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ARBEITSRECHT AKTUELL // 06/12

BAG: Ver­län­ge­rung von Zeit­ver­trä­gen un­ter ge­än­der­ten Ar­beits­be­din­gun­gen

Auch ge­ring­fü­gi­ge Lohn­er­hö­hun­gen kön­nen nicht zu­sam­men mit ei­ner sach­grund­lo­sen Ver­län­ge­rung ei­nes Zeit­ver­trags ver­ein­bart wer­den: Bun­des­ar­beits­ge­richt, Ur­teil vom 23.08.2006, 7 AZR 12/06
Abrisskalender Hier ist das BAG stur: Ent­we­der Ver­län­ge­rung ei­nes Zeit­ver­trags oder Än­de­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen

26.08.2006. Das Ge­setz über Teil­zeit­ar­beit und be­fris­te­te Ar­beits­ver­trä­ge (Tz­B­fG) er­mög­licht die höchs­tens drei­ma­li­ge Ver­län­ge­rung ei­nes sach­grund­los be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags bis zu ei­ner Ge­samt­dau­er von höchs­tens zwei Jah­ren.

Ei­ne sol­che Ver­län­ge­rung setzt vor­aus, dass sie noch wäh­rend der Lauf­zeit des zu ver­län­gern­den Ver­trags ver­ein­bart wird und zu­dem, dass da­mit nur die Ver­trags­dau­er ge­än­dert wird, nicht aber die üb­ri­gen Ar­beits­be­din­gun­gen (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG).

Ob ei­ne Än­de­rung der Ver­trags­be­din­gun­gen, die ei­ne Ver­län­ge­rungs­ver­ein­ba­rung aus­schließt und als Ab­schluss ei­nes un­be­fris­te­ten Ar­beits­ver­hält­nis­ses zu be­wer­ten ist, schon dann vor­liegt, wenn ei­ne nur ge­ring­fü­gi­ge Lohn­er­hö­hung von 0,50 EUR ver­ein­bart wird, hat vor kur­zem das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) ent­schie­den, BAG, Ur­teil vom 23.08.2006, 7 AZR 12/06.

Ent­we­der sach­grund­lo­se Verlänge­rung ei­nes Zeit­ver­trags im Zwei­jah­res­zeit­raum oder Ver­tragsände­rung - ei­ne Al­ter­na­ti­ve oh­ne Wenn und Aber?

Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG ist die höchs­tens drei­ma­li­ge Verlänge­rung ei­nes oh­ne sach­li­chen Grund be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags bis zur Ge­samt­dau­er von zwei Jah­ren zulässig. Ei­ne Verlänge­rung gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG setzt vor­aus,

  • dass sie noch während der Lauf­zeit des zu verlängern­den Ver­trags ver­ein­bart und
  • dass durch die Verlänge­rung nur die Ver­trags­dau­er geändert bzw. verlängert wird, nicht aber die übri­gen Ar­beits­be­din­gun­gen.

Frag­lich ist, ob das Ände­rungs­ver­bot auch gilt, wenn die geänder­ten Ar­beits­be­din­gun­gen für den Ar­beit­neh­mer güns­ti­ger sind. Nach der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung des BAG ist das zwar so, doch kann man das zu­min­dest für den Fall ei­ner ge­ringfügi­gen Loh­nerhöhung be­zwei­feln.

Zu die­ser Fra­ge hat das BAG mit Ur­teil vom 23.08.2006 (7 AZR 12/06) Stel­lung ge­nom­men.

Der Fall des BAG: Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer kom­bi­nie­ren die sach­grund­lo­se Verlänge­rung um ein Jahr mit ei­ner Loh­nerhöhung um 0,50 EUR, die aber mögli­cher­wei­se schon vor­ab zu­ge­sagt wor­den war

Der kla­gen­de Ar­beit­neh­mer wur­de von dem be­klag­ten Ar­beit­ge­ber am 07.04.2003 für ein Jahr be­fris­tet ein­ge­stellt, wo­bei ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG ver­ein­bart wur­de.

Gut zwei Mo­na­te vor Ab­lauf der ver­ein­bar­ten einjähri­gen Lauf­zeit, nämlich am 06.02.2004, ver­ein­bar­ten die Par­tei­en für die Zeit ab dem 07.04.2004 bis zum 06.04.2005 ei­ne wei­te­re Be­fris­tung für ein Jahr. Der zwei­te Ar­beits­ver­trag ent­sprach da­bei bis auf ei­ne Loh­nerhöhung von 0,50 EUR brut­to dem bis­he­ri­gen Ver­trag vom 07.04.2003.

Zu der Loh­nerhöhung hat­te der Ar­beit­ge­ber vor dem Ar­beits- und dem Lan­des­ar­beits­ge­richt vor­ge­tra­gen, dass er im zeit­li­chen Zu­sam­men­hang mit der Ver­ein­ba­rung der Ver­trags­verlänge­rung am 06.02.2004 al­len Mit­ar­bei­tern den Lohn an­ge­mes­sen und maßvoll erhöht ha­be. Zum 01.02.2004 hätten nämlich zwölf Mit­ar­bei­ter ei­nen zwi­schen 0,19 EUR und 0,50 EUR höhe­ren St­un­den­lohn er­hal­ten.

Ar­beits­ge­richt und Lan­des­ar­beits­ge­richt ha­ben an­ge­nom­men, dass es sich bei dem Ver­trag vom 06.02.2004 um ei­ne zulässi­ge Verlänge­rung des Ar­beits­ver­trags vom 07.04.2003 han­delt und da­her die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

Da­bei hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt die Rechts­auf­fas­sung ver­tre­ten, die im Ver­trag vom 06.02.2004 ver­ein­bar­te Be­fris­tung sei wirk­sam, weil die Ver­ein­ba­rung von güns­ti­ge­ren Ar­beits­be­din­gun­gen bei der einjähri­gen Verlänge­rung ei­nes zunächst für ein Jahr nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG sach­grund­los be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags den ge­setz­li­chen An­for­de­run­gen ent­spre­che und da­her als zulässi­ge Verlänge­rung im Sin­ne die­ser Be­stim­mung an­zu­se­hen sei.

BAG: Kei­ne sach­grund­lo­se Verlänge­rung zu­sam­men mit ei­ner Loh­nerhöhung

Auf die Re­vi­si­on des Ar­beit­neh­mers hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt das LAG-Ur­teil auf­ge­ho­ben und den Rechts­streit an das LAG zurück­ver­wie­sen. Zur Be­gründung heißt es:

Die Verlänge­rung ei­nes sach­grund­los be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags in­ner­halb des Zwei­jah­res­zeit­raums des § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG kann nicht mit ei­ner gleich­zei­tig ge­trof­fe­nen Ver­ein­ba­rung ei­ner Ge­halts­erhöhung ver­bun­den wer­den. Auch die Ver­ein­ba­rung güns­ti­ge­rer Ar­beits­be­din­gun­gen stellt da­her ei­nen ar­beits­ver­trag­li­chen Neu­ab­schluss dar, der al­ler­dings nicht sach­grund­los be­fris­tet wer­den kann, da der zu­vor be­reits be­ste­hen­de Zeit­ver­trag ei­ne sol­che Möglich­keit nach dem Ge­setz aus­sch­ließt.

Al­ler­dings könn­te hier im Streit­fall ei­ne be­son­de­re Si­tua­ti­on be­ste­hen, falls der Ar­beit­ge­ber zum 01.02.2004 ei­ne all­ge­mei­ne Loh­nerhöhung um­ge­setzt ha­ben soll­te. Dann könn­te der Ar­beit­neh­mer mögli­cher­wei­se be­reits vor der schrift­li­chen Ver­ein­ba­rung der Ver­trags­verlänge­rung am 06.02.2004 ei­nen An­spruch auf die im Ver­trag fest­ge­hal­te­ne Loh­nerhöhung ge­habt ha­ben.

Das wie­der­um würde be­deu­ten, dass die Loh­nerhöhung um 0,50 EUR pro St­un­de kei­ne zu­gleich mit der Ver­trags­verlänge­rung ge­trof­fe­ne Ver­ein­ba­rung wäre, son­dern dass die Verlänge­rungs­ver­ein­ba­rung vom 06.02.2004 die­sen be­reits vor­her be­ste­hen­den An­spruch nur fest­ge­hal­ten hätte. Das wäre zulässig, so das BAG, d.h. dann läge kein Neu­ab­schluss vor, son­dern ei­ne rei­ne Ver­trags­verlänge­rung im Sin­ne von § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG.

Da das LAG zu die­sen Fra­gen kei­ne aus­rei­chen­den Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen hat­te, muss­te das BAG den Pro­zess zur wei­te­ren Aufklärung des Sach­ver­hal­tes an das LAG zurück­ver­wei­sen.

Fa­zit: Hat der Ar­beit­neh­mer dem Ar­beit­neh­mer die Erhöhung des Lohns be­reits vor dem Ab­schluss ei­nes Verlänge­rungs­ver­trags ver­bind­lich zu­ge­sagt oder gewährt er al­len an­de­ren Ar­beit­neh­mern zeit­gleich ei­ne Loh­nerhöhung und kann den be­fris­tet beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer von der Erhöhung nicht aus­neh­men, kann die Loh­nerhöhung in ei­ner Verlänge­rungs­ver­ein­ba­rung schrift­lich fest­ge­hal­ten wer­den, oh­ne dass ein Neu­ab­schluss vor­liegt.

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Letzte Überarbeitung: 18. Mai 2017

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