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Beginn der Ausschlussfrist bei Schadensersatzforderungen
08.06.2018. Arbeitsvertragliche Ausschlussklauseln sehen vor, dass der Anspruchsinhaber (Gläubiger) seine Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer bestimmten, mehr oder weniger kurzen Frist gegenüber dem Anspruchsverpflichteten (Schuldner) geltend machen muss, wenn er den Verfall seiner Ansprüche verhindern will.
Sind Schadensersatzansprüche von Ausschlussfristen betroffen, stellt sich die Frage, wann der Schadensersatzanspruch fällig wird und damit den Lauf der Ausschlussfrist in Gang setzt.
Dazu hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) gestern klargestellt, dass Schadensersatzansprüche wegen pflichtwidriger Herausgabe von Firmeneigentum fällig werden, sobald der geschädigte Firmeninhaber keine realistische Möglichkeit (mehr) hat, sein Eigentum zurückzuerlangen bzw. Wertersatz dafür zu bekommen: BAG, Urteil vom 07.06.2018, 8 AZR 96/17 (Pressemeldung des Gerichts).
- Wann wird ein Schadensersatzanspruch fällig, so dass der Ersatzberechtigte arbeitsvertragliche Ausschlussfristen beachten muss?
- Der Fall des BAG: Angestellter Verkäufer eines Autohauses gibt einen Neuwagen ohne vollständige Kaufpreiszahlung an einen Schwindler heraus
- BAG: Ein Schadensersatzanspruch wegen pflichtwidriger Herausgabe eines Pkw durch einen Verkäufer wird fällig, wenn keine realistische Möglichkeit auf Rückgabe oder Bezahlung mehr besteht
Wann wird ein Schadensersatzanspruch fällig, so dass der Ersatzberechtigte arbeitsvertragliche Ausschlussfristen beachten muss?
Arbeitsvertragliche und tarifliche Ausschlussklauseln legen als Beginn der in ihnen enthaltenen Ausschlussfristen praktisch immer die Fälligkeit des Anspruchs fest. Lässt sich der Gläubiger nach Eintritt der Fälligkeit seines Anspruchs zu lange Zeit, um den Schuldner schriftlich zur Leistung aufzufordern oder eine Klage zu erheben, ist sein Anspruch gemäß der Ausschlussfristenregelung verfallen.
Fällig ist eine Leistung, wenn der Gläubiger sie fordern kann und der Schuldner dementsprechend zur Leistung verpflichtet ist. Bei Verträgen sieht § 271 Abs. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vor, dass die Leistungspflichten sofort mit Vertragsschluss fällig werden, falls die Parteien nicht ausdrücklich einen anderen Fälligkeitszeitpunkt vereinbart haben oder sich ein solcher abweichender Fälligkeitszeitpunkt aus den Umständen ergibt.
Bei Schadensersatzpflichten ergibt sich die Fälligkeit der Forderung allerdings nicht aus einer Vereinbarung, sondern aus einer schädigenden Handlung (oder Unterlassung) sowie einem mehr oder weniger langwierigen, zum (Vermögens-)Schaden führenden Kausalverlauf. Typisch für Schadensersatzansprüche sind Versuche des Geschädigten, den Eintritt oder den Umfang des Schadens zu verhindern bzw. zu begrenzen. Den Schlusspunkt bildet dann oft ein Anwaltsschreiben, dass eine juristisch begründete Berechnung der genauen Schadenshöhe enthält.
Vor diesem Hintergrund fragt sich, wann ein Schadensersatzanspruch fällig wird, der darauf beruht, dass der zum Schadensersatz verpflichtete Arbeitnehmer Firmeneigentum seines Arbeitgebers pflichtwidrig an einen Dritten herausgegeben hat, der weder zur Rückgabe noch zum Wertersatz bereit bzw. in der Lage ist.
Der Fall des BAG: Angestellter Verkäufer eines Autohauses gibt einen Neuwagen ohne vollständige Kaufpreiszahlung an einen Schwindler heraus
Im Streitfall ging es um eine Schadensersatzklage eines Autohauses in Höhe von 29.191,91 EUR, die sich gegen einen ehemaligen Verkäufer des Autohauses richtete.
Denn der beklagte Ex-Arbeitnehmer hatte im September 2014 einen Neuwagen (Audi A1) im Wert von 29.422,91 EUR an einen betrügerischen Kunden für einen Wochenendtrip übergeben, nachdem der Kunde zuvor lediglich 9.000,00 EUR angezahlt hatte. Auch eine Finanzierung des Restkaufpreises durch die Audi Bank war hier nicht möglich, da der Kunde bereits wegen eines anderen Fahrzeugs einen Kredit der Audi Bank aufgenommen bzw. zurückzuzahlen hatte.
Mit der Herausgabe des Fahrzeugs verstieß der Verkäufer gegen eine betriebliche Anweisung, der zufolge ein Neufahrzeug nicht an einen Käufer herausgegeben werden durfte, solange das Fahrzeug nicht vollständig bezahlt war oder eine gesicherte Finanzierung vorlag. Ob eine ausnahmsweise mögliche Einwilligung der Geschäftsleitung hier vorlag oder nicht, war zwischen den Parteien streitig.
Entgegen seinen Versprechungen brachte der Kunde das Fahrzeug nach dem Wochenende nicht wieder zurück. Auf eine von dem Autohaus im September 2014 erstattete Strafanzeige hin wurde der Kunde Ende Oktober 2014 in Italien festgenommen, der Audi wurde beschlagnahmt. Allerdings gaben die italienischen Behörden das Fahrzeug nach Aufhebung des Haftbefehls und der Beschlagnahme später wieder an den Kunden heraus.
Im Februar 2015 kam es zu Verhandlungen zwischen dem Autohaus und dem anwaltlich vertretenen Kunden über die Zahlung des Restkaufpreises, die letztlich erfolglos blieben. Eine von dem Autohaus beauftragte Detektei teilte im April/Mai 2015 mit, dass der Kunde unter den bisher bekannten Anschriften nicht auffindbar sei.
Schließlich entschloss sich das Autohaus (am 12.08.2015) dazu, den Kunden auf Herausgabe des Fahrzeugs zu verklagen, und reichte am 20.08.2015 eine Klage beim Landgericht Freiburg ein, die aber nicht zugestellt werden konnte.
Weitere drei Monate später, mit Schreiben vom 20.11.2015, forderte das Autohaus den Verkäufer auf, seine Pflicht zum Schadensersatz dem Grunde nach anzuerkennen und ein Schuldanerkenntnis zu unterschreiben, was dieser ablehnte. Daraufhin erhob das Autohaus vor dem Arbeitsgericht Freiburg Klage auf Schadensersatz in Höhe von 29.191,61 EUR. Darin waren auch die Anwalts- und Gerichtskosten für das Verfahren vor dem Landgericht Freiburg enthalten. Zu Ende Februar 2016 schied der Verkäufer aus dem Arbeitsverhältnis aus.
Das Arbeitsgericht Freiburg (Urteil vom 27.04.2016, 1 Ca 223/15) und das in der Berufung zuständige Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg wiesen die Klage ab (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.12.2016, 9 Sa 51/16). Ihrer Meinung nach hatte das Autohaus nämlich die vertraglich vereinbarte dreimonatige Ausschlussfrist im Streitfall nicht gewahrt. Die Ausschlussklausel lautete:
"Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, ausgenommen Provisionsansprüche, verfallen innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit, spätestens jedoch innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn sie nicht vorher gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind."
Nach Ansicht des LAG stand spätestens am 12.08.2015 (dem Zeitpunkt der Entscheidung für eine Klage gegen den „Kunden“) bei objektiver Betrachtung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit fest, dass der PKW dauerhaft weg und weder mit Rückgabe noch Bezahlung zu rechnen war. Daher war die Dreimonatsfrist hier am 20.11.2015, als das Autohaus seinen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Verkäufer geltend machte, bereits abgelaufen.
BAG: Ein Schadensersatzanspruch wegen pflichtwidriger Herausgabe eines Pkw durch einen Verkäufer wird fällig, wenn keine realistische Möglichkeit auf Rückgabe oder Bezahlung mehr besteht
Auch vor dem BAG hatte das Autohaus keinen Erfolg, das damit seine Schadensersatzklage in allen drei Instanzen verloren hatte. Zur Begründung heißt es in der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG:
Es konnte offenbleiben, ob der beklagte (Ex-)Verkäufer hier wirklich seine Vertragspflichten verletzt hatte, indem er das Fahrzeug an den betrügerischen Kunden herausgegeben hatte. Denn so oder so hatte das Autohaus nach Ansicht des BAG seine (etwaigen) Schadensersatzansprüche nicht rechtzeitig gemäß der vertraglichen Ausschlussklausel geltend gemacht. Diese Ansprüche waren daher verfallen.
Die Ausschlussfrist begann hier, so das BAG, spätestens zu dem Zeitpunkt, in dem sich das Autohaus dazu entschlossen hatte, Klage gegen den „Kunden“ zu erheben, also jedenfalls vor dem 20.08.2015. Demzufolge hatte das Aufforderungsschreiben vom 20.11.2015 (falls es überhaupt eine ordnungsgemäße Geltendmachung war) die dreimonatige Ausschlussfrist nicht gewahrt.
Ergänzend weist das BAG darauf hin, dass sich das Autohaus auch nicht darauf berufen konnte, es hätte erst einmal den Ausgang des Klageverfahrens gegen den Kunden abwarten müssen. Denn als sich das Autohaus dazu entschloss, Klage gegen den Kunden zu erheben, war bereits erkennbar, dass eine solche Klage keine realistische Aussicht bot, von dem Kunden überhaupt irgendeine Leistung zu erlangen.
Fazit: Wer arbeitsvertragliche Ausschlussfristen zu beachten hat, sollte entsprechende Aufforderungsschreiben zu einem möglichst frühen Zeitpunkt verfassen. Im vorliegenden Streitfall hätte es nahegelegen, zugleich mit der Klage beim Landgericht ein entsprechendes Aufforderungsschreiben an den Arbeitnehmer zu adressieren.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.06.2018, 8 AZR 96/17 (Pressemeldung des Gerichts)
- Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 16.12.2016, 9 Sa 51/16
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Ausschlussklausel
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Haftungsbeschränkung und Haftungsverschärfung
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Mankoabrede
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Vertragsstrafe
- Handbuch Arbeitsrecht: Ausschlussfrist
- Handbuch Arbeitsrecht: Haftung des Arbeitgebers
- Handbuch Arbeitsrecht: Haftung des Arbeitnehmers
- Arbeitsrecht aktuell: 20/109 Klage gegen Versetzung und Ausschlussfristen
- Arbeitsrecht aktuell: 19/082 EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern
- Arbeitsrecht aktuell: 18/150 Hemmung einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist durch Vergleichsverhandlungen
- Arbeitsrecht aktuell: 16/254 Neuregelung zur Schriftform bei Ausschlussfristen
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- Arbeitsrecht aktuell: 14/378 Klage wahrt Ausschlussfrist gemäß § 167 ZPO
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- Arbeitsrecht aktuell: 13/181 Ausschlussklausel und Vorsatz
- Arbeitsrecht aktuell: 12/092 Arbeitsvertragliche Ausschlussfrist und mangelnde Deutschkenntnis
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- Arbeitsrecht aktuell: 11/196 Ausschlussklausel in AGB wirkt gegen Arbeitgeber, auch wenn die Frist zu kurz ist
- Arbeitsrecht aktuell: 11/129 Dienstwagen: Schadensersatz bei Unfall mit dem Dienstwagen
Letzte Überarbeitung: 4. Januar 2021
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