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BAG, Ur­teil vom 15.12.2010, 4 AZR 256/09

   
Schlagworte: Tarifvertrag, OT-Mitgliedschaft, Arbeitgeberverband
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 4 AZR 256/09
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 15.12.2010
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Stendal, Urteil vom 6.12.2007, 1 Ca 946/07
Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22.01.2009, 7 Sa 38/08
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT


4 AZR 256/09
7 Sa 38/08
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Sach­sen-An­halt

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

15. De­zem­ber 2010

UR­TEIL

Frei­tag, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläge­rin, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Vier­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 15. De­zem­ber 2010 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Prof. Be­p­ler, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Creutz­feldt, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Win­ter so­wie die eh­ren-
 


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amt­li­che Rich­te­rin Pfeil und den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Bre­den­diek für Recht er­kannt:


1. Die Re­vi­si­on der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Sach­sen-An­halt vom 22. Ja­nu­ar 2009 - 7 Sa 38/08 - wird zurück­ge­wie­sen.

2. Die Kläge­rin hat die Kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über ei­nen An­spruch der Kläge­rin auf ta­rif­li­che Ent­gel­terhöhun­gen, Ein­mal­zah­lung und Ur­laubs­geld im Ein­zel­han­del in Sach­sen-An­halt. Da­bei geht der Streit ins­be­son­de­re dar­um, ob die Be­klag­te an die den Ent­gelt­for­de­run­gen der Kläge­rin zu­grun­de ge­leg­ten Ta­rif­verträge ge­bun­den oder ob sie zu­vor wirk­sam aus ei­ner Voll­mit­glied­schaft in dem ta­rif­sch­ließen­den Ver­band in ei­ne Mit­glied­schaft oh­ne Ta­rif­bin­dung (OT-Mit­glied­schaft) ge­wech­selt ist.


Die Kläge­rin, die der Ge­werk­schaft ver.di an­gehört, ist seit dem 1. Au­gust 1994 als Verkäufe­r­in in ei­nem Bau­markt der Be­klag­ten beschäftigt. Die Be­klag­te war seit An­fang der 90er Jah­re zunächst or­dent­li­ches Mit­glied im Ver­band der Kauf­leu­te Sach­sen-An­halt e.V. (Ver­band der Kauf­leu­te).


Mit Schrei­ben vom 26. Ju­ni 2001 an den Ver­band der Kauf­leu­te erklärte die Be­klag­te:

„Mit­glieds­num­mer: LV

Hier­mit erkläre ich gemäß § 5 Punkt 3 der Ver­bands­sat­zung in Fas­sung vom 07.09.2000 den Aus­schluss der Ta­rif­bin­dung.


Die Erklärung wirkt zum Ab­lauf der der­zeit gel­ten­den Ta­rif­verträge.

Ein Wi­der­ruf ist je­der­zeit durch schrift­li­che Erklärung ge­genüber dem Ver­band möglich.“


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In dem Te­le­fax-Schrei­ben der Be­klag­ten vom sel­ben Tag an den Ver­band der Kauf­leu­te heißt es ua.: „...

hier­mit möch­ten wir als OT Mit­glied rück­wir­kend in Ih­ren Ver­band ein­tre­ten.

Wir bit­ten um kurz­fris­ti­ge Be­ar­bei­tung. ...“

Der Ver­band der Kauf­leu­te bestätig­te dem Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Be­klag­ten mit Schrei­ben vom 6. De­zem­ber 2007 Fol­gen­des:

„...
das Ih­nen über­sand­te Fax der Fir­ma O GmbH & Co. KG B vom 26.06.2001 ist am 27.06.2001 beim Ver­band der Kauf­leu­te Sach­sen-An­halt e. V. ein­ge­gan­gen. Die o. g. Fir­ma wird ab 27.06.2001 als Mit­glied oh­ne Ta­rif­bin­dung geführt.
...“

Die Sat­zung des Ver­ban­des der Kauf­leu­te ist im Lau­fe der Zeit mehr­fach geändert und ergänzt wor­den, so am 7. Sep­tem­ber 2000 in den §§ 5, 6 und 9 und am 7. Mai 2002 in § 5.


Mit der Ände­rung vom 7. Sep­tem­ber 2000 er­hielt § 5 der Sat­zung fol­gen­den Wort­laut:

„1. Al­le Mit­glie­der gemäß § 3 Nr. 1 ha­ben glei­che Rech­te. Die Mit­glie­der ha­ben im Rah­men des Ver­bands­zwe­ckes und der Auf­ga­ben An­spruch auf Ver­tre­tung, Be­ra­tung und Förde­rung in al­len den Ein­zel­han­del be­tref­fen­den Fra­gen.

2. Die Mit­glie­der sind ver­pflich­tet, die Sat­zung und die im Rah­men der Sat­zung ge­fass­ten Be­schlüsse der Or­ga­ne zu be­ach­ten.

3. Bei Ta­rif­verträgen, die nicht für all­ge­mein­ver­bind­lich erklärt sind, können die Mit­glie­der den Aus­schluss der Ta­rif­bin­dung erklären. Die Erklärung ist schrift­lich an die Haupt­geschäfts­stel­le des Ver­ban­des der Kauf­leu­te Sach­sen-An­halt e.V. zu rich­ten.
Sie wirkt bis zum Ab­lauf der je­weils gel­ten­den


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Ta­rif­verträge.


Die Erklärung kann je­der­zeit wi­der­ru­fen wer­den. Nicht ta­rif­ge­bun­de­ne Mit­glie­der sind nicht be­rech­tigt, an der Ab­stim­mung über ta­rif­po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen mit­zu­wir­ken.“

Nach der Ände­rung vom 7. Mai 2002 lau­te­te § 5 Punkt 3 der Sat­zung: 


„3. Bei Ta­rif­verträgen, die nicht für all­ge­mein­ver­bind­lich erklärt sind, können die Mit­glie­der den Aus­schluss der Ta­rif­bin­dung erklären. Die Erklärung ist schrift­lich an die Haupt­geschäfts­stel­le des Ver­ban­des der Kauf­leu­te Sach­sen-An­halt e.V. zu rich­ten. Die Erklärung wirkt zum Ab­lauf der je­weils gel­ten­den Ta­rif­verträge. Ein Wi­der­ruf ist je­der­zeit durch schrift­li­che Erklärung ge­genüber dem Ver­band möglich.


Nicht ta­rif­ge­bun­de­ne Mit­glie­der sind nicht be­rech­tigt, an der Ab­stim­mung über ta­rif­po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen mit­zu­wir­ken.“

Nach § 7 der Sat­zung, der durch die Ände­run­gen und Ergänzun­gen vom 7. Sep­tem­ber 2000 und vom 7. Mai 2002 un­verändert blieb, sind die Or­ga­ne des Ver­ban­des:


„1. De­le­gier­ten­ver­samm­lung


2. Präsi­di­um“

Für ta­rif­po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen be­steht bei dem Ver­band der Kauf­leu­te ei­ne Ta­rif­kom­mis­si­on, zu der die Sat­zung kei­ne aus­drück­li­che Re­ge­lung enthält.


Un­ter dem Da­tum des 27. Ja­nu­ar 2005 un­ter­zeich­ne­ten die Par­tei­en des Rechts­streits fol­gen­den Ände­rungs­ver­trag:

„Auf Grund der an­ge­spann­ten wirt­schaft­li­chen La­ge des O in G sind sich Be­leg­schaft und Ar­beit­ge­ber darüber ei­nig, dass es er­for­der­lich ist, Kos­ten zu spa­ren, um den Be­stand des O nicht zu gefähr­den. Aus die­sem Grun­de schließen Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer fol­gen­den Ände­rungs­ver­trag zum be­ste­hen­den An­stel­lungs­ver­trag:

1. Die durch­schnitt­li­che, re­gelmäßige wöchent­li­che Ar­beits­zeit des Ar­beit­neh­mers wird ab dem


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01.02.2005 von 38 St­un­den auf 40 St­un­den erhöht.

2. Ein Lohn­aus­gleich fin­det nicht statt. Spätzu­schläge für die Zei­ten nach 18.30 bzw. Sams­tags nach 14.00 Uhr so­wie Nacht-, Mehr­ar­beits- oder sons­ti­ge Zu­schläge wer­den nicht gewährt.

3. Im Übri­gen gel­ten die Be­stim­mun­gen des bis­he­ri­gen An­stel­lungs­ver­tra­ges.

4. Münd­li­che Ne­ben­ab­re­den be­ste­hen nicht. Ände­run­gen und Ergänzun­gen die­ses Ver­tra­ges bedürfen zu ih­rer Wirk­sam­keit der Schrift­form.

...“

Die Ge­werk­schaft ver.di und der Ver­band der Kauf­leu­te schlos­sen in der Zeit nach dem 27. Ju­ni 2001 meh­re­re Ta­rif­verträge, ua. am 22. Au­gust 2001 den Ta­rif­ver­trag über Gehälter, Löhne und Aus­bil­dungs­vergütun­gen für den Ein­zel­han­del im Bun­des­land Sach­sen-An­halt (Ge­haltsTV 2001) und am 1. Au­gust 2003 den Man­tel­ta­rif­ver­trag für die Beschäftig­ten im Ein­zel­han­del im Bun­des­land Sach­sen-An­halt (MTV 2003). Am 3. Fe­bru­ar 2006 un­ter­zeich­ne­ten die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en dann ei­nen Ta­rif­ver­trag über Gehälter, Löhne und Aus­bil­dungs­vergütun­gen für die Beschäftig­ten im Ein­zel­han­del im Bun­des­land Sach­sen-An­halt (Ge­haltsTV 2006) so­wie ei­nen Man­tel­ta­rif­ver­trag für die Beschäftig­ten im Ein­zel­han­del im Bun­des­land Sach­sen-An­halt (MTV 2006).


Mit ih­rer Kla­ge hat die Kläge­rin Ent­gel­terhöhun­gen, Ein­mal­zah­lung und Ur­laubs­geld nach Maßga­be des Ge­haltsTV 2006 und des MTV 2006 ge­for­dert. Die Be­klag­te sei nicht wirk­sam in ei­ne Mit­glied­schaft oh­ne Ta­rif­bin­dung ge­wech­selt und sei des­halb nach wie vor an die je­wei­li­gen zwi­schen dem Ver­band der Kauf­leu­te und der Ge­werk­schaft ver.di ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträge ge­bun­den. Ei­ne OT-Mit­glied­schaft sei nur un­ter stren­gen Vor­aus­set­zun­gen möglich, die im vor­lie­gen­den Fall nicht erfüllt sei­en. Je­den­falls wir­ke gemäß § 5 Punkt 3 Satz 3 der Sat­zung des Ver­ban­des der Kauf­leu­te idF vom 7. Sep­tem­ber 2000 die Erklärung des Aus­schlus­ses der Ta­rif­bin­dung „bis“ zum Ab­lauf der je­weils gel­ten­den Ta­rif­verträge, wor­aus sich er­ge­be, dass ei­ne OT-Mit­glied­schaft für je­den neu durch den Ar­beit­ge­ber­ver­band ab­ge­schlos­se­nen Ta­rif­ver­trag neu be­gründet wer­den müsse.
 


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Die Kläge­rin hat zu­sam­men­ge­fasst zu­letzt be­an­tragt, die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an sie

1. 2.208,96 Eu­ro brut­to Dif­fe­renz­lohn für den Zeit­raum Fe­bru­ar 2007 bis Sep­tem­ber 2007 nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit je­wei­li­ger Rechtshängig­keit zu zah­len so­wie

2. 140,70 Eu­ro brut­to Rest­ur­laubs­geld für das Jahr 2007 nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Sie sei an den Ge­haltsTV 2006 und an den MTV 2006 nicht ge­bun­den, da sie mit ih­ren Schrei­ben vom 26. Ju­ni 2001 wirk­sam in die OT-Mit­glied­schaft im Ver­band der Kauf­leu­te ge­wech­selt sei.

Die Vor­in­stan­zen ha­ben die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat für die Kläge­rin die Re­vi­si­on zu­ge­las­sen. Mit ih­rer Re­vi­si­on ver­folgt die Kläge­rin ihr Kla­ge­be­geh­ren wei­ter. Die Be­klag­te be­an­tragt, die Re­vi­si­on zurück­zu­wei­sen.

Ent­schei­dungs­gründe


Die zulässi­ge Re­vi­si­on der Kläge­rin ist nicht be­gründet. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung der Kläge­rin rechts­feh­ler­frei zurück­ge­wie­sen. Die Kla­ge ist un­be­gründet, der gel­tend ge­mach­te Zah­lungs­an­spruch be­steht nicht.

I. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat, so­weit für die Re­vi­si­on von Be­deu­tung, sei­ne Ent­schei­dung da­mit be­gründet, dass der Wech­sel der Be­klag­ten von der Voll­mit­glied­schaft in die OT-Mit­glied­schaft mit Schrei­ben vom 26. Ju­ni 2001 wirk­sam er­folgt sei. Das zwei­te Schrei­ben der Be­klag­ten vom 26. Ju­ni 2001 sei dem Ver­band der Kauf­leu­te per Fax je­den­falls am 27. Ju­ni 2001 zu­ge­gan­gen. Dem Schrei­ben las­se sich un­zwei­deu­tig der Wil­le der Be­klag­ten ent­neh­men,


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zukünf­tig nicht mehr der Bin­dung an die von dem Ver­band der Kauf­leu­te ab-ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträge für den Ein­zel­han­del im Lan­de Sach­sen-An­halt zu un­ter­lie­gen. Der Ver­band der Kauf­leu­te, der die Be­klag­te seit dem 27. Ju­ni 2001 als Mit­glied oh­ne Ta­rif­bin­dung führe, ha­be die Erklärung der Be­klag­ten auch als Wech­sel in die OT-Mit­glied­schaft ver­stan­den und dem­ent­spre­chend be­han­delt. Es könne so­mit da­hin­ge­stellt blei­ben, ob auch das ers­te Schrei­ben vom 26. Ju­ni 2001 dem Ver­band der Kauf­leu­te im Ju­ni 2001 zu­ge­gan­gen sei.


Die Re­ge­lung „sie wirkt bis zum Ab­lauf der je­weils gel­ten­den Ta­rif­verträge“ in § 5 Punkt 3 Satz 3 der Sat­zung vom 7. Sep­tem­ber 2000 sei im Hin­blick auf § 3 Abs. 3 TVG nur so zu ver­ste­hen, dass die Erklärung über den Aus­schluss der Ta­rif­bin­dung erst zum Ab­lauf der je­weils gel­ten­den Ta­rif­verträge grei­fe. Die in der Sat­zung des Ver­ban­des der Kauf­leu­te vor­ge­se­he­ne Möglich­keit ei­ner OT-Mit­glied­schaft in Form des sog. Stu­fen­mo­dells sei von Rechts we­gen nicht zu be­an­stan­den. Die Sat­zung se­he für Ta­rif­an­ge­le­gen­hei­ten ei­ne kla­re und ein­deu­ti­ge Tren­nung der Be­fug­nis­se von Mit­glie­dern mit und oh­ne Ta­rif­bin­dung vor.


II. Der Se­nat ver­steht das Vor­brin­gen der Kläge­rin in der Re­vi­si­ons­in­stanz da­hin, dass die Re­vi­si­on be­schränkt auf Ansprüche aus nor­ma­tiv wir­ken­den Ta­rif­verträgen ein­ge­legt wor­den ist. Die Kläge­rin hat sich zu dem wei­te­ren Streit­ge­gen­stand „ar­beits­ver­trag­li­che Ansprüche“, die vom Lan­des­ar­beits­ge­richt kurz - und zu­tref­fend - ab­ge­lehnt wor­den sind, in der Re­vi­si­ons­be­gründung nicht geäußert. Er ist auf­grund die­ser Be­schränkung der Re­vi­si­on auch nicht in die Re­vi­si­ons­in­stanz ge­langt.

III. Die ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts ge­rich­te­ten An­grif­fe der Re­vi­si­on ha­ben kei­nen Er­folg. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu Recht ent­schie­den, dass nach dem ver­eins- und ta­rif­recht­lich wirk­sa­men Wech­sel der Be­klag­ten in ei­ne OT-Mit­glied­schaft im Jah­re 2001 man­gels bei­der­sei­ti­ger Ta­rif­ge­bun­den­heit kein An­spruch aus dem Ge­haltsTV 2006 und dem MTV 2006 be­steht.

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1. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu­tref­fend er­kannt, dass die Sat­zung des Ver­ban­des der Kauf­leu­te den An­for­de­run­gen an ei­ne Ver­bands­sat­zung genügt, die ei­nen OT-Mit­glie­der­sta­tus ta­rif­recht­lich wirk­sam be­reit­stel­len will.

a) Nach mitt­ler­wei­le ständi­ger Recht­spre­chung kann die Sat­zung ei­nes Ar­beit­ge­ber­ver­ban­des un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen aus ta­rif­recht­li­cher Sicht wirk­sam ei­nen Mit­glie­der­sta­tus oh­ne Ta­rif­bin­dung be­reit­hal­ten.

aa) Nicht je­des ver­eins­recht­li­che Mit­glied ei­nes Ar­beit­ge­ber­ver­ban­des muss auch ta­rif­ge­bun­den iSv. § 3 Abs. 1 TVG sein (BAG 4. Ju­ni 2008 - 4 AZR 419/07 - Rn. 25 ff., BA­GE 127, 27; 22. April 2009 - 4 AZR 111/08 - Rn. 27, BA­GE 130, 264). Ar­beit­ge­ber­verbände sind auf­grund der ih­nen durch Art. 9 Abs. 3 GG ver­lie­he­nen Sat­zungs­au­to­no­mie (BVerfG 1. März 1979 - 1 BvR 532, 533/77, 419/78, 1 BvL 21/78 - zu C IV 1 der Gründe, BVerfGE 50, 290, 367) grundsätz­lich be­fugt, in ih­ren Sat­zun­gen ei­ne Mit­glied­schaft oh­ne Ta­rif­bin­dung vor­zu­se­hen. Ei­ne sol­che Re­ge­lung wi­der­spricht im Grund­satz we­der ein­fa­chem Recht noch Ver­fas­sungs­recht (BAG 18. Ju­li 2006 - 1 ABR 36/05 - Rn. 56, BA­GE 119, 103; 4. Ju­ni 2008 - 4 AZR 419/07 - Rn. 26, aaO). Die Be­gründung ei­ner OT-Mit­glied­schaft in ei­nem Ar­beit­ge­ber­ver­band setzt vor­aus, dass es für die­se Mit­glied­schafts­form zu dem Zeit­punkt, in dem ein bis­he­ri­ges Voll­mit­glied ei­ne OT-Mit­glied­schaft be­gründen will, ei­ne wirk­sa­me sat­zungsmäßige Grund­la­ge gibt (BAG 26. Au­gust 2009 - 4 AZR 294/08 - Rn. 32, AP TVG § 3 Ver­bands­zu­gehörig­keit Nr. 28 = EzA TVG § 3 Nr. 33).


bb) Die Sat­zung des Ver­ban­des kann selbst de­fi­nie­ren, auf wel­che Wei­se ei­ne Mit­glied­schaft iSv. § 3 Abs. 1 TVG be­gründet und be­en­det wer­den kann. Das gilt auch für das sog. Stu­fen­mo­dell, bei der ein prin­zi­pi­ell ta­rif­wil­li­ger Ver­band nachträglich ei­nen Son­der­sta­tus für OT-Mit­glie­der mit ein­ge­schränk­ten Be­tei­li­gungs­rech­ten ge­schaf­fen hat. We­gen der an die Ta­rif­ge­bun­den­heit an­knüpfen­den und ggf. weit­rei­chen­den Rechts­wir­kun­gen auch auf Drit­te ist es je­doch er­for­der­lich, dass die Ver­bands­mit­glied­schaft mit Ta­rif­bin­dung iSv. § 3 Abs. 1 TVG von ei­ner Ver­bands­mit­glied­schaft oh­ne Ta­rif­bin­dung ein­deu­tig ab­grenz­bar ist (vgl. nur BAG 22. April 2009 - 4 AZR 111/08 - Rn. 27 und 28, BA­GE 130, 264).



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cc) Der Se­nat hat die An­for­de­run­gen an ei­ne Ver­bands­sat­zung, die aus ta­rif­recht­li­cher Sicht wirk­sam ei­ne OT-Mit­glied­schaft vor­sieht, in der Ent­schei­dung vom 4. Ju­ni 2008 (- 4 AZR 419/07 - Rn. 25 ff., BA­GE 127, 27) im Ein­zel­nen be­schrie­ben: Es reicht ins­be­son­de­re nicht aus, wenn die Sat­zung für die Mit­glie­der oh­ne Ta­rif­bin­dung le­dig­lich die Rechts­fol­ge der Ta­rif­ge­bun­den­heit nach § 3 Abs. 1 TVG ab­be­dingt. We­gen des im Hin­blick auf die ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­te Ta­rif­au­to­no­mie er­for­der­li­chen Gleich­laufs von Ver­ant­wort­lich­keit und Be­trof­fen­heit hin­sicht­lich ta­rif­po­li­ti­scher Ent­schei­dun­gen muss die Sat­zung ei­ne kla­re und ein­deu­ti­ge Tren­nung der Be­fug­nis­se von Mit­glie­dern mit und sol­chen oh­ne Ta­rif­bin­dung vor­se­hen. Ei­ne un­mit­tel­ba­re Ein­fluss­nah­me von OT-Mit­glie­dern auf ta­rif­po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen ist nicht zulässig. Dies ist sat­zungs­recht­lich ab­zu­si­chern. OT-Mit­glie­der dürfen nicht in Ta­rif­kom­mis­sio­nen ent­sandt wer­den und den Ver­band im Außen­verhält­nis ta­rif­po­li­tisch ver­tre­ten. Sie sind von der Verfügungs­ge­walt über ei­nen Streik- oder Aus­sper­rungs­fonds aus­zu­sch­ließen. Wei­ter ist bei ih­nen ein Stimm­recht bei Ab­stim­mun­gen über die Fest­le­gung von ta­rif­po­li­ti­schen Zie­len oder die An­nah­me von Ta­rif­ver­hand­lungs­er­geb­nis­sen aus­zu­sch­ließen.

dd) Die­se vom Se­nat für maßgeb­lich ge­hal­te­nen Grundsätze hat das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt in sei­nem Nicht­an­nah­me­be­schluss bestätigt (1. De­zem­ber 2010 - 1 BvR 2593/09 - NZA 2011, 60). Die An­for­de­rung der ein­deu­ti­gen Tren­nung der Mit­glied­schafts­be­rei­che be­ru­he auf ver­fas­sungs-recht­lich tragfähi­gen Erwägun­gen. Nur wenn das Vor­ge­hen des Ar­beit­ge­ber­ver­ban­des bei Ta­rif­ver­trags­ver­hand­lun­gen und im Ar­beits­kampf nicht von ei­ner Grup­pe von Mit­glie­dern mit­be­stimmt wer­de, die ei­ne Ta­rif­bin­dung für sich ge­ne­rell ab­leh­nen, könne ty­pi­scher­wei­se aus­ge­schlos­sen wer­den, dass sich der Ver­band von sach­frem­den Ein­flüssen lei­ten las­se und die Ta­rif­ver­trags­ver­hand­lun­gen zu nicht sach­ge­rech­ten Er­geb­nis­sen führen würden. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt ha­be die Möglich­keit der Mit­wir­kung der OT-Mit­glie­der im Ar­beit­ge­ber­ver­band nur in dem Um­fang ein­ge­schränkt, der er­for­der­lich sei, um sach­frem­de Ein­flüsse auf Ta­rif­ver­trags­ver­hand­lun­gen und Ta­rif­er­geb­nis­se aus­zu­sch­ließen.
 


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b) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on erfüllt die Sat­zung des Ver­ban­des der Kauf­leu­te in der Fas­sung der Verände­run­gen und Ergänzun­gen vom 7. Sep­tem­ber 2000 trotz sehr all­ge­mein ge­hal­te­ner Re­ge­lun­gen zur Tren­nung der Be­fug­nis­se von OT- und Voll­mit­glie­dern die in der ständi­gen Se­nats­recht­spre­chung ge­stell­ten An­for­de­run­gen. Dies hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu Recht er­kannt.


aa) In § 5 Punkt 3 der Sat­zung des Ver­ban­des der Kauf­leu­te ist aus­drück­lich ei­ne OT-Mit­glied­schaft vor­ge­se­hen. Nach § 5 Punkt 3 Satz 1 der Sat­zung können Ver­bands­mit­glie­der den Aus­schluss der Ta­rif­bin­dung erklären. Ver­knüpft ist die­se Be­stim­mung mit dem klar­stel­len­den Hin­weis, dass da­von für all­ge­mein­ver­bind­lich erklärte Ta­rif­verträge aus­ge­nom­men sind. Aus­drück­lich ist in § 5 Punkt 3 Satz 2 der Sat­zung ge­re­gelt, in wel­cher Form der Wech­sel von der Voll­mit­glied­schaft in die OT-Mit­glied­schaft voll­zo­gen wer­den kann, nämlich schrift­lich, wo­bei kei­ne Frist vor­ge­ge­ben wor­den ist.


bb) Ein­deu­tig ge­re­gelt ist in § 5 Punkt 3 Satz 5 der Sat­zung auch, dass OT-Mit­glie­der an Ab­stim­mun­gen über ta­rif­po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen nicht mit­wir­ken. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on ist die­ser Aus­schluss wei­ter ge­fasst als ein Aus­schluss nur hin­sicht­lich des Stimm­rechts. Nicht­mit­wir­kung um­fasst auch die Nicht­ent­sen­dung von OT-Mit­glie­dern in ei­ne Ta­rif­kom­mis­si­on, die Un­ter­las­sung ta­rif­po­li­ti­scher Ver­tre­tung des Ver­ban­des im Außen­verhält­nis durch OT-Mit­glie­der so­wie den Mit­wir­kungs­aus­schluss, was ggf. be­ste­hen­de Streik- oder Aus­sper­rungs­fonds an­geht.


cc) Die Sat­zung enthält hin­sicht­lich der Aus­ge­stal­tung der für ta­rif­po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen be­ste­hen­den Ta­rif­kom­mis­si­on kei­ne aus­drück­li­che Re­ge­lung. Da die Sat­zung die Ein­rich­tung ei­ner Ta­rif­kom­mis­si­on oder ei­nes sons­ti­gen ta­rif­po­li­ti­schen Or­gans nicht vor­sieht, be­durf­te es aber auch kei­ner nähe­ren Re­ge­lun­gen, die die Mit­glied­schaft in die­sen Or­ga­nen für OT-Mit­glie­der aus­sch­ließen oder den Ver­lust ent­spre­chen­der Funk­tio­nen re­geln. Die all­ge­mei­ne Re­ge­lung des § 5 Punkt 3 gilt aus­nahms­los und des­halb nicht nur für sat­zungsmäßig ge­re­gel­te Or­ga­ne, son­dern auch für ei­ne in der Sat­zung nicht vor­ge­se­he­ne, aber gleich­wohl be­ste­hen­de Ta­rif­kom­mis­si­on, ein­sch­ließlich der

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von der Re­vi­si­on aus­drück­lich an­ge­spro­che­nen Fra­gen „Zu­sam­men­set­zung der“ und „Be­nen­nungs- und Ent­sen­dungs­recht in die“ Ta­rif­kom­mis­si­on. An­ge­sichts ei­ner eher nied­ri­gen Re­ge­lungs­dich­te der Ge­samt­sat­zung ist die Re­ge­lung zur OT-Mit­glied­schaft noch verhält­nismäßig de­tail­liert und „re­ge­lungs­reich“. Mit ih­rer aus­nahms­lo­sen und für al­le Ver­bands­be­rei­che gel­ten­den Re­ge­lung wird der er­for­der­li­che Gleich­lauf von Ver­ant­wort­lich­keit und Be­trof­fen­heit, was Ta­rif­ab­schlüsse an­geht, hin­rei­chend her­ge­stellt.

dd) So­weit die Re­vi­si­on sich auf man­geln­de Re­ge­lun­gen zu Auf­sichts­or­ga­nen, zur Ver­wal­tung von Streik­fonds und zur Ver­tei­lung von Streik­mit­teln be­zieht, ist die­ser Ein­wand er­kenn­bar hy­po­the­ti­scher Na­tur. Die Be­klag­te hat da­zu un­wi­der­spro­chen vor­ge­tra­gen, dass beim Ver­band der Kauf­leu­te ein Streik­fonds nicht be­steht.


Zu­dem grif­fe je­den­falls für die Auf­sicht und Ver­wal­tung von Streik­fonds eben­falls die all­ge­mei­ne und aus­nahms­los gel­ten­de Re­ge­lung des § 5 Punkt 3 der Sat­zung. So­weit die Re­vi­si­on sich wei­ter auf die Se­nats­ent­schei­dung vom 22. April 2009 - 4 AZR 111/08 - (BA­GE 130, 264) be­zieht, sind Par­al­le­len in dem von ihr an­ge­ziel­ten Sin­ne nicht er­sicht­lich. Die her­an­ge­zo­ge­ne Ent­schei­dung be­traf ein völlig an­de­res OT-Re­ge­lungs­mo­dell (Fach­grup­pen statt Stu­fen) und ei­ne Sat­zung, in der die Ein­rich­tung ei­nes Ar­beits­kampf­fonds (dort „Un­terstützungs­fonds“) aus­drück­lich vor­ge­se­hen war. In ei­nem sol­chen Fall kommt es dann auch dar­auf an, wie die Verfügungs­rech­te über die­sen Fonds ge­re­gelt sind.


ee) Die hier zwi­schen den Par­tei­en be­son­ders um­strit­te­ne Sat­zungs­re­ge­lung in § 5 Punkt 3 Satz 3 der Sat­zung des Ver­ban­des der Kauf­leu­te vom 7. Sep­tem­ber 2000, nach der die schrift­li­che Erklärung über den Aus­schluss der Ta­rif­bin­dung „bis zum Ab­lauf der je­weils gel­ten­den Ta­rif­verträge“ wirkt, ist nicht in dem buchstäbli­chen, bei verständi­gen Be­tei­lig­ten aus­zu­sch­ließen­den of­fen­sicht­lich ge­setz­wid­ri­gen Sinn zu ver­ste­hen. Sie kann nach Sinn, Zweck und ta­rif­li­chem Ge­samt­zu­sam­men­hang nur als Hin­weis auf die sich aus § 3 Abs. 3 TVG oh­ne­hin er­ge­ben­de Rechts­la­ge be­grif­fen wer­den, wie dies auch durch die Sat­zungsände­rung vom 7. Mai 2002 klar­ge­stellt wor­den ist. Die Aus­le­gung der
 


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Re­vi­si­on, die­se For­mu­lie­rung sei als Aus­schluss der Ta­rif­ge­bun­den­heit „je Ta­rif­ver­trag“ statt von Dau­er zu ver­ste­hen, macht kei­nen Sinn. Bei wortwört­li­cher Aus­le­gung wäre ein Aus­schluss der Ta­rif­bin­dung „für die Mit­glie­der“ während der Lauf­zeit ei­nes gel­ten­den Ta­rif­ver­tra­ges bis zu des­sen En­de vor­ge­se­hen, al­so ge­ra­de in der Zeit, in der er nach § 3 Abs. 3 TVG zwin­gend wei­ter gilt. Dies macht auch die Re­vi­si­on nicht gel­tend. Für ei­ne von der Re­vi­si­on an­ge­reg­te Aus­le­gung, nach der die Erklärung nur bis zum Ab­lauf des Ta­rif­ver­tra­ges gel­ten sol­le, der dem Lau­fen­den folgt, gibt es wie­der­um kei­nen An­halt im Wort­laut der Sat­zung. Viel­mehr be­stimmt § 5 Punkt 3 der Sat­zung, dass die Erklärung über den Aus­schluss der Ta­rif­bin­dung je­der­zeit wi­der­ru­fen wer­den kann. Im Ge­samt­zu­sam­men­hang der Sat­zung spricht dies für ei­nen dau­er­haf­ten und nicht nur ta­rif­ver­trags­be­zo­ge­nen Aus­schluss „zum Ab­lauf der je­weils gel­ten­den Ta­rif­verträge“. Denn bei ei­nem Verständ­nis der Bin­dung „je Ta­rif­ver­trag“ blie­be für ei­ne Wi­der­rufsmöglich­keit an­ge­sichts der Re­ge­lung in § 4 Abs. 5 TVG, nach der nach Ab­lauf des Ta­rif­ver­tra­ges sei­ne Rechts­nor­men wei­ter gel­ten, bis sie durch ei­ne an­de­re Ab­ma­chung er­setzt wer­den, kein An­wen­dungs­be­reich.


ff) Oh­ne Be­lang für den vor­lie­gen­den Rechts­streit ist die von der Re­vi­si­on auf­ge­wor­fe­ne Fra­ge, ob nach der Sat­zung des Ver­ban­des der Kauf­leu­te ei­ne OT-Mit­glied­schaft le­dig­lich im Wech­sel aus vor­he­ri­ger Voll­mit­glied­schaft be­gründet wer­den kann oder ge­ne­rell möglich ist. Die Be­klag­te ist ent­spre­chend der aus­drück­lich in der Sat­zung des Ver­ban­des der Kauf­leu­te be­reit­ge­stell­ten Möglich­keit von der vor­he­ri­gen Voll­mit­glied­schaft in die OT-Mit­glied­schaft ge­wech­selt.


2. Die Be­klag­te war bei Ab­schluss des Ge­haltsTV 2006 und des MTV 2006, auf de­ren Re­ge­lun­gen die Kläge­rin ih­re Ansprüche stützt, an de­ren Be­stim­mun­gen nicht mehr iSd. § 4 Abs. 1 TVG ge­bun­den, weil sie vor de­ren Ab­schluss in Übe­rein­stim­mung mit der Ver­bands­sat­zung, auch un­ter Berück­sich­ti­gung von § 5 Punkt 3 Satz 3 der Sat­zung vom 7. Sep­tem­ber 2000, wirk­sam in die OT-Mit­glied­schaft ge­wech­selt ist. Dies hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt rechts­feh­ler­frei er­kannt. Die Re­vi­si­on ist dem, was die kon­kre­ten Umstände des



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Wech­sels der Be­klag­ten in die OT-Mit­glied­schaft an­geht, nicht mehr ent­ge­gen­ge­tre­ten.


So­weit die Re­vi­si­on gel­tend macht, nach der vor­lie­gen­den Sat­zung sei ein rück­wir­ken­der Wech­sel in ei­ne OT-Mit­glied­schaft nicht möglich, be­darf es kei­ner ab­sch­ließen­den Stel­lung­nah­me. Mit dem Lan­des­ar­beits­ge­richt ist von ei­nem Wech­sel je­den­falls für den 27. Ju­ni 2001 aus­zu­ge­hen. Da die hier streit­ge­genständ­li­chen Ta­rif­verträge erst am 3. Fe­bru­ar 2006 ab­ge­schlos­sen wor­den sind, kommt es da­mit auf die Fra­ge, ob die Be­klag­te rück­wir­kend wirk­sam für ei­nen da­vor lie­gen­den Zeit­punkt aus der Voll­mit­glied­schaft in die OT-Mit­glied­schaft wech­seln konn­te, nicht an.


IV. Die Kla­ge­for­de­rung er­gibt sich auch nicht teil­wei­se aus ei­nem der Vorgänger­ta­rif­verträge. Es spricht al­les dafür, dass es sich hier um ei­nen an­de­ren, vom Kla­ge­vor­brin­gen nicht mit um­fass­ten Streit­ge­gen­stand han­delt. Un­abhängig da­von stellt die Ver­ein­ba­rung der Par­tei­en vom 27. Ja­nu­ar 2005 hin­sicht­lich der vor­an­ge­gan­ge­nen Ge­halts- und Man­tel­ta­rif­verträge im Ein­zel­han­del Sach­sen-An­halt, so­weit die Be­klag­te an die­se über­haupt noch ge­bun­den war, ei­ne „an­de­re Ab­ma­chung“ iSd. § 4 Abs. 5 TVG dar.

Die Be­klag­te ist seit dem 27. Ju­ni 2001 im Ver­band der Kauf­leu­te nicht mehr Voll-, son­dern nur noch OT-Mit­glied. Da­mit war sie be­reits nicht mehr an den von der Ge­werk­schaft ver.di und dem Ver­band der Kauf­leu­te am 22. Au­gust 2001 un­ter­zeich­ne­ten Ta­rif­ver­trag über Gehälter, Löhne und Aus­bil­dungs­vergütun­gen für den Ein­zel­han­del im Bun­des­land Sach­sen-An­halt (Ge­haltsTV 2001) ge­bun­den. Der nur noch nach­wir­ken­de Vorgänger­ta­rif­ver­trag vom 21. Ju­li 2000 war zum Zeit­punkt des Ände­rungs­ver­tra­ges am 27. Ja­nu­ar 2005 nach § 4 Abs. 5 TVG durch ei­ne „an­de­re Ab­ma­chung“ auch zu Las­ten der Kläge­rin er­setz­bar.


Die Be­klag­te war auch nicht mehr dem Man­tel­ta­rif­ver­trag für die Beschäftig­ten im Ein­zel­han­del im Bun­des­land Sach­sen-An­halt vom 1. Au­gust 2003 (MTV 2003) un­ter­wor­fen. Auch hier konn­te der zum Zeit­punkt des Ände­rungs­ver­tra­ges am 27. Ja­nu­ar 2005 nur noch nach­wir­ken­de Vorgänger­ta­rif­ver­trag vom 5. Fe­bru­ar 1999 nach § 4 Abs. 5 TVG auch zu Las­ten der
 


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Kläge­rin durch ei­ne „an­de­re Ab­ma­chung“ er­setzt wer­den. In den vor­lie­gend streit­ge­genständ­li­chen Punk­ten hat der Ände­rungs­ver­trag vom 27. Ja­nu­ar 2005 die nach­wir­ken­den ta­rif­ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen er­setzt.


V. Die Kos­ten­fol­ge er­gibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. 

Be­p­ler 

Creutz­feldt 

Win­ter

Pfeil 

Bre­den­diek

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