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BAG, Ur­teil vom 10.10.2007, 7 AZR 795/06

   
Schlagworte: Befristung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 7 AZR 795/06
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 10.10.2007
   
Leitsätze: Auf § 14 Abs 1 S 2 Nr 2 TzBfG kann nur die Befristung des ersten Arbeitsvertrags gestützt werden, den der Arbeitnehmer im Anschluss an seine Ausbildung oder sein Studium abschließt. Eine Vertragsverlängerung ist mit dem in dieser Vorschrift normierten Sachgrund nicht möglich.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Köln Landesarbeitsgericht Köln
   

 


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT


7 AZR 795/06
13 Sa 124/06
Lan­des­ar­beits­ge­richt Köln

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am
10. Ok­to­ber 2007

UR­TEIL

Schie­ge, Ur­kunds­be­am­ter

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläge­rin, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Sieb­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf Grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 10. Ok­to­ber 2007 durch den Vi­ze­präsi­den­ten des Bun­des­ar­beits­ge­richts Dörner, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Gräfl, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Koch so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Busch und Zwis­ler für Recht er­kannt:


Auf die Re­vi­si­on der Kläge­rin wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Köln vom 13. Ju­ni 2006 - 13 Sa 124/06 - auf­ge­ho­ben.
 

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Auf die Be­ru­fung der Kläge­rin wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Köln vom 9. De­zem­ber 2005 - 5 Ca 7566/05 - ab­geändert:

Es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en nicht auf Grund der in dem Ände­rungs­ver­trag vom 9. De­zem­ber 2004 ver­ein­bar­ten Be­fris­tung mit Ab­lauf des 23. Ju­li 2005 ge­en­det hat.


Die Be­klag­te hat die Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen.


Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand


 

Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob ihr Ar­beits­verhält­nis auf Grund Be­fris­tung am 23. Ju­li 2005 ge­en­det hat.

Die Kläge­rin ab­sol­vier­te an der Fach­hoch­schu­le ei­ne Aus­bil­dung zur Büro­kom­mu­ni­ka­ti­ons­kauf­frau, die sie am 23. Ju­li 2003 er­folg­reich ab­schloss. Nach ei­nem Er­lass des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums des In­ne­ren vom 31. Ja­nu­ar 2001 kann mit ehe­ma­li­gen Aus­zu­bil­den­den nach be­stan­de­ner Ab­schluss­prüfung ein auf 24 Mo­na­te be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis ab­ge­schlos­sen wer­den. Die Par­tei­en ver­ein­bar­ten am 15. Au­gust 2003 ei­nen be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag, nach des­sen § 1 die Kläge­rin ab dem 24. Ju­li 2003 bei der Fach­hoch­schu­le „nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 des Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­set­zes (Tz­B­fG) ... i.V.m. Pro­to­koll­no­tiz Nr. 1 zu Nr. 1a SR 2 y BAT we­gen Vor­lie­gen ei­nes sach­li­chen Grun­des (Be­fris­tung im An­schluss an ei­ne Aus­bil­dung, um den Über­gang des Ar­beit­neh­mers in ei­ne An­schluss­beschäfti­gung zu er­leich­tern)“ als Zeit­an­ge­stell­te bis zum 23. Ju­li 2004 ein­ge­stellt wur­de. Nach § 2 des Ar­beits­ver­trags be­stimm­te sich das Ar­beits­verhält­nis nach dem BAT und den die­sen ergänzen­den, ändern­den oder er­set­zen­den Ta­rif­verträgen in der für den Be­reich des Bun­des je­weils gel­ten­den Fas­sung, ins­be­son­de­re nach den SR 2y BAT. Durch Ände­rungs­ver­trag vom 25./26. Mai 2004 ver­ein­bar­ten die Par­tei­en die Ver­trags­verlänge­rung bis zum 26. Ja­nu­ar 2005. Mit ei­nem wei­te­ren Ände­rungs­ver­trag vom 9. De­zem­ber 2004 wur­de die Ver­trags­lauf­zeit bis zum 23. Ju­li 2005 verlängert.

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Mit der am 12. Au­gust 2005 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge hat die Kläge­rin die Fest­stel­lung ei­nes un­be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses be­gehrt und ge­meint, die Be­fris­tun­gen sei­en man­gels ei­nes sie recht­fer­ti­gen­den Sach­grunds un­wirk­sam. Die Vor­aus­set­zun­gen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tz­B­fG lägen nicht vor.


Die Kläge­rin hat be­an­tragt, 

1. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen der Kläge­rin und der Be­klag­ten über den 23. Ju­li 2005 hin­aus als un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis fort­be­steht,

2. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, sie für den Fall des Ob­sie­gens mit dem Fest­stel­lungs­an­trag zu 1) zu den bis­he­ri­gen, ver­trag­lich ge­re­gel­ten Ar­beits­be­din­gun­gen als Ver­wal­tungs­an­ge­stell­te in der Fach­hoch­schu­le wei­ter­zu­beschäfti­gen.

Die Be­klag­te hat Kla­ge­ab­wei­sung be­an­tragt. 


Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung der Kläge­rin zurück­ge­wie­sen. Mit der Re­vi­si­on ver­folgt die Kläge­rin den Kla­ge­an­trag zu 1) wei­ter. Die Be­klag­te be­an­tragt die Zurück­wei­sung der Re­vi­si­on.

 

Ent­schei­dungs­gründe

 

Die Re­vi­si­on ist be­gründet und führt un­ter Auf­he­bung des Be­ru­fungs­ur­teils und Abände­rung der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung zu der Fest­stel­lung, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en nicht auf Grund der in dem Ände­rungs­ver­trag vom 9. De­zem­ber 2004 ver­ein­bar­ten Be­fris­tung mit Ab­lauf des 23. Ju­li 2005 ge­en­det hat. Die Vor­in­stan­zen ha­ben die zulässi­ge, als Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge zu ver­ste­hen­de Kla­ge zu Un­recht als un­be­gründet ab­ge­wie­sen. Die in dem Ände­rungs­ver­trag vom 9. De­zem­ber 2004 ver­ein­bar­te Be­fris­tung zum 23. Ju­li 2005 ist un­wirk­sam, da sie nicht durch ei­nen sach­li­chen Grund nach § 14 Abs. 1 Tz­B­fG ge­recht­fer­tigt ist.


I. Die Kla­ge ist zulässig. Bei der Kla­ge han­delt es sich trotz des nicht an den Vor­ga­ben des § 17 Satz 1 Tz­B­fG ori­en­tier­ten An­trags­wort­lauts um ei­ne Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge, mit der die Kläge­rin die Fest­stel­lung be­gehrt, dass das Ar­beits­verhält­nis nicht auf Grund der in dem Ände­rungs­ver­trag vom 9. De­zem­ber 2004 ver­ein­bar­te Be­fris­tung am 23. Ju­li 2005 ge­en­det hat. Die Kläge­rin macht al­lein die Un­wirk­sam­keit der zu die­sem Zeit­punkt ver­ein­bar­ten Be­fris­tung gel­tend. Wei­te­re Be­en­di­gungs­tat­be-
 


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stände oder -zeit­punk­te sind zwi­schen den Par­tei­en nicht im Streit. Dem hat der Se­nat bei der Te­n­o­rie­rung Rech­nung ge­tra­gen.

II. Die Kla­ge ist be­gründet. 

Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en hat nicht auf Grund der in dem Ände­rungs­ver­trag vom 9. De­zem­ber 2004 ver­ein­bar­ten Be­fris­tung am 23. Ju­li 2005 ge­en­det. Die Be­fris­tung ist un­wirk­sam. Die Be­fris­tung kann nach der Pro­to­koll­no­tiz Nr. 6 Buchst. a zu Nr. 1 SR 2y BAT nicht auf § 14 Abs. 2 Tz­B­fG gestützt wer­den. Die Be­fris­tung ist auch nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tz­B­fG sach­lich ge­recht­fer­tigt. Die Vor­schrift ge­stat­tet nur den ein­ma­li­gen Ab­schluss ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags im An­schluss an die Aus­bil­dung, nicht je­doch des­sen Verlänge­rung.

1. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu Recht nur die in dem Ände­rungs­ver­trag vom 9. De­zem­ber 2004 ver­ein­bar­te Be­fris­tung zum 23. Ju­li 2005 der Be­fris­tungs­kon­trol­le un­ter­zo­gen. Dies ent­spricht der ständi­gen Recht­spre­chung des Se­nats, wo­nach bei meh­re­ren auf­ein­an­der fol­gen­den be­fris­te­ten Ar­beits­verträgen grundsätz­lich nur die in dem zu­letzt ab­ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­trag ver­ein­bar­te Be­fris­tung der ge­richt­li­chen Kon­trol­le un­ter­liegt (st. Rspr. seit BAG 8. Mai 1985 - 7 AZR 191/84 - BA­GE 49, 73 = AP BGB § 620 Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag Nr. 97 = EzA BGB § 620 Nr. 76, zu II der Gründe; vgl. auch BAG 14. Fe­bru­ar 2007 - 7 AZR 95/06 - EzA BGB 2002 § 620 Nr. 12, zu II 1 der Gründe mwN). Nur aus­nahms­wei­se kann auch die in ei­nem vor­an­ge­gan­ge­nen Ver­trag ver­ein­bar­te Be­fris­tung der ge­richt­li­chen Kon­trol­le un­ter­zo­gen wer­den, wenn die Par­tei­en dem Ar­beit­neh­mer bei Ab­schluss des letz­ten be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags das Recht vor­be­hal­ten ha­ben, die in dem frühe­ren Ver­trag ver­ein­bar­te Be­fris­tung ge­richt­lich über­prüfen zu las­sen (vgl. et­wa BAG 6. Au­gust 2003 - 7 AZR 33/03 - AP BGB § 620 Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag Nr. 253 = EzA BGB 2002 § 620 Hoch­schu­len Nr. 1, zu I 1 der Gründe mwN) oder wenn es sich bei dem letz­ten Ver­trag um ei­nen un­selbständi­gen An­nex zu dem vor­an­ge­gan­ge­nen Ver­trag han­delt, mit dem das bis­he­ri­ge be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis nur hin­sicht­lich sei­nes End­zeit­punkts mo­di­fi­ziert wer­den soll­te (BAG 15. Fe­bru­ar 1995 - 7 AZR 680/94 - AP BGB § 620 Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag Nr. 166 = EzA BGB § 620 Nr. 130, zu I 1 und I 2 der Gründe). Bei­de Aus­nah­me­tat­bestände lie­gen im Streit­fall nicht vor. Die Par­tei­en ha­ben bei Ab­schluss des Ände­rungs­ver­trags vom 9. De­zem­ber 2004 kei­nen Vor­be­halt ver­ein­bart, der ei­ne Über­prüfung der vor­an­ge­gan­ge­nen Be­fris­tun­gen ermögli­chen könn­te. Bei den Ände­rungs­verträgen vom 25./26. Mai 2004 und vom 9. De­zem­ber 2004 han­delt es sich ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten nicht um An­nex­verträge zu dem Erst­ver­trag vom 15. Au­gust 2003.
 


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a) Ein An­nex­ver­trag liegt nicht be­reits dann vor, wenn der letz­te und der vor­letz­te Ver­trag in den Ver­trags­be­din­gun­gen übe­rein­stim­men und die zu erfüllen­de Ar­beits­auf­ga­be die glei­che bleibt (BAG 21. Ja­nu­ar 1987 - 7 AZR 265/85 - AP BGB § 620 Hoch­schu­le Nr. 4 = EzA BGB § 620 Nr. 89, zu I 2 der Gründe). Es müssen viel­mehr be­son­de­re Umstände hin­zu­tre­ten. Die­se sind an­zu­neh­men, wenn der An­schluss­ver­trag le­dig­lich ei­ne verhält­nismäßig ge­ringfügi­ge Kor­rek­tur des im frühe­ren Ver­trag ver­ein­bar­ten End­zeit­punkts be­trifft, die­se Kor­rek­tur sich am Sach­grund für die Be­fris­tung des frühe­ren Ver­trags ori­en­tiert und al­lein in der An­pas­sung der ursprüng­lich ver­ein­bar­ten Ver­trags­lauf­zeit an erst später ein­tre­ten­de, zum Zeit­punkt des vor­an­ge­gan­ge­nen Ver­trags­schlus­ses nicht vor­her­seh­ba­re Umstände be­steht. Den Par­tei­en darf es nur dar­um ge­gan­gen sein, die Lauf­zeit des al­ten Ver­trags mit dem Sach­grund der Be­fris­tung in Ein­klang zu brin­gen (BAG 15. Fe­bru­ar 1995 - 7 AZR 680/94 - AP BGB § 620 Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag Nr. 166 = EzA BGB § 620 Nr. 130, zu I 2 der Gründe; 20. April 2005 - 7 AZR 293/04 - Rn. 20, NZA 2005, 933).


b) Hier­nach han­delt es sich bei den Verlänge­rungs­verträgen vom 25./26. Mai 2004 und vom 9. De­zem­ber 2004 nicht um un­selbständi­ge An­nex­verträge. Die Ände­rung des Fris­ten­des um je­weils ca. sechs Mo­na­te stellt be­reits kei­ne verhält­nismäßig ge­ringfügi­ge Kor­rek­tur der in dem Erst­ver­trag ver­ein­bar­ten einjähri­gen Ver­trags­lauf­zeit dar. Außer­dem er­folg­te durch die Ände­rungs­verträge kei­ne An­pas­sung der Ver­trags­lauf­zeit an Umstände, die bei Ab­schluss des Erst­ver­trags am 15. Au­gust 2003 nicht ab­seh­bar wa­ren. Nach dem ei­ge­nen Vor­brin­gen der Be­klag­ten war von An­fang an ge­plant, die Ver­trags­lauf­zeit bis zu ei­ner Ge­samt­dau­er von zwei Jah­ren aus­zu­deh­nen, so­fern Haus­halts­mit­tel zur Verfügung stan­den und die Leis­tun­gen der Kläge­rin während des zunächst auf ein Jahr be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses den An­for­de­run­gen ent­spra­chen. Die Ver­trags­verlänge­rung war da­her be­reits bei Ab­schluss des Erst­ver­trags am 15. Au­gust 2003 ab­seh­bar.


2. Die Be­klag­te kann sich zur Recht­fer­ti­gung der in dem Ände­rungs­ver­trag vom 9. De­zem­ber 2004 ver­ein­bar­ten Be­fris­tung zum 23. Ju­li 2005 nicht auf § 14 Abs. 2 Tz­B­fG be­ru­fen. Im An­wen­dungs­be­reich des BAT, der auf Grund der ar­beits­ver­trag­li­chen Be­zug­nah­me auf das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en an­zu­wen­den ist, kann ei­ne Be­fris­tung nur auf § 14 Abs. 2 Tz­B­fG gestützt wer­den, wenn im Ar­beits­ver­trag an­ge­ge­ben ist, dass es sich um ei­ne Be­fris­tung nach die­ser Vor­schrift han­delt. Dar­an fehlt es.
 


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a) Auf das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en sind auf Grund der ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung in § 2 des Ar­beits­ver­trags vom 15. Au­gust 2003 die Vor­schrif­ten des BAT ein­sch­ließlich der SR 2y an­zu­wen­den. Nach der Pro­to­koll­no­tiz Nr. 6 Buchst. a zu Nr. 1 SR 2y BAT ist im Ar­beits­ver­trag an­zu­ge­ben, ob es sich um ein Ar­beits­verhält­nis nach § 14 Abs. 2 Tz­B­fG han­delt. Im An­wen­dungs­be­reich des BAT genügt es da­her zur Recht­fer­ti­gung der Be­fris­tung nicht, dass die Vor­aus­set­zun­gen des § 14 Abs. 2 Tz­B­fG im Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses ob­jek­tiv vor­la­gen. Er­for­der­lich ist viel­mehr die An­ga­be im Ar­beits­ver­trag, dass es sich um ein Ar­beits­verhält­nis nach § 14 Abs. 2 Tz­B­fG han­delt. Die Nicht­be­ach­tung des Zi­tier­ge­bots führt da­zu, dass der Ar­beit­ge­ber die Be­fris­tung nicht auf § 14 Abs. 2 Tz­B­fG stützen kann (BAG 28. März 2007 - 7 AZR 318/06 - NZA 2007, 937, zu II 1 a der Gründe; 27. Sep­tem­ber 2000 - 7 AZR 390/99 - BA­GE 95, 377 = AP BAT § 2 SR 2y Nr. 20 = EzA BeschFG 1985 § 1 Nr. 20, zu B II 3 der Gründe; 1. De­zem­ber 1999 - 7 AZR 449/98 - BB 2000, 1525, zu II der Gründe).


b) Da­nach kann sich die Be­klag­te zur Recht­fer­ti­gung der Be­fris­tung nicht auf § 14 Abs. 2 Tz­B­fG be­ru­fen. We­der in dem Aus­gangs­ver­trag vom 15. Au­gust 2003 noch in dem Ände­rungs­ver­trag vom 9. De­zem­ber 2004 ist an­ge­ge­ben, dass es sich um ei­ne Be­fris­tung nach § 14 Abs. 2 Tz­B­fG han­delt. Bei­de Verträge ver­wei­sen aus­sch­ließlich auf den in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tz­B­fG nor­mier­ten Sach­grund.


3. Die in dem Ände­rungs­ver­trag vom 9. De­zem­ber 2004 ver­ein­bar­te Be­fris­tung zum 23. Ju­li 2005 ist nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tz­B­fG sach­lich ge­recht­fer­tigt. Die Be­fris­tung er­folg­te nicht im An­schluss an die Aus­bil­dung der Kläge­rin, da die Kläge­rin nach Be­en­di­gung ih­rer Aus­bil­dung be­reits auf Grund des Ar­beits­ver­trags vom 15. Au­gust 2003 seit dem 24. Ju­li 2003 bei der Be­klag­ten an­ge­stellt war. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tz­B­fG lässt ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts und der Be­klag­ten nur den ein­ma­li­gen Ab­schluss ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags im An¬schluss an die Aus­bil­dung zu, nicht je­doch des­sen (mehr­fa­che) Verlänge­rung.

a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Tz­B­fG ist die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags zulässig, wenn sie durch ei­nen sach­li­chen Grund ge­recht­fer­tigt ist. Ein sach­li­cher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tz­B­fG vor, wenn die Be­fris­tung im An­schluss an ei­ne Aus­bil­dung oder ein Stu­di­um er­folgt, um den Über­gang des Ar­beit­neh­mers in ei­ne An­schluss­beschäfti­gung zu er­leich­tern. Vor­aus­set­zung für die Be­fris­tung ist da­her, dass sie im An­schluss an ei­ne Aus­bil­dung oder ein Stu­di­um er­folgt.
 


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aa) Aus dem Tat­be­stands­merk­mal „An­schluss“ in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tz­B­fG er­gibt sich, dass es sich um die Be­fris­tung des ers­ten Ar­beits­ver­trags han­deln muss, den der Ar­beit­neh­mer nach dem En­de der Aus­bil­dung oder des Stu­di­ums ab­sch­ließt. Ein zwi­schen­zeit­li­ches Ar­beits­verhält­nis schließt da­her ei­ne Be­fris­tung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tz­B­fG aus (eben­so Böwer Tz­B­fG § 14 Rn. 117; Ha­ko/Mest­werdt 3. Aufl. § 14 Tz­B­fG Rn. 68; ErfK/Müller-Glöge 7. Aufl. § 14 Tz­B­fG Rn. 49; Mei-nel/Heyn/Herms Tz­B­fG 2. Aufl. § 14 Rn. 26; Sie­vers Tz­B­fG 2. Aufl. § 14 Rn. 130; aA für kurz­fris­ti­ge zwi­schen­zeit­li­che Ge­le­gen­heits­jobs: An­nuß/Thüsing/Masch­mann Tz­B­fG 2. Aufl. § 14 Rn. 38; Rolfs Tz­B­fG § 14 Rn. 25; Hromad­ka BB 2001, 621, 623). Be­stand nach der Aus­bil­dung be­reits ein Ar­beits­verhält­nis, er­folgt die Be­fris­tung nicht, wie es § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tz­B­fG vor­aus­setzt, im An­schluss an die Aus­bil­dung, son­dern im An­schluss an die zwi­schen­zeit­li­che Beschäfti­gung.

Die­se am Wort­laut der Vor­schrift ori­en­tier­te Aus­le­gung ent­spricht auch de­ren Sinn und Zweck. Die­ser be­steht dar­in, Be­rufs­anfängern den Be­rufs­start zu er­leich­tern (BT-Drucks. 14/4374 S. 19), in­dem es ih­nen ermöglicht wird, im Rah­men ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses Be­rufs­er­fah­rung zu sam­meln und da­durch ih­re Ein­stel­lungs­chan­cen auf dem Ar­beits­markt zu ver­bes­sern. Die­ser Zweck ist er­reicht, so­bald der Ar­beit­neh­mer das ers­te - be­fris­te­te oder un­be­fris­te­te - Ar­beits­verhält­nis nach dem Stu­di­um oder der Aus­bil­dung ein­geht. Da­mit ist der Start in das Be­rufs­le­ben er­folgt und der Ar­beit­neh­mer kann sich un­ter Be­ru­fung auf die in dem Ar­beits­verhält­nis er­wor­be­ne Be­rufs­er­fah­rung um ei­ne An­schluss­beschäfti­gung bemühen. Ei­ne wie­der­hol­te Be­fris­tung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tz­B­fG ist des­halb nach dem Norm­zweck nicht zulässig (eben­so Mei­nel/Heyn/Herms aaO; ErfK/Müller-Glöge aaO). Bei je­dem wei­te­ren - be­fris­te­ten oder un­be­fris­te­ten - Ar­beits­ver­trag han­delt es sich be­reits um die nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tz­B­fG an­zu­stre­ben­de An­schluss­beschäfti­gung, für die die Be­fris­tungsmöglickeit nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tz­B­fG ge­ra­de nicht vor­ge­se­hen ist.

bb) Da § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tz­B­fG nur den ein­ma­li­gen Ab­schluss ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags nach dem En­de der Aus­bil­dung oder des Stu­di­ums zulässt, kann ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts und der Be­klag­ten ein nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tz­B­fG be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag auch nicht mit dem in der Vor­schrift nor­mier­ten Sach­grund „verlängert“ wer­den. Ei­ne Ver­trags­verlänge­rung, dh. die während der Lauf­zeit ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags ge­trof­fe­ne Ver­ein­ba­rung der Ar­beits­ver­trags­par­tei­en, mit der der Be­en­di­gungs­zeit­punkt des Ar­beits­verhält­nis­ses

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hin­aus­ge­scho­ben wird, enthält - eben­so wie der Neu­ab­schluss ei­nes wei­te­ren be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags - ei­ne ei­genständi­ge Be­fris­tung. Denn das Ar­beits­verhält­nis soll nicht zu dem ursprüng­lich vor­ge­se­he­nen, son­dern zu ei­nem späte­ren Zeit­punkt en­den. Die Verlänge­rung ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags un­ter­schei­det sich vom Neu­ab­schluss ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags nur da­durch, dass der Fol­ge­ver­trag noch während der Lauf­zeit des zu verlängern­den Ver­trags ab­ge­schlos­sen wird und aus­sch­ließlich der Be­en­di­gungs­zeit­punkt geändert wird, die übri­gen Ar­beits­ver­trags­be­din­gun­gen hin­ge­gen un­verändert bei­be­hal­ten wer­den. Die Un­ter­schei­dung zwi­schen Ver­trags­verlänge­rung und Neu­ab­schluss ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags ist be­fris­tungs­recht­lich nur von Be­deu­tung, wenn ei­ne ge­setz­li­che Vor­schrift zwar ei­ne Ver­trags­verlänge­rung, nicht aber den Neu­ab­schluss ei­nes wei­te­ren be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags zulässt wie zB § 14 Abs. 2 Tz­B­fG. An­sons­ten ist es für die Be­fris­tungs­kon­trol­le un­er­heb­lich, ob die Be­fris­tung in ei­nem Verlänge­rungs­ver­trag im vor­ste­hend dar­ge­stell­ten Sin­ne ver­ein­bart wird oder in ei­nem neu ab­ge­schlos­se­nen be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tz­B­fG sieht die Verlänge­rung ei­nes im An­schluss an die Aus­bil­dung oder das Stu­di­um ab­ge­schlos­se­nen be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags nicht vor.


cc) Ei­ne an­de­re Be­ur­tei­lung ist nicht des­halb ge­bo­ten, weil die Be­fris­tung im An­wen­dungs­be­reich der SR 2y BAT ver­ein­bart wur­de und die­se Ta­rif­vor­schrif­ten so­wohl die mehr­fa­che Verlänge­rung als auch den mehr­fa­chen Neu­ab­schluss be­fris­te­ter Ar­beits­verträge zu­las­sen. Sach­grund­be­fris­tun­gen im An­wen­dungs­be­reich der SR 2y BAT müssen den An­for­de­run­gen des § 14 Abs. 1 Tz­B­fG genügen, da nach § 22 Abs. 1 Tz­B­fG von die­ser Be­stim­mung nicht zu Un­guns­ten des Ar­beit­neh­mers ab­ge­wi­chen wer­den darf. Des­halb ist auch im An­wen­dungs­be­reich der SR 2y BAT die Verlänge­rung ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags mit dem Sach­grund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tz­B­fG nicht zulässig. Aus dem­sel­ben Grund kann auch der Er­lass des BMI vom 31. Ja­nu­ar 2001, wo­nach mit ehe­ma­li­gen Aus­zu­bil­den­den nach be­stan­de­ner Ab­schluss­prüfung ein auf 24 Mo­na­te be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag ab­ge­schlos­sen wer­den kann, die Be­fris­tungsmöglich­keit nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tz­B­fG nicht zu Guns­ten der Be­klag­ten er­wei­tern. Da­von ab­ge­se­hen ist in dem Er­lass von der Verlänge­rung ei­nes nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tz­B­fG be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags nicht die Re­de.

b) Nach die­sen Grundsätzen ist die in dem Ände­rungs­ver­trag vom 9. De­zem­ber 2004 ver­ein­bar­te Be­fris­tung zum 23. Ju­li 2005 nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tz­B­fG sach­lich ge­recht­fer­tigt. Bei dem Ände­rungs­ver­trag han­delt es sich nicht um die

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ers­te, son­dern um die drit­te Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags nach dem Ab­schluss der Aus­bil­dung der Kläge­rin. Die­se kann nicht auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tz­B­fG gestützt wer­den.


III. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 91 ZPO. 

Dörner 

Gräfl 

Koch

Busch 

M. Zwis­ler

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