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HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

BAG, Ur­teil vom 26.05.2011, 8 AZR 37/10

   
Schlagworte: Betriebsübergang, Kündigung: Betriebsbedingt, Kündigung: Betriebsübergang
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 8 AZR 37/10
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 26.05.2011
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Freiburg, Urteil vom 13.03.2009, 14 Ca 515/08
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 15.12.2009, 22 Sa 45/09
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

8 AZR 37/10

22 Sa 45/09

Lan­des­ar­beits­ge­richt Ba­den-Würt­tem­berg

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am 26. Mai 2011

UR­TEIL

Förs­ter, Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Kläger, Be­ru­fungskläger und Re­vi­si­ons­be­klag­ter,

hat der Ach­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 26. Mai 2011 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des-


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ar­beits­ge­richt Hauck, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Böck und Brein­lin­ger so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Dr. Um­fug und Brück­mann für Recht er­kannt:

Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Ba­den-Würt­tem­berg - Kam­mern Frei­burg - vom 15. De­zem­ber 2009 - 22 Sa 45/09 - wird zurück­ge­wie­sen.

Zur Klar­stel­lung wird das Be­ru­fungs­ur­teil in Zif­fer 1 Satz 1 wie folgt neu ge­fasst: Auf die Be­ru­fung des Klägers wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Frei­burg vom 13. März 2009 - 14 Ca 515/08 - ab­geändert.

Die Kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens hat die Be­klag­te zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten um die Wirk­sam­keit zwei­er Kündi­gun­gen.

Der Kläger ist seit dem 1. Ju­ni 1998 bei der Be­klag­ten als Ver­triebs-

in­ge­nieur, zu­letzt ge­gen ein mo­nat­li­ches Brut­to­ar­beits­ent­gelt iHv. 4.728,47 Eu­ro beschäftigt.

Die Al­lein­ge­sell­schaf­te­rin der Be­klag­ten ist die G G AG. Zu de­ren

Un­ter­neh­men gehört auch die G P S AG in B/CH bei Ba. Die Ak­ti­vitäten der Mut­ter­ge­sell­schaft sind in sog. Di­vi­sio­nen auf­ge­teilt. Die „H-Di­vi­si­on“ um­fasst „P S“. Ihr steht R Y vor, der zu­gleich ein (al­lein­ver­tre­tungs­be­rech­tig­ter) Geschäftsführer der Be­klag­ten ist.

Die Be­klag­te beschäftig­te En­de 2008 in et­was we­ni­ger als 60 km Ent-

fer­nung von B/CH im Be­trieb M 30 Ar­beit­neh­mer, da­von 22 in dem der H-Di­vi­si­on zu­ge­ord­ne­ten selbständi­gen Geschäfts­be­reich „V“, der die Her­stel­lung und den Ver­trieb von Klap­pen­ven­ti­len, vor al­lem für die Phar­ma­in­dus­trie, zum Ge­gen­stand hat­te. Dem In­nen­dienst die­ses Be­reichs war der Kläger zu-


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ge­ord­net, der teil­wei­se von zu Hau­se aus ar­bei­te­te. Die übri­gen acht Ar­beit­neh­mer in M gehörten zur „Pul­ver­be­schich­tung“ (P-Di­vi­si­on).

Am 22. Ok­to­ber 2008 in­for­mier­te der Geschäftsführer Y die Geschäfts-

lei­tung der Be­klag­ten da­von, dass der Be­reich V in M nicht auf­recht­er­hal­ten wer­den sol­le. Noch am sel­ben Tag stell­te die Be­klag­te bei dem zuständi­gen In­te­gra­ti­ons­amt An­trag auf Zu­stim­mung zur Kündi­gung ei­nes schwer­be­hin­der­ten Men­schen. Am 24. Ok­to­ber 2008 teil­te die Be­klag­te den Mit­ar­bei­tern des Be­reichs V auf ei­ner Be­triebs­ver­samm­lung die be­ste­hen­de Kündi­gungs­ab­sicht mit und zeig­te ge­genüber der Bun­des­agen­tur für Ar­beit die be­ab­sich­tig­te Ent­las­sung von 22 Ar­beit­neh­mern an. Mit Be­scheid vom 10. No­vem­ber 2008 bestätig­te die Bun­des­agen­tur für Ar­beit den Ein­gang der Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge am 24. Ok­to­ber 2008 und wies auf den Ab­lauf der Ent­las­sungs­sper­re nach § 18 KSchG am 24. No­vem­ber 2008 hin.

Mit Schrei­ben vom 24. Ok­to­ber 2008, dem Kläger am sel­ben Tag zu-

ge­gan­gen, so­wie mit wei­te­rem Schrei­ben vom 27. Ok­to­ber 2008, Zu­gang eben­falls am sel­ben Tag, kündig­te die Be­klag­te das mit dem Kläger be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis so­wie die Ar­beits­verhält­nis­se wei­te­rer 19 Ar­beit­neh­mer zum 28. Fe­bru­ar 2009.

Am Tag der ers­ten Kündi­gung, al­so am 24. Ok­to­ber 2008, er­hielt der

Kläger wie zehn wei­te­re gekündig­te Ar­beit­neh­mer, ein Ar­beits­ver­trags­an­ge­bot der G P S AG in B/CH. Sechs Ar­beit­neh­mer nah­men die­ses An­ge­bot an, fünf an­de­re, dar­un­ter der Kläger, lehn­ten es ab.

Da­nach veräußer­te die Be­klag­te die für ih­re Pro­duk­ti­on und Mon­ta­ge im

Geschäfts­be­reich V ge­nutz­ten An­la­gen, Ma­schi­nen und Werk­zeu­ge so­wie ihr La­ger an die G P S AG in B/CH. In der Zeit vom 17. bis 23. De­zem­ber 2008 er­folg­ten Ab­bau, Ver­la­dung und der Ab­trans­port nach B/CH, wo der Wie­der­auf­bau er­folg­te. Die lau­fen­den Pro­jek­te der Be­klag­ten aus dem Geschäfts­be­reich V wur­den auf die G P S AG über­tra­gen. Kun­den und Lie­fe­ran­ten wur­den da­hin in­for­miert, dass die geschäft­li­chen Ak­ti­vitäten von V ab dem 1. Ja­nu­ar 2009 in B/CH kon­zen­triert wer­den, dass al­le be­ste­hen­den Verträge naht­los über-


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nom­men wer­den und dass als neue Rech­nungs­an­schrift die der G P S AG in der Schweiz gel­te.

Der Kläger hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Kündi­gun­gen sei­en man-

gels so­zia­ler Recht­fer­ti­gung un­wirk­sam. Er hat be­strit­ten, dass die Be­klag­te ei­ne un­ter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dung ge­trof­fen ha­be, die zum Weg­fall sei­nes Ar­beits­plat­zes geführt ha­be. Ei­ne Be­triebs­still­le­gung ha­be es nicht ge­ge­ben, viel­mehr sei ein Be­triebs­teilüber­gang des Be­reichs V auf die G P S AG in B/CH er­folgt. Die Kündi­gun­gen sei­en we­gen ei­nes Be­triebsüber­gangs aus­ge­spro­chen wor­den, al­so nach § 613a Abs. 4 BGB un­wirk­sam. Dass ein Be­triebsüber­gang in die Schweiz er­folgt sei, ände­re dar­an nichts, weil sich der für die ob­jek­ti­ve An­knüpfung maßgeb­li­che ver­trag­li­che Erfüllungs­ort in Deutsch­land be­fin­de. Außer­dem gel­te mit Art. 333 Schwei­zer Ob­li­ga­tio­nen­recht ei­ne dem § 613a BGB ent­spre­chen­de Re­ge­lung auch in der Schweiz. Fer­ner hat der Kläger gel­tend ge­macht, er sei so­zi­al schutz­bedürf­ti­ger als die nicht ent­las­se­nen Mit­ar­bei­ter aus dem Be­reich der Pul­ver­be­schich­tung.

Der Kläger hat zu­letzt be­an­tragt,

1. fest­zu­stel­len, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis nicht durch die or­dent­li­che schrift­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 24. Ok­to­ber 2008 zum Ab­lauf des 28. Fe­bru­ar 2009 en­de­te, son­dern un­verändert fort­be­steht;

2. fest­zu­stel­len, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis nicht durch die or­dent­li­che schrift­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 27. Ok­to­ber 2008 zum Ab­lauf des 28. Fe­bru­ar 2009 en­de­te, son­dern un­verändert fort­be­steht;

3. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, den Kläger - für den Fall des Ob­sie­gens mit den Fest­stel­lungs­anträgen Zif­fer 1 und 2 - zu den im Ar­beits­ver­trag vom 20. Mai 1998 ge­re­gel­ten bis­he­ri­gen Ar­beits­be­din­gun­gen als in­ter­nen Ver­triebs­in­ge­nieur bis zu der rechts­kräfti­gen Ent­schei­dung über den Fest­stel­lungs­an­trag wei­ter zu beschäfti­gen.

Die Be­klag­te hat die Ab­wei­sung der Kla­ge be­an­tragt und die An­sicht

ver­tre­ten, die Kündi­gun­gen sei­en so­zi­al ge­recht­fer­tigt und we­der nach §§ 17 f. KSchG noch nach § 613a Abs. 4 BGB un­wirk­sam.


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Da­zu hat sie be­haup­tet, im Sep­tem­ber 2008 sei auf Kon­zern­ebe­ne ei­ne

Re­struk­tu­rie­rung der H-Di­vi­si­on be­schlos­sen wor­den, die ei­ne Zu­sam­men­egung ver­schie­de­ner Pro­dukt­grup­pen an den Stand­or­ten B/Schweiz, W/Bel­gi­en und E/Großbri­tan­ni­en be­inhal­te­te. Zur Um­set­zung die­ser Re­struk­tu­rie­rungs­maßnah­me ha­be der Geschäftsführer Y be­schlos­sen, den zur H-Di­vi­si­on gehören­den Geschäfts­be­reich V bis spätes­tens 31. De­zem­ber 2008 still­zu­le­gen. Die Sch­ließung des Be­reichs V ha­be sich seit En­de Sep­tem­ber ent­spre­chend der un­ter­neh­me­ri­schen Ent­schei­dung voll­zo­gen, seit Ja­nu­ar 2009 sei­en kei­ne Pro­duk­ti­ons­mit­tel mehr in M vor­han­den, die Mehr­heit der be­trof­fe­nen Mit­ar­bei­ter sei frei­ge­stellt wor­den. Die Be­triebs­mit­tel aus M sei­en in die vor­han­de­ne be­trieb­li­che Ein­heit der G P S AG in B/CH in­te­griert wor­den, wo im De­zem­ber 2008 be­reits 97 Ar­beit­neh­mer in ei­ner ei­ge­nen Or­ga­ni­sa­ti­on beschäftigt ge­we­sen sei­en. Die­se vor­han­de­ne Or­ga­ni­sa­ti­on wer­de auch für Ar­bei­ten im Geschäfts­be­reich V mit ge­nutzt, die Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on der Be­klag­ten ha­be sich die G P S AG in B/CH nicht zu ei­gen ge­macht. Ei­ne ei­genständi­ge be­trieb­li­che Ein­heit, die dem Be­triebs­teil „V“ der Be­klag­ten entspräche, exis­tie­re in B/CH nicht, zu­mal auch nicht al­le Tätig­kei­ten, die bei der Be­klag­ten aus­geführt wur­den, von der G P S AG wahr­ge­nom­men würden. So sei­en ins­be­son­de­re Kon­struk­ti­ons- und Ent­wick­lungs­ar­bei­ten an ex­ter­ne Dienst­leis­ter ver­ge­ben wor­den. Da­mit sei ein die Iden­tität wah­ren­der Wie­der­auf­bau des Be­triebs­teils im Sin­ne ei­nes Be­triebs­teilüber­gangs in B/CH nicht er­folgt.

Nach An­sicht der Be­klag­ten ist § 613a BGB auf grenzüber­schrei­ten­de

Sach­ver­hal­te nicht an­wend­bar.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge hin­sicht­lich bei­der Kündi­gun­gen ab-

ge­wie­sen. Aus den Ent­schei­dungs­gründen des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils er­gibt sich je­doch, dass die Kündi­gung vom 24. Ok­to­ber 2008 man­gels vor­he­ri­ger Er­stat­tung der Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge für un­wirk­sam be­fun­den wur­de. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat auf die Be­ru­fung des Klägers das ar­beits­ge­richt­li­che Ur­teil ab­geändert und die Un­wirk­sam­keit bei­der Kündi­gun­gen fest­ge­stellt. Die wei­ter­ge­hen­de Be­ru­fung des Klägers hat es zurück­ge­wie­sen. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on er­strebt die Be­klag­te die Wie­der-


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her­stel­lung des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils.

Ent­schei­dungs­gründe

So­weit die Re­vi­si­on nicht be­reits un­zulässig ist (Kündi­gung vom

24. Ok­to­ber 2008), ist sie un­be­gründet. Für die Kündi­gung vom 27. Ok­to­ber 2008 be­stand kein drin­gen­des be­trieb­li­ches Er­for­der­nis, da der Beschäfti­gungs­be­reich des Klägers bei der Be­klag­ten nicht still­ge­legt wer­den, son­dern im We­ge des Be­triebsüber­gangs auf die G P S AG in B/CH über­ge­hen soll­te.

A. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat sei­ne Ent­schei­dung im We­sent­li­chen wie

folgt be­gründet:

Die Kündi­gung vom 24. Ok­to­ber 2008 sei des­we­gen un­wirk­sam, weil

die Be­klag­te ih­rer An­zei­ge­pflicht nach § 17 KSchG nicht recht­zei­tig nach­ge­kom­men sei. Die Kündi­gung vom 27. Ok­to­ber 2008 sei nach § 1 Abs. 1 KSchG rechts­un­wirk­sam. Ih­rer Dar­le­gungs­last, dass die Kündi­gung durch drin­gen­de be­trieb­li­che Er­for­der­nis­se be­dingt ist, die ei­ner Wei­ter­beschäfti­gung des Klägers in die­sem Be­trieb ent­ge­gen­ste­hen, sei die Be­klag­te nicht aus­rei­chend nach­ge­kom­men. Sie ha­be zwar ei­ne zum Zeit­punkt des Kündi­gungs­aus­spruchs be­ab­sich­tig­te Still­le­gungs­ab­sicht be­haup­tet. Je­doch ha­be sie die Dar­stel­lung des Klägers nicht ent­kräften können, zu die­sem Zeit­punkt ha­be schon die Ab­sicht be­stan­den, den Teil­be­trieb zu veräußern. Der Kläger ha­be un­wi­der­spro­chen dar­ge­legt, die G P S AG ha­be nicht nur die ma­te­ri­el­len Be­triebs­mit­tel der bei der Be­klag­ten selbständi­gen Ab­tei­lung V über­nom­men. Viel­mehr sei­en auch die Kund­schaft und die lau­fen­den Pro­jek­te über­tra­gen so­wie al­le Verträge und die Lie­fe­ran­ten über­nom­men wor­den. Die ge­sam­te Fer­ti­gungs­li­nie sei eins zu eins fort­geführt wor­den. Es ha­be bei der G P S AG bis zur Über­tra­gung kei­ne dem Be­triebs­teil V bei der Be­klag­ten ent­spre­chen­de Tätig­keit ge­ge­ben. Mit der Über­tra­gung sei die Tätig­keit oh­ne Un­ter­bre­chung und un­ter Ver­wen­dung des bis­he­ri­gen Pro­dukt­na­mens „V“ fort­geführt wor­den.


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Darüber hin­aus ha­be die G P S AG in ih­rem An­schrei­ben an Kun­den und Lie­fe­ran­ten selbst von ei­nem Um­zug von M nach B/CH ge­spro­chen. All dies spre­che bei der vor­zu­neh­men­den Ge­samt­be­trach­tung für das Vor­lie­gen ei­nes Be­triebsüber­gangs. Die von der Be­klag­ten an­geführ­ten ge­genläufi­gen As­pek­te, wie die Auflösung der vor­mals ei­genständi­gen Ein­heit V durch die G P S AG, die In­te­gra­ti­on der Be­triebs­mit­tel in ei­ne vor­han­de­ne Ein­heit so­wie der Um­stand, dass die G P S AG nicht mehr al­le im Teil­be­reich V an­ge­fal­le­nen Ar­bei­ten ausführe, genügten nicht, um die fest­zu­stel­len­de Ab­sicht ei­ner Be­triebsüber­tra­gung zu ent­kräften.

Auch bei ei­nem grenzüber­schrei­ten­den Be­triebsüber­gang sei die Be-

klag­te an § 613a BGB ge­bun­den. Das auf den Ar­beits­ver­trag an­zu­wen­den­de Recht ände­re sich nicht da­durch, dass der Er­wer­ber ei­nem an­de­ren ein­zel­staat­li­chen Recht un­ter­lie­ge. Die Ände­rung des Be­triebs­sit­zes ha­be kei­ne Aus­wir­kun­gen auf die er­for­der­li­che Wah­rung der Iden­tität. Da die Fahrt­stre­cke zwi­schen al­ter und neu­er Ar­beits­stel­le nur kurz sei, könne auch nicht von ei­ner un­zu­mut­ba­ren Beschäfti­gung der Be­leg­schaft am neu­en Be­triebs­sitz aus­ge­gan­gen wer­den.

Dem An­trag auf Fest­stel­lung des un­veränder­ten Fort­be­stands des Ar

beits­verhält­nis­ses hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt nicht ent­spro­chen, da durch den grenzüber­schrei­ten­den Be­triebsüber­gang künf­tig die Ar­beits­leis­tung nicht mehr in Deutsch­land, son­dern in der Schweiz zu er­brin­gen sei. Mit­hin sei kein un­veränder­tes Fort­be­ste­hen fest­zu­stel­len. Auch hin­sicht­lich des Wei­ter-beschäfti­gungs­an­trags hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt die Be­ru­fung zurück­ge­wie­sen. Da die Beschäfti­gungs­pflicht der Be­klag­ten mit dem Be­triebsüber­gang en­de, ha­be der Kläger ge­gen die Be­klag­te kei­nen Wei­ter­beschäfti­gungs-an­spruch für Zei­ten nach dem Be­triebsüber­gang.

B. Dem Lan­des­ar­beits­ge­richt ist im Er­geb­nis zu fol­gen.

I. So­weit die Re­vi­si­on die Ent­schei­dung zum Kündi­gungs­schutz­an­trag

ge­gen die Kündi­gung vom 24. Ok­to­ber 2008 an­greift, ist sie un­zulässig.


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1. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört
zum not­wen­di­gen In­halt der Re­vi­si­ons­be­gründung die An­ga­be der Re­vi­si­ons­gründe. Bei ei­ner Sachrüge muss die Re­vi­si­ons­be­gründung den Rechts­feh­ler des Lan­des­ar­beits­ge­richts so auf­zei­gen, dass Ge­gen­stand und Rich­tung des Re­vi­si­ons­an­griffs er­kenn­bar sind. Da­her muss die Re­vi­si­ons­be­gründung ei­ne Aus­ein­an­der­set­zung mit den Ur­teils­gründen des an­ge­foch­te­nen Ur­teils ent­hal­ten. Dies er­for­dert die kon­kre­te Dar­le­gung der Gründe, aus de­nen das an­ge­foch­te­ne Ur­teil rechts­feh­ler­haft sein soll (BAG 15. März 2006 - 4 AZR 73/05 - Rn. 18, AP ZPO § 551 Nr. 63 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 2; 6. Ja­nu­ar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 2 a der Gründe mwN, BA­GE 109, 145 = AP ArbGG 1979 § 74 Nr. 11 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 1). Bei meh­re­ren Streit­ge­genständen muss für je­den ei­ne sol­che Be­gründung ge­ge­ben wer­den. Fehlt sie zu ei­nem Streit­ge­gen­stand, ist das Rechts­mit­tel in­so­weit un­zulässig (BAG 12. No­vem­ber 2002 - 1 AZR 632/01 - zu B I der Gründe mwN, BA­GE 103, 312 = AP Be­trVG 1972 § 112 Nr. 155 = EzA Be­trVG 2001 § 112 Nr. 2).

2. Das Ar­beits­ge­richt hat­te zwar im Te­nor die Kla­ge vollständig ab-
ge­wie­sen, in den Gründen sei­nes Ur­teils je­doch aus­geführt, dass die Kündi­gung vom 24. Ok­to­ber 2008 un­wirk­sam sei, da je­der Vor­trag der Be­klag­ten zu ei­ner Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge vor Aus­spruch die­ser Kündi­gung feh­le. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat dem Kündi­gungs­schutz­an­trag hin­sicht­lich der Kündi­gung vom 24. Ok­to­ber 2008 un­ter Hin­weis auf die Fest­stel­lun­gen des Ar­beits­ge­richts, die nur im Te­nor kei­nen Nie­der­schlag ge­fun­den hätten und de­nen die Be­klag­te in der Be­ru­fungs­in­stanz nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten sei, statt­ge­ge­ben. Da­mit setzt sich die Re­vi­si­on der Be­klag­ten nicht aus­ein­an­der.

II. So­weit sich die Re­vi­si­on ge­gen die Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits-

ge­richts über die Wirk­sam­keit der Kündi­gung vom 27. Ok­to­ber 2008 rich­tet, ist sie un­be­gründet. Zu Recht hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt ei­ne Rechts­un­wirk­sam­keit der Kündi­gung der Be­klag­ten vom 27. Ok­to­ber 2008 nach § 1 Abs. 1 KSchG an­ge­nom­men, da die Kündi­gung nicht durch drin­gen­de be­trieb­li­che Er­for­der­nis­se, die ei­ner Wei­ter­beschäfti­gung des Klägers in die­sem Be­trieb ent­ge­gen­stan­den, be­dingt war. Die von der Be­klag­ten be­haup­te­te Still­le­gungs-


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ab­sicht des Be­triebs­teils V lag im Zeit­punkt des Aus­spruchs der Kündi­gung nicht vor.

1. Zu den drin­gen­den be­trieb­li­chen Er­for­der­nis­sen, die nach § 1 Abs. 2

Satz 1 KSchG ei­nen Grund zur so­zia­len Recht­fer­ti­gung ei­ner Kündi­gung ab­ge­ben können, gehört die Still­le­gung des ge­sam­ten Be­triebs, ei­ner Be­triebs­ab­tei­lung oder ei­nes Be­triebs­teils (BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 273/08 - Rn. 28, AP BGB § 613a Nr. 370 = EzA KSchG § 17 Nr. 20; 24. Au­gust 2006 - 8 AZR 317/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Be­triebs­be­ding­te Kündi­gung Nr. 152 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 60; 27. No­vem­ber 2003 - 2 AZR 48/03 - zu B I 1 der Gründe, BA­GE 109, 40 = AP KSchG 1969 § 1 So­zia­le Aus­wahl Nr. 64 = EzA KSchG § 1 Be­triebs­be­ding­te Kündi­gung Nr. 128). Die bloße Ein­stel­lung der Pro­duk­ti­on be­deu­tet al­ler­dings noch kei­ne Be­triebs­still­le­gung (BAG 16. Mai 2002 - 8 AZR 319/01 - zu B III 1 a bb der Gründe, AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210).

a) Un­ter der Still­le­gung ei­nes Be­triebs ist die Auflösung der zwi­schen

Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer be­ste­hen­den Be­triebs- und Pro­duk­ti­ons­ge­mein­schaft zu ver­ste­hen, die ih­re Ver­an­las­sung und ih­ren un­mit­tel­ba­ren Aus­druck dar­in fin­det, dass der Un­ter­neh­mer die bis­he­ri­ge wirt­schaft­li­che Betäti­gung in der ernst­li­chen Ab­sicht ein­stellt, die Ver­fol­gung des bis­he­ri­gen Be­triebs­zwe­ckes dau­ernd oder für ei­ne ih­rer Dau­er nach un­be­stimm­te, wirt­schaft­lich nicht un­er­heb­li­che Zeit­span­ne nicht wei­ter zu ver­fol­gen. Mit der Still­le­gung des ge­sam­ten Be­triebs ent­fal­len al­le Beschäfti­gungsmöglich­kei­ten. Der Ar­beit­ge­ber muss endgültig ent­schlos­sen sein, den Be­trieb still­zu­le­gen. Dem­gemäß ist von ei­ner Still­le­gung aus­zu­ge­hen, wenn der Ar­beit­ge­ber sei­ne Still­le­gungs­ab­sicht un­miss­verständ­lich äußert, al­len Ar­beit­neh­mern kündigt, et­wai­ge Miet­verträge zum nächstmögli­chen Zeit­punkt auflöst, die Be­triebs­mit­tel, über die er verfügen kann, veräußert und die Be­triebstätig­keit vollständig ein­stellt. Für die Still­le­gung von Be­triebs­ab­tei­lun­gen und Be­triebs­tei­len gilt dies, auf die je­wei­li­ge Ein­heit be­grenzt, ent­spre­chend.

Bei ei­ner mit Be­triebs­sch­ließung be­gründe­ten Kündi­gung ist der Ar­beit-

ge­ber nicht ge­hal­ten, die­se erst nach Durchführung der Still­le­gung aus­zu-


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spre­chen. Es kommt auch ei­ne Kündi­gung we­gen der be­ab­sich­tig­ten Still­le­gung in Be­tracht. Wird die Kündi­gung auf die künf­ti­ge Ent­wick­lung der be­trieb­li­chen Verhält­nis­se gestützt, so kann sie aus­ge­spro­chen wer­den, wenn die be­trieb­li­chen Umstände greif­ba­re For­men an­ge­nom­men ha­ben. Grundsätz­lich brau­chen be­trieb­li­che Gründe noch nicht tatsächlich ein­ge­tre­ten zu sein, son­dern es genügt, wenn sie sich kon­kret und greif­bar ab­zeich­nen. Sie lie­gen dann vor, wenn im Zeit­punkt des Aus­spruchs der Kündi­gung auf Grund ei­ner vernünf­ti­gen, be­triebs­wirt­schaft­li­chen Be­trach­tung da­von aus­zu­ge­hen ist, zum Zeit­punkt des Kündi­gungs­ter­mins sei mit ei­ni­ger Si­cher­heit der Ein­tritt ei­nes die Ent­las­sung er­for­der­lich ma­chen­den be­trieb­li­chen Grun­des ge­ge­ben (BAG 16. Mai 2002 - 8 AZR 319/01 - zu B III 1 b bb (1) der Gründe, AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210; 10. Ok­to­ber 1996 - 2 AZR 477/95 - zu II 1 b (1) der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Be­triebs­be­ding­te Kündi­gung Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Be­triebs­be­ding­te Kündi­gung Nr. 87).

b) Ei­ne Still­le­gungs­ab­sicht des Ar­beit­ge­bers liegt dann nicht vor, wenn
die­ser be­ab­sich­tigt, sei­nen Be­trieb bzw. sei­nen Be­triebs­teil zu veräußern. Die Veräußerung des Be­triebs oder Be­triebs­teils al­lein ist - wie sich aus der Wer­tung des § 613a BGB er­gibt - kei­ne Still­le­gung, weil die Iden­tität des Be­triebs ge­wahrt bleibt und le­dig­lich ein Be­triebs­in­ha­ber­wech­sel statt­fin­det. Be­triebs­veräußerung und Be­triebs­still­le­gung schließen sich sys­te­ma­tisch aus. Da­bei kommt es auf das tatsächli­che Vor­lie­gen des Kündi­gungs­grun­des und nicht auf die vom Ar­beit­ge­ber ge­ge­be­ne Be­gründung an. Ei­ne vom Ar­beit­ge­ber mit ei­ner Still­le­gungs­ab­sicht be­gründe­te Kündi­gung ist nur dann so­zi­al ge­recht­fer­tigt, wenn sich die ge­plan­te Maßnah­me auch ob­jek­tiv als Be­triebs­still­le­gung und nicht et­wa des­halb als Be­triebs­veräußerung dar­stellt, weil die für die Fortführung des Be­triebs we­sent­li­chen Ge­genstände ei­nem Drit­ten über­las­sen wer­den soll­ten, der Veräußerer die­sen Vor­gang aber recht­lich un­zu­tref­fend als Be­triebs­still­le­gung be­wer­tet (BAG 9. Fe­bru­ar 1994 - 2 AZR 666/93 - zu II 2 c der Gründe, AP BGB § 613a Nr. 105 = EzA BGB § 613a Nr. 116).

c) Ist in ei­nem Kündi­gungs­rechts­streit strei­tig, ob im Zeit­punkt der Kündi-
gung ein Be­triebsüber­gang oder ei­ne Be­triebs­still­le­gung be­ab­sich­tigt war, hängt


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die Dar­le­gungs- und Be­weis­last da­von ab, ob sich der Ar­beit­neh­mer im Rah­men des Pro­zes­ses dar­auf be­ruft, der Be­trieb sei von dem bis­he­ri­gen Ar­beit­ge­ber nicht still­ge­legt, son­dern an ei­nen neu­en In­ha­ber über­tra­gen wor­den und ihm sei aus die­sem Grund gekündigt wor­den oder ob er nur den Un­wirk­sam­keits­grund des § 613a Abs. 4 BGB gel­tend macht. Im letz­te­ren Fall hat der Ar­beit­neh­mer dar­zu­le­gen und zu be­wei­sen, dass ihm we­gen ei­nes rechts­geschäft­li­chen Be­triebsüber­gangs gekündigt wor­den ist. Im Kündi­gungs­schutz-ver­fah­ren nach § 1 Abs. 2 KSchG hat dem­ge­genüber der Ar­beit­ge­ber die Tat­sa­chen zu be­wei­sen, die die Kündi­gung be­din­gen und es ist sei­ne Auf­ga­be vor­zu­tra­gen und nach­zu­wei­sen, dass die Kündi­gung so­zi­al ge­recht­fer­tigt ist. Fehlt es dar­an, ist der Kündi­gungs­schutz­kla­ge statt­zu­ge­ben, oh­ne dass es der Fest­stel­lung be­darf, dass der tra­gen­de Be­weg­grund für die Kündi­gung ein Be­triebsüber­gang ist (BAG 16. Mai 2002 - 8 AZR 319/01 - zu III 1 a bb (2) der Gründe, AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210; 9. Fe­bru­ar 1994 - 2 AZR 666/93 - zu II 2 d der Gründe, AP BGB § 613a Nr. 105 = EzA BGB § 613a Nr. 116; 5. De­zem­ber 1985 - 2 AZR 3/85 - zu B II 2 a der Gründe, AP BGB § 613a Nr. 47 = EzA BGB § 613a Nr. 50).

2. Die Ent­schei­dung des Be­ru­fungs­ge­richts über die So­zi­al­wid­rig­keit ei­ner

Kündi­gung ist in der Re­vi­si­ons­in­stanz nur be­schränkt nach­prüfbar. Bei der Fra­ge der So­zi­al­wid­rig­keit ei­ner Kündi­gung han­delt es sich um die An­wen­dung ei­nes un­be­stimm­ten Rechts­be­griffs, die von dem Re­vi­si­ons­ge­richt nur dar­auf über­prüft wer­den kann, ob das an­ge­foch­te­ne Ur­teil den Rechts­be­griff selbst ver­kannt hat, ob es bei der Un­ter­ord­nung des Sach­ver­halts un­ter die Rechts­norm des § 1 KSchG Denk­ge­set­ze oder all­ge­mei­ne Er­fah­rungssätze ver­letzt hat, ob es bei der ge­bo­te­nen In­ter­es­sen­abwägung, bei der dem Tatrich­ter ein Be­ur­tei­lungs­spiel­raum zu­steht, al­le we­sent­li­chen Umstände berück­sich­tigt hat und ob es in sich wi­der­spruchs­frei ist (BAG 27. No­vem­ber 2008 - 2 AZR 98/07 - Rn. 19, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 90 = EzA KSchG § 1 Ver­dachtskündi­gung Nr. 4; 24. Ju­ni 2004 - 2 AZR 63/03 - zu B I der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung Nr. 49 = EzA KSchG § 1 Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung Nr. 65).

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3. Un­ter Berück­sich­ti­gung die­ses ein­ge­schränk­ten Prüfungs­maßstabs ist

die Würdi­gung des Lan­des­ar­beits­ge­richts, zum Zeit­punkt der Kündi­gung ha­be die Be­klag­te nicht die Ab­sicht ge­habt, den Be­triebs­teil V dau­er­haft still­zu­le­gen, auf der Grund­la­ge des fest­ge­stell­ten und nicht an­ge­grif­fe­nen Sach­ver­halts nicht zu be­an­stan­den. Zu Recht ist das Lan­des­ar­beits­ge­richt da­von aus­ge­gan­gen, die Be­klag­te ha­be im Ok­to­ber 2008 be­ab­sich­tigt, den un­strei­tig or­ga­ni­sa­to­risch ab­ge­grenz­ten Be­reich V im We­ge des Teil­be­triebsüber­gangs iSd. § 613a BGB auf die G P S AG in B/CH zu über­tra­gen.

a) § 613a BGB setzt den rechts­geschäft­li­chen Über­gang ei­nes Be­triebs

oder Be­triebs­teils auf ei­nen an­de­ren In­ha­ber vor­aus. Er­for­der­lich ist die Wah­rung der Iden­tität der be­tref­fen­den wirt­schaft­li­chen Ein­heit. Der Be­griff wirt­schaft­li­che Ein­heit be­zieht sich auf ei­ne or­ga­ni­sa­to­ri­sche Ge­samt­heit von Per­so­nen und/oder Sa­chen zur auf Dau­er an­ge­leg­ten Ausübung ei­ner wirt­schaft­li­chen Tätig­keit mit ei­ge­ner Ziel­set­zung. Bei der Prüfung, ob ei­ne sol­che Ein­heit über­ge­gan­gen ist, müssen sämt­li­che den be­tref­fen­den Vor­gang kenn­zeich­nen­den Tat­sa­chen berück­sich­tigt wer­den. Da­zu gehören als Teil­as­pek­te der Ge­samtwürdi­gung na­ment­lich die Art des be­tref­fen­den Un­ter­neh­mens oder Be­triebs, der et­wai­ge Über­gang der ma­te­ri­el­len Be­triebs­mit­tel wie Gebäude oder be­weg­li­che Güter, der Wert der im­ma­te­ri­el­len Ak­ti­va im Zeit­punkt des Über­gangs, die et­wai­ge Über­nah­me der Haupt­be­leg­schaft, der et­wai­ge Über­gang der Kund­schaft so­wie der Grad der Ähn­lich­keit zwi­schen den vor und nach dem Über­gang ver­rich­te­ten Tätig­kei­ten und die Dau­er ei­ner even­tu­el­len Un­ter­bre­chung die­ser Tätig­keit. Die Iden­tität der Ein­heit kann sich auch aus an­de­ren Merk­ma­len, wie zB ih­rem Per­so­nal, ih­ren Führungs­kräften, ih­rer Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on, ih­ren Be­triebs­me­tho­den oder den ihr zur Verfügung ste­hen­den Be­triebs­mit­teln er­ge­ben. Den für das Vor­lie­gen ei­nes Über­gangs maßgeb­li­chen Kri­te­ri­en kommt je nach der aus­geübten Tätig­keit und je nach den Pro­duk­ti­ons- und Be­triebs­me­tho­den un­ter­schied­li­ches Ge­wicht zu (st. Rspr., vgl. BAG 21. Au­gust 2008 - 8 AZR 481/07 - Rn. 24, AP BGB § 613a Nr. 354 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 96; 16. Fe­bru­ar 2006 - 8 AZR 211/05 - zu II 3 a der Gründe mwN, AP BGB § 613a Nr. 301 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 47).


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b) Da­nach hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt oh­ne Rechts­feh­ler an­ge­nom­men,

dass der Be­reich V, der bei der Be­klag­ten ei­ne auf Dau­er an­ge­leg­te, hin­rei­chend struk­tu­rier­te und selbständi­ge wirt­schaft­li­che Ein­heit im Sin­ne des § 613a BGB dar­stell­te, auf­grund ei­ner Ent­schei­dung aus dem Sep­tem­ber 2008 zum 1. Ja­nu­ar 2009 iden­titäts­wah­rend auf die G P S AG über­tra­gen wer­den soll­te.

aa) Der be­ab­sich­tig­ten iden­titäts­wah­ren­den Über­tra­gung des Be­triebs­teils

V steht nicht ent­ge­gen, dass die vor­mals ei­genständi­ge Ein­heit V bei der G P S AG auf­gelöst und die über­nom­me­nen Be­triebs­mit­tel in die vor­han­de­ne Or­ga­ni­sa­ti­on in­te­griert wor­den sind. Ent­schei­dend ist, wor­auf das Lan­des­ar­beits­ge­richt auch zu­tref­fend ab­stellt, dass der Funk­ti­ons- und Zweck­zu­sam­men­hang zwi­schen den über­tra­ge­nen ma­te­ri­el­len und im­ma­te­ri­el­len Be­triebs­mit­teln so­wie den sons­ti­gen Pro­duk­ti­ons­fak­to­ren wie et­wa den Kun­de­n­und Lie­fe­ran­ten­be­zie­hun­gen oder den Fer­ti­gungs­me­tho­den, bei­be­hal­ten wird, und dies dem Er­wer­ber ge­stat­tet, die ver­knüpften Pro­duk­ti­ons­fak­to­ren zur Ver­fol­gung ei­ner be­stimm­ten wirt­schaft­li­chen Tätig­keit zu nut­zen. Auf die Bei­be­hal­tung der bis­he­ri­gen Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tur kommt es hier­bei nicht ent­schei­dend an (BAG 22. Ja­nu­ar 2009 - 8 AZR 158/07 - Rn. 19, AP BGB § 613a Nr. 367 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 107; EuGH 12. Fe­bru­ar 2009 - C466/07 - [Kla­ren­berg] Rn. 47 f., Slg. 2009, I-803 = AP Richt­li­nie 2001/23/EG Nr. 4 = EzA Richt­li­nie 2001/23 EG-Ver­trag 1999 Nr. 2).

bb) Das für die H-Di­vi­si­on im Sep­tem­ber 2008 er­ar­bei­te­te Re-

struk­tu­rie­rungs­kon­zept sah ei­ne Fortführung der bis­he­ri­gen Ak­ti­vitäten des „V“ Be­reichs der Be­klag­ten bei der G P S AG in B/CH und die Ver­brin­gung der Be­triebs­mit­tel von M nach B/CH vor. Dies er­gibt sich ei­ner­seits aus dem An­schrei­ben an Kun­den und Lie­fe­ran­ten, an­de­rer­seits aus der E-mail vom 10. De­zem­ber 2008, die den Ab­lauf der Um­zugs­ak­ti­vitäten be­schreibt und in der aus­geführt wird, dass in B/CH der Werk­statt­be­reich und das La­ger suk­zes­si­ve auf­ge­baut wer­den, „so dass schnellstmöglich die Ar­beit fort­ge­setzt wer­den kann“. Im Rah­men der vor­zu­neh­men­den Ge­samt­be­trach­tung ist der Um­stand, dass Kon­struk­ti­ons- und Ent­wick­lungs­ar­bei­ten von der G P S AG an


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ex­ter­ne Dienst­leis­ter ver­ge­ben wur­den, dem­ge­genüber von nach­ge­ord­ne­ter Be­deu­tung, zu­mal die Be­klag­te nicht vor­ge­tra­gen hat, dass die­se später er­folg­te ex­ter­ne Ver­ga­be schon Teil des Re­struk­tu­rie­rungs­kon­zepts vom Sep­tem­ber 2008 ge­we­sen ist.

cc) Der be­ab­sich­tig­ten iden­titäts­wah­ren­den Über­tra­gung des Be­triebs­teils

steht auch nicht die Ent­fer­nung zwi­schen „al­ter“ und „neu­er“ Be­triebsstätte ent­ge­gen. Ei­ne er­heb­li­che räum­li­che Ent­fer­nung, die die Wah­rung der Iden­tität zwei­fel­haft er­schei­nen las­sen könn­te, be­steht nicht (BAG 25. Mai 2000 - 8 AZR 335/99 - Rn. 37, RzK I 5e Nr. 137; 13. No­vem­ber 1997 - 8 AZR 435/95 - Rn. 27, ZIn­sO 1998, 140; 12. Fe­bru­ar 1987 - 2 AZR 247/86 - AP BGB § 613a Nr. 67 = EzA BGB § 613a Nr. 64). Un­strei­tig beträgt die Weg­stre­cke zwi­schen bei­den Be­triebsstätten et­wa 59 Ki­lo­me­ter, sie lässt sich für die Ar­beit­neh­mer oh­ne Not­wen­dig­keit ei­nes Um­zugs in ei­ner knap­pen Au­to­stun­de bewälti­gen.

dd) Zu Recht hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt auf­grund der von ihm durch-

geführ­ten Ge­samt­be­trach­tung die Ab­sicht, ei­nen Be­triebs­teilüber­gang durch­zuführen, be­jaht, nach­dem es fest­ge­stellt hat, dass die G P S AG nicht nur die Be­triebs­mit­tel der Ab­tei­lung V, die Kund­schaft, die lau­fen­den Pro­jek­te so­wie al­le Verträge und die Lie­fe­ran­ten über­nom­men hat, son­dern auch die ge­sam­te Fer­ti­gungs­li­nie un­verändert und oh­ne Un­ter­bre­chung der Tätig­keit fortführt. An­ge­sichts der über­tra­ge­nen Pro­duk­ti­ons- und Mon­ta­ge­ma­schi­nen und Werk­zeu­ge, der Läger und der sons­ti­gen Pro­duk­ti­ons­mit­tel sind un­we­sent­li­che Be­triebs­mit­tel, wie Büro­ein­rich­tun­gen oder Com­pu­ter, die nicht nach B/CH ver­bracht wer­den soll­ten, von un­ter­ge­ord­ne­ter Be­deu­tung.

III. Der Berück­sich­ti­gung des be­ab­sich­tig­ten Be­triebs­teilüber­gangs und der

Be­triebs­ver­la­ge­rung von M nach B/CH bei der Be­ur­tei­lung der Kündi­gung vom 27. Ok­to­ber 2008 steht nicht ent­ge­gen, dass es sich um ei­nen grenzüber­schrei­ten­den Sach­ver­halt han­delt. Die feh­len­de Still­le­gungs­ab­sicht der Be­klag­ten und § 613a BGB sind auch in die­sem Zu­sam­men­hang zu be­ach­ten.

1. Nach den Re­geln des in­ter­na­tio­na­len Pri­vat­rechts (IPR) be­stimmt sich

die Fra­ge, wel­ches Ge­set­zes­recht auf ei­nen Pri­vat­rechts­sach­ver­halt an­zu-


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wen­den ist, nach den Re­ge­lun­gen des Staa­tes, des­sen Ge­richt zur Ent­schei­dung an­ge­ru­fen wird. Dies sind vor­lie­gend die das Ar­beits­recht be­tref­fen­den Be­stim­mun­gen der Art. 27 bis 37 EGBGB. Die­se sind zwar zum 17. De­zem­ber 2009 durch die Be­stim­mun­gen der Ver­ord­nung Nr. 593/2008 des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 17. Ju­ni 2008 über das auf ver­trag­li­che Schuld­verhält­nis­se an­zu­wen­den­de Recht ab­gelöst wor­den (RomI-VO). Nach Art. 28 RomI-VO fin­den aber die Re­ge­lun­gen des EGBGB auf Ver­trags­verhält­nis­se, die vor dem 17. De­zem­ber 2009 be­gründet wor­den sind, wei­ter­hin An­wen­dung.

2. Die Par­tei­en des Rechts­streits ha­ben kei­ne aus­drück­li­che oder still-

schwei­gen­de Rechts­wahl ge­trof­fen. Das auf den zwi­schen ih­nen ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­trag an­zu­wen­den­de Recht ist da­her nach den in Art. 30 Abs. 2 EGBGB be­nann­ten An­knüpfungs­kri­te­ri­en zu be­stim­men. Vor dem Zeit­punkt des be­ab­sich­tig­ten Be­triebsüber­gangs, al­so vor dem 1. Ja­nu­ar 2009 ist we­gen der dau­er­haf­ten Erfüllung der Ar­beits­pflicht in Deutsch­land und der Tat­sa­che, dass sich aus den Ge­samt­umständen kei­ne en­ge­re Ver­bin­dung des Ar­beits­ver­trags oder des Ar­beits­verhält­nis­ses zu ei­nem an­de­ren Land er­gibt, deut­sches Recht an­zu­wen­den, al­so auch § 613a BGB. Zwar ist das Ar­beits-ver­trags­sta­tut, al­so die Fra­ge, wel­ches na­tio­na­le Recht in ei­nem Ar­beits­verhält­nis an­zu­wen­den ist, wan­del­bar. Ei­ner­seits können die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en ein an­de­res Ar­beits­ver­trags­sta­tut aus­drück­lich ver­ein­ba­ren. An­de­rer­seits kommt es re­gelmäßig zu ei­nem Wech­sel des an­zu­wen­den­den Rechts, wenn ein Ar­beit­neh­mer, für des­sen Ar­beits­verhält­nis kei­ne Rechts­wahl ver­ein­bart ist, dau­er­haft in das Aus­land ent­sandt wird (Thüsing NZA 2003, 1303; MüArbR/Oet­ker 3. Aufl. Bd. 1 § 11 Rn. 37; Pa­landt/Thorn 68. Aufl. Art. 30 EGBGB Rn. 7). Die Par­tei­en ha­ben aber we­der vor dem 1. Ja­nu­ar 2009 ein an­de­res Ar­beits­ver­trags­sta­tut ver­ein­bart noch ist der Kläger vor die­sem Zeit­punkt be­reits dau­er­haft zur Er­brin­gung sei­ner Ar­beits­leis­tung nach B/CH ent­sandt wor­den. Ein Ar­beits­ver­trags­an­ge­bot der G P S AG in B/CH vom 24. Ok­to­ber 2008 hat der Kläger ab­ge­lehnt. Im Zeit­punkt des Aus­spruchs der Kündi­gung am 27. Ok­to­ber 2008 als dem maßgeb­li­chen Be­ur­tei­lungs­zeit­punkt greift deut­sches Recht, da kei­ne Umstände dafür er­sicht­lich sind, dass es vor


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dem Be­triebsüber­gang zu ei­ner Ände­rung des Ar­beits­ver­trags­sta­tuts ge­kom­men ist.

3. Die Par­tei­en strei­ten nicht darüber, mit wem der Kläger ab dem

1. Ja­nu­ar 2009 ein Ar­beits­verhält­nis hat und wel­ches Recht dafür gilt. Die be­an­trag­te Fest­stel­lung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses zur Be­klag­ten bei un­veränder­tem Fort­be­stand und den Wei­ter­beschäfti­gungs­an­trag des Klägers hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt rechts­kräftig ab­ge­wie­sen. Selbst wenn das Ar­beits­verhält­nis des Klägers nach dem Be­triebsüber­gang gemäß ei­nem an­de­ren na­tio­na­len Recht zu be­ur­tei­len wäre und wenn sich die­sem zu­fol­ge kein Ein­tritt des Er­wer­bers in die Rech­te und Pflich­ten aus den im Zeit­punkt des Über­gangs be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis­sen ergäbe, wirk­te dies nicht in der Wei­se vor, dass der be­ab­sich­tig­te Be­triebsüber­gang bei der Be­ur­tei­lung der streit­be­fan­ge­nen Kündi­gun­gen außer Be­tracht zu blei­ben hätte.

a) Nach der Recht­spre­chung des Se­nats ist § 613a BGB auch bei Be-
triebsübergängen in das Aus­land grundsätz­lich an­wend­bar (BAG 16. Mai 2002 - 8 AZR 319/01 - zu B III 1 b cc (3) der Gründe, AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210 - Ver­la­ge­rung von Deutsch­land nach Öster­reich -; vgl. auch 20. April 1989 - 2 AZR 431/88 - BA­GE 61, 369 = AP BGB § 613a Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Be­triebs­be­ding­te Kündi­gung Nr. 61 - mögli­cher Be­triebsüber­gang nach Frank­reich -).

b) Die Auf­fas­sung, bei Be­triebsübergängen in das Aus­land gel­te § 613a
BGB nicht, da die Gel­tung deut­schen Ge­set­zes­rechts an der deut­schen Gren­ze en­de, ver­mag nicht zu über­zeu­gen (Münch­Komm/Schaub 3. Aufl. § 613a BGB Rn. 14; Lo­ritz RdA 1987, 65, 84; ArbG Ham­burg 20. Ju­li 1979 - S15 Ca 410/78 - AP BGB § 613a Nr. 25). Das im öffent­li­chen Recht zu be­ach­ten­de Ter­ri­to­ria­li-tätsprin­zip wird im grenzüber­schrei­ten­den Zi­vil­rechts­ver­kehr von den Re­ge­lun­gen des IPR ver­drängt. An­dern­falls müss­te schon bei ei­ner vorüber­ge­hen­den Ent­sen­dung ei­nes Ar­beit­neh­mers in das Aus­land ent­ge­gen Art. 30 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB das Recht des be­trof­fe­nen ausländi­schen Staa­tes An­wen­dung fin­den. Grundsätz­lich ist da­her die An­wend­bar­keit des § 613a BGB nicht auf das Ge­biet der Bun­des­re­pu­blik be­schränkt (Coh­nen FS zum 25-


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jähri­gen Be­ste­hen der Ar­beits­ge­mein­schaft Ar­beits­recht im Deut­schen An­walts­ver­ein S. 595; Rich­ter Ar­buR 1992, 65; Feud­ner NZA 1999, 1184). Bei Be­triebsübergängen mit Aus­lands­be­zug können sach­ge­rech­te Lösun­gen auch nicht über die Re­ge­lun­gen nach Art. 43 EGBGB, son­dern nur über die Re­ge­lun­gen des Ar­beits­ver­trags­sta­tuts nach Art. 30 EGBGB er­zielt wer­den (Koch RIW 1984, 592; Birk RdA 1984, 129; Jun­ker In­ter­na­tio­na­les Ar­beits­recht im Kon­zern S. 235 ff.). Art. 43 EGBGB re­gelt die Rech­te an ei­ner Sa­che. Bei ei­nem Be­triebsüber­gang wer­den nicht nur und auch nicht not­wen­dig Sa­chen, son­dern ei­ne Ge­samt­heit von ma­te­ri­el­len und im­ma­te­ri­el­len Be­triebs­mit­teln über­tra­gen (BAG 29. Ok­to­ber 1992 - 2 AZR 267/92 - zu II 2 der Gründe, BA­GE 71, 297 = AP In­ter­nat. Pri­vat­recht Ar­beits­recht Nr. 31 = EzA EGBGB Art. 30 Nr. 2). An­de­rer­seits ist das Recht der Ar­beits­verträge und der Ar­beits­verhält­nis­se durch Art. 30 EGBGB spe­zi­ell ge­re­gelt, ei­ne für das Sa­chen­recht gel­ten­de Vor­schrift kann für die Klärung des Ar­beits­ver­trags­sta­tuts nicht her­an­ge­zo­gen wer­den. So­weit bei­de An­sich­ten dar­auf hin­wei­sen, ein ausländi­scher Be­triebs­er­wer­ber könne bei ei­ner Ver­la­ge­rung des Be­triebs in das Aus­land nicht zur An­wen­dung deut­schen Rechts ge­zwun­gen wer­den, darf die Fra­ge der An­wend­bar­keit ei­ner Norm nicht mit der Fra­ge nach de­ren Durch­setz­bar­keit im Aus­land ver­mengt wer­den (MüArbR/Wank Bd. 1 § 103 Rn. 60).

c) An­de­rer­seits ist die Auf­fas­sung, nach ei­nem Be­triebsüber­gang in das
Aus­land ände­re sich nicht das Ver­trags­sta­tut von Ar­beits­verträgen, in de­nen kei­ne Rechts­wahl ver­ein­bart ist (MAH Moll/Coh­nen/Te­pass Ar­beits­recht 2. Aufl. § 50 Rn. 63; Feud­ner NZA 1999, 1184, 1185), nicht mit Art. 30 Abs. 2 EGBGB ver­ein­bar. Ver­rich­tet der Ar­beit­neh­mer in Erfüllung sei­nes Ver­trags sei­ne Ar­beit gewöhn­lich in ei­nem be­stimm­ten Staat, so un­ter­liegt sein Ar­beits­verhält­nis dem Recht die­ses Staa­tes, es sei denn, aus der Ge­samt­heit der Umstände er­gibt sich ei­ne en­ge­re Ver­bin­dung zu ei­nem an­de­ren Staat.

d) Re­gelmäßig wird sich da­her das Ar­beits­ver­trags­sta­tut ei­nes Ar­beit-
neh­mers, in des­sen Ver­trags­verhält­nis kei­ne Rechts­wahl ver­ein­bart ist, bei ei­nem Wech­sel von Deutsch­land in das Aus­land in­fol­ge ei­nes Be­triebsüber­gangs ändern. In Aus­nah­mefällen kann ei­ne en­ge­re Ver­bin­dung des Ver­trags


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zum „al­ten“ Staat, al­so zu Deutsch­land denk­bar sein. Re­gelmäßig wird aber nach dem Be­triebsüber­gang das Recht des Staa­tes zur An­wen­dung kom­men, auf des­sen Ge­biet der Be­triebsüber­gang er­folgt ist (AR-Blat­tei SD/Her­genröder Stand Ju­ni 2007 In­ter­na­tio­na­ler Be­triebs­in­ha­ber­wech­sel 500.3 Rn. 50 ff.). Die Ände­rung des Ar­beits­ver­trags­sta­tuts tritt aber erst ein, nach­dem die Ar­beits­verhält­nis­se über­ge­gan­gen sind. Dies kann zwar bei ei­nem Be­triebsüber­gang in das Nicht-EU-Aus­land zur Fol­ge ha­ben, dass die durch § 613a BGB oder durch die eu­ropäische Un­ter­neh­mensüber­g­angs­richt­li­nie gewähr­leis­te­ten, beim Be­triebsüber­neh­mer be­gründe­ten Rech­te und Pflich­ten er­satz­los weg­fal­len, ändert aber nichts dar­an, dass der­ar­ti­ge Rechts­wir­kun­gen erst nach dem Über­gang des Ar­beits­verhält­nis­ses und nach dem In­kraft­tre­ten des neu­en Ar­beits­sta­tuts Be­deu­tung er­lan­gen können. Für ei­ne vor dem Be­triebsüber­gang aus­ge­spro­che­ne, nach deut­schem Recht zu be­ur­tei­len­de Kündi­gung, sind sol­che Rechtsände­run­gen oh­ne Be­lang.

IV. Der of­fen­sicht­li­che Schreib­feh­ler im Te­nor des Be­ru­fungs­ur­teils bei der

Be­zeich­nung des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils (fälsch­lich: - 14 Ca 516/08 - statt - 14 Ca 515/08 -) war durch Neu­fas­sung des Te­nors des Be­ru­fungs­ur­teils von Amts we­gen zu be­rich­ti­gen, § 319 ZPO.

C. Die Be­klag­te hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kos­ten ih­rer er­folg­lo­sen

Re­vi­si­on zu tra­gen.

Hauck Böck Brein­lin­ger

Um­fug Brück­mann

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