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LAG Hamm, Urteil vom 06.01.2012, 19 Sa 896/11
Schlagworte: | Arbeitszeitkonto | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Hamm | |
Aktenzeichen: | 19 Sa 896/11 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 06.01.2012 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Iserlohn, Urteil vom 20.04.2011, 1 Ca 1593/10 | |
19 Sa 896/11
1 Ca 1593/10 ArbG Iserlohn
Verkündet am 06.01.2012
RBe Fouzai als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Landesarbeitsgericht Hamm
Im Namen des Volkes
Urteil
In Sachen
hat die 19. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 06.01.2012
durch die Richterin am Arbeitsgericht Kröner als Vorsitzende sowie die ehrenamtlichen Richter Gehrmann und Wolf, A.
für Recht erkannt:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn – 1 Ca 1593/10 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
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Tatbestand
Die Parteien streiten um Überstundenvergütung.
Der Kläger war in der Zeit vom 01.04.1991 bis einschließlich 31.05.2010 bei der Beklagten zunächst als Leiter der Lohnbuchhaltung, später als Personalleiter beschäftigt. Sein zuletzt erzieltes Bruttoentgelt belief sich auf 3.709,74 EUR, wobei es sich hierbei um das Entgelt in der Freistellungsphase der Altersteilzeit handelte; das reine Grundgehalt bezogen auf 17,5 Arbeitsstunden betrug 2.500,63 EUR (vgl. Bl. 8 d.A.).
In § 8 des zwischen den Parteien bestehenden schriftlichen Arbeitsvertrages vom 18.12.1990 (vgl. Bl. 9 ff d.A) fand sich zur Mehrarbeitsvergütung folgende Regelung:
„Im vertretbaren Rahmen zu leistende Überstunden, die sich im Wesentlichen an tarifrechtlichen Bestimmungen ausrichten, werden nicht vergütet. Falls erforderlich, muss im Einzelfall eine diesbezügliche Einigung erzielt werden."
Weder der Kläger noch die Beklagte sind oder waren allerdings tarifgebunden, ein Tarifvertrag fand auf das Arbeitsverhältnis auch nicht etwa durch vertragliche Bezugnahme Anwendung.
Ungeachtet der schriftlich fixierten Regelung wurde die über 35 Wochenstunden hinausgehende Tätigkeit des Klägers bis etwa Beginn/Mitte der 90er Jahre als Mehrarbeit vergütet.
Sodann wurde bei der Beklagten ein Zeiterfassungssystem eingeführt, bei dem jedenfalls die geleisteten Arbeitsstunden saldiert wurden, weitere Einzelheiten hierzu sind zwischen den Parteien streitig.
Ende 2000 bzw. zu Beginn des Jahres 2001 erfolgte eine Änderung des bis dato praktizierten Zeiterfassungssystems, die letztlich alle Mitarbeiter in irgendeiner Weise betraf.
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Mit dem überwiegenden Teil der Belegschaft wurde eine „Zusatzvereinbarung Verfügungszeit-Regelung/-Flexibilisierung der Arbeitszeit" abgeschlossen (vgl. Bl. 202 ff d.A.) und ggf. eine Kompensation für die Vergangenheit vereinbart. Mit einigen wenigen Mitarbeitern, dem sog. A1-Führungskreis, zu dem auch der Kläger gehörte, wurde das offizielle Stundenkonto nicht in bisheriger Form fortgeführt, sondern eine so bezeichnete „besondere Abwicklungsart" vereinbart. Die vom Kläger selbst in seiner Funktion als Personalleiter dazu gezeichnete Aktennotiz vom 13.03.2002 (vgl. Bl. 149 d.A.) hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
„Im Zusammenhang mit der Verfügungszeit-Regelung und offiziellen Einführung ab dem 01.05.2001 hat der A1-Führungskreis / oben aufgeführte Mitarbeiter einer besonderen Abwicklungsart der Verfügungszeit-Regelung für den Führungskreis zugestimmt.
1. Eine Zusatzvereinbarung / Verfügungszeit-Regelung im Sinne der allgemeinen Arbeitnehmer-Eigenschaft für den Führungskreis wurde nicht getroffen bzw. festgelegt.
3. Mit dieser Absprache entsprechend den A1-Protokollen (09.03.; 23.03.; 30.03.2001) wurde das Einverständnis zu dieser besonderen Abwicklungsart erklärt.
4. Jede Führungskraft hat allerdings die Möglichkeit, im Rahmen seiner Stunden-Mehrleistung (die ja jeder persönlich kennt und überschauen kann) auch für Fehlzeiten / Fehltage Verfügungszeit (Stunden) / Verfügungstage – bei Guthaben einzusetzen.
5. Aus genannten Gründen wird kein Stundenkonto geführt und demnach ist auch die Terminal-Abfrage ausgeschaltet. Es wird lediglich – wie allgemein – nur der Urlaubskonto-Stand (beim Stempeln) angezeigt.
Abschließend ist festzuhalten, dass alle A1-Teilnehmer sich bewusst sind, dass es bei dieser besonderen Regelung nur um beiderseitiges Vertrauen geht und dass in diesem Zusammenhang das Vertrauen nur aufgebaut bzw. gestärkt werden kann."
Dem vorausgegangen waren Gespräche des A1-Kreises vom 09.03.2001, 23.03.2001 sowie 30.03.2001, wobei hinsichtlich des Inhalts auf die jeweiligen Gesprächsprotokolle Bezug genommen wird (vgl. Bl. 144 ff d.A.).
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In der Folgezeit bzw. schon im Vorfeld ab Ende des Jahres 2000 erfolgte die offizielle Zeiterfassung bei der Beklagten für Mitglieder des A1-Führungskreises und somit auch für den Kläger dann dergestalt, dass zwar monatlich die Zeiterfassungsjournale geführt und die sich ergebenden Plus- bzw. Minusstunden aufgelistet wurden, allerdings begann die Stundenberechnung für jeden neuen Monat ungeachtet des noch aus dem Vormonat resultierenden Saldos wieder von neuem, also bei Null. Die offizielle Zeiterfassung wurde mithin nach Sprachgebrauch beider Parteien monatlich „genullt".
Daneben existierte allerdings die schon seit den 90er Jahren vom Geschäftsführer geführte Liste der erbrachten Stunden fort und wurde von diesem weiter gepflegt. Sie wurde zuletzt als „Übersicht über Mehrarbeitsstunden-Entwicklung (nur interne Liste für GF = Std.-Kontostand auf Null) (ohne VFG-Std.-Regelung aufgrund bes. Vereinbarung)" bezeichnet (vgl. Bl. 7 d.A.). Während es früher die sog. „Überstundenliste" gab (vgl. Bl. 195 bis 200 d.A.), findet sich - soweit vorgetragen und ersichtlich - die Bezeichnung „Mehrarbeitsstunden-Entwicklung (Std.-Kontostand auf Null)" erst ab dem 31.12.2000 (vgl. Bl. 201 d.A.), und noch später wurde dann der weitere Zusatz „nur interne Liste für den Geschäftsführer" verwendet.
Jedenfalls wurden die vom Kläger erbrachten (Mehr-)Arbeitsstunden stets in der Aufstellung des Geschäftsführers nachgehalten und ungeachtet der offiziellen Nullung der monatlichen Zeiterfassungsjournale noch dokumentiert. Sofern der Kläger von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, Freizeitausgleich zu erhalten, indem er einen in Ziffer 4 der Aktennotiz vom 13.03.2002 erwähnten Verfügungstag in Anspruch nahm, so fand dies ebenfalls in dieser Aufstellung seinen Niederschlag.
Am 31.08.2006 betrug der Mehrarbeitsstundenbestand des Klägers laut interner Liste 3.036,34 Stunden. Ein aktuellerer Stand der internen Liste ist dem Kläger nicht bekannt und liegt dem Gericht nicht vor.
Für die Zeit vom 01.12.2004 bis 31.05.2010 hatten die Parteien für den Kläger einen Altersteilzeitvertrag im Blockmodell mit der Freistellungphase ab dem 01.09.2007 (vgl. Bl. 4 ff d.A.) vereinbart.
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Im Zuge dessen schlossen die Parteien schon am 25.01.2005 eine Aufhebungsvereinbarung (vgl. Bl. 19 d.A.), wobei laut Ziffer 3 mit Erfüllung jener Vereinbarung alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, bekannt oder unbekannt, unwiderruflich abgegolten sein sollen.
Hintergrund für diese Vereinbarung war, dass der Kläger aufgrund der Krebserkrankung seiner Ehefrau im Jahr 2004 mehr Zeit für sie wünschte und daher die Altersteilzeit anstrebte. Auf Nachfrage hatte sich der Geschäftsführer der Beklagten zudem bereiterklärt, dem Kläger noch insgesamt 20.000,00 € als Abfindung zuzuwenden. Die Parteien einigten sich sodann auf eine für den Kläger steuergünstige Deklaration und Auszahlungsvariante (vgl. Bl. 120 d.A.); der darin eigentlich für Mai 2010 vorgesehene Anteil des Abfindungsbetrages wurde dann im Hinblick auf die beabsichtigte Gesetzesänderung des § 3 Nr. 9 EStG bereits im Januar 2005 gezahlt.
Ab dem 01.02.2007, mithin einige Monate vor Beginn der eigentlichen Freistellungsphase ab 01.09.2007, stellte die Beklagte den Kläger von der Erbringung der Arbeitsleistung frei, als dessen Nachfolgerin, Frau W2, ihre Arbeit antrat. In einer E-Mail vom 15.12.2006 (vgl. Bl. 118 d.A.) bezeichnete der Geschäftsführer der Beklagten die Abwesenheit des Klägers als Mehrstundenausgleich. Die genauen Hintergründe für die Freistellung sind jedoch zwischen den Parteien streitig.
Mit der am 19.07.2010 beim Arbeitsgericht Iserlohn eingegangenen Klage begehrt der Kläger noch ausstehende Mehrarbeitsstundenvergütung für 2.136,84 Stunden zu einem Gegenwert von 70.472,98 € brutto.
Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, ausgehend vom Stand der Übersicht der Mehrarbeitsstunden-Entwicklung 31.08.2006 mit 3.036,34 Stunden sei zunächst davon auszugehen, dass in der Folgezeit keine Stunden auf- bzw. abgebaut worden seien, so dass der Stand gleichgeblieben sei. Erst durch die Freistellung ab dem 01.02.2007 bis zum Beginn der eigentlichen Freistellungsphase 01.09.2007 sei eine Verringerung von 899,5 Stunden anzunehmen, so dass sich noch ein Bestand von
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2.136,84 zu vergütender Stunden ergebe. Multipliziert mit dem sich errechnenden Stundenlohn von 32,98 € brutto ausgehend vom letzten Grundgehalt in Höhe von 2.563,00 €, ergäbe sich der Klagebetrag.
Die grundsätzlich erforderliche Darlegung, an welchen Tagen, zu welchen Zeiten er welche Überstunden erbracht haben will, entfiele nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der Existenz des Arbeitszeitkontos. Unschädlich sei, dass es sich hierbei um eine als interne Liste bezeichnete Aufstellung handele. Entscheidend sei allein, dass das in der Vergangenheit geführte Arbeitszeitkonto durch den Geschäftsführer unverändert weitergeführt worden sei. Diesem sei es nur darauf angekommen, dass das jeweils hohe Stundenkonto der Mitarbeiter des Führungskreises etwa ab Beginn des Jahres 2001 nicht mehr für alle anderen Arbeitnehmer sichtbar sein sollte. Soweit sich die Beklagte auf die vorgelegten Gesprächsprotokolle aus März 2001 beziehe, seien diese ausschließlich vor dem Hintergrund zu verstehen, dass mit den übrigen Mitarbeitern, deren Überstunden teilweise durch Zahlungen bereinigt worden seien, Höchstgrenzen vereinbart und die entsprechenden Zusatzvereinbarungen abgeschlossen wurden. Insbesondere solche Höchstgrenzen sollte es eben für den A1-Führungskreis nicht geben. Die Nullung der offiziellen Monatsjournale sei im Übrigen über die Köpfe des Führungskreises und ohne vorherige Absprache einseitig durch die Beklagte entschieden worden. Sofern der Kläger von der Möglichkeit, Verfügungstage in Anspruch zu nehmen, Gebrauch gemacht habe, seien diese auch – unstreitig- von der internen Liste wieder abgezogen worden.
Bei anderen Mitarbeitern habe die Beklagte im Falle des Ausscheidens Guthaben auf den Arbeitszeitkonten auch ausgezahlt.
Der Anspruch auf Vergütung der Überstunden scheitere auch nicht an der Ausgleichsklausel in der Vereinbarung vom 25.01.2005, da diese nicht als negatives Schuldanerkenntnis ausgelegt werden könne. Es sei überhaupt nicht erkennbar, dass und warum er auf die bestehenden Ansprüche hätte verzichten sollen. Auch die Beklagte hätte die Klausel im Übrigen nicht in diesem Sinne verstanden, da ja seitens der Geschäftsführung die interne Arbeitszeiterfassungsliste auch nach Abschluss dieser Vereinbarung unverändert fortgeführt worden wäre.
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Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 70.472,98 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 01.06.2010 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat sich erstinstanzlich darauf berufen, ein Arbeitszeitkonto, welches dem Kläger die einzelne Darlegung der von ihm behaupteten Überstunden entbehrlich machen würde, sei nicht vereinbart. Wie sich auch aus den Gesprächsprotokollen und dem vorgelegten Nachtrag ergebe, sei ein etwaiges Arbeitszeitkonto für den Führungskreis, zu dem unstreitig auch der Kläger gehörte, jedenfalls ab 2001 nicht fortgeführt worden. Diese Beschlüsse seien im Übrigen nicht einseitig, sondern mit Zustimmung der Betroffenen gefasst worden, was sich unmittelbar aus den beigefügten Unterlagen ergebe. Fortan seien die Zeiterfassungsjournale monatlich genullt worden und sie habe für diesen Kreis auch keine Rückstellungen mehr für etwaige Überstunden gebildet (vgl. Bl. 55 ff d.A.; Bl. 100 ff d.A.). Bei der von dem Kläger vorgelegten Liste handele es sich nur um einen internen Überblick für den Geschäftsführer, von der auch nur wenige Mitarbeiter überhaupt Kenntnis hatten. Richtig sei in diesem Zusammenhang, dass die Betroffenen auf Anforderung jeweils Einblick in die Liste erhalten hätten und die vorhandenen Mehrarbeitsstunden für die sog. Verfügungstage einsetzen konnten. Ein exakter Ausgleich sei aber gerade nicht vorgesehen gewesen.
Die Freistellung des Klägers ab Februar 2007 sei im Wesentlichen gesichtswahrend für den Kläger erfolgt, um etwaige Differenzen mit seiner Nachfolgerin Frau W2 zu vermeiden. Sie hätte jedoch gerade nicht das Ziel gehabt, ein etwaiges Überstundenkonto abzubauen.
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Der Anspruch auf Vergütung von Mehrarbeit scheitere darüber hinaus an der Ausgleichsklausel in der Aufhebungsvereinbarung. Die Formulierung der Aufhebungsvereinbarung stamme – unstreitig – vom Kläger selbst. Als erfahrenem Personalleiter sei ihm auch bewusst gewesen, welche Bedeutung einer solchen Klausel zukomme. Jedenfalls aber könne der Kläger nun keine Vergütung für die vor dem 26.01.2005 liegende Zeit mehr für sich beanspruchen, aus der Zeit ab dem 26.01.2005 würden lediglich 253,93 Überstunden resultieren, denen der Kläger selbst 899,5 Stunden für die Zeit ab Februar 2007 als Abbau gegenüberstelle.
Schlussendlich habe der Kläger seinen Stundenlohn auch falsch berechnet.
Mit Urteil vom 20.04.2011 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe bereits nicht die Existenz eines Arbeitszeitkontos darlegen können, so dass er im Einzelnen die von ihm geleisteten Überstunden hätte vortragen müssen. Darüber hinaus wären bis zum 25.01.2005 angefallene Überstunden durch die vereinbarte Ausgleichsklausel erloschen. Den dann in der Zeit bis zum 31.08.2006 aufgebauten Überstunden stünde ein höherer Abbau durch die Freistellung ab dem 01.02.2007 gegenüber.
Gegen das ihm am 11.05.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.06.2011 beim LAG Hamm Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 11.08.2011 am 03.08.2011 begründet.
Der Kläger trägt zweitinstanzlich im wesentlichen vor, das Urteil des Arbeitsgerichts beruhe auf einer unvollständigen Tatsachenfeststellung, da Vortrag beider Parteien nicht ausreichend berücksichtigt worden sei und so fehlerhaft die Existenz des Arbeitszeitkontos verneint worden sei. Ferner habe das Gericht rechtsfehlerhaft das Vorliegen eines negativen Schuldanerkenntnisses angenommen.
Soweit die Beklagte nunmehr erstmalig behauptet, es habe auch schon früher kein Arbeitszeitkonto im eigentlichen Sinne gegeben, so sei dies ein neuer Vortrag, der sich auch nicht mit dem erstinstanzlichen Vorbringen decke.
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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 20.04.2011 – 1 Ca 1593/10 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 70.472,98 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 01.06.2010 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt zweitinstanzlich vertiefend vor, dass nach Einführung der Zeiterfassung im Jahr 1994/1995 dem jetzigen Geschäftsführer Herrn T1 aufgefallen sei, dass die Stunden vom Zeiterfassungssystem monatlich immer rechnerisch addiert worden seien und er versucht habe, dem entgegenzuwirken. In diesem Zusammenhang seien die Zeitkonten für einen bestimmten Personenkreis monatlich genullt worden; ein echtes Arbeitszeitkonto, bei dem Mehrarbeitsstunden mit Freizeit ausgeglichen werden sollten, wie es der Kläger behaupte, habe es hingegen auch vor dem Jahr 2002 nicht gegeben. Es bleibe darüber hinaus unverständlich, dass der Kläger trotz der betrieblichen Zusatzvereinbarung vom 13.03.2002 nach wie vor bestreite, dass jedenfalls ab dieser Zeit für ihn kein Arbeitszeitkonto geführt worden sei. Die interne Liste sei geführt worden, um Fehler bei der Zeiterfassung aufzudecken, z.B. wenn sich ein Mitarbeiter nicht ordnungsgemäß ausstempele. Sie sei im Übrigen auf Vorschlag des Klägers als Personalleiter geführt worden.
Die Inanspruchnahme von Verfügungsstunden durch die Mitarbeiter des A1-Kreises sei unabhängig von dem Bestehen etwaiger Plusstunden auf dem Zeitkonto und wäre auch bei etwaigen Minusstunden möglich gewesen. Durch den Parallellauf der Zeiterfassung sowie der internen Liste des Geschäftsführers seien die Minusstunden zwar auch auf dessen Liste aufgetaucht, eine echte Verrechnung habe indes nicht stattgefunden.
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Mit dem Urteil des BAG vom 17.08.2011 – 5 AZR 406/10 – sei auch für diesen Fall davon auszugehen, dass eine Vergütungserwartung des Klägers hinsichtlich einer etwaigen Überstundenabgeltung gerade nicht anzunehmen sei.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung war zulässig, jedoch unbegründet.
I. Die Berufung war zulässig. Sie wurde insbesondere gemäß §§ 64 Abs. 2 b, Abs. 6, 66 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet.
II. Die Berufung ist aber unbegründet, da das Arbeitsgericht zu Recht die Klage abgewiesen hat.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Überstundenvergütung aus §§ 611, 612 BGB i.V.m. dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag.
1. Der Arbeitnehmer, der im Prozess von seinem Arbeitgeber die Bezahlung von Überstunden fordert, muss, zumal wenn zwischen der Geltendmachung und der behaupteten Leistung ein längerer Zeitraum liegt, beim Bestreiten der Überstunden im Einzelnen darlegen, an welchen Tagen und zu welchen Arbeitszeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus tätig geworden ist. Er muss vortragen, von welcher Normalarbeitszeit er ausgeht, und im Einzelnen darlegen, wann und mit welchen konkreten, geschuldeten Tätigkeiten er über die Normalarbeitszeit hinaus tätig geworden ist (vgl. BAG, Urteil vom 25.05.2005 – 5
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AZR 319/04, EzA § 611 BGB 2002 Mehrarbeit Nr. 1; BAG, Urteil vom 29.05.2002 – 5 AZR 370/01, EzA § 611 BGB Mehrarbeit Nr. 10; BAG, Urteil vom 17.04.2002 – 5 AZR 644/00, DB 2002, 1455).
Erst dann obliegt es dem Arbeitgeber, nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast dem Vortrag des Klägers substantiiert entgegenzutreten.
Im vorliegenden Fall fehlt ein solcher Vortrag des Klägers. Er beruft sich vielmehr auf die sich aus der Liste des Geschäftsführers ergebende Zahl von Überstunden am 31.08.2006 und zieht sodann 899,5 Stunden für die Freistellung im Jahr 2007 ab. Die konkrete Darlegung, an welchen Tagen und zu welchen Zeiten er über die übliche Arbeitszeit von 35 Wochenstunden hinaus gearbeitet hat, liegt hingegen nicht vor.
2. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Kammer auch anschließt, genügt es abweichend von den oben dargestellten Grundsätzen für die Schlüssigkeit einer Klage, die auf Ausgleich des Arbeitszeitguthabens auf einem Arbeitszeitkonto gerichtet ist, dass der Kläger die Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos und das Guthaben zum vereinbarten Auszahlungszeitpunkt darlegt (vgl. BAG, Urteil vom 13.03.2002 – 5 AZR 43/01, EzA § 253 ZPO Nr. 22).
Mit aus Sicht der Kammer zutreffender Argumentation geht das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass es sich in solchen Fällen nicht um die Geltendmachung von Vergütung einzelner Überstunden im eigentlichen Sinne handelt, sondern eben um die Auszahlung eines bestehenden Zeitguthabens. Sofern ein solches auf einem Arbeitszeitkonto ausgewiesen ist, handelt es sich lediglich um eine bestimmte Ausdrucksform des zugunsten des Arbeitnehmers bestehenden Vergütungsanspruchs (vgl. BAG, Urteil vom 13.03.2002, aaO; BAG, Urteil vom 13.02.2002 – 5 AZR 470/00, NZA 2002, 683). Allein die Leistung von Überstunden, die nicht laufend vergütet werden, begründet allerdings noch nicht die Annahme, die Parteien hätten sich über die Führung eines Arbeitszeitkontos geeinigt (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.07.2011 – 7 Sa 622/10, juris).
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a) Vorliegend ist es dem Kläger schon nicht gelungen, die Existenz eines solchen Arbeitszeitkontos darzulegen.
Die als interne Liste bezeichnete Aufstellung des Geschäftsführers kann nicht als Ausdrucksform des zugunsten des Klägers bestehenden Vergütungsanspruchs herhalten.
aa) Dabei spielt die Bezeichnung sicherlich lediglich eine untergeordnete Rolle, da ein „echtes Arbeitszeitkonto" nicht seine Wirkung dadurch verlieren kann, dass ihm eine andere Bezeichnung gegeben wird.
bb) Ausschlaggebend ist allerdings, dass ungeachtet dessen, welche Rechtsqualität der bis Ende 2000 geführten Überstundenliste zukam, die Beklagte jedenfalls mit dem A1-Führungskreis, zu dem unstreitig auch der Kläger gehörte, abändernd dann die nebulöse „besondere Abwicklungsart" vereinbart hat. Hierbei sind die Parteien ausweislich der vom Kläger selbst gezeichneten Aktennotiz vom 13.03.2002 davon ausgegangen, dass für jede Führungskraft auch weiterhin Überstunden anfallen werden, die wiederum für Verfügungstage eingesetzt werden können. Ausdrücklich sollte jedoch kein Stundenkonto mehr geführt werden und dem- entsprechend auch die Terminalabfrage ausgeschaltet sein. Parallel dazu wurden die offiziellen Zeiterfassungsjournale für die entsprechenden Mitarbeiter monatlich genullt. An dieser Vereinbarung hat der Kläger ausweislich der Gesprächsprotokolle und der Aktennotiz vom 13.03.2002 nicht nur mitgewirkt, sondern hat diese auch ausdrücklich mitgetragen. Ihm war somit vollkommen klar, dass ein Arbeitszeitkonto im eigentlichen Sinne nicht (mehr) geführt werden sollte.
cc) Soweit darüber hinaus die interne Liste für den Geschäftsführer – egal ob wie erstinstanzlich vorgetragen zum eigenen Überblick oder wie zweitinstanzlich vorgetragen zum Nachhalten etwaiger Fehler bei der Zeiterfassung – trotzdem unverändert fortgeführt wurde, ändert dies wiederum nichts.
Dass dies so sein würde und der Liste dennoch nicht die Qualität eines echten Stundenkontos wie bei den übrigen Mitarbeitern zukommen sollte, ergibt sich unmittelbar aus den Ziffern 4 und 5 der Aktennotiz vom 13.03.2002 und den vorliegenden Gesprächsprotokollen. Den Parteien war zu jeder Zeit bewusst, dass
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die ursprüngliche Liste, wenn auch unter neuem Namen, parallel zu den genullten Zeiterfassungsjournalen gepflegt werden würde, ohne dass dieser die Qualität eines Arbeitszeitkontos zukommen sollte. Stattdessen haben die Parteien eben die „besondere Abwicklungsart" vereinbart. Auch die Differenzierung war für die Parteien nicht zweifelhaft, da ja für die übrigen Mitarbeiter der Beklagten außerhalb des A1-Kreises ein echtes Arbeitszeitkonto existierte.
dd) Auch wenn der reinen Begrifflichkeit „interne Liste" zunächst keine Bedeutung zukommt, so ergibt sich aus ihr und auch dem Vortrag beider Parteien, dass diese Liste zwar für die betreffenden Arbeitnehmer einsehbar war, jedoch gerade nicht dazu bestimmt war, nach außen getragen oder auch nur den betreffenden Mitarbeitern ausgehändigt zu werden. Hierdurch unterscheidet sie sich aber auch wesentlich von den sonstigen Mitteillungen eines Arbeitgebers an den Arbeitnehmer über den Stand des für ihn geführten Arbeitszeitkontos. Nur die vorbehaltlose Mitteilung eines Arbeitgebers über den Stand des Arbeitszeitkontos stellt dessen Saldo ebenso streitlos wie eine Lohn- oder Gehaltsmitteilung die darin ausgewiesene Geldforderung (vgl. BAG, Urteil vom 28.07.2010 – 5 AZR 521/09, DB 2010, 284). Sofern hingegen eine Stundenaufstellung zwar für den Arbeitnehmer einsehbar ist, jedoch gerade nicht den Zweck hat, ihm ausgehändigt zu werden und dementsprechend ungeprüft verbleibt, bekommt ihr nicht einmal die ansonsten von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannte Funktion als Wissenserklärung zu.
b) Da bereits die Existenz eines verbindlichen Arbeitszeitkontos nicht ausreichend dargelegt ist, musste der weiteren, vor dem Hintergrund der von ihm selbst verfassten Erledigungsklausel in der Aufhebungsvereinbarung vom 25.01.2005 äußerst zweifelhaften Frage, inwieweit der Kläger das Guthaben zum vereinbarten Auszahlungszeitpunkt vorgetragen hat, nicht weiter nachgegangen werden.
3. Die Auszahlung von Überstunden scheitert noch an einem weiteren Gesichtspunkt. Es fehlt an einer gemäß § 612 BGB erforderlichen Vergütungserwartung des Klägers.
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a) Gemäß § 8 des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrages sollen im vertretbaren Rahmen zu leistende Überstunden, die sich im Wesentlichen an tarifrechtliche Bestimmungen richten, nicht vergütet werden. Falls erforderlich, muss im Einzelfall eine Einigung erzielt werden.
Diese Klausel hält einer Wirksamkeitsprüfung nicht stand. Gemäß § 306 BGB ist die Klausel daher insgesamt unwirksam.
aa) Bei der Regelung handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.d. §§ 305 ff BGB.
bb) Die Klausel ist nach § 307 Abs. 1 BGB mangels hinreichender Transparenz unwirksam.
Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterliegen Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur insoweit der uneingeschränkten Inhaltskontrolle, wie durch sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die nicht von Rechtsvorschriften abgewichen wird, weil in ihnen frei von gesetzlicher Regulierung die Art der Arbeitsleistung, die Höhe des Arbeitsentgelts und der Umfang der Arbeitszeit festgelegt werden, sind von der Angemessenheitskontrolle ausgenommen. Sie unterliegen jedoch der Transparenzkontrolle (§ 307 Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 BGB). Diese erfasst insbesondere Klauseln, die den Umfang der von den Parteien geschuldeten Vertragsleistungen festlegen (vgl. BAG, Urteil vom 21.06.2011 – 9 AZR 236/10, NZA 2011, 1274).
Nach § 307 Abs. 1 S.2 BGB kann sich die zur Unwirksamkeit einer allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung auch aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Der Vertragspartner muss ohne fremde Hilfe in der Lage sein, sich Gewissheit über Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten verschaffen zu können und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden. Die Klausel muss im
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Rahmen des rechtlich und tatsächlichen Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners klar und präzise umschreiben, sie verletzt hingegen das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was gegebenenfalls auf ihn zukommt und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (vgl. BAG, Urteil vom 01.09.2010 – 5 AZR 517/09, EzA BGB 2002, § 307 Nr. 50; BAG, Urteil vom 20.04.2011 – 5 AZR 200/10, DB 2011, 1639).
Im vorliegenden Fall ist weder klar, wie viele Überstunden sich noch „in vertretbarem Rahmen" halten sollen, noch wie die Formulierung „im Wesentlichen an tarifrechtliche Bestimmungen ausrichten" zu verstehen ist. Es bleibt hier offen, wie viele Überstunden pro Woche bzw. pro Monat dem Arbeitnehmer ohne Vergütung abverlangt werden und wann die Grenze erreicht sein soll, nach der eine individuelle Einigung erzielt werden muss. Die Beklagte hätte unschwer im Klauseltext durch Aufnahme einer ausdrücklichen Stundenzahl oder zumindest mit einem ausdrücklichen Hinweis auf das Arbeitszeitgesetz hier ausreichende Transparenz schaffen können.
cc) Folge der Unwirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingung ist die Anwendbarkeit der dispositiven Gesetzesbestimmungen, § 306 Abs. 2 BGB. Eine ergänzende Vertragsauslegung ist nicht in Betracht zu ziehen, weil die gesetzliche Regelung der Rechtsfolgen des Fehlens einer - wirksamen - Vergütungsvereinbarung in § 612 BGB keine ergänzende vertragliche Bestimmung erfordert.
b) Anspruchsgrundlage für den Kläger wäre daher allein § 612 Abs. 1 BGB, wonach eine Vergütung als stillschweigend vereinbart gilt, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen Vergütung zu erwarten ist. Unmittelbar ergeben sich hieraus für den Kläger keine Ansprüche. Die Vorschrift ist aber entsprechend anzuwenden, wenn eine in bestimmter Höhe gewährte Arbeitsvergütung nicht den vollen Gegenwert für die erbrachten Dienstleistungen
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darstellt, also Überstunden oder Mehrarbeit auf diese Weise vergütet werden sollen (vgl. BAG, Urteil vom 01.09. 2010 aaO.).
Dies ist vorliegend nicht der Fall.
aa) Eine solche objektive Vergütungserwartung wird bei der Ableistung von Überstunden durch Arbeitnehmer zwar überwiegend anzunehmen sein, nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Kammer anschließt, gibt es jedoch keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jede Mehrarbeitszeit oder jede dienstliche Anwesenheit über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu vergüten ist, dies gilt insbesondere bei Diensten höherer Art. Die Vergütungserwartung ist stets anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Dienstleistungen sowie der Stellung der Beteiligten zueinander festzustellen, ohne dass es auf deren persönliche Meinung ankäme (vgl. BAG, Urteil vom 17.08.2011 – 5 AZR 406/10, NZA 2011, 1335; BAG, Urteil vom 17.03.1982 – 5 AZR 1047/79, juris).
bb) Der Kläger war bei der Beklagten zuletzt als Personalleiter beschäftigt.
Hierbei handelt es sich um eine gehobene Stellung, die regelmäßig mit erhöhten Arbeitszeiten, erhöhter Verantwortung und auch entsprechend erhöhter Vergütung verbunden ist. Das geleistete überobligatorische Engagement wird jedoch regelmäßig nicht stundengenau erfasst und abgegolten. Während seiner Tätigkeit als Personalleiter sind ihm auch zu keiner Zeit Überstunden als Bruttoentgelt abgerechnet und ausgezahlt worden.
Vorliegend deckt sich die Durchführung des Arbeitsvertrages ab Mitte der 90er Jahre mit der objektiv nicht vorhandenen Vergütungserwartung. Trotz der konstant aufgelaufenen Überstunden hat es keine klare Regelung gegeben, sondern lediglich die nebulöse Vereinbarung einer „besonderen Abwicklungsart" aus dem Jahr 2002 sowie die sporadische Inanspruchnahme der Verfügungstage. Zudem wies der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer darauf hin, dass selbst bei Vereinbarung seiner Abfindung fünf Jahre vor Ausscheiden aus dem Betrieb der Beklagten und bei Unterzeichnung der Erledigungsklausel mit keinem Wort ein etwaiger finanzieller Ausgleich der Mehrarbeitsstunden bzw. die Auszahlung
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des Arbeitszeitguthabens bei Ausscheiden Gegenstand der Verhandlungen gewesen wäre. Der Kläger als Personalleiter im Unterschied zu einem gewerblichen Arbeitnehmer, der über seine diesbezüglichen Rechte und Pflichten im Unklaren sein mag, hätte im eigenen Interesse hier auf eine klare Regelung gedrängt, sofern er denn selbst von einer Vergütungspflicht ausgegangen wäre. Gerade die Tatsache, dass der Kläger selbst es über mehr als zehn Jahre hingenommen hat, stets mehr als die vereinbarten 35 Stunden zu arbeiten und gleichzeitig lediglich sporadisch Verfügungstage ohne nennenswerten Abbau seiner Stunden in Anspruch nahm, zeigt aus Sicht der Kammer, dass er sich – wie es sich eben auch aus den Protokollen und Vereinbarungen aus März 2001 bzw. 2002 herauslesen lässt – mit der Situation und der „besonderen Abwicklung" einverstanden erklärt hatte. Die Kammer übersieht dabei nicht, dass es auf die subjektive Haltung des Klägers und der Beklagten nicht ankommt, sondern nur auf die objektive Vergütungserwartung abgestellt werden muss.
Herausgearbeitet werden soll jedoch, dass das oben beschriebene Verhalten des Klägers in der Vergangenheit nur deshalb nicht erstaunt, weil es der objektiven Verkehrsanschauung entspricht, in seiner Position keine stundengenaue Abrechnung zu verlangen, sondern überobligatorischen Einsatz zu liefern bei gleichzeitiger Inanspruchnahme anderweitiger Privilegien. Zudem verweist die Beklagte zu Recht darauf, dass eine 35-Stunden-Woche, ja selbst eine 40-Stunden-Woche, für einen Personalleiter ungewöhnlich ist und vielmehr Arbeitszeiten üblich und zu erwarten sind, die weit über dies hinausgehen.
cc) Zugunsten des Klägers streiten auch nicht etwaige tarifliche Regelungen. Zwar ist unstreitig auf das Arbeitsverhältnis kein Tarifvertrag anwendbar, fachlich wäre jedoch der Eisen-, Metall- und Elektrotarifvertrag NRW einschlägig. Dieser sieht zwar dezidierte Regelungen für die Vergütung und die Zuschläge von Mehrarbeit vor, indes würde der Kläger aufgrund seiner Tätigkeit als Personalleiter und seiner Vergütung schon nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des Entgeltrahmenabkommens und dem einheitlichen Manteltarifvertrag unterfallen. Folgerichtig kann eine entsprechende Vergütungserwartung dann aber auch nicht aus dem Tarifvertrag hergeleitet werden.
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision waren nicht gegeben, da es sich im vorliegenden Fall um eine Einzelfallentscheidung handelte, bei der vollumfänglich der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gefolgt wurde.
RECHTSMITTELBELEHRUNG
Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.
K1
G1
W1, A.
/Fou.
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