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Falschauskunft als Indiz für Diskriminierung

22.06.2012. Arbeitnehmer und Stellenbewerber dürfen nicht wegen ihrer ethnischen Herkunft oder aus rassistischen Gründen diskriminiert werden (§§ 1, 7 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG). Geschieht dies trotzdem, können betroffene Arbeitnehmer Schadensersatz und eine Entschädigung fordern (§ 15 AGG).
Da Arbeitgeber Diskriminierungen praktisch nie zugeben und weil diskriminierende Motive außerdem nur schwer nachzuweisen sind, können (potentielle) Diskriminierungsopfer eine gesetzliche Beweiserleichterung in Anspruch nehmen. Anstatt diskriminierende Arbeitgeberabsichten beweisen zu müssen, können sie sich auf den Beweis von Hilfstatsachen ("Indizien") beschränken, die eine Diskriminierung vermuten lassen (§ 22 AGG). Dann muss der Arbeitgeber die - zu vermutende - Diskriminierung widerlegen.
Aufgrund dieser gesetzlichen Regelung wird immer wieder darüber gestritten, was als Diskriminierungsindiz anzusehen ist und was nicht. In einem Urteil vom gestrigen Tag hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) klargestellt, dass das bloße Schweigen des Arbeitgebers darüber, aus welchen Gründen er einen befristeten Vertrag nicht verlängert will, nicht als Diskriminierungsindiz anzusehen ist. Allerdings kann eine nachweisliche Falschauskunft über die Ablehnungsgründe ein Diskriminierung vermuten lassen, d.h. ein Diskriminierungsindiz sein: BAG, Urteil vom 21.06.2012, 8 AZR 364/11.
- Wie kann man eine Diskriminierung durch Nichtverlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags nachweisen?
- BAG: Eine falsche Auskunft über die Gründe für die Nichtverlängerung eines Zeitvertrags kann ein Diskriminierungsindiz sein
Wie kann man eine Diskriminierung durch Nichtverlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags nachweisen? 
Abgelehnte Stellenbewerber können selbst dann, wenn sie die in der Ausschreibung genannten Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, nicht verlangen, dass ihnen der Arbeitgeber eine Begründung für die Ablehnung liefert. Abgelehnte Stellenbewerber haben hier keinen Auskunftsanspruch.
Hüllt sich der Arbeitgeber aber in Schweigen und macht damit von seinem "guten Recht" Gebrauch, kann sein Schweigen allerdings ein Indiz für eine Diskriminierung des Stellenbewerbers sein. Diese ziemlich widersprüchliche und daher unklare Rechtslage ergibt sich aus zwei Urteilen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), nämlich aus dem Urteil in Sachen Kelly (EuGH, Urteil vom 21.07.2011, C-104/10 - Kelly) und aus dem Urteil in Sachen Meister (EuGH, Urteil vom 19.04.2012, C-415/10 - Meister).
Bislang gibt es keine Urteile, aus denen man entnehmen kann, wie die deutschen Arbeitsgerichte mit diesen Vorgaben des EuGH umgehen werden. Möglicherweise werden die Gerichte versuchen, die Bedeutung der o.g. beiden Urteile des EuGH herabzuspielen, da der EuGH ja immerhin betont hat, dass die "Verweigerung" von Auskünften über die Gründe für eine Bewerberablehnung immer nur zusammen mit anderen Diskriminierungsindizien eine Rolle spielen kann.
In diese Richtung geht das gestrige Urteil des BAG, in dem es auch um die Verweigerung einer Auskunft durch den Arbeitgeber ging, allerdings bezogen auf seine Entscheidung, einen befristeten Vertrag nicht zu verlängern (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.06.2012, 8 AZR 364/11).
BAG: Eine falsche Auskunft über die Gründe für die Nichtverlängerung eines Zeitvertrags kann ein Diskriminierungsindiz sein 
Im Streitfall ging es um eine türkischstämmige Verwaltungsangestellte, die auf der Grundlage von zwei befristeten Arbeitsverträgen insgesamt zwei Jahre lang beschäftigt war, zunächst vom 01.02.2008 bis zum 31.12.2008 und sodann vom 01.01.2009 bis zum 31.01.2010. Im September 2009 teilte der Arbeitgeber der Angestellten mit, eine Verlängerung oder Entfristung ab Februar 2010 werde es nicht geben. Daraufhin bat die Angestellte mit einem Anwaltsschreiben vom November 2009 um Erläuterung der Gründe für diese Entscheidung und machte zugleich Schadensersatz und Entschädigung nach § 15 AGG geltend.
Mit anwaltlichem Antwortschreiben vom Januar 2010 teilte der Arbeitgeber mit: "Unsere Mandantschaft hat sich dazu entschlossen, das Arbeitsverhältnis Ihrer Mandantin nach dem Ablauf der zeitlichen Befristung am 31. Januar 2010 nicht weiter fortzusetzen. Hierzu bedarf es keiner Begründung. Entgegen der Auffassung Ihrer Mandantin liegt kein Indiz für eine Benachteiligung wegen ihrer "ethnischen Herkunft" vor."
Die Arbeitnehmerin klagte auf Schadensersatz und Entschädigung und bewertete die Ablehnung einer weiteren Beschäftigung als Diskriminierung wegen ihrer ethnischen Herkunft. Immerhin hatte der Arbeitgeber Ende Januar 2010 ein überdurchschnittlich gutes Arbeitszeugnis erteilt. Nachdem das Arbeitsgericht Mainz die Klage abgewiesen hatte (Urteil vom 14.07.2010, 1 Ca 218/10) gab das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz ihr statt, weil es eine Diskriminierung als gegeben ansah (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.03.2011, 9 Sa 678/10). Ein wesentliches Diskriminierungsindiz war für das LAG, dass der Arbeitgeber der Angestellten trotz Aufforderung keine Auskunft über die Gründe erteilt hatte, die für die Nichtübernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis maßgeblich waren (wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell 11/142: Diskriminierung bei Vertragsverlängerung wegen der ethnischen Herkunft).
Diese Begründung machte das BAG nicht mit und hob daher das LAG-Urteil auf, damit der Fall dort weiter verhandelt werden kann. Das LAG wird dabei aufzuklären haben, so das BAG, ob die Arbeitgeber-Auskünfte über die Gründe für die Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses "möglicherweise falsch waren oder im Widerspruch zu dem sonstigen Verhalten" des Arbeitgebers standen. Möglicherweise war ja auch das positive Zeugnis falsch - oder aber umgekehrt die im Prozess vorgebrachte Begründung, eine Entfristung sei wegen der Leistungsmängel der Angestellten nicht möglich gewesen.
Fazit: Ebenso wie abgelehnte Stellenbewerber keinen Anspruch auf Auskunft über die Ablehnungsgründe haben, muss der Arbeitgeber es auch nicht begründen, wenn er in einem laufenden Arbeitsverhältnis zu einer Vertragsverlängerung nicht bereit ist. Anders als es die o.g. beiden EuGH-Urteile nahelegen (Urteil vom 21.07.2011, C-104/10 - Kelly, Urteil vom 19.04.2012, C-415/10 - Meister) ist auch eine schlichte Auskunftsverweigerung kein Diskriminierungsindiz. Allerdings kann eine Falschauskunft ein Anzeichen dafür sein, dass die Ablehnung einer weiteren Vertragsverlängerung auf diskriminierenden Motiven beruht. Dann allerdings muss der Arbeitgeber nicht nur schweigen, sondern unwahr reden, und das muss der Arbeitnehmer beweisen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.06.2012, 8 AZR 364/11 (Pressemitteilung)
- Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.03.2011, 9 Sa 678/10
- Handbuch Arbeitsrecht: Befristung des Arbeitsvertrags (befristeter Arbeitsvertrag, Zeitvertrag)
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Erlaubte Benachteiligungen
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Rechte Betroffener
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Ethnische Herkunft, Rassismus
- Arbeitsrecht aktuell: 13/119 Beweislast für Diskriminierung bei der Einstellung
- Arbeitsrecht aktuell: 13/041 Diskriminierung bei der Bewerbung wegen einer Schwerbehinderung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/160 Auskunftsanspruch des abgelehnten Stellenbewerbers?
- Arbeitsrecht aktuell: 11/199 Diskriminierung bei der Bewerbung: Kein Anspruch auf Auskunft über Mitbewerber bei Ablehnung einer Bewerbung
- Arbeitsrecht aktuell: 11/142 Diskriminierung bei Vertragsverlängerung wegen der ethnischen Herkunft
- Arbeitsrecht aktuell: 11/127 Frauendiskriminierung: Geldentschädigung im Berliner SONY-Fall
- Arbeitsrecht aktuell: 10/115 Auskunftsanspruch für abgelehnte Stellenbewerber?
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 15. Dezember 2017
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