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LAG Mün­chen, Ur­teil vom 24.01.2008, 3 Sa 800/07

   
Schlagworte: Beweisverwertungsverbot
   
Gericht: Landesarbeitsgericht München
Aktenzeichen: 3 Sa 800/07
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 24.01.2008
   
Leitsätze:

1. Der Vernehmung einer Zeugin, die ein Telefongespräch ohne Wissen eines der Gesprächpartner mitgehört hat, steht grundsätzlich ein aus Art.1 und 2 GG abgeleitetes Beweisverwertungsverbot entgegen.
2. Eine - angenommene oder tatsächlich bestehende - "Beweisnot" oder das Interesse , sich ein Beweismittel für zivilrechtliche Ansprüche zu sichern, reichen grundsätzlich nicht aus, um die Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Gesprächspartners zu rechtfertigen. Vielmehr ist hierfür erforderlich, dass sich die Beweisnot zu einer notwehrartigen Lage steigert.
3. Für eine Parteivernehmung von Amts wegen gem. § 448 ZPO genügt die bei einer Partei infolge des Beweisverwertungsverbots bestehende Beweisnot allein nicht. Vielmehr ist hierfür Voraussetzung, dass bereits ein sog. Anfangs- oder Anbeweis erbracht ist.
4. Dem Anspruch auf rechtliches Gehör gem. Art.103 GG und dem Anspruch auf ein faires Verfahren nach Art. 6 Abs.1 EMRK ist genüge getan, wenn die sich in Beweisnot befindende Partei in der mündlichen Verhandlung anwesend ist, sich zum Beweisthema und ggf. zum Ergebnis einer durchgeführten Beweisaufnahme äußern kann und dies auch tut.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Regensburg
   

3 Sa 800/07
8 Ca 815/06 L
(ArbG Re­gens­burg)


Verkündet am:

24. Ja­nu­ar 2008


Ja­kob, ROS
als Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le



LAN­DES­AR­BEITS­GERICHT MÜNCHEN

IM NA­MEN DES VOL­KES


UR­TEIL


In dem Rechts­streit

P. M.,
- Kläge­rin und Be­ru­fungskläge­rin -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:

g e g e n


Fa. p. AG & Co. KG,
- Be­klag­te und Be­ru­fungs­be­klag­te -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:


2


hat die Drit­te Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts München auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 17. Ja­nu­ar 2008 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Dr. Ro­sen­fel­der so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Pe­ter Ram­bach und Se­ne­sio Schnei­der­bau­er-Schwend­ler für Recht er­kannt:


1. Die Be­ru­fung der Kläge­rin ge­gen das En­dur­teil des Ar­beits­ge­richts Re­gens­burg vom 12.07.2007 - 8 Ca 815/06 L - wird zurück­ge­wie­sen.


2. Die Kos­ten des Rechts­streits wer­den der Kläge­rin auf­er­legt.


3. Die Re­vi­si­on wird für die Kläge­rin zu­ge­las­sen.


T a t b e s t a n d :


Die Par­tei­en strei­ten um die Rechts­wirk­sam­keit zwei­er or­dent­li­cher Ar­beit­ge­berkündi­gun­gen, um ei­nen hilfs­wei­se gel­tend ge­mach­ten An­spruch auf Wei­ter­beschäfti­gung, fer­ner um die von der Kläge­rin be­gehr­te Fest­stel­lung, dass das Ar­beits­verhält­nis nicht durch ei­ne Be­fris­tung und auch nicht durch an­de­re Be­en­di­gungs­tat­bestände ge­en­det hat, son­dern un­be­fris­tet fort­be­steht, wei­ter­hin um Ansprüche auf Lohn­ab­rech­nung, Ab­gel­tung von Ur­laub und Ab­rech­nung so­wie Aus­zah­lung ei­nes Zeit­gut­ha­bens auf dem Ar­beits­zeit­kon­to der Kläge­rin.


Die Kläge­rin war auf­grund schrift­li­chen Ar­beits­ver­trags vom 23.02.2006 bei der Be­klag­ten, ei­nem Un­ter­neh­men, das ge­werbsmäßig Ar­beit­neh­merüber­las­sung be­treibt, seit dem Tag des Ar­beits­ver­trags­schlus­ses als Hel­fe­rin beschäftigt. Der bis 03.03.2006 be­fris­te­te Ar­beits­ver­trag wur­de mit Ver­ein­ba­rung von die­sem Ta­ge bis 31.08.2006 verlängert. Die Be­klag­te kündig­te das Ar­beits­verhält­nis zum ei­nen mit Schrei­ben vom 05.07.2006, der Kläge­rin am 07.07.2006 zu­ge­gan­gen, zum 20.07.2006 und zum an­de­ren hilfs­wei­se mit Schrei­ben vom 01.08.2006, der Kläge­rin


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zu­ge­gan­gen am 02.08.2006, vor­sorg­lich zum 16.08.2006. In der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Ar­beits­ge­richt vom 02.07.2007 stell­ten die Par­tei­en un­strei­tig, dass die or­dent­li­che Kündi­gung vom 05.07.2006 der Kläge­rin erst am 07.07.2006 zu­ge­gan­gen ist, so dass die Kündi­gung erst zum 21.07.2006 wir­ke. Die Kläge­rin er­litt am 03.07.2006 ei­nen We­ge­un­fall, auf­grund des­sen sie ar­beits­unfähig wur­de. Da­nach kam es zu ei­nem Te­le­fo­nat zwi­schen der Kläge­rin und der zuständi­gen Per­so­nal­dis­po­nen­tin, des­sen In­halt zwi­schen den Par­tei­en strei­tig ist. Die Kläge­rin hat­te bis zum Be­ginn ih­rer Ar­beits­unfähig­keit zwei Ur­laubs­ta­ge ein­ge­bracht. Fer­ner hat­te die Kläge­rin im Zeit­punkt des von der Be­klag­ten an­ge­nom­me­nen En­des des Ar­beits­verhält­nis­ses auf ih­rem Ar­beits­zeit­kon­to ein Zeit­gut­ha­ben in strei­ti­ger Höhe. Die Be­klag­te glich die­ses Gut­ha­ben mit der Ab­rech­nung für Ju­li 2006 im Um­fang von 29,75 St­un­den aus.


Die Kläge­rin hat im ers­ten Rechts­zug vor­ge­bracht, die Kündi­gun­gen vom 05.07.2006 und vom 01.08.2006 sei­en sit­ten­wid­rig, weil die für sie zuständi­ge Per­so­nal­dis­po­nen­tin in dem nach dem We­ge­un­fall geführ­ten Te­le­fo­nat vom 06.07.2006 ihr ge­genüber nach An­zei­ge der Ar­beits­unfähig­keit geäußert ha­be, sie sol­le gleich­wohl in die Ar­beit kom­men und ih­re Ar­beits­leis­tung er­brin­gen, die of­fi­zi­el­le Krank­schrei­bung des Arz­tes in­ter­es­sie­re sie nicht, weil es dem Arzt egal sei, wenn sie trotz­dem ar­bei­te. Nach­dem die Kläge­rin die­ses il­le­ga­le An­sin­nen zurück­ge­wie­sen ha­be, ha­be die Per­so­nal­dis­po­nen­tin ge­sagt, sie - die Kläge­rin - müsse mit der Kündi­gung rech­nen. Die Kläge­rin meint des­halb, die Kündi­gung sei aus ver­werf­li­chen Mo­ti­ven er­folgt. Dies gel­te we­gen des en­gen zeit­li­chen Zu­sam­men­hangs auch für die zwei­te Kündi­gung vom 01.08.2006. Die Zeu­gin K. ha­be das ge­nann­te Te­le­fon­gespräch un­ge­wollt mit an­gehört, da die Kläge­rin das ihr nicht ver­trau­te Han­dy ih­res Ehe­gat­ten be­nutzt ha­be, das von die­sem auf ma­xi­ma­le Lautstärke ge­schal­tet ge­we­sen sei. Sie ha­be das Han­dy auch nicht zu die­sem Zweck weg­ge­hal­ten, son­dern sei von der plötz­li­chen Si­tua­ti­on und vom In­halt des Gesprächs auf­ge­regt ge­we­sen und ha­be gar nicht wahr­ge­nom­men, dass die Zeu­gin ha­be mithören können. Auch sei ihr nicht be­wusst ge­we­sen, dass das Te­le­fon über­durch­schnitt­lich laut ein­ge­stellt ge­we­sen sei. Erst nach dem Gespräch ha­be die Kläge­rin von der Zeu­gin er­fah­ren, dass die­se mit­gehört und sich über die „Frech­heit“ der Be­klag­ten geäußert ha­be. So­mit ha­be die Kläge­rin die Zeu­gin nicht mithören las­sen; viel­mehr ha­be die­se un­frei­wil­lig mit­gehört.


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Die Kläge­rin bringt vor, auf­grund des en­gen Kon­tex­tes zu den sit­ten­wid­ri­gen Kündi­gun­gen wäre das Ar­beits­verhält­nis oh­ne Wei­te­res verlängert wor­den, wenn nicht die Krank­heit der Kläge­rin da­zwi­schen­ge­tre­ten wäre. So­mit be­fin­de sie sich in ei­nem un­be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis.


Die Kläge­rin hat fer­ner vor­ge­tra­gen, nach Aus­gleich von 29,75 St­un­den Zeit­gut­ha­ben ver­blie­ben noch 15,45 St­un­den zu je Eu­ro 7,00, die von der Be­klag­ten ab­zu­gel­ten sei­en.


Sie hat des Wei­te­ren vor­ge­bracht, im Fal­le ei­ner Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses zum 31.08.2006 er­ge­be sich auf­grund des ar­beits­ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Jah­res­ur­laubs von 24 Ar­beits­ta­gen und der Ein­brin­gung von zwei Ta­gen ein ver­blei­ben­der Ur­laubs­an­spruch von zehn Ta­gen, der ab­zu­gel­ten sei.


In Be­zug auf den Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch hat sich die Kläge­rin auf die Recht­spre­chung des Großen Se­nats des Bun­des­ar­beits­ge­richts (Be­schluss vom 27.02.1985 - GS 1/84) be­ru­fen.


Auch hat sie klar­ge­stellt, dass der auf das Feh­len an­de­rer Be­en­di­gungs­tat­bestände be­zo­ge­ne Fest­stel­lungs­an­trag ei­ne selbständi­ge all­ge­mei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge ge¬mäß § 256 ZPO sei. Sch­ließlich hat sie gel­tend ge­macht, dass das Ar­beits­verhält­nis nicht le­dig­lich für die Zeit bis 21.07.2006, son­dern je­den­falls bis 31.08.2006 ab­zu­rech­nen sei. Die Kläge­rin hat be­an­tragt:


1. Es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en durch die or­dent­li­che Kündi­gung vom 05.07.2006, zu­ge­gan­gen am 07.07.2006, zum 21.07.2006 nicht auf­gelöst wor­den ist.


2. Es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis auch nicht durch an­de­re Be­en­di­gungs­tat­bestände en­det, son­dern zu un­veränder­ten Be­din­gun­gen über den 21.07.2006 hin­aus fort­be­steht.


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3. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, die kläge­ri­sche Par­tei für den Fall des Ob­sie­gens mit dem Fest­stel­lungs­an­trag zu Zif­fer 1. zu den im Ar­beits­ver­trag vom 23.02.2006 ge­re­gel­ten Ar­beits­be­din­gun­gen als weib­li­che Hel­fe­rin bis zu ei­ner rechts­kräfti­gen Ent­schei­dung über den Fest­stel­lungs­an­trag wei­ter­zu­beschäfti­gen.


4. Es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en auch nicht durch die hilfs­wei­se mit Schrei­ben vom 01.08.2006 erklärte und am 02.08.2006 zu­ge­gan­ge­ne Kündi­gung be­en­det wor­den ist.


5. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, der Kläge­rin rest­li­che Lohn­ab­rech­nung zu er­tei­len für den Zeit­raum 21. bis 31. Ju­li 2006 und den sich hier­aus er­ge­ben­den Brut­to­be­trag an die Kläge­rin zuzüglich Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins seit 22.07.2006 aus­zu­be­zah­len.


6. Es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en nicht durch Be­fris­tung mit Ab­lauf des 31.08.2006 ge­en­det hat, son­dern un­be­fris­tet über den 31.08.2006 hin­aus fort­be­steht.


7. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, der Kläge­rin Lohn­ab­rech­nung zu er­tei­len für den Mo­nat Au­gust 2006 und den sich hier­aus er­ge­ben­den Brut­to­be­trag an die Kläge­rin zuzüglich Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit 21.09.2006 aus­zu­be­zah­len.


8. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, der Kläge­rin zehn Ur­laubs­ta­ge á sie­ben St­un­den zu Eu­ro 7,00, mit­hin Eu­ro 490,00 brut­to zuzüglich Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit ab­zu­gel­ten und aus­zu­be­zah­len.


9. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, noch nicht ab­ge­rech­ne­tes und aus­ge­zahl­tes Zeit­kon­to in Höhe von rest­lich 15,45 St­un­den á Eu­ro 7,00 = Eu­ro 108,15 brut­to zuzüglich Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit ab­zu­rech­nen und aus­zu­zah­len.


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Die Be­klag­te hat Kla­ge­ab­wei­sung be­an­tragt.


Sie hat vor­ge­tra­gen, die Kündi­gung vom 05.07.2006 sei un­ter Ein­hal­tung der ta­rif­ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Kündi­gungs­frist von zwei Wo­chen er­folgt. Sie sei auch nicht sit­ten­wid­rig. Die Per­so­nal­dis­po­nen­tin ha­be im Te­le­fon­gespräch mit der Kläge­rin le­dig­lich mit­ge­teilt, der krank­heits­be­ding­te Aus­fall ge­ra­de zum jet­zi­gen Zeit­punkt sei si­cher­lich nicht un­be­dingt förder­lich. Es wäre si­cher­lich vor­teil­haft, wenn die Kläge­rin früher wie­der ein­satz­be­reit wäre, natürlich un­ter der Vor­aus­set­zung, dass sie wie­der vollständig ar­beitsfähig sei. Die­se Ent­schei­dung müsse al­ler­dings die Kläge­rin selbst tref­fen. Die Per­so­nal­dis­po­nen­tin ha­be nicht von der Kläge­rin ver­langt, ih­re Ar­beits­leis­tung un­ge­ach­tet der Ar­beits­unfähig­keit zu er­brin­gen. Die streit­ge­genständ­li­che Kündi­gung sei be­trieb­lich ver­an­lasst ge­we­sen im Hin­blick auf die Wei­ge­rung der Kläge­rin, ei­ne an­de­re Schicht bei der Ent­lei­her­fir­ma zu über­neh­men und den an­sch­ließen­den länger­fris­ti­gen krank­heits­be­ding­ten Aus­fall, auf­grund des­sen die Ent­lei­her­fir­ma nicht mehr be­reit ge­we­sen sei, mit der Kläge­rin wei­ter zu­sam­men zu ar­bei­ten, viel­mehr ih­ren so­for­ti­gen Aus­tausch ge­for­dert ha­be. Des­halb ha­be die Be­klag­te kei­ne Grund­la­ge mehr für ei­ne wei­te­re ver­trau­ens­vol­le Zu­sam­men­ar­beit ge­se­hen und das Ar­beits­verhält­nis in­ner­halb der Pro­be­zeit or­dent­lich gekündigt.


Die Be­klag­te hat be­an­stan­det, dass die Kläge­rin ih­ren Ur­laubs­an­spruch falsch be­rech­net ha­be.


Auch sei der Rest­lohn für Ju­li 2006 so­wie das Ar­beits­zeit­gut­ha­ben ord­nungs­gemäß ab­ge­rech­net bzw. aus­ge­zahlt wor­den. Im Übri­gen sei die ta­rif­ver­trag­li­che Aus­schluss­frist nicht ein­ge­hal­ten. Hin­sicht­lich der von der Kläge­rin be­an­trag­ten Ver­neh­mung der Zeu­gin K. hat die Be­klag­te auf ein ih­rer An­sicht nach be­ste­hen­des Be­weis­ver­wer­tungs­ver­bot hin­ge­wie­sen.


Das Ar­beits­ge­richt Re­gens­burg hat mit En­dur­teil vom 12.07.2007 auf das hin­sicht­lich des un­strei­ti­gen Sach­ver­halts und des erst­in­stanz­li­chen strei­ti­gen Vor­trags der Par­tei­en im Übri­gen so­wie der Ein­zel­hei­ten der recht­li­chen Erwägun­gen des Erst­ge­richts ver­wie­sen wird, nach Be­weis­er­he­bung durch Zeu­gen­ein­ver­neh­mung - al­ler­dings


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nicht der Zeu­gin K. - die Be­klag­te zur Zah­lung ei­ner Ur­laubs­ab­gel­tung in Höhe von Eu­ro 245,00 brut­to nebst Zin­sen ver­ur­teilt und die Kla­ge im Übri­gen ab­ge­wie­sen.


Es hat aus­geführt, der gel­tend ge­mach­te An­spruch auf Ur­laubs­ab­gel­tung sei in der zu­ge­spro­che­nen Höhe be­gründet, weil die Kläge­rin - aus­ge­hend von ei­nem Jah­res­ur­laub von 20 Werk­ta­gen - le­dig­lich ei­nen An­spruch auf Teil­ur­laub gemäß § 5 Abs. 2 BUrlG auf 4/12 ih­res Jah­res­ur­laubs, mit­hin auf­ge­run­det sie­ben Ta­ge ge­habt ha­be. Da sie zwei Ur­laubs­ta­ge ein­ge­bracht ha­be, sei­en noch fünf Ur­laubs­ta­ge zu je sie­ben St­un­den mit ei­nem St­un­den­satz von Eu­ro 7,00 ab­zu­gel­ten.


Die Kündi­gung vom 05.07.2006 ver­s­toße nicht ge­gen die gu­ten Sit­ten gemäß § 138 BGB, weil auf­grund der Ein­ver­nah­me der Zeu­gin­nen H. und I. fest­ste­he, dass die Per­so­nal­dis­po­nen­tin im Te­le­fo­nat mit der Kläge­rin zu kei­nem Zeit­punkt von die­ser ver­langt ha­be, sie sol­le trotz be­ste­hen­der Ar­beits­unfähig­keit ih­re Ar­beit bei der Ent-lei­her­fir­ma ver­rich­ten. Die von der Kläge­rin an­ge­bo­te­ne Zeu­gin K. sei nicht zu ver­neh­men ge­we­sen, weil das heim­li­che Mithören­las­sen von Te­le­fon­gesprächen zwi­schen Ar­beit­neh­mer und Ar­beit­ge­ber im All­ge­mei­nen we­gen Ver­let­zung des Persönlich­keits­rechts nach Art. 1 und 2 GG un­zulässig sei. Der Grund­rechts­schutz des Gesprächs­part­ners hätte es je­den­falls er­for­dert, die­sen dar­auf hin­zu­wei­sen, dass auf­grund ge­ge­be­ner tech­ni­scher Umstände ein Mithören des Te­le­fo­nats durch an­we­sen­de Drit­te nicht zu ver­hin­dern sei. Auch sei der Vor­trag der Kläge­rin nicht nach­voll­zieh­bar, dass das Han­dy auf ma­xi­ma­le Lautstärke ein­ge­stellt und dies der Kläge­rin während des Te­le­fo­nats nicht be­wusst ge­we­sen sei. So­weit die Kläge­rin vor­tra­ge, dass bei ei­ner In­for­ma­ti­on der Gesprächs­part­ne­rin, je­mand könne mithören, die­se auf die sit­ten- und ge­setz­wid­ri­gen und gleich­zei­tig kom­pri­mit­tie­ren­den Äußerun­gen ver­zich­tet hätte und die Kläge­rin da­durch in Be­weis­not für die tatsächli­chen Mo­ti­ve der Kündi­gung ge­ra­ten wäre, han­de­le es sich um ei­nen Zir­kel­schluss. Denn die Kläge­rin könne zum Zeit­punkt des Te­le­fo­nats nicht aus Be­weis­not ge­han­delt ha­ben, weil die ver­meint­lich sit­ten- und ge­setz­wid­ri­gen Äußerun­gen der Be­klag­ten zu die­sem Zeit­punkt noch gar nicht ge­fal­len ge­we­sen sei­en und die Kläge­rin noch gar kei­ne Kennt­nis vom Vor­lie­gen ei­ner Kündi­gung ge­habt ha­be. Ei­ne Ver­let­zung des Art. 6 Abs. 1 Eu­ropäische Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on (EM­RK) schei­de aus, da die Kläge­rin nicht ge­hin­dert ge­we­sen sei, die Gesprächs­part­ne­rin darüber zu in­for­mie­ren, dass sie je­man­den das Te­le­fo­nat mithören las­sen wol­le bzw. dass auf­grund tech­ni­scher


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Ge­ge­ben­hei­ten ei­ne drit­te Per­son das Gespräch zwangsläufig mit anhören müsse. Die Be­weis­not sei so­mit von der Kläge­rin selbst ver­schul­det wor­den.


Auf­grund der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses mit Ab­lauf des 21.07.2006 ha­be die Kläge­rin für die Zeit da­nach kei­ne Ansprüche auf Lohn­ab­rech­nung bzw. An­nah­me­ver­zugs­lohn. Eben­so we­nig ha­be sie An­spruch auf Be­zah­lung wei­te­rer 15,45 Ar­beits­stun­den gemäß § 611 Abs. 1 BGB, da sie nicht kon­kret vor­ge­tra­gen ha­be, an wel­chen Ta­gen zu wel­chen Ta­ges­zei­ten sie über die übli­che Ar­beits­zeit hin­aus tätig ge­wor­den sei und ob die Über­stun­den vom Ar­beit­ge­ber an­ge­ord­net oder zur Er­le­di­gung der ihr ob­lie­gen­den Ar­beit not­wen­dig und vom Ar­beit­ge­ber ge­bil­ligt oder ge­dul­det wor­den sei­en. Die Kläge­rin ha­be auch kei­nen An­spruch auf vorläufi­ge Wei­ter­beschäfti­gung bis zum rechts­kräfti­gen Ab­schluss des Kündi­gungs­rechts­streits nach den vom Bun­des­ar­beits­ge­richt ent­wi­ckel­ten Grundsätzen, da die Un­wirk­sam­keit der Kündi­gung nicht fest­ge­stellt wor­den sei.


Die Kläge­rin hat ge­gen das ihr am 13.08.2007 zu­ge­stell­te En­dur­teil vom 12.07.2007 mit ei­nem am 03.09.2007 beim Be­ru­fungs­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se mit ei­nem am 12.10.2007 ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz be­gründet.


Sie ist der Auf­fas­sung, ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­richts könne man­gels Ver­gleich­bar­keit mit der Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 29.10.1997 (5 AZR 508/96) das Be­weis­ver­wer­tungs­ver­bot hier nicht grei­fen, weil es be­reits an der Rechts­wid­rig­keit der Er­lan­gung feh­le. Die Kläge­rin ha­be ge­ra­de nicht die Zeu­gin K. wis­sent- und wil­lent­lich mithören las­sen wol­len. Während in den vom Bun­des­ar­beits­ge­richt ge­dach­ten Re­gelfällen das Mithören­las­sen nicht das ein­zig denk­ba­re Be­weis­mit­tel sei und da­her der Hin­weis auf das Mithören we­der zum Ver­lust jeg­li­cher Be­weismöglich­keit führe noch un­abänder­li­che Tat­sa­chen schaf­fe, wäre dies im vor­lie­gen­den Fall ge­ra­de­zu zwin­gen­de Fol­ge ge­we­sen. Es wäre le­bens­fremd an­zu­neh­men, dass die Per­so­nal­re­fe­ren­tin nach ei­nem Hin­weis auf das Mithören durch die Zeu­gin sich gleich­wohl in der sit­ten­wid­ri­gen Art und Wei­se geäußert hätte. Das sit­ten­wid­ri­ge Kündi­gungs­mo­tiv wäre al­so ein für al­le­mal im Dun­keln ge­blie­ben. Ge­ra­de in die­ser Kon­stel­la­ti­on ge­win­ne Art. 6 Abs. 1 EM­RK ent­schei­den­de Be­deu­tung. Das Prin­zip der Waf­fen­gleich­heit wäre in au­gen­schein­li­cher Wei­se ver­letzt, wenn man der


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Kläge­rin ih­re wahr­lich ein­zi­ge Möglich­keit, das sit­ten­wid­ri­ge Vor­ge­hen und die sit­ten­wid­ri­ge Mo­ti­va­ti­on des Ar­beit­ge­bers zu be­wei­sen, neh­me.


Hin­sicht­lich der wei­te­ren Kla­ge­ansprüche, die vom Ar­beits­ge­richt kon­se­quen­ter­wei­se und fol­ge­rich­tig zurück­ge­wie­sen wor­den sei­en, wer­de um ei­nen aus­drück­li­chen Hin­weis ge­be­ten, so­fern das Ge­richt noch wei­te­re Dar­le­gun­gen und/oder recht­li­che Be­gründun­gen er­war­te.


Die Kläge­rin be­an­tragt, das Ur­teil des „Amts­ge­richts“ Re­gens­burg vom 02.07.2007 auf­zu­he­ben und ins­ge­samt „nach den in der I. In­stanz ge­stell­ten Schluss­anträgen der Kläge­rin“ zu er­ken­nen.


Fer­ner „be­an­tragt“ sie, die Re­vi­si­on zu­zu­las­sen.


Die Be­klag­te be­an­tragt, die Be­ru­fung als un­zulässig zu ver­wer­fen, hilfs­wei­se als un­be­gründet zurück­zu­wei­sen.


Sie meint, die Be­ru­fung sei be­reits un­zulässig, da es an ord­nungs­gemäßen Be­ru­fungs­anträgen feh­le.


Je­den­falls sei sie un­be­gründet. Das Ar­beits­ge­richt ha­be die Kri­te­ri­en dar­ge­legt, wes­we­gen die Aus­sa­gen der ver­nom­me­nen Zeu­gin­nen glaub­haft und die Zeu­gin­nen glaubwürdig sei­en. Je­den­falls hätte die von der Ge­gen­sei­te ge­nann­te Zeu­gin K. für die Kläge­rin bes­ten­falls zu ei­nem „non li­quet“ geführt. Die Kläge­rin sei je­doch für die be­haup­te­te Sit­ten­wid­rig­keit be­weis­be­las­tet.


Die Be­klag­te meint, die Ausführun­gen der Kläge­rin zur Ver­wert­bar­keit von Aus­sa­gen auf­grund nicht mit­ge­teil­ten Mithörens sei­en nicht nach­voll­zieh­bar, was das Ar­beits­ge­richt zu Recht aus­geführt ha­be. Dies gel­te auch für den Vor­trag der Kläge­rin, ihr sei nicht be­wusst ge­we­sen, dass das - we­gen Schwerhörig­keit ih­res Man­nes auf ma­xi­ma­le Lautstärke ge­stell­te - Te­le­fon über­durch­schnitt­lich laut ge­stellt ge­we­sen sei.


Die Be­klag­te trägt vor, die Kläge­rin sei zu kei­nem Zeit­punkt auf­ge­for­dert wor­den,


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wor­den. Dem­ent­spre­chend ha­be die Zeu­gin H. in ih­rer Ver­neh­mung nach­voll­zieh­bar dar­ge­legt, dass es bei dem Te­le­fon­gespräch um die Über­nah­me der Kläge­rin durch den Auf­trag­ge­ber der Be­klag­ten ge­gan­gen sei. Ge­eig­ne­te Ar­beit­neh­mer würden of­fen­sicht­lich di­rekt vom Auf­trag­ge­ber über­nom­men. Die Zeu­gin ha­be aus­geführt, die­se Über­nah­me sei gefähr­det, wenn die Kläge­rin länger krank sei. Die­sen Vor­trag ma­che sich die Be­klag­te zu Ei­gen.


So­weit die Kläge­rin vor­tra­ge, dass - ins­be­son­de­re we­gen Ar­beitsüber­las­tung von ei­nem wei­te­ren Be­gründungs­vor­trag ab­ge­se­hen wer­de - sei dem Un­ter­zeich­ner der Be­ru­fungs­be­gründung of­fen­sicht­lich die ent­spre­chen­de Ände­rung in der ZPO, mögli­cher­wei­se we­gen Ar­beitsüber­las­tung in der Kanz­lei, ent­gan­gen.


Hin­sicht­lich des sons­ti­gen Vor­trags der Par­tei­en im zwei­ten Rechts­zug wird auf die Schriftsätze der Kläge­rin vom 10.10.2007, der Be­klag­ten vom 14.11.2007 so­wie auf die Sit­zungs­nie­der­schrift vom 17.01.2008 ver­wie­sen.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :


Die Be­ru­fung ist nur teil­wei­se zulässig. So­weit sie zulässig ist, ist sie un­be­gründet.


I.

1. Die Be­ru­fung ist ins­ge­samt statt­haft und auch in der rech­ten Form und Frist ein­ge­legt (§ 64 Abs. 1 u. 2 ArbGG, § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 519 ZPO, § 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO).


2. Die Be­ru­fung ist je­doch un­zulässig, so­weit sie sich ge­gen die Ab­wei­sung des all­ge­mei­nen Fest­stel­lungs­an­tra­ges (Zif­fer 2. der erst­in­stanz­lich ge­stell­ten Kla­ge­anträge), der Stu­fen­anträge auf Lohn­ab­rech­nung für 22. bis 31.07.2006 und für Au­gust 2006 (Zif­fern 5. und 7. der Kla­ge­anträge), des An­trags auf Ab­gel­tung von rest­li­chen 15,45 St­un­den in Höhe von Eu­ro 108,15 brut­to (Zif­fer 9.


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der Kla­ge­anträge) und schließlich ge­gen die Teil­ab­wei­sung des An­spruchs auf Ur­laubs­ab­gel­tung wen­det. Denn in­so­weit fehlt jeg­li­che den Er­for­der­nis­sen der §§ 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 520 Abs. 3 Ziff. 2 - 4 ZPO ent­spre­chen­den Ausführun­gen. We­der ist er­sicht­lich, auf­grund wel­cher kon­kre­ter Umstände das an­ge­foch­te­ne Ur­teil in­so­weit feh­ler­haft sein soll, noch, ob und ggf. war­um Zwei­fel an der Rich­tig­keit und Vollständig­keit der Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen be­ste­hen könn­ten oder - ggf. - wel­che neu­en An­griffs- und Ver­tei­di­gungs­mit­tel so­wie de­ren Zu­las­sung be­gründen­de Tat­sa­chen vor­ge­bracht wer­den.

Die Bit­te um ei­nen aus­drück­li­chen rich­ter­li­chen Hin­weis für den Fall, dass das Ge­richt in­so­weit noch wei­te­re Dar­le­gun­gen und/oder recht­li­che Be­gründun­gen er­war­te, ist un­be­hel­flich, weil sich die in­halt­li­chen An­for­de­run­gen an ei­ne Be­ru­fungs­be­gründung be­reits klar aus dem Ge­setz er­ge­ben und die Be­ru­fungs­be­gründung hin­sicht­lich der ge­nann­ten Streit­ge­genstände nicht ein­mal an­satz­wei­se die­sen Maßstäben genügt. Im Übri­gen muss die­sen Maßstäben be­reits bei Ab­lauf der Be­ru­fungs­be­gründungs­frist Rech­nung ge­tra­gen sein. Ei­ne späte­re Nach­ho­lung ist nicht möglich.


Ob­wohl in der Be­ru­fungs­be­gründung kei­ne aus­drück­li­chen Ausführun­gen zur Ab­wei­sung des An­spruchs auf vorläufi­ge Wei­ter­beschäfti­gung, des ge­gen die vor­sorg­li­che Kündi­gung vom 01.08.2006 ge­rich­te­ten Kündi­gungs­schutz­an­tra­ges so­wie des Ent­fris­tungs­an­tra­ges ent­hal­ten sind, schei­tert die Zulässig­keit der Be­ru­fung in Be­zug auf die­se Streit­ge­genstände nicht an § 520 Abs. 3 ZPO. Denn aus dem An­griff ge­gen die Fest­stel­lung der Un­wirk­sam­keit der Kündi­gung vom 01.08.2006 in Ver­bin­dung mit der Be­zug­nah­me auf den dies­bezügli­chen erst­in­stanz­li­chen Vor­trag er­gibt sich, dass - und war­um - die Kläge­rin und Be­ru­fungsführe­rin das Erst­ur­teil in die­sem Punkt für rechts­feh­ler­haft hält. Das glei­che gilt in Be­zug auf den ge­gen die Wirk­sam­keit der Be­fris­tung des Ar­beits­ver­tra­ges zum 31.08.2006 ge­rich­te­ten Fest­stel­lungs­an­trag und hin­sicht­lich des An­trags auf vorläufi­ge Wei­ter­beschäfti­gung bis zum rechts­kräfti­gen Ab­schluss des Kündi­gungs­rechts­streits.


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In Be­zug auf die Stu­fen­anträge auf Ent­gel­tab­rech­nung und Zah­lung gilt dies nicht, weil sich auch bei Wirk­sam­keit be­reits der ers­ten Kündi­gung auf­grund von § 8 Abs. 1 EFZG ein An­spruch auf Fort­zah­lung des Ent­gelts über den Ab­lauf der Kündi­gungs­frist hin­aus und so­mit auch ein An­spruch auf Ent­gel­tab­rech­nung und Aus­zah­lung des sich dar­aus er­ge­ben­den Be­trags er­ge­ben kann.


II.


So­weit die Be­ru­fung zulässig ist, ist sie un­be­gründet.


1. Dies gilt zunächst in Be­zug auf den ge­gen die Kündi­gung vom 05.07.2006 ge­rich­te­ten Kündi­gungs­schutz­an­trag. Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en ist durch die­se Kündi­gung mit der - zu­tref­fen­den - Kündi­gungs­frist von zwei Wo­chen, die der Frist des ... ent­spricht und des­halb gemäß § 622 Abs. 4 Satz 2 BGB zulässi­ger­wei­se durch Zif­fern 3. und 4. des Ar­beits­ver­tra­ges ver­ein­bart wer­den konn­te, mit Ab­lauf des 21.07.2006 be­en­det wor­den.


Da das Ar­beits­verhält­nis im Zeit­punkt der Kündi­gung noch nicht länger als sechs Mo­na­te be­stand, ist die ge­nann­te Kündi­gung nicht an den Er­for­der­nis­sen des § 1 KSchG zu mes­sen. Die­se Kündi­gung ist aber auch nicht sit­ten­wid­rig nach § 138 Abs. 1 BGB. Die in Be­zug auf die­sen außer­halb des All­ge­mei­nen Kündi­gungs­schut­zes nach dem Kündi­gungs­schutz­ge­setz lie­gen­den Nich­tig­keits­grund dar­le­gungs- und be­weis­be­las­te­te Kläge­rin ist in­so­weit be­weisfällig ge­blie­ben. Die von ihr zum be­haup­te­ten In­halt der Äußerun­gen der Per­so-nal­dis­po­nen­tin im Te­le­fon­gespräch vom 06.07.2006 al­lein an­ge­bo­te­ne Zeu­gin K. war nicht zu ver­neh­men, da der Be­weis­er­he­bung ein Be­weis­ver­bot ent­ge­gen­stand und -steht. Ei­ne Par­tei­ver­neh­mung von Amts we­gen nach § 448 ZPO schei­det aus, weil - ab­ge­se­hen von dem Mithören des Gesprächs durch die Zeu­gin K. - nicht er­sicht­lich war - und ist - dass auf­grund kon­kre­ter Umstände bzw. In­di­zi­en ei­ne ge­wis­se Wahr­schein­lich­keit für die Rich­tig­keit der strei­ti­gen Be­haup­tung er­bracht war bzw. ist (vgl. Zöller/Gre­ger, ZPO, 25. Aufl., § 448 Rnr. 4 mit Recht­spre­chungs­nach­wei­sen).


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Das Ar­beits­ge­richt hat zu Recht an­ge­nom­men, dass das heim­li­che Mithören­las­sen des ge­nann­ten Te­le­fon­gesprächs zu ei­nem Be­weis­ver­wer­tungs­ver­bot führt, weil das all­ge­mei­ne Persönlich­keits­recht des Gesprächs­part­ners nach Art. 1 und 2 GG ent­ge­gen­steht. Dies gilt auch, wenn - wie hier - aus dienst­li­chem An­lass ein Gespräch mit dienst­li­chem In­halt zwi­schen Ar­beit­ge­be­rin und Ar­beit­neh­me­rin geführt wird. Die Be­klag­te muss­te nicht von vorn­her­ein da­mit rech­nen, dass ei­ne völlig un­be­tei­lig­te drit­te Per­son die­ses Gespräch mithört. In­so­weit wa­ren nicht nur das In­ter­es­se der Be­klag­ten an ei­nem Schutz des ge­spro­che­nen Worts zu berück­sich­ti­gen, son­dern auch ein gleich­ge­la­ger­tes und eher noch stärke­res In­ter­es­se Drit­ter - hier z. B. der Ent­lei­her­fir­ma -, wenn in dem Gespräch Vorgänge zur Spra­che ge­kom­men sein soll­ten, die die­se be­tref­fen.


Zu Un­recht be­zieht sich die Kläge­rin im zwei­ten Rechts­zug dar­auf, dass hier ei­ner der Aus­nah­mefälle vor­lie­ge, die in Ab­kehr vom grundsätz­lich be­ste­hen­den Be­weis­ver­wer­tungs­ver­bot, wie es das Bun­des­ar­beits­ge­richt an­neh­me (BAG 29.10.1997 - 5 AZR 508/96) ei­ne Ver­wer­tung des von der Zeu­gin K. ver­nom­me­nen Gesprächs­in­halts recht­fer­tig­ten, weil zum ei­nen kein be­wuss­tes und ge­woll­tes Mithören­las­sen vor­lie­ge und zum an­de­ren an­sons­ten der Kläge­rin die ein­zi­ge Möglich­keit, das sit­ten­wid­ri­ge Vor­ge­hen und die sit­ten­wid­ri­ge Mo­ti­va­ti­on der Ar­beit­ge­be­rin zu be­wei­sen, ge­nom­men sei.


Denn ei­ner­seits spielt es für den Gel­tungs­grund des Be­weis­ver­wer­tungs­ver­bots - den grund­ge­setz­lich ver­an­ker­tem Schutz des ge­spro­che­nen Worts - kei­ne Rol­le, ob die­ses geschütz­te Wort vorsätz­lich oder ab­sicht­lich mit­gehört wur­de bzw. ob ein be­wuss­tes oder ver­se­hent­li­ches Mithören­las­sen vor­liegt. Das Be­weis­ver­wer­tungs­ver­bot ist kei­ne Sank­ti­on für un­red­li­ches bzw. un­lau­te­res Ver­hal­ten; sein Schutz­zweck greift un­abhängig von den Mo­ti­ven des­sen ein, der mithört oder mithören lässt.


Dass an­de­rer­seits durch das Be­weis­ver­wer­tungs­ver­bot der Kläge­rin das ein­zig denk­ba­re Be­weis­mit­tel ge­nom­men würde, trifft schon in der Sa­che nicht zu. Denn ei­ne Zeu­gen­ver­neh­mung ist in Fällen der vor­lie­gen­den Art nicht das


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ein­zi­ge denk­ba­re Be­weis­mit­tel. In Be­tracht kommt auch ein An­trag auf Par­tei­ver­neh­mung des Geg­ners (§ 445 Abs. 1 ZPO) oder auf Ver­neh­mung der be­weis­pflich­ti­gen Par­tei - hier die Kläge­rin - mit Ein­verständ­nis der Ge­gen­par­tei (§ 447 ZPO), wo­bei das Ge­richt die Wei­ge­rung der Ge­gen­par­tei, sich ver­neh­men zu las­sen, durch­aus nach § 286 Abs. 1 ZPO be­weiswürdi­gend berück­sich­ti­gen kann. Ei­nen An­trag auf Par­tei­ver­neh­mung hat die Kläge­rin je­doch in bei­den Rechtszügen in Be­zug auf den In­halt der Erklärun­gen der Per­so­nal-dis­po­nen­tin im Te­le­fon­gespräch vom 06.07.2006 nicht ge­stellt. Ab­ge­se­hen da­von rei­chen we­der das all­ge­mei­ne In­ter­es­se an ei­ner funk­ti­onstüch­ti­gen Zi­vil­rechts­pfle­ge noch ei­ne sog. Be­weis­not oder das In­ter­es­se, sich ein Be­weis­mit­tel für zi­vil­recht­li­che Ansprüche zu si­chern, zur Über­win­dung des Be­weis­ver­wer­tungs­ver­bots aus; viel­mehr muss sich die Be­weis­not zu ei­ner not­wehr­ar­ti­gen La­ge stei­gern - wie sie hier nicht vor­liegt (vgl. BVerfG 09.10.2002 - 1 BvR 1611/96 und 1 BvR 805/98; BGH 18.02.2003 - XI ZR 165/02).


Die An­nah­me ei­nes Be­weis­ver­wer­tungs­ver­bots führt auch nicht zur Ver­let­zung des An­spruchs auf recht­li­ches Gehör nach Art. 103 GG oder des Rechts auf ein fai­res Ver­fah­ren nach Art. 6 Abs. 1 EM­RK.


Al­ler­dings ist für die Fall­ge­stal­tung, dass in ei­nem Zi­vil­pro­zess ei­ne Sei­te auf ei­nen ihr na­he­ste­hen­den Zeu­gen zurück­grei­fen kann, während die an­de­re Sei­te an ei­nem „Vier-Au­gen-Gespräch“ le­dig­lich al­lein be­tei­ligt war, an­er­kannt, dass es ge­bo­ten ist, die Par­tei nach § 448 ZPO oder § 141 ZPO an­zuhören. Es lie­ge sonst so­wohl ein Ver­s­toß ge­gen den An­spruch auf recht­li­ches Gehör gemäß Art. 103 GG (vgl. BAG 22.05.2007 - 3 AZN 1155/06) als auch ein Ver­s­toß ge­gen Art. 6 Abs. 1 EM­RK vor (BVerfG NJW 2001, 2531; BA­GE 100, 52; EGMR 27.10.1993 = NJW 95, 1413). Die­se Grundsätze sind auch auf ei­ne Fall­ge­stal­tung zu über­tra­gen, bei der ei­ne Par­tei ih­re Be­haup­tung über den In­halt ei­nes Gesprächs außer durch „Zeu­gen der Ge­gen­sei­te“ al­lein durch ih­re ei­ge­ne Ver­neh­mung führen kann. Denn die­ses ein­zi­ge ver­blei­ben­de Be­weis­mit­tel kann ihr nicht ver­wehrt wer­den. Viel­mehr be­darf es ei­nes Min­dest­maßes an recht­li­chem Gehör (vgl. BVerfG 21.02.2001 = NJW 01, 2531).


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Die­sem Min­dest­maß ist hier je­doch genüge ge­tan, ob­wohl ei­ne Par­tei­ver­neh­mung von Amts we­gen nach § 448 ZPO un­ter­blie­ben ist, weil de­ren Vor­aus­set­zun­gen - Vor­lie­gen ei­nes sog. An­fangs­be­wei­ses - nicht ge­ge­ben sind (vgl. BAG 22.05.2007 - 3 AZN 1155/06, zu II. 2. c), bb) der Gründe). Denn die Kläge­rin war in der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 02.07.2007 vor dem Ar­beits­ge¬richt an­we­send - auch während der Be­weis­auf­nah­me. Sie hat­te Ge­le­gen­heit, zum Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me Stel­lung zu neh­men (vgl. Sei­te 4, 5 der Sit­zungs­nie­der­schrift vom 02.07.2007) und hat vor al­lem auch selbst zum Kom­plex „Sit­ten­wid­rig­keit bzw. un­lau­te­re Mo­ti­ve der Kündi­gung“ Stel­lung ge­nom­men (vgl. Sei­te 5 der Sit­zungs­nie­der­schrift un­ten). Dies be­deu­tet aber, dass ihr das ge­bo­te­ne Min­dest­maß an recht­li­chem Gehör gewährt wur­de. Das Erst­ge­richt konn­te das persönli­che Vor­brin­gen der Kläge­rin in der münd­li­chen Ver­hand­lung im En­dur­teil würdi­gen. Dass es dies nicht im Sin­ne der Kläge­rin ge­tan hat, ist kei­ne Fra­ge der Ver­let­zung recht­li­chen Gehörs bzw. von Art. 6 Abs. 1 EM­RK, son­dern der frei­en Be­weiswürdi­gung nach § 286 Abs. 1 ZPO.


Nach al­lem hat das Erst­ge­richt im Er­geb­nis zu Recht an­ge­nom­men, die Kündi­gung vom 05.07.2006 schei­te­re nicht an ih­rer Sit­ten­wid­rig­keit gemäß § 138 Abs. 1 BGB. Die­ses Er­geb­nis ist we­der im Hin­blick auf Art. 103 GG noch in Be­zug auf Art. 6 Abs. 1 EM­RK zu be­an­stan­den.


2. Nach­dem das Ar­beits­verhält­nis be­reits durch die Kündi­gung vom 05.07.2006 be­en­det wur­de, schei­tert der ge­gen die wei­te­re Kündi­gung vom 01.08.2006 Kündi­gungs­schutz­an­trag dar­an, dass im Zeit­punkt des Ab­laufs der mit die­ser Kündi­gung in Gang ge­setz­ten Kündi­gungs­frist ein Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en be­reits nicht mehr be­stand.


3. Das Glei­che gilt im Hin­blick auf den ge­gen die Wirk­sam­keit der zum 31.08.2006 ver­ein­bar­ten Be­fris­tung ge­rich­te­ten Fest­stel­lungs­an­trag und für den An­trag auf vorläufi­ge Wei­ter­beschäfti­gung bis zum rechts­kräfti­gen Ab­schluss des Kündi­gungs­rechts­streits, des­sen Er­folg vor­aus­ge­setzt hätte, dass zu­min­dest die Un­wirk­sam­keit der Kündi­gun­gen fest­ge­stellt wor­den wäre.


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III.


Die Kläge­rin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kos­ten ih­res er­folg­lo­sen Rechts­mit­tels und nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kos­ten des ge­sam­ten Rechts­streits ein­sch­ließlich des ers­ten Rechts­zu­ges (in­so­weit fehlt im an­ge­foch­te­nen Ur­teil ei­ne Kos­ten­ent­schei­dung) zu tra­gen.


IV.


Die Re­vi­si­on wird für die Kläge­rin we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che gemäß § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG zu­ge­las­sen. In­so­weit wird auf die nach­fol­gen­de Rechts­mit­tel­be­leh­rung ver­wie­sen:


Rechts­mit­tel­be­leh­rung:


Ge­gen die­ses Ur­teil kann die Kläge­rin Re­vi­si­on ein­le­gen.


Für die Be­klag­te ist ge­gen die­ses Ur­teil kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.


Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb ei­ner Frist von ei­nem Mo­nat ein­ge­legt und in­ner­halb ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten be­gründet wer­den.
Bei­de Fris­ten be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur¬teils, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung des Ur­teils.


Die Re­vi­si­on muss beim


Bun­des­ar­beits­ge­richt

Hu­go-Preuß-Platz 1

99084 Er­furt


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Post­an­schrift:


Bun­des­ar­beits­ge­richt
99113 Er­furt


Fax-Num­mer:
(03 61) 26 36 - 20 00


ein­ge­legt und be­gründet wer­den.


Die Re­vi­si­ons­schrift und Re­vi­si­ons­be­gründung müssen von ei­nem Rechts­an­walt un­ter­zeich­net sein.


Dr. Ro­sen­fel­der 

Ram­bach 

Schnei­der­bau­er-Schwend­ler


Hin­weis der Geschäfts­stel­le:
Das Bun­des­ar­beits­ge­richt bit­tet, al­le Schriftsätze in sie­ben­fa­cher Aus­fer­ti­gung ein­zu­rei­chen.


Für den Gleich­laut der Aus­fer­ti­gung mit der Ur­schrift:

München, den
Der Ur­kunds­be­am­te der Geschäfts­stel­le

des Lan­des­ar­beits­ge­richts München
He­ger, Reg. Ober­se­kretär

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