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BAG, Ur­teil vom 21.02.2001, 2 AZR 15/00

   
Schlagworte: Kündigungsschutz: Kleinbetrieb, Kleinbetrieb, Kündigungsschutz
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 2 AZR 15/00
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 21.02.2001
   
Leitsätze:

1. Soweit im Fall der Kündigung unter mehreren Arbeitnehmern eine Auswahl zu treffen ist, hat auch der Arbeitgeber im Kleinbetrieb, auf den das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, ein durch Art. 12 GG gebotenes Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme zu wahren (BVerfGE 97, 169). Eine Kündigung, die dieser Anforderung nicht entspricht, verstößt gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) und ist deshalb unwirksam.

2. Ist bei einem Vergleich der grundsätzlich von dem gekündigten Arbeitnehmer vorzutragenden Sozialdaten evident, dass dieser erheblich sozial schutzbedürftiger ist als ein vergleichbarer weiterbeschäftigter Arbeitnehmer, so spricht dies zunächst dafür, dass der Arbeitgeber das gebotene Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme außer acht gelassen hat. Setzt der Arbeitgeber dem schlüssigen Sachvortrag des Arbeitnehmers weitere (betriebliche, persönliche etc.) Gründe entgegen, die ihn zu der getroffenen Auswahl bewogen haben, so hat unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben eine Abwägung zu erfolgen. Es ist zu prüfen, ob auch unter Einbeziehung der vom Arbeitgeber geltend gemachten Gründe die Kündigung die sozialen Belange des betroffenen Arbeitnehmers in treuwidriger Weise unberücksichtigt lässt. Der unternehmerischen Freiheit des Arbeitgebers im Kleinbetrieb kommt bei dieser Abwägung ein erhebliches Gewicht zu.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 21.04.1999, 14 Ca 33441/98
Landesarbeitsgericht Berlin, Urteil vom 03.09.1999, 7 Sa 1006/99
   

 

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

 

2 AZR 15/00

7 Sa 1006/99
Lan­des­ar­beits­ge­richt
Ber­lin


Im Na­men des Vol­kes!


Verkündet am

21. Fe­bru­ar 2001

UR­TEIL

Frei­tag, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le


In Sa­chen

Kläger, Be­ru­fungskläger und Re­vi­si­onskläger,


PP.


Be­klag­ter, Be­ru­fungs­be­klag­ter und Re­vi­si­ons­be­klag­ter,


hat der Zwei­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf Grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 21. Fe­bru­ar 2001 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Rost, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Bröhl und Dr. Fi­scher­mei­er, die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Be­cker­le und Pi­per für Recht er­kannt:


1. Auf die Re­vi­si­on des Klägers wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Ber­lin vom 3. Sep­tem­ber 1999 - 7 Sa 1006/99 - auf­ge­ho­ben.
2. Der Rechts­streit wird zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung, auch über die Kos­ten der Re­vi­si­on, an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­ver­wie­sen.

Von Rechts we­gen!

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Tat­be­stand

 

Die Par­tei­en strei­ten über die Wirk­sam­keit ei­ner or­dent­li­chen Kündi­gung. Der 1946 ge­bo­re­ne Kläger war seit 1980 beim Be­klag­ten, In­ha­ber ei­ner KFZ-La­ckie­re­rei, als KFZ-La­ckie­rer zu ei­nem durch­schnitt­li­chen Brut­to­stun­den­lohn von zu­letzt 24,10 DM beschäftigt. Mit Schrei­ben vom 31. Au­gust 1998, zu­ge­gan­gen am sel­ben Tag, kündig­te der Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis des Klägers un­ter Ein­hal­tung der sich aus § 42 Ziff. 2 des all­ge­mein­ver­bind­li­chen Rah­men­ta­rif­ver­tra­ges für die ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mer im Ma­ler- und La­ckie­rer­hand­werk der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land vom 30. März 1992 idF des Ände­rungs­ta­rif­ver­tra­ges vom 1. Sep­tem­ber 1992 er­ge­ben­den Kündi­gungs­frist von ei­nem Mo­nat zum Mo­nats­en­de zum 30. Sep­tem­ber 1998.


Der Be­klag­te beschäftig­te ins­ge­samt fünf Ar­beit­neh­mer. Am 31. Au­gust 1998 wa­ren dies außer dem Kläger fol­gen­de vier Ar­beit­neh­mer, die al­le als La­ckie­rer tätig wa­ren:


der ge­genüber vier Kin­dern un­ter­halts­pflich­ti­ge Ar­beit­neh­mer E , der jünger als der Kläger und kürzer als die­ser beschäftigt ist
der am 1. Ju­ni 1947 ge­bo­re­ne, ver­hei­ra­te­te Ar­beit­neh­mer S , der kürzer als der Kläger beschäftigt ist
der Sohn des Be­klag­ten, der eben­falls jünger als der Kläger und kürzer als die­ser beschäftigt ist
ein le­di­ger Ar­beit­neh­mer oh­ne Un­ter­halts­pflich­ten, der am 26. März 1962 ge­bo­ren und seit dem 1. März 1993 beschäftigt ist.


Der Kläger hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Kündi­gung sei gemäß §§ 242, 138 BGB un­wirk­sam. Außer­halb des An­wen­dungs­be­reichs des Kündi­gungs­schutz­ge­set­zes sei der ver­fas­sungs­recht­lich ge­bo­te­ne Min­dest­schutz der Ar­beit­neh­mer über die zi­vil­recht­li­chen Ge­ne­ral­klau­seln zu gewähr­leis­ten. Der Ar­beit­ge­ber müsse ei­nen auf das Ar­beits­verhält­nis be­zo­ge­nen Grund für die Kündi­gung ha­ben und im Pro­zeß auch dar­le­gen. So­weit un­ter meh­re­ren Beschäftig­ten ei­ne Aus­wahl zu tref­fen sei, müsse der Ar­beit­ge­ber ein ge­wis­ses Maß an so­zia­ler Rück­sicht wal­ten las­sen; ein Ver­trau­en dar­auf, daß auf Grund lan­ger Be­triebs­zu­gehörig­keit das Ar­beits­verhält­nis wei­ter be­ste­hen blei­be, dürfe nicht un­berück­sich­tigt blei­ben. Im Er­geb­nis be­deu­te dies, daß ei­ne In­ter-
 

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es­sen­abwägung statt­zu­fin­den ha­be. Der Ar­beit­ge­ber müsse die Kündi­gung be­gründen und, wenn der Ar­beit­neh­mer im Pro­zeß die man­geln­de Berück­sich­ti­gung der so­zia­len Be­lan­ge und der Beschäfti­gungs­dau­er be­strei­te, die ge­trof­fe­ne Aus­wah­l­ent­schei­dung dar­le­gen.


Die Kündi­gung stel­le sich be­reits des­halb als un­wirk­sam dar, weil dem Kündi­gungs­schrei­ben selbst kei­ne Be­gründung zu ent­neh­men sei. Auch im Pro­zeß ha­be der Be­klag­te den Kündi­gungs­grund und die Aus­wah­l­ent­schei­dung nicht aus­rei­chend dar­ge­legt. Von den im Be­trieb des Be­klag­ten ne­ben des­sen Sohn beschäftig­ten drei wei­te­ren La­ckie­rern sei ei­ner seit ei­nem Jahr, der zwei­te seit et­wa fünf bis sechs Jah­ren, der drit­te nur we­nig kürzer als er beim Be­klag­ten tätig. Wel­che In­ter­es­sen­abwägung der Be­klag­te vor­ge­nom­men ha­be und war­um die Ent­schei­dung ihn, den ältes­ten Mit­ar­bei­ter mit der längs­ten Be­triebs­zu­gehörig­keit, ge­trof­fen ha­be, könne dem Vor­trag des Be­klag­ten nicht ent­nom­men wer­den. Je­den­falls sei es grob feh­ler­haft, daß der Be­klag­te ihm gekündigt ha­be, jünge­ren und kürzer beschäftig­ten Ar­beit­neh­mern oh­ne Kin­der hin­ge­gen nicht.


Der Kläger hat, so­weit für die Re­vi­si­on von Be­deu­tung, be­an­tragt


fest­zu­stel­len, daß sein Ar­beits­verhält­nis bei dem Be­klag­ten durch des­sen schrift­li­chen Kündi­gung vom 31. Au­gust 1998, zu­ge­gan­gen am sel­ben Ta­ge, nicht auf­gelöst wor­den ist, son­dern über den 30. Sep­tem­ber 1998 hin­aus un­be­fris­tet zu den bis­he­ri­gen Be­din­gun­gen fort­be­steht.


Der Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.


Er hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Kündi­gung sei we­der willkürlich noch be­ru­he sie auf sach­frem­den Mo­ti­ven. Da das Kündi­gungs­schutz­ge­setz kei­ne An­wen­dung fin­de, ha­be er die Kündi­gung auch nicht be­gründen müssen. Je­den­falls ha­be er den Kündi­gungs­grund aus­rei­chend vor­ge­tra­gen. Oh­ne Re­du­zie­rung der Per­so­nalstärke sei die Auf­recht­er­hal­tung sei­nes Be­trie­bes gefähr­det ge­we­sen. Die Kündi­gung sei aus­ge­spro­chen wor­den, um ei­ne ef­fek­ti­ve Fortführung des Be­trie­bes zu gewähr­leis­ten und an­de­ren Ar­beit­neh­mern nicht kündi­gen zu müssen. Zu­dem ha­be er ei­ne In­ter­es­sen­abwägung vor­ge­nom­men, die so­zia­len Ge­sichts­punk­te zu Guns­ten des Klägers berück­sich­tigt und mit de­nen sei­ner Kol­le­gen ver­gli­chen. Beim Ver­gleich mit dem Kläger könn­ten im Rah­men des § 1 Abs. 3 KSchG al­lein die Ar­beit­neh­mer E und S berück-


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sich­tigt wer­den. Die Ent­schei­dung, das Ar­beits­verhält­nis des Klägers zu kündi­gen, sei nicht grob feh­ler­haft, da der Ar­beit­neh­mer E vier Kin­der zu ver­sor­gen ha­be und der Ar­beit­neh­mer S gleich alt sei wie der Kläger; ein ge­wis­ses Maß an so­zia­ler Rück­sicht­nah­me sei da­mit ge­wahrt. Die langjähri­ge Beschäfti­gung des Klägers sei nicht ge­eig­net ge­we­sen, ein Ver­trau­en in den Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses zu be­gründen, da sein Ar­beits­verhält­nis man­gels An­wend­bar­keit des Kündi­gungs­schutz­ge­set­zes ge­ra­de kei­nen Be­stands­schutz ge­nieße und wei­te­re Umstände, an die ein schützens­wer­tes Ver­trau­en ge­knüpft wer­den könne, nicht vorlägen.


Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung des Klägers zurück­ge­wie­sen. Mit sei­ner vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt der Kläger sei­nen Be­stands­schutz­an­trag wei­ter.


Ent­schei­dungs­gründe


Die Re­vi­si­on ist be­gründet. Die Sa­che ist zur wei­te­ren Sach­aufklärung an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­zu­ver­wei­sen (§ 565 Abs. 1 ZPO).


A. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat aus­geführt, es sei zwei­fel­haft, ob im Hin­blick auf die Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts ein neu­es Kündi­gungs­schutz­recht außer­halb des Kündi­gungs­schutz­ge­set­zes an­ge­nom­men wer­den könne. Selbst wenn man da­von aus­ge­he, sei­en Willkür oder sach­frem­de Mo­ti­ve bei Aus­spruch der Kündi­gung nicht er­kenn­bar. Der Be­klag­te ha­be ein ge­wis­ses Maß an so­zia­ler Rück­sicht­nah­me nicht des­halb außer acht ge­las­sen, weil er die jünge­ren und we­ni­ger lan­ge beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer E , S und sei­nen Sohn nicht vor dem Kläger ent­las­sen ha­be. Bei Herrn E fol­ge dies dar­aus, daß die­ser vier Kin­dern ge­genüber un­ter­halts­pflich­tig sei, bei Herrn S dar­aus, daß die­ser nur ein Jahr jünger als der Kläger, aber im Ge­gen­satz zu die­sem ver­hei­ra­tet sei. Die Ent­las­sung sei­nes Soh­nes sei dem Be­klag­ten nicht zu­mut­bar ge­we­sen. Auch die Ent­schei­dung des Be­klag­ten, das Ar­beits­verhält­nis mit dem et­wa 16 Jah­re jünge­ren und 13 Jah­re kürzer beschäftig­ten vier­ten Ar­beit­neh­mer fort­zuführen, ma­che die Kündi­gung nicht we­gen Willkür oder gro­ber Feh­ler­haf­tig­keit der Aus­wahl un­wirk­sam. In ei­nem Be­trieb mit nur fünf Mit­ar­bei­tern ge­he die Ent­schei­dungs­frei­heit des Ar­beit­ge­bers, ei­nem Ar­beit­neh­mer zu kündi­gen oder nicht zu kündi­gen, sehr weit. Die Nicht­be­ach­tung ei­nes Min­dest­maßes an so­zia­ler Rück­sicht­nah­me
 

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sei, da der Be­klag­te sich nach sei­nem Vor­trag auch da­zu Ge­dan­ken ge­macht ha­be, nicht er­kenn­bar.


B. Dem folgt der Se­nat nicht.


I. Ob­wohl sich der ers­te Halb­satz des Kla­ge­an­trags dem Wort­laut nach an § 4 Satz 1 KSchG ori­en­tiert, hat der Kläger aus­sch­ließlich ei­nen all­ge­mei­nen Fest­stel­lungs­an­trag iSd. § 256 ZPO zur Ent­schei­dung ge­stellt. Für die­sen Fest­stel­lungs­an­trag be­steht auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO er­for­der­li­che Fest­stel­lungs­in­ter­es­se.


II. Ob der An­trag be­gründet ist, steht noch nicht fest. Auch der Ar­beit­ge­ber im Klein­be­trieb, auf den, wie auf den Be­trieb des Be­klag­ten, das Kündi­gungs­schutz­ge­setz kei­ne An­wen­dung fin­det, hat im Fall der Kündi­gung ein durch Art. 12 GG ge­bo­te­nes Min­dest­maß an so­zia­ler Rück­sicht­nah­me zu wah­ren. Ei­ne Kündi­gung, die die­ser An­for­de­rung nicht ent­spricht, verstößt ge­gen Treu und Glau­ben (§ 242 BGB) und ist des­halb un­wirk­sam. Man­gels hin­rei­chen­der Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen läßt sich noch nicht ab­sch­ließend be­ur­tei­len, ob ein sol­cher Treue­ver­s­toß hier vor­liegt.


1. Für die Be­stim­mung des In­halts und der Gren­zen ei­nes Kündi­gungs­schut­zes außer­halb des Kündi­gungs­schutz­ge­set­zes ist die Be­deu­tung grund­recht­li­cher Schutz¬pflich­ten zu be­ach­ten. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat in sei­ner zur Ver­fas­sungsmäßig­keit der Klein­be­triebs­klau­sel des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG in der bis 30. Sep­tem­ber 1996 gel­ten­den Fas­sung des Ge­set­zes vom 26. April 1985 er­gan­ge­nen Ent­schei­dung vom 27. Ja­nu­ar 1998 (- 1 B14.. 15/87 - BVerfGE 97, 169) aus­geführt, den Ar­beit­neh­mern in Klein­be­trie­ben sei das größere recht­li­che Ri­si­ko ei­nes Ar­beits­platz­ver­lus­tes an­ge­sichts der schwer­wie­gen­den und grund­recht­lich geschütz­ten Be­lan­ge der Ar­beit­ge­ber zu­zu­mu­ten, gleich­zei­tig aber be­tont, sie sei­en durch ih­re Her­aus­nah-me aus dem ge­setz­li­chen Kündi­gungs­schutz nicht völlig schutz­los ge­stellt. Wo die Be­stim­mun­gen des Kündi­gungs­schutz­ge­set­zes nicht grei­fen, sei­en die Ar­beit­neh­mer durch die zi­vil­recht­li­chen Ge­ne­ral­klau­seln vor ei­ner sit­ten- oder treu­wid­ri­gen Ausübung des Kündi­gungs­rechts des Ar­beit­ge­bers geschützt (§§ 242, 138 BGB). Im Rah­men die­ser Ge­ne­ral­klau­seln sei auch der ob­jek­ti­ve Ge­halt der Grund­rech­te, hier vor al­lem aus Art. 12 Abs. 1 GG, zu be­ach­ten. Der ver­fas­sungs­recht­lich ge­bo­te­ne Min­dest­schutz des Ar­beits­plat­zes vor Ver­lust durch pri­va­te Dis­po­si­ti­on sei da­mit in je­dem Fall gewähr­leis­tet. Wie weit die­ser Schutz im ein­zel­nen rei­che, sei von den Ar­beits­ge­rich­ten zu ent­schei­den. Aus­gangs­punkt ei­ner sol­chen Würdi­gung sei der Re­spekt vor der ge­setz­ge­be­ri­schen Ein­gren­zung des ge­setz­li­chen Kündi­gungs­schut­zes des § 23 Abs. 1
 

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KSchG. Der durch die Ge­ne­ral­klau­seln ver­mit­tel­te Schutz dürfe nicht da­zu führen, daß dem Klein­un­ter­neh­mer prak­tisch die im Kündi­gungs­schutz­ge­setz vor­ge­ge­be­nen Maßstäbe der So­zi­al­wid­rig­keit auf­er­legt würden. Darüber hin­aus wir­ke er um so schwächer, je stärker die mit der Klein­be­triebs­klau­sel geschütz­ten Grund­rechts­po­si­tio­nen des Ar­beit­ge­bers im Ein­zel­fall be­trof­fen sei­en. In sach­li­cher Hin­sicht ge­he es dar­um, Ar­beit­neh­mer vor willkürli­chen oder auf sach­frem­den Mo­ti­ven be­ru­hen­den Kündi­gun­gen zu schützen, zB vor Dis­kri­mi­nie­run­gen iSv. Art 3 Abs. 3 GG. So­weit un­ter meh­re­ren Ar­beit­neh­mern ei­ne Aus­wahl zu tref­fen sei, ge­bie­te der ver­fas­sungs­recht­li­che Schutz des Ar­beits­plat­zes iVm. dem So­zi­al­staats­prin­zip ein ge­wis­ses Maß an so­zia­ler Rück­sicht­nah­me. Sch­ließlich dürfe auch ein durch langjähri­ge Mit­ar­bei­tet er­dien­tes Ver­trau­en in den Fort­be­stand ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses nicht un­berück­sich­tigt blei­ben. Der ob­jek­ti­ve Ge­halt der Grund­rech­te könne auch im Ver­fah­rens­recht Be­deu­tung er­lan­gen. Für die Wirk­sam­keit des ge­richt­li­chen Kündi­gungs­schut­zes sei die Ver­tei­lung der Dar­le­gungs- und Be­weis­last von be­son­de­rer Be­deu­tung. Nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG ha­be der Ar­beit­ge­ber die Tat­sa­chen zu be­wei­sen, die die Kündi­gung be­din­gen. Außer­halb des Kündi­gungs­schutz­ge­set­zes gel­te die­se Re­gel nicht. Wie die Dar­le­gungs- und Be­weis­last un­ter Be­ach­tung ver­fas­sungs­recht­li­cher Po­si­tio­nen bei der An­wen­dung der Ge­ne­ral­klau­seln in §§ 138 oder 242 BGB zu be­ur­tei­len sei, las­se sich nicht all­ge­mein fest­le­gen. Für ei­ne ab­ge­stuf­te Dar­le­gungs- und Be­weis­last bie­te das Pro­zeßrecht aber ge­eig­ne­te Hand­ha­ben (vgl. zu al­le­dem BVerfG 27. Ja­nu­ar 1998 - 1 BvL 15/87 - BVerfGE 97, 169, 177 mwN; Oet­ker AuR 1997, 41; Linck FA 1999, 382; Preis NZA 1997, 1256; Gra­gert/Kreutz­feld NZA 1998, 567; Wank FS Ha­nau, 295; Ot­to FS Wie­se 353; Pe­ter Ha­nau FS Die­te­rich 201; Läwisch BB 1997, 782; Gra­gert NZA 2000, 961; Kitt­ner NZA 1998, 731).


2. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on ist die Kündi­gung vom 31. Au­gust 1998 nicht be­reits des­halb un­wirk­sam, weil dem Kläger mit der Kündi­gungs­erklärung kei­ne Kündi­gungs­gründe mit­ge­teilt wor­den sind. Für die­se vom Kläger an­ge­nom­me­ne Rechts­fol­ge fehlt ei­ne ge­setz­li­che, ta­rif- oder ein­zel­ver­trag­li­che Grund­la­ge.


Ei­ne Pflicht zur An­ga­be des Kündi­gungs­grun­des in der schrift­li­chen Kündi­gungs­erklärung sieht das Ge­setz nur für die Kündi­gung ei­nes Be­rufs­aus­bil­dungs­verhält­nis­ses nach Ab­lauf der Pro­be­zeit (§ 15 Abs. 3 BBiG) und für die nach behörd­li­cher Zu­stim­mung erklärte Kündi­gung ge­genüber ei­ner durch § 9 Abs. 1 MuSchG geschütz­ten Ar­beit­neh­me­rin vor (§ 9 Abs. 3 Satz 2 MuSchG). Der auf das Ar­beits­verhält­nis kraft All­ge­mein­ver­bind­lich­keit an­wend­ba­re RTV für die ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mer des Ma-
 

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ler- und La­ckie­rer­hand­werks der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land enthält kei­ne Norm, nach der die An­ga­be von Kündi­gungs­gründen Wirk­sam­keits­vor­aus­set­zung ei­ner Kündi­gung sein soll. Ei­ne ent­spre­chen­de ein­zel­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung ha­ben die Par­tei­en nicht ge­trof­fen.


Im Gel­tungs­be­reich des Kündi­gungs­schutz­ge­set­zes ist die so­zia­le Recht­fer­ti­gung der or­dent­li­chen Kündi­gung im Rechts­streit nach­zu­prüfen; die­se ist nicht schon des­halb nach § 1 KSchG so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt oder nach §§ 242, 138 BGB un­wirk­sam, weil bei Aus­spruch der Kündi­gung kei­ne Kündi­gungs­gründe an­ge­ge­ben wor­den sind (BAG 21. März 1959 - 2 AZR 375/56 - BA­GE 7, 304; 27. Fe­bru­ar 1958 - 2 AZR 445/55 - BA­GE 6, 1). Außer­halb des An­wen­dungs­be­reichs des Kündi­gungs­schutz­ge­set­zes er­for­dert es auch der ver­fas­sungs­recht­lich ge­bo­te­ne Min­dest­schutz des Ar­beits­plat­zes vor pri­va­ter Dis­po­si­ti­on nicht, die An­ga­be des Kündi­gungs­grun­des zur Wirk­sam­keits­vor­aus­set­zung der Kündi­gung zu er­he­ben.


3. Oh­ne Er­folg rügt die Re­vi­si­on fer­ner, die Kündi­gung vom 31. Au­gust 1998 sei we­gen Ver­s­toßes ge­gen die gu­ten Sit­ten gemäß § 138 Abs. 1 BGB un­wirk­sam.


Zwar kann, wie sich schon aus § 13 Abs. 2 Satz 1 KSchG er­gibt, auch ei­ne Kündi­gung we­gen Sit­ten­wid­rig­keit nich­tig sein. Bei der Prüfung der Sit­ten­wid­rig­keit ist aber ein stren­ger Maßstab an­zu­le­gen. Die Sit­ten­wid­rig­keit ei­ner Kündi­gung kann nicht auf Gründe gestützt wer­den, die in den Schutz­be­reich des Kündi­gungs­schutz­ge­set­zes fal­len. Nicht je­de Kündi­gung, die im Fal­le der An­wend­bar­keit des Kündi­gungs­schutz-ge­set­zes als so­zi­al­wid­rig be­ur­teilt wer­den müßte, ist des­halb schon sit­ten­wid­rig. § 138 BGB ver­langt die Ein­hal­tung ei­nes „ethi­schen Mi­ni­mums". Der schwe­re Vor­wurf der Sit­ten­wid­rig­keit kann da­her nur in be­son­ders kras­sen Fällen er­ho­ben wer­den (BAG 2. April 1987 - 2 AZR 227/86 - BA­GE 55, 190, 196; 24. Ok­to­ber 1996 - 2 AZR 874/95 - RzK 18 / Nr. 22 zu II 2 der Gründe; 23. Sep­tem­ber 1976 - 2 AZR 309/75 - BA­GE 28, 176, 183 f. je­weils mwN). Das ist zB dann an­zu­neh­men, wenn die Kündi­gung auf ei­nem ver­werf­li­chen Mo­tiv des Kündi­gen­den, wie zB Rach­sucht, be­ruht oder wenn sie aus an­de­ren Gründen dem An­stands­gefühl al­ler bil­lig und ge­recht Den­ken­den wi­der­spricht.


Der Kläger hat kei­ne Umstände vor­ge­tra­gen, die den Vor­wurf der Sit­ten­wid­rig­keit der Kündi­gung recht­fer­ti­gen könn­ten; An­halts­punk­te dafür, daß die vom Be­klag­ten be­haup­te­ten wirt­schaft­li­chen Gründe vor­ge­scho­ben sind und die Kündi­gung in Wahr­heit auf ei­nem ver­werf­li­chen Mo­tiv be­ruht, sind nicht er­sicht­lich. Mängel der Aus-
 

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wahl­ent­schei­dung, auf die sich der Kläger be­ruft, können al­len­falls ei­nen Ver­s­toß ge­gen Treu und Glau­ben dar­stel­len.


4. Die An­nah­me des Lan­des­ar­beits­ge­richts, die Kündi­gung sei auch nicht we­gen Ver­s­toßes ge­gen Treu und Glau­ben un­wirk­sam, wird je­doch, wie die Re­vi­si­on zu­tref­fend rügt, durch die in dem an­ge­foch­te­nen Ur­teil ge­ge­be­ne Be­gründung nicht ge­tra­gen.


a) Der Grund­satz von Treu und Glau­ben (§ 242 BGB) bil­det ei­ne al­len Rech­ten, Rechts­la­gen und Rechts­nor­men im­ma­nen­te In­halts­be­gren­zung, wo­bei ei­ne ge­gen § 242 BGB ver­s­toßen­de Rechts­ausübung oder Aus­nut­zung ei­ner Rechts­la­ge we­gen der Rechtsüber­schrei­tung als un­zulässig an­zu­se­hen ist. Die Vor­schrift des § 242 BGB ist auf Kündi­gun­gen ne­ben § 1 KSchG al­ler­dings nur in be­schränk­tem Um­fang an­wend­bar. Das Kündi­gungs­schutz­ge­setz hat die Vor­aus­set­zun­gen und Wir­kun­gen des Grund­sat­zes von Treu und Glau­ben kon­kre­ti­siert und, so­weit es um den Be­stands­schutz und das In­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers an der Er­hal­tung sei­nes Ar­beits­plat­zes geht, ab­sch­ließend ge­re­gelt. Umstände, die im Rah­men des § 1 KSchG zu würdi­gen sind und die die Kündi­gung als so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt er­schei­nen las­sen, kom­men als Verstöße ge­gen Treu und Glau­ben grundsätz­lich nicht in Be­tracht. Ei­ne Kündi­gung verstößt dann ge­gen § 242 BGB und ist nich­tig, wenn sie aus Gründen, die von § 1 KSchG nicht er­faßt sind, Treu und Glau­ben ver­letzt. Dies gilt auch für ei­ne Kündi­gung, auf die we­gen Nich­terfüllung der sechs­mo­na­ti­gen War­te­zeit nach § 1 Abs. 1 KSchG das Kündi­gungs­schutz­ge­setz kei­ne An­wen­dung fin­det, weil sonst für die­se Fälle über § 242 BGB der kraft Ge­set­zes aus­ge­schlos­se­nen Kündi­gungs­schutz doch gewährt wer­den und über Gebühr die Möglich­keit des Ar­beit­ge­bers ein­ge­schränkt würde, die Eig­nung des Ar­beit­neh­mers für die ge­schul­de­te Tätig­keit in sei­nem Be­trieb während der ge­setz­li­chen Pro­be­zeit zu über­prüfen (BAG 1. Ju­li 1999 - 2 AZR 926/98 - AP § 242 BGB Kündi­gung Nr. 10 zu II 2 der Gründe; 23. Ju­ni 1994 - 2 AZR 617/93 - BA­GE 77, 128, 132 f.). Ty­pi­sche Tat­bestände der treu­wid­ri­gen Kündi­gung sind ins­be­son­de­re ein wi­dersprüchli­ches Ver­hal­ten des Ar­beit­ge­bers, der Aus­spruch ei­ner Kündi­gung zur Un­zeit oder in ehr­ver­let­zen­der Form und ei­ne Kündi­gung, die den Ar­beit­neh­mer dis­kri­mi­niert.


b) Für Kündi­gun­gen ge­genüber Ar­beit­neh­mern im Klein­be­trieb läßt sich der Grund­satz, daß das Kündi­gungs­schutz­ge­setz die Vor­aus­set­zun­gen und Wir­kun­gen des Grund­sat­zes von Treu und Glau­ben ab­sch­ließend ge­re­gelt hat, so­weit es um den
 

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Be­stands­schutz und das In­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers an der Er­hal­tung sei­nes Ar­beits­plat­zes geht, al­ler­dings nicht un­ein­ge­schränkt auf­recht­er­hal­ten. So­weit un­ter meh­re­ren Ar­beit­neh­mern ei­ne Aus­wahl zu tref­fen ist, ge­bie­tet, wie be­reits dar­ge­legt, der ver­fas­sungs­recht­li­che Schutz des Ar­beits­plat­zes in Ver­bin­dung mit dem So­zi­al­staats­prin­zip ein ge­wis­ses Maß an so­zia­ler Rück­sicht­nah­me und es darf auch ein durch langjähri­ge Mit­ar­beit er­dien­tes Ver­trau­en in den Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht un­berück­sich­tigt blei­ben (BVerfG 27. Ja­nu­ar 1998 - 1 BW_ 15/87 - BVerfGE 97, 169; un­ter Hin­weis auf BVerfG 24. April 1991 - 1 BvR 1341/90 - BVerfG 84, 133 und BAG 19. Ja­nu­ar 1995 - 8 AZR 914/93 - BA­GE 79, 128). Da­mit sind Verhält­nismäßig­keits­ge­sichts­punk­te an­ge­spro­chen, die im Rah­men des § 1 KSchG zu würdi­gen wären. Die Ver­pflich­tung, ein ge­wis­ses Maß an so­zia­ler Rück­sicht­nah­me ein­zu­hal­ten, ist nicht, wie das Lan­des­ar­beits­ge­richt aus den im Be­schluß des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 27. Ja­nu­ar 1998 in Be­zug ge­nom­me­nen Ent­schei­dun­gen schließt, auf be­stimm­te Son­der­kon­stel­la­tio­nen be­schränkt, son­dern ein all­ge­mei­nes ver­fas­sungs­recht­li­ches Ge­bot. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat in der Ent­schei­dung vom 24. April 1991 (- 1 BvR 1341/90 - aaO 155 f.) ne­ben wer­den­den Müttern und Müttern nach der Ent­bin­dung na­ment­lich Schwer­be­hin­der­te, Al­lein­er­zie­hen­de, aber auch älte­re Ar­beit­neh­mer als Bei­spie­le für Ar­beit­neh­mer ge­nannt, die von ei­ner Ent­las­sung be­son­ders hart be­trof­fen sei­en. Im Ur­teil vom 19. Ja­nu­ar 1995 (- 8 AZR 914/93 - aa0 137 f.) hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt im Zu­sam­men­hang mit der Kündi­gung we­gen man­geln­den Be­darfs nach dem Ei­ni­gungs­ver­trag aus­geführt, der Maßstab von Treu und Glau­ben blei­be be­ste­hen, so­weit es beim Kündi­gungs­schutz an ei­ner ge­setz­li­chen Kon­kre­ti­sie­rung feh­le. Der Ar­beit­ge­ber müsse ei­ne ein­sei­ti­ge, ein­zel­ne Ar­beit­neh­mer be­las­ten­de Aus­wah­l­ent­schei­dung nach vernünf­ti­gen, sach­li­chen, bil­li­ges Er­mes­sen wah­ren­den Ge­sichts­punk­ten tref­fen, bei der An­wen­dung der Ge­ne­ral­klau­seln, et­wa § 242 BGB, sei­en das So­zi­al­staats­prin­zip des Art. 20 Abs. 1 GG und der Gleich­heits­satz des Art. 3 Abs. 1 GG zur Gel­tung zu brin­gen. Die­se Grundsätze sind auf Kündi­gun­gen im Klein­be­trieb zu über­tra­gen, da der Kündi­gungs­schutz in die­sem Fall ge­ra­de nicht ge­setz­lich kon­kre­ti­siert, son­dern über die Ge­ne­ral­klau­seln des Pri­vat­rechts zu gewähr­leis­ten ist.


c) Die Re­vi­si­on rügt al­ler­dings oh­ne Er­folg, die Kündi­gung vom 31. Au­gust 1998 sei be­reits des­halb als treu­wid­rig an­zu­se­hen, weil der Be­klag­te im Pro­zeß die Kündi­gungs­gründe nicht aus­rei­chend dar­ge­legt ha­be. Dem Kläger ist zwar zu­zu­ge­ben, daß der Be­klag­te für die Kündi­gung pau­schal wirt­schaft­li­che Gründe an­ge­ge­ben hat. Zu ei­ner wei­te­ren Sub­stan­ti­ie­rung war der Be­klag­te aber nicht ver­pflich­tet. Außer­halb des
 

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An­wen­dungs­be­reichs des Kündi­gungs­schutz­ge­set­zes hat der Ar­beit­neh­mer die von ihm be­haup­te­ten Un­wirk­sam­keits­gründe dar­zu­le­gen und zu be­wei­sen, wo­bei die Grundsätze der ab­ge­stuf­ten Dar­le­gungs- und Be­weis­last ihm dies er­leich­tern können. Von der Rüge der treu­wid­ri­gen Aus­wah­l­ent­schei­dung ab­ge­se­hen (da­zu un­ten B II 4 d) hat der Kläger hier kei­ne Umstände vor­ge­tra­gen, die die An­nah­me ei­nes Ver­s­toßes ge­gen Treu und Glau­ben recht­fer­ti­gen. Es ist nicht er­sicht­lich, daß die vom Be­klag­ten be­haup­te­ten wirt­schaft­li­chen Gründe vor­ge­scho­ben sind; An­halts­punk­te für ein wi­dersprüchli­ches Ver­hal­ten des Be­klag­ten, für ei­ne Kündi­gung zur Un­zeit oder in ehr­ver­let-zen­der Form bzw. ei­ne dis­kri­mi­nie­ren­de Kündi­gung lie­gen nicht vor.


d) Es ist je­doch rechts­feh­ler­haft, wenn das Lan­des­ar­beits­ge­richt die vom Be­klag­ten zwi­schen dem Kläger und dem vier­ten Ar­beit­neh­mer (am 26. März 1962 ge­bo­ren, seit dem 1. März 1993 beschäftigt, le­dig, kei­ne Kin­der) ge­trof­fe­ne Aus­wahl im we­sent­li­chen mit der Be­gründung nicht als treu­wid­rig an­ge­se­hen hat, der Be­klag­te ha­be sich nach sei­nem Vor­brin­gen in­so­weit Ge­dan­ken ge­macht und das müsse aus­rei­chen.


aa) Hat der Ar­beit­ge­ber in ei­nem Klein­be­trieb, auf den das Kündi­gungs­schutz­ge­setz kei­ne An­wen­dung fin­det, im Fal­le ei­ner be­triebs­be­ding­ten Kündi­gung die Aus­wahl des zu kündi­gen­den Ar­beit­neh­mers un­ter Be­ach­tung ei­nes ge­wis­sen Maßes an so­zia­ler Rück­sicht­nah­me zu tref­fen, so be­deu­tet dies al­ler­dings nicht, daß da­mit im Klein­be­trieb die Grundsätze des § 1 KSchG über die So­zi­al­aus­wahl ent­spre­chend an­wend­bar sind. Die Her­aus­nah­me des Klein­be­triebs aus dem Gel­tungs­be­reich des Kündi­gungs-schutz­ge­set­zes trägt ih­rer­seits ge­wich­ti­gen, durch Art. 12 Abs. 1 GG geschütz­ten Be­lan­gen des Klein­un­ter­neh­mers Rech­nung, des­sen Kündi­gungs­recht in ho­hem Maße schutzwürdig ist. Wie das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt in sei­nem Be­schluß vom 27. Ja­nu­ar 1998 (aaO) dar­ge­legt hat, hängt in ei­nem Be­trieb mit we­ni­gen Ar­beits­kräften der Geschäfts­er­folg mehr als bei Großbe­trie­ben von je­dem ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer ab. Auf des­sen Leis­tungsfähig­keit kommt es eben­so an wie auf Persönlich­keits­merk­ma­le, die für die Zu­sam­men­ar­beit, die Außen­wir­kung und das Be­triebs­kli­ma von Be­deu­tung sind. Klei­ne Teams sind anfällig für Mißstim­mun­gen und Que­re­len. Störun­gen des Be­triebs­kli­mas können zu Leis­tungs­min­de­run­gen führen, die bei ge­rin­gem Geschäfts­vo­lu­men spürbar auf das Er­geb­nis durch­schla­gen. Ausfälle las­sen sich bei nied­ri­gem Per­so­nal­be­stand nur schwer aus­glei­chen. Ty­pi­scher­wei­se ar­bei­tet bei klei­nen Be­trie­ben der Un­ter­neh­mer selbst als Chef vor Ort mit. Da­mit be­kommt das Ver­trau­ens­verhält­nis zu je­dem sei­ner Mit­ar­bei­ter ei­nen be­son­de­ren Stel­len­wert. Auch die re­gelmäßig ge­rin­ge­re Fi­nanz­aus­stat­tung fällt ins Ge­wicht. Ein Klein­be­trieb ist häufig nicht

 

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in der La­ge, Ab­fin­dun­gen bei Auflösun­gen ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses zu zah­len oder we­ni­ger leis­tungsfähi­ges, we­ni­ger benötig­tes oder auch nur we­ni­ger ge­neh­mes Per­so­nal mit­zu­tra­gen. Sch­ließlich be­las­tet auch der Ver­wal­tungs­auf­wand, den ein Kündi­gungs­schutz­pro­zeß mit sich bringt, den Klein­be­trieb stärker als ein größeres Un­ter­neh­men.


bb) Die Aus­wah­l­ent­schei­dung des Ar­beit­ge­bers kann da­mit nur dar­auf über­prüft­wer­den, ob sie un­ter Berück­sich­ti­gung der Be­lan­ge des Ar­beit­neh­mers am Er­halt sei­nes Ar­beits­plat­zes (vgl. hier­zu BVerfGE 27. Ja­nu­ar 1998 aaO zu B 13 b aa) und der dar­ge­leg­ten In­ter­es­sen des Klein­un­ter­neh­mers ge­gen Treu und Glau­ben verstößt. Ein sol­cher Treu­ver­s­toß bei der Kündi­gung des so­zi­al schutz­bedürf­ti­ge­ren Ar­beit­neh­mers ist um so eher an­zu­neh­men je we­ni­ger bei der Aus­wah­l­ent­schei­dung ei­ge­ne In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers ei­ne Rol­le ge­spielt ha­ben. Hat der Ar­beit­ge­ber kei­ne spe­zi­fi­schen ei­ge­nen In­ter­es­sen, ei­nem be­stimm­ten Ar­beit­neh­mer zu kündi­gen bzw. an­de­ren ver­gleich­ba­ren Ar­beit­neh­mern nicht zu kündi­gen, und entläßt er gleich­wohl den Ar­beit­neh­mer mit der bei wei­tem längs­ten Be­triebs­zu­gehörig­keit, dem höchs­ten Al­ter und den meis­ten Un­ter­halts­pflich­ten, so spricht al­les dafür, daß der Ar­beit­ge­ber bei sei­ner Ent­schei­dung das ver­fas­sungs­recht­lich ge­bo­te­ne Min­dest­maß an so­zia­ler Rück­sicht­nah­me außer acht ge­las­sen hat. Be­ste­hen an­de­rer­seits der­ar­ti­ge be­trieb­li­che, persönli­che oder sons­ti­ge In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers, so ist der durch § 242 BGB ver­mit­tel­te Grund­recht­schutz des Ar­beit­neh­mers um so schwächer, je stärker die mit de Klein­be­triebs­klau­sel geschütz­ten Grund­rechts­po­si­tio­nen des Ar­beit­ge­bers im Ein­zel­fall be­trof­fen sind. In sach­li­cher Hin­sicht geht es vor al­lem dar­um, Ar­beit­neh­mer vor willkürli­chen oder auf sach­frem­den Mo­ti­ven be­ru­hen­den Kündi­gun­gen zu schützen.


cc) Es ob­liegt grundsätz­lich dem Ar­beit­neh­mer dar­zu­le­gen und zu be­wei­sen, daß die Kündi­gung nach § 242 BGB treu­wid­rig ist. Die Re­gel des § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG, wo­nach der Ar­beit­ge­ber die Tat­sa­chen zu be­wei­sen hat, die die Kündi­gung be­din­gen, gilt außer­halb des Kündi­gungs­schutz­ge­set­zes nicht. Der ver­fas­sungs­recht­lich ge­bo­te­ne Schutz des Ar­beit­neh­mers auch im Pro­zeßrecht ist je­doch da­durch gewähr­leis­tet, daß auch in­so­weit die Grundsätze der ab­ge­stuf­ten Dar­le­gungs- und Be­weis­last gel­ten.

In ei­nem ers­ten Schritt muß der Ar­beit­neh­mer, der die Aus­wahlüber­le­gun­gen des Ar­beit­ge­bers, die zu sei­ner Kündi­gung geführt ha­ben, re­gelmäßig nicht kennt, nur ei­nen Sach­ver­halt vor­tra­gen, der die Treu­wid­rig­keit der Kündi­gung nach § 242 BGB in­di­ziert. Hier­zu reicht es zunächst aus, daß der Ar­beit­neh­mer die So­zi­al­da­ten der aus sei­ner Sicht ver­gleich­ba­ren Ar­beit­neh­mer, die ihm im Klein­be­trieb in der Re­gel zu­min-
 

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dest annähernd be­kannt sind („Ar­beit­neh­mer X, ca. 40 Jah­re alt, seit et­wa vier Jah­ren beschäftigt, mei­nes Wis­sens ver­hei­ra­tet") dar­legt. Ist da­nach evi­dent, daß der Ar­beit­ge­ber ei­nen er­heb­lich we­ni­ger schutz­bedürf­ti­gen, ver­gleich­ba­ren Ar­beit­neh­mer als den Kläger wei­ter­beschäftigt, so spricht dies dafür, daß der Ar­beit­ge­ber das er­for­der­li­che Min­dest­maß an so­zia­ler Rück­sicht­nah­me außer acht ge­las­sen hat und des­halb die Kündi­gung treu­wid­rig (§ 242 BGB) ist. Der Ar­beit­ge­ber muß sich nach § 138 Abs. 2 ZPO qua­li­fi­ziert auf die­sen Vor­trag ein­las­sen, um ihn zu ent­kräften. In die­sem Zu­sam­men­hang ob­liegt es dem Ar­beit­ge­ber aus Gründen der Sachnähe auch, An­ga­ben zu sei­nen Aus­wahlüber­le­gun­gen zu ma­chen. Kommt er die­ser se­kundären Be­haup­tungs­last nicht nach, gilt der schlüssi­ge Sach­vor­trag des Ar­beit­neh­mers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zu­ge­stan­den. Trägt der Ar­beit­ge­ber hin­ge­gen die be­trieb­li­chen, persönli­chen oder sons­ti­gen Gründe vor, die ihn da­zu be­wo­gen ha­ben, den auf den ers­ten Blick so­zi­al schutz­bedürf­ti­ge­ren Ar­beit­neh­mer zu ent­las­sen, so hat der Ar­beit­neh­mer die Tat­sa­chen, aus de­nen sich die Treu­wid­rig­keit der Kündi­gung er­ge­ben soll, zu be­wei­sen (Preis NZA 1997, 1256, 1270 mwN; vgl. auch Zöller/Gre­ger ZPO 22. Aufl. vor § 284 Rn. 34).


e) Be­trach­tet man al­lein die So­zi­al­da­ten des Klägers und des nicht na­ment­lich be­nann­ten, seit 1. März 1993 beschäftig­ten Ar­beit­neh­mers, ist die Aus­wah­l­ent­schei­dung des Be­klag­ten zwi­schen die­sen bei­den Ar­beit­neh­mern evi­dent feh­ler­haft.


aa) Der Kläger ist 16 Jah­re älter als der an­de­re Ar­beit­neh­mer. Sei­ne Be­triebs­zu­gehörig­keit von 17 Jah­ren würde in zahl­rei­chen Bran­chen nach den ein­schlägi­gen Ta­rif­verträgen be­reits zu ei­nem Aus­schluß der or­dent­li­chen Kündi­gung aus­rei­chen (vgl. § 55 BAT). Der an­de­re Ar­beit­neh­mer hin­ge­gen ist nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts ge­ra­de fünf Jah­re, al­so we­ni­ger als 1/3 der Be­triebs­zu­gehörig­keits­dau­er des Klägers, beim Be­klag­ten beschäftigt. Ob da­von aus­ge­gan­gen wer­den kann, daß der Kläger ver­hei­ra­tet und sei­ner Ehe­frau zum Un­ter­halt ver­pflich­tet ist, steht nicht fest. Die Ent­schei­dungs­gründe be­zeich­nen den Kläger zwar als le­dig, die tatsächli­chen Fest­stel­lun­gen in dem an­ge­foch­te­nen Ur­teil sind je­doch wi­dersprüchlich, denn nach dem in Be­zug ge­nom­me­nen ar­beits­ge­richt­li­chen Ur­teil ist der Kläger ver­hei­ra­tet. Un­abhängig da­von steht aber je­den­falls fest, daß die so­zia­le Schutz­bedürf­tig­keit des Klägers bei den Un­ter­halts­pflich­ten zu­min­dest der des an­de­ren Ar­beit­neh­mers gleich ist. Bei dem ex­tre­men Aus­ein­an­der­klaf­fen der übri­gen So­zi­al­da­ten ist es evi­dent, daß der Be­klag­te, wenn er kei­ne wei­te­ren Gründe für die ge­trof­fe­ne Aus­wahl hat­te und den Kläger als den ganz er­heb­lich so­zi­al schutz­bedürf­ti­ge­ren von bei­den Ar­beit­neh­mern
 

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ent­las­sen hat, selbst ein Min­dest­maß an so­zia­ler Rück­sicht­nah­me außer acht ge­las­sen hat.


bb) Zu Un­recht macht die Re­vi­si­on al­ler­dings gel­tend, an­de­re Ge­sichts­punk­te, et­wa be­trieb­li­che Be­lan­ge könn­ten vom Be­klag­ten bei sei­ner Aus­wah­l­ent­schei­dung gar nicht berück­sich­tigt wor­den sein, weil der Be­klag­te den an­de­ren Ar­beit­neh­mer nicht in sei­ne Aus­wahlüber­le­gun­gen ein­be­zo­gen ha­be. Zum ei­nen kann wie bei der So­zi­al­aus­wahl nach § 1 Abs. 3 KSchG, wenn där Ar­beit­ge­ber die Ver­gleichs­grup­pe falsch ge­bil­det und ei­nen tatsächlich ver­gleich­ba­ren Ar­beit­neh­mer nicht in sei­ne Aus­wahlüber­le­gun­gen ein­be­zo­gen hat, die Aus­wahl trotz­dem im Er­geb­nis rich­tig sein. Ab­ge­se­hen da­von stellt die von der Re­vi­si­on zi­tier­te Pas­sa­ge aus der Be­ru­fungs­er­wi­de­rung ih­rem Wort­laut nach („al­lein die bei­den erst­ge­nann­ten Ar­beit­neh­mer würden... zu berück­sich­ti­gen sein...") auch le­dig­lich ei­ne fik­ti­ve Über­le­gung dar, von der nicht fest­steht, ob sie der Be­klag­te tatsächlich so an­ge­stellt hat oder ob sie le­dig­lich ei­ne Rechts­an­sicht sei­nes Pro­zeßbe­vollmäch­tig­ten enthält.


cc) Zu den sei­ner Kündi­gungs­ent­schei­dung zu­grun­de­lie­gen­den be­trieb­li­chen Gründen hat der Be­klag­te vor­ge­tra­gen, auf­grund ei­ner für ihn der­zeit an­ge­spann­ten wirt­schaft­li­chen Si­tua­ti­on ha­be er in sei­ne Über­le­gun­gen ein­fließen las­sen müssen, sei­nen Be­trieb wei­ter­hin ef­fek­tiv ar­bei­ten zu las­sen. Er ha­be sich über­le­gen müssen, mit wel­chen Mit­ar­bei­tern er den Be­trieb auf Dau­er ha­be fortführen können. Un­ter Berück­sich­ti­gung der so­zia­len Schwie­rig­kei­ten des Klägers und im Ver­gleich mit de­nen sei­ner Kol­le­gen sei er im In­ter­es­se an der Auf­recht­er­hal­tung ei­nes ord­nungs­gemäßen Be­triebs­ab­laufs so­wie der wirt­schaft­li­chen Ef­fi­zi­enz zu der Ent­schei­dung ge­langt, nur durch ei­ne Kündi­gung des Klägers sei der Be­triebs­ab­lauf für die Zu­kunft gewähr­leis­tet und sei­en al­le übri­gen Ar­beitsplätze ge­si­chert; soll­te das Ge­richt hin­sicht­lich der wirt­schaft­li­chen Si­tua­ti­on des Be­trie­bes nähe­re Ausführun­gen für not­wen­dig er­ach­ten, wer­de um ei­nen rich­ter­li­chen Hin­weis ge­be­ten.


Die­se Ausführun­gen sind an­ge­sichts der ganz er­heb­li­chen so­zia­len Schutz­bedürf­tig­keit des Klägers nicht ge­eig­net, die Aus­wah­l­ent­schei­dung des Be­klag­ten zu recht­fer­ti­gen, wie das Lan­des­ar­beits­ge­richt of­fen­bar an­ge­nom­men hat. Da nach den So­zi­al­da­ten zunächst al­les dafür spricht, die Aus­wah­l­ent­schei­dung des Be­klag­ten be­ach­te nicht ein­mal das er­for­der­li­che Min­dest­maß an so­zia­ler Rück­sicht­nah­me, wäre es im Rah­men der ihm ob­lie­gen­den ab­ge­stuf­ten Dar­le­gungs­last Sa­che des Be­klag­ten ge­we­sen, die bei der Aus­wahl berück­sich­tig­ten be­trieb­li­chen, persönli­chen oder sons­ti­gen Gründe näher aus­zuführen und da­mit ih­re Nach­prüfbar­keit durch die Ge­rich­te zu
 

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gewähr­leis­ten. Wenn der Be­klag­te ge­meint hat, er könne durch die Wei­ter­beschäfti­gung des Klägers an­statt des an­de­ren Ar­beit­neh­mers die ef­fek­ti­ve Fortführung des Be­trie­bes auf Dau­er nicht si­chern, so hätte er an­ge­ben müssen, wel­che Über­le­gun­gen (Leis­tungs­ge­sichts­punk­te, persönli­che Mo­men­te, be­son­de­re Kennt­nis­se und Fähig­kei­ten, wirt­schaft­li­che Über­le­gun­gen etc.) ihn zu die­ser Über­le­gung ver­an­laßt ha­ben. Auch der Hin­weis, der Kläger wäre außer dem Ar­beit­neh­mer, der vier Kin­der zu ver­sor­gen hat, nur mit dem et­wa gleich­alt­ri­gen Ar­beit­neh­mer S zu ver­glei­chen ge­we­sen, führt nicht wei­ter. Dar­in könn­te zwar der Hin­weis ent­hal­ten sein, die Ent­las­sung ei­nes der bei­den jünge­ren Ar­beit­neh­mer hätte die be­trieb­li­che Al­ters­struk­tur nach­tei­lig verändert; auch in­so­weit ist das Vor­brin­gen des Be­klag­ten aber nicht hin­rei­chend sub­stan­tiert.


f) Gleich­wohl war die Sa­che nicht ent­schei­dungs­reif (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Der Be­klag­te hat in of­fen­ba­rer Ver­ken­nung der ihm ob­lie­gen­den ab­ge­stuf­ten Dar­le-gungs­last wei­te­ren Sach­vor­trag zu den be­trieb­li­chen Gründen für die ge­trof­fe­ne Kündi­gungs­ent­schei­dung un­ter­las­sen. Ein ent­spre­chen­der Hin­weis nach § 139 ZPO ist nicht er­gan­gen, weil bei­de Vor­in­stan­zen das Vor­brin­gen des Be­klag­ten für aus­rei­chend sub­stan­tiert ge­hal­ten ha­ben. Die Sa­che war des­halb an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­zu­ver­wei­sen, um den Par­tei­en Ge­le­gen­heit zu ge­ben, in ei­ner Tat­sa­chen­in­stanz un­ter Berück­sich­ti­gung der oben dar­ge­leg­ten Grundsätze zur Sa­che wei­ter vor­zu­tra­gen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt, dem in­so­weit ein Be­ur­tei­lungs­spiel­raum zu­steht, wird auf der Grund­la­ge die­ses Vor­brin­gens die bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen ge­gen­ein­an­der ab­zuwägen und zu prüfen ha­ben, ob die Aus­wahl zwi­schen bei­den Ar­beit­neh­mern das ver­fas­sungs­gemäß ge­bo­te­ne Min­dest­maß an so­zia­ler Rück­sicht­nah­me wahrt


g) Was die Aus­wahl zwi­schen dem Kläger und den drei an­de­ren be­nann­ten Ar­beit­neh­mern an­be­langt, so ist die­se gleich­falls nach den oben dar­ge­leg­ten Grundsätzen zu über­prüfen, wo­bei nicht ab­zu­se­hen ist, ob die be­trieb­li­chen Gründe, auf die der Be­klag­te sei­ne Aus­wah­l­ent­schei­dung mögli­cher­wei­se stützen wird, auch auf die­se drei Ar­beit­neh­mer zu­tref­fen. In al­len drei Fällen ist aber zu berück­sich­ti­gen, daß der Ver­gleich der So­zi­al­da­ten kei­ne der­art evi­dent höhe­re Schutz­bedürf­tig­keit des Klägers er­ken­nen läßt wie zwi­schen dem Kläger und dem vier­ten Ar­beit­neh­mer. Wenn das Lan­des­ar­beits­ge­richt die Wei­ter­beschäfti­gung des Soh­nes des Be­klag­ten und des Ar­beit­neh­mers E , der vier Kin­der zu ver­sor­gen hat, für sach­lich ge­recht­fer­tigt hält, so ist dies re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Kon­kre­te Rügen wer­den in­so­weit von der Re­vi­si­on auch nicht er­ho­ben. Bei dem Ar­beit­neh­mer S er­wei­sen sich die Ausführun­gen
 

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des Lan­des­ar­beits­ge­richts zwar schon des­halb als rechts­feh­ler­haft, weil nicht ein­deu­tig fest­ge­stellt ist, ob die höhe­re so­zia­le Schutz­bedürf­tig­keit des Ar­beit­neh­mers S hin­sicht­lich der Un­ter­halts­pflich­ten (ver­hei­ra­tet), auf die das Lan­des­ar­beits­ge­richt ent­schei­dend ab­ge­stellt hat, tatsächlich vor­liegt. So krass wie der So­zi­al­da­ten­ver­gleich zwi­schen dem Kläger und dem vier­ten Ar­beit­neh­mer fällt der Ver­gleich zwi­schen dem Kläger und Herrn S aber nicht aus, da bei­de fast gleich­alt­rig sind. Falls es dar­auf noch an­kom­men soll­te, sind nach der Zurück­ver­wei­sung auch die den Ver­gleich zwi­schen dem Kläger und Herrn S be­tref­fen­den tatsächli­chen Umstände vom Lan­des­ar­beits­ge­richt näher auf­zuklären und zu be­wer­ten.


Rost 

Bröhl 

Fi­scher­mei­er

Be­cker­le 

Pi­per 

 

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