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Entsendung ausländischer Arbeitnehmer
Lesen Sie hier, wie das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) die Entsendung ausländischer Arbeitnehmer regelt, wen das AEntG schützt und warum.
Im Einzelnen finden Sie Hinweise dazu, welche Branchen unter das AEntG fallen, warum die Mindestlöhne nach dem AEntG auch inländische Arbeitnehmer schützen, welche Besonderheiten für die Pflegebranche gelten und wie die Einhaltung des Gesetzes arbeitsrechtlich abgesichert wird.
von Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin
- Welche Probleme bringt die Entsendung ausländischer Arbeitnehmer nach Deutschland mit sich?
- Welche Schutzvorschriften enthält das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG)?
- Wann greifen die Mindestlöhne nach dem AEntG ein?
- Worin besteht der Unterschied zwischen Allgemeinverbindlicherklärung und Erstreckungsverordnung?
- Warum sind auch deutsche Unternehmen vom AEntG betroffen?
- Welche Änderungen brachte die 2009 beschlossene Reform des AEntG?
- Welche Besonderheiten gelten für die Pflegebranche?
- Wie wird die Einhaltung des AEntG durch den Staat überwacht?
- Wie wird die Einhaltung des AEntG arbeitsrechtlich gesichert?
- Wer haftet für die effektive Erfüllung der zwingenden tariflichen Mindestlöhne nach dem AEntG?
- Wo finden Sie mehr zum Thema Entsendung ausländischer Arbeitnehmer?
- Was können wir für Sie tun?
Welche Probleme bringt die Entsendung ausländischer Arbeitnehmer nach Deutschland mit sich?
Mit Entsendung ausländischer Arbeitnehmer ist gemeint, dass ausländische Leistungsanbieter innerhalb Deutschlands Dienst- oder Werkleistungen erbringen und dabei Arbeitnehmer einsetzen, deren Arbeitsbedingungen sich nach dem Recht des Staates richten, in dem der Leistungsanbieter seinen Sitz hat.
Da diese Arbeitsbedingungen, d.h. vor allem
- Löhne,
- Urlaubsansprüche und
- Arbeitszeiten,
oft deutlich unter dem deutschen Niveau liegen, werden deutsche Unternehmen im Wettbewerb mit solchen ausländischen Unternehmen benachteiligt. Denn die deutschen Unternehmen sind in volle Umfang an das (teure) deutsche Lohnniveau, das deutsche Arbeitsrecht und das deutsche Sozialversicherungsrecht gebunden.
Außerdem besteht auch aus Arbeitnehmersicht ein Interesse daran, dass in den Branchen, in denen ausländische Unternehmen bevorzugt Arbeitnehmer nach Deutschland entsenden, bestimmte Mindestarbeitsbedingungen für alle Arbeitnehmer gelten, d.h. für entsandte ausländische wie für deutsche Arbeitnehmer. Ausländische "Dumpinglöhne" bzw. "Dumpingarbeitsbedingungen" sollen nicht nach Deutschland importiert werden.
Diese beiden Ziele (fairer Wettbewerb zwischen ausländischen und deutschen Unternehmen, Mindestarbeitsschutz) verfolgt das Gesetz über zwingende Arbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen (Arbeitnehmer-Entsendegesetz - AEntG).
Welche Schutzvorschriften enthält das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG)?
Das AEntG schreibt Unternehmen mit Sitz im Ausland vor, bestimmte in Deutschland geltende arbeitsrechtliche Mindeststandards, vor allem Mindestlöhne, zu beachten, wenn sie in Deutschland in bestimmten Branchen Leistungen erbringen und dabei Arbeitnehmer beschäftigen (§ 3, § 8 AEntG).
Da in Deutschland seit Anfang 2015 ein allgemeiner Mindestlohn von 8,50 EUR brutto pro Stunde nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) gilt, haben die branchenbezogenen Mindestlöhne nach dem AEntG an Bedeutung verloren, denn viele der branchenbezogenen AEntG-Mindestlöhne liegen unter 8,50 EUR. Sie wurden daher zum 01.01.2015 von dem allgemeinen Mindestlohn von 8,50 EUR überholt.
Diejenigen AEntG-Mindestlöhne, die über 8,50 EUR liegen, gehen dem Mindestlohn von 8,50 EUR vor und sind daher immer noch von Bedeutung.
Aktuelle Aufstellungen der in Deutschland auf Basis des AEntG geltenden Mindestlöhne veröffentlicht das BMAS: BMAS, Mindestlöhne im Sinne des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (einschließlich der Lohnuntergrenze nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz) und nach dem Tarifvertragsgesetz.
Wann greifen die Mindestlöhne nach dem AEntG ein?
Der arbeitsrechtliche Schutz nach dem AEntG, der vor allem in Mindestlöhnen besteht, hat drei Voraussetzungen, die zusammen vorliegen müssen:
Erstens darf der AEntG-Mindestlohn seit Anfang 2015 nicht unter 8,50 EUR liegen. Denn wenn er darunter liegt, gilt vorrangig der Mindestlohn von 8,50 EUR nach dem MiLoG. Das gilt auch für die künftigen weiteren Mindestlohnfestsetzungen auf der Grundlage des MiLoG, die zu Mindestlöhnen von mehr als 8,50 EUR führen: Auch diese MiLoG-Mindestlöhne gehen den AEntG-Mindestlöhnen vor, wenn diese darunter liegen.
Zweitens muss der Arbeitgeber Leistungen erbringen, die zu den Branchen gehören, die das AEntG ausdrücklich nennt. Ursprünglich, d.h. bis Anfang 2007, war dies nur die Baubranche, mittlerweile sind es gemäß § 4 AEntG acht Branchen. Außerdem gilt das AEntG auch für die Pflegebranche, sie für diesen Wirtschaftszweig allerdings einige Sonderregeln vor. Insgesamt gilt das AEntG daher für folgende neun Branchen:
- das Bauhauptgewerbe und das Baunebengewerbe (im Sinne der Baubetriebe-Verordnung vom 28.10.1980), einschließlich der Erbringung von Montageleistungen auf Baustellen außerhalb des Betriebssitzes
- die Gebäudereinigung,
- die Briefdienstleistungen,
- die Sicherheitsdienstleistungen,
- die Bergbauspezialarbeiten auf Steinkohlebergwerken,
- die Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft,
- die Abfallwirtschaft einschließlich Straßenreinigung und Winterdienst,
- Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch,
- Pflegebranche
Drittens muss es für die o.g. acht Branchen einen Branchen-Mindestlohntarifvertrag geben. Dieser muss allgemeinverbindlich sein oder das BMAS muss eine Rechtsverordnung gemäß § 7 AEntG erlassen haben. Das ist eine sog. Erstreckungsverordnung, der zufolge ein Tarifvertrag (ähnlich wie bei einer Allgemeinverbindlicherklärung) auf alle unter seinen Geltungsbereich fallenden Arbeitsverhältnisse anzuwenden ist.
Aktuelle Aufstellungen der in Deutschland auf Basis des AEntG geltenden Mindestlöhne veröffentlicht das BMAS: BMAS, Mindestlöhne im Sinne des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (einschließlich der Lohnuntergrenze nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz) und nach dem Tarifvertragsgesetz.
Worin besteht der Unterschied zwischen Allgemeinverbindlicherklärung und Erstreckungsverordnung?
Während sich ein Tarifvertrag im Normalfall zugunsten eines unter seinen Geltungsbereich fallenden Arbeitnehmers auswirkt,
- weil der Arbeitnehmer Mitglied der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft ist und sein Arbeitgeber Mitglied des Arbeitgeberverbandes oder selbst Partei des Tarifvertrags (sog. Tarifwirkung kraft beiderseitiger Tarifbindung), oder
- weil im Arbeitsvertrag auf einen Tarifvertrag bezug genommen wird und er daher kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme gilt,
verdankt sich die Geltung eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags einem staatlichen Eingriff: Das BMAS kann einen Tarifvertrag gemäß § 5 Abs.1 Tarifvertragsgesetz (TVG) für allgemeinverbindlich erklären, wenn die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Das wiederum ist nach der seit Anfang 2015 geltenden Gesetzesfassung in der Regel der Fall, wenn
1. | der Tarifvertrag in seinem Geltungsbereich für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen überwiegende Bedeutung erlangt hat oder |
2. | die Absicherung der Wirksamkeit der tarifvertraglichen Normsetzung gegen die Folgen wirtschaftlicher Fehlentwicklung eine Allgemeinverbindlicherklärung verlangt. |
Infolge einer solchen Entscheidung des BMAS erfassen die Schutzvorschriften des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifs (Lohnuntergrenzen, Arbeitszeitgrenzen, Mindesturlaubsregelungen usw.) auch diejenigen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die bislang nicht an ihn gebunden waren (§ 5 Abs.4 TVG).
Anders als bei der Allgemeinverbindlicherklärung ist bei der Erstreckungsverordnung gemäß § 7 AEntG zwar ein gemeinsamer Antrag der Tarifparteien auf Allgemeinverbindlicherklärung erforderlich, doch braucht über diesen Antrag nicht entschieden zu werden.
Die Rechtsfolge einer Erstreckungsverordnung ist im wesentlichen dieselbe wie die einer Allgemeinverbindlicherklärung: Auch diejenigen Arbeitgeber müssen sich an den für erstreckbar erklärten Tarif halten, die dies ansonsten nicht müssten. Allerdings ist die Erstreckungsverordnung beschränkt auf die Tarifverträge einer der o.g. acht Branchen, die in § 4 AEntG aufgelistet sind, d.h. nur Arbeitsverhältnisse der AEntG-Branchen können überhaupt von einer Erstreckungsverordnung betroffen sein, während die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags im Prinzip in allen Branchen möglich ist.
Warum sind auch deutsche Unternehmen vom AEntG betroffen?
Das AEntG begründet nicht nur für ausländische, sondern auch für deutsche Unternehmen Rechtspflichten.
Die in § 3 AEntG angeordnete Pflicht zur Beachtung deutscher allgemeinverbindlicher Tarifverträge betrifft zwar - logischerweise - nur ausländische Unternehmen, da inländische Unternehmen allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge ja ohnehin befolgen müssen, falls sie unter ihren Geltungsbereich fallen. Allerdings ist das bei der Erstreckungsverordnung gemäß § 7 AEntG anders:
Eine Erstreckungsverordnung des BMAS betrifft alle, d.h. auch inländische Arbeitgeber, wenn sie in der jeweiligen Branche tätig sind, für die ein erstreckbar erklärter Tarifvertrag gilt. Diese Rechtsfolge ist in § 8 AEntG ausdrücklich festgehalten. Die Erstreckungsverordnung begründet daher auch für inländische Arbeitgeber Rechtspflichten, die es ohne eine solche Erstreckungsverordnung bzw. ohne das AEntG nicht gäbe.
Damit ist die Erstreckungsverordnung - auf der Grundlage einer vorherigen Aufnahme der betreffenden Branchen in das AEntG - zu einem Instrument der allgemeinen staatlichen Mindestlohnpolitik geworden, die auch inländische Arbeitgeber in die Pflicht nimmt.
Das bekannteste Beispiel dafür war die (noch auf der Grundlage des alten AEntG erlassene) Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Branche Briefdienstleistungen, vom 28.12.2007 (Bundesanzeiger Ausgabe 242, S.8410):
Kurz nachdem die Branche der Briefdienstleistungen Ende 2007 als neue (dritte) Branche in das AEntG aufgenommen worden war, vereinbarten die Deutsche Post AG bzw. der von ihr beherrschte Postarbeitgeberverband und die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di einen für Briefzusteller geltenden Mindestlohntarifvertrag, der vom damaligen Bundesarbeitsminister Olaf Scholz in großer Eile zur Grundlage einer Erstreckungsverordnung gemacht wurde - mit der Folge einer Bindung der (indländischen) Konkurrenten der Deutschen Post AG an diesen Mindestlohntarif.
Aufgrund formaljuristischer Fehler beim Erlass der Postmindestlohnverordnung vom 28.12.2007 hatte diese allerdings nicht den gewünschten Effekt (wir berichteten darüber in Arbeitsrecht aktuell 08/031: Postmindestlohnverordnung für rechtswidrig erklärt, und in: Arbeitsrecht aktuell 10/028: Kein Mindestlohn für Konkurrenten der Post).
Welche Änderungen brachte die 2009 beschlossene Reform des AEntG?
Ursprünglich bestand der wesentliche Zweck des Gesetzes in dem Schutz der Baubranche vor den Folgen ausländischer Billiglohnkonkurrenz.
Mit der Aufnahme der Gebäudereinigung und der Briefdienstleistungen als weiterer Branchen in das AEntG im Jahre 2007 erweiterte sich der Zweck des Gesetzes. Seitdem wird mit dem AEntG eine allgemeine, d.h. auch für deutsche Unternehmen geltende staatliche Mindestlohnpolitik betrieben. Denn anders als die Baubranche sind Gebäudereinigung und Briefdienstleistungen nicht durch den Wettbewerb von ausländischen, nach Deutschland drängenden Unternehmen geprägt. Wer in Deutschland putzt oder Briefe austrägt, lebt und arbeitet dauerhaft in Deutschland und wird auf der Grundlage des deutschen Arbeitsrechts angestellt.
Die seit 2007 eingetretene Erweiterung der Zwecksetzung wurde durch die Neufassung des AEntG im Jahre 2009 offiziell festgeschrieben. Nunmehr steht die Abkürzung AEntG für "Gesetz über zwingende Arbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen".
Dementsprechend wurden mit der Reform 2009 über die bis dahin bereits im AEntG genannten drei Branchen hinaus (Bau, Gebäudereinigung, Briefdienstleistungen) fünf weitere Branchen in das AEntG aufgenommen, nämlich das Bewachungsgewerbe ("Sicherheitsdienstleistungen") und die Abfallwirtschaft sowie drei winzig kleinen Mini-"Branchen" (Bergbauspezialarbeiten, Großwäschereien und Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch). Als neunte Branche wurde auch die Pflegebranche in das AEntG aufgenommen, dort allerdings besonderen Regelungen unterworfen (s. unten).
Schließlich wurden durch die Reform des AEntG die Rechtswirkungen der Erstreckungsverordnung (§ 7 AEntG) erweitert (vgl. dazu: Arbeitsrecht aktuell 09/147: Die Gewerkschaft der Neuen Brief- und Zustelldienste (GNBZ) ist nicht tariffähig).
Welche Besonderheiten gelten für die Pflegebranche?
Wie erwähnt wurde mit der AEntG-Reform die Pflegebranche (Altenpflege und häusliche Krankenpflege) als neunte Branche in das AEntG aufgenommen, allerdings nicht in die Branchenliste des § 4 AEntG aufgenommen. Für die Pflegebranche gelten nämlich verfahrensrechtliche Sonderregelungen. Sie sind in einem eigens dazu eingefügten Abschnitt 4 des AEntG enthalten.
Im Wesentlichen geht es darum, für die Pflegebranche Mindestlöhne ohne vorherige Erstreckungserklärung gemäß § 7 AEntG festsetzen zu können. Das BMAS kann hierfür eine Kommission errichten, deren Mitglieder von in der Pflegebranche tätigen beteiligten Kreisen vorgeschlagen werden. Die Kommission kann Mindestbedingungen und Mindestlöhne vorschlagen, über die das Bundesministerium für Arbeit und Soziales anschließend durch Rechtsverordnung entscheidet.
Wie wird die Einhaltung des AEntG durch den Staat überwacht?
Für die Prüfung der Einhaltung der aus dem AEntG folgenden Arbeitgeberpflichten sind die Behörden der Zollverwaltung zuständig (§ 16 Abs.1 AEntG).
Um ihnen eine effektive Kontrolle der Einhaltung des AEntG zu ermöglichen, verpflichtet § 19 Abs.1 Satz 1 AEntG den Arbeitgeber dazu, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre aufzubewahren.
Ausländische Arbeitgeber treffen darüber hinausgehende Mitwirkungspflichten. Müssen sie, wie dies vor allem im Bauwesen der Fall ist, einen allgemeinverbindlichen oder für erstreckbar erklärten Tarifvertrag anwenden, so sind sie gemäß § 18 Abs.1 AEntG verpflichtet, vor Beginn jeder Werk- oder Dienstleistung eine schriftliche Anmeldung in deutscher Sprache bei der Zollverwaltung vorzulegen, die die für die Prüfung wesentlichen Angaben enthält.
Dazu gehören insbesondere Familienname, Vornamen und Geburtsdatum der Arbeitnehmer, Beginn und voraussichtliche Dauer der Beschäftigung, Ort der Beschäftigung (bei Bauleistungen die Baustelle) und ein in Deutschland gelegener Ort, an dem die nach § 19 AEntG erforderlichen Unterlagen bereitgehalten werden. Gemäß § 19 Abs.2 Satz 2 AEntG sind auf Verlangen der Prüfbehörde die Unterlagen auch am Ort der Beschäftigung bereitzuhalten, bei Bauleistungen auf der Baustelle.
Eine besondere Meldepflicht besteht für Arbeitgeber, die Arbeitskräfte von ausländischen Zeitarbeitsfirmen entleihen. Sie müssen gemäß § 18 Abs.3 AEntG vor Beginn jeder Werk- oder Dienstleistung der Zollverwaltung eine schriftliche Anmeldung in deutscher Sprache mit den o.g. Angaben zu den einzelnen Arbeitskräften zuleiten.
Arbeitgeber, die gegen diese Mitwirkungspflichten verstoßen, riskieren die Verhängung von Bußgeldern (§ 23 AEntG).
Wie wird die Einhaltung des AEntG arbeitsrechtlich gesichert?
Lohnansprüche können leicht zum Opfer von "freiwilligen" Vereinbarungen werden, mit denen der Arbeitnehmer auf sie verzichtet. Das soll bei den Mindestarbeitsbedingungen, die sich aus dem AEntG ergeben, möglichst nicht passieren. Daher bestimmt § 9 Satz 1 AEntG, dass ein Verzicht des Arbeitnehmers auf sein Mindestentgelt nach § 8 AEntG nur durch gerichtlichen Vergleich zulässig ist. Die Verwirkung eines solchen Anspruchs ist generell ausgeschlossen (§ 9 Satz 2 AEntG).
Darüber hinaus können AEntG-Ansprüche gemäß § 9 Satz 3 AEntG nur dann aufgrund von Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung verfallen, wenn die Ausschlussfrist unmittelbar in dem Tarifvertrag festgeschrieben ist, aus dem sich der Anspruch des Arbeitnehmers ergibt. Außerdem muss die Ausschlussfrist mindestens sechs Monate betragen.
Wer haftet für die effektive Erfüllung der zwingenden tariflichen Mindestlöhne nach dem AEntG?
Dass ein ausländisches (Bau-)Unternehmen gesetzlich dazu verpflichtet ist, seinen in Deutschland tätigen Arbeitnehmern die in allgemeinverbindlichen Tarifverträgen festgeschriebenen Löhne zu zahlen, heißt noch lange nicht, dass dies auch geschieht.
Solange es hier keine effektive behördliche Kontrolle gibt, sind Verstöße an der Tagesordnung, da alle Beteiligten ein finanzielles Interesse an der Missachtung des Gesetzes haben: Der ausländische Arbeitgeber spart Lohnkosten, sein deutscher Auftraggeber freut sich über einen günstigen Preis für die von ihm in Auftrag gegebene Dienst- oder Werkleistung und der geschützte Arbeitnehmer bangt um seinen Arbeitsplatz und wird daher nicht auf seine gesetzlichen bzw. tariflichen Rechte pochen.
Um dieses "Kartell" aufzubrechen und den Auftraggebern die Freude an "allzu günstigen" Angeboten ausländischer Dienstleister zu nehmen, ordnet § 14 AEntG eine bürgenähnliche Mithaftung des Auftraggebers für die Erfüllung der durch § 8 AEntG vorgeschriebenen tariflichen Mindeststandards vor.
Danach haftet ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, für die Verpflichtungen dieses Unternehmers, eines Nachunternehmers oder eines von dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer beauftragten Verleihers zur Zahlung des Mindestentgelts an einen Arbeitnehmer oder zur Zahlung von Beiträgen an eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat.
Das Mindestentgelt, für das der Auftraggeber haftet, umfasst (nur) den Betrag, der nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechender Aufwendungen zur sozialen Sicherung an den Arbeitnehmer auszuzahlen ist (Nettoentgelt).
Wo finden Sie mehr zum Thema Entsendung ausländischer Arbeitnehmer?
Weitere Informationen, die Sie im Zusammenhang mit dem Thema Entsendung ausländischer Arbeitnehmer interessieren könnten, finden Sie hier:
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Ausschlussfrist
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohnrückstand - Arbeitgeberpflichten
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohnrückstand - Arbeitnehmerrechte
- Handbuch Arbeitsrecht: Mindestlohn
- Handbuch Arbeitsrecht: Tarifvertrag
- zur Übersicht Handbuch Arbeitsrecht
- Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Mindestlöhne im Sinne des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (einschließlich der Lohnuntergrenze nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz) und nach dem Tarifvertragsgesetz
Kommentare unseres Anwaltsteams zu aktuellen Fragen rund um das Thema Entsendung ausländischer Arbeitnehmer finden Sie hier:
Arbeitsrecht aktuell 2023
- Arbeitsrecht aktuell 23/005 EU-Mindestlohnrichtlinie muss bis November 2024 umgesetzt werden
- Arbeitsrecht aktuell 23/003: Leiharbeits-Mindestlohn beträgt 12,43 EUR ab Januar 2023
Arbeitsrecht aktuell 2022
Arbeitsrecht aktuell 2021
Arbeitsrecht aktuell 2020
- Arbeitsrecht aktuell: 20/115 Verbot von Werkverträgen in der Fleischwirtschaft
- Arbeitsrecht aktuell: 20/107 Mobilitätspaket der EU zur Reform des Lkw-Verkehrs
- Arbeitsrecht aktuell: 20/095 Reform des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes
- Arbeitsrecht aktuell: 20/094 Erleichterte Zuwanderung für ausländische Fachkräfte
- Arbeitsrecht aktuell: 20/061 Haftung für Mindestlohnzahlung durch Subunternehmen
- Arbeitsrecht aktuell: 20/059 Selbständige Tätigkeit einer EU-Ausländerin bei Schwangerschaft
Arbeitsrecht aktuell 2019
- Arbeitsrecht aktuell: 19/175 Mindestausbildungs-Vergütung von 515,00 EUR ab 2020
- Arbeitsrecht aktuell: 19/151 Pflegelöhneverbesserungsgesetz auf den Weg gebracht
Arbeitsrecht aktuell 2018
- Arbeitsrecht aktuell: 18/232 Ausschlussklauseln ohne Mindestlohn-Ausnahme sind unwirksam
- Arbeitsrecht aktuell: 18/074 Reform der Entsenderichtlinie
- Arbeitsrecht aktuell: 18/021 Mindestlohn und Arbeitsvertrag
Arbeitsrecht aktuell 2017
- Arbeitsrecht aktuell: 17/276 Dokumentationspflichten nach dem Mindestlohngesetz auf dem Prüfstand
- Arbeitsrecht aktuell: 17/003 Anwesenheitsprämien sind auf den Mindestlohn anzurechnen
Arbeitsrecht aktuell 2016
- Arbeitsrecht aktuell: 16/271 Ausschlussfristen und Mindestlohn
- Arbeitsrecht aktuell: 16/205 Mindestlohngesetz gilt auch für Bereitschaftsdienste
Eine vollständige Übersicht unserer Beiträge zum Thema Entsendung ausländischer Arbeitnehmer finden Sie unter:
Urteile und Kommentare: Entsendung ausländischer Arbeitnehmer
Letzte Überarbeitung: 7. Februar 2023
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