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Sperr­zeit nach Auf­he­bungs­ver­trag wie nach ver­hal­tens­be­ding­ter Kün­di­gung: Bei Pflicht­ver­let­zun­gen droht im­mer ei­ne Sperr­zeit

Droht ein ka­tho­li­scher Ar­beit­ge­ber we­gen ni­veau­lo­ser Po­le­mik ge­gen den Papst zu­recht ei­ne frist­lo­se Kün­di­gung an, führt auch ein Auf­he­bungs­ver­trag zur Sperr­zeit: Lan­des­so­zi­al­ge­richt Ba­den-Würt­tem­berg, Ur­teil vom 21.10.2011, L 12 AL 2879/09
Logo der Bundesagentur für Arbeit, weißes Dreieck auf rotem Hintergrund Vor­sicht bei Auf­he­bungs­ver­trä­gen: Es droht im­mer ei­ne Sperr­zeit
03.11.2011. Wer sein Ar­beits­ver­hält­nis auf­gibt, oh­ne da­für ei­nen wich­ti­gen Grund zu ha­ben, ris­kiert ei­ne mehr­mo­na­ti­ge Sperr­zeit beim Be­zug von Ar­beits­lo­sen­geld.

In ei­nem ak­tu­el­len Ur­teil hat das Lan­des­so­zi­al­ge­richt (LSG) Ba­den-Würt­tem­berg ent­schie­den, dass ein Auf­he­bungs­ver­trag nicht durch ei­nen wich­ti­gen Grund ge­recht­fer­tigt ist, wenn ein bei der Ca­ri­tas be­schäf­tig­ter Ar­beit­neh­mer durch "po­le­mi­sche und auf nied­ri­gem Ni­veau an­ge­sie­del­te Äu­ße­run­gen ge­gen den Papst" den Zorn sei­nes Ar­beit­ge­bers auf sich zieht und ei­ne ihm des­halb an­ge­droh­te ver­hal­tens­be­ding­te Kün­di­gung durch ei­nen Auf­he­bungs­ver­trag über­flüs­sig macht (Ur­teil vom 21.10.2011, L 12 AL 2879/09).

Führt ein Auf­he­bungs­ver­trag, mit dem ei­ne ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung um­gan­gen wird, zur Sperr­zeit?

Verstößt ein Ar­beit­neh­mer so mas­siv ge­gen sei­ne Pflich­ten, dass dem Ar­beit­ge­ber die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann, dann ist ei­ne frist­lo­se ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung rech­tens. Al­ler­dings muss der Ar­beit­ge­ber dann mit ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge rech­nen, und die kann er ge­win­nen oder ver­lie­ren.

Ein Auf­he­bungs­ver­trag ist da für Ar­beit­ge­ber si­che­rer, denn ei­nen Auf­he­bungs­ver­trag können Ar­beit­neh­mer prak­tisch nie rückgängig ma­chen. Den Nach­teil hat dann der Ar­beit­neh­mer, denn dann droht ei­ne Sperr­zeit we­gen Ar­beits­auf­ga­be.

Ein Sperr­zeit tritt ein, wenn der Ar­beits­lo­se das Ar­beits­verhält­nis selbst be­en­det oder dem Ar­beit­ge­ber dafür durch Verstöße ge­gen sei­nen Ar­beits­ver­trag ei­nen An­lass ge­ge­ben hat - es sei denn, der Ar­beit­neh­mer hat­te für sein Ver­hal­ten ei­nen wich­ti­gen Grund. Ein Auf­he­bungs­ver­trag führt da­her z.B. nicht zu ei­ner Sperr­zeit, wenn der Ar­beit­ge­ber an­sons­ten, d.h. bei Ab­leh­nung ei­nes Auf­he­bungs­ver­trags, ei­ne be­triebs­be­ding­te Kündi­gung kon­kret in Aus­sicht ge­stellt hat­te (und wenn ei­ne be­schei­de­ne Ab­fin­dung von 0,25 bis 0,5 Gehältern pro Beschäfti­gungs­jahr ver­ein­bart wird). Das LSG hat­te nun zu prüfen, ob et­was ähn­li­ches auch bei ei­ner an­ge­droh­ten ver­hal­tens­be­ding­ten Kündi­gung gilt.

LSG Ba­den-Würt­tem­berg: Ver­hin­dert der Auf­he­bungs­ver­trag ei­ne rechtmäßige ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung, tritt ei­ne Sperr­zeit we­gen Ar­beits­auf­ga­be ein

In ei­nem von der Ca­ri­tas be­trie­be­nen Krank­haus ar­bei­te­te ein Kran­ken­pfle­ger, der auf ei­ner In­ter­net­sei­te an­onym den Papst be­lei­dig­te. Als er ent­tarnt wur­de, droh­te ihm der Ar­beit­ge­ber ei­ne frist­lo­se ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung an. Statt des­sen wur­de dann aber ein Auf­he­bungs­ver­trag ver­ein­bart. Die an­ge­droh­te frist­lo­se Kündi­gung wäre aber wirk­sam ge­we­sen, so das LSG, denn po­le­mi­sche und auf nied­ri­gem Ni­veau an­ge­sie­del­te Äußerun­gen ge­gen den Papst als Ober­haupt der ka­tho­li­schen Kir­che stel­len ei­nen An­griff auf die ka­tho­li­sche Kir­che dar. Da­mit hat­te der Ar­beits­lo­se sei­ne Pflich­ten mas­siv ver­letzt, die Ar­beits­lo­sig­keit selbst ver­schul­det, so dass die strei­ti­ge Sperr­zeit von zwölf Wo­chen rech­tens war.

Fa­zit: Ob die Ar­beits­ge­rich­te die Kündi­gung eben­falls für wirk­sam ge­hal­ten hätten, ist frag­lich. Der Kran­ken­pfle­ger hätte sich da­her bes­ser kündi­gen las­sen sol­len. Dann wäre es ver­mut­lich im Rah­men ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge zu ei­nem Ver­gleich ge­kom­men, in dem der Ar­beit­ge­ber von sei­nen Vorwürfe ab­gerückt wäre. Das Ri­si­ko ei­ner Sperr­zeit wäre dann mi­ni­mal ge­we­sen.

Nähe­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie hier:

Hin­weis: In der Zwi­schen­zeit, d.h. nach Er­stel­lung die­ses Ar­ti­kels, hat das Ge­richt sei­ne Ent­schei­dungs­gründe schrift­lich ab­ge­fasst und veröffent­licht. Die Ent­schei­dungs­gründe im Voll­text fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 17. September 2018

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