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Bei Massenentlassung keine Benachteiligung während einer Elternzeit
26.01.2017. Vor einem halben Jahr berichteten wir über einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 08.06.2016 (1 BvR 3634/13), mit dem die Karlsruher Richter einer gekündigten Arbeitnehmerin geholfen hatten, die zuvor in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit ihrer Kündigungsschutzklage gescheitert war (Arbeitsrecht aktuell: 16/258 Massenentlassung und Elternzeit).
Denn das BVerfG war anders als das Bundesarbeitsgericht (BAG) der Meinung, dass der spezielle Kündigungsschutz bei Massenentlassungen auch zugunsten von Arbeitnehmern angewandt werden muss, die sich während einer anzeigepflichtigen Massenkündigung gerade in Elternzeit befinden.
Heute hat das BAG den Streitfall entsprechend den Vorgaben des BVerfG entschieden, d.h. zugunsten der Klägerin: BAG, Urteil vom 26.01.2017, 6 AZR 442/16 (Pressemeldung des Gerichts).
- Kündigungsschutz bei Massenentlassungen und Elternzeit
- Im Streit: Insolvenzbedingte Betriebsschließung in Frankfurt mit verpatzten Anzeigen der geplanten Massenentlassungen
- BAG: Bindung an die Entscheidung des BVerfG ist zu respektieren
Kündigungsschutz bei Massenentlassungen und Elternzeit
Arbeitgeber, die innerhalb von 30 Tagen eine größere Zahl von Arbeitnehmern kündigen wollen, müssen diese Massenentlassung vorab der Arbeitsagentur anzeigen. Das folgt aus § 17 Abs.1 und Abs.3 Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Macht er das nicht, sind die Kündigungen nach der Rechtsprechung unwirksam.
Arbeitnehmer, die sich gerade in Elternzeit befinden, haben von diesem Sonderkündigungsschutz oft nichts, denn für die Kündigung von Elternzeitlern braucht der Arbeitgeber ein vorheriges behördliches OK, d.h. eine Zulässigkeitserklärung gemäß § 18 Abs.1 Bundeselterngeld- und -Elternzeitgesetz (BEEG). Die wiederum braucht Zeit, und bis sie vorliegt, ist die Massenentlassung oft schon vorüber. Dann wiederum verlangt § 17 Abs.1 und Abs.3 KSchG keine Massenentlassungsanzeige.
Der spezielle Kündigungsschutz für Elternzeit-Arbeitnehmer hätte demnach zur Folge, dass Elternzeitler den besonderen Kündigungsschutz bei Massenentlassungen verlieren, den sie eigentlich gemäß § 17 KSchG haben sollten. Das verstößt gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz (Art.3 Grundgesetz - GG) und ist außerdem eine gemäß Art.3 Abs.3 GG verbotene (mittelbare) Benachteiligung von Frauen wegen ihres Geschlechts, denn die Mehrheit der Elternzeit-Arbeitnehmer ist weiblich.
So hat es das BVerfG vor einem guten halben Jahr entschieden (BVerfG, Beschluss vom 08.06.2016, 1 BvR 3634/13, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 16/258 Massenentlassung und Elternzeit).
Im Streit: Insolvenzbedingte Betriebsschließung in Frankfurt mit verpatzten Anzeigen der geplanten Massenentlassungen
Der Streit, über den das BVerfG zu entscheiden hatte, hatte Ende 2009 begonnen, als eine insolvente griechische Fluggesellschaft ihre deutschen Niederlassungen stilllegte, unter anderem den Frankfurter Betrieb mit 36 dort beschäftigten Arbeitnehmern.
Die meisten dieser 36 Arbeitnehmer wurden im Dezember 2009 und Januar 2010 gekündigt und hatten mit ihren Kündigungsschutzklagen Erfolg. Denn die Gesellschaft hatte es unterlassen, vor dieser Massenentlassung gemäß § 17 Abs.2 KSchG den Gesamtbetriebsrat zu konsultieren, der wegen der Schließung aller Standorte zuständig gewesen wäre. Dementsprechend war der Massenentlassungsanzeige auch keine Stellungnahme des Gesamtbetriebsrats beigefügt. Das wiederum verstieß gegen § 17 Abs.3 Satz 2 KSchG und machte die Frankfurter Kündigungen unwirksam (BAG, Urteil vom 13.12.2012, 6 AZR 5/12).
Eine der Frankfurter Arbeitnehmerinnen befand sich während der 30tägigen Kündigungswelle von Ende Dezember 2009 bis Ende Januar 2010 allerdings in Elternzeit. Sie erhielt daher erst am 12.03.2010 die Kündigung, nachdem die behördliche Zulässigkeitserklärung gemäß § 18 Abs.1 BEEG vorlag. Das führte dazu, dass ihre Kündigungsschutzklage in allen Instanzen abgewiesen wurde, nämlich vom Arbeitsgericht Frankfurt (Urteil vom 06.04.2011, 2 Ca 2422/10), vom Hessischen Landesarbeitsgericht (Urteil vom 31.10.2011, 17 Sa 761/11) und schließlich auch vom BAG (BAG, Urteil vom 25.04.2013, 6 AZR 49/12).
Erst mit ihrer dagegen gerichteten Verfassungsbeschwerde hatte die Arbeitnehmerin Erfolg. Das BVerfG hob das BAG-Urteil auf und verwies den Fall zurück zum BAG. Der besondere Kündigungsschutz bei Massenentlassungen muss auch für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen gelten, die sich in Elternzeit befinden, so die Karlsruher Richter (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 16/258 Massenentlassung und Elternzeit).
BAG: Bindung an die Entscheidung des BVerfG ist zu respektieren
Aufgrund der Entscheidung des BVerfG sah sich das BAG gezwungen, der Kündigungsschutzklage der Frankfurter Klägerin stattzugeben. In der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG heißt es zur Begründung:
Unter einer "Massenentlassung" war bisher auf der Grundlage von § 17 KSchG und der dahinter stehenden Richtlinie 98/59/EG (Massenentlassungsrichtlinie) der Ausspruch von (vielen) Kündigungserklärungen zu verstehen, so das BAG. Plant der Arbeitgeber einen solchen Ausspruch von Kündigungen innerhalb von 30 Kalendertagen, muss er vorher den Betriebsrat konsultieren und die Arbeitsagentur in Form einer Massenentlassungsanzeige informieren.
Demgegenüber gehört der Antrag auf Zulässigkeitserklärung gemäß § 18 Abs.1 BEEG noch nicht zur Kündigung selbst, sondern zu ihrer Vorbereitung. Trotzdem muss der Arbeitgeber künftig aufgrund der Entscheidung des BVerfG auch für solche Arbeitnehmer eine Massenentlassungsanzeige bei der Arbeitsagentur einreichen, die er nicht im Rahmen der eigentlichen Massenentlassung kündigt, sondern für die er innerhalb der Massenentlassungswelle eine Zulässigkeitserklärung gemäß § 18 Abs.1 BEEG beantragt (hat).
Diese "Erweiterung des Entlassungsbegriffs bei Massenentlassungen durch das Bundesverfassungsgericht" betrifft nur das deutsche Arbeitsrecht, so das BAG, das sich dementsprechend daran gebunden sieht. Diese Bindung besteht
"ungeachtet der Probleme (...), die ua. dann entstehen, wenn die behördliche Zustimmung erst außerhalb der 90-tägigen Freifrist des § 18 Abs.4 KSchG erteilt wird oder wenn bei einer Arbeitnehmerin in Elternzeit die Kündigung als solche zugleich Teil einer zweiten, § 17 KSchG unterfallenden Welle von Kündigungen ist."
Fazit: Auch wenn sich das BAG über den Beschluss des BVerfG vom 08.06.2016 (1 BvR 3634/13) offenbar nicht freut, ist er zu beachten. Eine Anzeige der Massenentlassung ist daher künftig auch dann erforderlich, wenn Arbeitnehmer nach einer anzeigepflichtigen Entlassungswelle weitere Arbeitnehmer kündigen möchte, für die er bereits während der Entlassungswelle eine behördliche Zustimmung zur Kündigung beantragt hat. Das betrifft nicht nur Arbeitnehmer während einer Elternzeit, sondern auch schwangere Arbeitnehmerinnen und Schwerbehinderte.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.01.2017, 6 AZR 442/16 (Pressemeldung des Gerichts)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.01.2017, 6 AZR 442/16
- Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 08.06.2016, 1 BvR 3634/13
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.04.2013, 6 AZR 49/12
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.12.2012, 6 AZR 348/11
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.12.2012, 6 AZR 5/12
- Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 31.10.2011, 17 Sa 761/11
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.05.2011, 8 Sa 132/11
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsstilllegung, Betriebsschließung
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Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 7. September 2021
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