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Kün­di­gung we­gen Me­ckerns

Ver­hal­tens­be­ding­te Kün­di­gung we­gen stän­di­gen Streits mit Kol­le­gen und Vor­ge­setz­ten: Lan­des­ar­beits­ge­richt Nürn­berg, Ur­teil vom 16.09.2011, 4 Sa 297/10
Rechte Hand mit roter Karte Ro­te Kar­te für frän­ki­schen Streit­ham­mel
17.04.2012. Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten zwi­schen Kol­le­gen oder mit dem Vor­ge­setz­ten kom­men über­all vor. Zum Pro­blem wer­den sie erst, wenn aus ei­ner Dis­kus­si­on ein Streit wird, der zu Be­lei­di­gun­gen oder so­gar zu Straf­an­zei­gen ge­gen Be­triebs­an­ge­hö­ri­ge führt.

Neh­men Kon­flik­te sol­che For­men an, muss der Ar­beit­ge­ber über ar­beits­recht­li­che Kon­se­quen­zen nach­den­ken. Auch wenn die au­ßer­or­dent­li­che und frist­lo­sen Kün­di­gung ei­nes Nörg­lers meist un­ver­hält­nis­mä­ßig und da­her un­wirk­sam ist, kann ei­ne or­dent­li­che ver­hal­tens­be­ding­te Kün­di­gung im Ein­zel­fall zu­läs­sig sein, wie ei­ne ak­tu­el­le Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts (LAG) Nürn­berg zeigt (LAG Nürn­berg, Ur­teil vom 16.09.2011, 4 Sa 297/10).

Was können Ar­beit­ge­ber tun, wenn Ar­beit­neh­mer Streit su­chen?

Kom­men Ar­beit­neh­mer nicht mit­ein­an­der klar oder strei­ten sie so­gar ständig, tun un­be­tei­lig­te Drit­te meis­tens gut dar­an, nicht vor­schnell Par­tei zu er­grei­fen, denn schließlich "steckt man da nicht drin". Ab ei­nem be­stimm­ten Punkt der Es­ka­la­ti­on ist dann aber manch­mal doch klar, dass ei­ner der Be­tei­lig­ten mit sei­nem Ver­hal­ten völlig ne­ben der Spur liegt und da­her zurück­ste­cken muss. Wer z.B. sei­ne Kol­le­gen mit un­be­gründe­ten Straf­an­zei­gen über­zieht oder in aus­sichts­lo­ser Wei­se auf de­ren Ver­set­zung klagt, nimmt nicht et­wa sein gu­tes Recht wahr, son­dern setzt sich selbst ins Un­recht.

Dann muss sich den Ar­beit­ge­ber über­le­gen, wie er den Streit­ham­mel zur Ver­nunft bringt, wo­bei zunächst ein­mal eher "mil­de Mit­tel" wie ei­ne Ab­mah­nung oder ei­ne Ver­set­zung in Be­tracht kom­men. Lässt sich der Ar­beit­neh­mer von ei­ner be­reits er­teil­ten Ab­mah­nung nicht be­ein­dru­cken und/oder ist ei­ne Ver­set­zung nicht möglich, kann der Ar­beit­ge­ber ei­ne or­dent­li­che ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung aus­spre­chen und im äußers­ten Fall so­gar ei­ne außer­or­dent­li­che, frist­lo­se Kündi­gung.

Bei lan­ge beschäftig­ten Ar­beit­neh­mern ist oft ei­ne or­dent­li­che ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung das an­ge­mes­se­ne Mit­tel, wenn das Ar­beits­verhält­nis zwar in­fol­ge der Strei­te­rei­en ir­re­pa­ra­bel beschädigt ist, aber der Ar­beit­neh­mer we­gen sei­ner lan­gen Beschäfti­gungs­dau­er trotz­dem ei­ne ge­wis­se Rück­sicht­nah­me ver­dient hat.

LAG: Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung we­gen ständi­ger Strei­te­rei

In dem vom LAG ent­schie­de­nen Fall ging es um ei­nen 55jähri­gen Ma­schi­nen­hel­fer, der seit über 16 Jah­ren in ei­nem mit­telständi­schen Un­ter­neh­men beschäftigt war. Er hat­te nach lan­gen Strei­te­rei­en mit Kol­le­gen bzw. Vor­ge­setz­ten zwei Ab­mah­nun­gen kas­siert, aber auch da­nach noch die Ent­las­sung ei­nes sei­ner Vor­ge­setz­ten ge­for­dert.

Außer­dem hat­te er ge­gen ei­nen wei­te­ren Vor­ge­setz­ten ei­ne er­geb­nis­lo­se Straf­an­zei­ge er­stat­tet, und war vor Ge­richt ge­zo­gen und hat­te die Ver­set­zung zwei­er wei­te­rer Vor­ge­setz­ter ein­ge­klagt. Auch nach­dem das Ar­beits­ge­richt in der Güte­ver­hand­lung die Kla­ge ein­deu­tig als aus­sichts­los einschätz­te, be­trieb er das Ver­fah­ren wei­ter. Dar­auf­hin kündig­te ihm sein Ar­beit­ge­ber außer­or­dent­lich und vor­sorg­lich or­dent­lich aus ver­hal­tens­be­ding­ten Gründen.

Das Ar­beits­ge­richt Würz­burg (Ur­teil vom 24.02.2010, 1 Ca 1290/09) und das LAG hiel­ten (nur) die or­dent­li­che Kündi­gung für wirk­sam. Mit sei­nen of­fen­sicht­lich un­be­gründe­ten Kla­gen hat­te er ge­zeigt, dass er Streit such­te und die Aus­ein­an­der­set­zun­gen im­mer wei­ter verschärfen woll­te. Un­ter die­sen Umständen wäre ei­ne Ver­set­zung sinn­los ge­we­sen, so dass nur ei­ne Kündi­gung Ab­hil­fe schaf­fen konn­te. Im­mer­hin be­wahr­ten sein Al­ter und die Dau­er sei­nes Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses den Ar­beit­neh­mer vor ei­ner frist­lo­sen Kündi­gung.

Fa­zit: Fal­sche An­schul­di­gun­gen, Straf­an­zei­gen, aus­sichts­lo­se ar­beits­ge­richt­li­che Kla­gen - hier im Streit­fall hat der Ar­beit­neh­mer deut­lich ge­zeigt, dass er für vernünf­ti­ge Kon­fliktlösun­gen nicht zu ha­ben ist. Dann ist ei­ne ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung als letz­tes Mit­tel zulässig. Selbst das Ur­teil des LAG wur­de erst rechts­kräftig, als das BAG sei­nen An­trag auf Zu­las­sung der Re­vi­si­on ver­wor­fen hat­te (Be­schluss vom 29.02.2012, 2 AS 4/11).

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Letzte Überarbeitung: 5. Juni 2020

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