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Keine einseitige Weisung, im Home-Office zu arbeiten
16.01.2019. Die Arbeit zu Hause in einem Home-Office ist für viele Arbeitnehmer attraktiv, zumindest als Ergänzung zur Tätigkeit im Betrieb.
Denn Home-Office-Arbeit spart Wegezeiten und erleichtert es damit jungen Eltern, Familie und Beruf unter einen Hut zu kriegen.
Ob der Arbeitgeber allerdings dazu berechtigt ist, einseitig per Weisung Home-Office-Arbeit zuzuweisen, ist eine andere Frage. In einem aktuellen Urteil hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg diese Frage mit nein beantwortet: LAG Berlin-Brandenburg, Urteil 14.11.2018, 17 Sa 562/18.
- Wie weit geht das Recht des Arbeitgebers, den Ort der Arbeitsleistung per Weisung festzulegen?
- Der Berliner Streitfall: Rentennaher Berliner Arbeitnehmer möchte auf seine alten Tage nicht mehr wie vom Arbeitgeber gewünscht in Ulm arbeiten
- LAG Berlin-Brandenburg: Der Arbeitgeber ist nicht allein aufgrund seines Weisungsrechts berechtigt, dem Arbeitnehmer Telearbeit im Heimbüro zuzuweisen
Wie weit geht das Recht des Arbeitgebers, den Ort der Arbeitsleistung per Weisung festzulegen?
Gemäß § 106 Satz 1 Gewerbeordnung (GewO) kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung „nach billigem Ermessen“ (= unter fairer Berücksichtigung der Interessen des Arbeitnehmers) einseitig bestimmen, falls diese Arbeitsbedingungen nicht durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag oder Gesetz festgelegt sind. Die rechtliche Möglichkeit des Arbeitgebers zu solchen einseitigen Anordnungen heißt Weisungsrecht bzw. Direktionsrecht.
Da Arbeitsverträge meistens keinen Arbeitsort festlegen, z.B. einen bestimmten Betrieb oder eine bestimmte Stadt, hat der Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) im Allgemeinen ein sehr weitgehendes Weisungsrecht in Bezug auf den Ort der Arbeitsleistung.
Grundsätzlich können alle Arbeitsorte innerhalb Deutschlands zugewiesen werden, wobei der Arbeitgeber allerdings auf die persönlichen Lebensumstände und die finanziellen Möglichkeiten des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen muss, da die Anweisung eines Ortswechsels andernfalls nicht billigem Ermessen entsprechen würde. So wäre z.B. die Anweisung, dass ein in Emden lebender Arbeitnehmer mit einem Monatseinkommen von 2.200 EUR brutto und drei schulpflichtigen Kindern künftig in München arbeiten solle, sehr wahrscheinlich „unbillig“ und daher im Ergebnis der Interessenabwägung unwirksam.
Fraglich ist, ob das Recht des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer per Weisung auf der Grundlage von § 106 Satz 1 GewO einen anderen Arbeitsort zuzuweisen, auch das Recht beinhaltet, den Arbeitnehmer zur Arbeit im Home-Office zu verpflichten.
Dafür spricht, dass Schreibtischtätigkeiten am Bildschirm heutzutage an (fast) jeden beliebigen Ort ausgeübt werden können, so dass es für die Arbeit und die Arbeitsergebnisse meist keine Rolle spielt, wo die Bildschirmarbeit verrichtet wird, d.h. im Betrieb oder im Home-Office.
Gegen eine solche Weisungsbefugnis des Arbeitgebers spricht allerdings, dass eine Tätigkeit im Heimbüro am Bildschirm das kollegiale Miteinander im Betrieb entfallen lässt und dem Arbeitnehmer viel Selbstdisziplin abverlangt, da die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit im Home-Office sonst verschwimmen.
Der Berliner Streitfall: Rentennaher Berliner Arbeitnehmer möchte auf seine alten Tage nicht mehr wie vom Arbeitgeber gewünscht in Ulm arbeiten
In dem Fall des LAG Berlin-Brandenburg ging es um einen 63-jährigen Arbeitnehmer, der in Berlin nicht mehr regulär beschäftigt werden konnte, da der dortige Betrieb des Arbeitgebers infolge von konzernweiten Umstrukturierungsmaßnahmen aufgelöst worden war.
Der Arbeitgeber schlug dem Arbeitnehmer daher im April 2017 vor, künftig für einen Betrieb in Ulm zu arbeiten, und zwar per Telearbeit vom Berliner Home-Office aus. Der Arbeitnehmer lehnte diesen Vorschlag ab.
Aufgrund dieser ablehnenden Haltung verhärteten sich die Fronten bis hin dazu, dass der Arbeitgeber eine Abmahnung und zuletzt eine fristlose Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen aussprach, nämlich wegen (angeblicher) beharrlicher Arbeitsverweigerung.
Der Arbeitnehmer klagte gegen die Abmahnung und die Kündigung und hatte damit in der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht Berlin Erfolg (Urteil vom 23.02.2018, 6 Ca 10310/17).
LAG Berlin-Brandenburg: Der Arbeitgeber ist nicht allein aufgrund seines Weisungsrechts berechtigt, dem Arbeitnehmer Telearbeit im Heimbüro zuzuweisen
Auch vor dem LAG Berlin-Brandenburg konnte sich der Arbeitnehmer durchsetzen. Das LAG wies die Berufung des Arbeitgebers zurück. In den Urteilsgründen heißt es:
Der Arbeitnehmer war weder aufgrund seines Arbeitsvertrages noch aufgrund einer Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV), auf die sich der Arbeitgeber im Prozess gestützt hatte, zur Arbeit im Home-Office verpflichtet. So sah die GBV lediglich vor, dass Arbeitnehmern wie dem Kläger eine vorübergehende Home-Office-Tätigkeit angeboten werden sollte, doch enthielt sie keine Pflicht, ein solches Angebot auch anzunehmen.
Darüber hinaus hatte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zwar ein Schreiben mit dem Betreff „Versetzung“ zukommen lassen, doch wurde der Arbeitnehmer in diesem Schreiben ausdrücklich um Zustimmung zu einer künftigen Tätigkeit im Home-Office gebeten, so dass das LAG dieses Schreiben nicht als einseitige Weisung bzw. Versetzung bewertete.
Aber selbst wenn der Arbeitgeber eine solche Weisung ausgesprochen hätte, wäre sie nach Ansicht der Berliner Richter unwirksam. Denn der Arbeitgeber würde mit einer solchen Weisung den „vereinbarten Vertragsrahmen“ überschreiten und könnte sich auch nicht auf § 106 Satz 1 GewO stützen könnte. Hierzu heißt es in dem Urteil (Rn.23):
„Die Umstände einer ausschließlich in der eigenen Wohnung zu verrichtenden Arbeit sind mit einer Tätigkeit, die in einer Betriebsstätte zusammen mit weiteren Mitarbeitern des Arbeitgebers auszuüben ist, nicht zu vergleichen. Der Arbeitnehmer verliert den unmittelbaren Kontakt zu seinen Kollegen und die Möglichkeit, sich mit ihnen auszutauschen, wird deutlich verringert. Auch werden die Grenzen von Arbeit und Freizeit fließend. Der Arbeitnehmer ist für die betriebliche Interessenvertretung und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften schwerer erreichbar. Dass Arbeitnehmer gleichwohl z.B. zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf an einer Telearbeit interessiert sein können, ändert nichts daran, dass diese Form der Arbeit einem Arbeitnehmer in aller Regel nicht einseitig von dem Arbeitgeber zugewiesen werden kann.“
Fazit: Im Normalfall beinhaltet ein Arbeitsvertrag nicht die Pflicht des Arbeitnehmers, auf Anweisung des Arbeitgebers von zu Hause aus bzw. im Home-Office zu arbeiten. Denn wie das LAG Berlin-Brandenburg zurecht betont, verändert die Tätigkeit zu Hause am Schreibtisch nicht nur den Ort der Arbeit, sondern auch Inhalt und Umstände der Arbeitsleistung.
Gibt es daher für eine solche Arbeitsform keine Rechtsgrundlage in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung, ist eine ausdrückliche arbeitsvertragliche Vereinbarung erforderlich. Diese sollte in einer separaten, d.h. vom übrigen Arbeitsvertrag getrennten Zusatzvereinbarung enthalten sein, die beiderseits innerhalb einer festgelegten Frist kündbar sein sollte.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil 14.11.2018, 17 Sa 562/18
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Versetzungsvorbehalt, Versetzungsklausel
- Handbuch Arbeitsrecht: Coronavirus und Arbeitsrecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Home-Office
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung - Kündigungsgründe
- Handbuch Arbeitsrecht: Versetzung
- Handbuch Arbeitsrecht: Weisungsrecht
- Arbeitsrecht aktuell: 20/060 Versetzung wegen Konflikten am Arbeitsplatz
- Arbeitsrecht aktuell: 17/241 Unbillige Weisungen sind unverbindlich
- Arbeitsrecht aktuell: 17/068 Einstweilige Verfügung bei Streit um den Arbeitsort
- Arbeitsrecht aktuell: 14/398 Versetzung und Arbeitsverweigerung
- Arbeitsrecht aktuell: 13/146 Fristlose Kündigung wegen angeblicher Arbeitsverweigerung
- Arbeitsrecht aktuell: 10/041 Weisungsrecht: Lage der Arbeitszeit darf nicht ausgrenzen
- Arbeitsrecht aktuell: 09/111 BAG: Keine Pflicht zu Gespräch über Vertragsänderung
Letzte Überarbeitung: 28. September 2021
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