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ArbG Des­sau-Roß­lau, Ur­teil vom 21.03.2012, 1 Ca 148/11

   
Schlagworte: Kündigung: Fristlos, Abmahnung, Beleidigung
   
Gericht: Arbeitsgericht Dessau-Roßlau
Aktenzeichen: 1 Ca 148/11
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 21.03.2012
   
Leitsätze:
Vorinstanzen:
   

Ar­beits­ge­richt Des­sau-Roßlau

IM NA­MEN DES VOL­KES

UR­TEIL

In dem Rechts­streit

- Kläge­rin -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­ter: Rechts­an­walt L., A.-Straße, L.-Stadt

ge­gen

- Be­klag­te -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te: Rechts­anwälte K. & Sch., P.-Straße, G.-Stadt

hat die 1. Kam­mer des Ar­beits­ge­richts Des­sau-Roßlau auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 21. März 2012 durch die Di­rek­to­rin des Ar­beits­ge­richts Hoff­mann als Vor­sit­zen­de und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Fe­don so­wie den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Moes-Bo­gen­hardt als Bei­sit­zer für Recht er­kannt:

Es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die Kündi­gun­gen der Be­klag­ten vom 08. De­zem­ber 2011 nicht auf­gelöst ist.

Die Kos­ten des Rechts­streits trägt die Be­klag­te.

Der Wert des Streit­ge­gen­stan­des wird auf EUR 14.059,86 fest­ge­setzt.

T a t b e s t a n d

Die Par­tei­en strei­ten über die Be­en­di­gung ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses durch frist­lo­se so­wie hilfs­wei­se frist­gemäß aus­ge­spro­che­ne Kündi­gun­gen der Be­klag­ten.

Die 1969 ge­bo­re­ne Kläge­rin ist seit dem 00.00.1987 bei der Be­klag­ten bzw. de­ren Rechts­vorgänge­rin als Spar­kas­sen­an­ge­stell­te zu ei­nem Brut­to­mo­nats­ent­gelt von zu­letzt durch­schnitt­lich EUR 4.686,62 beschäftigt. In der Zeit vom 00.00.1994 bis zum 00.00.2011 war sie als Ab­tei­lungs­di­rek­to­rin In­ter­ne Re­vi­si­on ein­ge­setzt. Am 00.00.2011 schlos­sen die Par­tei­en ei­nen Auf­he­bungs­ver­trag zur Be­en­di­gung ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses zum 00.00.2012 ge­gen Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung von EUR 110.000,00. Seit dem 00.00.2011 wa­ren der Kläge­rin Son­der­auf­ga­ben über­tra­gen. Im Be­trieb der Be­klag­ten sind re­gelmäßig mehr als zehn Ar­beit­neh­mer mit Aus­nah­me der zu ih­rer Be­rufs­bil­dung Täti­gen beschäftigt. Es be­steht ein von der Be­leg­schaft ord­nungs­gemäß gewähl­ter Per­so­nal­rat.

Mit Schrei­ben vom 00.00.2011 kündig­te die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis frist­los so­wie hilfs­wei­se frist­gemäß zum 00.00.2012. „Höchst­vor­sorg­lich“ kündig­te sie das Ar­beits­verhält­nis im glei­chen Schrei­ben zu­dem außer­or­dent­lich frist­los und hilfs­wei­se or­dent­lich zum nächst zulässi­gen Ter­min im We­ge der Ver­dachtskündi­gung.

Den Kündi­gun­gen liegt im We­sent­li­chen fol­gen­der Sach­ver­halt zu­grun­de:

Der Ehe­mann der Kläge­rin „pos­te­te“ im …2011 auf sei­ner In­ter­net­sei­te bei dem so­zia­len Netz­werk „Face­book“ fol­gen­de Ein­tra­gun­gen: „Hab ge­ra­de mein Spar­kas­sen-Schwein auf R.-T. ge­tauft“ …. „Na­ja, ir­gend­wann ste­hen al­le Schwei­ne vor ei­nem Metz­ger“. R. und T. sind die Vor­na­men der Vorstände der Be­klag­ten. Der Ehe­mann der Kläge­rin veröffent­lich­te auf die­ser Sei­te zu­dem ei­ne pik­to­gra­phi­sche Fisch­dar­stel­lung, bei der das Mit­telstück des Fi­sches durch das Spar­kas­sen­sym­bol dar­ge­stellt ist. Ne­ben dem Pik­to­gramm be­fand sich die An­mer­kung „Un­ser Fisch stinkt vom Kopf“. Die Face­book-Sei­te des Ehe­man­nes der Kläge­rin war für 155 „Freun­de“, u.a. auch zahl­rei­che Mit­ar­bei­ter und Kun­den der Be­klag­ten, ein­seh­bar. Un­ter dem Fisch­pik­to­gramm be­fand sich mit dem Kom­men­tar „gefällt mir“ der Na­me der Kläge­rin.

Die Be­klag­te er­hielt im … 2011 – der ge­naue Zeit­punkt ist zwi­schen den Par-tei­en strei­tig - ei­nen an­ony­men Brief mit ei­nem Aus­druck der dar­ge­stell­ten Face­book-Sei­te des Ehe­man­nes der Kläge­rin. Mit Schrei­ben vom 00.00.2011 for­der­te sie die Kläge­rin, die zu die­sem Zeit­punkt ar­beits­unfähig er­krankt war, auf, bis zum 00.00.2011 zu den Ein­tra­gun­gen auf der Face­book-Sei­te ih­res Ehe­man­nes Stel­lung zu neh­men. Un­mit­tel­bar nach Zu­gang die­ses Schrei­bens wur­den die frag­li­chen Ein­tra­gun­gen gelöscht. In der Zeit vom 00. bis 00.00.2011 führ­te die Be­klag­te Gespräche mit dem da­ma­li­gen Rechts­an­walt der Kläge­rin mit dem Ziel der ein­ver­nehm­li­chen Bei­le­gung der An­ge­le­gen­heit. Am 00.00.2011 setz­te die Be­klag­te der Kläge­rin ei­ne Nach­frist zur Stel­lung­nah­me bis zum 00.00.2011, wor­auf­hin die Kläge­rin mit Schrei­ben vom
00.00.2011 zu den Vorwürfen Stel­lung nahm. Dar­in ver­si­cher­te sie – auch im Na­men ih­res Ehe­man­nes – es zu un­ter­las­sen, „Ein­träge in die­ser oder in ei­ner ab­ge­wan­del­ten Form in so­zia­le Netz­wer­ken ein­zu­stel­len“. Im Übri­gen wird auf die Stel­lung­nah­me der Kläge­rin vom 00.00.2011 (Bl. 30 d. A.) ver­wie­sen.

Die Be­klag­te hörte den in ih­rem Be­trieb be­ste­hen­den Per­so­nal­rat am 00.00.2011 zur be­ab­sich­tig­ten außer­or­dent­li­chen Kündi­gung der Kläge­rin an. Am glei­chen Tag teil­te sie dem Per­so­nal­rat un­ter dem Be­treff „Mit­be­stim­mung gemäß § 67 Abs. 1 LPVG Sach­sen-An­halt …“ mit, dass sie be­ab­sich­ti­ge, der Kläge­rin zusätz­lich ei­ne hilfs­wei­se or­dent­li­che Kündi­gung aus­zu­spre­chen. Den Schrei­ben wa­ren je­weils die Anhörung vom 00.00.2011, die Frist­set­zung vom 00.00.2011, die Stel­lung­nah­me der Kläge­rin vom 00.00.2011 so­wie der Aus­druck der Face­book-Sei­ten des Ehe­man­nes der Kläge­rin bei­gefügt. We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten wird auf die an den Per­so­nal­rat ge­rich­te­ten Schrei­ben vom 00.00.2011 (Bl. 69, 70 d. A.) Be­zug ge­nom­men. Der Per­so­nal­rat stimm­te den Kündi­gun­gen mit Schrei­ben vom 00.00.2011 zu.

Mit ih­rer am 00.00.2011 bei dem Ar­beits­ge­richt Des­sau-Roßlau ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge wen­det sich die Kläge­rin ge­gen die Kündi­gun­gen der Be­klag­ten vom 00.00.2011. Sie meint, Gründe, die die frist­lo­se Kündi­gung des Ar­beits-verhält­nis­ses recht­fer­ti­gen könn­ten, sei­en nicht ge­ge­ben. Die frist­gemäße Kündi­gung sei so­zi­al nicht ge­recht­fer­tigt. Sie be­strei­tet im Übri­gen die ord­nungs­gemäße Be­tei­li­gung des Per­so­nal­ra­tes vor Aus­spruch der Kündi­gun­gen mit Nicht­wis­sen.

Die Kläge­rin be­haup­tet, den „Gefällt-mir-But­ton“ un­ter dem Fisch-Pik­to­gramm auf der Face­book-Sei­te ih­res Ehe­man­nes ha­be nicht sie selbst son­dern mögli­cher­wei­se ihr Ehe­mann betätigt. Da­zu sei er in der La­ge, da sie ih­ren jet­zi­gen al­lei­ni­gen Ac­count bis … 2011 mit ih­rem Ehe­mann ge­mein­sam ge­nutzt ha­be und die­ser auch wei­ter­hin über den in­zwi­schen nur noch von der Kläge­rin ge­nutz­ten Ac­count Kom­men­ta­re un­ter dem Na­men der Kläge­rin bei Face­book ab­ge­ben könne. Ihr Ehe­mann ha­be so­wohl das Fisch-Pik­to­gramm als auch den Ein­trag, sein Spar­kas­sen­schwein „R.-T.“ ge­tauft zu ha­ben, oh­ne Wis­sen und Bil­li­gung der Kläge­rin auf sei­ner Face­book-Sei­te veröffent­licht. Die Zu­ord­nung des Dop­pel­vor­na­mens auf die bei­den Vorstände der be­klag­ten Spar­kas­se sei für ei­nen ob­jek­ti­ven Drit­ten al­ler­dings nicht möglich. Das Fisch-Pik­to­gramm stel­le nur ei­ne all­ge­mein ge­hal­te­ne Sa­ti­re in Be­zug auf das be­kann­te Mar­ken­zei­chen der Spar­kas­se oh­ne nähe­re In­di­vi­dua­li­sier­bar­keit ei­ner kon­kre­ten In­sti­tu­ti­on oder ei­ner natürli­chen Per­son dar.

Die Kläge­rin meint, die Be­klag­te ha­be die Zwei-Wo­chen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht ge­wahrt, da ihr Ehe­mann die strei­ti­gen Ein­tra­gun­gen bei Face­book be­reits am 00.00.2011 vor­ge­nom­men ha­be und die Be­klag­te von die­sen da­her ver­mut­lich nicht erst im … 2011 Kennt­nis er­langt ha­be. Der Be­klag­ten sei es auch zu­mut­bar, die Kläge­rin bis zum 00.00.2012 wei­ter­zu­beschäfti­gen, da sie seit dem 00.00.2011 nur noch un­ter­ge­ord­ne­te Tätig­kei­ten oh­ne di­rek­te Zu­sam­men­ar­beit mit dem Vor­stand der Be­klag­ten ausübe.

Die Kläge­rin hat zunächst be­an­tragt, fest­zu­stel­len, „dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en nicht durch die Kündi­gun­gen der Be­klag­ten vom 08. De­zem­ber 2011 be­en­det wird“.

Die Kläge­rin be­an­tragt nun­mehr,

fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en durch die Kündi­gun­gen der Be­klag­ten vom 08. De­zem­ber 2011 nicht auf­gelöst ist.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Sie be­haup­tet, sie ha­be erst am 00.00.2011 durch den Zu­gang des an­ony­men Brie­fes Kennt­nis von den frag­li­chen Face­book-Ein­tra­gun­gen er­hal­ten.

Die Be­klag­te meint, die Kläge­rin ha­be mit dem zunächst ge­stell­ten Kla­ge­an­trag in­ner­halb der Kla­ge­frist nur die hilfs­wei­se frist­gemäß erklärten und nicht die frist­lo­sen Kündi­gun­gen an­ge­grif­fen, da ihr An­trag („be­en­det wird“) al­lein auf ei­nen in der Zu­kunft lie­gen­den Be­en­di­gungs­zeit­punkt ge­rich­tet ge­we­sen sei. Nicht be­an­tragt ha­be die Kläge­rin hin­ge­gen die Fest­stel­lung, dass das Ar­beits­verhält­nis durch die frist­lo­sen Kündi­gun­gen nicht be­en­det „wur­de“.

Die Be­klag­te meint, das Fisch­pik­to­gramm stel­le ei­nen An­griff auf das An­se­hen der Spar­kas­se und da­mit ei­ne Be­lei­di­gung der Be­klag­ten dar, wel­che sich die Kläge­rin („gefällt mir“) zu­ei­gen ge­macht ha­be. Durch ih­re Stel­lung­nah­me vom 00.00.2011 ha­be die Kläge­rin die da­durch ent­stan­de­ne er­heb­li­che Erschütte­rung des Ver­trau­ens­verhält­nis­ses ge­genüber der Be­klag­ten zu­dem nicht aus­geräumt son­dern noch ver­tieft, da sie die Äußerun­gen ih­res Ehe­gat­ten nicht be­dau­ert son­dern mit nicht nach­voll­zieh­ba­ren Aus­le­gungs­ver­su­chen ba­ga­tel­li­siert und da­mit ge­bil­ligt ha­be. Sie ha­be we­der glaub­haft erklärt, die Ein­tra­gung „gefällt mir“ nicht selbst vor­ge­nom­men zu ha­ben, noch sich ein­deu­tig von den Äußerun­gen ih­res Ehe­man­nes dis­tan­ziert, so dass sich der Ver­dacht erhärte, dass sie über die Ak­ti­vitäten ih­res Ehe­man­nes in­for­miert ge­we­sen sei und die­se befürwor­tet ha­be. Die Kündi­gung sei da­her hilfs­wei­se als Ver­dachtskündi­gung be­gründet. Ei­ne ver­trau­ens­vol­le Zu­sam­men­ar­beit sei – ins­be­son­de­re im Hin­blick auf das be­son­de­re Tätig­keits­feld der Kläge­rin – nicht mehr möglich.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des wird auf die zwi­schen den Par­tei­en ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen, die Ge­gen­stand der münd­li­chen Ver­hand­lung wa­ren, Be­zug ge­nom­men.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässi­ge Kla­ge ist be­gründet. Die Kündi­gun­gen der Be­klag­ten vom 00.00.2011 ha­ben das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en we­der frist­los noch frist­gemäß be­en­det.

I. Die Kläge­rin hat sich recht­zei­tig in­ner­halb der Kla­ge­frist der §§ 4 S. 1, 13 Abs.1 S. 2 KSchG ge­gen die frist­lo­sen so­wie die hilfs­wei­se frist­gemäß aus­ge­spro­che­nen Kündi­gun­gen vom 00.00.2011 ge­wandt. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten hat die Kläge­rin auch die frist­lo­sen Kündi­gun­gen vom 00.00.2011 mit der Kla­ge vom 00.00.2011 recht­zei­tig an­ge­grif­fen, so dass auch die­se Kündi­gun­gen nicht be­reits nach § 7 1. HS KSchG als von An­fang an rechts­wirk­sam gel­ten.

1. Will ein Ar­beit­neh­mer gel­tend ma­chen, dass ei­ne Kündi­gung so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt oder aus an­de­ren Gründen rechts­un­wirk­sam ist, so muss er in­ner­halb von drei Wo­chen nach Zu­gang der schrift­li­chen Kündi­gung Kla­ge beim Ar­beits­ge­richt auf Fest­stel­lung er­he­ben, dass das Ar­beits­verhält­nis durch die Kündi­gung nicht auf­gelöst ist (§ 4 S. 1 KSchG). Wird die Rechts­un­wirk­sam­keit ei­ner Kündi­gung nicht recht­zei­tig gel­tend ge­macht, gilt die Kündi­gung als von An­fang an rechts­wirk­sam (§ 7 1. HS KSchG). Da die Kündi­gungs­schutz­kla­ge nach § 4 KSchG dar­auf ge­rich­tet ist, ei­ne oder meh­re­re be­stimm­te schrift­li­che Kündi­gun­gen auf ih­re Wirk­sam­keit hin zu über­prüfen, setzt die Be­stimmt­heit des Kla­ge­an­tra­ges ent­spre­chend § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vor­aus, dass die mit der Kla­ge an­ge­grif­fe­ne Kündi­gungs­erklärung hin­rei­chend kon­kret be­zeich­net wird. Der An­trag der Kündi­gungs­schutz­kla­ge muss dem vom Ge­setz­ge­ber in § 4 S. 1 KSchG vor­ge­ge­be­nen In­halt ent­spre­chen, „dass das Ar­beits­verhält­nis durch die Kündi­gung nicht auf­gelöst ist“.

Wird die Kündi­gungs­schutz­kla­ge nicht mit die­sem kon­kre­ten An­trag er­ho­ben, ist sie aus­zu­le­gen, wo­bei der Wort­laut des An­trags hin­ter Sinn und Zweck der Erklärung zurück­zu­tre­ten hat. Ent­schei­dend ist der geäußer­te Par­tei­wil­le, wie er aus der Kla­ge­schrift und den sons­ti­gen Umständen er­kenn­bar wird. Da­bei ist ge­ra­de im ar­beits­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren ein großzügi­ger Maßstab an­zu­le­gen (vgl. BAG, Urt. v. 13.12.2007- 2 AZR 818/06 Rz. 29 m. w. N.). Bei der Aus­le­gung des An­tra­ges kommt es maßgeb­lich dar­auf an, ob für den Ar­beit­ge­ber aus der Kla­ge­schrift hin­rei­chend er­kenn­bar wird, wel­chen Be­en­di­gungs­tat­be­stand der Ar­beit­neh­mer an­grei­fen will. Ist durch ei­ne Kla­ge­er­he­bung si­cher­ge­stellt, dass der Ar­beit­ge­ber in­ner­halb der Frist des § 4 KSchG er­ken­nen kann, wel­che Kündi­gung vom Ar­beit­neh­mer an­ge­grif­fen wird, kommt es nicht mehr dar­auf an, wel­che For­mu­lie­rung der Ar­beit­neh­mer sei­nem Kla­ge­an­trag ge­ge­ben hat (vgl. BAG, Urt. v. 12.05.2005 - 2 AZR 426/04 Rz. 27 m. w. N.). Hat der Ar­beit­ge­ber meh­re­re Kündi­gun­gen aus­ge­spro­chen, reicht es des­halb aus, wenn die Kla­ge ein­deu­tig er­ken­nen lässt, dass sich der Ar­beit­neh­mer nicht nur ge­gen ei­ne von meh­re­ren Kündi­gun­gen son­dern ge­gen den ge­sam­ten Kündi­gungs­vor­gang zur Wehr set­zen will (vgl. BAG, Urt. v. 06.09.2007 - 2 AZR 264/06 Rz. 40, zit. nach Ju­ris).

2. Un­ter Berück­sich­ti­gung die­ser Grundsätze hat die Kläge­rin mit ih­rer am 00.00.2011 er­ho­be­nen Kla­ge al­le in dem Kündi­gungs­schrei­ben vom 00.00.2011 erklärten Kündi­gun­gen frist­ge­recht nach §§ 4 S. 1, 13 Abs. 1 S. 2 KSchG bin­nen drei Wo­chen nach ih­rem Zu­gang an­ge­grif­fen. Die Kla­ge war nicht nur ge­gen die frist­gemäßen son­dern auch ge­gen die frist­lo­sen Kündi­gun­gen vom 00.00.2011 ge­rich­tet.

Zwar hat die Kläge­rin mit der Kla­ge nicht den in § 4 KSchG vor­ge­se­he­nen An­trag („durch die Kündi­gung nicht auf­gelöst ist“) an­gekündigt son­dern dar­auf ab­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis durch „die Kündi­gun­gen der Be­klag­ten“ nicht „be­en­det wird“, was sprach­lich als El­lip­se des fu­tu­risch ge­mein­ten „be­en­det wer­den wird“ zu ver­ste­hen ist. Der Kla­ge­be­gründung ist gleich­wohl ein­deu­tig zu ent­neh­men, dass sie sich nicht nur ge­gen den zukünf­tig wir­ken­den Be­en­di­gungs­tat­be­stand der frist­gemäßen Kündi­gun­gen son­dern auch und ge­ra­de ge­gen die mit den frist­lo­sen Kündi­gun­gen be­ab­sich­tig­te so­for­ti­ge Be­en­di­gung ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses wen­den woll­te, wo­bei sie so­wohl die je­weils aus­ge­spro­che­ne Tatkündi­gung als auch die Ver­dachtskündi­gung an­grei­fen woll­te. Denn die Kläge­rin be­strei­tet in der Kla­ge aus­drück­lich das „Vor­lie­gen von Gründen, die ei­ne frist­lo­se oder frist­ge­rech­te Kündi­gung so­wie ei­ne Ver­dachtskündi­gung recht­fer­ti­gen könn­ten“ und rügt die Nicht­wah­rung der sich aus § 626 Abs. 2 BGB er­ge­ben­den Zwei-Wo­chen-Frist. Da­durch kommt deut­lich zum Aus­druck, dass sie die mit Schrei­ben vom 00.00.2011 erklärten Kündi­gun­gen in vol­lem Um­fang an­grei­fen will. Dass die Kla­ge auch ge­gen die frist­lo­sen Kündi­gun­gen ge­rich­tet sein soll­te, war für den Ar­beit­ge­ber da­mit aus der Kla­ge ein­deu­tig er­kenn­bar, zu­mal die Gel­tend­ma­chung der Un­wirk­sam­keit der frist­gemäßen Kündi­gung ins Lee­re gin­ge, wenn die zu­vor wir­ken­den frist­lo­sen Kündi­gun­gen nicht zu­gleich Ge­gen­stand des Kla­ge­ver­fah­rens wer­den würden.

II. Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en ist durch die Kündi­gun­gen der Be­klag­ten vom 00.00.2011 nicht frist­los be­en­det wor­den. We­der die von der Be­klag­ten aus­ge­spro­che­ne frist­lo­se Tatkündi­gung noch die frist­lo­se Ver­dachtskündi­gung ha­ben das Ar­beits­verhält­nis mit so­for­ti­ger Wir­kung be­en­det.

Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Ar­beits­verhält­nis von je­dem Ver­trags­teil aus wich­ti­gem Grund oh­ne Ein­hal­tung ei­ner Kündi­gungs­frist gekündigt wer­den, wenn Tat­sa­chen vor­lie­gen, auf­grund de­rer dem Kündi­gen­den un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Ein­zel­fal­les und un­ter Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le die Fort­set­zung des Dienst­verhält­nis­ses bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist oder bis zu der ver­ein­bar­ten Be­en­di­gung des Dienst­verhält­nis­ses nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann. Der Kündi­gungs­grund kann auf ei­ner Störung im Leis­tungs­be­reich, im Be­reich der be­trieb­li­chen Ver­bun­den­heit al­ler Mit­ar­bei­ter, im persönli­chen Ver­trau­ens­be­reich der Ver­trags­part­ner oder im Un­ter­neh­mens­be­reich be­gründet sein. Zu dem persönli­chen Ver­trau­ens­be­reich gehört auch die Pflicht des Ar­beit­neh­mers, auf die In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers Rück­sicht zu neh­men und sei­ne schutzwürdi­gen In­ter­es­sen zu wah­ren. Da­bei wird von ei­nem Ar­beit­neh­mer in lei­ten­der Stel­lung ein höhe­res Maß an Loya­lität als von ei­nem un­ter­ge­ord­ne­ten Mit­ar­bei­ter er­war­tet. Auch bei Verstößen ge­gen die Pflicht zu loya­lem Ver­hal­ten ist je­doch grundsätz­lich vor Aus­spruch ei­ner Kündi­gung ei­ne Ab­mah­nung er­for­der­lich, um den Ar­beit­neh­mer auf den pflicht­wid­ri­gen Cha­rak­ter sei­nes Ver­hal­tens hin­zu­wei­sen, so­fern nicht im Ein­zel­fall aus­rei­chen­der Grund zu der An­nah­me be­steht, der Ar­beit­neh­mer wer­de sein Ver­hal­ten nicht ändern und wei­se da­mit ei­nen dau­ern­den und nicht be­heb­ba­ren Eig­nungs­man­gel auf.

1. So­weit die Be­klag­te die frist­lo­se Kündi­gung vom 00.00.2011 auf die von dem Ehe­mann der Kläge­rin bei Face­book „ge­pos­te­ten“ Erklärun­gen („Un­ser Fisch stinkt vom Kopf“ und „Ich ha­be mein Spar­kas­sen-Schwein R.-T. ge-tauft“) stützt, sind die­se Ak­ti­vitäten ih­res Ehe­man­nes nicht ge­eig­net, die frist­lo­se Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses der Kläge­rin zu recht­fer­ti­gen, da die Kläge­rin grundsätz­lich kei­ne Ver­ant­wor­tung für von ih­rem Ehe­mann ab­ge­ge­be­ne Stel­lung­nah­men trägt. Die Kläge­rin könn­te aus dem Ar­beits­verhält­nis al­len­falls ei­ne Pflicht tref­fen, auf ih­ren Ehe­mann mit der Maßga­be ein­zu­wir­ken, Äußerun­gen zu un­ter­las­sen, die das Un­ter­neh­men ih­res Ar­beit­ge­bers schädi­gen. Ei­ne der­ar­ti­ge Pflicht­ver­let­zung steht vor­lie­gend je­doch nicht in Re­de, da die frag­li­chen Face­book-Ein­träge, nach­dem die Kläge­rin mit ih­nen kon­fron­tiert wor­den war, un­mit­tel­bar von der In­ter­net­sei­te ih­res Ehe­man­nes ent­fernt wur­den und zu ver­mu­ten ist, dass die Kläge­rin ih­re Löschung ver­an­lasst hat. Ei­ne Pflicht­ver­let­zung ist ihr in die­sem Zu­sam­men­hang nicht zur Last zu le­gen.

2. Auch der Vor­wurf der Be­klag­ten, die Kläge­rin ha­be un­ter dem Fisch-Pik­to­gramm der Be­klag­ten („Un­ser Fisch stinkt vom Kopf“) auf der Face­book-Sei­te ih­res Ehe­man­nes den „Gefällt-mir“-But­ton ge­drückt, recht­fer­tigt die frist­lo­se Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses we­der als Tat- noch als Ver­dachtskündi­gung.

a) So­weit die Be­klag­te be­haup­tet, nicht ihr Ehe­mann son­dern die Kläge­rin selbst ha­be den „Gefällt-mir“-But­ton betätigt, hat die Be­klag­te die­se von der Kläge­rin be­strit­te­ne Be­haup­tung nicht un­ter Be­weis ge­stellt. Da sie für das Vor­lie­gen des Kündi­gungs­grun­des die Be­weis­last trifft, geht das feh­len­de Be­weis­an­ge­bot zu ih­ren Las­ten, so dass die Be­klag­te die Tatkündi­gung mit die­sem Vor­wurf nicht be­gründen kann.

b) Dass die Kläge­rin den „Gefällt-mir-But­ton“ mögli­cher­wei­se sel­ber ge­drückt ha­ben könn­te, recht­fer­tigt auch nicht den Aus­spruch ei­ner frist­lo­sen Ver­dachtskündi­gung. Die­se ist grundsätz­lich nur ge­recht­fer­tigt, wenn sich ein drin­gen­der Ver­dacht aus ob­jek­ti­ven, im Zeit­punkt der Kündi­gung vor­lie­gen­den Umständen er­gibt und die über­wie­gen­de Wahr­schein­lich­keit be­gründet, der Verdäch­ti­ge ha­be die Pflicht­wid­rig­keit be­gan­gen. Bloße, auf Ver­mu­tun­gen gestütz­te Verdäch­ti­gun­gen rei­chen dafür nicht aus (vgl. BAG, Urt. v. 10.02.2005 – 2 AZR 189/04, zit. nach Ju­ris).

Die­sen An­for­de­run­gen ei­ner Ver­dachtskündi­gung hält der Vor­trag der Be­klag­ten nicht stand. So­weit die Be­klag­te die Ver­dachtskündi­gung da­mit be­gründet, die Kläge­rin ha­be den „Gefällt-mir-But­ton“ sel­ber betätigt, da er über ih­ren Ac­count aus­gelöst wor­den sei, hat die Kläge­rin die­sen Ver­dacht durch die un­wi­der­spro­che­ne Dar­le­gung ent­kräftet, auch ihr Ehe­mann ha­be Zu­gang zu ih­rer Face­book-Sei­te und ha­be den But­ton betätigt. So­weit die Be­klag­te der Kläge­rin fer­ner vor­wirft, sie ha­be sich in ih­rer Stel­lung­nah­me vom 00.00.2011 nicht ein­deu­tig von den Äußerun­gen ih­res Ehe­man­nes dis­tan­ziert, so dass sich der Ver­dacht erhärte, dass sie über die Ak­ti­vitäten ih­res Ehe­man­nes in­for­miert ge­we­sen sei und die­se befürwor­tet ha­be, be­gründet auch dies kei­nen drin­gen­den Tat­ver­dacht ge­genüber der Kläge­rin, der die Ver­dachtskündi­gung recht­fer­ti­gen könn­te. Denn die Äußerun­gen der Kläge­rin in ih­rer Stel­lung­nah­me bie­ten kei­nen hin­rei­chen­den An­lass zu der An­nah­me, sie ha­be den „Gefällt-mir-But­ton“ selbst ge­drückt. Dass die Kläge­rin sich nach Auf­fas­sung der Be­klag­ten in die­ser Stel­lung­nah­me ver­hal­ten aus­drückt und die (ge­gen ih­ren Ehe­mann er­ho­be­nen) Vorwürfe „ba­ga­tel­li­siert“, dien­te nach dem Vor­trag der Kläge­rin in der münd­li­chen Ver­hand­lung dem Schutz ih­res Ehe­man­nes in Hin­blick auf ei­ne von der Be­klag­ten an­gekündig­te Straf­ver­fol­gung und ist ihr in­so­weit nicht vor­zu­wer­fen. Ih­re Äußerun­gen sind nicht ge­eig­net, ei­nen drin­gen­den Tat­ver­dacht zu Las­ten der Kläge­rin zu be­gründen.

Un­abhängig da­von wäre es aber auch zwei­fel­haft, ob die in der Betäti­gung des „Gefällt-mir-But­tons“ lie­gen­de ein­ma­li­ge Pflicht­ver­let­zung ge­eig­net wäre, die frist­lo­se Kündi­gung des seit 25 Jah­ren be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis­ses zu recht­fer­ti­gen.

Zwar wäre es als ei­ne Loya­litäts­pflicht­ver­let­zung ge­genüber der Be­klag­ten an­zu­se­hen, wenn die Kläge­rin dem von ih­rem Ehe­mann „ge­pos­te­ten“ Fisch­pik­to­gramm öffent­lich zu­ge­stimmt hätte. Die Kläge­rin durf­te nicht dar­auf ver­trau­en, dass ei­nem über Face­book ver­brei­te­ten State­ment der Cha­rak­ter ei­nes „ver­trau­li­chen Gespräches“ un­ter „Freun­den“ oder Ar­beits­kol­le­gen zu­kom­men würde. Bei ei­ner auf ei­ner In­ter­net-Platt­form getätig­ten Aus­sa­ge kann nicht von ei­ner ver­trau­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­on die Re­de sein. Da­bei macht es kei­nen Un­ter­schied, ob ein „Pos­ting“ über den öffent­li­chen oder den so ge­nann­ten pri­va­ten Be­reich er­folgt. Da ein Face­book-Nut­zer im­mer mit ei­ner „Veröffent­li­chung“ rech­nen muss, auch wenn er über sei­nen pri­va­ten Face­book-Ac­count ab­wer­ten­de Äußerun­gen ver­brei­tet, und das Recht der frei­en Mei­nungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 GG we­der For­mal­be­lei­di­gun­gen noch bloße Schmähun­gen schützt, wäre die öffent­lich getätig­te Äußerung „Un­ser Fisch stinkt vom Kopf“ nicht dem Schutz­be­reich des Art. 5 Abs. 1 GG zu­zu­ord­nen und die öffent­lich erklärte Zu­stim­mung der Kläge­rin da­mit als Loya­litäts­pflicht­ver­let­zung ge­genüber der Be­klag­ten an­zu­se­hen.

Die­se Pflicht­ver­let­zung wäre – auch wenn die Kläge­rin den „Gefällt-mir“-But­ton selbst ge­drückt hätte - gleich­wohl nicht ge­eig­net, die frist­lo­se Kündi­gung des seit 25 Jah­ren un­be­an­stan­det be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis­ses zu recht­fer­ti­gen. Der in Re­de ste­hen­de, ein­ma­li­ge Ver­s­toß der Kläge­rin würde der Be­klag­ten die Fort­set­zung des oh­ne­hin zum 00.00.2012 en­den­den Ar­beits­verhält­nis­ses nicht un­zu­mut­bar ma­chen. Die in­so­weit er­for­der­li­che ne­ga­ti­ve Pro­gno­se wei­te­rer Pflicht­ver­let­zun­gen wäre nur dann zu be­ja­hen, wenn aus der kon­kre­ten Ver­trags­pflicht­ver­let­zung und der dar­aus re­sul­tie­ren­den Ver­tragsstörung ge­schlos­sen wer­den könn­te, dass die Kläge­rin den Ar­beits­ver­trag auch zukünf­tig er­neut in glei­cher Wei­se ver­let­zen wer­de (vgl. BAG, Urt. v. 13.12.2007 - 2 AZR 818/06 Rnr. 37, AP Nr. 64 zu § 4 KSchG 1969). Dafür gibt es vor­lie­gend al­ler­dings kei­ne An­halts­punk­te, da die Kläge­rin nach Zu­gang der Anhörung vom 00.00.2011 für die so­for­ti­ge Löschung des frag­li­chen Pos­tings auf der Face­book-Sei­te ih­res Ehe­man­nes Sor­ge ge­tra­gen und darüber hin­aus in ih­rer Stel­lung­nah­me vom 00.00.2011 aus­drück­lich ver­si­chert hat, es zukünf­tig zu un­ter­las­sen, Ein­träge in die­ser oder in ei­ner ab­ge­wan­del­ten Form in so­zia­le Netz­wer­ke ein­zu­stel­len. Ei­ne Wie­der­ho­lungs­ge­fahr wäre da­mit zum Zeit­punkt des Aus­spruchs der frist­lo­sen Kündi­gung am 00.00.2011 nicht er­kenn­bar ge­we­sen. Das Betäti­gen des „Gefällt-mir“-But­tons wenn es der Kläge­rin nach­zu­wei­sen ge­we­sen wäre – hätte da­mit al­len­falls ei­ne Ab­mah­nung ge­recht­fer­tigt.

Dies gilt auch, so­weit die Be­klag­te be­haup­tet, ihr Ver­trau­en in die Kläge­rin sei durch die dar­ge­stell­ten Vorgänge tief­grei­fend zerstört. Selbst wenn die Kläge­rin den frag­li­chen But­ton sel­ber ge­drückt hätte, wäre zu berück­sich­ti­gen, dass die Betäti­gung die­ses But­tons bei Face­book-Nut­zern in der Re­gel ei­ne spon­ta­ne Re­ak­ti­on oh­ne nähe­re Über­le­gung dar­stellt und in ih­rem Be­deu­tungs­ge­halt nicht zu hoch ein­geschätzt wer­den soll­te. Ei­ne Rufschädi­gung der Be­klag­ten oder ein An­se­hens­ver­lust dürf­te durch die „Gefällt mir“-Kom­men­tie­rung tatsächlich auch nicht ein­ge­tre­ten sein. Ob und in­wie­weit die mögli­cher­wei­se kri­ti­sche Ein­stel­lung der Kläge­rin zu den Vorständen der Be­klag­ten ge­eig­net wäre, die tägli­che Ar­beit der Kläge­rin in der noch ver­blei­ben­den Zeit bis zum 00.00.2012 kon­kret zu be­ein­träch­ti­gen, ist den Ausführun­gen der Be­klag­ten nicht zu ent­neh­men. Oh­ne der­ar­ti­ge kon­kre­te Gefähr­dun­gen oder Be­ein­träch­ti­gun­gen ist der von den Vorständen der Be­klag­ten emp­fun­de­ne Ver­trau­ens­ver­lust zur Be­gründung ei­ner frist­lo­sen Kündi­gung je­doch nicht ge­eig­net.

3. So­weit die Be­klag­te der Kläge­rin fer­ner vor­wirft, sie ha­be durch ih­re Stel-lung­nah­me vom 00.00.2011 die er­heb­li­che Erschütte­rung des Ver­trau­ens­verhält­nis­ses ge­genüber der Be­klag­ten nicht aus­geräumt son­dern die­se noch ver­tieft, da sie die Äußerun­gen ih­res Ehe­man­nes nicht be­dau­ert son­dern mit nicht nach­voll­zieh­ba­ren Aus­le­gungs­ver­su­chen ba­ga­tel­li­siert und da­mit ge­bil­ligt ha­be, kann sich die Be­klag­te auf die­sen Kündi­gungs­grund schon des­halb nicht be­ru­fen, da sie den Per­so­nal­rat vor Aus­spruch der Kündi­gung zu die­sem Kündi­gungs­grund nicht an­gehört hat. Denn in ih­rem Anhörungs­schrei­ben vom 00.00.2011 be­nann­te die Be­klag­te als Kündi­gungs­grund „Äußerun­gen im so­zia­len Netz­werk Face­book, wel­che dem An­se­hen der Spar­kas­se W. so­wie dem An­se­hen des Vor­stan­des scha­den können und da­mit ver­bun­de­ner Ver-trau­ens­bruch in der Zu­sam­men­ar­beit mit dem Vor­stand“. Dass die Be­klag­te in der schrift­li­chen Stel­lung­nah­me der Kläge­rin vom 00.00.2011 ei­nen wei­te­ren Ver­trau­ens­bruch und da­mit ei­nen wei­te­ren Kündi­gungs­grund sieht, hat sie dem Per­so­nal­rat da­mit nicht mit­ge­teilt, so dass es ihr ver­wehrt ist, sich im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren auf die­sen Grund zu be­zie­hen. Un­abhängig da­von, wären die von der Kläge­rin in ih­rer Stel­lung­nah­me geäußer­ten Erklärungs­ver­su­che aus den be­reits dar­ge­leg­ten Gründen aber auch nicht ge­eig­net, die frist­lo­se Kündi­gung zu recht­fer­ti­gen. Da die Kläge­rin für die Face­book-Ein­tra­gun­gen ih­res Ehe­man­nes kei­ne Ver­ant­wor­tung trägt, traf sie auch kei­ne Pflicht, das Ver­hal­ten ih­res Ehe­man­nes ge­genüber der Be­klag­ten aus­drück­lich zu be­dau­ern.

II. Die Kündi­gun­gen der Be­klag­ten vom 00.00.2011 ha­ben das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en auch nicht frist­gemäß be­en­det.

1. Auf das Ar­beits­verhält­nis fin­det der Ers­te Ab­schnitt des Kündi­gungs­schutz­ge­set­zes (KSchG) An­wen­dung, da im Be­trieb der Be­klag­ten re­gelmäßig mehr als zehn Ar­beit­neh­mer voll­zei­tig tätig sind und das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en länger als sechs Mo­na­te be­steht (vgl. §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG).

Die Kündi­gun­gen sind nicht so­zi­al ge­recht­fer­tigt i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG. Sie sind ins­be­son­de­re - wie be­reits dar­ge­legt - nicht durch Gründe, die im Ver­hal­ten der Kläge­rin lie­gen, be­dingt. Da auch für ei­ne frist­gemäße ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung grundsätz­lich das Pro­gno­se­prin­zip gilt, wäre auch das in­so­weit der Kläge­rin even­tu­ell al­lein vor­werf­ba­re Drücken des „Gefällt-mir“-But­tons oh­ne vor­an­ge­gan­ge­ne Ab­mah­nung nicht ge­eig­net, die frist­gemäße Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses zu recht­fer­ti­gen. In­so­weit wird zur Be­gründung – auch hin­sicht­lich der frist­gemäßen Ver­dachtskündi­gung - auf die obi­gen Ausführun­gen ver­wie­sen.

2. Darüber hin­aus gin­ge die frist­gemäße Kündi­gung zum 00.00.2012 aber auch ins Lee­re, da das Ar­beits­verhält­nis durch den am 00.00.2011 ge­schlos­se­nen Auf­he­bungs­ver­trag der Par­tei­en be­reits zum 00.00.2012 be­en­det wird, so dass es ei­ner Kündi­gung zu die­sem Zeit­punkt nicht mehr be­darf.

III. Da die Kündi­gun­gen we­der durch ei­nen wich­ti­gen Grund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB be­dingt noch so­zi­al ge­recht­fer­tigt i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG sind, kann es da­hin­ste­hen, ob der Per­so­nal­rat vor Aus­spruch der Kündi­gun­gen ord­nungs­gemäß be­tei­ligt wur­de.

IV. Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus den §§ 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. 91 Abs. 1 ZPO.

V. Der Wert des Streit­ge­gen­stan­des wird gemäß den §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 3, 4 ZPO im Ur­teil fest­ge­setzt und drei Brut­to­mo­nats­gehältern der Kläge­rin be­wer­tet.

Rechts­mit­tel­be­leh­rung

Für die Kläge­rin ist ge­gen die­ses Ur­teil kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.

Die Be­klag­te kann ge­gen die­ses Ur­teil Be­ru­fung ein­le­gen.

Die Be­ru­fung muss in­ner­halb

ei­ner Not­frist* von ei­nem Mo­nat

nach Zu­stel­lung die­ses Ur­teils schrift­lich beim

Lan­des­ar­beits­ge­richt Sach­sen-An­halt
Jus­tiz­zen­trum Hal­le
Thürin­ger Str. 16
06112 Hal­le

ein­ge­legt wer­den. Die Be­ru­fungs­schrift muss das Ur­teil be­zeich­nen, ge­gen das die Be­ru-fung ge­rich­tet wird, und die Erklärung ent­hal­ten, dass ge­gen die­ses Ur­teil Be­ru­fung ein­ge­legt wer­de. Ihr soll fer­ner ei­ne Aus­fer­ti­gung oder be­glau­big­te Ab­schrift des an­ge­foch­te­nen Ur­teils bei­gefügt wer­den.

Sie ist in­ner­halb

ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten nach Zu­stel­lung die­ses Ur­teils

schrift­lich zu be­gründen.

Die Be­ru­fungs­schrift und die Be­ru­fungs­be­gründung müssen von ei­nem bei ei­nem deut­schen Ge­richt zu­ge­las­se­nen Rechts­an­walt un­ter­zeich­net sein. Sie können auch von ei­nem Ver­tre­ter von Ge­werk­schaf­ten oder von Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern oder von Zu­sam­men­schlüssen sol­cher Verbände un­ter­zeich­net wer­den, wenn die­se Ver­tre­ter kraft Sat­zung oder Voll­macht zur Ver­tre­tung be­fugt sind und der Zu­sam­men­schluss, der Ver­band oder de­ren Mit­glie­der Par­tei sind.

Auf die Möglich­keit der Ein­rei­chung elek­tro­ni­scher Do­ku­men­te bei dem Lan­des­ar­beits­ge­richt Sach­sen-An­halt nach der Ver­ord­nung über den elek­tro­ni­schen Rechts­ver­kehr bei den Ge­rich­ten und Staats­an­walt­schaf­ten des Lan­des Sach­sen-An­halt (ERV­VO LSA) vom 01.10.2007 (GVBl. LSA 2007, S. 330) in der Fas­sung der Ände­rungs­ver­ord­nung vom 04.02.2011 (GVBl. LSA 2011, S. 65) wird hin­ge­wie­sen. Die be­son­de­ren tech­ni­schen Teil­nah­me­vor­aus­set­zun­gen für den elek­tro­ni­schen Rechts­ver­kehr können un­ter der fol­gen­den Adres­se ab­ge­ru­fen wer­den:
www.mj.sach­sen-an­halt.de.

* Ei­ne Not­frist ist un­abänder­lich und kann nicht verlängert wer­den.

Hoff­mann
Di­rek­to­rin des Ar­beits­ge­richts

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