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Mindestlohn: Reform des MiArbG und des AEntG beschlossen
10.02.2009. Arbeitsentgelte, d.h. Löhne und Gehälter, sind normalerweise im Arbeitsvertrag oder in einem einschlägigen Tarifvertrag rechtsverbindlich festgelegt. In den letzten Jahren wird darüber hinaus, gleichsam als ergänzender dritter Weg der Lohnfindung, eine gesetzliche Regulierung von Arbeitsentgelten gefordert, nämlich ein staatlich festgelegter Mindestlohn.
Die Befürworter von Mindestlöhnen haben seit längerem politische Mehrheiten hinter sich. In der Tat finden Tarifverträge in einigen Branchen, die von kleinen Betrieben und einem dementsprechend geringen Organisationsgrad der Arbeitgeberverbände geprägt sind, weitgehend keine Anwendung, und zwar auch nicht durch arbeitsvertragliche Verweisungen.
Die dadurch bedingten Niedriglöhne, beispielsweise im Bewachungsgewerbe oder im Friseurhandwerk, können auch durch die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen nicht zurückgedrängt werden. Voraussetzung für die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags ist nämlich gemäß § 5 Tarifvertragsgesetz (TVG), dass mindestens 50 Prozent der Arbeitnehmer, für die der Tarifvertrag gelten würde, bei einem tarifgebundenen Arbeitgeber beschäftigt sind.
Darüber hinaus besteht seit Jahren das Problem, dass Dienstleistungsanbieter aus dem europäischen Ausland aufgrund der in der Europäischen Union (EU) bestehenden Dienstleistungsfreiheit ihre Dienste in Deutschland anbieten können, wobei sie ausländische Arbeitskräfte aus ihren Heimatländern einsetzen und dadurch billiger sind als deutsche Unternehmen.
Nach den am 16.07.2008 vorgestellten Plänen der Bundesregierung sollen Mindestlöhne daher künftig mit zwei bereits länger bestehenden Gesetzen realisiert werden, nämlich mit dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) und dem Mindestarbeitsbedingungengesetz (MiArbG). Der Regierungsentwurf vom 16.07.2008 sah insoweit eine - eher geringfügige - Überarbeitung bzw. Reform dieser beiden Gesetze vor (wir berichteten darüber in Arbeitsrecht aktuell: 08/090 Der Berg kreißt und gebiert eine Maus.).
Diese beiden Gesetzentwürfe vom 16.07.2008, d.h. der Entwurf eines ersten Gesetzes zur Änderung des MiArbG und der Entwurf eines reformierten AEntG, hat der Bundestag am 22.01.2009 angenommen.
Das AEntG bewirkt in seiner bisherigen wie in seiner Reformfassung hauptsächlich, dass allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge über Mindestlöhne auch auf Arbeitsverhältnisse zwischen einem ausländischen Arbeitgeber und seinen in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer Anwendung finden, falls die Branche, für die der allgemeinverbindliche Tarifvertrag gilt, im AEntG genannt ist (§ 1 Abs.1 Satz 1 AEntG).
Während der AEntG-Reformentwurf vom Sommer 2008 hier noch keine Erweiterungen gegenüber den bislang schon im AEntG genannten Branchen (Bau, Reinigung, Briefdienstleistungen) vorsah, hat der Bundestag nunmehr am 22.01.2009 beschlossen, folgende Branchen hinzuzunehmen (§ 4 AEntG - Reformfassung):
- Sicherheitsdienstleistungen,
- Bergbauspezialarbeiten auf Steinkohlebergwerken,
- Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft,
- Abfallwirtschaft einschließlich Straßenreinigung und Winterdienst,
- Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten oder Dritten Sozialgesetzbuch
Der Bundestag hat sich insoweit der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales vom 21.01.2009 angeschlossen.
Für diese und die bisher schon im Gesetz enthaltenen drei Branchen sieht § 7 AEntG (Reformfassung) die Befugnis des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vor, durch Rechtsverordnung ("Erstreckungsverordnung") zu bestimmen, dass die Rechtsnormen eines Tarifvertrages auf alle unter seinen Geltungsbereich fallenden und nicht an ihn gebundenen Arbeitsvertragsparteien Anwendung finden, falls für diesen Tarifvertrag ein Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung gestellt worden ist.
Die AEntG-Reform erweitert damit die Rechtsfolge einer Erstreckungsverordnung bzw. gleicht ihre Wirkungen denen einer Allgemeinverbindlicherklärung an, indem sie auch solche Arbeitsverhältnisse dem Tarifvertrag unterwirft, die bereits anderweitig tarifvertraglich reguliert sind.
Die Leiharbeit wurde hingegen nicht in das AEntG aufgenommen. Ob und wann es zur Aufnahme eines Mindestlohns für diese Branche im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) kommen wird, ist derzeit noch offen.
Auf dieser Seite finden Sie einen Überblick über die derzeit vereinbarten Mindestlohntarifverträge, die Gegenstand einer Erstreckungserklärung nach dem AEntG sein können, sowie über die in ihnen enthaltenen Mindestlohnsätze.
Als neunte Branche wurde schließlich auch die Pflegebranche (Altenpflege und häusliche Krankenpflege) in das AEntG aufgenommen, wobei für sie verfahrensrechtliche Sonderregelungen gelten, die in einem eigens dazu eingefügten Abschnitt 4 des AEntG (Reformfassung) enthalten sind.
Im Wesentlichen geht es darum, für die Pflegebranche Mindestlöhne ohne vorherige Erstreckungserklärung gemäß (§ 7 AEntG - Reformfassung) festsetzen zu können. Das BMAS kann hierfür eine Kommission errichten, deren Mitglieder von in der Pflegebranche tätigen beteiligten Kreisen vorgeschlagen werden. Die Kommission kann Mindestbedingungen und -löhne vorschlagen, über die das Bundesministerium für Arbeit und Soziales anschließend durch Rechtsverordnung entscheidet.
Anders als weitergehende politische Forderungen beschränkt sich die nunmehr beschlossenen Gesetzesfassung darauf, dass gemäß § 9 Mindestlohnansprüche nur dann Ausschlussfristen unterworfen sind, wenn diese Fristen in einem für erstreckbar oder für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag enthalten sind. Außerdem müssen sie mindestens sechs Monate betragen. Der Verfall von Mindestlohnansprüchen aufgrund von Ausschlussfristen ist dadurch stark eingegrenzt.
Wie bereits das geltende MiArbG aus dem Jahre 1952, so ermöglicht auch seine geringfügig reformierte und nunmehr vom Bundestag gebilligte Fassung eine staatliche Festsetzung von Mindestlöhnen.
Im Unterschied zu einer Allgemeinverbindlicherklärung (§ 5 TVG) und einer Erstreckungserklärung nach § 7 AEntG (Reformfassung) ist dazu im Rahmen des MiArbG - in seiner geltenden wie in seiner reformierten Fassung - nicht erforderlich, dass ein (Mindestlohn-)Tarifvertrag mit einer Reichweite von 50 Prozent der Arbeitsverhältnisse einer Branche existiert.
Das MiArbG soll vielmehr eine staatliche Mindestlohnfestsetzung gerade in den Branchen ermöglichen, in denen Gewerkschaften oder Vereinigungen von Arbeitgebern nicht bestehen oder nur eine Minderheit der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber umfassen.
Vergleicht man die nunmehr beschlossene MiArbG-Reform mit dem Gesetzentwurf vom 16.07.2008, so wurde vor allem bei Regelungen nachgebessert, die die Überwachung und Durchsetzung der Mindestlöhne betreffen.
Nunmehr wurden die Befugnisse, die den Behörden nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) zustehen, auf das MiArbG übertragen. So soll die Zollverwaltung für die Überwachung zuständig sein (§ 12). Für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland werden Meldepflichten statuiert (§ 13), die Zusammenarbeit in- und ausländischer Behörden wird geregelt (§ 15). Verstoßen Arbeitgeber gegen das Gesetz, können sie von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden (§ 16) und es können Bußgelder von bis zu 500.000 EUR verhängt werden (§ 18).
Befürworter einer beherzten staatlichen Mindestlohnpolitik dürften angesichts der Gesetzesbeschlüsse vom 22.01.2009 wenig Freude empfinden.
Erstens ist weniger manchmal mehr. Ein einziger, deutschlandweit geltender gesetzlicher Mindestlohn von z.B. 7,50 EUR würde auf einen Schlag sämtliche Problem-Arbeitsverhältnisse erfassen. Demgegenüber ist die von der Bundesregierung befürwortete Branchenlösung lückenhaft: Warum kein Mindestlohn für Friseure, Verkäufer oder Bürogehilfen festgesetzt wird, ist sachlich nicht nachvollziehbar.
Zweitens sind die derzeitigen Lösungen sehr kompliziert. Das AEntG, das primär vor ausländischer Billiglohnkonkurrenz schützen soll, wird als ein Quasi-Mindestlohngesetz zweckentfremdet, obwohl seine Rechtswirkungen kaum anders sind als die einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung eines Tarifvertrages gemäß § 5 TVG.
Es ist keine leichte Aufgabe, erst einmal herauszufinden, für welche Branche welcher Tarifvertrag für erstreckbar erklärt wurde und für welchen Arbeitnehmer demzufolge welcher Mindestlohn gilt. Daher besteht die Gefahr, dass die über das AEntG festgesetzten Mindestlöhne von vielen Arbeitnehmern schlicht ignoriert werden.
Drittens muss der schleppende Gang der Gesetzgebung als Beleg für einen in Wahrheit fehlenden Reformwillen bewertet werden. Angesichts der Windeseile, mit der aufgrund der Finanzkrise Mitte Oktober das Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz (FMStFG) verabschiedet wurde (wir berichteten darüber in Arbeitsrecht aktuell: 08/106 Herabsetzung von Managergehältern gemäß dem Gesetz zur Errichtung eines Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMStFG)), kann man die „Bemühungen“ von Regierung und Bundestag um eine Mindestlohngesetzgebung nur als bräsig bezeichnen.
Nähere Informationen zu diesem Vorgang finden Sie hier:
- Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales, BT-Drs. 16/11669 vom 21.01.2009
- Gesetzentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Gesetzes über zwingende Arbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen (Arbeitnehmer-Entsendegesetz - AEntG), BT-Drs. 16/10486 vom 07.10.2008
- Handbuch Arbeitsrecht: Entsendung ausländischer Arbeitnehmer
- Handbuch Arbeitsrecht: Mindestlohn
- Arbeitsrecht aktuell: 18/074 Reform der Entsenderichtlinie
- Arbeitsrecht aktuell: 14/131 Mindestlohn 2015
- Arbeitsrecht aktuell: 09/161 Neuer Mindestlohn für Baubranche und Maler- und Lackiererhandwerk
- Arbeitsrecht aktuell: 09/021 Mindestlohn: Bundesrat stimmt Erweiterung der bestehenden Regelungen zu.
- Arbeitsrecht aktuell: 09/016 Das sind die neuen Mindestlöhne
- Arbeitsrecht aktuell: 08/090 Der Berg kreißt und gebiert eine Maus.
- Arbeitsrecht aktuell: 08/047 Mindestlohn: Aufnahme weiterer Branchen in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz
- Arbeitsrecht aktuell: 08/031 Postmindestlohnverordnung für rechtswidrig erklärt
- Arbeitsrecht aktuell: 07/11 Kein Lohndumping im Gebäudereinigerhandwerk
- Entwurf eines Ersten Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen, BT-Drs. 16/10485 vom 07.10.2008
Letzte Überarbeitung: 16. November 2020
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