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Kopftuch ist kein Kündigungsgrund
05.12.2002. Der Arbeitgeber kann im Rahmen seines Direktions- bzw. Weisungsrechts Regel für die Bekleidung der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer festlegen. Derartige Bekleidungsvorschriften müssen aber angemessen sein, d.h. sie müssen für die betroffenen Arbeitnehmer zumutbar sein.
Hier spielt unter anderem durch Art.4 Grundgesetz (GG) geschützte Glaubensfreiheit der Arbeitnehmer eine Rolle: Wenn der Glaube eines Arbeitnehmers diesem eine bestimmte Bekleidung vorschreibt, muß der Arbeitgeber darauf bei seinen Bekleidungsvorgaben Rücksicht nehmen.
Ob muslimische Verkäuferinnen, die regelmäßig in direktem Kundenkontakt stehen, entgegen einem Kopftuchverbot ihres Arbeitgebers Kunden gleichwohl mit Kopftuch bedienen können und ob sie sich dabei auf ihre Glaubensfreiheit berufen können, hat jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden. Dabei ging es um die Kündigung einer muslimischen Verkäuferin, die weisungswidrig mit einem islamischen Kopftuch bei der Arbeit erschien: BAG, Urteil vom 10.10.2002, 2 AZR 472/01.
- Was geht vor - die Bekleidungsvorgaben eines Kaufhausbetreibers oder der Wunsch einer Arbeitnehmer, ein Kopftuch zu tragen?
- Der Streitfall: Verkäuferin dem einzigen Kaufhaus einer Kleinstadt trägt beharrlich ein muslimisches Kopftuch wird gekündigt
- BAG: Auch in der Kleinstadt müssen Arbeitgeber Kopftücher ihrer Verkäuferinnen erst einmal tolerieren
Was geht vor - die Bekleidungsvorgaben eines Kaufhausbetreibers oder der Wunsch einer Arbeitnehmer, ein Kopftuch zu tragen?
Wie erwähnt kann der Arbeitgeber im Prinzip aufgrund seines Weisungsrechts Vorgaben für das "outfit" seiner Arbeitnehmer machen. Und an diese Regeln müssen die Arbeitnehmer sich dann auch bitteschön halten.
Andererseits muss der Arbeitgeber bei der Ausübung seines Weisungsrechts auch die berechtigten Belange seiner Arbeitnehmer berücksichtigen, und dazu gehört selbstverständlich auch die Glaubensfreiheit der Arbeitnehmer, die durch Art.4 GG geschützt ist. Weisungen, keine Rücksicht auf die Glaubensfreiheit der Arbeitnehmer nehmen, wären rechtswidrig.
Da ein muslimisches Kopftuch polarisiert, d.h. starke Zustimmung oder heftige Ablehnung hervorrufen kann, kann man einen Kaufhausbetreiber verstehen, wenn er es nicht so schön findet, dass seine Verkäuferinnen mit solchen Kopftüchern bekleidet die Kunden bedienen. Andererseits sieht man muslimische Kopftücher in deutschen Städten heutzutage auf Schritt und Tritt, d.h. sie gehören längst zum Alltag.
Vor diesem Hintergrund fragt sich, was beim Streit über das Kopftuch einer Verkäuferin vorgeht - die Vorgaben des Arbeitgebers oder die Glaubensfreiheit der Arbeitnehmerin.
Der Streitfall: Verkäuferin dem einzigen Kaufhaus einer Kleinstadt trägt beharrlich ein muslimisches Kopftuch wird gekündigt
In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall ging es um folgendes Problem:
Eine Arbeitnehmerin war Muslimin und arbeitete schon seit längerem als Verkäuferin. Ihr Arbeitgeber betreibt in einer hessischen Kleinstadt das einzige Kaufhaus mit insgesamt etwa einhundert Arbeitnehmern.
Die Arbeitnehmerin teilte nach längerer Abwesenheit aus dem Betrieb wegen eines Erziehungsurlaub dem Arbeitgeber mit, sie werde bei ihrer Tätigkeit künftig ein Kopftuch tragen. Ihre religiösen Vorstellungen hätten sich gewandelt. Der Islam verbiete es ihr, sich in der Öffentlichkeit ohne Kopftuch zu zeigen.
Der Arbeitgeber verlangte daraufhin, daß die Arbeitnehmerin ohne Kopftuch arbeiten solle. Nachdem die Arbeitnehmerin bei ihrer Auffassung blieb, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.10.1999, und zwar aus personenbedingten Gründen.
Dagegen erhob die gekündigte Arbeitnehmerin Kündigungsschutzklage. Sie hält die Kündigung für einen unzulässigen, weil unverhältnismäßigen Eingriff in ihre Glaubensfreiheit.
Der beklagte Arbeitgeber war dagegen der Meinung, ein Einsatz der Arbeitnehmerin mit einem "islamischen Kopftuch" sei ihm wegen des Zuschnitts seines Kaufhauses nicht zuzumuten. Eine "Erprobung" könne wegen des Risikos wirtschaftlicher Nachteile nicht erwartet werden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage der Arbeitnehmerin abgewiesen. Auch das Landesarbeitsgericht hat gegen die Arbeitnehmerin entschieden, d.h. es hat die Berufung der Arbeitnehmerin zurückgewiesen.
BAG: Auch in der Kleinstadt müssen Arbeitgeber Kopftücher ihrer Verkäuferinnen erst einmal tolerieren
Das Bundesarbeitsgericht hat sich der Meinung der Arbeitnehmerin angeschlossen und die Entscheidung der Vorinstanzen aufgehoben. Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts rechtfertigt die Weigerung der Arbeitnehmerin, ohne Kopftuch zu arbeiten, im vorliegenden Fall eine Kündigung nicht. Zur Begründung argumentiert das Bundesarbeitsgericht folgendermaßen:
Der Arbeitgeber muß bei einer auf das Direktionsrecht gestützten Festlegung von Bekleidungsregeln die durch Art.4 GG geschützte Glaubensfreiheit des Arbeitnehmers ausreichend berücksichtigen. Das Tragen eines Kopftuchs aus religiöser Überzeugung fällt in den Schutzbereich der Glaubensfreiheit.
Zwar wird auch die unternehmerische Betätigungsfreiheit des Arbeitgebers durch Grundrechte geschützt. Zwischen beiden Positionen ist daher ein Ausgleich herzustellen. Die bloße Befürchtung des Arbeitgebers, es werde im Falle des Einsatzes einer mit einem Kopftuch bekleideten Verkäuferin zu Störungen kommen, genügt bei dieser Abwägung aber nicht, die geschützte Position des Arbeitnehmers zurücktreten zu lassen.
Auch unter Berücksichtigung der vom Landesarbeitsgericht festgestellten örtlichen Verhältnisse ist es nicht ausreichend sicher, daß es bei der Beschäftigung einer Verkäuferin mit einem "islamischen Kopftuch" bei dem Arbeitgeber zu erheblichen wirtschaftlichen Beeinträchtigungen komme, etwa durch negative Reaktionen von Kunden. Dem Arbeitgeber ist es zuzumuten, die mit einem Kopftuch bekleidete Klägerin zunächst einmal einzusetzen und abzuwarten, ob sich seine Befürchtungen bestätigen. Sodann hätte der Arbeitgeber versuchen müssen, möglichen Störungen auf andere Weise als durch eine Kündigung der Klägerin zu beseitigen.
Fazit: Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts wird es Arbeitnehmern mit nicht-christlicher Religion künftig leichter machen, bei der Arbeit von ihrem christlichen oder konfessionslosen Arbeitgeber Rücksicht auf ihren Glauben zu verlangen.
Eine solche Rücksichtnahme ist nicht nur in Fragen der betrieblichen "Kleiderordnung", sondern auch in vielen anderen alltäglichen Situationen erforderlich, so zum Beispiel bei der Frage des Essens in der Kantine oder bei der Frage, ob kurze Arbeitsunterbrechungen zum Zwecke eines Gebets zu dulden sind.
Andererseits sind mit diesem "Kopfttuch-Urteil" des BAG nicht alle Fragen im Zusammenhang mit der Glaubensausübung am Arbeitsplatz jetzt pro Arbeitnehmer entschieden. Es gibt Berufe und Tätigkeiten, bei den der Arbeitgeber zurecht darauf bestehen kann, dass Kopftücher nicht getragen werden.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.10.2002, 2 AZR 472/01
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Religion oder Weltanschauung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Personenbedingte Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 19/031 Kopftuchverbot 2019 erneut vor dem EuGH
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- Arbeitsrecht aktuell: 17/045 Kopftuchverbot an Berliner Schulen
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- Arbeitsrecht aktuell: 16/125 Diskriminierung wegen Kopftuchs in Berlin?
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- Arbeitsrecht aktuell: 08/066 Abmahnung wegen Tragens einer „islamischen Baskenmütze“
Letzte Überarbeitung: 7. Februar 2019
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