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ARBEITSRECHT AKTUELL // 11/180

Be­triebs­rat: Ar­beits­be­frei­ung für Be­triebs­rats­ar­beit oh­ne vor­he­ri­ge Ab­mel­dung?

Ab­mel­de­pflicht von Be­triebs­rats­mit­glie­dern be­steht auch bei Be­triebs­rats­ar­beit am Ar­beits­platz: Bun­des­ar­beits­ge­richt, Be­schluss vom 29.06.2011, 7 ABR 135/09
Sitzung des Betriebsrats, Betriebsratsversammlung "Ich bin dann mal weg..."
15.09.2011. Auch Be­triebs­rats­mit­glie­der sind Ar­beit­neh­mer und müs­sen da­her ne­ben ih­ren Be­triebs­rats­auf­ga­ben ih­re ar­beits­ver­trag­li­chen Pflich­ten er­fül­len, d.h. ar­bei­ten. Ei­ne Aus­nah­me gilt nur für dau­er­haft frei­ge­stell­te Be­triebs­rats­mit­glie­der, die nur noch Be­triebs­rats­ar­beit leis­ten.

Da­mit nicht frei­ge­stell­te ("nor­ma­le") Be­triebs­rats­mit­glie­der ih­re Be­triebs­rats­auf­ga­ben er­le­di­gen kön­nen, gibt ih­nen das Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz (Be­trVG) ein Recht auf Be­frei­ung von der Ar­beit im Ein­zel­fall (§ 37 Abs. 2 Be­trVG).

Ob es die Be­triebs­rats­auf­ga­ben er­for­dern, die Ar­beit vor­über­ge­hend ru­hen zu las­sen, ent­schei­det erst ein­mal das Be­triebs­rats­mit­glied. Ei­ne Zu­stim­mung des Ar­beit­ge­bers ist nicht nö­tig, doch muss sich der Be­triebs­rat von der Ar­beit ab­mel­den.

Ob die­se Ab­mel­de­pflicht auch dann be­steht, wenn die Be­triebs­rats­ar­beit am Ar­beits­platz aus­ge­übt wer­den soll, hat vor kur­zem das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) ge­klärt (Be­schluss vom 29.06.2011, 7 ABR 135/09).

Sind Be­triebsräte zur Ab­mel­dung von der Ar­beit vor je­der Be­triebs­rats­ar­beits­ar­beit ver­pflich­tet?

Auch wenn der Ar­beit­ge­ber nicht zu­stim­men muss - wis­sen soll­te er es schon, wenn ein Be­triebs­rats­mit­glied sei­ne Ar­beit un­ter­bricht, um Be­triebs­rats­auf­ga­ben zu er­le­di­gen. Wie al­le Ar­beit­neh­mer müssen sich auch Be­triebs­rats­mit­glie­der vor ei­ner Ar­beits­ver­hin­de­rung beim Ar­beit­ge­ber oder Vor­ge­setz­ten ab­mel­den und da­bei auch die Dau­er der Ar­beits­ver­hin­de­rung mit­tei­len, da­mit sich der Ar­beit­ge­ber bzw. Vor­ge­setz­te auf den Ar­beits­aus­fall ein­stel­len und ihn über­brücken kann.

Aber gilt die Ab­mel­de­pflicht auch dann, wenn das Be­triebs­rats­mit­glied sei­nen Ar­beits­platz für sei­ne Be­triebs­rats­ar­beit gar nicht verlässt? Die­se Fra­ge hat vor kur­zem das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) be­ant­wor­tet (Be­schluss vom 29.06.2011, 7 ABR 135/09).

Bun­des­ar­beits­ge­richt: Ab­mel­de­pflicht be­steht auch bei Be­triebs­rats­ar­beit am Ar­beits­platz

Der Be­triebs­rat ei­nes Markt­for­schungs­un­ter­neh­mens woll­te ar­beits­ge­richt­lich fest­stel­len las­sen, dass sei­ne Mit­glie­der nicht ver­pflich­tet sind, sich bei der Ausführung von Be­triebs­ratstätig­keit am Ar­beits­platz an- und ab­zu­mel­den. Mit die­sem An­trag hat­te der Be­triebs­rat kei­nen Er­folg.

So­wohl das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Ba­den-Würt­tem­berg (LAG Ba­den-Würt­tem­berg, Be­schluss vom 15.05.2009, 18 TaBV 6/08) als auch das BAG mein­ten, dass sich die­se Fra­ge nicht all­ge­mein be­ant­wor­tet lässt (BAG, Be­schluss vom 29.06.2011, 7 ABR 135/09). 

Denn ob der Be­triebs­rat ver­pflich­tet ist, sich für Be­triebs­rats­auf­ga­ben von der Ar­beit ab­zu­mel­den, hängt von den Umständen des Ein­zel­falls ab. Da­zu gehören die Art der Ar­beits­auf­ga­be des Be­triebs­rats­mit­glieds und die vor­aus­sicht­li­che Dau­er der Ar­beits­un­ter­bre­chung. Hat sich ein Be­triebs­rats­mit­glied bei kur­zen Ar­beits­un­ter­bre­chun­gen nicht vor­her ab­ge­mel­det, ist es ver­pflich­tet, dem Ar­beit­ge­ber auf Ver­lan­gen nachträglich die Ge­samt­dau­er der Be­triebs­ratstätig­kei­ten mit­zu­tei­len.

Fa­zit: Auch Be­triebs­rats­mit­glie­der, die an ih­rem Ar­beits­platz Be­triebs­rats­auf­ga­ben er­le­di­gen, sind da­zu ver­pflich­tet, sich beim Ar­beit­ge­ber vor­her ab­zu­mel­den und ihn über die vor­aus­sicht­li­che Dau­er der Be­triebs­ratstätig­keit zu in­for­mie­ren. Das soll es dem Ar­beit­ge­ber ermögli­chen, den Ar­beits­aus­fall zu über­brücken.

Da­her be­steht kei­ne vor­he­ri­ge Mel­de­pflicht, wenn ei­ne vorüber­ge­hen­de Um­or­ga­ni­sa­ti­on der Ar­beits­ein­tei­lung "nicht ernst­haft in Be­tracht kommt", d.h. bei sehr kur­zen Ar­beits­un­ter­bre­chun­gen. Ob Be­triebsräte nun zur Ab­mel­dung ver­pflich­tet sind oder nicht, hängt da­mit von den Umständen des Ein­zel­falls ab. Be­triebs­rats­mit­glie­der, die Ab­mah­nun­gen ver­mei­den wol­len, soll­ten sich bes­ser ein­mal zu viel als ein­mal zu we­nig ab­mel­den.

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Hin­weis: In der Zwi­schen­zeit, d.h. nach Er­stel­lung die­ses Ar­ti­kels, hat das Ge­richt sei­ne Ent­schei­dungs­gründe schrift­lich ab­ge­fasst und veröffent­licht. Die Ent­schei­dungs­gründe im Voll­text fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 16. November 2020

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