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Sächsisches LAG, Urteil vom 14.01.2014, 1 Sa 266/13
Schlagworte: | Abmahnung, Kündigung, Personalakte | |
Gericht: | Sächsisches Landesarbeitsgericht | |
Aktenzeichen: | 1 Sa 266/13 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 14.01.2014 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Leipzig - 7 Ca 2855/12 | |
Sächsisches
Landesarbeitsgericht
Zwickauer Straße 54, 09112 Chemnitz
Postfach 7 04, 09007 Chemnitz
Bitte bei allen Schreiben angeben:
Az.: 1 Sa 266/13
7 Ca 2855/12 ArbG Leipzig
Verkündet am 14. Januar 2014
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Rechtsstreit
...
hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 1 - durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Herrn ... und Herrn ... auf die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2013
für Recht erkannt:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 14. März 2013 – 7 Ca 2855/12 – wird auf Kosten der Klägerin
z u r ü c k g e w i e s e n .
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage die Entfernung zweier Abmahnungen vom 13. Juli 2012 aus ihrer Personalakte.
Die Klägerin war vom 14. September 1998 bis zum 30. September 2012 als Verwaltungsmitarbeiterin zu einem Monatsgehalt in Höhe von zuletzt 2.141,62 € brutto
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beschäftigt. Die Beklagte erteilte der Klägerin zwei Abmahnungen vom 13. Juli 2012 (Anlagen 1.2, Bl. 5 und 6 d. A.).
Die Klägerin hat vorgetragen, ein Anspruch auf Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte bestehe auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Abmahnungen beeinträchtigten die Klägerin auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in ihrem beruflichen Fortkommen. Die Klägerin übe bei der Beklagten eine Nebentätigkeit aus, welche ihr aufgrund eines von der Beklagten erteilten Hausverbots vom 7. August 2012 gekündigt worden sei. Die Abmahnungen seien auch inhaltlich unzutreffend, denn die Klägerin habe keine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte wird verurteilt, die Abmahnung vom 13. Juli 2012 betreffend "das Verhalten der Klägerin am 13. Juli 2012" aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen;
2. die Beklagte wird verurteilt, die Abmahnung vom 13. Juli 2012 betreffend "interne Informationen in Sachen .../..." aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Entfernung der zu ihrer Personalakte genommenen Abmahnungen, denn beide Abmahnungen seien formell ordnungsgemäß erfolgt und auch inhaltlich zutreffend. Die Klägerin habe die ihr vorgehaltenen Arbeitsvertragspflichtverletzungen begangen. Im Übrigen bestehe ein Entfernungsanspruch auch deshalb nicht, weil das Arbeitsverhältnis beendet und nicht erkennbar sei, dass die Abmahnungen die Klägerin noch beeinträchtigen könnten.
Das Arbeitsgericht Leipzig hat mit Urteil vom 14. März 2013 – 7 Ca 2855/12 – die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Anspruch auf Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte bestehe nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich nicht. Der Ausnahmefall, in dem die in der Perso-
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nalakte verbleibenden Abmahnungen die Klägerin in ihrem beruflichen Fortkommen beeinträchtigen könnten, liege nicht vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 52 ff. d. A.) Bezug genommen. Gegen das der Klägerin am 2. April 2013 zugestellte Urteil hat sie mit Schriftsatz, der am 26. April 2013 beim Sächsischen Landesarbeitsgericht eingegangen ist, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz, der innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 1. Juli 2013 beim Sächsischen Landesarbeitsgericht eingegangen ist, begründet.
Die Klägerin trägt vor, das Arbeitsgericht Leipzig habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die streitgegenständlichen Abmahnungen seien unrichtig, so dass ein Entfernungsanspruch bestehe. Entgegen der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei seit der Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes durch das "Gesetz zur Änderung datenschutzrechtlicher Vorschriften" vom 14. August 2009 ein besonderes Rechtsschutzinteresse an einem Entfernungsanspruch auch im beendeten Arbeitsverhältnis nicht mehr erforderlich. Das Bundesarbeitsgericht habe in seiner Entscheidung vom 16. November 2010 – 9 AZR 573/09 – ausgeführt, aus der Ausstrahlung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers in Schutz- und Rücksichtnahmepflichten des Arbeitgebers gemäß § 241 Abs. 2 BGB folge jedenfalls auch die Pflicht des Arbeitgebers, keine unrichtigen Daten über den Arbeitnehmer aufzubewahren. Dies müsse der Arbeitnehmer durch sein auch nachvertragliches Einsichtsrecht kontrollieren können. Mit dem Anspruch auf Kontrolle korrespondiere ein Anspruch, diese Schutz- und Rücksichtnahmepflichten auch nachvertraglich durchzusetzen. Dementsprechend habe das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass bei der Einsichtnahme in Personalakten es lediglich um einen den Beseitigungs- oder Korrekturanspruch vorgelagerten Transparenzschutz hinsichtlich des fremdgeschaffenen und zeitlich aufbewahrten Meinungsbildes gehe. Wenn demnach schon für die Einsichtnahme in die Personalakte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein konkretes berechtigtes Interesse vorliegen müsse, könne ein Arbeitnehmer auch nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses die Entfernung persönlichkeitsrechtsverletzender Informationen verlangen. Unabhängig davon liege indessen eine konkrete Beeinträchtigung der Berufschancen der Klägerin vor. Das Hausverbot und die Kündigung der Nebentätigkeit stünden im
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direkten Zusammenhang mit den fehlerhaften Abmahnungen. Mit der Erteilung der fehlerhaften Abmahnungen habe die Beklagte in rechtswidriger Weise personenbezogene Daten erhoben, so dass sich ein Entfernungsanspruch jedenfalls aus datenschutzrechtlichen Vorschriften ergebe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 14. März 2013 – 7 Ca 2855/12 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 13. Juli 2012 betreffend "das Verhalten der Klägerin am 13. Juli 2012" sowie die Abmahnung vom 13. Juli 2012 betreffend "interne Informationen in Sachen .../..." aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil mit Rechtsausführungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll nach § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe :
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Das Arbeitsgericht Leipzig hat die Klage zu Recht abgewiesen.
A.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist nach § 64 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 lit. b) an sich statthaft und auch im Übrigen form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 1 und 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).
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B.
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Entfernung der streitgegenständlichen Abmahnungen vom 13. Juli 2012 aus ihrer Personalakte. Dies hat das Arbeitsgericht Leipzig zu Recht entschieden.
I.
1. In entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB können Arbeitnehmer die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen. Der Anspruch besteht, wenn die Abmahnung entweder inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, und auch dann, wenn selbst bei einer zu Recht erteilten Abmahnung kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers mehr an deren Verbleib in der Personalakte besteht (BAG vom 19. Juli 2012 – 2 AZR 782/11 – NZA 2013, 91 m. w. N.).
Dieser Anspruch besteht grundsätzlich nur im bestehenden Arbeitsverhältnis. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat ein Arbeitnehmer regelmäßig keinen Anspruch mehr auf Entfernung selbst einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte. Ein solcher Anspruch kann nur ausnahmsweise gegeben sein, wenn objektive Anhaltspunkte dazu bestehen, eine Abmahnung könne dem Arbeitnehmer auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schaden (BAG vom 19. April 2012 – 2 AZR 233/11 – NJW 2012, 3740).
Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich ein weitergehender Anspruch auch nicht aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16. November 2010 (– 9 AZR 573/09 – BAGE 136, 156). In jener Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Einsicht in seine vom ehemaligen Arbeitgeber weiter aufbewahrte Personalakte auch nach Beendigung des Ar-
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beitsverhältnisses gemäß § 241 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 GG anerkannt. Aus dem Einsichtsrecht folgt ein Beseitigungsanspruch unter den soeben dargelegten Voraussetzungen nämlich dann, wenn auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Verbleib der Abmahnungen in der Personalakte dem Arbeitnehmer schaden könnte. Ein Entfernungsanspruch, ohne dass diese Voraussetzung vorliegen müsste, besteht nicht (so BAG vom 19. April 2012 – 2 AZR 233/11 – a. a. O.; so bereits BAG vom 11. Mai 1994 – 5 AZR 660/93 – EzBAT § 13 BAT Nr. 30; nicht richtig LAG Berlin-Brandenburg vom 18. Juli 2011 – 10 Ta 1325/11 –).
2. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze hat die Klägerin keinen Anspruch auf Entfernung der streitgegenständlichen Abmahnungen aus ihrer Personalakte.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist zum 30. September 2012 aufgelöst worden, so dass nach der Auflösung des Arbeitsverhältnisses ein Anspruch auf Entfernung der streitgegenständlichen Abmahnungen aus der Personalakte nicht (mehr) besteht.
Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass die streitgegenständlichen Abmahnungen ihr über das Ende des Arbeitsverhältnisses der Parteien hinaus schaden könnten. Zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass die Klägerin zwischenzeitlich ein neues Arbeitsverhältnis habe, die Beklagte der Klägerin ein nicht angefochtenes und damit zufriedenstellendes Arbeitszeugnis erstellt hat und auch keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Abmahnungen potenziell neuen Arbeitgebern der Klägerin zu ihrem Schaden mitteilen könnte. Zu Recht hat das Arbeitsgericht auch festgestellt, dass keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das erteilte Hausverbot und die Kündigung der Nebentätigkeit mit den Abmahnungen im Zusammenhang stehen. Im Übrigen könnte ein solches Hausverbot bzw. eine Kündigung der Nebentätigkeit unabhängig von den streitgegenständlichen Abmahnungen erfolgen.
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II.
1. Der streitgegenständliche Entfernungsanspruch besteht auch nicht nach den §§ 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 i. V. m. 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG. Nach § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BDSG sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn sie für eigene Zwecke verarbeitet werden, sobald ihre Kenntnis für die Erfüllung des Zwecks der Speicherung nicht mehr erforderlich ist. Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist.
2. Danach besteht ein Löschungs- bzw. Entfernungsanspruch der streitgegenständlichen Abmahnungen aus den von der Beklagten in Papierform geführten Personalakten schon deshalb nicht, weil durch Personalakten in Papierform keine personenbezogenen Daten unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen i. S. v. § 3 Abs. 2 Satz 1 BDSG i. V. m. § 27 Abs. 1 Satz 1 BDSG verarbeitet werden (so BAG vom 16. November 2010 – 9 AZR 573/09 – a. a. O.).
Ebenso wenig ist davon auszugehen, dass die Personalakte der Klägerin eine nicht automatisierte Datei i. S. v. § 3 Abs. 2 Satz 2 BDSG i. V. m. § 27 Abs. 1 Satz 1 BDSG ist. Danach ist eine nicht automatisierte Datei jede nicht automatisierte Sammlung personenbezogener Daten, die gleichartig aufgebaut und nach bestimmten Merkmalen zugänglich ist und ausgewertet werden kann. Erforderlich ist ein gleichartiger Aufbau, der einen leichten Zugriff auf das strukturierte Aktengefüge zur Sammlung personenbezogener Daten ermöglicht (vgl. BAG vom 16. November 2010 – 9 AZR 573/09 – a. a. O.). Die Klägerin hat ein derartiges strukturelles Aktengefüge nicht behauptet.
Dem steht auch nicht § 32 Abs. 2 BDSG entgegen. Danach ist § 32 Abs. 1 BDSG auch anzuwenden, wenn personenbezogene Dateien erhoben, verarbeitet oder ge-
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nutzt werden, ohne dass sie automatisiert verarbeitet oder in oder aus einer nicht automatisierten Datei verarbeitet, genutzt oder für die Verarbeitung oder Nutzung in einer solchen Datei erhoben werden. Der § 32 Abs. 2 BDSG bezieht sich nicht auf den gesamten dritten Abschnitt des BDSG, sondern enthält eine begrenzte Ausnahmeregelung zu § 32 Abs. 1 BDSG und kann nicht verallgemeinernd auf den gesamten dritten Abschnitt des BDSG, so auch nicht auf die §§ 33 bis 35 BDSG bezogen werden (so BAG vom 16. November 2011 – 9 AZR 573/09 – a. a. O.). Danach gelten die BDSG-Auskunfts- und Korrekturrechte, insbesondere § 35 BDSG nur bei automatisierter bzw. dateigebundener Verarbeitung (so auch Gola/Schomerus, BDSG, 11. Auflage 2012 § 32 Rz. 8). Diese Voraussetzung liegt nicht vor.
C.
Die Kosten der Berufung hat die unterlegene Klägerin nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Veranlassung für die Zulassung der Revision bestand nicht.
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