Um das Angebot dieser Webseite optimal zu präsentieren und zu verbessern, verwendet diese Webseite Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Näheres dazu erfahren Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Okay

HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

LAG Bre­men, Be­schluss vom 02.03.2006, 3 Ta 9/06

   
Schlagworte: Geschäftsführer
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Bremen
Aktenzeichen: 3 Ta 9/06
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 02.03.2006
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt Bre­men


Ak­ten­zei­chen: 3 Ta 9/06
1 Ca 1390/05 Bre­men-Bre­mer­ha­ven


B E S C H L U S S

In dem Be­schwer­de­ver­fah­ren


Kläger und Be­schwer­de­geg­ner


Pro­zess­be­vollm.:

ge­gen

Be­klag­te und Be­schwer­deführe­rin


Pro­zess­be­vollm.:

Die so­for­ti­ge Be­schwer­de der Be­klag­ten ge­gen den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Bre­men-Bre­mer­ha­ven vom 24.11.2005 - Az.: 1 Ca 1390/05 - wird auf ih­re Kos­ten als un­be­gründet zu-rück­ge­wie­sen.

Die Rechts­be­schwer­de wird ge­gen die­sen Be­schluss nicht zu­ge­las­sen.

2

G r ü n d e :

I.

Der Kläger war bei der Be­klag­ten, die außer ihm zwei wei­te­re Mit­ar­bei­ter beschäftigt, seit dem 01.12.2003 auf Grund des schrift­li­chen An­stel­lungs­ver­tra­ges vom 19.12.2003 (vgl. Bl. 3¬7 d. A.) als kaufmänni­scher Lei­ter tätig. Mit Be­schluss vom 01.04.2004 wur­de er zum Geschäftsführer der Be­klag­ten be­ru­fen (vgl. Bl. 7 d. A.). Mit Schrei­ben vom 15.08.2005 wur­de ihm mit­ge­teilt, dass ihn die Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung am 11.08.2005 mit so­for­ti­ger Wir­kung von der Po­si­ti­on des Geschäftsführers der Be­klag­ten ab­be­ru­fen ha­be. Gleich­zei­tig wur­de das mit ihm be­ste­hen­de An­stel­lungs­verhält­nis mit so­for­ti­ger Wir­kung hilfs­wei­se zum nächst mögli­chen Ter­min gekündigt (vgl. Bl. 8 d. A.). Un­ter dem Da­tum des 27.10.2005 sprach die Be­klag­te ei­ne wei­te­re außer­or­dent­li­che Kündi­gung aus (vgl. Bl. 50 d. A.).

Mit sei­ner am 24.08.2005 beim Ar­beits­ge­richt Bre­men-Bre­mer­ha­ven ein­ge­gan­ge­nen Kündi­gungs­schutz­kla­ge wehrt sich der Kläger ge­gen die Kündi­gung, mit Kla­ger­wei­te­rung vom 04.10.2005 und 02.11.2005 macht der Kläger An­nah­me­ver­zugs­lohn­ansprüche gel­tend und wehrt sich ge­gen die außer­or­dent­li­che Kündi­gung vom 27.10.2005.

Der Kläger hat in der ers­ten In­stanz die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass sein ursprüng­li­ches Ar­beits­verhält­nis als kaufmänni­scher Lei­ter als ru­hen­des Ar­beits­verhält­nis nach Be­ru­fung zum Geschäftsführer fort­be­stan­den ha­be. Sein ursprüng­li­cher Ar­beits­ver­trag sei nicht auf­ge­ho­ben wor­den, ein Geschäftsführer­an­stel­lungs­ver­trag sei nicht schrift­lich ab­ge­schlos­sen wor­den. Der Kläger ver­weist auf die Vor­schrift des § 623 BGB. Die aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung könne da­her nur das ursprüng­li­che Ar­beits­verhält­nis be­tref­fen.

Der Kläger hat fol­gen­de Anträge an­gekündigt:

1. Fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en nicht auf­grund der außer­or­dent­li­chen, hilfs­wei­se or­dent­li­chen Kündi­gung vom 15. Au­gust 2005 be­en­det wor­den ist bzw. be­en­det wer­den wird.

2. Die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an den Kläger € 7.500,-- nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz auf € 2.500,00 seit dem 01. Sep­tem­ber 2005 so­wie auf € 5.000,00 seit dem 01. Ok­to­ber 2005 zu zah­len.

3

3. Fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en auch nicht auf­grund der außer­or­dent­li­chen Kündi­gung vom 27. Ok­to­ber 2005 be­en­det wor­den ist bzw. be­en­det wer­den wird.

4. Fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en auch nicht durch an­de­re Be­en­di­gungs­tat­bestände en­det oder en­den wird, son­dern über den Ab­lauf der Kündi­gungs­frist hin­aus zu un­veränder­ten Be­din­gun­gen fort­be­steht.

Die Be­klag­te hat die Zuständig­keit der Ge­rich­te für Ar­beits­sa­chen gerügt.

Die Be­klag­te hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass das Dienst­verhält­nis mit dem Kläger am 01.04.2004 kon­klu­dent auf­ge­ho­ben wor­den sei. Die Norm des § 623 BGB stünde dem nicht ent­ge­gen. Es sei we­der das Fort­be­ste­hen ei­nes ru­hen­den Ar­beits­verhält­nis­ses ver­ein­bart wor­den, noch lägen an­de­re Ge­sichts­punk­te vor, die für die Auf­fas­sung sprächen. Auf­grund der An­zahl der Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten sei der Kläger nicht un­ter den Gel­tungs­be­reich des Kündi­gungs­schutz­ge­set­zes ge­fal­len. Die Be­stel­lung zum Geschäftsführer bei gleich blei­ben­der Vergütung ha­be für den Kläger kei­ner­lei Nach­tei­le mit sich ge­bracht. Die Ver­wer­tung ei­nes von der Be­klag­ten ge­hal­te­nen Pa­tents wer­de den Markt­wert der Be­klag­ten um ein Viel­fa­ches erhöhen. Im Übri­gen ver­hal­te sich der Kläger wi­dersprüchlich, da er selbst von ei­ner Rechts­we­gun­zuständig­keit der Ar­beits­ge­rich­te aus­ge­he.

Das Ar­beits­ge­richt Bre­men-Bre­mer­ha­ven hat durch Be­schluss vom 24.11.2005 den Rechts­weg zu den Ge­rich­ten für Ar­beits­sa­chen für zulässig an­ge­se­hen. We­gen der Be­gründung des Ar­beits­ge­richts wird auf Bl. 69 d. A. ver­wie­sen.

Die­ser Be­schluss wur­de der Be­klag­ten am 30.11.2005 zu­ge­stellt. Die Be­klag­te hat mit ei­nem am 6. De­zem­ber 2005 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt Bre­men ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz so­for­ti­ge Be­schwer­de ein­ge­legt und die­se so­fort be­gründet. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat durch Verfügung vom 07.12.2005 die Ak­te dem Ar­beits­ge­richt Bre­men-Bre­mer­ha­ven zur Nicht­ab­hil­fe­prüfung zurück­ge­ge­ben. Die Nicht­ab­hil­fe­prüfung er­folg­te zunächst durch den Ein­zel­rich­ter mit Be­schluss vom 16.12.2005. Die­sen Be­schluss hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Bre­men durch Be­schwer­de­ent­schei­dung vom 05.01.2006 auf­ge­ho­ben und die Sa­che zur er­neu­ten Nicht­ab­hil­fe­prüfung durch die voll­be­setz­te Kam­mer an das Ar­beits­ge­richt Bre­men-Bre­mer­ha­ven zurück­ver­wie­sen. Durch Be­schluss vom 26.01.2006 hat das Ar­beits­ge­richt Bre­men-Bre­mer­ha­ven die Nicht­ab­hil­fe­prüfung durch­geführt und be­schlos­sen der so­for­ti­gen Be­schwer­de nicht ab­zu­hel­fen, son­dern die Sa­che er­neut dem Lan­des­ar­beits­ge­richt zur Ent­schei­dung vor­zu­le­gen.

4

In der Be­schwer­de­instanz hat die Be­klag­te die erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dun­gen mit Rechts­ausführun­gen an­ge­grif­fen und be­an­tragt:

Der Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Bre­men-Bre­mer­ha­ven vom 24. No­vem­ber 2005, Az.: 1 Ca 1390/05, wird ab­geändert. Es wird fest­ge­stellt, dass der Rechts­weg zu den Ge­rich­ten für Ar­beits­sa­chen nicht eröff­net ist. Der Rechts­streit wird an das Land­ge­richt Bre­men ver­wie­sen.

Der Kläger hält die erst­in­stanz­li­che Ent­schei­dung für rich­tig.

II.

1. Die so­for­ti­ge Be­schwer­de ist zulässig. Sie ist form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den.

2. In der Sa­che hat­te die so­for­ti­ge Be­schwer­de je­doch kei­nen Er­folg.

a) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 b ArbGG sind die Ge­rich­te für Ar­beits­sa­chen zuständig für bürger­li­che Rechts­strei­tig­kei­ten zwi­schen Ar­beit­neh­mern und Ar­beit­ge­bern über das Be­ste­hen oder das Nicht­be­ste­hen ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses. Wer Ar­beit­neh­mer im Sin­ne des Ar­beits­ge­richts­ge­set­zes ist, be­stimmt § 5 ArbGG. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gel­ten in Be­trie­ben ei­ner ju­ris­ti­schen Per­son oder Per­so­nen­ge­samt­heit Per­so­nen nicht als Ar­beit­neh­mer, die kraft Ge­set­zes, Sat­zung oder Ge­sell­schafts­ver­trags al­lein oder als Mit­glie­der des Ver­tre­tungs­or­gans zur Ver­tre­tung der ju­ris­ti­schen Per­son oder der Per­so­nen­ge­samt­heit be­ru­fen sind. § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG be­trifft das der Or­gan­stel­lung zu Grun­de lie­gen­de Rechts­verhält­nis. Die­ses ist von der Or­gan­stel­lung zu un­ter­schei­den. Die Be­stel­lung und die Ab­be­ru­fung als Ver­tre­tungs­or­gan sind aus­sch­ließlich körper­schafts­recht­li­che Rechts­ak­te. Durch sie wer­den ge­setz­li­che oder sat­zungsmäßige Kom­pe­ten­zen über­tra­gen oder wie­der ent­zo­gen. Da­ge­gen ist die An­stel­lung zum Zwe­cke des Tätig­wer­dens als Ver­tre­tungs­or­gan ein schuld­recht­li­cher Ver­trag. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat in meh­re­ren Ent­schei­dun­gen zwar grundsätz­lich ent­schie­den, dass die Fik­ti­on des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG auch un­abhängig da­von gilt, ob das der Or­gan­stel­lung zu
 


5

Grun­de lie­gen­de Rechts­verhält­nis ma­te­ri­ell­recht­lich ein frei­es Dienst­verhält­nis oder ein Ar­beits­verhält­nis ist. Auch wenn das An­stel­lungs­verhält­nis zwi­schen ju­ris­ti­scher Per­son und Ver­tre­tungs­or­gan we­gen star­ker in­ter­ner Wei­sungs­abhängig­keit als Ar­beits­verhält­nis an­zu­se­hen ist und des­halb dem ma­te­ri­el­len Ar­beits­recht un­ter­liegt, sind nach die­ser Recht­spre­chung zur Ent­schei­dung von Rechts­strei­tig­kei­ten aus die­ser Rechts­be­zie­hung we­gen § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG, § 13 GVG die or­dent­li­chen Ge­rich­te be­ru­fen. Nur dann, wenn die Rechts­strei­tig­keit zwi­schen dem Mit­glied des Ver­tre­tungs­or­gans und der ju­ris­ti­schen Per­son nicht das der Or­gan­stel­lung zu Grun­de lie­gen­de Rechts­verhält­nis, son­dern ei­ne wei­te­re Rechts­be­zie­hung be­trifft, greift die­se Fik­ti­on des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht ein (vgl. BAG AP Nr. 46 zu § 5 ArbGG 1979; BAG Be­schluss v. 23.08.2001 - 5 AZB 9/01 -). Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat in­so­weit zwar aus­geführt, dass Sinn des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG sei, Or­ga­ne ju­ris­ti­scher Per­so­nen oder ge­setz­li­che Ver­tre­ter von Per­so­nen­ge­samt­hei­ten aus dem Gel­tungs­be­reich des Ar­beits­ge­richts­ge­set­zes aus­zu­neh­men, wenn sie ei­nen Rechts­streit mit den ju­ris­ti­schen Per­so­nen oder Per­so­nen­ge­samt­hei­ten führen, der nach Zeit, An­lass, Rechts­grund und An­spruch­sträger­schaft von Vorn­her­ein auf der Re­präsen­tan­ten­stel­lung der in § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG ge­nann­ten Per­so­nen selbst be­ruht. Für sol­che „Haus­strei­tig­kei­ten“ im Ar­beit­ge­ber­be­reich sol­len die Ge­rich­te für Ar­beits­sa­chen nicht zuständig sein (vgl. BAG AP Nr. 58 zu § 5 ArbGG 1979). Grundsätz­lich, so das BAG, sei des­halb für die Kla­ge des GmbH-Geschäftsführer ge­gen die Kündi­gung sei­nes An­stel­lungs­ver­trag durch die GmbH der Rechts­weg zu den Ge­rich­ten für Ar­beits­sa­chen nicht ge­ge­ben (vgl. BAG AP Nr. 46 zu § 5 ArbGG).

Zahl­rei­che Ent­schei­dun­gen zum The­men­kreis der Ver­tre­tungs­or­ga­ne beschäfti­gen sich al­ler­dings mit Kon­stel­la­tio­nen, in de­nen ein Mit­ar­bei­ter zunächst auf Grund ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses tätig war und später in ei­ne Or­gan­stel­lung, z. B. ei­ne Stel­lung als Geschäftsführer in der ju­ris­ti­schen Per­son be­ru­fen wor­den ist (vgl. Ka­man­ab­rou, DB 2002, Sei­te 146). Vor al­lem der 2. Se­nat des BAGs (BAG EzA § 5 ArbGG 1979 Nr. 4 und BAG AP Nr. 3 zu § 5 ArbGG 1979) ver­trat bis 1993 die Auf­fas­sung, dass bei Feh­len ei­ner aus­drück­li­chen oder kon­klu­den­ten den ursprüng­li­chen An­stel­lungs­ver­trag auf­he­ben­den Ver­ein­ba­rung im Zwei­fel an­zu­neh­men sei, dass z. B. der Geschäftsführer ei­ner GmbH mit sei­ner Be­stel­lung nicht endgültig den bis­her er­wor­be­nen Be­stands­schutz sei­nes Ar­beits­verhält­nis auf­ge­ben woll­te, son­dern dass das Ar­beits­verhält­nis während sei­ner Geschäftsführ­ertätig­keit le­dig­lich ru­he. In ei­ner Ent­schei­dung vom 07.10.1993 ließ


6

der 2. Se­nat in ei­nem ob­iter dic­tum of­fen, ob er an die­ser Auf­fas­sung wei­ter fest­hal­te. Er deu­te­te an, es spre­che eher ei­ne Ver­mu­tung dafür, dass Par­tei­en, die ei­nen neu­en Dienst­ver­trag ab­sch­ließen, da­mit im Zwei­fel den al­ten Ar­beits­ver­trag auf­he­ben wol­len (vgl. BAG EzA Nr. 9 zu § 5 ArbGG 1979). Die­se Zwei­fel hat der 5. Se­nat, der jetzt für die Zuständig­keits­fra­gen aus­sch­ließlich zuständig ist, auf­ge­grif­fen. Er geht da­von aus, dass im Fall des Ab­schlus­ses ei­nes vollständig neu­en Ver­tra­ges im Zwei­fel nicht an­ge­nom­men wer­den kann, dass da­ne­ben ein ru­hen­des Ar­beits­verhält­nis fort­be­ste­hen soll, ins­be­son­de­re nicht bei Gewährung ei­ner höhe­ren Vergütung. Be­reits ei­ne nur ge­rin­ge An­he­bung der Bezüge sei aus­rei­chend für die­se An­nah­me (vgl. BAG AP Nr. 24 zu § 5 ArbGG 1979). Im Zwei­fel wird da­her ein be­ste­hen­des Ar­beits­verhält­nis mit dem Ab-schluss ei­nes Geschäftsführer- oder Vor­stands­dienst­ver­tra­ges kon­klu­dent auf­ge­ho­ben. Al­ler­dings ist dies nur der Fall, wenn das Schrift­for­mer­for­der­nis des § 623 BGB ge-wahrt ist (BAG NJW 2003, Sei­te 913; Ger­mel­mann/Mat­thes/Prütting/Müller-Glöge, 4. Aufl. 2002, § 5 Rd­ziff. 31; Schwab/Weth/Kliemt, ArbGG, § 5, Rd­ziff. 279 und 280; ErfK-Koch, 6. Aufl., § 5 ArbGG, Rd­ziff. 9 i.V.m. ErfK-Müller-Glöge, a.a.O. § 623 BGB, Rd­ziff. 12, der dar­auf hin­weist, dass die Schrift­form „zu­meist“ ge­wahrt sein wird, weil die An­stel­lungs­verträge der Or­ga­ne ju­ris­ti­scher Per­so­nen übli­cher Wei­se schrift­lich ge­schlos­sen wer­den und ih­nen zu­min­dest an­deu­tungs­wei­se die Ablösung des Ar­beits­verhält­nis­ses ent­nom­men wer­den kann).

b) Im vor­lie­gen­den Fall sind je­doch we­der der Geschäftsführer­ver­trag schrift­lich ab­ge­schlos­sen, ge­schwei­ge denn ist der An­stel­lungs­ver­trag vom 19.12.2003 schrift­lich auf-ge­ho­ben wor­den. Bezüglich der Be­stel­lung zum Geschäftsführer gibt es le­dig­lich die Nie­der­schrift über die Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung der a. b. GmbH vom 01.04.04, die in­so­weit Fol­gen­des enthält:

„...
2. Zum neu­en ein­zel­ver­tre­tungs­be­rech­tig­ten Geschäftsführer der Ge­sell­schaft be­stel­le ich Herrn W. H. G. , geb. am ... , wohn­haft Str. , S. . Er ist von den Be­schränkun­gen des § 181 BGB be­freit.“

Dass darüber hin­aus die­ser Be­schluss der Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung in ei­nen An­s­tel-

7

gen. Durch die Be­stel­lung zum Geschäftsführer und den münd­lich er­folg­ten Ab­schluss ei­nes Geschäftsführer­ver­tra­ges konn­te we­gen der Form­vor­schrift des § 623 BGB der An­stel­lungs­ver­trag des Klägers aber ge­ra­de nicht „kon­klu­dent“, wie die Be­klag­te meint, auf­ge­ho­ben wer­den, son­dern der Geschäftsführer­ver­trag blieb la­tent, ru­hend, wei­ter in Kraft. Die Par­tei­en ha­ben auch nicht vor­ge­tra­gen, dass sich an den Auf­ga­ben des Klägers während sei­ner Zeit als be­stell­ter Geschäftsführer ge­genüber dem An­stel­lungs­ver­trag ir­gend­et­was geändert hätte mit Aus­nah­me der Ver­tre­tungs­be­fug­nis. Aus die­sem Grund trifft die von der Be­klag­ten grundsätz­lich zu Recht zi­tier­te Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts den vor­lie­gen­den Fall nicht. Des­halb weist das Bun­des­ar­beits­ge­richt in der Ent­schei­dung AP Nr. 46 zu § 5 ArbGG 1979 auch aus­drück­lich dar­auf hin, dass die Rechts­la­ge dann als an­ders an­zu­se­hen ist, wenn die Rechts­strei­tig­keit zwi­schen ei­nem Mit­glied des Ver­tre­tungs­or­gans der ju­ris­ti­schen Per­son nicht das der Or­gan­stel­lung zu Grun­de lie­gen­de Rechts­verhält­nis, son­dern ei­ne wei­te­re Rechts­be­zie­hung be­trifft, was z. B. der Fall sein kann, wenn der Or­gan­ver­tre­ter Rech­te aus ei­nem schon vor Ab­schluss des An­stel­lungs­ver­tra­ges als Geschäftsführer be­gründe­ten und an­geb­lich wei­ter be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis­ses her­lei­tet. Da die­ser An­stel­lungs­ver­trag vom 19.12.2003 nicht wirk­sam auf­ge­ho­ben wur­de und der Kläger ge­ra­de Rech­te aus ei­nem Ar­beits­verhält­nis gel­tend macht, bleibt es bei der Zuständig­keit der Ar­beits­ge­richts­bar­keit, wie das Ar­beits­ge­richt Bre­men-Bre­mer­ha­ven - 1. Kam­mer - zu Recht fest­ge­stellt hat, in­so­weit wird auf die ent­spre­chen­den Ausführun­gen ver­wie­sen. Die Par­tei­en ha­ben zu­dem nicht sub­stan­ti­iert vor­ge­tra­gen, dass es sich bei dem Ver­trag vom 19.12.2003 nicht um ein Ar­beits­ver­trag han­delt. Bei sei­ner­zeit ei­nem Geschäftsführer und drei Mit­ar­bei­tern spricht al­les für ein Ar­beits­verhält­nis. Dafür, dass es sich in­so­weit um ein Dienst­verhält­nis han­del­te, für das die or­dent­li­che Ge­richts­bar­keit zuständig sein könn­te, fehlt jeg­li­cher Vor­trag. Dies gilt um­so mehr, als die Be­klag­te selbst im Schrift­satz vom 5. Ok­to­ber 2005 fol­gen­des Resümee ih­rer Ar­gu­men­ta­ti­on ge­zo­gen hat:

„Ins­ge­samt ist da­mit fest­zu­hal­ten, dass die Par­tei­en den vor­ma­li­gen Ar­beits­ver­trag mit der Be­stel­lung des Klägers zum Geschäftsführer kon­klu­dent auf­ge­ho­ben ha­ben.“


Dass die­se Auf­he­bung un­wirk­sam ist (§ 623 BGB), ist oben aus­geführt. Dass es sich bei dem Ver­trag vom 19.12.2003 nicht um ein Ar­beits­verhält­nis han­del­te, ist nicht vor­ge­tra­gen.

8

Mit­hin war die so­for­ti­ge Be­schwer­de als un­be­gründet zurück­zu­wei­sen.

3. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 97 ZPO.

Die Vorraus­set­zun­gen für die Zu­las­sung der Rechts­be­schwer­de sind nicht ge­ge­ben.

Bre­men, den 02.03.2006


Das Lan­des­ar­beits­ge­richt

- 3. Kam­mer -

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 


zur Übersicht 3 Ta 9/06