sel­klau­sel zum In­halt hat­te, und im Fall des Ver­bands­wech­sels des Ar­beit­ge­bers kor­ri­gie­rend da­hin­ge­hend aus­ge­legt wur­de, dass ei­ne Ver­wei­sung auf den je­weils für den Be­trieb gel­ten­den Ta­rif-


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ver­trag ver­ein­bart sei. Grund­la­ge die­ses Verständ­nis­ses war der Um­stand, dass der Ver­trags­part­ner der von un­ter­schied­li­chen Ar­beit­ge­ber­verbänden ab­ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträge je­weils die­sel­be Ge­werk­schaft war, der auch die da­ma­li­ge Kläge­rin an­gehört hat­te. So­weit der Se­nat in der wie­der­ge­ge­be­nen Recht­spre­chung an­ge­nom­men hat, in sol­chen Fall­ge­stal­tun­gen sei ei­ne kor­ri­gie­ren­de Aus­le­gung über den ein­deu­ti­gen Wort­laut der Be­zug­nah­me­klau­sel hin­aus möglich, hat er die­se kri­ti­sier­te Recht­spre­chung (s. nur Buch­ner Anm. EzA TVG § 3 Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 7; kri­tisch auch An­nuß BB 1999, 2558; Dan­ne SAE 1998, 111; Dau­ner-Lieb SAE 1999, 47; Koh­te AuA 1997, 171) aus­drück­lich auf­ge­ge­ben (BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 73, BA­GE 130, 286; im An­schluss an 22. Ok­to­ber 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 24 f., BA­GE 128, 165; re­la­ti­vie­rend be­reits 30. Au­gust 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 c bb der Gründe, BA­GE 95, 296).

cc) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten führt der Um­stand, dass die Ver­wei­sung im Ar­beits­ver­trag als Gleich­stel­lungs­ab­re­de aus­zu­le­gen ist, nicht zu ei­nem Wech­sel des auf ver­trag­li­cher Grund­la­ge an­wend­ba­ren Ta­rif­rechts. Das lässt sich we­der aus Wort­laut und Sinn der Ver­trags­klau­sel noch aus dem Ge­dan­ken ei­ner hier­auf auf­bau­en­den „ent­spre­chen­den An­wen­dung“ des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB her­lei­ten, die die Be­klag­te anführt.

(1) Das mit dem Be­griff „Gleich­stel­lungs­ab­re­de“ ge­kenn­zeich­ne­te Aus­le­gungs­er­geb­nis ei­ner Be­zug­nah­me­klau­sel hat­te und hat in der Recht­spre­chung des Se­nats nicht den In­halt, den am Ver­trag be­tei­lig­ten Ar­beit­neh­mer in je­der Hin­sicht wie ein Mit­glied der ta­rif­sch­ließen­den Ge­werk­schaft oder zu­min­dest ta­rif­recht­lich wie ei­nen an den in Be­zug ge­nom­me­nen Ta­rif­ver­trag ge­bun­de­nen Ar­beit­neh­mer zu be­han­deln. Es ging und geht stets nur um die ver­trags­recht­li­che Stel­lung des Ar­beit­neh­mers, ihn al­so le­dig­lich ver­trag­lich hin­sicht­lich des in Be­zug ge­nom­me­nen Ta­rif­ver­tra­ges oder Ta­rif­werks so zu stel­len, als wäre er an die­sen Ta­rif­ver­trag ge­bun­den. We­sent­li­che Rechts­fol­ge die­ses Aus­le­gungs­er­geb­nis­ses war es, die sich aus dem Wort­laut der Be­zug­nah­me er­ge­ben­de Dy­na­mik der ein­zel­ver­trag­lich an­wend­ba­ren Ta­rif­verträge auf die Zeit zu be­gren­zen, in der der Ar­beit­ge­ber oh­ne­hin im Verhält­nis zu ta­rif­ge­bun­de­nen
 


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Ar­beit­neh­mern durch sei­ne Ver­bands­mit­glied­schaft an die Ta­ri­fent­wick­lung ge­bun­den war. Ei­ne Gleich­stel­lung, die auch ei­nen für Ge­werk­schafts­mit­glie­der nor­ma­tiv, bei­spiels­wei­se auf­grund von § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB, ein­tre­ten­den Ta­rif­wech­sel ver­trag­lich nach­voll­zieht, kann zwar ver­ein­bart wer­den; ein der­ar­ti­ger Re­ge­lungs­wil­le muss aber im Ver­trags­wort­laut er­kenn­bar zum Aus­druck kom­men (BAG 17. No­vem­ber 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 31, NZA 2011, 356). Das ist vor­lie­gend nicht der Fall.


(2) In sei­nem Ur­teil vom 29. Au­gust 2007 hat der Se­nat im Ein­zel­nen be­gründet, war­um im Verhält­nis zwi­schen ei­ner ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Ta­rif­gel­tung und ei­nem nor­ma­tiv gel­ten­den Ta­rif­ver­trag im Hin­blick auf die un­ter­schied­li­chen Re­ge­lungs­ebe­nen ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten ei­ne ent­spre­chen­de An­wen­dung des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB nicht in Be­tracht kommt (- 4 AZR 767/06 - Rn. 19 mwN, BA­GE 124, 34 zu den hier­zu in der Li­te­ra­tur ver­tre­te­nen Auf­fas­sun­gen). Der Se­nat nimmt hier­auf zur Ver­mei­dung von Wie­der­ho­lun­gen Be­zug.

Die Vor­schrift des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB ist nicht da­zu be­stimmt, auf beim Veräußerer ver­trag­lich be­gründe­te Rech­te und Pflich­ten Ein­fluss zu neh­men. § 613a Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 BGB re­geln aus­sch­ließlich den Er­halt von ursprüng­lich nor­ma­tiv be­gründe­ten Be­sitzständen nach ei­nem Be­triebsüber­gang, in des­sen Fol­ge die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne nor­ma­ti­ve Wei­ter­gel­tung ent­fal­len sind. Ver­trag­li­che Rechts­po­si­tio­nen, auch wenn sie in ei­ner pri­vat­au­to­no­men Ein­be­zie­hung von Ta­rif­recht ih­ren Grund ha­ben, ge­hen oh­ne wei­te­res und un­ein­ge­schränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Ein an­de­res Verständ­nis stünde im Übri­gen auch im Wi­der­spruch zu Art. 3 Abs. 1 der Be­triebsüber­gangs-Richt­li­nie 2001/23/EG vom 12. März 2001, wo­nach Rech­te und Pflich­ten aus ei­nem Ar­beits­ver­trag oh­ne wei­te­res auf den Er­wer­ber über­ge­hen (s. nur BAG 17. No­vem­ber 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, NZA 2011, 356).


(3) Der wei­te­re Ein­wand der Be­klag­ten, dem Ar­beit­ge­ber wer­de bei ei­nem Ver­trags­verständ­nis, das nicht zu ei­ner Ein­be­zie­hung des bei ihm gel­ten­den Ta­rif­rechts führe, kein wirk­sa­mes In­stru­ment zur Verfügung ge­stellt, mit dem er


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in Ausübung sei­nes Grund­rechts des Art. 9 Abs. 3 GG „kon­sti­tu­ti­ve ein­zel­ver­trag­li­che Ansprüche je­den­falls ih­rer eben­falls ta­rif­ge­bun­de­nen Ar­beit­neh­mer ändern ... könn­te“, wes­halb es zu ei­nem Ver­s­toß ge­gen das Ko­ali­ti­ons­grund-recht kom­me, geht be­reits im An­satz fehl. Die Be­klag­te über­sieht die un­ter­schied­li­chen Re­ge­lungs­ebe­nen ta­rif­ver­trag­li­cher und in­di­vi­du­al­ver­trag­li­cher Ver­ein­ba­run­gen.

Ge­gen­stand kol­lek­ti­ver Re­ge­lun­gen durch ta­rif­li­che In­halts­nor­men ist die Fest­set­zung all­ge­mei­ner und glei­cher Min­dest­ar­beits­be­din­gun­gen. Die Möglich­keit, dem­ge­genüber güns­ti­ge­re Ar­beits­be­din­gun­gen ein­zel­ver­trag­lich zu ver­ein­ba­ren, kann ein Ta­rif­ver­trag auch für ta­rif­ge­bun­de­ne Ar­beits­verhält­nis­se nicht ein­schränken (BAG 23. März 2011 - 4 AZR 366/09 - Rn. 41, NZA 2011, 920). Eben­so we­nig kann ein Ta­rif­ver­trag be­ste­hen­de in­di­vi­du­al­ver­trag­lich ver­ein­bar­te Rech­te abändern oder verkürzen (s. nur BAG 18. Au­gust 1971 - 4 AZR 342/70 - BA­GE 23, 399: An­rech­nungs­klau­sel). Von da­her ist schon im An­satz ei­ne Ver­let­zung des Ko­ali­ti­ons­grund­rechts im Hin­blick auf die ver­fas­sungs­recht­lich gewähr­leis­te­te Ta­rif­au­to­no­mie aus­ge­schlos­sen. Das Recht, Ta­rif­verträge mit un­mit­tel­ba­rer und zwin­gen­der Wir­kung für die Ta­rif­ge­bun­de­nen zu ver­ein­ba­ren - § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG - bleibt der Be­klag­ten un­be­nom­men. Eben­so un­be­ein­träch­tigt da­von blei­ben al­ler­dings auch die ein­zel­ver­trag­lich ver­ein­bar­ten güns­ti­ge­ren Re­ge­lun­gen, die im We­ge des Sach­grup­pen­ver­gleichs (st. Rspr., et­wa BAG 1. Ju­li 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 60 mwN, BA­GE 131, 176) zu er­mit­teln sind.


dd) Dem vor­lie­gen­den Er­geb­nis steht auch nicht die „Rechts­fol­gen­be­trach­tung“ der Be­klag­ten ent­ge­gen, wo­nach es im Fal­le von zwei auf­ein­an­der­fol­gen­den Be­triebsübergängen zu ei­ner nicht mehr auflösba­ren Kol­li­si­on des nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB trans­for­mier­ten Rechts kom­men soll. Es könne dann nicht mehr geklärt wer­den, in wel­chem Verhält­nis ein­zel­ver­trag­lich ver­ein­bar­te Re­ge­lun­gen und vor­ma­li­ge ta­rif­lich gel­ten­de Re­ge­lun­gen, die nun trans­for­miert wor­den sei­en, zu­ein­an­der stünden. Die Be­klag­te berück­sich­tigt nicht, dass die nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB trans­for­mier­ten Nor­men nicht der­ge­stalt In­halt der in­di­vi­du­al­ver­trag­li­chen Ab­re­de wer­den, wie dies bei der ver­trag­li­chen
 


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Be­zug­nah­me von Ta­rif­verträgen der Fall ist; sie be­hal­ten viel­mehr ih­ren kol­lek­tiv-recht­li­chen Cha­rak­ter bei (ausf. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 61 ff., BA­GE 130, 237). Des­halb ist ein Güns­tig­keits­ver­gleich ent­ge­gen ih­rer Auf­fas­sung oh­ne wei­te­res möglich und ge­bo­ten, wenn es zu ei­nem zwei­ten Be­triebsüber­gang auf ei­nen ta­ri­fun­ge­bun­de­nen Er­wer­ber kommt (da­zu BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 30, aaO).

b) Ei­ne kor­ri­gie­ren­de Aus­le­gung im Sin­ne der Be­klag­ten ist schließlich nicht aus Gründen des Ver­trau­ens­schut­zes ge­bo­ten.

aa) Die Be­klag­te ver­kennt, dass sich der in den Ent­schei­dun­gen des Se­nats zur Gleich­stel­lungs­ab­re­de gewähr­te Ver­trau­ens­schutz nicht dar­auf be­zieht, ob ei­ne Klau­sel als Ta­rif­wech­sel­klau­sel aus­zu­le­gen ist oder nicht.

(1) Der Gleich­stel­lungs­ge­halt ei­ner sol­chen Ver­ein­ba­rung ist nach der frühe­ren Recht­spre­chung auf den Zu­sam­men­hang zwi­schen der Dy­na­mik der Be­zug­nah­me und der Ta­rif­ge­bun­den­heit des Ar­beit­ge­bers an die be­zeich­ne­ten Ta­rif­verträge be­schränkt (BAG 29. Au­gust 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 17 f., BA­GE 124, 34; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 27, BA­GE 122, 74). Nur in­so­weit wen­det der Se­nat die frühe­re Recht­spre­chung auf „Alt­verträge“, al­so vor dem 1. Ja­nu­ar 2002 ge­schlos­se­ne Ar­beits­verträge an und gewährt in die­sem Rah­men Ver­trau­ens­schutz (st. Rspr., vgl. nur BAG 18. No­vem­ber 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 und 22 je­weils mwN, BA­GE 132, 261; 26. Au­gust 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 49, BA­GE 132, 10; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26 ff., BA­GE 122, 74; 14. De­zem­ber 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BA­GE 116, 326).

(2) Dem­ge­genüber hat der Se­nat für die An­nah­me ei­ner Ta­rif­wech­sel­klau­sel stets be­son­de­re und von der An­nah­me ei­ner Gleich­stel­lungs­ab­re­de un­abhängi­ge Vor­aus­set­zun­gen für not­wen­dig er­ach­tet (s. nur BAG 30. Au­gust 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 c bb der Gründe, BA­GE 95, 296; 16. Ok­to­ber 2002 - 4 AZR 467/01 - zu I 1 b aa und bb aaa der Gründe, BA­GE 103, 141).
 


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bb) Die Be­klag­te kann sich schließlich nicht des­halb auf Ver­trau­ens­schutz be­ru­fen, weil das Lan­des­ar­beits­ge­richt Schles­wig-Hol­stein (11. Au­gust 2004 - 2 Sa 475/03 -) ih­re Rechts­auf­fas­sung ge­teilt hat.


Die Gewährung von Ver­trau­ens­schutz in ei­ne höchst­rich­ter­li­che Recht­spre­chung setzt vor­aus, dass die be­trof­fe­ne Par­tei in die Fort­gel­tung ei­ner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung ver­trau­en durf­te. Selbst ei­ne ein­zel­ne höchst­ge­richt­li­che Ent­schei­dung reicht nicht aus, die Gewährung von Ver­trau­ens­schutz zu be­gründen. Für die vor­lie­gen­de Fall­ge­stal­tung gibt es kei­ne die Ver­trags­aus­le­gung der Be­klag­ten stützen­de höchst­rich­ter­li­che Recht­spre­chung, wes­halb ein Ver­trau­ens­schutz schon des­halb aus­schei­det (BAG 29. Au­gust 2007 - 4 AZR 765/06 - Rn. 31 f., AuR 2008, 181).


III. Die Be­klag­te hat die Kos­ten der Be­ru­fung und der Rev­si­on nach § 91 ZPO zu tra­gen.


Be­p­ler 

Creutz­feldt 

Tre­ber

H. Klotz 

Th. Hess

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