HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

LAG Hamm, Ur­teil vom 11.10.2011, 14 Sa 543/11

   
Schlagworte: Freistellungsregelung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Aktenzeichen: 14 Sa 543/11
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 11.10.2011
   
Leitsätze:

1. Auch der Arbeitsvertrag des Cheftrainers eines Profifußballvereins unterliegt ganz oder in einzelnen Bestimmungen der AGB-Kontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB, wenn der Verein nicht substanziiert darlegt, dass der Vertrag oder die streitige Bestimmung im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB ausgehandelt wurde bzw. der Trainer - entgegen dessen konkreten Vortrag - auf den Inhalt der Bestimmungen trotz ihrer Vorformulierung Einfluss im Sinne des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB nehmen konnte.

2. Eine Punktprämie, welche für jeden Meisterschaftspunkt, der unter der tatsächlichen Mitwirkung als Cheftrainer erzielt wird, die Zahlung eines bestimmten Betrages vorsieht, ist bei einer Freistellung des Trainers als Bestandteil der als Gegenleistung für die Arbeitsleistung vereinbarten Vergütung gemäß § 615 Satz 1 BGB fortzuzahlen.

3. Der vertraglich vereinbarte Wegfall der Punktprämie im Falle einer Freistellung verstößt gegen § 308 Nr. 4 BGB, wenn

a) der Anteil der wegfallenden Punktprämie an der Gesamtvergütung mehr als 25% betragen kann oder

b) der Wegfall bei jeder Freistellung auch ohne Sachgrund erfolgen soll.

4. Letzteres gilt gemäß § 308 Nr. 4 BGB auch für Bestimmungen, die die Herausgabe eines Dienstwagens oder die zeitanteilige Kürzung einer Aufstiegsprämie im Falle der Freistellung des Trainers vorsehen.

5. Eine einzelvertragliche, der AGB-Kontrolle unterliegende Ausschlussfrist, die für die "beiderseitigen Ansprüche aus diesem Vertrag" gelten soll, erfasst auch Ansprüche aus der Haftung wegen Vorsatzes sowie für Schäden, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit oder grober Fahrlässigkeit beruhen.

6. Eine solche Ausschlussfrist ist unwirksam.

a) Sie verstößt gegen § 202 Abs. 1 BGB und ist deswegen gemäß § 134 BGB, § 306 BGB insgesamt unwirksam; § 139 BGB findet keine Anwendung (entgegen BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111; 28. September 2005, 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149)

b) Sie stellt eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB dar, denn sie weicht von wesentlichen Grundgedanken des gesetzlichen Verjährungsrechts, wie sie in § 202 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommen, in nicht zu vereinbarender Weise ab. Daraus ergibt sich zugleich ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

c) Sie verstößt gegen § 309 Nr. 7 BGB, denn eine Verkürzung der Verjährungsfristen stellt einen Haftungsausschluss bzw. eine Haftungsbegrenzung im Sinne dieser Vorschrift dar (im Anschluss an BGH, 15. November 2006, VIII ZR 3/06, NJW 2007, 674; 26. Februar 2009, Xa ZR 141/07, NJW 2009, 1486; entgegen BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111; 28. September 2005, 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149).

7. In einer bloßen Freistellung liegt keine konkludente Urlaubsgewährung.

8. Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, dem Arbeitnehmer den Urlaub während der Freistellungszeit zu gewähren und ihm die zeitliche Konkretisierung zu überlassen. Deswegen besteht keine Pflicht des Arbeitnehmers, sich um die Gewährung von Urlaub zu bemühen (entgegen LAG Nürnberg, 29. August 2006, 7 Sa 676/05, LAGE BUrlG § 7 Nr. 44).

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Paderborn, Urteil vom 25.02.2011, 3 Ca 1633/10
   

14 Sa 543/11

3 Ca 1633/10 ArbG Pa­der­born

 

Verkündet am 11.Ok­to­ber 2011

Kneisch, Reg.-Beschäftig­te als Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

 

Lan­des­ar­beits­ge­richt Hamm

Im Na­men des Vol­kes

Ur­teil

In Sa­chen

hat die 14. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Hamm
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 16. Au­gust 2011
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Hens­sen
so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Dlugosch und Kötzing

für Recht er­kannt:

Auf die Be­ru­fun­gen der Par­tei­en wird un­ter Zurück­wei­sung ih­rer wei­ter­ge­hen­den Be­ru­fun­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Pa­der­born vom 25. Fe­bru­ar 2011 (3 Ca 1633/10) ab­geändert und zur Klar­stel­lung wie folgt neu ge­fasst:

Der Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger 131.873,14 Eu­ro brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz aus 125.873,14 Eu­ro seit dem 27. Au­gust 2010 so­wie aus 6.000,00 Eu­ro seit dem 27. Ok­to­ber 2010 zu zah­len.

Im Übri­gen wird die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

Die erst­in­stanz­li­chen Kos­ten des Rechts­streits tra­gen der Kläger zu 9,4%, der Be­klag­te zu 90,6%. Die Kos­ten des Be­ru­fungs­ver­fah­rens tra­gen der Kläger zu 5,5%, der Be­klag­te zu 94,5%.

Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

 

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Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über Ent­gelt­ansprüche des Klägers für den Zeit­raum sei­ner Frei­stel­lung bis zum En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses so­wie über Ansprüche auf Ur­laubs­ab­gel­tung und Scha­dens­er­satz.

Der Kläger war in der Zeit von 1995 bis 2002 als Spie­ler und da­nach von 2003 bis 2005 als Trai­ner für den Be­klag­ten tätig ge­we­sen. Zu­letzt war er ab dem 9. Fe­bru­ar 2008 bei dem Be­klag­ten als Chef­trai­ner der Fußball­li­zenz­mann­schaft beschäftigt, die zu Be­ginn die­ser Tätig­keit in der 2. Fußball­bun­des­li­ga spiel­te. Un­ter dem 22. Fe­bru­ar 2008 schlos­sen die Par­tei­en ei­nen schrift­li­chen bis zum 30. Ju­ni 2010 be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag, der aus­zugs­wei­se fol­gen­den Wort­laut hat:

§ 3

Der Ver­ein zahlt dem Trai­ner für sei­ne Tätig­keit fol­gen­de

Vergütung: 1. Grund­vergütung:

a) Während der Zu­gehörig­keit des Ver­eins zum Spiel­be­trieb der 2. Fußball-Bun­des­li­ga zahlt der Ver­ein an den Trai­ner in der Zeit vom 09.02.2008 bis 30.06.2008 ein mo­nat­li­ches Grund­ge­halt in Höhe von

€ 12.000,00 brut­to,

in der Zeit vom 01.07.2008 bis 30.6.2009 ein mo­nat­li­ches Grund­ge­halt in Höhe von

€ 13.500,00 brut­to,

in der Zeit vom 01.07.2009 bis 30.06.2010 ein mo­nat­li­ches Grund­ge­halt in Höhe von

€ 15.000,00 brut­to.

Die­ses Grund­ge­halt ist je­weils am 15. ei­nes Fol­ge­mo­nats fällig.

b) Soll­te der Ver­ein während der Lauf­zeit des Ver­tra­ges in die 3. Fußball-Bun­des­li­ga ab­stei­gen, so zahlt der Ver­ein während der

 

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Zu­gehörig­keit zum Spiel­be­trieb der 3. Fußball-Bun­des­li­ga an den Trai­ner statt der oben ver­ein­bar­ten Vergütung ein mo­nat­li­ches Grund­ge­halt in Höhe von

€ 10.000,00 brut­to

Die­ses Grund­ge­halt ist je­weils am 15. ei­nes Fol­ge­mo­nats fällig.

c) Soll­te der Ver­ein in der Sai­son 2008/2009 von der 3. Bun­des­li­ga in die 2. Bun­des­li­ga auf­stei­gen, zahlt der Ver­ein an den Trai­ner für die Zeit vom 01.07.2009 bis zum 30.06.2010 ein mo­nat­li­ches Grund­ge­halt in Höhe von

€ 13.500,00 brut­to

Die­ses Grund­ge­halt ist je­weils am 15. ei­nes Fol­ge­mo­nats fällig.

2.

Der Trai­ner wird in die Punkt­prämi­en­re­ge­lung der Li­zenz­mann­schaft für Meis­ter­schafts- und Po­kal­spie­le in der je­weils gülti­gen Fas­sung nicht ein­be­zo­gen.

Der Trai­ner erhält statt­des­sen aus­sch­ließlich in­di­vi­du­el­le Prämi­en wie folgt:

a) Während der Zu­gehörig­keit des Ver­eins zum Spiel­be­trieb der 2. Fußball-Bun­des­li­ga zahlt der Ver­ein an den Trai­ner ei­ne Prämie in Höhe von 2.000,00 € für je­den Meis­ter­schafts­punkt, der un­ter sei­ner tatsächli­chen Mit­wir­kung als Chef­trai­ner er­zielt und der Meis­ter­schafts­wer­tung gut­ge­schrie­ben wird.

b) Während der Zu­gehörig­keit des Ver­eins zum Spiel­be­trieb der 3. Fußball-Bun­des­li­ga zahlt der Ver­ein an den Trai­ner ei­ne Prämie in Höhe von 1.000,00 € für je­den Meis­ter­schafts­punkt, der un­ter sei­ner tatsächli­chen Mit­wir­kung als Chef­trai­ner er­zielt und der Meis­ter­schafts­wer­tung gut­ge­schrie­ben wird.

3.

Soll­te der Ver­ein während der Lauf­zeit die­ses Ver­tra­ges in die 2. Fußball-Bun­des­li­ga auf­stei­gen, so zahlt der Ver­ein an den Trai­ner ei­ne ein­ma­li­ge Son­der­prämie in Höhe von € 50.000,00 brut­to.

Der Zah­lungs­an­spruch der Auf­stiegs­prämie ist in 2 Ra­ten á je­weils € 25.000,00 brut­to zu dem dem Auf­stiegs­er­eig­nis je­weils nach­fol­gen­den 15.09 und 15.03 fällig.

Soll­te der Ver­ein den Klas­sen­er­halt in der Sai­son 2007/2008 er­rei­chen und so­mit auch in der Sai­son 2008/2009 in der 2. Fußball-Bun­des­li­ga spie­len, so zahlt der Ver­ein an den Trai­ner ei­ne ein­ma­li­ge Son­der­prämie in Höhe von € 1.000,00 pro Meis­ter­schafts­punkt, der un­ter sei­ner tatsächli­chen Mit­wir­kung als Chef­trai­ner in der Sai­son 2007/2008 er­zielt wur­de.

 

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4. 

Der Ver­ein stellt dem Trai­ner ein Dienst-Kraft­fahr­zeug der Mit­tel­klas­se, bei­spiel­haft ei­nen BMW XD Tou­ring oder ein gleich­wer­ti­ges Fahr­zeug, zur Verfügung. Die da­bei an­fal­len­den sämt­li­chen Be­triebs- und An­schaf­fungs­kos­ten wer­den vom Ver­ein ge­tra­gen. Darüber hin­aus erhält der Trai­ner ei­ne Tank­kar­te, mit der er auf Kos­ten des Ver­eins tan­ken kann. Dies be­zieht sich aus­drück­lich auch auf die pri­va­te Nut­zung.

Dem Trai­ner ist die pri­va­te Nut­zung des Fahr­zeugs aus­drück­lich ge­stat­tet. Der geld­wer­te Vor­teil ist ent­spre­chend den gülti­gen steu­er­li­chen Vor­schrif­ten zu berück­sich­ti­gen.

5. 

Der Trai­ner erhält vom Ver­ein ein Dienst-Mo­bil­te­le­fon; sämt­li­che Kos­ten die­ses Te­le­fons wer­den vom Ver­ein ge­tra­gen.

6. 

Der Ver­ein er­stat­tet dem Trai­ner die vor­aus ver­aus­lag­ten Über­nach­tungs- und Rei­se­kos­ten bzw. Spe­sen, die im Zu­sam­men­hang mit der Ausübung der Trai­nertätig­keit an­ge­fal­len sind. Die Er­stat­tung er­folgt in Höhe der tatsächlich an­ge­fal­le­nen und nach­ge­wie­se­nen Kos­ten un­ter Berück­sich­ti­gung der je­weils gülti­gen steu­er­li­chen Re­ge­lun­gen.

§ 4

Ver­letzt sich der Trai­ner oder er­krankt er an­der­wei­tig, so hat er An­spruch auf Fort­zah­lung der Vergütung nach den ge­setz­li­chen Be­stim­mun­gen. Im Krank­heits­fal­le erhält er auch die ver­ein­bar­te Punkt­prämie. Nach Ab­lauf der ge­setz­lich vor­ge­schrie­be­nen Frist von 6 Wo­chen ent­fal­len für die wei­te­re Dau­er der Ver­let­zung bzw. Er­kran­kung die Ansprüche auf jeg­li­che Vergütung.

Im Ver­let­zungs- und Krank­heits­fall hat der Trai­ner die Ver­pflich­tung dar­an mit­zu­wir­ken, dass ei­ne möglichst ra­sche Ge­ne­sung möglich ist.

§ 5

Der Trai­ner hat An­spruch auf Jah­res­ur­laub von 24 Werk­ta­gen. Der Ur­laub ist in der trai­nings- und spiel­frei­en Zeit zu neh­men.

...

§ 6

Der Ver­trag wird be­fris­tet ab­ge­schlos­sen und en­det am 30.06.2010. Er en­det zu die­sem Zeit­punkt, oh­ne dass es ei­ner Kündi­gung be­darf.

Das Recht zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung aus wich­ti­gem Grund bleibt un­berührt.

 

- 5 - 

Der Trai­ner kann vom Ver­ein je­der­zeit von der Er­brin­gung sei­ner Ar­beits­pflicht frei­ge­stellt wer­den. Kommt es hier­zu, ist der PKW oh­ne An­spruch auf fi­nan­zi­el­len Aus­gleich des in der Pri­vat­nut­zung lie­gen­den geld­wer­ten Vor­teils vier Wo­chen nach der Frei­stel­lung her­aus­zu­ge­ben. Die glei­che Ver­pflich­tung be­steht zum Zeit­punkt der Be­en­di­gung des An­stel­lungs­verhält­nis­ses. Ein Zurück­be­hal­tungs­recht steht dem Trai­ner ge­genüber dem Ver­ein aus kei­nem Ge­sichts­punkt zu. Auch das Dienst­han­dy ist her­aus­zu­ge­ben.

Kommt es zur Frei­stel­lung, erhält der Trai­ner sein Grund­ge­halt wei­ter. Punkt­prämi­en oder sons­ti­ge zusätz­li­che Vergütun­gen wer­den ab dem Zeit­punkt der Frei­stel­lung al­ler­dings nicht mehr be­zahlt. Die in § 3 Zif­fer 3 die­ses Ver­tra­ges ge­nann­ten Prämi­en wer­den im Fal­le der Frei­stel­lung zeit­an­tei­lig ge­zahlt, wo­bei der Mo­nat, in dem die Frei­stel­lung aus­ge­spro­chen wird, als vol­ler Mo­nat zählt.

...

§ 8

Die bei­der­sei­ti­gen Ansprüche aus die­sem Ver­trag sind von den Ver­trags­par­tei­en in­ner­halb von 4 Mo­na­ten nach Fällig­keit, im Fal­le der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses je­doch in­ner­halb von drei Mo­na­ten nach Be­en­di­gung schrift­lich gel­tend zu ma­chen. Er­folgt die Gel­tend­ma­chung nicht recht­zei­tig, sind die Ansprüche er­lo­schen.

§ 9

Für Strei­tig­kei­ten aus die­sem Ver­trag sind die Ar­beits­ge­rich­te zuständig. Sie dürfen je­doch erst an­ge­ru­fen wer­den, wenn der Ver­such ei­ner gütli­chen Bei­le­gung des Streits er­folg­los ge­blie­ben ist. Zur Frist­wah­rung bleibt es den Par­tei­en un­be­nom­men, in­ner­halb von 3 Wo­chen Kündi­gungs­schutz­kla­ge bei dem zuständi­gen Ar­beits­ge­richt zu er­he­ben. Das Ver­fah­ren vor dem Ar­beits­ge­richt darf aber erst nach er­folg­tem Sühne­ver­such gem. der DFB-Aus­bil­dungs­ord­nung durch­geführt wer­den.

§ 10

Die Ver­trags­par­tei­en ver­pflich­ten sich, den In­halt des Ver­tra­ges Drit­ten ge­genüber ver­trau­lich zu be­han­deln. Die­se Ver­pflich­tung gilt auch nach Be­en­di­gung des Ver­tra­ges fort.

Die et­wai­ge Un­wirk­sam­keit ein­zel­ner Be­stim­mun­gen die­ses Ver­tra­ges hat auf die Wirk­sam­keit des gan­zen Ver­trags in sei­nen übri­gen Tei­len kei­nen Ein­fluss. Die Par­tei­en sind sich darüber ei­nig, dass ei­ne even­tu­ell un­wirk­sa­me Ver­ein­ba­rung durch ei­ne sol­che zu er­set­zen ist, die ih­rem wirt­schaft­li­chen Zweck un­ter Berück­sich­ti­gung des Ver­tra­ges am nächs­ten kommt. Ent­spre­chen­des gilt, so­weit der Ver­trag lücken­haft sein soll­te.

...

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten zu die­sem Ver­trag wird auf des­sen Ab­lich­tung (An­la­ge K 1 zur Kla­ge­schrift, Bl. 11 ff. d. A.) Be­zug ge­nom­men.

 

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Die Mann­schaft des Be­klag­ten stieg zum En­de der Sai­son 2007/2008 aus der 2. Fußball­bun­des­li­ga ab. Der Be­klag­te stell­te den Kläger am 13. Mai 2009 zwei Spiel­ta­ge vor Ab­schluss der Dritt­li­ga­sai­son 2008/2009 von der Ar­beits­leis­tung frei. Zu­gleich ent­zog er ihm den zur Verfügung ge­stell­ten PKW, der bis da­hin mit ei­nem geld­wer­ten Vor­teil für die Pri­vat­nut­zung von 678,70 Eu­ro brut­to mo­nat­lich ab­ge­rech­net wor­den war. Bis zur Be­en­di­gung der Sai­son wa­ren noch zwei Spie­le zu spie­len, wel­che die Mann­schaft des Be­klag­ten ge­wann. Zu­dem ge­wann sie die fol­gen­den bei­den Re­le­ga­ti­ons­spie­le für die 2. Fußball­bun­des­li­ga. In der Zweit­li­ga­sai­son 2009/2010 er­ziel­te die Mann­schaft des Be­klag­ten 51 Meis­ter­schafts­punk­te.

Mit der Ab­rech­nung für Au­gust 2009 rech­ne­te der Be­klag­te zu­guns­ten des Klägers ei­ne Auf­stiegs­prämie in Höhe von 45.833,33 Eu­ro brut­to ab. Bis zur Ver­trags­be­en­di­gung am 30. Ju­ni 2010 nahm der Kläger ei­ne an­der­wei­ti­ge be­ruf­li­che Tätig­keit nicht auf.

Mit dem am 27. Au­gust 2010 persönlich dem Be­klag­ten über­ge­be­nen Schrei­ben vom 26. Au­gust 2010 mach­te der Kläger noch of­fe­ne Ent­gelt­ansprüche in Höhe von ins­ge­samt 127.513,74 Eu­ro brut­to gel­tend, nämlich die Punkt­prämie für die in der Sai­son 2009/2010 er­ziel­ten Meis­ter­schafts­punk­te, den noch of­fe­nen Dif­fe­renz­be­trag bzgl. der Auf­stiegs­prämie so­wie ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch we­gen des Ent­zugs der Pri­vat­nut­zung des Dienst­fahr­zeugs und ei­ne Ur­laubs­ab­gel­tung für 12 Ta­ge. Mit Schrei­ben vom 6. Sep­tem­ber 2010 lehn­te der Be­klag­te sämt­li­che Ansprüche ab.

Mit der beim Ar­beits­ge­richt am 15. Sep­tem­ber 2010 ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge hat der Kläger die ge­nann­ten Ansprüche ge­gen den be­klag­ten Ver­ein wei­ter­ver­folgt und sie mit ei­nem am 29. Sep­tem­ber 2010 dem Be­klag­ten zu­ge­stell­ten Schrift­satz um die Zah­lung von 12.000,00 Eu­ro brut­to (Punkt­prämie für vier ge­won­ne­ne Spie­le in der Sai­son 2008/2009) er­wei­tert. Er hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass die Re­ge­lung in § 6 Ar­beits­ver­trag, wo­nach sich die Frei­stel­lung auf den Vergütungs­an­spruch aus­wir­ken soll, nicht wirk­sam sei. Bei der Frei­stel­lungs­klau­sel in § 6 Ar­beits­ver­trag han­de­le es sich um ei­ne All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung. Der Be­klag­te ha­be ihm den Ar­beits­ver­trag als For­mu­lar vor­ge­legt. Ein­zel­ne Be­din­gun­gen sei­en nicht

 

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ver­han­delt wor­den, ins­be­son­de­re nicht die Re­ge­lung, dass die Punkt­prämie ab der Frei­stel­lung ent­fal­len soll. Der Be­klag­te ver­wen­de Ar­beits­verträge mit die­sen For­mu­lie­run­gen re­gelmäßig bei Chef­trai­nern. Nach der Schuld­rechts­re­form sei ein Wi­der­rufs­vor­be­halt je­doch nur wirk­sam, wenn sich aus dem Ar­beits­ver­trag die Gründe ergäben, die ei­nen Wi­der­ruf recht­fer­ti­gen. Der­ar­ti­ge Gründe sei­en in dem Ar­beits­ver­trag nicht for­mu­liert. Auch nach den vor der Schuld­rechts­re­form gel­ten­den Grundsätzen wäre der zulässi­ge Um­fang ei­nes Wi­der­rufs­vor­be­halts, der bei 25% der Ge­samt­vergütung lie­ge, über­schrit­ten. Ins­ge­samt ha­be der Kläger für die Dritt­li­ga­sai­son 2008/2009 un­ter Ein­schluss der Re­le­ga­ti­ons­spie­le noch ei­ne Punkt­prämie in Höhe von 12.000,00 €, für die Zweit­li­ga­sai­son 2009/2010 ei­ne Punkt­prämie in Höhe von 102.000,00 €, ei­ne noch of­fe­ne Auf­stiegs­prämie in Höhe von 4.166,67 € und ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch für die ent­gan­ge­ne Pri­vat­nut­zung des Dienst­fahr­zeugs für 13,5 Mo­na­te in Höhe von 9.162,45 € zu be­an­spru­chen. Zu­dem ste­he ihm ei­ne Ur­laubs­ab­gel­tung für 12 Ur­laubs­ta­ge in Höhe von 12.184,62 € zu, da im Zu­sam­men­hang mit der Frei­stel­lung kei­ne An­rech­nung von Ur­laubs­ansprüchen er­folgt sei, so dass der Ur­laub durch die Frei­stel­lung nicht ver­braucht wor­den sei. Die­se Ansprüche sei­en nicht ver­fal­len, weil die Aus­schluss­klau­sel in § 8 Ar­beits­ver­trag eben­falls un­wirk­sam sei. Die Aus­schluss­frist be­nach­tei­li­ge ihn un­an­ge­mes­sen, da sie im Fal­le der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses für ih­ren Be­ginn al­lein auf die­se Be­en­di­gung ab­stel­le, nicht aber die Fällig­keit der Ansprüche berück­sich­ti­ge. Die Klau­sel könne nicht mit ei­nem wirk­sa­men Teil nach dem Blue-Pen­cil-Test auf­recht­er­hal­ten wer­den, denn sie sei in­halt­lich nicht teil­bar. § 8 Ar­beits­ver­trag sei aber auch aus dem Grund un­wirk­sam, weil dort sämt­li­che bei­der­sei­ti­gen Ansprüche er­fasst würden und nicht die bei Aus­schluss­klau­seln er­for­der­li­che Ein­schränkung ent­hal­ten sei, die sich für Haf­tungs­ansprüche we­gen Vor­sat­zes aus § 202 Abs. 1 BGB (un­abhängig von der Ein­ord­nung als AGB) und für sol­che in den in § 309 Nr. 7 BGB ge­nann­ten Fällen ergäbe.

Die mit ei­nem am 27. Ok­to­ber 2010 zu­ge­stell­ten Schrift­satz er­ho­be­ne Kla­ge auf Fest­stel­lung, dass ein von dem Be­klag­ten gel­tend ge­mach­ter Rück­zah­lungs­an­spruch über 13.534,34 Eu­ro die­sem nicht zu­steht, ha­ben die Par­tei­en im erst­in­stanz­li­chen Kam­mer­ter­min vom 25. Fe­bru­ar 2011 übe­rein­stim­mend für er­le­digt erklärt.

 

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Der Kläger hat be­an­tragt,

den Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an den Kläger 139.513,74 € nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz gemäß § 247 BGB aus 127.513,74 € seit dem 27. Au­gust 2010 so­wie aus wei­te­ren 12.000,00 € seit dem 27. Ok­to­ber 2010 zu zah­len.

Der Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Er hat vor­ge­tra­gen, dass der Kläger nicht mit ei­nem nor­ma­len Ar­beit­neh­mer ver­gli­chen wer­den könne. So sei der Kläger bei der Ver­trags­an­bah­nung von an­de­ren Per­so­nen be­ra­ten wor­den, die ty­pi­scher­wei­se bei der­ar­ti­gen Ver­trags­ab­schlüssen im Pro­fi­fußball hin­zu­ge­zo­gen würden. Der Ar­beits­ver­trag sei mehr­fach geändert und an­ge­passt wor­den, ins­be­son­de­re ha­be es meh­re­re Entwürfe ge­ge­ben. Da­bei sei es ge­ra­de auch um die Ver­ein­ba­rung der Frei­stel­lungs­re­ge­lun­gen ge­gan­gen, weil es für bei­de Par­tei­en wich­tig ge­we­sen sei, was in die­sem Fal­le gel­ten sol­le. Die Ver­ein­ba­rung sei hin­sicht­lich der Re­ge­lun­gen, die bei ei­ner Frei­stel­lung gel­ten sol­len, erst­mals in die­sem Ver­trag beim Be­klag­ten ge­nutzt wor­den. Es han­de­le sich um ei­nen aus­ge­han­del­ten Ver­trag, der in die­ser Form kein zwei­tes Mal zu­stan­de kom­men wer­de. Der­ar­ti­ge Re­ge­lun­gen sei­en im Pro­fi­fußball üblich, weil ein Bedürf­nis nach kon­kre­ten Re­ge­lun­gen über Rech­te und Pflich­ten nach ei­ner Frei­stel­lung be­ste­he. Bei § 6 Ar­beits­ver­trag han­de­le es sich um ei­ne aus­ge­wo­ge­ne Re­ge­lung, die beim DFB als vor­bild­lich be­zeich­net wor­den sei. Es sei ein ge­rech­ter Aus­gleich, wenn ein frei­ge­stell­ter Trai­ner nicht das glei­che Ent­gelt be­kom­me wie ein ak­ti­ver Trai­ner. Der Kläger ha­be dies auch so ge­se­hen. Er ha­be zu kei­nem Zeit­punkt et­was an­de­res gel­tend ge­macht, nicht ein­mal in ei­nem ers­ten Schieds­ge­richts­ver­fah­ren beim DFB auf­grund ei­nes vom Be­klag­ten vor­ge­nom­me­nen Ein­be­halts vom Ge­halt we­gen ei­ner Beschädi­gung des Dienst­fahr­zeugs. Mit der Ei­ni­gung dort hätten ab­sch­ließend und endgültig al­le Ansprüche er­le­digt sein sol­len. Der Be­klag­te ha­be je­den­falls dar­auf ver­trau­en dürfen, dass ei­ne ab­sch­ließen­de Re­ge­lung vor­ge­le­gen ha­be. Zu­min­dest aber müsse ei­ne ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung vor­ge­nom­men wer­den, da die er­satz­lo­se Strei­chung der Klau­sel kei­ne in­ter­es­sen­ge­rech­te Lösung bie­te. Die Frei­stel­lung des Klägers ha­be un­ter An­rech­nung von Ur­laub er­fol­gen sol­len. Ein Großteil der Ansprüche des Klägers sei

 

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gemäß § 8 Ar­beits­ver­trag ver­fal­len. Auch wenn der Teil der Klau­sel, der im Fal­le der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses für den Be­ginn der Aus­schluss­frist auf die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ab­stel­le, un­wirk­sam sein soll­te, könne die Klau­sel in ei­nen zulässi­gen und ei­nen un­zulässi­gen Teil ge­trennt wer­den. Zu­min­dest der ers­te Teil der Aus­schluss­klau­sel sei wirk­sam. Es sei un­zu­tref­fend, dass ei­ne Aus­schluss­klau­sel ei­ne Ein­schränkung bezüglich der Haf­tungs­ansprüche we­gen Vor­sat­zes er­for­de­re. Der Re­ge­lung des § 309 Nr. 7 BGB sei zu ent­neh­men, dass die Auf­nah­me die­ser Ein­schränkun­gen le­dig­lich im Be­reich des Haf­tungs­aus­schlus­ses not­wen­dig sei, kei­nes­falls je­doch bei ei­ner Aus­schluss­klau­sel.

Das Ar­beits­ge­richt hat mit der hier an­ge­foch­te­nen Ent­schei­dung der Kla­ge statt­ge­ge­ben, so­weit der Kläger die Zah­lung ei­ner Punkt­prämie für die in den Mo­na­ten April 2010 bis Ju­ni 2010 er­ziel­ten 13 Meis­ter­schafts­punk­te (26.000,00 Eu­ro brut­to), ei­ne Nut­zungs­entschädi­gung für das in die­sen Mo­na­ten nicht zur Verfügung ge­stell­te Dienst­fahr­zeug (2.036,10 Eu­ro brut­to) so­wie ei­ne Ur­laubs­ab­gel­tung für zwölf Ur­laubs­ta­ge (12.184,62 Eu­ro brut­to) ver­langt hat. Bei § 6 Abs. 3 und 4 Ar­beits­ver­trag han­de­le es sich um All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen. Die dar­in ent­hal­te­nen Wi­der­rufs­vor­be­hal­te sei­en gemäß § 308 Nr. 4, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB un­wirk­sam. Der durch die vor­aus­set­zungs­lo­se Frei­stel­lung, die als sol­che schon Be­den­ken be­geg­ne, mögli­che Ein­griff in den Kern­be­reich des Ar­beits­verhält­nis, der ei­ne Kürzung der Ge­samt­vergütung um mehr als 25% zur Fol­ge ha­be, sei für den Kläger un­zu­mut­bar. Zu­dem er­ge­be sich aus der Klau­sel nicht, aus wel­chen Gründen und bei wel­chem Grad der Störung ei­ne mit der Vergütungskürzung ver­bun­de­ne Frei­stel­lung er­fol­gen könne. Je­doch sei­en die ab Frei­stel­lung vom Kläger gel­tend ge­mach­ten Ansprüche auf Punkt­prämi­en, Auf­stiegs­prämie und Nut­zungs­entschädi­gung bis ein­sch­ließlich März 2010 ver­fal­len. § 8 Ar­beits­ver­trag sei wirk­sam, weil der un­wirk­sa­me Teil der Aus­schluss­frist, der die­se nach Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses re­gelt, nicht zur Un­wirk­sam­keit der Aus­schluss­frist ins­ge­samt führe. Zu­dem sei die Aus­schluss­klau­sel we­der nach § 202 Abs. 1 BGB nich­tig noch ver­s­toße sie ge­gen § 309 Nr. 7 BGB. Der Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch be­ste­he auf­grund der un­be­an­stan­de­ten Be­rech­nung des Klägers, weil der Be­klag­te nicht vor­ge­tra­gen ha­be, wann durch wen kon­kret ei­ne Frei­stel­lung un­ter An­rech­nung von Ur­laub er­folgt sein soll. We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten zur Be­gründung wird

 

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auf die Ent­schei­dungs­gründe des an­ge­foch­te­nen Ur­teils (Sei­te 8 -39, Bl. 103 - 134 d. A.) Be­zug ge­nom­men.

Das Ur­teil wur­de dem Kläger am 30. März 2011 zu­ge­stellt. Hier­ge­gen rich­tet sich die am 4. April 2011 ein­ge­leg­te und mit dem am 8. April 2011 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz be­gründe­te Be­ru­fung des Klägers. Des Wei­te­ren wur­de das Ur­teil dem Be­klag­ten am 1. April 2011 zu­ge­stellt. Hier­ge­gen rich­tet sich die am 12. April 2011 ein­ge­leg­te und mit dem nach Verlänge­rung der Be­ru­fungs­be­gründungs­frist bis zum 1. Ju­li 2011 am 7. Ju­ni 2011 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz be­gründe­te Be­ru­fung des Be­klag­ten.

Der Kläger hält un­ter Wie­der­ho­lung und Ver­tie­fung sei­nes erst­in­stanz­li­chen Vor­brin­gens an sei­ner Auf­fas­sung fest, dass § 8 Ar­beits­ver­trag un­wirk­sam sei und ei­ne Aus­schluss­frist nicht grei­fe. Die Klau­sel sei zwar sprach­lich, aber nicht in­halt­lich teil­bar. Sie be­inhal­te aus­sch­ließlich ei­ne ein­stu­fi­ge Aus­schluss­frist, die sich auf sämt­li­che Ansprüche be­zie­he. Es han­de­le sich um ei­ne ein­heit­li­che Re­ge­lung, wann und un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen „ein" An­spruch erlöschen sol­le. Hierfür be­stim­me § 8 Ar­beits­ver­trag zwei Fris­ten. Dies könne nicht künst­lich ge­teilt wer­den. Zu­dem sei nicht er­sicht­lich, auf wel­cher Grund­la­ge die bis zur Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses an­wend­ba­re Aus­schluss­frist nun­mehr auch nach Be­en­di­gung gel­ten könne. An­ge­sichts des ein­deu­ti­gen Wort­lauts lie­ge wei­ter ein Ver­s­toß ge­gen § 202 Abs. 1 BGB vor. Ansprüche aus der Haf­tung we­gen Vor­sat­zes würden er­fasst. Für ei­ne an­de­re Aus­le­gung nach Sinn und Zweck blie­be oh­ne - hier nicht vor­lie­gen­de - An­halts­punk­te kein Raum. § 139 BGB grei­fe nicht, denn es ge­he nicht um den un­wirk­sa­men Teil ei­nes ein­heit­li­chen Rechts­geschäfts. Die Par­tei­en strit­ten nicht dar­um, ob die Wirk­sam­keit des Ar­beits­ver­trags von der Un­wirk­sam­keit sei­nes § 8 berührt wer­de. Es blei­be ei­ne nicht be­leg­te Ver­mu­tung, dass die Par­tei­en die in § 202 Abs. 1 BGB ge­nann­ten Ansprüche nicht in die Aus­schluss­frist ein­be­zo­gen hätten. Sch­ließlich be­ste­he ei­ne Un­wirk­sam­keit nach § 309 Nr. 7 BGB. Ei­ne un­zulässi­ge Be­gren­zung der Haf­tung sei nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs auch die zeit­li­che Be­gren­zung der Durch­setz­bar­keit durch Abkürzung der ge­setz­li­chen Verjährungs­fris­ten. Hier be­ste­he ei­ne Di­ver­genz zur Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts. Das Ar­beits­ge­richt ver­mu­te wie­der nur,

 

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sol­che Ansprüche sei­en von der Aus­schluss­frist nicht er­fasst. Im Übri­gen sei­en Aus­schluss­fris­ten auf­grund von Be­son­der­hei­ten des Ar­beits­rechts, die in der Viel­zahl mögli­cher Ansprüche in und aus ei­nem persönlich ge­prägten Rechts­verhält­nis be­ste­he, grundsätz­lich be­rech­tigt. Die­se Be­schränkung sei für Scha­dens­er­satz­ansprüche we­gen Ver­let­zung von Leib und Le­ben nicht ge­recht­fer­tigt. Sie lie­ge nicht in den Be­son­der­hei­ten des Ar­beits­rechts. Auf den Punkt ge­bracht: Es sei kei­ne Be­son­der­heit des Ar­beits­rechts, ob ein Ar­beit­ge­ber sei­nen Ar­beit­neh­mer töte oder um­ge­kehrt.

Der Kläger be­an­tragt;

in Abände­rung des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Pa­der­born vom 25. Fe­bru­ar 2011 (3 Ca 1633/10) den Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an den Kläger 139.513,74 € nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz gemäß § 247 BGB aus 127.513,74 € seit dem 27. Au­gust 2010 so­wie aus wei­te­ren 12.000,00 € seit dem 27. Ok­to­ber 2010 zu zah­len.

Der Be­klag­te be­an­tragt,

un­ter Auf­he­bung des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Pa­der­born vom 25. Fe­bru­ar 2011 (3 Ca 1633/10) die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Der Be­klag­te ver­tei­digt un­ter Wie­der­ho­lung und Ver­tie­fung sei­nes erst­in­stanz­li­chen Vor­trags das Ur­teil als zu­tref­fend, so­weit es die Kla­ge ab­ge­wie­sen hat. Es sei oh­ne Be­deu­tung für die Teil­bar­keit, dass es sich um ei­ne ein­stu­fi­ge Aus­schluss­re­ge­lung han­de­le. Nach dem Weg­strei­chen des un­wirk­sa­men Teils der Klau­sel ver­blei­be ein aus sich her­aus verständ­li­cher und wirk­sa­mer Klau­sel­rest. Ent­spre­chend der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ver­s­toße die Aus­schluss­frist we­der ge­gen § 202 Abs. 1 BGB noch § 309 Nr. 7 BGB. In bei­den Fällen könne die Klau­sel nur in­so­weit un­wirk­sam sein, wor­auf sich die­se Re­ge­lun­gen be­zie­hen. Es han­de­le sich um ei­nen Fall der Teil­nich­tig­keit, die Par­tei­en hätten die Aus­schluss­frist auch oh­ne den nich­ti­gen Teil ver­ein­bart. Im Übri­gen er­ge­be sich aus dem Ge­samt­zu­sam­men­hang des Ver­trags, dass die­se Ansprüche nicht ein­be­zo­gen sein soll­ten.

Darüber hin­aus ste­hen nach der wei­ter­hin auf­recht er­hal­te­nen An­sicht des Be­klag­ten dem Kläger die vom Ar­beits­ge­richt zu­er­kann­ten Ansprüche nicht zu. Es han­de­le sich

 

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beim Ver­trag schon nicht um All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen. Der Ar­beits­ver­trag sei aus­ge­han­delt wor­den. Da­bei sei der Kläger von sei­nem Rechts­an­walt K1 und sei­nem Be­ra­ter D1 be­treut wor­den. Der Be­ra­ter sei an den Ver­hand­lun­gen be­tei­ligt ge­we­sen, die­ser ha­be die Entwürfe zur recht­li­chen Prüfung an den Rechts­an­walt wei­ter­ge­lei­tet, der die­se ab­ge­seg­net ha­be. Beim Chef­trai­ner ei­nes Bun­des­li­ga­ver­eins han­de­le es sich um ei­nen lei­ten­den An­ge­stell­ten. Hier könn­ten und würden sei­tens des Ver­eins kei­ner­lei Ver­ein­ba­run­gen dik­tiert. Ge­halt, Prämi­en­zah­lun­gen und Fol­gen der Frei­stel­lung sei­en in­di­vi­du­ell und un­ter frei­er Dis­po­si­ti­on aus­ge­han­delt wor­den. An­ge­sichts des In­ter­es­ses, den Kläger als Chef­trai­ner an­zu­stel­len, sei der Be­klag­te be­reit ge­we­sen, über die da­mit zu­sam­menhängen­den Kon­di­tio­nen des Ver­trags zu ver­han­deln. Im Bun­des­li­ga­geschäft sei letzt­lich je­de Klau­sel dis­po­si­tiv und wer­de zwi­schen den Par­tei­en aus­ge­han­delt. Es ha­be meh­re­re Ver­trags­entwürfe ge­ge­ben, die sich ge­ra­de mit der Be­zah­lung und den Frei­stel­lungs­re­geln aus­ein­an­der­ge­setzt hätten. Die Auf­stiegs­prämie sei im ers­ten Ver­trags­ent­wurf gar nicht ent­hal­ten ge­we­sen, son­dern vom Kläger ver­langt wor­den. Dar­auf­hin sei es zu Ver­hand­lun­gen ge­kom­men, was denn ge­sche­hen sol­le, wenn es zur Frei­stel­lung kom­me. Der Be­klag­te ha­be ein In­ter­es­se an der Ver­mei­dung ei­ner Dop­pel­be­las­tung ge­habt und des­halb nur noch das Grund­ge­halt, aber kei­ne er­folgs­abhängi­gen Punkt­prämi­en mehr zah­len wol­len. In­so­weit sei­en zwi­schen den Par­tei­en fair die dies­bezügli­chen An­sich­ten dar­ge­legt und mit der Be­reit­schaft zum Kom­pro­miss frei ver­han­delt wor­den. Des­halb sei ei­ne Auf­stiegs­prämie von 50.000,00 Eu­ro als Son­der­prämie auf­ge­nom­men wor­den. Im Ge­gen­zug ha­be bei ei­ner Frei­stel­lung kei­ne Punkt­prämie mehr ge­zahlt und der Dienst­wa­gen her­aus­ge­ge­ben wer­den sol­len. Erst kon­kre­te Ver­hand­lun­gen hätten zu die­sem Er­geb­nis geführt, so dass ins­be­son­de­re Auf­stiegs­prämie und Frei­stel­lungs­klau­sel ge­son­dert, in­di­vi­du­ell und um­fas­send aus­ge­han­delt wor­den sei­en. Im Übri­gen sei der Ver­trag we­der mehr­fach ver­wen­det wor­den noch ei­ne sol­che be­ab­sich­tigt oder bei Chef­trai­nern möglich.

Die ge­trof­fe­ne Frei­stel­lungs­re­ge­lung sei auch nicht un­an­ge­mes­sen oder un­zu­mut­bar. Es sei hier nicht der Maßstab an­zu­set­zen, der bei ei­nem nor­ma­len Ar­beit­neh­mer gel­te. Der Kläger sei ein er­fah­re­ner und schon lan­ge im Fußball­geschäft täti­ger Trai­ner. Er wis­se, dass der Job sehr schnell be­en­det sein könne. Ge­ra­de in die­sem sen­si­blen Be­reich könne es di­ver­se Gründe ge­ben, war­um es nach Auf­fas­sung der Ver­einsführung zur Frei­stel­lung kom­men müsse, weil die Zie­le gefähr­det und mit

 

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ei­nem neu­en Trai­ner noch zu er­rei­chen sei­en. Da­her sei die Ver­ein­ba­rung ei­ner je­der­zei­ti­gen Frei­stel­lung zulässig. Das gel­te auch für die da­mit ver­bun­de­ne Kürzung des Ent­gelts auf das Grund­ge­halt und die Ab­ga­be des Fahr­zeugs. Die Ver­ein­ba­run­gen sei­en klar und deut­lich ge­trof­fen ge­we­sen. Bei­de Par­tei­en hätten die Fol­gen ge­kannt und nicht als un­zu­mut­bar an­ge­se­hen. Die Punkt­prämie sei nun mal ei­ne Er­folgs­prämie, die dem neu­en Chef­trai­ner ge­zahlt wer­den müsse, und es sei we­der aus­ge­wo­gen noch ge­recht, die­se an den frei­ge­stell­ten Chef­trai­ner zu zah­len, der auf die Mann­schaft und den von ihr er­ziel­ten Er­folg kei­nen Ein­fluss mehr ha­be. Der Kläger ha­be mit ei­nem Jah­res­ge­halt von 162.000,00 Eu­ro zu­dem ei­ne ho­he Grund­vergütung ge­habt, so dass er nicht in Exis­tenznöte ge­ra­ten sei. Ei­ne kras­se An­wen­dung von Pro­zentsätzen sei nicht möglich. Zu­dem han­de­le es sich bei der Punkt­prämie nicht um ei­nen fest ste­hen­den Be­trag, die An­ge­mes­sen­heit der Kürzung können nicht nach den je­weils wech­seln­den Punktständen in der Meis­ter­schaft je­des Jahr neu be­ur­teilt wer­den. Das es­sen­zi­el­le In­ter­es­se des Be­klag­ten an ei­ner Re­du­zie­rung der Be­las­tung während der Frei­stel­lung und das In­ter­es­se des Klägers an ei­ner aus­rei­chen­den Vergütung sei an­ge­sichts der kon­kre­ten Zah­lun­gen (Jah­res­ge­halt und Auf­stiegs­prämie) ge­recht aus­ge­gli­chen wor­den.

Dies ha­be auch der Kläger so ge­se­hen und während der Lauf­zeit des Ver­trags kei­ne Ansprüche über das Grund­ge­halt hin­aus gel­tend ge­macht. Im Sch­lich­tungs­ver­fah­ren um die Kürzung we­gen der Beschädi­gung des Fahr­zeugs ha­be der Kläger auch ei­ne höhe­re Grund­vergütung gel­tend ge­macht. Da dies nicht ver­trags­gemäß ge­we­sen sei, ha­be man sich auf die Zah­lung des ein­be­hal­te­nen Be­tra­ges ge­ei­nigt, da­mit soll­ten dann ne­ben der Grund­vergütung kei­ne wei­te­ren For­de­run­gen mehr ge­stellt wer­den. Mit der Zah­lung ha­be die For­de­rungs­sa­che er­le­digt sein sol­len.

Hin­sicht­lich der Ur­laubs­ab­gel­tung meint der Be­klag­te, dass in ei­ner Frei­stel­lung be­reits ei­ne kon­klu­den­te Ur­laubs­gewährung lie­ge. Kein Ar­beit­ge­ber möch­te oder würde ei­nen Ar­beit­neh­mer frei­stel­len, oh­ne dass die dies­bezügli­che Zeit auf den Ur­laub an­ge­rech­net wird. Dies ha­be der Kläger schlüssig an­ge­nom­men, da er kei­nen Ur­laub gel­tend ge­macht ha­be. Zu­dem sei ihm die­se An­rech­nungs­mo­da­lität aus frühe­rer Zeit be­kannt ge­we­sen und von ihm ak­zep­tiert wor­den. Der­ar­ti­ge Frei­stel­lun­gen entsprächen bei Chef­trai­nern der Üblich­keit. Das

 

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Ab­gel­tungs­ver­lan­gen sei zu­dem rechts­miss­bräuch­lich, weil der Kläger sich nicht um ei­ne zeit­li­che Kon­kre­ti­sie­rung des Ur­laubs bemüht ha­be. Ein Ar­beit­neh­mer han­de­le sonst mut­wil­lig dem Grund­ge­dan­ken des Ur­laubs­rechts zu­wi­der, dass die Frei­zeit Vor­rang vor der Ab­gel­tung ha­be. Zu­dem dürf­te ein seit ei­nem Jahr frei­ge­stell­ter Ar­beit­neh­mer wohl kaum be­rech­tigt sein, noch zwölf Ur­laubs­ta­ge zu for­dern, die der Er­ho­lung die­nen sol­len, wenn dafür aus­rei­chend Zeit während der Frei­stel­lung be­stan­den ha­be.

Der Kläger be­an­tragt in­so­weit,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Der Kläger ver­tritt wei­ter­hin die Auf­fas­sung, dass die Kürzung der Vergütung während der Frei­stel­lung schon als in­di­vi­du­al­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung un­wirk­sam wäre, weil selbst nach al­ter Rechts­la­ge die Gren­ze von 25% über­schrit­ten sei, die ein Ar­beit­ge­ber un­ter Wi­der­rufs­vor­be­halt stel­len könne. Im Übri­gen han­de­le es sich um All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen. Der Kläger ha­be am 9. Fe­bru­ar 2008 sei­ne Tätig­keit auf­ge­nom­men, der Ver­trag sei ihm erst­mals am 22. Fe­bru­ar 2008 vor­ge­legt und so­fort von ihm un­ter­schrie­ben wor­den. Der Spie­ler­be­ra­ter D1 und der Rechts­an­walt K1 hätten für ihn den Ver­trag nicht ver­han­delt, der Kläger ha­be hier­zu we­der Auf­trag noch Man­dat er­teilt. Dem­ent­spre­chend ha­be der Kläger die in die­sen Fällen übli­che „Be­tei­li­gung" an die bei­den Her­ren auch nicht ge­zahlt. Die Par­tei­en hätten über kei­ne ein­zi­ge der Ver­trags­klau­seln ge­spro­chen. Im Übri­gen sei der Vor­trag des Be­klag­ten zu den „fai­ren Ver­hand­lun­gen auf Au­genhöhe" un­sub­stan­zi­iert und ei­ner Be­weis­auf­nah­me, bei der es sich um ei­nen Aus­for­schungs­be­weis han­deln würde, nicht zugäng­lich. Das­sel­be gel­te für die Sch­lich­tungs­ver­hand­lung. Es sei um die Beschädi­gung des Fahr­zeugs ge­gan­gen und es ha­be kei­nen An­lass ge­ge­ben, in die­sem Zu­sam­men­hang über ei­ne Punkt­prämie zu spre­chen. Ei­ne Aus­gleichs­klau­sel sei nicht ver­ein­bart wor­den. In der zwi­schen­zeit­lich un­ter­las­se­nen Gel­tend­ma­chung von Ansprüchen lie­ge im Übri­gen kein Ver­zicht.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Vor­brin­gens der Par­tei­en wird auf den von ih­nen in Be­zug ge­nom­me­nen In­halt der in bei­den In­stan­zen zu den Ak­ten ge­reich­ten Schriftsätze nebst An­la­gen so­wie die Pro­to­kol­le der Sit­zun­gen des Ar­beits­ge­richts

 

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am 14. De­zem­ber 2010 und 25. Fe­bru­ar 2011 so­wie des Lan­des­ar­beits­ge­richts am 16. Au­gust 2011 Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Be­ru­fun­gen sind zulässig. Die Be­ru­fung des Klägers ist im We­sent­li­chen be­gründet, die des Be­klag­ten über­wie­gend un­be­gründet.

A. Die Be­ru­fun­gen sind an sich statt­haft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Be­schwer­de­ge­gen­stan­des zulässig (§ 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG) so­wie in ge­setz­li­cher Form und Frist ein­ge­legt (§ 519 ZPO in Ver­bin­dung mit § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) und in­ner­halb der Frist (§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) und auch ord­nungs­gemäß (§ 520 Abs. 3 ZPO in Ver­bin­dung mit § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG) be­gründet wor­den.

So­weit der Kläger in sei­ner Be­ru­fungs­be­gründungs­schrift als An­trag die Ver­ur­tei­lung zu le­dig­lich „130.513,74 €" statt „139.513,74 €" ankündigt, han­delt es sich um ei­nen of­fen­sicht­li­chen Schreib­feh­ler. Be­reits aus der Ein­lei­tung der Be­ru­fungs­be­gründung (vgl. S. 2 des Schrift­sat­zes vom 6. April 2011, Bl. 152 d. A.) er­gibt sich, dass der Kläger das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts an­greift, so­weit es sei­ne Kla­ge ab­ge­wie­sen hat, und „sein erst­in­stanz­li­ches Be­geh­ren in vol­lem Um­fang wei­ter" ver­folgt. Ei­ne le­dig­lich teil­wei­se ein­ge­leg­te Be­ru­fung liegt nicht vor.

B. Die Be­ru­fung des Klägers ist im We­sent­li­chen be­gründet, so­weit sie sich ge­gen die erst­in­stanz­li­che Ab­wei­sung der Kla­ge rich­tet. Mit Aus­nah­me der Punkt­prämie für die Re­le­ga­ti­ons­spie­le zur 2. Fußball­bun­des­li­ga so­wie ei­nes Teils der Ur­laubs­ab­gel­tung in Höhe von 1.640,60 Eu­ro brut­to ste­hen dem Kläger die gel­tend ge­mach­ten Ansprüche zu. Die Be­ru­fung des Be­klag­ten ist nur be­gründet, so­weit er sich ge­gen die Ver­ur­tei­lung zur Zah­lung ei­ner Ur­laubs­ab­gel­tung von mehr als 10.544,02 Eu­ro brut­to wen­det, im Übri­gen ist sie un­be­gründet.

I. Der Zulässig­keit der Kla­ge steht nicht ent­ge­gen, dass der Kläger sei­ne Kla­ge be­reits am 10. Sep­tem­ber 2010 vor Ab­schluss des DFB-Schieds­ver­fah­rens am 18

 

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No­vem­ber 2010 er­ho­ben hat. Der erst­in­stanz­lich er­ho­be­ne Ein­wand des Be­klag­ten, die ent­ge­gen der Ver­ein­ba­rung in § 9 Ar­beits­ver­trag vor­zei­ti­ge Er­he­bung der Kla­ge führe zu ih­rer Un­wirk­sam­keit, ist un­be­gründet. § 9 Ar­beits­ver­trag enthält kei­ne gemäß § 4, § 101 Abs. 2 ArbGG zu be­ach­ten­de Schieds­ver­ein­ba­rung der Par­tei­en. Es fehlt be­reits an ei­ner ta­rif­ver­trag­li­chen Schieds­ver­ein­ba­rung, zu­dem un­terfällt der Pro­fi­fußball nicht dem in § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG ge­nann­ten Be­rufs­grup­pen.

II. Der Be­klag­te hat an den Kläger ins­ge­samt 131.873,14 Eu­ro brut­to zu zah­len, und zwar ei­ne Punkt­prämie in Höhe von 108.000,00 Eu­ro brut­to (III.), den noch nicht ge­zahl­ten Teil der Auf­stiegs­prämie in Höhe von 4.166,67 Eu­ro brut­to (IV.), ei­ne Nut­zungs­entschädi­gung für den Ent­zug des Dienst­wa­gens in Höhe von 9.162,45 Eu­ro brut­to (V.) so­wie ei­ne Ur­laubs­ab­gel­tung in Höhe von 10.544,02 Eu­ro brut­to (VI.). Die Ansprüche des Klägers sind nicht gemäß § 8 Ar­beits­ver­trag ver­fal­len (VII.). Da­bei war klar­stel­lend der im Be­ru­fungs­an­trag nicht ent­hal­te­ne Zu­satz „brut­to" bei der Zah­lungs­for­de­rung im Te­nor mit auf­zu­neh­men, weil der Kläger be­reits erst­in­stanz­lich nur ei­ne Brut­to­for­de­rung gel­tend ge­macht hat (vgl. Kla­ge­schrift, Bl. 2 d. A. so­wie Kla­ge­er­wei­te­rung vom 24. Sep­tem­ber 2010, Bl. 32 d. A.).

III. Der Kläger be­sitzt für die Zeit vom 13. Mai 2009 bis 30. Ju­ni 2010 ge­gen den Be­klag­ten ei­nen An­spruch auf Zah­lung ei­ner Punkt­prämie in Höhe von 108.000,00 Eu­ro gemäß § 611, §§ 293 ff., §615 BGB in Ver­bin­dung mit § 3 Nr. 2a und 2b Ar­beits­ver­trag.

1. Dem Kläger stand während sei­ner Tätig­keit als Chef­trai­ner ne­ben sei­nem Grund­ge­halt ei­ne Punkt­prämie von 1.000,00 Eu­ro je Meis­ter­schafts­punkt in der 3. Fußball­bun­des­li­ga gemäß § 3 Nr. 2b Ar­beits­ver­trag und von 2.000,00 Eu­ro je Meis­ter­schafts­punkt in der 2. Fußball­bun­des­li­ga gemäß § 3 Nr. 2a Ar­beits­ver­trag zu. Die Li­zenz­mann­schaft des Be­klag­ten er­ziel­te ab dem 13. Mai 2009 in der noch lau­fen­den Dritt­li­ga­sai­son 2008/2009 für zwei ge­won­ne­ne Pflicht­spie­le sechs Punk­te (ent­spricht 6.000,00 Eu­ro Punkt­prämie), in der Zweit­li­ga­sai­son 2009/2010 bis 30. Ju­ni 2010 ins­ge­samt 51 Punk­te (ent­spricht 102.000,00 Eu­ro Punkt­prämie).

Dem Kläger steht da­ge­gen kei­ne Punkt­prämie für die bei­den Re­le­ga­ti­ons­spie­le zu. Hierfür be­steht, wie das Ar­beits­ge­richt zu­tref­fend fest­stellt, kei­ne Grund­la­ge in dem

 

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von den Par­tei­en ge­schlos­se­nen Ver­trag. Ei­ne Punkt­prämie ist nur für die in der Meis­ter­schafts­wer­tung gut­ge­schrie­be­nen Punk­te ver­ein­bart. Da­zu zählt die Re­le­ga­ti­on nicht. Viel­mehr sind die Sie­ge in den Spie­len um den Auf­stieg in die 2. Fußball­bun­des­li­ga von der ver­ein­bar­ten Auf­stiegs­prämie er­fasst.

Ins­ge­samt steht dem Kläger ei­ne Punkt­prämie von 108.000,00 Eu­ro brut­to zu.

2. Dem An­spruch steht nicht ent­ge­gen, dass die Meis­ter­schafts­punk­te nicht, wie es in § 3 Nr. 2a und 2b Ar­beits­ver­trag be­stimmt ist, un­ter tatsäch­li­cher Mit­wir­kung des Klägers als Chef­trai­ner er­zielt wur­den. Auf ei­ne tatsächli­che Tätig­keit des Klägers kam es nicht an, weil der Be­klag­te sich seit der Frei­stel­lung des Klägers in An­nah­me­ver­zug be­fand. Das ver­pflich­tet ihn gemäß § 615 Satz 1 BGB zur Zah­lung der ver­ein­bar­ten Punkt­prämie.

a) Nach § 293 BGB kommt der Gläubi­ger in Ver­zug, wenn er die ihm an­ge­bo­te­ne Leis­tung nicht an­nimmt. § 294 BGB ver­langt, dass der Schuld­ner dem Gläubi­ger die Leis­tung tatsächlich so, wie sie zu be­wir­ken ist, an­bie­ten muss. Der Ar­beit­neh­mer muss sich zur ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Zeit an den ver­ein­bar­ten Ar­beits­ort be­ge­ben und die nach dem Ver­trag ge­schul­de­te Ar­beits­leis­tung an­bie­ten. Gemäß § 295 BGB genügt ein wört­li­ches An­ge­bot des Schuld­ners, wenn der Gläubi­ger ihm erklärt hat, dass er die Leis­tung nicht an­neh­men wer­de, oder wenn zur Be­wir­kung der Leis­tung ei­ne Hand­lung des Gläubi­gers er­for­der­lich ist (vgl. BAG, 7. De­zem­ber 2005, 5 AZR 19/05, NZA 2006, 435 <435>). Ein tatsächli­ches oder wört­li­ches An­ge­bot des Klägers nach sei­ner Frei­stel­lung am 13. Mai 2009 liegt nicht vor.

b) Mit der Frei­stel­lung des Klägers von sei­ner Tätig­keit als Chef­trai­ner be­fand sich der Be­klag­te je­doch mit der An­nah­me die­ser Ar­beits­leis­tung in Ver­zug, oh­ne dass es ei­nes tatsächli­chen oder wört­li­chen An­ge­bots des Klägers be­durf­te. Zwar kann im un­gekündigt be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis an­ders als nach Aus­spruch ei­ner Kündi­gung re­gelmäßig nicht an­ge­nom­men wer­den, der Ar­beit­ge­ber ha­be ei­ne vor­zu­neh­men­de Hand­lung nicht recht­zei­tig vor­ge­nom­men, so dass § 296 BGB (Ent­behr­lich­keit des An­ge­bots) kei­ne An­wen­dung fin­det. Viel­mehr muss der Ar­beit­neh­mer die Ar­beit an­bie­ten (vgl. BAG, 25. April 2007, 5 AZR 504/06, NZA 2007, 801 <803>; 27.Au­gust 2008, 5 AZR 16/08, NZA 2008, 1410 <1410>; 18.

 

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No­vem­ber 2009, 5 AZR 774/08, AP Arb­ZG § 4 Nr. 2). Zur Be­gründung des An­nah­me­ver­zugs be­darf es aber nicht mal ei­nes wört­li­chen An­ge­bots der Ar­beits­leis­tung durch den Ar­beit­neh­mer, wenn der Ar­beit­ge­ber er­ken­nen lässt, un­ter kei­nen Umständen zur Wei­ter­beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers be­reit zu sein, wie z. B. bei ei­ner un­wi­der­ruf­li­chen Frei­stel­lung in der Kündi­gungs­erklärung (vgl. BAG, 6. Sep­tem­ber 2006, 5 AZR 703/05, NZA 2007, 36 <38>).

Im vor­lie­gen­de Fall war der Kläger von der Ver­einsführung des Be­klag­ten zwei Spiel­ta­ge vor dem En­de der Dritt­li­ga­sai­son 2008/2009 frei­ge­stellt wor­den, weil sie das sport­li­che Ziel (di­rek­ter Wie­der­auf­stieg in die 2. Fußball­bun­des­li­ga) bei sei­ner wei­te­ren Tätig­keit gefähr­det sah. Für den Kläger wur­de ein neu­er Chef­trai­ner en­ga­giert, der im un­mit­tel­ba­ren An­schluss sei­ne Tätig­keit über­nahm. Der Dienst­wa­gen und das Dienst­han­dy wur­den dem Kläger ent­zo­gen. Der Be­klag­te ließ ge­genüber dem Kläger da­durch ein­deu­tig er­ken­nen, dass ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung als Chef­trai­ner der Li­zenz­mann­schaft un­ter kei­nen Umständen mehr in Be­tracht kam. Ei­nes tatsächli­chen oder wört­li­chen An­ge­bots der Ar­beits­kraft sei­tens des Klägers zur Be­gründung des An­nah­me­ver­zugs des Be­klag­ten be­durf­te es un­ter die­sen Umständen nicht.

c) Nach § 615 Satz 1 BGB hat der Be­klag­te für die Zeit des An­nah­me­ver­zu­ges die für die in­fol­ge des Ver­zugs nicht ge­leis­te­ten Diens­te ver­ein­bar­te Vergütung zu zah­len. Da­bei sind al­le Ent­gelt­be­stand­tei­le zu berück­sich­ti­gen (vgl. BAG, 18. Sep­tem­ber 2002, 1 AZR 668/01, AP BGB § 615 Nr. 99).

aa) Da­zu zählen auch er­folgs- bzw. leis­tungs­abhängi­ge Vergütungs­be­stand­tei­le (vgl. LAG Schles­wig-Hol­stein, 10. Ja­nu­ar 2006, 2 Sa 307/05, NZA-RR 2006, 301 <301 f.>; ErfK/Preis, 11. Auf­la­ge, 2011, § 615 BGB Rn. 76; HK-ArbR/Waas/Po­lon­ka, 2. Auf­la­ge, 2010, §615 BGB Rn. 13). Um ei­ne sol­che er­folgs­abhängi­ge Vergütung für die nor­ma­le Ar­beits­leis­tung han­delt es sich bei ei­ner im Li­zenz­fußball ver­ein­bar­ten Punkt­prämie für Meis­ter­schafts­punk­te (vgl. für Spie­ler: BAG, 14. No­vem­ber 1992, 9 AZR 564/91, NZA 1993, 750 <751>; 6. De­zem­ber 1995, 5 AZR 237/94, NZA 1996, 640 <641>). Das gilt nicht nur für Spie­ler, son­dern auch für Trai­ner. Ei­ne mit die­sem ver­ein­bar­te, vom Er­folg der Mann­schaft abhängi­ge Zah­lung ist Be­stand­teil der für sei­ne Ar­beits­leis­tung ge­zahl­ten Vergütung. Auch wenn die Zah­lungs­pflicht nicht von

 

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vorn­her­ein fest­steht, weil sie vom Er­folg der Mann­schaft abhängt, ist sie nach Grund und Höhe be­stimm­bar und sei­ner Ar­beits­leis­tung (Trai­nertätig­keit) zu­zu­ord­nen. Die­se be­steht (auch, aber nicht nur) in der Be­treu­ung der Mann­schaft bei ei­nem kon­kre­ten Spiel, ih­rer Vor­be­rei­tung auf die­ses Spiel und dem Mann­schafts­er­folg in die­sem Spiel (vgl. Busch, Das Ar­beits­verhält­nis des Fußball­trai­ners, 2006, S. 221). Die Punkt­prämie ist da­mit Teil des im Ge­gen­sei­tig­keits­verhält­nis zur Ar­beits­leis­tung des Ar­beit­neh­mers ste­hen­den vom Ar­beit­ge­ber zu zah­len­den Ent­gelts.

Ei­ne an­de­re Be­ur­tei­lung ist nicht ge­recht­fer­tigt, weil in § 3 Nr. 2a und 2b Ar­beits­ver­trag aus­drück­lich als Vor­aus­set­zung vor­ge­se­hen ist, dass die Meis­ter­schafts­punk­te „un­ter sei­ner tatsächli­chen Mit­wir­kung als Chef­trai­ner" vom Kläger er­zielt wor­den sein müssen. Dies hat nicht zur Fol­ge, dass die Punkt­prämie au­to­ma­tisch entfällt, so­bald der Kläger nicht mehr als Trai­ner tätig ist. Der Ein­satz des Fußball­trai­ners als Be­treu­er der Mann­schaft so­wohl in der Vor­be­rei­tung als auch bei der Ab­sol­vie­rung der Spie­le ist ver­trag­lich fest­ge­schrie­ben (vgl. Busch, a.a.O., S. 220 f.). Dar­an wird der Trai­ner bei ei­ner Su­s­pen­die­rung durch den Ar­beit­ge­ber ge­hin­dert, was schon auf­grund des Rechts­ge­dan­kens des § 162 BGB den An­spruch auf die­se von ei­ner tatsächli­chen Tätig­keit abhängi­gen Vergütungs­be­stand­tei­le im An­nah­me­ver­zug nicht ent­fal­len las­sen kann. Die Mit­wir­kung als Trai­ner bei ei­nem prämi­en­pflich­ti­gen Spiel ähnelt zu­dem dem Er­for­der­nis der Ver­mitt­lung des pro­vi­si­ons­pflich­ti­gen Geschäfts gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB durch den Ver­tre­ter. Auch hier lässt der Um­stand, dass die­se Ver­mitt­lungstätig­keit nach ei­ner Frei­stel­lung durch den Ar­beit­ge­ber tatsächlich nicht mehr statt­fin­det, beim abhängig beschäftig­ten Ver­tre­ter den Vergütungs­an­spruch aus An­nah­me­ver­zug hin­sicht­lich des Pro­vi­si­ons­an­teils nicht ent­fal­len (vgl. LAG Schles­wig-Hol­stein, 10. Ja­nu­ar 2006, 2 Sa 307/05, NZA-RR 2006, 301 <301 f.>). Ent­spre­chen­des hat für er­folgs­abhängi­ge Prämi­en, die auf ei­ne tatsächli­che Mit­wir­kung des Ar­beit­neh­mers ab­stel­len, zu gel­ten.

bb) Für die Höhe des Vergütungs­an­spruchs gilt wie beim ver­gleich­ba­ren Fall der Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall das Lohn­aus­fall­prin­zip. Zu zah­len ist die Vergütung wel­che der Ar­beit­neh­mer bei Wei­ter­ar­beit er­zielt hätte (vgl. BAG, 23. Ju­ni 1994, 6 AZR 853/93, NZA 1995, 468 <469 f.>; 18. Sep­tem­ber 2001, 9 AZR 307/00, NZA 2002, 268 <270>). Fehlt es an An­halts­punk­ten für die Höhe des mut­maßlich

 

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er­ziel­ten Ent­gel­tes, ist die­ses nach § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen (vgl. BAG, 18. Sep­tem­ber 2001, a.a.O.). Dies gilt auch für den leis­tungs­abhängi­gen Ver­dienst, weil die­ser Schwan­kun­gen un­ter­liegt (vgl. LAG Schles­wig-Hol­stein, 10. Ja­nu­ar 2006, 2 Sa 307/05, NZA-RR 2006, 301 <301>; ErfK/Preis, a.a.O., § 615 BGB Rn. 77; HK-ArbR/Waas/Po­lon­ka, a.a.O., § 615 BGB Rn. 13; für den ver­gleich­ba­ren Fall der Ent­gelt­fort­zah­lung an Fei­er­ta­gen eben­so BAG, 29. Sep­tem­ber 1971, 3 AZR 164/71, AP Fei­er­tags­lohn­zah­lungsG § 1 Nr. 28). Da­bei kann die vom Ar­beit­neh­mer bis zum Be­ginn des An­nah­me­ver­zugs er­ziel­te Vergütung ei­nen An­halts­punkt lie­fern (vgl. all­ge­mein BAG, 18. Sep­tem­ber 2001, a.a.O.). Sein Durch­schnitts­ver­dienst der letz­ten drei Mo­na­te kann berück­sich­tigt wer­den, al­ler­dings nur als Hilfs­mit­tel im Er­mes­sens­spiel­raum des Ge­richts in­ner­halb von § 287 Abs. 2 ZPO (ErfK/Preis, a.a.O.). Der Er­satz des Lohn­aus­fall­prin­zips durch das Re­fe­renz­prin­zip ist auch im Be­rufs­fußball grundsätz­lich nicht möglich (vgl. BAG, 6. De­zem­ber 1995, 5 AZR 237/94, NZA 1996, 640 <641>). Sch­ließlich kann auf die von ei­nem ver­gleich­ba­ren Ar­beit­neh­mer im Aus­fall­zeit­raum er­ziel­te Ar­beits­vergütung ab­ge­stellt wer­den (vgl. ErfK/Preis, a.a.O.; HK-ArbR/Waas/Po­lon­ka, a.a.O.).

Als sol­cher ver­gleich­ba­rer Ar­beit­neh­mer ist der Nach­fol­ger des Klägers im Amt des Chef­trai­ners an­zu­se­hen. Die während des­sen Tätig­keit im An­spruchs­zeit­raum von der Li­zenz­mann­schaft er­ziel­ten Punk­te können für die Be­mes­sung der An­nah­me­ver­zugs­vergütung des Klägers aus der ver­ein­bar­ten Punkt­prämie her­an­ge­zo­gen wer­den. Auf den Durch­schnitt der - nied­ri­ge­ren - Punk­te­prämie während der Teil­nah­me am Spiel­be­trieb der 3. Fußball­bun­des­li­ga ab­zu­stel­len, ver­bie­tet sich im vor­lie­gen­den Fall, weil dies zum ei­nen ei­ne un­zulässi­ge Um­stel­lung der Be­rech­nung auf das Re­fe­renz­prin­zip be­deu­ten würde und an­ge­sichts des Auf­stiegs der Mann­schaft in die 2. Fußball­bun­des­li­ga für die Be­mes­sung im Rah­men des § 287 Abs. 2 ZPO kei­nen sach­ge­rech­ten An­halts­punkt lie­fert. Des­halb schei­det auch die vor der Frei­stel­lung am 13. Mai 2009 er­ziel­te Vergütung als An­halts­punkt aus. Der Um­stand, dass nicht si­cher fest steht, ob un­ter der Führung des Klägers der di­rek­te Wie­der­auf­stieg er­reicht und die­sel­be Punkt­zahl in der Zweit­li­ga­sai­son 2009/2010 er­zielt wor­den wären, geht zu­las­ten des Be­klag­ten. Wenn es um die Be­stim­mung der maßgeb­li­chen Vergütung des Klägers hin­sicht­lich der er­folgs­abhängi­gen Vergütungs­be­stand­tei­le im An­nah­me­ver­zugs­zeit­raum geht, trägt

 

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er auch in­so­weit das Ri­si­ko sei­ner der Frei­stel­lung vor­her­ge­hen­den Pro­gno­se, der Trai­ner sei für ei­ne wei­te­re Ausübung sei­ner Funk­ti­on nicht mehr ge­eig­net.

3. Der An­spruch des Klägers auf Zah­lung der Punkt­prämie für die Zeit vom 13. Mai 2009 bis 30. Ju­ni 2010 ist nicht durch § 6 Abs. 4 Satz 2 Ar­beits­ver­trag aus­ge­schlos­sen. Der in die­ser Be­stim­mung ge­re­gel­te Weg­fall der Punkt­prämie ab dem Zeit­punkt der Frei­stel­lung stellt ei­ne All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung dar, die gemäß § 308 Nr. 4 BGB un­wirk­sam ist.

a) Der Kläger ist zwar der An­sicht, dass die in die­ser Be­stim­mung ent­hal­te­ne Kürzung der Vergütung um die Punkt­prämie während der Zeit der Frei­stel­lung be­reits als In­di­vi­dua­la­b­re­de un­wirk­sam sei, weil sie nach al­ter Rechts­la­ge die Gren­ze von 25% über­schrei­tet, die ein Ar­beit­ge­ber vor In­kraft­tre­ten der AGB-Kon­trol­le un­ter ei­nen Wi­der­rufs­vor­be­halt stel­len konn­te. Nach Auf­fas­sung des Bun­des­ar­beits­ge­richts soll aber nach Einführung der AGB-Kon­trol­le ei­ne Bil­lig­keits­kon­trol­le im Sin­ne ei­ner all­ge­mei­nen, nicht auf die Be­son­der­hei­ten des Fal­les be­zo­ge­nen An­ge­mes­sen­heits­prüfung nach § 242 BGB nicht mehr statt­fin­den. Die §§ 305 ff. BGB stell­ten ei­ne ab­sch­ließen­de Kon­kre­ti­sie­rung des Ge­bots von Treu und Glau­ben hin­sicht­lich ei­ner all­ge­mei­nen, al­lein den In­halt ei­ner Re­ge­lung über­prüfen­den An­ge­mes­sen­heits­kon­trol­le dar (vgl. BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/05, NZA 2005, 1111 <1116>). Ei­ne rich­ter­li­che Kon­trol­le sei über §§ 305 ff. BGB hin­aus auch hin­sicht­lich der Haupt­leis­tungs­pflich­ten nur noch bei struk­tu­rel­len Störun­gen der Ver­trags­pa­rität er­for­der­lich, bei wel­cher der Ar­beit­ge­ber sei­ne wirt­schaft­li­che Über­le­gen­heit ge­genüber dem Ar­beit­neh­mer aus­nutzt, um ein für die­sen ungüns­ti­ges Ver­hand­lungs­er­geb­nis durch­zu­set­zen (vgl. BAG, a.a.O.; ErfK/Preis, a.a.O., § 310 BGB Rn. 24). Ins­be­son­de­re der in der frühe­ren Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts we­sent­li­che Ge­sichts­punkt der funk­ti­ons­wid­ri­gen Ver­trags­ge­stal­tung durch ob­jek­ti­ve Ge­set­zes­um­ge­hung soll für ei­ne In­halts­kon­trol­le kei­ne Grund­la­ge mehr sein (ErfK/Preis, a.a.O., § 310 BGB Rn. 4). Ob der Ge­setz­ge­ber tatsächlich das Schutz­ni­veau hin­sicht­lich ei­ner Um­ge­hung von § 2 KSchG für In­di­vi­dua­la­b­re­den im Ar­beits­recht durch die Einführung ei­ner AGB-Kon­trol­le für ein­sei­tig ge­stell­te Be­din­gun­gen ab­sen­ken woll­te, er­scheint zwei­fel­haft, be­darf vor­lie­gend aber kei­ner Ent­schei­dung, weil es sich bei § 6 Abs. 4 Satz 2 Ar­beits­ver­trag um ei­ne All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung han­delt.

 

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b) § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB de­fi­niert All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen als al­le für ei­ne Viel­zahl von Verträgen vor­for­mu­lier­ten Ver­trags­be­din­gun­gen, die ei­ne Ver­trags­par­tei der an­de­ren Ver­trags­par­tei bei Ab­schluss ei­nes Ver­tra­ges stellt.

aa) Es muss sich um Ver­trags­be­din­gun­gen han­deln, d. h. sol­che, wel­che den In­halt des Ver­trags re­geln. Die­se liegt hier vor. § 6 Abs. 4 Satz 2 Ar­beits­ver­trag ist Be­stand­teil ei­ner Ge­samt­re­ge­lung in § 6 Abs. 3 und 4 Ar­beits­ver­trag über die Be­rech­ti­gung des Be­klag­ten zur ein­sei­ti­gen Frei­stel­lung und den dar­aus re­sul­tie­ren­den vergütungs­recht­li­chen Fol­gen.

bb) Vor­for­mu­liert ist ei­ne Ver­trags­be­din­gung, wenn sie zeit­lich vor dem Ver­trags­schluss vor­liegt, sei es schrift­lich oder elek­tro­nisch fi­xiert oder im Gedächt­nis ge­spei­chert (vgl. BAG, 18. De­zem­ber 2008, 8 AZR 81/08, NZA-RR 2009, 519 <521>; HK-ArbR/Bo­em­ke/Ul­ri­ci, a.a.O., § 305 BGB Rn. 8). Nach dem Vor­trag bei­der Par­tei­en hat der Be­klag­te den Ver­trag ins­ge­samt vor­for­mu­liert. Das gilt auch für die hier strit­ti­ge Be­din­gung zur Frei­stel­lung un­ter teil­wei­sen Weg­fall der Vergütung. Zwar hat der Be­klag­te vor­ge­tra­gen, dass die­se in sei­nem ers­ten Ent­wurf nicht ent­hal­ten ge­we­sen sei. Al­ler­dings hat er wei­ter mit­ge­teilt, dass die Ände­run­gen in den Entwürfen je­weils von ihm (bzw. dem dafür zuständi­gen Mit­ar­bei­ter M1) vor­ge­nom­men wur­den. Ei­ne Vor­for­mu­lie­rung von Ver­trags­be­din­gun­gen durch den Kläger vor der Ver­trags­un­ter­zeich­nung, die dann Ein­gang in den ab­ge­schlos­se­nen Ver­trag ge­fun­den ha­ben, hat er nicht be­haup­tet. So­weit der Be­klag­te ei­ne Ein­fluss­nah­me des Klägers auf die Ver­trags­be­din­gun­gen gel­tend macht, ändert dies nichts an der Vor­for­mu­lie­rung durch ihn (vgl. BAG, 18. De­zem­ber 2008, a.a.O.).

cc) Ver­trags­be­din­gun­gen sind für ei­ne Viel­zahl von Verträgen vor­for­mu­liert, wenn ih­re drei­ma­li­ge Ver­wen­dung be­ab­sich­tigt ist (vgl. BAG 1. März 2006, 5 AZR 363/05, NZA 2006, 746 <747>; 18. De­zem­ber 2008, 8 AZR 81/08, NZA-RR 2009, 519 <520>). Dies kann an­ge­nom­men wer­den, wenn aus dem In­halt und der äußeren Ge­stal­tung der in ei­nem Ver­trag ver­wen­de­ten Be­din­gun­gen sich ein vom Ver­wen­der zu wi­der­le­gen­der An­schein dafür er­gibt, dass sie zur Mehr­fach­ver­wen­dung for­mu­liert wor­den sind und der An­schein nicht wi­der­legt wor­den ist. Ein An­schein für die be­ab­sich­tig­te Mehr­fach­ver­wen­dung kann vor­lie­gen, wenn der Ver­trag zahl­rei­che

 

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for­mel­haf­te Klau­seln enthält und nicht auf die in­di­vi­du­el­le Ver­trags­si­tua­ti­on ab­ge­stimmt ist. Der An­schein ei­nes zur Mehr­fach­ver­wen­dung ent­wi­ckel­ten Ver­tra­ges wird nicht da­durch wi­der­legt, dass er in Tei­len in­di­vi­du­el­le Ver­ein­ba­run­gen enthält (vgl. BAG, 1. März 2006, a.a.O.; 18. De­zem­ber 2008, a.a.O., 520 f.).

(1) Im vor­lie­gen­den Fall enthält der Ver­trag der Par­tei­en vom 22. Fe­bru­ar 2008 ei­ne Viel­zahl von Re­ge­lun­gen, die for­mel­haf­ten Cha­rak­ter ha­ben und in­halt­lich für je­den Ver­trag als Chef­trai­ner der Li­zenz­mann­schaft des Be­klag­ten An­wen­dung fin­den können. Der Ver­trag ist hin­sicht­lich der wech­sel­sei­ti­gen Rech­te und Pflich­ten über­wie­gend all­ge­mein ge­fasst und enthält nur we­ni­ge auf das kon­kre­te Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en be­zo­ge­ne Da­ten. Da­zu gehört zwar die Re­ge­lung des Grund­ge­halts, wel­che auf die Si­tua­ti­on des zum Zeit­punkt des Tätig­keits­be­ginns des Klägers in der 2. Fußball­bun­des­li­ga ab­stiegs­be­droh­ten Be­klag­ten ab­ge­stimmt ist und für ver­schie­de­ne Tätig­keits­sze­na­ri­en un­ter­schied­li­che Re­ge­lun­gen enthält. Das gilt aber schon nicht mehr für die Punkt- und Auf­stiegs­prämie, de­ren Re­ge­lung in ih­rer Struk­tur und teil­wei­se in der For­mu­lie­rung der­je­ni­gen ent­spricht, wie sie in dem als Mus­ter all­ge­mein zur Verfügung ge­stell­ten Ar­beits­ver­trag des Bun­des Deut­scher Fußball-Leh­rer (ab­ruf­bar un­ter: bdfl.de/tl_files/bdfl/ser­vice/Ar­beits­ver­trag_Trai­ner.pdf, Stand 15. Au­gust 2011) ent­hal­ten sind und die wie folgt lau­ten:

Darüber hin­aus wird ei­ne Punk­te­prämie von € ............ pro ge­won­ne­nem Punkt
ver­ein­bart, die mo­nat­lich ab­zu­rech­nen ist. Die Punk­te­prämie ist nur dann zahl­bar,
so­weit Herr/Frau .......................... die Mann­schaft als Chef­trai­ner be­treut.
Im Fal­le ei­nes Auf­stie­ges erhält Herr/Frau ........................................ ei­ne ein­ma­li­ge
Auf­stiegs­prämie von € .................................... brut­to.

Sch­ließlich sind so­wohl die Ge­samt­re­ge­lung des Kom­ple­xes „Frei­stel­lung und Vergütung" in § 6 Abs. 3 und 4 Ar­beits­ver­trag als auch der Weg­fall der Punkt­prämie während ei­ner Frei­stel­lung in § 6 Abs. 4 Satz 2 Ar­beits­ver­trag so for­mu­liert, dass de­ren Mehr­fach­ver­wen­dung oh­ne wei­te­re sprach­li­che oder in­halt­li­che An­pas­sung in je­dem Trai­ner­ver­trag möglich ist.

(2) Die­sen An­schein hat der Be­klag­te nicht wi­der­legt, in dem er in der Be­ru­fungs­in­stanz erst­mals be­haup­tet hat, es ha­be ein Zu­sam­men­hang zwi­schen der Ver­ein­ba­rung ei­ner Auf­stiegs­prämie und der Re­ge­lung der Frei­stel­lung und der

 

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während die­ser Zeit zu zah­len­den Vergütung ge­ge­ben. Da­nach soll der Kläger ei­ne im ers­ten Ent­wurf nicht ent­hal­te­ne Auf­stiegs­prämie ver­langt und dar­auf der Be­klag­te ei­ne Re­ge­lung der Vergütung während der Frei­stel­lung ver­langt ha­ben. Ab­ge­se­hen da­von, dass der Be­klag­te den kon­kre­ten Ver­hand­lungs­ab­lauf auch zweit­in­stanz­lich trotz der Hin­wei­se der Ge­gen­sei­te im erst­in­stanz­li­chen Schrift­satz vom 18. Fe­bru­ar 2011 (sie­he dort II.) und des erst­in­stanz­li­chen Ge­richts in sei­nem Ur­teil nicht dar­ge­stellt hat, steht dies in ei­nem von ihm nicht erläuter­ten Wi­der­spruch zu sei­nem erst­in­stanz­li­chen Vor­brin­gen. Dort hat­te er noch vor­ge­tra­gen, dass der­ar­ti­ge Re­ge­lun­gen im Pro­fi­fußball üblich sei­en und re­gelmäßig in Ar­beits­verträge auf­ge­nom­men würden. Zu­dem soll­te nach sei­ner Be­haup­tung ei­ne be­reits zu­vor prak­ti­zier­te Re­ge­lung, dass während der Frei­stel­lung kei­ne Punkt­prämie ge­zahlt wird, nun­mehr et­was kon­kre­ter in den Ar­beits­ver­trag mit auf­ge­nom­men wer­den. Es be­stand dem­nach aus Sicht des Be­klag­ten ein ge­ne­rel­les Re­ge­lungs­pro­blem, dass durch ei­ne von ihm for­mu­lier­te und mehr­fach ver­wen­dungsfähi­ge Klau­sel gelöst wur­de.

Die auch in der Be­ru­fungs­in­stanz auf­recht er­hal­te­ne Be­haup­tung des Be­klag­ten, dass er den Ar­beits­ver­trag in die­ser Form kein zwei­tes Mal ver­ein­ba­ren wer­de, da es im­mer um­fang­rei­che Ver­hand­lun­gen, ge­ra­de was Ent­gelt­zah­lun­gen, Ne­ben­leis­tun­gen und Frei­stel­lungs­re­ge­lun­gen an­ge­he, zwi­schen Ver­ein und Trai­ner ge­be, führt aus den vom Ar­beits­ge­richt ge­nann­ten Gründen zu kei­nem an­de­ren Er­geb­nis. Un­abhängig da­von, dass Ent­gelt­zah­lun­gen und Ne­ben­leis­tun­gen selbst­verständ­lich re­gelmäßig Ge­gen­stand um­fang­rei­cher Ver­hand­lun­gen sind und in ge­nau dem mit dem Kläger ver­ein­bar­ten Um­fang wahr­schein­lich kein zwei­tes Mal ver­ein­bart wer­den, führt dies hin­sicht­lich der Re­ge­lung in § 6 Abs. 3 und 4 Ar­beits­ver­trag nicht da­zu, dass es sich bei die­sen Klau­seln um kei­ne All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen han­delt. Der An­schein ei­nes zur Mehr­fach­ver­wen­dung ent­wi­ckel­ten Ver­tra­ges bzw. ei­ner ent­spre­chen­den Ver­trags­be­din­gung wird nicht da­durch wi­der­legt, dass in Tei­len in­di­vi­du­el­le Ver­ein­ba­run­gen vor­han­den sind.

dd) Die Be­din­gun­gen des Ver­tra­ges vom 22. Fe­bru­ar 2008 wur­den von dem Be­klag­ten als Ver­wen­der ge­stellt. Dies gilt je­den­falls für § 6 Abs. 3 und 4 Ar­beits­ver­trag. Nach § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB gel­ten bei Ver­brau­cher­verträgen, zu de­nen Ar­beits­verträge gehören (vgl. BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/05, NZA 2005,

 

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1111 <1115 f.>; 18. März 2008, 9 AZR 186/07, NZA 2008, 1004 <1006>; 18. De­zem­ber 2008, 8 AZR 81/08, NZA-RR 2009, 519 <521>), All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen als vom Ar­beit­ge­ber ge­stellt, es sei denn, dass sie durch den Ar­beit­neh­mer in den Ver­trag ein­geführt wor­den sind. Ei­ne Ver­trags­be­din­gung wird vom Ar­beit­neh­mer ein­geführt, wenn sie auf Initia­ti­ve bzw. frei­en Vor­schlag des Ar­beit­neh­mers ver­ein­bart wird, was der Ar­beit­ge­ber dar­zu­le­gen und zu be­wei­sen hat (HK-ArbR/Bo­em­ke/Ul­ri­ci, a.a.O., § 310 BGB Rn. 10). Im vor­lie­gen­den Fall be­haup­tet der Be­klag­te schon nicht, dass die Re­ge­lung zur Frei­stel­lung und zum Weg­fall von Vergütungs­leis­tun­gen, u. a. der Punkt­prämie, vom Kläger in den Ver­trag ein­geführt wur­de. Er macht le­dig­lich des­sen Ein­verständ­nis mit der von ihm gewünsch­ten Re­ge­lung im Rah­men von ihm so ge­nann­ter „frei­er Ver­hand­lun­gen auf Au­genhöhe" gel­tend.

ee) Das Vor­lie­gen All­ge­mei­ner Geschäfts­be­din­gun­gen wird nicht durch § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB aus­ge­schlos­sen. Die Re­ge­lung zur Frei­stel­lung in § 6 Abs. 3 und 4 Ar­beits­ver­trag ist nicht zwi­schen den Ver­trags­par­tei­en im Ein­zel­nen aus­ge­han­delt wor­den.

(1) Ei­ne Ver­trags­be­din­gung ist „aus­ge­han­delt" im Sin­ne von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB, wenn der Ver­wen­der die be­tref­fen­de Klau­sel in­halt­lich ernst­haft zur Dis­po­si­ti­on stellt und dem Ver­hand­lungs­part­ner Ge­stal­tungs­frei­heit zur Wah­rung ei­ge­ner In­ter­es­sen einräumt mit der rea­len Möglich­keit, die in­halt­li­che Aus­ge­stal­tung der Ver­trags­be­din­gun­gen zu be­ein­flus­sen. Das setzt vor­aus, dass sich der Ver­wen­der deut­lich und ernst­haft zu gewünsch­ten Ände­run­gen der zu tref­fen­den Ver­ein­ba­rung be­reit erklärt und dies dem Ver­wen­dungs­geg­ner bei Ab­schluss des Ver­tra­ges be­wusst war. „Aus­han­deln" be­deu­tet mehr als ver­han­deln. Es genügt nicht, dass der Ver­trags­in­halt le­dig­lich erläutert oder erörtert wird und den Vor­stel­lun­gen des Ver­trags­part­ners ent­spricht. Bleibt es nach gründ­li­cher Erörte­rung bei dem vor­for­mu­lier­ten Text, weil der Be­trof­fe­ne nun­mehr von der sach­li­chen Not­wen­dig­keit über­zeugt ist, so kann der Ver­trag als das Er­geb­nis ei­nes Aus­han­delns ge­wer­tet wer­den (vgl. BAG, 27. Ju­li 2005, 7 AZR 486/04, NZA 2006, 40 <44>; BAG, 1. März 2006, 5 AZR 363/05, NZA 2006, 746 <748>; 6. Sep­tem­ber 2007, 2 AZR 722/06, NZA 2008, 219 <220>; 19. Mai 2010, 5 AZR 253/09, NZA 2010, 939 <941>).

 

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Die Möglich­keit der Ein­fluss­nah­me muss sich auf die kon­kre­te Klau­sel be­zie­hen. Vor­for­mu­lier­te Be­din­gun­gen in ei­nem Ver­trags­werk, die nicht aus­ge­han­delt wur­den, blei­ben kon­trollfähi­ge All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen. Das folgt aus der Ver­wen­dung des Wor­tes „so­weit" in § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB (vgl. BAG, 19. Mai 2010, 5 AZR 253/09, NZA 2010, 939 <941>; a. A. HK-ArbR/Bo­em­ke/Ul­ri­ci, a.a.O., § 305 Rn. 17).

Der Ver­wen­der muss dar­le­gen und be­wei­sen, dass es sich um aus­ge­han­del­te Ver­trags­be­din­gun­gen han­delt (ErfK/Preis, a.a.O., § 310 BGB Rn. 24). Es gel­ten die Grundsätze der ab­ge­stuf­ten Dar­le­gungs­last, bei­de Ver­trags­part­ner müssen sich sub­stan­zi­iert zu ei­nem vom Ver­wen­der be­haup­te­ten „Aus­han­deln" ein­las­sen (HK-ArbR/Bo­em­ke/Ul­ri­ci, a.a.O., § 305 BGB Rn. 19).

(2) Der Be­klag­te hat ein Aus­han­deln der Frei­stel­lungs­re­ge­lung in § 6 Abs. 3 und 4 Ar­beits­ver­trag we­der erst- noch zweit­in­stanz­lich sub­stan­zi­iert dar­ge­legt.

(a) Der Be­klag­te hat sich in sei­ner Kla­ge­er­wi­de­rung vom 10. De­zem­ber 2010 le­dig­lich all­ge­mein dar­auf be­ru­fen, dass der ge­sam­te Ver­trag, ins­be­son­de­re die Frei­stel­lungs­klau­sel in § 6 Abs. 3 und 4 Ar­beits­ver­trag in­di­vi­du­ell aus­ge­han­delt wor­den sei. Der Ver­trag sei mehr­fach nach ge­mein­sa­men Gesprächen der Par­tei­en an­ge­passt und geändert wor­den. Der Be­klag­te hat zu­gleich un­ter Be­ru­fung auf die Er­fah­rung des Klägers im Pro­fi­fußball be­haup­tet, die­sem sei es be­kannt ge­we­sen, dass sol­che Re­ge­lun­gen üblich sei­en, ein ho­hes Bedürf­nis nach sol­chen Re­ge­lun­gen be­ste­he und es an­ge­sichts der Frei­stel­lung des Trai­ners ein ge­rech­ter Aus­gleich sei, wenn er nicht sei­ne vol­len Bezüge wei­ter be­kom­me. Ein kon­kre­ter An­halts­punkt dafür, dass der Be­klag­te die von ihm gewünsch­te Klau­sel ernst­haft zur Dis­po­si­ti­on ge­stellt hat, er­gibt sich dar­aus nicht.

Im Schrift­satz vom 7. Fe­bru­ar 2011 stellt der Be­klag­te dar­auf ab, dass ein Chef­trai­ner nicht mit ei­nem nor­ma­len Ar­beit­neh­mer zu ver­glei­chen sei. Er ha­be wie auch im vor­lie­gen­den Fall ei­nen oder meh­re­re Be­ra­ter und genügend ei­ge­ne Er­fah­rung auf­grund sei­ner Spie­ler- und Trai­ner­pra­xis. Es sei­en mehr­fa­che Ver­trags­an­pas­sun­gen er­folgt, ins­be­son­de­re sei es da­bei um die Frei­stel­lungs­re­ge­lun­gen ge­gan­gen. Dar­aus folgt wei­ter­hin nicht, wie der Be­klag­te für

 

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den Kläger er­kenn­bar zum Aus­druck ge­ge­ben hat­te, der von ihm vor­for­mu­lier­te Re­ge­lungs­kom­plex „Frei­stel­lung mit teil­wei­ser Vergütungs­min­de­rung" könne auch an­der­wei­tig als von ihm be­ab­sich­tigt ge­re­gelt wer­den, wenn der Kläger dies ver­lan­ge. Er trägt kei­ne Umstände vor, aus de­nen ge­schlos­sen wer­den kann, dass die­se Klau­sel von ihm in­halt­lich ernst­haft zur Dis­po­si­ti­on ge­stellt wor­den war und der Kläger auf die Aus­ge­stal­tung Ein­fluss neh­men konn­te. Die Hin­zu­zie­hung von Be­ra­tern auf Ar­beit­neh­mer­sei­te lässt kei­ne Schluss­fol­ge­rung auf die Ver­hand­lungs­be­reit­schaft des Ar­beit­ge­bers als Ver­wen­der ei­ner All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gung zu. Dies gilt um­so mehr, als der Be­klag­te die an­geb­li­chen Ver­trags­an­pas­sun­gen nicht im Ein­zel­nen erläutert hat.

(b) Der Kläger hat von Be­ginn an be­strit­ten, dass die ein­zel­nen Be­din­gun­gen des Ver­trags ins­be­son­de­re die Re­ge­lung zur Frei­stel­lung und de­ren Vergütungs­fol­gen ernst­haft von dem Be­klag­ten zur Dis­po­si­ti­on ge­stellt wor­den sei­en. Im Schrift­satz vom 18. Fe­bru­ar 2011 hat er zu­dem gerügt, dass der bis da­hin er­folg­te erst­in­stanz­li­che Vor­trag des Be­klag­ten ein Aus­han­deln nicht er­ken­nen las­se und ei­ner Be­weis­auf­nah­me nicht zugäng­lich sei. Der Be­klag­te stel­le nicht dar, wel­che Par­tei wel­che Vor­stel­lung zu ei­ner Frei­stel­lungs­re­ge­lung in die Ver­hand­lun­gen ein­ge­bracht ha­be und wo­durch die von dem Be­klag­ten im For­mu­lar­ver­trag vor­ge­leg­te Re­ge­lung ernst­haft zur Dis­po­si­ti­on ge­stellt wor­den sei. Es rei­che nicht vor­zu­tra­gen, ei­ne Klau­sel sei erörtert, ver­han­delt und letzt­lich in der im Ver­trag ge­ge­be­nen Form ab­ge­schlos­sen wor­den. Der Be­klag­te ha­be nicht vor­ge­tra­gen, wel­chen Ge­gen­vor­schlag der Kläger un­ter­brei­tet ha­be, wie die Be­klag­te dar­auf re­agiert ha­be, und wie und durch wel­che Vor­schläge die Frei­stel­lungs­re­ge­lung letzt­lich zu­stan­de ge­kom­men sei.

(c) Das Ar­beits­ge­richt hat in sei­ner an­ge­foch­te­nen Ent­schei­dung im Ein­zel­nen aus­geführt, der Be­klag­te ha­be vor­ge­tra­gen, dass die Re­ge­lun­gen schon während des ers­ten Ver­trags Ge­gen­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­we­sen sei­en, je­doch nicht in die­ser Ausführ­lich­keit for­mu­liert wor­den sei­en. Der Be­klag­te ha­be aber auch auf mehr­fa­che Nach­fra­ge der Kam­mer nicht vor­tra­gen können, was kon­kret bezüglich § 6 Abs. 4 Ar­beits­ver­trag aus­ge­han­delt und in­wie­weit auf die Vor­stel­lun­gen und Wünsche des Klägers ein­ge­gan­gen wor­den sei (S. 14 des Ur­teils). Es stellt wei­ter fest, trotz ent­spre­chen­der Rüge des Klägers und Nach­fra­ge des Ge­richts im

 

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Kam­mer­ter­min ha­be der Be­klag­te nicht dar­ge­legt, wel­che Par­tei wel­che Vor­stel­lun­gen zu ei­ner Frei­stel­lungs­re­ge­lung in die Ver­hand­lun­gen ein­ge­bracht ha­be und wo­durch die vor­for­mu­lier­te Re­ge­lung ernst­haft zur Dis­po­si­ti­on ge­stellt wor­den sei. Die Be­ru­fung auf die Wirk­sam­keit der Re­ge­lung im We­ge ergänzen­der Ver­trags­aus­le­gung, die Üblich­keit im Pro­fi­fußball und die bloße Kon­kre­ti­sie­rung ei­ner be­reits im frühe­ren Ar­beits­verhält­nis so ge­hand­hab­ten Re­ge­lung spre­che dafür, dass die Re­ge­lung nicht zur Dis­po­si­ti­on ge­stan­den ha­be (S. 17 des Ur­teils).

(d) Die Ausführun­gen des Be­klag­ten in der Be­ru­fungs­in­stanz sind nicht ge­eig­net, die vom Ar­beits­ge­richt und vom Kläger auf­ge­zeig­ten Lücken im Vor­trag zum „Aus­han­deln" im Sin­ne des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB zu schließen. Der Vor­trag des Be­klag­ten lässt nicht er­ken­nen, dass die von ihm vor­for­mu­lier­ten Ver­trags­be­din­gun­gen in § 6 Abs. 3 und 4 Ar­beits­ver­trag ernst­haft zur Dis­po­si­ti­on stand.

(aa) Der Be­klag­te trägt wei­ter­hin nicht den Ver­hand­lungs­ab­lauf vor, so dass an­hand von Fak­ten nach­voll­zo­gen wer­den könn­te, dass ent­ge­gen dem äußeren An­schein des Ver­trags und dem Vor­trag des Klägers zum Ver­trags­schluss es sich bei § 6 Abs. 3 und 4 Ar­beits­ver­trag nicht um All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen han­delt. Wer­tun­gen wie die­je­ni­gen, Ver­hand­lun­gen sei­en „auf Au­genhöhe" geführt und die Frei­stel­lungs­re­ge­lun­gen „fair" aus­ge­han­delt wor­den, er­set­zen nicht die kon­kre­te Dar­stel­lung, wann wel­che Ver­trags­entwürfe mit wel­chem In­halt hin­sicht­lich der hier frag­li­chen Klau­sel mit dem Kläger ver­han­delt wur­den. Dass der Kläger ei­ge­ne Entwürfe zu die­sem Re­ge­lungs­kom­plex vor­ge­legt hat, be­haup­tet der Be­klag­te nicht. Im Übri­gen lässt sich aus sei­nem Vor­trag nicht ab­lei­ten, dass die Klau­sel des Ver­trags ernst­haft zur Dis­po­si­ti­on stand. Es fin­det sich kei­ne sub­stan­zi­ier­te Dar­stel­lung des Ver­hal­tens und der Äußerun­gen des Be­klag­ten in den von ihm be­haup­te­ten Ver­trags­ver­hand­lun­gen, auf­grund de­ren dem Kläger (bzw. den nach Be­haup­tung des Be­klag­ten für ihn han­deln­den Per­so­nen) be­wusst sein konn­te, dass die vor­ge­schla­ge­ne Re­ge­lung ei­ner je­der­zei­ti­gen Frei­stel­lung un­ter gleich­zei­ti­ger Kürzung der zu zah­len­den Vergütung ernst­haft mit dem Ziel ei­ner an­de­ren in­halt­li­chen Re­ge­lung ver­han­delt wer­den konn­te.

 

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(bb) Im Übri­gen trägt der Be­klag­te vor, dass § 6 Abs. 3 und 4 Ar­beits­ver­trag im Zu­sam­men­hang mit der Auf­stiegs­prämie aus­ge­han­delt wor­den sei­en. Der Be­klag­te stellt aber nur ei­ne be­stimm­te zeit­li­che Auf­ein­an­der­fol­ge von Ver­hand­lungs­ge­genständen dar, je­doch kei­nen sach­li­chen Zu­sam­men­hang. Al­len­falls die Re­ge­lung in § 6 Abs. 4 Satz 3 Ar­beits­ver­trag zur zeit­an­tei­li­gen Zah­lung der Auf­stiegs­prämie ist dar­aus - wenn auch nicht zwin­gend - erklärbar. Hin­sicht­lich des Weg­falls der Punkt­prämie und des Dienst­wa­gens im Fal­le der Frei­stel­lung er­gibt sich kein Zu­sam­men­hang mit dem Fall ei­nes mögli­chen Auf­stiegs. Es ver­bleibt da­bei, dass le­dig­lich ei­ne schon früher prak­ti­zier­te Re­ge­lung auf Ver­lan­gen des Be­klag­ten in sei­nem vor­for­mu­lier­ten Ver­trag kon­kre­ti­siert wer­den soll­te, oh­ne dass de­ren Ver­han­del­bar­keit an­hand des Be­klag­ten­vor­trags er­kenn­bar ist. Sch­ließlich lässt die Ver­hand­lung über ei­ne vor­her nicht vor­ge­se­he­nen Auf­stiegs­prämie den Cha­rak­ter der Be­stim­mun­gen in § 6 Abs. 3 und 4 Ar­beits­ver­trag als All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen nicht ent­fal­len, weil sich dar­aus nicht er­gibt, wel­chen kon­kre­ten Ein­fluss der Kläger auf den In­halt die­ser Ver­trags­be­din­gun­gen hat­te.

(cc) So­weit der Be­klag­te auf die Po­si­ti­on des Klägers als vom Be­klag­ten gewünsch­ter Chef­trai­ner hin­weist, er­gibt sich dar­aus nicht, dass die Be­din­gun­gen des Ver­trags aus­ge­han­delt wor­den sind. So wie der Kläger im Ein­zel­nen die Umstände des Ver­trags­ab­schlus­ses dar­ge­stellt hat, hätte es ei­nes ent­spre­chen­den Vor­trags des Be­klag­ten be­durft, der sich ins­be­son­de­re kon­kret mit dem zeit­li­chen Ab­lauf aus­ein­an­der­setzt. Da­zu hätte gehört, wann die Ver­trags­ver­hand­lun­gen be­gon­nen ha­ben, wann der Be­klag­te sie mit dem Kläger oder den von ihm - an­geb­lich - be­auf­trag­ten Per­so­nen geführt hat, wel­chen In­halt die Ver­trags­gespräche im Ein­zel­nen hat­ten und wor­aus die Kläger­sei­te ent­neh­men konn­te, dass über die Frei­stel­lungs­re­ge­lung so­wie die da­mit zu­sam­menhängen­de Vergütungs­re­ge­lung in­halt­lich auf Ver­lan­gen des Klägers ernst­haft mit der Möglich­keit ei­ner Abände­rung hätte ver­han­delt wer­den können. Die Be­haup­tung der Exis­tenz meh­re­rer Ver­trags­entwürfe „zur Ent­gelthöhe, zu der Prämie und zu den Fol­gen ei­ner Frei­stel­lung" ist man­gels Mit­tei­lung des In­halts die­ser un­ter­schied­li­chen Entwürfe und des kon­kre­ten Ein­flus­ses des Klägers auf die For­mu­lie­rung von § 6 Abs. 3 und 4 Ar­beits­ver­trag nicht ge­eig­net, ein Aus­han­deln nach­voll­zieh­bar dar­zu­le­gen. So­weit dem Be­klag­ten die Entwürfe nicht mehr zur Verfügung ste­hen, ent­las­tet ihn das nicht

 

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von sei­ner Dar­le­gungs­last für ein Aus­han­deln im Sin­ne des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB.

(dd) Es mag sein, dass Ver­hand­lun­gen mit dem bis­he­ri­gen Ver­ein des Klägers we­gen ei­ner Frei­ga­be er­for­der­lich wa­ren. Dar­aus er­gibt sich nichts zum In­halt der Ver­hand­lun­gen mit dem Kläger, die die­ser be­strit­ten hat. Es er­scheint zu­dem nicht völlig aus­ge­schlos­sen, dass der Kläger auf­grund sei­ner frühe­ren Tätig­kei­ten als Spie­ler und Trai­ner des Be­klag­ten so­wie sei­ner fa­mi­liären Bin­dun­gen vor Ort in je­dem Fall schon mal als Trai­ner an­fing in dem bei­der­sei­ti­gen Be­wusst­sein, dass man sich hin­sicht­lich der Ver­trags­be­din­gun­gen schon ir­gend­wie ei­nig wer­de. Kon­kre­te An­halts­punk­te für ei­nen an­der­wei­ti­gen Ab­lauf hat der Be­klag­te nicht dar­ge­legt. Es fehlt an dem Vor­trag, wann wer auf Sei­ten des Be­klag­ten mit dem Kläger persönlich über wel­che Ver­trags­be­din­gun­gen, ins­be­son­de­re über § 6 Abs. 3 und 4 Ar­beits­ver­trag ver­han­delt hat und auf­grund wel­cher Umstände für den Kläger er­kenn­bar war, dass die Re­ge­lung zur Frei­stel­lung mit Vergütungskürzung zur Dis­po­si­ti­on stand.

(ee) Ob tatsächlich die von dem Be­klag­ten ge­nann­ten Per­so­nen (Spie­ler­be­ra­ter D1, Rechts­an­walt K1) oh­ne Man­dat des Klägers, wie von die­sem be­haup­tet, für ihn ver­han­delt ha­ben, kann letzt­lich of­fen blei­ben. Selbst hier hat der Be­klag­te nicht kon­kret vor­ge­tra­gen, wor­aus sich für ihn er­gab, dass die­se bei­den Per­so­nen in Voll­macht für den Kläger ver­han­del­ten. Viel­mehr legt der Vor­trag des Be­klag­ten so­gar na­he, dass der Rechts­an­walt vom Be­ra­ter D1 nur außer­halb der Gespräche zur an­walt­li­chen Be­ra­tung ein­ge­schal­tet war. Die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne Voll­macht, auch in Form der An­scheins- oder Dul­dungs­voll­macht hat der Be­klag­te nicht dar­ge­legt. Un­abhängig da­von hat der Be­klag­te nicht vor­ge­tra­gen, wie die­se Per­so­nen auf den In­halt der Ver­trags­klau­seln ins­be­son­de­re im Zu­sam­men­hang mit dem Re­ge­lungs­kom­plex „Frei­stel­lung und de­ren Fol­gen für die Vergütung" Ein­fluss neh­men konn­ten. Hier fehlt es an kon­kre­ten Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen.

c) Des Wei­te­ren un­ter­liegt die Re­ge­lung in § 6 Abs. 4 Satz 2 Ar­beits­ver­trag gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ei­ner AGB-Kon­trol­le. Nach die­ser Norm fin­den bei Verträgen zwi­schen ei­nem Un­ter­neh­mer und ei­nem Ver­brau­cher (Ver­brau­cher­verträge) § 305c Abs. 2 BGB und die §§ 306 und 307 bis 309 BGB auf vor­for­mu­lier­te

 

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Ver­trags­be­din­gun­gen auch dann An­wen­dung, wenn die­se nur zur ein­ma­li­gen Ver­wen­dung be­stimmt sind und so­weit der Ver­brau­cher auf­grund der Vor­for­mu­lie­rung auf ih­ren In­halt kei­nen Ein­fluss neh­men konn­te.

aa) Die hier strit­ti­ge Ver­trags­be­din­gung wur­de von der Be­klag­ten vor­for­mu­liert. Auf die bis­he­ri­gen Ausführun­gen hier­zu wird Be­zug ge­nom­men (vgl. B. III. 3. b) bb) der Gründe).

bb) Die Möglich­keit der Ein­fluss­nah­me setzt vor­aus, dass der Ver­wen­der den ge­set­zes­frem­den Kern­ge­halt sei­ner All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen ernst­haft zur Dis­po­si­ti­on stellt und dem Ver­wen­dungs­geg­ner Ge­stal­tungs­frei­heit zur Wah­rung sei­ner In­ter­es­sen einräumt. Das Merk­mal des „Ein­fluss­neh­mens" in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ent­spricht dem „Aus­han­deln" in § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB (vgl. BAG, 25. Mai 2005, NZA 2005, 1111 <1116>; 19. Mai 2010, 5 AZR 253/09, NZA 2010, 939 <941>). Ist die Möglich­keit der Ein­fluss­nah­me strei­tig, muss der Ver­wen­der nach den Grundsätzen der ab­ge­stuf­ten Dar­le­gungs­last den Vor­trag des Ver­wen­dungs­geg­ners, er ha­be kei­ne Ein­flussmöglich­keit ge­habt, qua­li­fi­ziert be­strei­ten, in­dem er kon­kret dar­legt, wie er Klau­seln zur Dis­po­si­ti­on ge­stellt hat und aus wel­chen Umständen dar­auf ge­schlos­sen wer­den kann, der Ver­wen­dungs­geg­ner ha­be die Klau­seln frei­wil­lig ak­zep­tiert (vgl. BAG, 25. Mai 2005, a.a.O.; 19. Mai 2010, a.a.O.). Der Vor­trag des Be­klag­ten wird die­sen An­for­de­run­gen nicht ge­recht.

(1) In der Be­ru­fungs­er­wi­de­rung vom 15. Ju­ni 2011 hat der Kläger un­ter Wie­der­ho­lung und Ver­tie­fung sei­ner erst­in­stanz­li­chen Dar­le­gun­gen (sie­he oben B. III. 3. b) ee) (2) (b) der Gründe) vor­ge­tra­gen, dass die strit­ti­ge Re­ge­lung zur Frei­stel­lung und Kürzung der Bezüge sich von An­fang an in dem ihm vor­ge­leg­ten Ver­trag be­fun­den ha­be und Ver­hand­lun­gen hierüber nicht statt­ge­fun­den hätten. Der Ver­trag sei ihm beiläufig zur Un­ter­schrift vor­ge­legt wor­den, als er sei­ne Tätig­keit be­reits auf­ge­nom­men ha­be; über kei­ne ein­zi­ge Ver­trags­klau­sel hätten die Par­tei­en ge­spro­chen. Zu­letzt mit Schrift­satz vom 11. Ju­li 2011 hat der Kläger dar­ge­legt, dass er in der noch lau­fen­den Sai­son 2007/2008 von sei­nem da­ma­li­gen Ver­ein am 9. Fe­bru­ar 2008 ge­wech­selt und be­reits den 19. Spiel­tag oh­ne un­ter­schrie­be­nen Ver­trag oder Vor­la­ge ei­nes Ver­trags­ent­wurfs ab­sol­viert ha­be. Die­ser sei erst am 22. Fe­bru­ar 2008 vor­ge­legt und vom Kläger so­fort un­ter­schrie­ben wor­den.

 

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(2) Die feh­len­de Sub­stan­zi­iert­heit des Be­klag­ten­vor­trags zum „Aus­han­deln" im Sin­ne des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB (sie­he oben B. III. 3) b) ee) (2) (a) und (d) der Gründe) hat zum Er­geb­nis, dass auch ein Ein­fluss des Klägers auf den In­halt der Ver­trags­be­din­gun­gen in § 6 Abs. 3 und 4 Ar­beits­ver­trag nicht dar­ge­legt ist. Man­gels kon­kre­ter An­ga­ben zum Ver­hand­lungs­ab­lauf und dem In­halt der Ver­trags­ver­hand­lun­gen lässt sich ein sol­cher Ein­fluss nicht aus­ma­chen.

d) § 6 Abs. 4 Satz 2 Ar­beits­ver­trag ist ei­ne im Sin­ne des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB kon­trollfähi­ge All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung, da er ei­ne von § 615 Satz 1 BGB ab­wei­chen­de Re­ge­lung zur Höhe der Vergütung bei An­nah­me­ver­zug des Ar­beit­ge­bers in­fol­ge ei­ner Frei­stel­lung enthält. Zum Nach­teil des Klägers ist dar­in be­stimmt, dass in die­sem Fall fort­zu­zah­len­de Vergütungs­be­stand­tei­le vom Be­klag­ten al­lein auf­grund der von die­sem aus­ge­spro­che­nen Su­s­pen­die­rung nicht mehr gewährt wer­den.

Grundsätz­lich sind Verträge bin­dend, dies gehört zu den Grund­ele­men­ten des Ver­trags­rechts (vgl. BAG, 12. Ja­nu­ar 2005, 5 AZR 364/04, NZA 2005, 465 <467>; 11. Fe­bru­ar 2009, 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428 <430>). Ein­sei­ti­ge Leis­tungs­be­stim­mungs­rech­te, die dem Ver­wen­der das Recht einräum­en, die Haupt­leis­tungs­pflich­ten ein­zu­schränken, zu verändern, aus­zu­ge­stal­ten oder zu mo­di­fi­zie­ren, un­ter­lie­gen der In­halts­kon­trol­le (vgl. BAG, 11. Ok­to­ber 2006, 5 AZR 721/05, NZA 2007, 87 <88 f.>; 13. April 2010, 9 AZR 113/09, NZA-RR 2010, 457 <458>). Dies gilt auch im Fall des An­nah­me­ver­zugs, wenn sich der Ar­beit­ge­ber mit der Su­s­pen­die­rung ei­ne Kürzung des fort­zu­zah­len­den Ar­beits­ent­gelts vor­behält.

e) Der in der Klau­sel ver­ein­bar­te Weg­fall der Punkt­prämie für den Fall der Frei­stel­lung stellt ei­nen Wi­der­rufs­vor­be­halt dar, der gemäß § 308 Nr. 4 BGB un­wirk­sam ist.

aa) Ent­ge­gen der An­sicht des Klägers er­gibt sich ei­ne Un­wirk­sam­keit von § 6 Abs. 4 Satz 2 Ar­beits­ver­trag nicht schon aus ei­ner Un­wirk­sam­keit der in § 6 Abs. 3 Satz 1 Ar­beits­ver­trag ent­hal­te­nen Re­ge­lung, dass der Be­klag­te den Kläger je­der­zeit von der Er­brin­gung sei­ner Ar­beits­pflicht frei­stel­len kann. Da­bei kann of­fen blei­ben, ob ei­ne

 

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sol­che Klau­sel als All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung we­gen un­an­ge­mes­se­ner Be­nach­tei­li­gung im Sin­ne des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB un­wirk­sam ist (vgl. da­zu ErfK/Preis, a.a.O., § 611 BGB Rn. 568; HK-ArbR/Bo­em­ke, a.a.O., § 611 BGB Rn. 394, je­weils m.w.N.). Denn die­se Be­stim­mung ist teil­bar von den nach­fol­gen­den Ver­trags­be­din­gun­gen zu den Vergütungs­leis­tun­gen des Be­klag­ten im Fal­le ei­ner Frei­stel­lung

(1) Die Tei­lung von Ver­trags­klau­seln in ei­nen zulässi­gen und ei­nen un­zulässi­gen Teil kommt nur in Be­tracht, wenn der un­zulässi­ge Teil ein­deu­tig ab­ge­trennt wer­den kann. Vor­aus­set­zung ist ei­ne in­halt­lich und sprach­lich teil­ba­re Klau­sel, die oh­ne ih­re un­zulässi­gen Be­stand­tei­le mit ih­rem zulässi­gen In­halt auf­recht­er­hal­ten wer­den kann. Ge­gen­stand der In­halts­kon­trol­le sind dann je­weils ver­schie­de­ne, nur for­mal ver­bun­de­ne All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen. Ei­ne nach ih­rem Wort­laut ein­deu­tig ein­heit­li­che Re­ge­lung darf nicht in meh­re­re selbstständi­ge Re­ge­lun­gen zer­legt wer­den (vgl. BAG, 13. April 2010, 9 AZR 113/09, NZA 2010, 457 <460>; 23. Sep­tem­ber 2010, 8 AZR 897/08, NZA 2011, 89 <90>).

(2) Die Re­ge­lung der Vergütungs­fol­gen ei­ner Frei­stel­lung lässt sich von der Re­ge­lung der Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Frei­stel­lung so­wohl sprach­lich als auch in­halt­lich oh­ne wei­te­res tren­nen. § 6 Abs. 3 Satz 2 bis § 6 Abs. 4 Satz 3 Ar­beits­ver­trag be­hal­ten auch oh­ne ein Recht des Be­klag­ten zur je­der­zei­ti­gen Frei­stel­lung ih­ren An­wen­dungs­be­reich. Im Hin­blick dar­auf ist ih­re Zulässig­keit gemäß § 308 Nr. 4 BGB ge­trennt von § 6 Abs. 3 Satz 1 Ar­beits­ver­trag zu be­ur­tei­len.

bb) Gemäß § 308 Nr. 4 BGB sind in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen Ver­ein­ba­run­gen un­wirk­sam, die ein Recht des Ver­wen­ders be­inhal­ten, die ver­spro­che­ne Leis­tung zu ändern oder von ihr ab­zu­wei­chen, wenn nicht die Ver­ein­ba­rung der Ände­rung oder Ab­wei­chung un­ter Berück­sich­ti­gung der In­ter­es­sen des Ver­wen­ders für den an­de­ren Ver­trags­teil zu­mut­bar ist. Die Vor­schrift er­fasst je­den Ände­rungs­vor­be­halt, der sich auf die ver­spro­che­ne Leis­tung des Ver­wen­ders be­zieht, un­abhängig da­von, ob es sich um Haupt- oder Ne­ben­leis­tungs­pflich­ten han­delt (HK-ArbR/Bo­em­ke/Ul­ri­ci, a.a.O., § 308 BGB Rn. 21). Ände­rungs­vor­be­hal­te bezüglich der vom Ver­wen­dungs­geg­ner zu er­brin­gen­den Leis­tung wer­den nicht

 

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er­fasst (vgl. BAG, 11. April 2006, 9 AZR 557/05, NZA 2006, 1149 <1151>; 13. Ju­ni 2006, 5 AZR 564/07, NZA 2007, 974 <976>).

§ 6 Abs. 4 Satz 2 Ar­beits­ver­trag re­gelt den Weg­fall der Punkt­prämie im Fall ei­ner Frei­stel­lung des Klägers. Bei ei­ner Su­s­pen­die­rung durch den Be­klag­ten ver­liert er ei­nen Teil sei­ner ver­ein­bar­ten Vergütung. Da­mit ver­folgt der Be­klag­te das glei­che Ziel wie mit an­de­ren Be­stim­mungs­rech­ten, ins­be­son­de­re der Be­fris­tung ein­zel­ner Ar­beits­be­din­gun­gen und ei­nem Wi­der­rufs­vor­be­halt. Al­lein auf­grund der von ihm ver­an­lass­ten Frei­stel­lung soll der Kläger die bis­her ge­zahl­te Vergütung nicht mehr in vol­lem Um­fang er­hal­ten. Ein der­ar­ti­ger ein­sei­ti­ger Ände­rungs­vor­be­halt hin­sicht­lich der Erfüllung der Haupt­leis­tungs­pflicht fällt in den An­wen­dungs­be­reich des § 308 Nr. 4 BGB. Durch die Frei­stel­lung wird di­rekt in die Höhe des im Ge­gen­sei­tig­keits­verhält­nis zur Ar­beits­leis­tung ste­hen­den, ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Ar­beits­ent­gelts ein­ge­grif­fen. Die Frei­stel­lung ist zu­gleich die Ausübung des Ände­rungs­vor­be­halts. Sie hat un­mit­tel­bar den Weg­fall der Punkt­prämie zur Fol­ge.

cc) Ob ein Ände­rungs­vor­be­halt wirk­sam ist, ist zwar nach § 308 Nr. 4 BGB als der ge­genüber § 307 BGB spe­zi­el­le­ren Norm zu be­ur­tei­len. Da § 308 Nr. 4 BGB je­doch § 307 BGB kon­kre­ti­siert, sind auch die Wer­tun­gen die­ser Norm her­an­zu­zie­hen. Außer­dem sind nach § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB die im Ar­beits­recht gel­ten­den Be­son­der­hei­ten an­ge­mes­sen zu berück­sich­ti­gen (vgl. BAG, 12. Ja­nu­ar 2005, 5 AZR 364/04, NZA 2005, 465 <467>; 11. Fe­bru­ar 2009, 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428 <430>; 13. April 2010, 9 AZR 113/09, NZA-RR 2010, 457 <459>).

(1) Die Ver­ein­ba­rung ei­nes Ände­rungs­vor­be­halts ist nach § 308 Nr. 4 BGB nur dann zu­mut­bar, wenn es für die ein­sei­ti­ge Ände­rung ei­nen sach­li­chen Grund gibt und die­ser sach­li­che Grund be­reits in der Ände­rungs­klau­sel be­schrie­ben ist. Das Ände­rungs­recht muss we­gen der un­si­che­ren Ent­wick­lung der Verhält­nis­se als In­stru­ment der An­pas­sung not­wen­dig sein (vgl. BAG, 12. Ja­nu­ar 2005, 5 AZR 364/04, NZA 2005, 465 <467>; 11. Ok­to­ber 2006, 5 AZR 721/05, NZA 2007, 87 <89>; 11. Fe­bru­ar 2009, 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428 <430>; 13. April 2010, 9 AZR 113/09, NZA-RR 2010, 457 <459>; 20. April 2011, 5 AZR 191/10, NZA 2011, 796 <796>).

 

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(a) Die Ände­rungs­klau­sel darf als sol­che den Ver­trags­part­ner nicht un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­li­gen. Sie hat sich auf die Fälle zu be­schränken, in de­nen ein an­zu­er­ken­nen­der Sach­grund be­steht, die ver­spro­che­ne Leis­tung des Ar­beit­ge­bers an­ders zu be­stim­men (vgl. BAG, 19. De­zem­ber 2006, 9 AZR 294/06, NZA 2007, 809 <811>; 13. April 2010, 9 AZR 113/09, NZA-RR 2010, 457 <459>). Die Ände­rung darf nicht grund­los er­fol­gen und muss nach der ge­bo­te­nen In­ter­es­sen­abwägung dem Ar­beit­neh­mer zu­mut­bar sein. Im Grund­satz hat der Ar­beit­ge­ber we­gen der Un­ge­wiss­heit der wirt­schaft­li­chen Ent­wick­lung des Un­ter­neh­mens und der all­ge­mei­nen Ent­wick­lung des Ar­beits­verhält­nis­ses ein an­er­ken­nens­wer­tes In­ter­es­se dar­an, be­stimm­te Leis­tun­gen, ins­be­son­de­re „Zu­satz­leis­tun­gen" fle­xi­bel aus­zu­ge­stal­ten. Da­durch darf aber das Wirt­schafts­ri­si­ko des Un­ter­neh­mers nicht auf den Ar­beit­neh­mer ver­la­gert wer­den. Ein­grif­fe in den Kern­be­reich des Ar­beits­ver­trags sind nach der Wer­tung des § 307 Abs. 2 BGB nicht zulässig. Die bis­he­ri­ge Recht­spre­chung zur Zulässig­keit ei­nes Wi­der­rufs ist in­so­fern her­an­zu­zie­hen. Der Ver­trags­in­halts­schutz gemäß § 2 KSchG kann als Maßstab die­nen (vgl. BAG, 12. Ja­nu­ar 2005, 5 AZR 364/04, NZA 2005, 465 <467>; 11. Ok­to­ber 2006, 5 AZR 721/05, NZA 2007, 87 <89>).

(b) Die Ände­rungs­re­ge­lung muss klar und verständ­lich sein (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Be­stim­mung muss selbst er­ken­nen las­sen, dass die Ände­rung nicht oh­ne Grund er­fol­gen darf. Der Maßstab der § 307 Abs. 1 und 2, § 308 Nr. 4 BGB muss im Text der Klau­sel zum Aus­druck kom­men. Der Sach­grund muss in der Klau­sel in ei­ner Wei­se kon­kre­ti­siert wer­den, die für den Ar­beit­neh­mer deut­lich macht, was ge­ge­be­nen­falls auf ihn zu­kommt. Der Ar­beit­neh­mer muss er­ken­nen können, un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen er mit ei­ner Ände­rung zu rech­nen hat (vgl. zu­letzt BAG, 13. April 2010, 9 AZR 113/09, NZA-RR 2010, 457 <459>; 20. April 2011, 5 AZR 191/10, NZA 2011, 796 <796>).

(c) Für die nach §§ 307 ff. BGB vor­zu­neh­men­de In­halts­kon­trol­le ist un­er­heb­lich, ob ob­jek­tiv be­trach­tet Sach­gründe für die ein­sei­ti­ge Ände­rung in Be­tracht kom­men, die für den Ar­beit­neh­mer nicht un­zu­mut­bar sind. Ent­schei­dend ist al­lein, was der Ver­wen­der der All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gung im Text der Vor­be­halts­be­stim­mung zum Aus­druck ge­bracht hat. Bei der An­ge­mes­sen­heits­kon­trol­le ist des­halb nicht auf die Gründe ab­zu­stel­len, aus de­nen die Ände­rung im kon­kre­ten Fall er­folgt, son­dern

 

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auf die Möglich­kei­ten, die das vor­for­mu­lier­te Ände­rungs­recht dem Ar­beit­ge­ber einräumt. Die In­halts­kon­trol­le nach dem Recht der All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen be­ruht auf der ty­pi­sie­ren­den Be­trach­tung ei­ner Klau­sel, die oh­ne Rück­sicht auf in­di­vi­du­el­le Be­son­der­hei­ten der Ver­trags­par­tei­en und des kon­kre­ten Ein­zel­falls vor­zu­neh­men ist. Die ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten der §§ 305 ff. BGB miss­bil­li­gen be­reits, dass in­halt­lich un­an­ge­mes­se­ne All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen ge­stellt wer­den, nicht erst den un­an­ge­mes­se­nen Ge­brauch ei­ner Klau­sel im Ein­zel­fall. Auch sol­che Klau­seln sind un­wirk­sam, die in ih­rem „Über­maßteil" in zu be­an­stan­den­der Wei­se ein Ri­si­ko re­geln, das sich im Ent­schei­dungs­fall nicht rea­li­siert hat (vgl. BAG, 11. Fe­bru­ar 2009, 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428 <430>; 13. April 2010, 9 AZR 113/09, NZA-RR 2010, 457 <459>; 22. Ju­li 2010, 6 AZR 847/07, NZA 2011, 634 <636>).

(2) Bei An­wen­dung die­ser Grundsätze im vor­lie­gen­den Fall ist § 6 Abs. 4 Satz 2 Ar­beits­ver­trag un­wirk­sam.

(a) Durch die Be­fug­nis, die Punkt­prämie im Fal­le ei­ner Frei­stel­lung nicht mehr zu zah­len, wird in ei­nem er­heb­li­chen Um­fang in den Kern­be­reich des Ar­beits­verhält­nis­ses ein­ge­grif­fen. Die Punkt­prämie ist Be­stand­teil des für die Ar­beits­leis­tung des Klägers zu zah­len­den, im Ge­gen­sei­tig­keits­verhält­nis ste­hen­den Ar­beits­ent­gelts (sie­he oben B. III. 2. c) aa) der Gründe). Bei ei­nem Be­trag von 2.000,00 Eu­ro brut­to pro Meis­ter­schafts­punkt konn­te die Li­zenz­mann­schaft des Be­klag­ten in der 2. Fußball­bun­des­li­ga bei 18 teil­neh­men­den Ver­ei­nen und 34 Spie­len in der Sai­son 2009/2010 theo­re­tisch 102 Punk­te er­zie­len, was ei­ner Punkt­prämie von 204.000,00 Eu­ro entspräche. Un­ter Hin­zu­rech­nung der übri­gen bei­den Vergütungs­be­stand­tei­le (Grund­ge­halt von 13.500,00 Eu­ro brut­to im Mo­nat ent­spricht 162.000,00 Eu­ro brut­to im Jahr; geld­wer­ter Vor­teil der Pri­vat­nut­zung von 678,70 Eu­ro brut­to im Mo­nat ent­spricht 8.144,40 Eu­ro brut­to im Jahr) er­gibt sich ei­ne Ge­samt­vergütung von 374.144,40 Eu­ro brut­to für die Sai­son 2009/2010, an der die Punkt­prämie ei­nen An­teil von rund 54,5% hat.

Un­ter Zu­grun­de­le­gung des Er­geb­nis­ses in der Sai­son 2009/2010, in der die Mann­schaft des Be­klag­ten 51 Meis­ter­schafts­punk­te er­ziel­te, er­gibt sich ein pro­zen­tua­ler An­teil der Punkt­prämie von 102.000,00 Eu­ro brut­to an der sich dar­aus

 

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er­rech­nen­den Ge­samt­vergütung von 272.144,40 Eu­ro brut­to in Höhe von 37,2%. Für die Sai­son 2010/2011 beträgt die Punkt­prämie bei 39 Meis­ter­schafts­punk­ten 78.000,00 Eu­ro brut­to, wel­che an der dar­aus er­mit­tel­ten Ge­samt­vergütung von 248.144,40 Eu­ro brut­to noch ei­nen An­teil von 31,4% hat.

In al­len drei Be­rech­nungs­sze­na­ri­en führt die mit der Frei­stel­lung ver­bun­de­ne ein­sei­ti­ge Kürzung der Vergütung al­lein durch den Ent­fall der Punkt­prämie zu ei­nem Ver­lust bei der Ge­samt­vergütung von mehr als 30%. Sie liegt da­mit ober­halb der Gren­ze von 25%, die für den im Ge­gen­sei­tig­keits­verhält­nis ste­hen­den wi­der­ruf­li­chen Teil des Ge­samt­ver­diens­tes nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts be­steht (vgl. BAG, 12. Ja­nu­ar 2005, 5 AZR 364/04, NZA 2005, 465 <467>; 11. Ok­to­ber 2006, 5 AZR 721/05, NZA 2007, 87 <89>). Al­lein die­ser Ein­griff in das Sy­nal­lag­ma steht ei­ner ein­sei­ti­gen Ände­rung grundsätz­lich ent­ge­gen. Sie ist für ei­nen Ar­beit­neh­mer un­zu­mut­bar.

So­weit der Be­klag­te dar­auf ver­weist, die An­ge­mes­sen­heit der Kürzung könne nicht nach den je­weils wech­seln­den Punktständen in der Meis­ter­schaft je­des Jahr neu be­ur­teilt wer­den, steht dies ei­ner Un­wirk­sam­keit des § 6 Abs. 4 Satz 2 Ar­beits­ver­trag ge­ra­de nicht ent­ge­gen. Es kommt bei ei­ner ty­pi­sie­ren­den Be­trach­tungs­wei­se nicht dar­auf an, wie die Klau­sel sich im kon­kre­ten Fall aus­wirkt, son­dern wel­che Möglich­keit zur Ent­geltkürzung sie dem Ar­beit­ge­ber bie­tet. Ge­nau das Über­maß an Ein­schränkung der Ge­samt­vergütung, das dem Be­klag­ten durch die Su­s­pen­die­rung des Trai­ners zur Verfügung steht, ist für die­sen un­zu­mut­bar.

(b) Al­ler­dings han­delt es sich bei § 6 Abs. 4 Satz 2 Ar­beits­ver­trag nicht um ei­nen „klas­si­schen" Wi­der­rufs­vor­be­halt in dem Sinn, dass das Ar­beits­ent­gelt für die tatsächlich ge­leis­te­te Ar­beit gekürzt wird. Viel­mehr re­gelt die Be­stim­mung die Höhe der im Fal­le der Frei­stel­lung aus An­nah­me­ver­zug gemäß § 615 Satz 1 BGB zu zah­len­den Vergütung. § 615 Satz 1 BGB ist aber dis­po­si­tiv. Dies er­gibt sich aus § 619 BGB, der die Re­ge­lung über den An­nah­me­ver­zug nicht nennt (vgl. BAG, 5. Sep­tem­ber 2002, 8 AZR 702/01, NZA 2003, 973 <975>; 10. Ja­nu­ar 2007, 5 AZR 84/06, NZA 2007, 384 <386>; ErfK/Preis, a.a.O., § 615 BGB Rn. 8; HK-ArbR/Waas/Po­lon­ka, a.a.O., § 615 BGB Rn. 37). § 615 Satz 1 BGB kann dem­nach durch in­di­vi­du­al­recht­li­che Ver­ein­ba­rung aus­ge­schlos­sen wer­den. Je­doch darf der

 

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Ar­beit­ge­ber das Ent­gel­t­ri­si­ko nicht vollständig auf den Ar­beit­neh­mer ver­la­gern (vgl. BAG, 10. Ja­nu­ar 2007, a.a.O.). Ei­ne Ver­ein­ba­rung muss ein­deu­tig und klar sein (vgl. BAG, 22. April 2009, 5 AZR 310/08, NZA 2009, 913 <915>), was erst recht bei ei­nem Aus­schluss durch All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen gilt (vgl. BAG, 9. Ju­li 2008, 5 AZR 810/07, NZA 2008, 1407 <1409>).

(c) An­ge­sichts des ho­hen Ge­rech­tig­keits­ge­halts der Vor­schrift be­ste­hen grundsätz­li­che Be­den­ken ge­gen die Zulässig­keit ei­ner for­mu­larmäßigen Ab­be­din­gung des § 615 BGB. In die­ser Norm kommt ei­ne ele­men­ta­re Ge­rech­tig­keits­vor­stel­lung zum Aus­druck (ErfK/Preis, a.a.O., § 310 BGB Rn. 82, § 615 BGB Rn. 8). Es ist an­er­kannt, dass ein Ab­wei­chen von die­ser Vor­schrift zum Nach­teil des Ar­beit­neh­mers in For­mu­lar­ar­beits­verträgen ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung im Sin­ne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sein kann (vgl. BAG, 7. De­zem­ber 2005, 5 AZR 535/04, NZA 2006, 423 <427>; 10. Ja­nu­ar 2007, 5 AZR 84/06, NZA 2007, 384 <386>). Ein ein­sei­ti­ges Recht des Ar­beit­ge­bers, je­der­zeit die Ar­beits­pflicht und da­mit den Vergütungs­an­spruch des Ar­beit­neh­mers zu be­stim­men, ist mit we­sent­li­chen Grund­ge­dan­ken der § 611, § 615 BGB nicht zu ver­ein­ba­ren und gefähr­det den Ver­trags­zweck des Ar­beits­verhält­nis­ses, als Dau­er­schuld­verhält­nis re­gelmäßige Ansprüche auf Ar­beits­leis­tung und Vergütung zu be­gründen (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB) (vgl. BAG, 9. Ju­li 2008, 5 AZR 810/07, NZA 2008, 1407 <1409>). An­ders ist dies im Fall ei­nes in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen ver­ein­bar­ten Ru­hens der Ar­beits­pflicht für ei­nen vor­her be­stimm­ten Zeit­raum zu se­hen (vgl. BAG, 10. Ja­nu­ar 2007, a.a.O.; 9. Ju­li 2008, a.a.O.).

(d) Für ei­ne in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen ver­ein­bar­te Ar­beit auf Ab­ruf hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt die Gren­ze für ei­ne Ab­ding­bar­keit des § 615 Satz 1 BGB und der durch die­se Norm ge­re­gel­ten Ver­tei­lung des Wirt­schafts­ri­si­kos durch ein­sei­ti­ge Ver­rin­ge­rung der ver­ein­bar­ten Min­dest­ar­beits­zeit bei 20% un­ter Rück­griff auf sei­ne Recht­spre­chung zur Wirk­sam­keit von Wi­der­rufs­vor­be­hal­ten ge­zo­gen, was ei­ner Vergütungskürzung von 25% ent­spricht (vgl. BAG, 7. De­zem­ber 2005, 5 AZR 535/04, NZA 2006, 423 <427 f.>). Be­zo­gen auf den vor­lie­gen­den Fall der Frei­stel­lung mit gleich­zei­ti­ger Vergütungskürzung sind die­se im Rah­men des § 307 BGB vor­ge­nom­me­nen Wer­tun­gen auch für die Prüfung von § 6 Abs. 4 Satz 2 Ar­beits­ver­trag an § 308 Nr. 4 BGB her­an­zu­zie­hen. Die ein­sei­ti­ge Frei­stel­lung, die

 

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zu­gleich ei­ne Nich­terfüllung der Beschäfti­gungs­pflicht dar­stellt, recht­fer­tigt kei­nen wei­ter­ge­hen­den Ein­griff in die ver­trag­lich ver­ein­bar­te Vergütung. Für die Zu­mut­bar­keit ei­ner sol­chen Re­ge­lung im Sin­ne des § 308 Nr. 4 BGB sind kei­ne Gründe er­sicht­lich.

(aa) Der Be­klag­te will sich hier das Recht vor­be­hal­ten, mit ei­ner Frei­stel­lung die ge­schul­de­te Vergütung in er­heb­li­chen Um­fang zu sen­ken. Der Ar­beit­ge­ber kann aber grundsätz­lich nicht un­ter Weg­fall der ver­ein­bar­ten Vergütungs­pflicht sus­pen­die­ren, selbst wenn der dafür er­for­der­li­che an­er­ken­nens­wer­te Grund be­steht (vgl. da­zu BAG, 15. Ju­ni 1972, 2 AZR 345/71, AP BGB § 628 Nr. 7; 19. Au­gust 1976, 3 AZR 173/75, AP BGB § 611 Beschäfti­gungs­pflicht Nr. 4; zu Su­s­pen­die­rungs­gründen bei Fußball­trai­nern vgl. Busch, a.a.O., S. 213 ff.). Ein ein­sei­ti­ges Leis­tungs­be­stim­mungs­recht kommt ihm nicht zu (vgl. BAG, 4. Ju­ni 1964, 2 AZR 310/63, AP BGB § 626 Ver­dacht straf­ba­rer Hand­lung Nr. 13; ErfK/Preis, a.a.O., § 611 BGB Rn. 567). Das gilt auch bei ei­nem Fußball­trai­ner (Busch, a.a.O., S. 223 f.). In Be­tracht ge­zo­gen wird ein da­hin ge­hen­des Recht des Ar­beit­ge­bers nur bei be­son­ders schwer­wie­gen­den Pflicht­ver­let­zun­gen des Ar­beit­neh­mers (z. B. Tätlich­kei­ten ge­genüber dem Ar­beit­ge­ber, drin­gen­der Ver­dacht des se­xu­el­len Miss­brauchs von Klein­kin­dern in ei­ner Kin­der­ta­gesstätte durch ei­nen Er­zie­her). Vor­aus­ge­setzt wird da­bei ein Ver­hal­ten, dass noch schwe­rer wiegt als ein für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung er­for­der­li­cher "wich­ti­ger Grund" (vgl. BAG, 26. April 1956, GS 1/56, AP MuSchG § 9 Nr. 5; 29. Ok­to­ber 1987, 2 AZR 144/87, NZA 1988, 465 <465>; LAG Hamm, 14. Ju­li 2005, 15 Sa 508/05, ju­ris). An­sons­ten bleibt dem Ar­beit­ge­ber nur die Wahl zwi­schen vol­ler Lohn­zah­lung oder (frist­lo­ser) Kündi­gung (ErfK/Preis, a.a.O.)

Selbst wenn man berück­sich­tigt, dass die Vergütung nur teil­wei­se ent­fal­len soll, ist dies an­ge­sichts des An­teils der Punkt­prämie an der Ge­samt­vergütung nicht zu recht­fer­ti­gen. § 615 Satz 1 BGB sieht un­ter Ge­rech­tig­keits­ge­sichts­punk­ten ge­ra­de dies nicht vor. Der Ar­beit­ge­ber soll, ob­wohl er sei­ne Beschäfti­gungs­pflicht aus dem Ar­beits­ver­trag nicht erfüllt, nicht auch noch we­ni­ger zah­len müssen. Die Mei­nung des Be­klag­ten, es han­de­le sich bei § 6 Abs. 4 Satz 2 Ar­beits­ver­trag um ei­nen „ge­rech­ten Aus­gleich", ist mit der Ge­set­zes­la­ge nicht zu ver­ein­ba­ren. Ei­ne sol­che „Ge­rech­tig­keit" ist § 615 Satz 1 BGB fremd und nicht zu ent­neh­men. Der

 

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Ar­beit­ge­ber, der den Ar­beit­neh­mer nicht beschäftigt, soll ge­ra­de den ver­ein­bar­ten Lohn zah­len, oh­ne dass der Ar­beit­neh­mer zur Nach­leis­tung der aus­ge­fal­le­nen Ar­beit ver­pflich­tet ist.

(bb) Et­was an­de­res er­gibt sich nicht un­ter Berück­sich­ti­gung des Vor­trags des Be­klag­ten, der Kläger sei ein er­fah­re­ner und schon lan­ge im Fußball­geschäft täti­ger Trai­ner und wis­se, dass der Job sehr schnell be­en­det sein könne. Ge­ra­de in die­sem sen­si­blen Be­reich könne es di­ver­se Gründe ge­ben, war­um es nach Auf­fas­sung der Ver­einsführung zur Frei­stel­lung kom­men müsse, weil die Zie­le gefähr­det und mit ei­nem neu­en Trai­ner noch zu er­rei­chen sei­en. Letz­te­res mag even­tu­ell als be­son­de­rer Grund ei­ne ein­sei­ti­ge Su­s­pen­die­rung recht­fer­ti­gen (vgl. da­zu Busch, a.a.O., S. 214 f.). Gründe für ei­ne er­heb­li­che, über die bis­her in der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts an­er­kann­ten Gren­zen hin­aus ge­hen­de ein­sei­ti­ge Kürzung der Ar­beits­vergütung er­ge­ben sich we­der dar­aus noch aus der Er­fah­rung des Ar­beit­neh­mers in ei­nem be­stimm­ten Geschäfts­be­reich. Un­abhängig da­von, wel­chen Gren­zen das Su­s­pen­die­rungs­recht ge­genüber dem Chef­trai­ner ei­ner Li­zenz­mann­schaft in der ers­ten und zwei­ten Fußball­bun­des­li­ga un­ter­liegt, ist es nicht ge­recht­fer­tigt, nur auf­grund ei­ner mehr oder we­ni­ger rechtmäßigen Pra­xis der Frei­stel­lung von Trai­nern in die­sem Be­reich ih­nen auch noch ei­ne mas­si­ve Kürzung der Vergütung zu­zu­mu­ten.

(cc) Der Un­zu­mut­bar­keit steht nicht ent­ge­gen, dass dem Kläger ei­ne ho­he Vergütung als Grund­ge­halt ge­zahlt wird und er zu­dem in ei­ner lei­ten­den so­wie für den Er­folg des Be­klag­ten ent­schei­den­den Po­si­ti­on im Ver­ein tätig war. Bei­des ist kei­ne Be­gründung für die vom Be­klag­ten be­ab­sich­tig­ten Kürzun­gen. Selbst bei ei­nem Chef­arzt hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt vor Einführung der AGB-Kon­trol­le im Fal­le ei­ner übli­chen An­pas­sungs- und Ent­wick­lungs­klau­sel ei­ne grund­le­gen­de Störung des Gleich­ge­wichts zwi­schen Leis­tung und Ge­gen­leis­tung nur bis zu ei­ner Gren­ze von 25% bei Ein­nah­men aus dienst­li­cher Tätig­keit ak­zep­tiert und le­dig­lich ei­ne wei­ter­ge­hen­de Kürzung bis zu 40% für Ein­nah­men aus ge­neh­mig­ter Ne­bentätig­keit als zulässig an­ge­se­hen (vgl. BAG 28. Mai 1997, 5 AZR 125/96, NZA 1997, 1160).

Bei der Punkt­prämie han­delt es sich um ei­nen Be­stand­teil der im Ge­gen­sei­tig­keits­verhält­nis zur Ar­beits­leis­tungs­pflicht des Klägers ste­hen­den

 

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Vergütungs­pflicht des Be­klag­ten, d. h. um Ein­nah­men aus „dienst­li­cher" Tätig­keit. Zu­gleich wird aus der vor­ge­nann­ten Chef­arz­tent­schei­dung deut­lich, dass ho­he Einkünf­te al­lein dem Ar­beit­ge­ber kei­ne Be­rech­ti­gung ver­schaf­fen, sei­ne ge­schul­de­te Ge­gen­leis­tung ein­sei­tig über die all­ge­mein an­er­kann­te Gren­ze von 25% hin­aus zu kürzen.

(dd) Die Aus­ge­stal­tung der Punkt­prämie als Er­folgs­prämie recht­fer­tigt nicht ih­ren er­satz­lo­sen Weg­fall. So­weit der Be­klag­te dar­auf ver­weist, dass die­se dem neu­en Chef­trai­ner ge­zahlt wer­den müsse, und es we­der aus­ge­wo­gen noch ge­recht sei, sie an den frei­ge­stell­ten Chef­trai­ner zu zah­len, der auf die Mann­schaft und den von ihr er­ziel­ten Er­folg kei­nen Ein­fluss mehr ha­be, recht­fer­tigt die­se An­sicht kein an­de­res Er­geb­nis. Es er­scheint nicht zwin­gend, dass die bis­he­ri­ge Ar­beit ei­nes aus wel­chen Gründen auch im­mer sus­pen­dier­ten Trai­ners völlig oh­ne Aus­wir­kung auf den späte­ren Er­folg ei­ner Mann­schaft ist. Die Trai­nertätig­keit re­du­ziert sich nicht auf die Vor­be­rei­tung, Be­treu­ung und Nach­be­rei­tung ei­nes Spiels, son­dern um­fasst auch die Zu­sam­men­set­zung des Mann­schafts­ka­ders und die Ent­wick­lung und Um­set­zung der Spiel­kul­tur ei­ner Mann­schaft über ei­nen länger­fris­ti­gen Zeit­raum. Ein neu­er Trai­ner baut dar­auf auf.

Die Tat­sa­che, dass der Kläger als Trai­ner nicht mehr ar­bei­ten muss, be­ruht im Übri­gen al­lein auf der Ent­schei­dung des Be­klag­ten, ihn nicht mehr zu beschäfti­gen. Ei­ne „Er­folg­lo­sig­keit" des Trai­ners als Grund der Su­s­pen­die­rung ist un­er­heb­lich, weil der Ar­beit­neh­mer kei­nen be­stimm­ten Er­folg sei­ner Tätig­keit schul­det (vgl. statt al­ler ErfK/Preis, a.a.O., § 611 BGB Rn. 683; für Fußball­trai­ner: Busch, a.a.O., S. 296). Das wirt­schaft­li­che Ri­si­ko aus der Tätig­keit des Klägers, nämlich des­sen „Er­folg­lo­sig­keit" bei den Bemühun­gen, die Mann­schaft sport­lich und dar­aus fol­gend auch wirt­schaft­lich er­folg­reich zu trai­nie­ren, trägt al­lein der Be­klag­te als Ar­beit­ge­ber. Des­halb ist es nach § 615 Satz 1 BGB von Ge­set­zes we­gen ge­ra­de ge­recht und aus­ge­wo­gen, die ver­ein­bar­te Vergütung trotz Frei­stel­lung zu zah­len un­abhängig da­von, ob ein an­de­rer Ar­beit­neh­mer für die Funk­ti­on nun­mehr beschäftigt wird und zu be­zah­len ist.

(ee) Die aus der Ver­pflich­tung zur Zah­lung der Punkt­prämie an bei­de Trai­ner re­sul­tie­ren­de Dop­pel­be­las­tung für den Be­klag­ten recht­fer­tigt nicht ih­ren Weg­fall beim

 

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frei­ge­stell­ten Trai­ner. Dies gehört wie bei je­dem an­de­ren Ar­beit­ge­ber zum Wirt­schafts­ri­si­ko ei­nes Fußball­ver­eins. Die aus der Neu­ver­pflich­tung ei­nes Trai­ners re­sul­tie­ren­den zusätz­li­chen Kos­ten hat des­we­gen der Ver­ein zu tra­gen, die Abwälzung auf den frei­ge­stell­ten Trai­ner ent­spricht nicht dem ge­setz­li­chen Leit­bild des § 615 Satz 1 BGB und ist für ihn un­zu­mut­bar.

Es ist nicht zu ver­ken­nen, dass die wirt­schaft­li­che Be­las­tung an­ge­sichts der Ent­wick­lung der Vergütun­gen für Spie­ler und Trai­ner im Pro­fi­fußball er­heb­li­che Aus­maße für die Ver­ei­ne hat. Sie sind al­ler­dings mit dafür ver­ant­wort­lich, dass sol­che Spie­ler- und Trai­ner­gehälter ver­ein­bart und ge­zahlt wer­den. Des Wei­te­ren han­delt es sich zwar bei Spie­lern und Trai­nern je­den­falls in den ers­ten bei­den Fußball­bun­des­li­gen nicht um so­zi­al schutz­bedürf­ti­ge Ar­beit­neh­mer im klas­si­schen Sinn, was im Rah­men der Zu­mut­bar­keit grundsätz­lich zu berück­sich­ti­gen ist. Je­doch ist es nicht ge­recht­fer­tigt, un­ter Außer­acht­las­sung des Grund­sat­zes, das ver­ein­bar­te Verträge ein­zu­hal­ten sind, die Gren­ze von 25% für ein in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen nie­der­ge­leg­tes Recht des Ar­beit­ge­bers, die dem Ar­beit­neh­mer als Ge­gen­leis­tung zu­ge­sag­te Vergütung ein­sei­tig zu kürzen, auch im Fall der Su­s­pen­die­rung zu über­schrei­ten. Die in § 615 BGB als ge­recht ge­re­gel­te Ver­tei­lung des Wirt­schafts­ri­si­kos, das im Pro­fi­fußball in dem sport­li­chen Er­folgs­ri­si­ko be­steht, wird nicht durch den mehr oder min­der sach­lich be­gründe­ten Wil­len ei­nes Fußball­ver­eins be­sei­tigt, ei­nen Trai­ner nicht mehr zu beschäfti­gen. Das ist für ei­nen Trai­ner nicht zu­mut­bar.

(ff) So­weit der Be­klag­te anführt, ei­ne Frei­stel­lung bis zum En­de der Ver­trags­lauf­zeit über ei­nen Zeit­raum wie im vor­lie­gen­den Fall sei sel­ten, in der Re­gel kom­me es vor­her zu ei­ner Ver­trags­auf­he­bung ge­gen Ab­fin­dung, han­delt sich um ei­nen kon­kre­ten Sach­ver­halts­um­stand, der im Rah­men der ty­pi­sie­rend vor­zu­neh­men­den AGB-Kon­trol­le kei­ne Rol­le spielt. Es ist nicht er­kenn­bar, in­wie­weit dies die Kürzungs­re­ge­lung in § 6 Abs. 4 Satz 2 Ar­beits­ver­trag recht­fer­ti­gen kann.

(e) Darüber hin­aus er­gibt sich die Un­wirk­sam­keit von § 6 Abs. 4 Satz 2 Ar­beits­ver­trag aus ei­nem zu weit­ge­hend vor­be­hal­te­nen Kürzungs­recht des Be­klag­ten, was zu­gleich da­zu führt, dass der Sach­grund der Kürzung für den Kläger nicht er­kenn­bar ist

 

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(aa) Nach § 6 Abs. 4 Satz 2 Ar­beits­ver­trag führt je­de Frei­stel­lung zum Weg­fall der Punkt­prämie. Da­mit wird zwar klar und ein­deu­tig ein Grund an­ge­ge­ben, der zum Wi­der­ruf führt. Die­ser ist aber nicht auf Frei­stel­lun­gen be­schränkt, wel­che ein­sei­tig mit ei­nem an­er­ken­nens­wer­ten Grund er­fol­gen. Nur für die­se Fälle könn­te im Hin­blick auf die Dis­po­si­ti­vität des sich aus § 615 Satz 1 BGB er­ge­ben­den Grund­sat­zes der teil­wei­se Ver­lust von im Ge­gen­sei­tig­keits­verhält­nis ste­hen­den Vergütungs­be­stand­tei­len be­rech­tigt sein, so­weit nicht mehr als 25% der Ge­samt­vergütung da­durch entfällt. Nach § 6 Abs. 4 Satz 2 Ar­beits­ver­trag kann aber je­de selbst grund­lo­se Frei­stel­lung und je­der für ei­ne Su­s­pen­die­rung nicht an­zu­er­ken­nen­de An­lass zum Ver­lust der Punkt­prämie führen. Im Er­geb­nis be­darf es für die Vergütungskürzung kei­nes Sach­grun­des. Das ist zu weit­ge­hend und für ei­nen Ar­beit­neh­mer un­zu­mut­bar.

(bb) Für den Ar­beit­neh­mer ist dann zu­dem nicht er­kenn­bar, aus wel­chem Sach­grund her­aus über die Tat­sa­che der Frei­stel­lung hin­aus ei­ne Kürzung der Punkt­prämie er­fol­gen soll. Die vom Be­klag­ten all­ge­mein an­geführ­ten „sport­li­chen Gründe" sind der Klau­sel­fas­sung nicht zu ent­neh­men und wer­den nicht gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB durch ei­ne dem Kläger bei Ver­trags­schluss ggf. geläufi­ge gängi­ge Pra­xis er­setzt, Trai­ner we­gen „sport­li­cher Er­folg­lo­sig­keit" je­der­zeit frei­zu­set­zen. Mögen auch kei­ne ho­hen An­for­de­run­gen an den Grund für die Su­s­pen­die­rung ei­nes Trai­ners be­ste­hen (vgl. Busch, a.a.O., S. 214 f.; Schaub/Linck, Ar­beits­rechts-Hand­buch, 13. Auf­la­ge 2009, § 186 Rn. 35), ent­bin­det dies den Ver­ein nicht da­von, in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen die­sen Grund der Rich­tung nach an­zu­ge­ben, wenn er ihn zu­gleich zur Grund­la­ge der Kürzung von Vergütungs­be­stand­tei­len ma­chen will.

(3) Im Er­geb­nis ist § 6 Abs. 4 Satz 2 Ar­beits­ver­trag als Ände­rungs­vor­be­halt in ei­ner All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gung gemäß § 308 Nr. 4 BGB un­wirk­sam, weil er auch un­ter Berück­sich­ti­gung der In­ter­es­sen des Be­klag­ten als Fußball­ver­ein und Ar­beit­ge­ber für den Kläger als Ar­beit­neh­mer und Trai­ner un­zu­mut­bar ist.

f) Die Be­son­der­hei­ten des Ar­beits­rechts (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB) recht­fer­ti­gen kei­ne Ab­wei­chung von der vor­ste­hend ge­trof­fe­nen Grenz­zie­hung für ein­sei­ti­ge

 

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Leis­tungs­vor­be­hal­te des Ar­beit­ge­bers be­tref­fend die Ver­pflich­tung zur Zah­lung von Ar­beits­vergütung.

aa) Maßgeb­lich sind in­so­weit nicht nur recht­li­che, son­dern auch tatsächli­che Be­son­der­hei­ten des Ar­beits­le­bens, d. h. al­le dem Ar­beits­verhält­nis in­ne­woh­nen­den Be­son­der­hei­ten (vgl. BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111 <1113>; 14. Au­gust 2007, 9 AZR 18/07, NZA 2008, 1194 <1198>; 23. Sep­tem­ber 2010, 8 AZR 897/08, NZA 2011, 89 <93>; 23. Sep­tem­ber 2010, 3 AZR 557/08, NZA 2011, 206 <209>). We­der er­fasst die­se Norm nur recht­lich be­son­ders aus­ge­stal­te­te Ar­beits­verhält­nis­se, noch muss die Norm aus­sch­ließlich auf Ar­beits­verträge an­wend­bar sein, so­fern sie sich nur auf dem Ge­biet des Ar­beits­rechts be­son­ders aus­wirkt (vgl. BAG, 4. März 2004, 8 AZR 196/03, NZA 2004, 727 <731 f.>).

bb) An­ders als kur­ze Fris­ten zur Gel­tend­ma­chung von Rechts­po­si­tio­nen (vgl. BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111 <1114>) oder An­rech­nungs­vor­be­hal­te bei über­ta­rif­li­chen Zu­la­gen (vgl. BAG, 1. März 2006, 5 AZR 363/05, NZA 2006,746 <749>) stel­len Kürzungs­vor­be­hal­te bei Frei­stel­lun­gen kei­ne ar­beits­recht­li­che Be­son­der­heit dar, un­abhängig da­von, ob sie im Pro­fi­fußball ver­brei­tet sind oder nicht. Der nöti­gen Fle­xi­bi­li­sie­rung wird be­reits da­durch Rech­nung ge­tra­gen, dass die Ver­trags­par­tei­en in vor­for­mu­lier­ten Ver­ein­ba­run­gen die Möglich­keit ha­ben, die Leis­tung des Ar­beit­ge­bers un­ter ei­nen Ände­rungs­vor­be­halt zu stel­len, wenn die ty­pi­sier­ten Sach­gründe für den Wi­der­ruf be­reits in der Ver­trags­klau­sel be­nannt wer­den und die für den Um­fang der Kürzung vor­ge­se­he­nen Gren­zen ein­ge­hal­ten wer­den. Ein ge­setz­li­ches Leis­tungs­be­stim­mungs­recht be­steht an­sons­ten, wenn die Höhe des Ar­beits­ent­gelts be­trof­fen ist, nicht (vgl. BAG, 13. April 2010, 9 AZR 113/09, NZA-RR 2010, 457 <459>).

g) Ei­ne gel­tungs­er­hal­ten­de Re­duk­ti­on der un­wirk­sa­men Be­stim­mung des § 6 Abs. 4 Satz 2 Ar­beits­ver­trag schei­det aus. Un­wirk­sa­me Klau­seln sind grundsätz­lich nicht auf ei­nen Re­ge­lungs­ge­halt zurück­zuführen, der im Ein­klang mit dem Recht der All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen steht. § 306 BGB sieht ei­ne sol­che Rechts­fol­ge nicht vor (vgl. BAG, 28. No­vem­ber 2007, 5 AZR 992/06, NZA 2008, 293 <294>; 13. April 2010, 9 AZR 113/09, NZA-RR 2010, 457 <460>).

 

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Auch ei­ne teil­wei­se Wirk­sam­keit schei­det in die­sem Zu­sam­men­hang aus. Sie ist hier nicht durchführ­bar. Die Tei­lung von § 6 Abs. 4 Satz 2 Ar­beits­ver­trag in ei­nen zulässi­gen und ei­nen un­zulässi­gen Teil kommt bei An­wen­dung der hierfür maßgeb­li­chen Grundsätze (sie­he B. III. 3. e) aa) (1) der Gründe) nicht in Be­tracht. Der An­spruch auf Punkt­prämie soll er­satz­los bei je­der Frei­stel­lung ent­fal­len. Das lässt sich nicht auf ei­nen sprach­lich und in­halt­lich teil­ba­ren Teil ei­nes nur be­grenz­ten Weg­falls die­ser Zah­lung zurückführen, wo­nach hierfür ein Sach­grund be­ste­hen muss und ei­ne Gren­ze von 25% nicht über­schrit­ten wer­den darf.

Die sal­va­to­ri­sche Klau­sel des § 10 Ar­beits­ver­trag führt zu kei­nem an­de­ren Er­geb­nis. § 306 Ab­satz 2 BGB kann nicht durch ei­ne for­mu­larmäßige Klau­sel ab­be­dun­gen wer­den. Die­se ist selbst nach § 307 Abs. 1 Satz 1, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB un­wirk­sam (vgl. BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111 <1115>). Sie un­terläuft das Ver­bot der gel­tungs­er­hal­ten­den Re­duk­ti­on und nimmt dem Ar­beit­ge­ber als Klau­sel­ver­wen­der das Ri­si­ko der Un­wirk­sam­keit sei­ner Be­stim­mun­gen. Erst die­ses Ri­si­ko der To­tal­un­wirk­sam­keit zwingt man­gels an­de­rer Möglich­kei­ten den Ver­wen­der von All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen zur Ver­wen­dung an­ge­mes­se­ner Klau­seln (vgl. ErfK/Preis, a.a.O., § 310 BGB Rn. 95). Außer­dem fehlt ihr die er­for­der­li­che Trans­pa­renz (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Rech­te und Pflich­ten des Ver­trags­part­ners wer­den nicht möglichst klar und durch­schau­bar ge­re­gelt (vgl. BAG, a.a.O.). Es bleibt of­fen, aus wel­chem Grund und in wel­chem Um­fang Prämi­en­ansprüche ent­fal­len können.

h) Ent­ge­gen der An­sicht des Be­klag­ten kommt ei­ne ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung nicht in Be­tracht. Sie setzt vor­aus, dass die An­wen­dung der ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten und das Un­ter­blei­ben der Ergänzung des Ver­trags kei­ne an­ge­mes­se­ne, den ty­pi­schen In­ter­es­sen der Ver­trags­par­tei­en Rech­nung tra­gen­de Lösung bie­tet (vgl. BAG, 12. Ja­nu­ar 2005, 5 AZR 364/04, NZA 2005, 465 <468>; 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111 <1115>). Das ist vor­lie­gend nicht der Fall. § 615 BGB enthält ei­ne den ty­pi­schen In­ter­es­sen von Ar­beits­ver­trags­par­tei­en Rech­nung tra­gen­de ge­rech­te Ver­tei­lung des Wirt­schafts­ri­si­kos. Für den Pro­fi­fußball sind kei­ne Ge­sichts­punk­te er­sicht­lich, wel­che ei­ne ab­wei­chen­de Be­ur­tei­lung recht­fer­ti­gen können.

 

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Ei­ne ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung kommt al­ler­dings un­ter den Umständen in Be­tracht, in de­nen das Ge­setz vor­sieht, dass ein Ver­s­toß ge­gen die Schutz­vor­schrif­ten des Rechts der All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen aus­nahms­wei­se Aus­wir­kun­gen auf den Be­stand des Ver­trags hat. Das ist gemäß § 306 Abs. 3 BGB der Fall, wenn das Fest­hal­ten am Ver­trag für ei­ne Ver­trags­par­tei ei­ne un­zu­mut­ba­re Härte dar­stel­len würde (vgl. BAG, 19. De­zem­ber 2006, 9 AZR 294/06, NZA 2007, 809 <812>; 14. Ja­nu­ar 2009, 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666 <669>). Ei­ne sol­che un­zu­mut­ba­re Härte ist nicht er­sicht­lich. Ei­ne kras­se Störung des Gleich­ge­wichts ist nicht ge­ge­ben. Zwar ist die er­heb­li­che wirt­schaft­li­che Be­las­tung nicht zu ver­ken­nen. Der Be­klag­te hat je­doch die­se Vergütungs­re­ge­lung ver­ein­bart. Le­dig­lich die Auf­stiegs­prämie war nicht von ihm vor­ge­se­hen. Er hat­te es in der Hand, ent­we­der durch an­de­re Vergütungs­be­din­gun­gen oder durch ei­ne le­dig­lich an­tei­li­ge Kürzung der Punkt­prämie die durch die Dis­po­si­ti­vität des § 615 BGB grundsätz­lich im Rah­men All­ge­mei­ner Geschäfts­be­din­gun­gen be­ste­hen­den Ge­stal­tungs­spielräume in recht­lich ein­wand­frei­er Wei­se zu nut­zen.

4. Es liegt schließlich we­der ein Ver­zicht des Klägers auf die Gel­tend­ma­chung der For­de­rung noch ei­ne - vom Be­klag­ten erst­in­stanz­lich gel­tend ge­mach­te - Ver­wir­kung vor.

a) Der Be­klag­te hat sich dar­auf be­ru­fen, im Rah­men der Aus­ein­an­der­set­zung um den Ein­be­halt, den er vom Grund­ge­halt des Klägers we­gen der Beschädi­gung des Dienst­wa­gens vor­ge­nom­men hat­te, sei es zu ei­ner Übe­r­ein­kunft ge­kom­men, dass mit der Zah­lung des Be­tra­ges al­le For­de­run­gen des Klägers er­le­digt sei­en. Das Vor­brin­gen hier­zu ist wi­dersprüchlich und un­sub­stan­zi­iert.

Zunächst fehlt es an ei­ner zeit­li­chen Kon­kre­ti­sie­rung die­ser an­geb­li­chen Ab­spra­che. Es kann aber da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass die Aus­ein­an­der­set­zung um den Ein­be­halt zeit­nah zur Frei­stel­lung des Klägers am 13. Mai 2009 er­folg­te, da zu­gleich der Dienst­wa­gen her­aus­ge­ge­ben wur­de. Wie­so zu die­sem Zeit­punkt, zu dem mögli­cher­wei­se die Sai­son 2009/2010 noch gar nicht be­gon­nen hat­te, be­reits ei­ne Ei­ni­gung über den endgülti­gen Ver­zicht auf Punkt­prämie, rest­li­che Auf­stiegs­prämie und Er­stat­tung des geld­wer­ten Vor­teils der Pri­vat­nut­zung statt­ge­fun­den ha­ben soll, hat der Be­klag­te nicht erläutert. Während er in der ers­ten In­stanz le­dig­lich pau­schal

 

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zum Streit an­gab, dass es ne­ben dem Ein­be­halt um „Vergütungs­be­stand­tei­le" ge­gan­gen sei, hat er in der Be­ru­fungs­in­stanz vor­ge­tra­gen, der Kläger ha­be ein höhe­res Grund­ge­halt gel­tend ge­macht. Zu­gleich bestätigt der Be­klag­te, dass der Kläger seit dem 13. Mai 2009 zu kei­ner Zeit die Zah­lung von Punkt­prämi­en oder Nut­zungs­entschädi­gung ver­langt hat. Wenn sol­che For­de­run­gen nicht im Streit wa­ren, kann ei­ne Ei­ni­gung über die an­de­ren strit­ti­gen Zah­lun­gen die­se grundsätz­lich nicht er­fas­sen. Ei­ne kla­re und ein­deu­ti­ge Ver­ein­ba­rung, dass auf die im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren gel­tend ge­mach­ten For­de­run­gen für die wei­te­re Zu­kunft bis zur Be­en­di­gung des Ver­trags sei­tens des Klägers ver­zich­tet wird, lässt sich dem Vor­brin­gen des Be­klag­ten nicht ent­neh­men. Denn ei­ner­seits trägt er in der Be­ru­fungs­er­wi­de­rung vor, es soll­ten al­le Ansprüche der Ge­gen­par­tei er­le­digt sein, an­de­rer­seits soll­te mit der Zah­lung des Ein­be­halts die For­de­rungs­sa­che sich endgültig er­le­digt ha­ben. Für das Ge­richt ist bei die­sem un­kla­ren Vor­brin­gen of­fen­sicht­lich, dass der Be­klag­te aus ei­ner punk­tu­el­len Er­le­di­gung ei­nes kon­kre­ten Streits oh­ne tatsächli­che Grund­la­ge ei­ne um­fas­sen­de Er­le­di­gung her­lei­ten will.

b) Ei­ne Ver­wir­kung gemäß § 242 BGB schei­det aus.

aa) Die Ver­wir­kung ist ein Son­der­fall der un­zulässi­gen Rechts­ausübung und dient dem Bedürf­nis nach Rechts­klar­heit. Sie hat nicht den Zweck, Schuld­ner, de­nen ge­genüber Gläubi­ger ih­re Rech­te länge­re Zeit nicht gel­tend ge­macht ha­ben, von ih­rer Pflicht zur Leis­tung vor­zei­tig zu be­frei­en. Des­halb kann al­lein der Zeit­ab­lauf die Ver­wir­kung ei­nes Rechts nicht recht­fer­ti­gen. Es müssen viel­mehr zum Zeit­ab­lauf be­son­de­re Umstände so­wohl im Ver­hal­ten des Be­rech­ti­gen als auch des Ver­pflich­te­ten hin­zu­tre­ten (Um­stands­mo­ment), die es recht­fer­ti­gen, die späte Gel­tend­ma­chung des Rechts als mit Treu und Glau­ben un­ver­ein­bar und für den Ver­pflich­te­ten als un­zu­mut­bar an­zu­se­hen (vgl. BAG, 17. Fe­bru­ar 1988, 5 AZR 638/86, NZA 1988, 427 <427>; 20. Ju­ni 1989, 3 AZR 504/87, NZA 1989, 843 <844>; 25. April 2001, 5 AZR 497/99, NZA 2001, 966 <967>; 24. Mai 2006, 7 AZR 365/05, EzAÜG § 10 AÜG Fik­ti­on Nr. 114; 14. Fe­bru­ar 2007, 10 AZR 35/06, NZA 2007, 690 <691>). Der Be­rech­tig­te muss un­ter Umständen untätig ge­blie­ben sein, die den Ein­druck er­we­cken konn­ten, dass er sein Recht nicht mehr gel­tend ma­chen will, so dass der Ver­pflich­te­te sich dar­auf ein­stel­len durf­te, nicht mehr in An­spruch ge­nom­men zu wer­den. Durch die Ver­wir­kung wird die il­loy­al ver­späte­te

 

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Gel­tend­ma­chung von Rech­ten aus­ge­schlos­sen. Die Ver­wir­kung dient dem Ver­trau­ens­schutz (vgl. BAG, 25. April 2001, a.a.O., 14. Fe­bru­ar 2007, a.a.O.).

bb) Bei An­wen­dung die­ser Grundsätze im vor­lie­gen­den Fall schei­det ei­ne Ver­wir­kung aus. Be­reits das Zeit­mo­ment ist nicht ver­wirk­licht, weil der Kläger sei­ne For­de­run­gen vor Ab­lauf der Verjährungs­frist ge­richt­lich gel­tend ge­macht hat und le­dig­lich ei­ne Untätig­keit über 15 Mo­na­te hin­sicht­lich der nun­mehr ver­lang­ten Zah­lun­gen vor­liegt. Das durch Richter­recht ge­schaf­fe­ne In­sti­tut der Ver­wir­kung darf in sei­ner An­wen­dung nicht da­zu führen, dass die ge­setz­li­che Verjährungs­re­ge­lung in wei­tem Maße un­ter­lau­fen wird. All­ge­mein gilt der Grund­satz, dass um­so sel­te­ner Raum für ei­ne Ver­wir­kung sein wird, je kürzer die Verjährungs­frist ist (vgl. BGH, 6. De­zem­ber 1988, XI ZR 19/88, NJW-RR 1989, S. 818 <819>; 11. Fe­bru­ar 1992, VI ZR 133/91, NJW 1992, S. 1755 <1756>; 26. Mai 1992, VI ZR 230/91, NJW-RR 1992, S. 1240).

Auch das Um­stands­mo­ment liegt nicht vor. Der Kläger hat, wie der Be­klag­te zu Recht, je­doch mit un­zu­tref­fen­der Wer­tung dar­legt, sich dar­auf be­schränkt, die mo­nat­li­chen Grund­ge­halts­zah­lun­gen ent­ge­gen­zu­neh­men. Punkt­prämi­en oder Nut­zungs­entschädi­gung hat er da­ge­gen nicht ver­langt. Ir­gend­wel­che kon­kre­ten wei­te­ren Umstände, aus de­nen sich ab­lei­ten lässt, das der Kläger sei­ne For­de­run­gen nicht mehr gel­tend ma­chen woll­te, hat der Be­klag­te nicht vor­ge­tra­gen. Ins­be­son­de­re das Schieds­ver­fah­ren we­gen des Ein­be­halts aus der Beschädi­gung des Fahr­zeugs gibt dafür aus den ge­nann­ten Gründen kei­ne An­halts­punk­te. Ein schutzwürdi­ges Ver­trau­en dar­auf, dass der Kläger nicht mehr ge­gen ihn vor­ge­hen würde, konn­te beim Be­klag­ten auf­grund die­ses Ge­sche­hens­ab­laufs nicht ent­ste­hen. Bloße Untätig­keit führt nicht zur Ver­wir­kung.

IV. Der Kläger be­sitzt ge­gen den Be­klag­ten ei­nen An­spruch auf Zah­lung des noch of­fe­nen Teils der Auf­stiegs­prämie in Höhe von 4.166,67 Eu­ro brut­to gemäß § 611 BGB in Ver­bin­dung mit § 3 Nr. 3 Ar­beits­ver­trag.

1. Der Be­klag­te hat sich auf­grund der vor­ge­nann­ten ar­beits­ver­trag­li­chen Re­ge­lung ver­pflich­tet, im Fal­le ei­nes Auf­stiegs in die 2. Fußball­bun­des­li­ga während der Lauf­zeit des Ver­trags ei­ne ein­ma­li­ge Son­der­prämie von 50.000,00 Eu­ro zu zah­len.

 

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Auf ei­ne tatsächli­che Tätig­keit des Klägers kommt es aus­weis­lich des Wort­lauts der Be­stim­mung nicht an, so dass die Frei­stel­lung ab 13. Mai 2009 vor­be­halt­lich ei­ner wirk­sa­men ab­wei­chen­den Ver­ein­ba­rung grundsätz­lich kei­nen Ein­fluss auf die Zah­lungs­ver­pflich­tung hat. Nur der Be­stand des Ver­trags zum Zeit­punkt des Auf­stiegs ist ent­schei­dend.

2. Der An­spruch des Klägers ist nicht durch § 6 Abs. 4 Satz 3 Ar­beits­ver­trag aus­ge­schlos­sen, wo­nach die Auf­stiegs­prämie im Fal­le der Frei­stel­lung nur zeit­an­tei­lig ge­zahlt wird. Die­se Re­ge­lung ist gemäß § 308 Nr. 4 BGB un­wirk­sam.

a) Dass ent­ge­gen der An­sicht des Be­klag­ten § 6 Abs. 3 und 4 Ar­beits­ver­trag All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen im Sin­ne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. oben B. III. 3. b) der Gründe) bzw. ein­ma­lig ge­stell­te Be­din­gun­gen, die man­gels Ein­flussmöglich­keit des Klägers gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ei­ner AGB-Kon­trol­le un­ter­lie­gen (vgl. oben B. III. 3. c) der Gründe), sind, wur­de be­reits fest­ge­stellt. Der von dem Be­klag­ten be­haup­te­te bloße Zu­sam­men­hang mit ei­ner vom Kläger ge­for­der­ten Auf­stiegs­prämie ändert dar­an nichts. Da er sich nicht mit dem kon­kre­ten Vor­trag des Klägers zur Vor­la­ge und Un­ter­zeich­nung des Ver­trags, der im Ge­gen­satz zu ei­nem Aus­han­deln bzw. ei­ner Ein­fluss­nah­me steht, so­wie zu ei­ner feh­len­den Be­vollmäch­ti­gung des Be­ra­ters D1 und des Rechts­an­walts K1 sub­stan­zi­iert aus­ein­an­der­setzt, führt sein Vor­brin­gen nicht da­zu, ei­ne aus­ge­han­del­te Be­din­gung im Sin­ne des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB oder die Möglich­keit ei­ner Ein­fluss­nah­me im Sin­ne des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB an­zu­neh­men. Es ver­bleibt da­bei, dass wei­ter­hin nicht er­kenn­bar ist, dass die­se Klau­sel in­halt­lich zur Dis­po­si­ti­on stand.

Es han­delt sich bei § 6 Abs. 4 Satz 3 Ar­beits­ver­trag zu­dem um ei­ne ab­wei­chen­de Re­ge­lung im Sin­ne des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB, weil ein Ver­trag grundsätz­lich bin­dend ist.

b) In­halt­lich han­delt es sich um ei­nen Wi­der­rufs­vor­be­halt bezüglich der Zah­lungs­pflicht, der zwar nicht je­der­zeit aus­geübt wer­den kann, je­doch stets mit ei­ner Frei­stel­lung er­folgt. Dies ist zu weit­ge­hend und un­zu­mut­bar im Sin­ne des § 308 Nr. 4 BGB.

 

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aa) Der in ei­ner All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gung vor­be­hal­te­ne Wi­der­ruf von Vergütungs­be­stand­tei­len darf nicht grund­los er­fol­gen, zu­dem muss die Ver­trags­klau­sel zu­min­dest die Rich­tung an­ge­ben, aus der der Wi­der­ruf möglich sein soll. Es muss sich aus der Re­ge­lung selbst er­ge­ben, dass der Wi­der­ruf nicht oh­ne Grund er­fol­gen darf. Vor­aus­set­zun­gen und Um­fang der vor­be­hal­te­nen Ände­run­gen müssen kon­kre­ti­siert wer­den, da­mit der Ar­beit­neh­mer er­ken­nen kann, was ge­ge­be­nen­falls auf ihn zu­kommt (vgl. BAG, 12. Ja­nu­ar 2005, 5 AZR 364/04, NZA 2005, 465 <468>; 11. Ok­to­ber 2006, 5 AZR 721/05, NZA 2007, 87 <89>). Im Rah­men ein­sei­ti­ger Leis­tungs­be­stim­mungs­rech­te bei Ent­gelt­be­stand­tei­len sind die Klau­seln so zu for­mu­lie­ren, dass der Ar­beit­neh­mer bei Ver­trags­schluss er­ken­nen kann, wel­che Leis­tun­gen von der je­wei­li­gen Klau­sel er­fasst wer­den und un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen der Wi­der­ruf aus­geübt wer­den kann (vgl. LAG Hamm, 11. Mai 2004, 19 Sa 2132/03, NZA-RR 2004, 515 <518>).

bb) Dem genügt die Ver­ein­ba­rung in § 6 Abs. 4 Satz 3 Ar­beits­ver­trag nicht. Ob das in § 6 Abs. 3 Satz 1 Ar­beits­ver­trag vor­be­hal­te­ne vor­aus­set­zungs­lo­se Recht des Be­klag­ten zur je­der­zei­ti­gen Frei­stel­lung des Klägers wirk­sam ver­ein­bart wur­de, ist auch hier un­er­heb­lich, weil die nach­fol­gen­de nor­mier­te Kürzung der Auf­stiegs­prämie auf­grund der Teil­bar­keit der Re­ge­lun­gen hier­von nicht berührt wird (sie­he oben B. III. 3. e) aa) der Gründe). Die Kürzung der Auf­stiegs­prämie soll nach dem Wort­laut der Klau­sel bei je­der Frei­stel­lung er­fol­gen. Zwar er­gibt sich aus § 6 Abs. 4 Satz 3 Ar­beits­ver­trag, dass Grund der Kürzung die Frei­stel­lung sein soll. Das reicht je­doch für ei­nen Sach­grund nicht aus. Denn je­de Frei­stel­lung hat ei­ne Ver­rin­ge­rung der Auf­stiegs­prämie zur Fol­ge. Da­mit wird de­ren Kürzung nicht von ei­nem Sach­grund abhängig ge­macht. Viel­mehr führt je­de Frei­stel­lung, auch die grund­lo­se oder aus ei­nem nicht an­zu­er­ken­nen­den An­lass vor­ge­nom­me­ne Su­s­pen­die­rung zum Ver­lust ei­nes Teils des ver­ein­bar­ten Vergütungs­an­spruchs. Das ist für ei­nen Ar­beit­neh­mer un­zu­mut­bar. In­so­weit gilt hier nichts an­de­res als bei der ein­sei­ti­gen Kürzung ei­ner Punkt­prämie im Fal­le ei­ner Frei­stel­lung (vgl. B. III. 3. e) cc) (2) (e) (aa) der Gründe). Für den Kläger ist zu­dem wie bei der Punkt­prämie nicht er­kenn­bar, aus wel­chem Sach­grund her­aus über die Tat­sa­che der Frei­stel­lung hin­aus ei­ne Kürzung der Auf­stiegs­prämie er­fol­gen soll (vgl. B. III. 3. e) cc) (2) (e) (bb) der Gründe). Ar­beits­recht­li­che Be­son­der­hei­ten, die ei­ne Auf­recht­er­hal­tung der Klau­sel

 

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recht­fer­ti­gen könn­ten, be­ste­hen eben­falls aus den bei der Punkt­prämie be­reits an­geführ­ten Gründen nicht (vgl. B. III. 3. f) der Gründe).

c) Ei­ne gel­tungs­er­hal­ten­de Re­duk­ti­on der zu weit ge­fass­ten Be­stim­mung des § 6 Abs. 4 Satz 3 Ar­beits­ver­trag schei­det aus. Un­wirk­sa­me Klau­seln sind grundsätz­lich nicht auf ei­nen Re­ge­lungs­ge­halt zurück­zuführen, der im Ein­klang mit dem Recht der All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen steht. § 306 BGB sieht ei­ne sol­che Rechts­fol­ge nicht vor. Ei­ne teil­wei­se Wirk­sam­keit des Kürzungs­vor­be­halts im Fal­le der Frei­stel­lung schei­det aus. § 6 Abs. 4 Satz 3 Ar­beits­ver­trag ist nicht so teil­bar, dass er oh­ne sei­ne un­zulässi­gen Be­stand­tei­le mit zulässi­gem In­halt auf­recht­er­hal­ten wer­den kann. Viel­mehr enthält er das so­wohl in­halt­lich als auch sprach­lich un­be­schränk­te Recht des Be­klag­ten, bei je­der Frei­stel­lung die Auf­stiegs­prämie zeit­an­tei­lig zu kürzen. Die sal­va­to­ri­sche Klau­sel in § 10 Ar­beits­ver­trag ändert auf­grund ih­rer Un­wirk­sam­keit dar­an nichts (vgl. zum Gan­zen B. III. 3. g) der Gründe).

d) Ei­ne ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung kommt für die nach In­kraft­tre­ten der Schuld­rechts­re­form und der da­mit ein­geführ­ten AGB-Kon­trol­le ab­ge­schlos­se­ne Re­ge­lung des § 6 Abs. 4 Satz 3 Ar­beits­ver­trag nicht in Be­tracht. Ein Wi­der­rufs­vor­be­halt in ei­ner All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gung muss seit In­kraft­tre­ten der §§ 305 ff. BGB den for­mel­len An­for­de­run­gen von § 308 Nr. 4 BGB genügen. Der Ver­wen­der muss vor­ge­ben, was ihn zum Wi­der­ruf be­rech­ti­gen soll. Nur dann, wenn die An­ga­be von Wi­der­rufs­gründen in ei­nem vor dem 1. Ja­nu­ar 2002 ab­ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­trag fehlt, kommt ei­ne ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung in Be­tracht (vgl. zu­letzt BAG, 20. April 2011, 5 AZR 191/10, NZA 2011, 796 <796 f.>).

4. Ein Ver­zicht oder ei­ne Ver­wir­kung liegt aus den zu dem ent­spre­chen­den Ein­wand des Be­klag­ten ge­gen den An­spruch auf Punkt­prämie ge­nann­ten Gründen (sie­he im Ein­zel­nen B. III. 4. der Gründe) nicht vor.

V. Der Kläger be­sitzt ge­gen den Be­klag­ten ei­nen An­spruch auf Zah­lung ei­ner Nut­zungs­entschädi­gung für den Ent­zug der am Dienst­wa­gen ein­geräum­ten Pri­vat­nut­zungsmöglich­keit während sei­ner Frei­stel­lung vom 13. Mai 2009 bis 30. Ju­ni 2010 gemäß § 611, § 275 Abs. 1, § 280 Abs. 1 Satz 1, § 283 Satz 1, § 251 Abs. 1 BGB in Höhe von 9.162,45 Eu­ro brut­to.

 

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1. Der Be­klag­te hat sei­ne Pflicht gemäß § 3 Nr. 4 Ar­beits­ver­trag, dem Kläger ein Dienst­fahr­zeug zur Verfügung zu stel­len, ver­letzt, in­dem er mit der Frei­stel­lung die Her­aus­ga­be des dem Kläger bis da­hin zur Verfügung ste­hen­den Wa­gens oh­ne Er­satz durch­ge­setzt hat.

2. Die Pflicht zur Über­las­sung des Dienst­fahr­zeugs auch zur pri­va­ten Nut­zung ist nicht durch § 6 Abs. 3 Satz 2 Ar­beits­ver­trag ent­fal­len, wo­nach der Kläger das Dienst­fahr­zeug im Fal­le ei­ner Frei­stel­lung oh­ne An­spruch auf ei­nen fi­nan­zi­el­len Aus­gleich des in der Pri­vat­nut­zung lie­gen­den geld­wer­ten Vor­teils her­aus­zu­ge­ben hat. Die­se Re­ge­lung ist gemäß § 308 Nr. 4 BGB un­wirk­sam.

a) Dass ent­ge­gen der An­sicht des Be­klag­ten § 6 Abs. 3 und 4 Ar­beits­ver­trag All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen im Sin­ne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. oben B. III. 3. b) der Gründe) bzw. ein­ma­lig ge­stell­te Be­din­gun­gen, die man­gels Ein­flussmöglich­keit des Klägers gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ei­ner AGB-Kon­trol­le un­ter­lie­gen (vgl. oben B. III. 3. c) der Gründe), sind, wur­de be­reits fest­ge­stellt. Es han­delt sich auch um ei­ne ab­wei­chen­de Ver­ein­ba­rung im Sin­ne von § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB, weil die von § 615 Satz 1 BGB vor­ge­se­he­ne Höhe der Vergütung im Fal­le des An­nah­me­ver­zugs geändert wird.

b) In­halt­lich re­gelt die Klau­sel ei­nen Wi­der­rufs­vor­be­halt bezüglich der ein­geräum­ten Pri­vat­nut­zungsmöglich­keit, der zwar nicht je­der­zeit aus­geübt wer­den kann, je­doch stets mit ei­ner Frei­stel­lung er­folgt. Dies ist zu weit­ge­hend und un­zu­mut­bar im Sin­ne des § 308 Nr. 4 BGB.

aa) Der Wi­der­ruf der Nut­zung des Dienst­wa­gens ist nicht schon we­gen sei­nes Um­fangs un­zulässig. Zwar han­delt es sich hier­bei um ei­nen Be­stand­teil der Vergütung in Form ei­ner Sach­leis­tung, wel­che ein ty­pi­sches Mit­tel zur Ge­halts­fin­dung ist (vgl. BAG, 9. Sep­tem­ber 2003, 9 AZR 574/02, NZA 2004, 484 <486>; 19. De­zem­ber 2006, 9 AZR 294/06, NZA 2007, 809 <810>). An­ge­sichts ih­rer Höhe er­reicht sie aber bei wei­tem nicht die Gren­ze von 25%, die für die Möglich­keit ei­nes Wi­der­rufs von im Ge­gen­sei­tig­keits­verhält­nis ste­hen­den Be­stand­tei­len des Ar­beits­ent­gelts grundsätz­lich be­steht. So­weit ein sach­li­cher Grund be­steht, bleibt ein

 

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Wi­der­ruf der pri­va­ten Nut­zung des Dienst­fahr­zeugs möglich (vgl. BAG, 13. April 2010, 9 AZR 113/09, NZA-RR 2010, 457 <459>).

bb) Die Un­wirk­sam­keit der Re­ge­lung folgt aus der in die­ser Klau­sel an kei­ne wei­te­re Vor­aus­set­zung ge­bun­de­nen Möglich­keit des Be­klag­ten, die pri­va­te Nut­zung des Dienst­wa­gens bei ei­ner Frei­stel­lung zu wi­der­ru­fen. Auf die Wirk­sam­keit des in § 6 Abs. 3 Satz 1 Ar­beits­ver­trag ent­hal­te­nen Frei­stel­lungs­vor­be­halts des Be­klag­ten kommt es auf­grund der Teil­bar­keit der Re­ge­lun­gen (vgl. B. III. 3. e) aa) der Gründe) wei­ter­hin nicht an. Der Ver­lust der Pri­vat­nut­zungsmöglich­keit oh­ne Aus­gleich soll nach dem Wort­laut des § 6 Abs. 3 Satz 2 Ar­beits­ver­trag bei je­der Frei­stel­lung er­fol­gen. Hat der Ar­beit­ge­ber ei­ne Vor­be­halts­be­stim­mung ver­wandt, die ihn aus je­dem An­lass zum Wi­der­ruf der Pri­vat­nut­zung des Dienst­wa­gens be­rech­tigt, ist das zu weit­ge­hend. Es be­darf kei­nes Sach­grun­des, das Recht zur pri­va­ten Nut­zung je­der­zeit zu ent­zie­hen. Das ist ei­ne den Ar­beit­neh­mer un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­li­gen­de Ab­wei­chung von der ver­ein­bar­ten Vergütungs­re­ge­lung, die auch un­ter Berück­sich­ti­gung der In­ter­es­sen des Ver­wen­ders un­zu­mut­bar ist. Der Ver­wen­der könn­te nämlich die Be­stim­mung über den Wi­der­rufs­vor­be­halt auf die Fälle be­schränken, in de­nen ein an­zu­er­ken­nen­der Sach­grund be­steht, die Pri­vat­nut­zung ein­zu­stel­len (vgl. BAG, 19. De­zem­ber 2006, 9 AZR 294/06, NZA 2007, 809 <811>; 13. April 2010, 9 AZR 113/09, NZA-RR 2010, 457 <459>). Ar­beits­recht­li­che Be­son­der­hei­ten, die ei­ne Auf­recht­er­hal­tung der Klau­sel recht­fer­ti­gen könn­ten, be­ste­hen aus den bei der Punkt­prämie be­reits an­geführ­ten Gründen nicht (vgl. näher B. III. 3. f) der Gründe).

c) Ei­ne gel­tungs­er­hal­ten­de Re­duk­ti­on der zu weit ge­fass­ten Be­stim­mung des § 6 Abs. 3 Satz 2 Ar­beits­ver­trag schei­det aus. Un­wirk­sa­me Klau­seln sind grundsätz­lich nicht auf ei­nen Re­ge­lungs­ge­halt zurück­zuführen, der im Ein­klang mit dem Recht der All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen steht. § 306 BGB sieht ei­ne sol­che Rechts­fol­ge nicht vor. Ei­ne teil­wei­se Wirk­sam­keit des Wi­der­rufs der Pri­vat­nut­zungsmöglich­keit im Fal­le der Frei­stel­lung schei­det in die­sem Zu­sam­men­hang aus. § 6 Abs. 3 Satz 2 Ar­beits­ver­trag ist nicht so teil­bar, dass er oh­ne sei­ne un­zulässi­gen Be­stand­tei­le mit zulässi­gem In­halt auf­recht­er­hal­ten wer­den kann. Er enthält kei­ne ver­schie­de­nen, nur äußer­lich zu­sam­men­ge­fass­ten Re­ge­lun­gen. Viel­mehr be­inhal­tet er in­halt­lich und sprach­lich das un­be­schränk­te Recht des Be­klag­ten, dem Kläger bei je­der

 

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Frei­stel­lung die Nut­zung des Dienst­wa­gens zu ent­zie­hen (vgl. BAG, 19. De­zem­ber 2006, 9 AZR 294/06, NZA 2007, 809 <811>; 13. April 2010, 9 AZR 113/09, NZA-RR 2010, 457 <460>). Die sal­va­to­ri­sche Klau­sel in § 10 Ar­beits­ver­trag ändert an­ge­sichts ih­rer Un­wirk­sam­keit dar­an nichts (vgl. B. III. 3. g) der Gründe).

d) Ei­ne ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung kommt für die nach In­kraft­tre­ten der Schuld­rechts­re­form und der da­mit ein­geführ­ten AGB-Kon­trol­le ab­ge­schlos­se­ne Re­ge­lung des § 6 Abs. 3 Satz 2 Ar­beits­ver­trag nicht in Be­tracht. Ei­ne ergänzen­de Aus­le­gung der un­wirk­sa­men Wi­der­rufs­klau­sel auf kon­kret be­nann­te an­er­ken­nens­wer­te Sach­gründe für den Wi­der­ruf der Dienst­wa­genüber­las­sung nähme dem Be­klag­ten das Ri­si­ko der un­zulässig zu weit ge­fass­ten Klau­sel vollständig und wäre ei­ne Ver­trags­hil­fe al­lein zu sei­nen Guns­ten (vgl. BAG, 13. April 2010, 9 AZR 113/09, NZA-RR 2010, 457 <460 f.>).

3. Die Über­las­sung ei­nes Dienst­fahr­zeugs auch zur pri­va­ten Nut­zung ist durch die Frei­stel­lung bis zur Be­en­di­gung des Ver­trags in­fol­ge Zeit­ab­laufs unmöglich ge­wor­den. Der Be­klag­te ist des­halb zwar nach § 275 Abs. 1 BGB von der Leis­tungs­pflicht be­freit. Die Unmöglich­keit be­ruht je­doch auf sei­ner Pflicht­ver­let­zung. Sie führt da­zu, dass der Be­klag­te dem Kläger den Scha­den zu er­set­zen hat, den die­ser durch die un­ter­blie­be­ne Über­las­sung des Dienst­fahr­zeugs zur pri­va­ten Nut­zung er­lit­ten hat (§ 280 Abs. 1 Satz 1, § 283 Satz 1 BGB). An­halts­punk­te für ein nicht schuld­haf­tes Ver­hal­ten des Be­klag­ten gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB, wel­ches ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch aus­sch­ließen würde, be­ste­hen nicht.

4. Die Scha­denshöhe er­rech­net sich gemäß § 251 Abs. 1 BGB auf der Grund­la­ge der steu­er­li­chen Be­wer­tung der pri­va­ten Nut­zungsmöglich­keit als geld­wer­ter Vor­teil (vgl. BAG, 19. De­zem­ber 2006, 9 AZR 294/06, NZA 2007, 809 <811>; 13. April 2010, 9 AZR 113/09, NZA-RR 2010, 457 <461>; 19. Mai 2010, 5 AZR 253/09, NZA 2010, 939 <940>) mit dem von dem Be­klag­ten mo­nat­lich ab­ge­rech­ne­ten Be­trag von 678,70 Eu­ro brut­to. Für die 13,5 Mo­na­te vom 13. Mai 2009 bis 30. Ju­ni 2010 er­gibt sich ein Ge­samt­be­trag in Höhe von 9.162,45 Eu­ro brut­to.

 

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5. Ein Ver­zicht oder ei­ne Ver­wir­kung liegt aus den zu dem ent­spre­chen­den Ein­wand des Be­klag­ten ge­gen den An­spruch auf Punkt­prämie ge­nann­ten Gründen (sie­he im Ein­zel­nen B. III. 4. der Gründe) nicht vor.

VI. Der Be­klag­te ist wei­ter ver­pflich­tet, an den Kläger gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG ei­ne Ab­gel­tung für den bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses noch of­fe­nen Ur­laub von 12 Ta­gen für 2010 in Höhe von 10.544,02 Eu­ro brut­to, zu zah­len, Der wei­ter­ge­hend vom Kläger gel­tend ge­mach­te An­spruch in Höhe von 1.640,60 Eu­ro brut­to ist da­ge­gen un­be­gründet.

1. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Ar­beits­ver­trag war zwi­schen den Par­tei­en ein Jah­res­ur­laubs­an­spruch des Klägers von 24 Werk­ta­gen ver­ein­bart. Gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. c) BUrlG steht ei­nem Ar­beit­neh­mer nach Erfüllung der halbjähri­gen War­te­zeit des § 4 BUrlG (hier am 9. Au­gust 2008) je ein Zwölf­tel des Jah­res­ur­laubs für je­den vol­len Mo­nat des Be­ste­hens des Ar­beits­verhält­nis­ses zu, wenn er in der ers­ten Hälf­te des Ka­len­der­jah­res aus­schei­det. Bei ei­ner Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses zum 30. Ju­ni 2010 liegt ein Aus­schei­den in der ers­ten Hälf­te des Ka­len­der­jah­res 2010 vor. Für sechs vol­le Mo­na­te des Be­ste­hens des Ar­beits­verhält­nis­ses hat der Kläger ei­nen Ur­laubs­an­spruch in Höhe von 12 Werk­ta­gen für das Jahr 2010 er­wor­ben.

2. Die­ser Ur­laubs­an­spruch konn­te we­gen der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses am 30. Ju­ni 2010 nicht mehr gewährt wer­den, was ei­nen Ab­gel­tungs­an­spruch des Klägers be­gründet. Ei­ne Ur­laubs­gewährung ist ent­ge­gen der An­sicht des Be­klag­ten durch die Frei­stel­lung ab 13. Mai 2009 nicht er­folgt.

a) Die Frei­stel­lung des Ar­beit­neh­mers zum Zwe­cke der Gewährung von Er­ho­lungs­ur­laub er­folgt durch ei­ne ein­sei­ti­ge, emp­fangs­bedürf­ti­ge Wil­lens­erklärung des Ar­beit­ge­bers. Die Erklärung muss für den Ar­beit­neh­mer hin­rei­chend deut­lich er­ken­nen las­sen, in wel­chem Um­fang der Ar­beit­ge­ber sei­ne Ur­laubs­ansprüche erfüllen will. Zwei­fel ge­hen zu Las­ten des Ar­beit­ge­bers. Denn als Erklären­der hat er es in der Hand, den Um­fang der Frei­stel­lung ein­deu­tig fest­zu­le­gen (vgl. BAG, 17. Mai 2011, 9 AZR 189/10, ju­ris). Die Frei­stel­lungs­erklärung muss hin­rei­chend deut­lich er­ken­nen las­sen, dass ei­ne Be­frei­ung von der Ar­beits­pflicht zur Erfüllung des

 

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An­spruchs auf Ur­laub er­teilt wird. Die bloße Erklärung des Ar­beit­ge­bers, der Ar­beit­neh­mer könne zu Hau­se blei­ben oder sei von der Ar­beits­pflicht ent­bun­den, genügt nicht, um den Ur­laubs­an­spruch zum Erlöschen zu brin­gen (vgl. BAG, 24. März 2009, 9 AZR 983/07, NZA 2009, 538 <540>; 17. Mai 2011, a.a.O.). Denk­bar ist, dass der Ar­beit­ge­ber ein An­nah­me­ver­wei­ge­rungs­recht als Gläubi­ger der Ar­beits­leis­tung des Ar­beit­neh­mers gel­tend macht oder als Schuld­ner ei­ne an­de­re Frei­stel­lungs­erklärung ab­gibt (vgl. ErfK/Dörner/Gall­ner, a.a.O., § 7 BUrlG Rn. 6). Ist die Erklärung nicht klar ge­nug, ist nicht be­stimm­bar, ob der Ar­beit­ge­ber die ge­schul­de­te Leis­tung oder ei­ne an­de­re Leis­tung be­wirkt oder er nur als Gläubi­ger auf die An­nah­me der Ar­beits­leis­tung ver­zich­tet hat (vgl. BAG, 25. Ja­nu­ar 1994, 9 AZR 312/92, NZA 1994, 652; 9. Ju­ni 1998, 9 AZR 43/97, NZA 1999, 80; ErfK/Dörner/Gall­ner, a.a.O., § 7 BUrlG Rn. 7).

b) Der Be­klag­te hat we­der erst- noch zweit­in­stanz­lich dar­ge­legt, dass mit der Frei­stel­lung des Klägers in die­ser er­for­der­li­chen ein­deu­ti­gen Art und Wei­se der dem Kläger zu­ste­hen­de Ur­laub gewährt wur­de. Ei­ne schrift­li­che Frei­stel­lungs­erklärung liegt nicht vor. Eben­so we­nig ist der Wort­laut der Erklärung vom Be­klag­ten dar­ge­legt wor­den, mit wel­cher der Kläger am 13. Mai 2009 frei­ge­stellt wur­de. Sei­ne Mei­nung, in ei­ner Frei­stel­lung lie­ge ei­ne kon­klu­den­te Ur­laubs­gewährung, ist an­ge­sichts der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts falsch. Ob kein Ar­beit­ge­ber ei­nen Ar­beit­neh­mer oh­ne An­rech­nung des Ur­laubs frei­stel­len möch­te, ist ir­re­le­vant, wenn der Ar­beit­ge­ber die­ser Ab­sicht in der Frei­stel­lungs­erklärung nicht den für ei­ne Ur­laubs­gewährung er­for­der­li­chen ein­deu­ti­gen Aus­druck gibt. Wo­her dem Kläger ei­ne An­rech­nungs­mo­da­lität be­kannt ge­we­sen sein soll, hat der Be­klag­te nicht erläutert. Die bloße Hin­nah­me ei­ner Frei­stel­lung oh­ne Ur­laubs­ab­gel­tung bei der erst­ma­li­gen Be­en­di­gung der Trai­nertätig­keit im Jahr 2005 lässt das nicht mit der er­for­der­li­chen Ein­deu­tig­keit er­ken­nen.

c) An­halts­punk­te für den von dem Be­klag­ten gel­tend ge­mach­ten Rechts­miss­brauch be­ste­hen nicht. Der Ar­beit­neh­mer ist nicht ver­pflich­tet, von sich aus an­stel­le des Ar­beit­ge­bers den Ur­laubs­zeit­raum fest­zu­le­gen. Der Ar­beit­ge­ber hat es in der Hand, die Ur­laubs­gewährung in Fällen lang­fris­ti­ger Frei­stel­lun­gen zu steu­ern.

 

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aa) Stellt der Ar­beit­ge­ber ei­nen Ar­beit­neh­mer im Zu­sam­men­hang mit ei­ner Kündi­gungs­erklärung un­ter An­rech­nung auf sei­nen noch of­fe­nen Ur­laub von der Ar­beits­leis­tung frei, ist in der Re­gel da­von aus­zu­ge­hen, dass der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer die zeit­li­che Fest­le­gung der Ur­laubs­zeit überlässt, im Übri­gen die An­nah­me der Ar­beits­leis­tung des Ar­beit­neh­mers ab­lehnt und so gemäß § 293 BGB in An­nah­me­ver­zug gerät (vgl. BAG, 6. Sep­tem­ber 2006, 5 AZR 703/05, NZA 2007, 36 <38>). Nach den je­wei­li­gen Umständen des Ein­zel­falls kann die Aus­le­gung der Frei­stel­lungs­erklärung des Ar­beit­ge­bers auch er­ge­ben, dass dem Ar­beit­neh­mer für die ge­sam­te Dau­er der Kündi­gungs­frist Ur­laub er­teilt wer­den soll (vgl. BAG, 14. März 2006, 9 AZR 11/05, AP BUrlG § 7 Nr. 32). Des Wei­te­ren ist denk­bar, wenn die ge­naue zeit­li­che La­ge des Ur­laubs vom Ar­beit­ge­ber nicht fest­ge­legt wird, dass der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer die Fest­le­gung der zeit­li­chen La­ge der Ur­laubs­ta­ge in­ner­halb des vor­be­halt­los gewähr­ten Frei­stel­lungs­zeit­rau­mes über­las­sen will und ihm im Übri­gen den Ab­schluss ei­nes Er­lass­ver­trags im Sin­ne von § 397 BGB an­bie­tet, durch den die ar­beits­ver­trag­lich ver­ein­bar­te Ar­beits­pflicht des Ar­beit­neh­mers auf­ge­ho­ben wer­den soll. Die­ses An­ge­bot kann der Ar­beit­neh­mer nach § 151 BGB an­neh­men (vgl. BAG, 19. März 2002, 9 AZR 16/01, NJOZ 2001, S. 1319 <1321 f.>).

In al­len Fällen wird der Ur­laubs­an­spruch des Ar­beit­neh­mers da­durch erfüllt, dass der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer das Recht einräumt, die kon­kre­te La­ge des Ur­laubs in­ner­halb ei­nes be­stimm­ten Zeit­raums selbst zu be­stim­men (vgl. BAG, 14. März 2006, a.a.O.; 6. Sep­tem­ber 2006, a.a.O.). Ihm wird bei ei­ner nicht näher be­stimm­ten Ur­laubs­fest­le­gung die Kon­kre­ti­sie­rungs­be­fug­nis bezüglich der zeit­li­chen La­ge in­ner­halb des Frei­stel­lungs­zeit­raums über­tra­gen (vgl. BAG, 9. No­vem­ber 1999, 9 AZR 992/98, ju­ris; 19. März 2002, a.a.O.). So­wohl in die­sem Fall wie auch in dem, dass der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer für die ge­sam­te Zeit der Kündi­gungs­frist Ur­laub gewährt, ist für den Ar­beit­neh­mer oh­ne wei­te­res er­kenn­bar, dass er während der rest­li­chen Dau­er sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses nicht mehr da­mit rech­nen muss, sei­ne Ar­beits­leis­tung zu er­brin­gen (vgl. BAG, 9. No­vem­ber 1999, a.a.O., 14. März 2006, a.a.O.). Ist der Ar­beit­neh­mer da­mit nicht ein­ver­stan­den, weil er ein An­nah­me­ver­wei­ge­rungs­recht gel­tend macht, hat er dies dem Ar­beit­ge­ber un­verzüglich mit­zu­tei­len. Un­ter­bleibt ei­ne sol­che Mit­tei­lung, kann der Ar­beit­ge­ber da­von aus­ge­hen, der Ar­beit­neh­mer le­ge die Ur­laubs­zeit in­ner­halb der

 

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Kündi­gungs­frist selbst fest. Ein späte­res Ur­laubs­ab­gel­tungs­ver­lan­gen des Ar­beit­neh­mers wäre rechts­miss­bräuch­lich (§ 242 BGB) und des­halb nicht be­gründet (vgl. BAG, 6. Sep­tem­ber 2006, a.a.O.).

bb) Die Ver­einsführung des Be­klag­ten hat kei­ne die­ser zahl­rei­chen Möglich­kei­ten ge­nutzt, oh­ne ei­ge­ne Fest­le­gung des Ur­laubs­zeit­raums dem Kläger den Ur­laub während der Frei­stel­lungs­zeit zu gewähren und ihm die zeit­li­che Kon­kre­ti­sie­rung zu über­las­sen. An­ge­sichts die­ser Ge­stal­tungsmöglich­kei­ten des Ar­beit­ge­bers be­steht kei­ne Pflicht des Ar­beit­neh­mers, sich um die Gewährung von Ur­laub zu bemühen (un­rich­tig da­her LAG Nürn­berg, 29. Au­gust 2006, 7 Sa 676/05, LA­GE BUrlG § 7 Nr. 44). Der Ar­beit­ge­ber ist Schuld­ner des Ur­laubs­an­spruchs und hat ihn durch die in­halt­lich hin­rei­chend deut­li­che Erklärung ei­ner Frei­stel­lung zum Zwe­cke der Ur­laubs­gewährung zu erfüllen (ErfK/Dörner/Gall­ner, a.a.O., § 7 BUrlG Rn. 4, 6). Le­dig­lich zur Ver­mei­dung des Ver­falls zum Ab­lauf des Ka­len­der­jah­res oder im Fal­le der Über­tra­gung zum En­de des Über­tra­gungs­zeit­raums ist der Ar­beit­neh­mer ge­hal­ten, sei­nen Ur­laub recht­zei­tig zu ver­lan­gen (ErfK/Dörner/Gall­ner, a.a.O., § 7 BUrlG Rn. 38 f. m. w. N.).

We­der ein feh­len­des Er­ho­lungs­bedürf­nis noch der Vor­rang der Frei­zeit­gewährung vor ei­ner Ab­gel­tung las­sen we­gen der Untätig­keit des Klägers sein Ab­gel­tungs­ver­lan­gen rechts­miss­bräuch­lich er­schei­nen, wenn es der Be­klag­te be­reits versäumt hat, dem Kläger ge­genüber klar­zu­stel­len, dass er während der Frei­stel­lung sei­nen Ur­laub zu neh­men hat.

3. Das Ab­gel­tungs­ver­lan­gen des Klägers ist je­doch nicht in dem von ihm gel­tend ge­mach­ten Um­fang be­gründet.

a) Gemäß § 11 BUrlG be­misst sich die Höhe der Ur­laubs­ab­gel­tung nach dem Ver­dienst der letz­ten drei­zehn Wo­chen, im vor­lie­gen­den Fall der Zeit­raum vom 1. April 2010 bis 30. Ju­ni 2010. Der Kläger hat ein mo­nat­li­ches Grund­ge­halt von 13.500,00 Eu­ro, al­so ins­ge­samt 40.500,00 € er­hal­ten. Hin­zu kom­men die in den letz­ten drei­zehn Wo­chen vor der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses an­ge­fal­le­nen Punkt­prämi­en, d. h. hier für die Zeit vom 1. April 2010 bis 30. Ju­ni 2010 ins­ge­samt 26.000,00 Eu­ro. Sch­ließlich ist die Pri­vat­nut­zung des Dienst­wa­gens als Sach­be­zug

 

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bei der Er­mitt­lung des Ar­beits­ver­diens­tes zu berück­sich­ti­gen. Der dar­aus re­sul­tie­ren­de geld­wer­te Vor­teil beträgt für die Mo­na­te April bis Ju­ni 2010 ins­ge­samt (3 x 678,70 Eu­ro) 2.036,10 Eu­ro. Dar­aus er­gibt sich fol­gen­de Be­rech­nung der Ur­laubs­ab­gel­tung: (26.000,00 Eu­ro + 40.500,00 Eu­ro + 2.036,10 Eu­ro) : 78 Werk­ta­ge x 12 Ur­laubs­ta­ge = 10.544,02 Eu­ro.

b) Die Be­rech­nung des Klägers stimmt mit § 11 BUrlG nicht übe­rein, weil er den Quar­tals­ver­dienst an­hand von Jah­res­wer­ten er­mit­telt. Zu­dem legt er sei­ner Be­rech­nung ei­ne Fünf­ta­ge­wo­che zu­grun­de, ob­wohl im Ar­beits­ver­trag 24 Werk­ta­ge Ur­laub ver­ein­bart sind, so dass ent­spre­chend § 3 Abs. 2 BUrlG von ei­ner Sechs­ta­ge­wo­che aus­zu­ge­hen ist.

So­weit er da­ge­gen ein­wen­det, mit sei­ner Be­rech­nungs­me­tho­de ha­be er zu­gleich un­strei­tig vor­ge­tra­gen, dass ei­ne Fünf­ta­ge­wo­che ge­gol­ten ha­be, führt dies zu kei­nem an­de­ren Er­geb­nis. In die­sem Fall wäre der dem Kläger nach dem Ver­trag zu­ste­hen­de Ur­laub von 12 Werk­ta­gen auf 10 Ar­beits­ta­ge um­zu­rech­nen (vgl. all­ge­mein zu­letzt BAG, 15. März 2011, 9 AZR 799/09, ju­ris, m. w. N.). Auf die­ser Ba­sis er­gibt sich ein der Höhe nach un­veränder­ter Ab­gel­tungs­an­spruch von ((26.000,00 Eu­ro + 40.500,00 Eu­ro + 2.036,10 Eu­ro) : 65 Werk­ta­ge x 10 Ur­laubs­ta­ge =) 10.544,02 Eu­ro.

c) In Höhe der Dif­fe­renz von 1.640,60 Eu­ro zum ursprüng­lich gel­tend ge­mach­ten Ab­gel­tungs­an­spruch (12.184,62 Eu­ro) war die Kla­ge dem­nach ab­zu­wei­sen.

VII. Die erst­in­stanz­lich ab­ge­wie­se­nen Ansprüche des Klägers auf Zah­lung der Punkt­prämie für die Zeit vom 13. Mai 2009 bis 30. Ju­ni 2009 (6.000,00 Eu­ro brut­to) so­wie vom 1. Ju­li 2009 bis 31. März 2010 (76.000,00 Eu­ro brut­to), der Dif­fe­renz zur ver­ein­bar­ten Auf­stiegs­prämie (4.166,67 Eu­ro brut­to) und der Nut­zungs­entschädi­gung für den Ent­zug der Pri­vat­nut­zung für die Zeit vom 13. Mai 2009 bis 31. März 2010 (7.126,05 Eu­ro brut­to) sind nicht we­gen der Versäum­ung der Aus­schluss­fris­ten des § 8 Ar­beits­ver­trag ver­fal­len. Die Be­stim­mung ist nicht an­wend­bar, weil sie als All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung bzw. als der AGB-Kon­trol­le un­ter­lie­gen­de Ein­mal­be­din­gung in ei­nem Ver­brau­cher­ver­trag un­wirk­sam ist.

 

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1. Gemäß § 8 Satz 1 Ar­beits­ver­trag sind die bei­der­sei­ti­gen Ansprüche aus dem Ar­beits­ver­trag von den Ver­trags­par­tei­en in­ner­halb von vier Mo­na­ten nach Fällig­keit, im Fal­le der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses je­doch in­ner­halb von drei Mo­na­ten nach Be­en­di­gung schrift­lich gel­tend zu ma­chen. Er­folgt die Gel­tend­ma­chung nicht recht­zei­tig, sind die Ansprüche nach § 8 Satz 2 Ar­beits­ver­trag er­lo­schen.

Der Kläger hat die vor­ste­hend ge­nann­ten For­de­run­gen, die al­le­samt vor dem 27. April 2010 fällig ge­wor­den wa­ren, nicht in­ner­halb der vier­mo­na­ti­gen Aus­schluss­frist des § 8 Satz 1 Alt. 1 Ar­beits­ver­trag schrift­lich gel­tend ge­macht. Das Gel­tend­ma­chungs­schrei­ben vom 26. Au­gust 2010 ist dem Be­klag­ten erst am 27. Au­gust 2010 zu­ge­gan­gen.

Die nach dem 27. April 2010 fällig ge­wor­de­nen Ansprüche des Klägers sind von ihm in­ner­halb der Aus­schluss­frist des § 8 Satz 1 Alt. 2 Ar­beits­ver­trag bin­nen drei Mo­na­ten nach Be­en­di­gung (30. Ju­ni 2010) durch das ge­nann­te Schrei­ben gel­tend ge­macht wor­den.

2. Bei § 8 Ar­beits­ver­trag han­delt es sich wie bei § 6 Abs. 3 und 4 Ar­beits­ver­trag um ei­ne All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung im Sin­ne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. oben B. III. 3. b) der Gründe) bzw. um ei­ne ein­ma­lig ge­stell­te Be­din­gung, die man­gels Ein­flussmöglich­keit des Klägers gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ei­ner AGB-Kon­trol­le un­ter­liegt (vgl. oben B. III. 3. c) der Gründe). Der Be­klag­te hat be­zo­gen auf die Re­ge­lung der Aus­schluss­fris­ten in § 8 Ar­beits­ver­trag kei­ne tatsächli­chen Umstände vor­ge­tra­gen, wel­che ei­ne ab­wei­chen­de Be­ur­tei­lung recht­fer­ti­gen.

3. Ei­ne ein­zel­ver­trag­li­che Aus­schluss­frist stellt ei­ne von Rechts­vor­schrif­ten ab­wei­chen­de oder die­se ergänzen­de Re­ge­lung im Sin­ne des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB dar. Ge­setz­lich blei­ben Ansprüche ab­ge­se­hen von ei­ner Ver­wir­kung (§ 242 BGB) er­hal­ten und un­ter­lie­gen nur den Verjährungs­vor­schrif­ten. Die vor­lie­gen­de Klau­sel ent­spricht auch nicht ei­ner ta­rif­li­chen Be­stim­mung oder an­de­ren Norm im Sin­ne des § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB, die auf das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en un­mit­tel­bar An­wen­dung fin­det, so dass ei­ne AGB-Kon­trol­le nicht aus­ge­schlos­sen wird (vgl. BAG, 28. Sep­tem­ber 2005, 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149 <150>; 12. März 2008, 10 AZR 152/07, NZA 2008, 699 <700>).

 

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4. Die in For­mu­lar­ar­beits­verträgen mögli­che und der In­halts­kon­trol­le nach §§ 307 ff. BGB un­ter­lie­gen­de Ver­ein­ba­rung von Aus­schluss­fris­ten be­geg­net nach Auf­fas­sung des Bun­des­ar­beits­ge­richts kei­nen Be­den­ken, so­weit für bei­de Sei­ten ei­ne Frist von drei Mo­na­ten ab Fällig­keit zur Gel­tend­ma­chung von Ansprüchen nicht un­ter­schrit­ten wird. Das gel­te so­wohl für ein­stu­fi­ge wie zwei­stu­fi­ge Aus­schluss­fris­ten (vgl. BAG, 25.Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111; 31. Au­gust 2005, 5 AZR 545/04, NZA 2006, 324; 28. Sep­tem­ber 2005, 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149; 12. März 2008, 10 AZR 152/07, NZA 2008, 699). Un­zulässig ist es da­ge­gen, für den Be­ginn der Aus­schluss­frist al­lein auf die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ab­zu­stel­len (vgl. BAG, 1. März 2006, 5 AZR 511/05, NZA 2006, 783 <784>).

Da­nach wäre die Ver­ein­ba­rung in § 8 Satz 1 Alt. 1 Ar­beits­ver­trag wirk­sam, so­weit sie ei­ne Aus­schluss­frist von vier Mo­na­ten ab Fällig­keit für die Gel­tend­ma­chung von Ansprüchen vor­sieht. Da­ge­gen ist die wei­te­re Re­ge­lung in § 8 Satz 1 Alt. 2 Ar­beits­ver­trag, dass im Fal­le der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses Ansprüche bin­nen drei Mo­na­ten nach Be­en­di­gung gel­tend zu ma­chen sind, be­reits un­wirk­sam.

5. Die Un­wirk­sam­keit von § 8 Satz 1 Alt. 2 Ar­beits­ver­trag hat ent­ge­gen der An­sicht des Klägers nicht zur Fol­ge, dass die Re­ge­lung des § 8 Satz 1 Ar­beits­ver­trag ins­ge­samt un­wirk­sam ist. Die Vier­mo­nats­frist ist hier­von nicht be­trof­fen, denn die Klau­sel ist teil­bar.

a) So­weit ei­ne Klau­sel als All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung ganz oder teil­wei­se un­wirk­sam ist, bleibt der übri­ge Ver­trag wirk­sam (§ 306 Abs. 1 BGB); an die Stel­le der un­wirk­sa­men Klau­sel tritt das Ge­setz (§ 306 Abs. 2 BGB). Die im Ge­setz vor­aus­ge­setz­te teil­wei­se Un­wirk­sam­keit ei­ner All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gung setzt vor­aus, dass die Klau­sel teil­bar ist. Die Tei­lung von Ver­trags­klau­seln in ei­nen zulässi­gen und ei­nen un­zulässi­gen Teil kommt nur in Be­tracht, wenn der un­zulässi­ge Teil ein­deu­tig ab­ge­trennt wer­den kann. Vor­aus­set­zung ist ei­ne in­halt­lich und sprach­lich teil­ba­re Klau­sel, die oh­ne ih­re un­zulässi­gen Be­stand­tei­le mit ih­rem zulässi­gen In­halt auf­recht­er­hal­ten wer­den kann. Ge­gen­stand der In­halts­kon­trol­le sind dann je­weils ver­schie­de­ne, nur for­mal ver­bun­de­ne All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen. Maßgeb­lich ist, ob die Ver­trags­be­stim­mung meh­re­re

 

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sach­li­che Re­ge­lun­gen enthält. Die Klau­sel muss sprach­lich teil­bar sein und die rest­li­che Re­ge­lung verständ­lich blei­ben (vgl. BAG, 19. De­zem­ber 2006, 9 AZR 294/06, NZA 2007, 809 <811>; 23. Ja­nu­ar 2007, 9 AZR 482/06, NZA 2007, 748 <750>; 12. März 2008, 10 AZR 152/07, NZA 2008, 699 <701>; 6. Mai 2009, 10 AZR 443/08, NZA 2009, 783 <784>). Ei­ne nach ih­rem Wort­laut ein­deu­tig ein­heit­li­che Re­ge­lung darf nicht in meh­re­re selbstständi­ge Re­ge­lun­gen zer­legt wer­den (vgl. BAG, 13. April 2010, 9 AZR 113/09, NZA-RR 2010, 457 <460>). Enthält die Klau­sel ne­ben den un­wirk­sa­men auch un­be­denk­li­che, sprach­lich und in­halt­lich ab­trenn­ba­re Be­stand­tei­le, blei­ben die­se wirk­sam, selbst wenn sie den glei­chen Sach­kom­plex be­tref­fen. Vor­aus­set­zung dafür ist aber, dass nach dem Weg­strei­chen der un­wirk­sa­men Teil­re­ge­lung(en) ein aus sich her­aus verständ­li­cher Klau­sel­rest ver­bleibt (vgl. BAG, 23. Ok­to­ber 2010, 8 AZR 897/08, NZA 2011, 89 < 90>).

b) Bei An­wen­dung die­ser Grundsätze im vor­lie­gen­den Fall ist § 8 Satz 1 Ar­beits­ver­trag hin­sicht­lich der un­ter­schied­li­chen Aus­schluss­fris­ten in den Al­ter­na­ti­ven 1 und 2 ei­ne sprach­lich und in­halt­lich teil­ba­re Re­ge­lung des glei­chen Sach­kom­ple­xes „Gel­tend­ma­chung von Ansprüchen".

aa) Die sprach­li­che Teil­bar­keit ist of­fen­kun­dig. Streicht man die Wor­te „im Fal­le der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses je­doch in­ner­halb von drei Mo­na­ten nach Be­en­di­gung", erhält man fol­gen­de Klau­sel:

Die bei­der­sei­ti­gen Ansprüche aus die­sem Ver­trag sind von den Ver­trags­par­tei­en in­ner­halb von 4 Mo­na­ten nach Fällig­keit schrift­lich gel­tend zu ma­chen. Er­folgt die Gel­tend­ma­chung nicht recht­zei­tig, sind die Ansprüche er­lo­schen.

Der ver­blei­ben­de Klau­sel­text ist aus sich her­aus verständ­lich. Die vier­mo­na­ti­ge Frist er­fasst al­le Ansprüche ab Fällig­keit un­abhängig da­von, ob das Ar­beits­verhält­nis noch be­steht oder be­en­det ist. Die Aus­schluss­frist wird all­ge­mein und ge­ne­rell für sämt­li­che Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis ge­re­gelt. Maßgeb­lich für den Be­ginn ist die Fällig­keit des An­spruchs, un­abhängig da­von, wann sie ein­tritt. Das ist ein in­halt­lich ei­genständi­ger Re­ge­lungs­sach­ver­halt.

bb) Da­von zu tren­nen ist die vom Ar­beits­ge­richt zu Recht als „Son­der­fall" be­zeich­ne­te wei­te­re Al­ter­na­ti­ve in § 8 Satz 1 Alt. 2 Ar­beits­ver­trag, dass bei der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ei­ne drei­mo­na­ti­ge Frist grei­fen soll, die zu­dem

 

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al­lein an die Be­en­di­gung knüpft. Nur für den Fall ei­ner Be­en­di­gung wird ei­ne Son­der­frist ge­genüber der ge­ne­rel­len Frist ein­geführt. Son­der­fall ist ent­ge­gen der An­sicht des Klägers nicht die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses, son­dern die dafür ge­re­gel­te Frist.

Dass bei bei­den Re­ge­lun­gen Ge­gen­stand ei­ne ein­stu­fi­ge Aus­schluss­frist ist, steht ei­ner Teil­bar­keit nicht ent­ge­gen. Ein glei­cher Sach­ver­halts­kom­plex führt noch nicht zur Un­teil­bar­keit. Die­se ist erst dann ge­ge­ben, wenn un­ter­schied­li­che Sach­ver­hal­te ein­heit­lich ge­re­gelt wer­den, wie auch die bis­lang vom Bun­des­ar­beits­ge­richt ent­schie­de­nen Fälle zei­gen:

- kei­ne Teil­bar­keit:
- ein­heit­li­che Ver­trags­stra­fen­re­ge­lung für die ver­trags­wid­ri­ge vor­zei­ti­ge Ver­trags­be­en­di­gung bei un­ter­schied­li­chen Kündi­gungs­fris­ten (BAG, 23. Ok­to­ber 2010, 8 AZR 897/08, NZA 2011, 89 < 90>),
- je­der­zeit mögli­cher Ent­zug der Pri­vat­nut­zung ei­nes Dienst­wa­gens oh­ne Grund (BAG, 19. De­zem­ber 2006, 9 AZR 294/06, NZA 2007, 809 <811>; ähn­lich BAG, 13. April 2010, 9 AZR 113/09, NZA-RR 2010, 457),
- Rück­zah­lung von Aus­bil­dungs­kos­ten für je­den Fall der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses (BAG, 23. Ja­nu­ar 2007, 9 AZR 482/06, NZA 2007, 748 <750>),

- Teil­bar­keit:
- zwei­stu­fi­ge Aus­schluss­fris­ten (BAG, 12. März 2008, 10 AZR 152/07, NZA 2008, 699 <701>),
- Ziel­ver­ein­ba­rung über Bo­nus­zah­lung bei „un­gekündig­ten Be­stand" statt nur „Be­stand" des Ar­beits­verhält­nis­ses zum Ab­lauf des Geschäfts­jahrs:
(BAG, 6. Mai 2009, 10 AZR 443/08, NZA 2009, 783 <784>),
- wi­der­ruf­li­che und auf Ta­rif­loh­nerhöhun­gen an­re­chen­ba­re Zu­la­ge (BAG, 1. März 2006, 5 AZR 363/05, NZA 2006, 745 <748>).

Während in den erst­ge­nann­ten Fällen sprach­lich ein­heit­lich ge­fass­te Ver­trags­be­din­gun­gen un­ter­schied­li­che Sach­ver­halts­ge­stal­tun­gen ei­ner ein­heit­li­chen (und in der Re­gel des­we­gen un­an­ge­mes­se­nen) Re­ge­lung un­ter­wer­fen, sind in den zu­letzt ge­nann­ten Fällen un­ter­schied­li­che Re­ge­lun­gen gleich­ar­ti­ger Sach­ver­hal­te vor­han­den, wo­bei sich die sprach­li­che Teil­bar­keit zum Teil auf ein Wort be­schränkt (vgl. BAG, 6. Mai 2009, 10 AZR 443/08, NZA 2009, 783 <784>). In die­se Ka­te­go­rie fällt auch die vor­lie­gen­de Aus­schluss­klau­sel. Da­bei ist ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klägers ein gleich­ar­ti­ger Sach­ver­halts­kom­plex nicht mit ei­nem ein­heit­li­chen Le­bens­sach­ver­halt gleich­zu­set­zen. Die Aus­schluss­klau­sel er­fasst die

 

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„Gel­tend­ma­chung" un­ter zwei ver­schie­de­nen zeit­li­chen As­pek­ten (be­ste­hen­des und be­en­de­tes Ar­beits­verhält­nis). Die „Gel­tend­ma­chung" kann schon kei­nen ein­heit­li­chen Le­bens­sach­ver­halt schaf­fen, wenn die­ser durch ih­re Zeit­punk­te be­reits un­ter­schied­lich ist.

cc) Die Er­stre­ckung von § 8 Satz 1 Alt. 1 Ar­beits­ver­trag auf Ansprüche, die erst nach Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses fällig wer­den, führt zu kei­nem an­de­ren Er­geb­nis. Der An­wen­dungs­be­reich wird zwar ent­ge­gen der durch den Be­klag­ten mit sei­ner Vor­for­mu­lie­rung be­ab­sich­tig­ten Be­stim­mung aus­ge­dehnt. Dies ist aber gemäß § 306 Abs. 1 BGB zulässig. Da­nach bleibt der Ver­trag im Übri­gen wirk­sam, wenn All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen teil­wei­se un­wirk­sam sind. Dies gilt auch in ei­nem Fall wie dem vor­lie­gen­den, in dem ei­ne teil­ba­re Klau­sel hin­sicht­lich ih­res wirk­sa­men Teils sich nun­mehr auf den Re­ge­lungs­be­reich des un­wirk­sa­men Teils er­streckt.

6. Die Un­wirk­sam­keit der Aus­schluss­frist des § 8 Satz 1 Alt. 1 Ar­beits­ver­trag er­gibt sich aus § 202 Abs. 1 BGB in Ver­bin­dung mit § 134, § 306 BGB.

a) Gemäß § 202 Abs. 1 BGB kann die Verjährung bei Haf­tung we­gen Vor­sat­zes nicht im Vor­aus durch Rechts­geschäft er­leich­tert wer­den. Die Vor­schrift ergänzt den all­ge­mei­nen Grund­satz des § 276 Abs. 3 BGB, wo­nach die Haf­tung we­gen Vor­sat­zes dem Schuld­ner nicht im Vor­aus er­las­sen wer­den kann. § 276 Abs. 3 BGB ent­fal­tet erst durch § 202 Abs. 1 BGB vol­le Wirk­sam­keit. Das Ge­setz be­zweckt ei­nen um­fas­sen­den Schutz ge­gen im Vor­aus ver­ein­bar­te Ein­schränkun­gen von Haf­tungs­ansprüchen aus vorsätz­li­chen Schädi­gun­gen. Des­halb ver­bie­tet § 202 Abs. 1 BGB nicht nur Ver­ein­ba­run­gen über die Verjährung, son­dern auch über Aus­schluss­fris­ten (vgl. BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111 <1112>; 28. Sep­tem­ber 2005, 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149 <151>; im Grund­satz zu­stim­mend, je­doch ein­schränkend im Hin­blick auf § 278 Satz 2 BGB: BAG, 16. Mai 2007, 8 AZR 709/06, NZA 2007, 1154 <1157>; 30. Ok­to­ber 2008, 8 AZR 886/07, NJOZ 2009, 2946 <2948> = EzA TVG § 4 Aus­schluss­fris­ten Nr. 192).

b) Nach Auf­fas­sung des Bun­des­ar­beits­ge­richts schei­det ei­ne Nich­tig­keit von Aus­schluss­fris­ten gemäß § 134, § 202 Abs. 1 BGB trotz­dem aus (vgl. BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111 <1112>; 28. Sep­tem­ber 2005, 5 AZR 52/05,

 

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NZA 2006, 149 <151>). Zunächst lie­ge es na­he, dass die Par­tei­en Ansprüche aus vorsätz­li­chen Ver­trags­verstößen und vorsätz­li­chen un­er­laub­ten Hand­lun­gen nicht ein­be­zo­gen ha­ben. Soll­te ei­ne Aus­schluss­klau­sel auch die­se Ansprüche er­fas­sen, wäre sie in­so­weit teil­nich­tig. In die­sem Fal­le be­wir­ke die Aus­schluss­klau­sel ei­ne ge­setz­wid­ri­ge Er­leich­te­rung der Verjährung al­lein für die in § 202 Abs. 1 BGB ge­nann­ten Ansprüche. Nur auf die­se recht­lich klar ab­ge­grenz­ten be­son­de­ren Fälle be­zie­he sich das ge­setz­li­che Ver­bot. Ei­ne Nich­tig­keit kom­me des­halb nur in­so­weit in Be­tracht. Die Aus­schluss­klau­sel sei hin­sicht­lich der Art der er­fass­ten Ansprüche oh­ne wei­te­res teil­bar. So­weit § 139 BGB ein­grei­fe, sei an­zu­neh­men, die Par­tei­en hätten die Aus­schluss­frist auch oh­ne den nich­ti­gen Teil ver­ein­bart. Zur An­wen­dung kom­me § 202 Abs. 1 BGB, der Ver­trag blei­be im Übri­gen wirk­sam. An­ge­sichts der in § 202 Abs. 1 BGB ein­deu­tig ge­zo­ge­nen Gren­ze der Un­wirk­sam­keit stel­le das kei­ne un­zulässi­ge gel­tungs­er­hal­ten­de Re­duk­ti­on dar.

c) Dem kann we­der all­ge­mein noch im vor­lie­gen­den Fall ge­folgt wer­den. Das gilt so­wohl für die Be­stim­mung der Reich­wei­te von Aus­schluss­fris­ten als auch die An­nah­me ei­ner Teil­nich­tig­keit. Letz­te­res verstößt ge­gen § 306 BGB.

aa) Es ist we­der ge­ne­rell noch im vor­lie­gen­den Fall über­zeu­gend, dass Haf­tungs­ansprüche aus vorsätz­li­chen Hand­lun­gen nicht von ei­ner Aus­schluss­frist wie in § 8 Ar­beits­ver­trag er­fasst wer­den. Das gilt un­abhängig da­von, ob es sich um ei­ne All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung oder ei­ne der AGB-Kon­trol­le un­ter­lie­gen­de Ein­mal­be­din­gung han­delt.

(1) Bei An­wen­dung des für All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen maßgeb­li­chen Grund­sat­zes der ob­jek­ti­ven Aus­le­gung wer­den Ansprüche aus der Haf­tung we­gen Vor­sat­zes von ei­ner um­fas­send for­mu­lier­ten Aus­schluss­frist er­fasst.

(a) All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen sind nach ih­rem ob­jek­ti­ven In­halt und ty­pi­schen Sinn ein­heit­lich so aus­zu­le­gen, wie sie von verständi­gen und red­li­chen Ver­trags­part­nern un­ter Abwägung der In­ter­es­sen der nor­ma­ler­wei­se be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­se ver­stan­den wer­den, wo­bei nicht die Verständ­nismöglich­kei­ten des kon­kre­ten, son­dern die des durch­schnitt­li­chen Ver­trags­part­ners des Ver­wen­ders zu­grun­de zu le­gen sind (vgl. BAG, 31. Au­gust 2005, 5 AZR 545/04, NZA 2006, 324

 

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<327>; 24. Ok­to­ber 2007, 10 AZR 825/06, NZA 2008, 40 <41>; 18. März 2008, 9 AZR 186/07, NZA 2008, 1004 <1006>; 4. Ju­ni 2008, 4 AZR 308/07, AP TVG § 1 Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 64). Maßge­bend sind die Verständ­nismöglich­kei­ten des ty­pi­scher­wei­se bei Verträgen der ge­re­gel­ten Art zu er­war­ten­den nicht rechts­kun­di­gen Ver­trags­part­ners. Der Ver­wen­der ist ver­pflich­tet, die Rech­te und Pflich­ten des Ver­trags­part­ners möglichst klar und durch­schau­bar dar­zu­stel­len; sie müssen so ge­stal­tet sein, dass der nicht rechts­kun­di­ge Durch­schnitts­ar­beit­neh­mer die be­nach­tei­li­gen­de Wir­kung oh­ne Ein­ho­lung von Rechts­rat er­ken­nen kann (vgl. BAG, 19. März 2008, 5 AZR 429/07, NZA 2008, 757 <759>).

An­satz­punkt für die nicht am Wil­len der kon­kre­ten Ver­trags­part­ner zu ori­en­tie­ren­de Aus­le­gung All­ge­mei­ner Geschäfts­be­din­gun­gen ist in ers­ter Li­nie der Ver­trags­wort­laut. Ist der Wort­laut ei­nes For­mu­lar­ver­trags nicht ein­deu­tig, kommt es für die Aus­le­gung ent­schei­dend dar­auf an, wie der Ver­trags­text aus der Sicht der ty­pi­scher­wei­se an Geschäften die­ser Art be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­se zu ver­ste­hen ist, wo­bei der Ver­trags­wil­le verständi­ger und red­li­cher Ver­trags­part­ner be­ach­tet wer­den muss. So­weit auch der mit dem Ver­trag ver­folg­te Zweck ein­zu­be­zie­hen ist, kann das nur in Be­zug auf ty­pi­sche und von red­li­chen Geschäfts­part­nern ver­folg­te Zie­le gel­ten (vgl. BAG, 31. Au­gust 2005, 5 AZR 545/04, NZA 2006, 324 <327>; 24. Ok­to­ber 2007, 10 AZR 825/06, NZA 2008, 40 <41>; 18. März 2008, 9 AZR 186/07, NZA 2008, 1004 <1006>).

Es kann nicht auf ei­ne er­kenn­ba­re In­ter­es­sen­la­ge des je­weils an­de­ren Ver­trags­part­ners bei der Aus­le­gung ab­ge­stellt wer­den (so aber BAG, 19. März 2008, 5 AZR 429/07, NZA 2008,757 <759>; 9. Ju­ni 2010, 5 AZR 332/09, NZA 2010, 877 <880>; 27. Ju­li 2010, 3 AZR 777/08, NZA 2010, 1237 <1239>; 19. Ja­nu­ar 2011, 10 AZR 738/09, NZA 2011, 631 <632>). Hier­bei han­delt es sich um den Ver­trags­schluss be­glei­ten­de Umstände, die le­dig­lich bei der Fra­ge, ob ei­ne un­an­ge­mes­se­nen Be­nach­tei­li­gung im Sin­ne des § 307 Abs. 1 und 2 BGB vor­liegt, im Rah­men der AGB-Kon­trol­le ei­nes Ver­brau­cher­ver­trags zu berück­sich­ti­gen sind (§ 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB) (vgl. BAG, 7. De­zem­ber 2005, 5 AZR 535/04, NZA 2006, 423 <425>; 18. Mai 2010, 3 AZR 373/08, NZA 2010, 935 <937>). Für die Aus­le­gung All­ge­mei­ner Geschäfts­be­din­gun­gen sind da­ge­gen die In­ter­es­sen der nor­ma­ler­wei­se be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­se maßge­bend.

 

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Für ei­ne ob­jek­ti­ve Aus­le­gung ist bei All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen nur dann kein Raum, wenn die Ver­trags­par­tei­en ei­ne Klau­sel übe­rein­stim­mend in ei­nem be­stimm­ten Sin­ne ver­stan­den ha­ben. In ei­nem sol­chen Fall geht die­ser übe­rein­stim­men­de Wil­le nicht nur der Aus­le­gung ei­ner In­di­vi­du­al­ver­ein­ba­rung, son­dern auch von All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen vor (vgl. BAG, 15. Sep­tem­ber 2009, 3 AZR 173/08, NZA 2010, 342 <344>; BGH, 16. Ju­ni 2009, XI ZR 145/08, NJW 2009, 3422 <3423>).

(b) Laut § 8 Satz 1 Ar­beits­ver­trag wer­den die „bei­der­sei­ti­gen Ansprüche aus die­sem Ver­trag" er­fasst. Das schließt nach dem Wort­laut Ansprüche aus un­er­laub­ter Hand­lung auf den ers­ten Blick schein­bar nicht mit ein, denn hier­bei han­delt es sich nicht um ver­trag­li­che Ansprüche, die mit den Wor­ten „aus dem Ver­trag" ge­meint sein könn­ten. Er­fasst wird aber in je­dem Fall die Haf­tung aus vorsätz­li­chen Ver­trags­verstößen. Sinn und Zweck ei­ner Aus­schluss­frist, in­ner­halb ei­nes kur­zen Zeit­raums Rechts­si­cher­heit und Rechts­frie­den zwi­schen den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en her­zu­stel­len, stim­men da­mit übe­rein und spre­chen für ei­ne sol­che Aus­le­gung. Es han­delt sich um ein un­ter red­li­chen Ar­beits­ver­trags­par­tei­en ty­pi­scher­wei­se ver­folg­tes Ziel.

(c) Strit­tig kann dann nur sein, ob Ansprüche, die so­wohl auf ei­ner vorsätz­li­chen Ver­trags­ver­let­zung als auch auf ei­ner vorsätz­li­chen un­er­laub­ten (straf­ba­ren) Hand­lung be­ru­hen, von der Aus­schluss­klau­sel des § 8 Ar­beits­ver­trag mit er­fasst sind.

(aa) Für ta­rif­ver­trag­li­che Aus­schluss­fris­ten ist an­er­kannt, dass ei­ne Ver­fall­klau­sel, wo­nach Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis bei­der­seits bin­nen ei­ner be­stimm­ten Frist nach Fällig­keit schrift­lich gel­tend zu ma­chen sind, nicht nur ta­rif­li­che, son­dern auch ver­trag­li­che und ge­setz­li­che Ansprüche der Ar­beits­ver­trags­par­tei­en er­fasst. Selbst un­ab­ding­ba­re ge­setz­li­che Ansprüche un­ter­fal­len ei­ner ta­rif­li­chen Aus­schluss­frist, weil die­se nicht den In­halt, son­dern des­sen Gel­tend­ma­chung und de­ren zeit­li­che Be­gren­zung be­tref­fen (vgl. BAG, 16. Ja­nu­ar 2002, 5 AZR 430/00, AP Ent­geltFG § 3 Nr. 13; 21. Ja­nu­ar 2010, 6 AZR 556/07, AP BGB § 611 Ar­beit­ge­ber­dar­le­hen Nr. 3).

 

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Ansprüche aus (vorsätz­li­cher) un­er­laub­ter Hand­lung sind ge­setz­li­che Ansprüche. We­gen des ein­heit­li­chen Le­bens­vor­gangs rech­nen Scha­dens­er­satz­ansprüche we­gen un­er­laub­ter Hand­lun­gen auch dann zu den von ei­ner ta­rif­li­chen Aus­schluss­frist er­fass­ten Ansprüchen, wenn der Ta­rif­ver­trag die Aus­schluss­frist oh­ne wei­te­ren Zu­satz für „Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis" re­gelt. Dies gilt un­abhängig da­von, ob es sich um Ansprüche aus Vor­satz­haf­tung oder um Ansprüche we­gen fahrlässi­ger Pflicht­ver­let­zung han­delt. Die For­mu­lie­rung „al­le Ansprüche" un­ter­schei­det ge­ra­de nicht da­nach, ob die­se auf vorsätz­li­cher oder nur fahrlässi­ger Tat­be­ge­hung be­ru­hen. Durch die Wort­wahl „al­le Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis" brin­gen die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en zum Aus­druck, dass sämt­li­che Ansprüche, die ih­ren Grund in der ar­beits­ver­trag­li­chen Be­zie­hung der Par­tei­en ha­ben, er­fasst sein sol­len, un­abhängig da­von, ob als wei­te­re An­spruchs­grund­la­ge auch das Recht der un­er­laub­ten Hand­lung nach den §§ 823 ff. BGB in Be­tracht kommt (vgl. BAG, 16. Mai 2007, 8 AZR 709/06, NZA 2007, 1154 <1157>; 30. Ok­to­ber 2008, 8 AZR 886/07, NJOZ 2009, 2946 <2949> = EzA TVG § 4 Aus­schluss­fris­ten Nr. 192).

(bb) Die­se Recht­spre­chung prägt aber bei den ty­pi­scher­wei­se an Ar­beits­verträgen be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­sen das Verständ­nis von in­di­vi­du­al­recht­lich ver­ein­bar­ten Aus­schluss­fris­ten. We­der ein Ar­beit­ge­ber noch ein Ar­beit­neh­mer wird nach An­spruchs­grund­la­gen dif­fe­ren­zie­ren, wenn er ei­ne Klau­sel liest, die ei­ne Aus­schluss­frist für al­le Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis sta­tu­iert, und die­se dann mit dem Ver­trags­part­ner ab­sch­ließt. Viel­mehr wer­den sie sämt­li­che Haf­tungs­ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis un­abhängig von der kon­kre­ten An­spruchs­grund­la­ge und un­abhängig vom Ver­schul­dens­grad da­von er­fasst se­hen. Das schließt es aus, dass For­mu­lie­run­gen wie „al­le Ansprüche, die sich aus dem An­ge­stell­ten­verhält­nis er­ge­ben" (vgl. BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111 <1112>) oder „al­le Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis" (vgl. BAG, 28. Sep­tem­ber 2005, 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149) die Ansprüche aus der Haf­tung we­gen Vor­sat­zes nicht ein­be­zie­hen.

Gründe, die es statt­des­sen na­he­le­gen sol­len, dass die Ver­trags­par­tei­en Ansprüche aus vorsätz­li­cher Haf­tung ent­ge­gen die­sem all­ge­mei­nen Verständ­nis nicht

 

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ein­be­zo­gen ha­ben, be­ste­hen nicht. Es kann un­ter­stellt wer­den, dass ty­pi­scher­wei­se we­der der Ar­beit­ge­ber bei der Vor­for­mu­lie­rung der Aus­schluss­frist noch bei­de Ar­beits­ver­trags­par­tei­en in den Ver­hand­lun­gen und bei Ver­trags­schluss kon­kret an ein­zel­ne Ansprüche den­ken, ins­be­son­de­re nicht an sol­che aus ei­ner vorsätz­li­chen Schädi­gung der ei­nen Par­tei durch die an­de­re. Bei ei­ner ty­pi­sie­ren­den Be­trach­tung liegt dies je­doch nicht dar­an, dass es sich um fern­lie­gen­de Ansprüche han­delt. Viel­mehr müssen sich die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en, die ei­ne um­fas­send for­mu­lier­te Aus­schluss­klau­sel ver­ein­ba­ren, an­ge­sichts ih­res Wort­lauts dar­um kei­ne Ge­dan­ken ma­chen. Sie sind oh­ne­hin da­von um­fasst. Es ist ge­ra­de Sinn und Zweck, um­fas­send für al­le Ansprüche kur­ze Fris­ten zu ver­ein­ba­ren, um in­ner­halb ei­nes über­schau­ba­ren Zeit­raums Rechts­si­cher­heit und Rechts­frie­den zu schaf­fen. Wer als Ar­beit­ge­ber ei­ne für „al­le Ansprüche" gel­ten­de Aus­schluss­klau­sel vor­for­mu­liert, meint dies auch so. Wer als Ar­beit­neh­mer ei­ne sol­che Klau­sel ak­zep­tiert, stimmt ihr in die­sem - für ei­nen verständi­gen und red­li­chen Ar­beit­neh­mer er­kenn­ba­ren - Um­fang zu.

(cc) Das gilt auch im vor­lie­gen­den Fall, wo­nach die Aus­schluss­frist für die „bei­der­sei­ti­gen Ansprüche aus die­sem Ver­trag" gel­ten soll. Schon aus dem Wort­laut er­gibt sich, dass Ansprüche aus ei­ner vorsätz­li­chen Ver­trags­pflicht­ver­let­zung von der Aus­schluss­klau­sel in je­dem Fall er­fasst wer­den. Die Wor­te „Ansprüche aus die­sem Ver­trag" sind aber nicht zwin­gend aus­sch­ließlich als ver­trag­li­che Ansprüche zu ver­ste­hen. „Aus die­sem Ver­trag" kenn­zeich­net ty­pi­scher­wei­se den Le­bens­sach­ver­halt „Ar­beits­verhält­nis". Das um­fasst al­le im Zu­sam­men­hang mit dem Ar­beits­verhält­nis ste­hen­den Ansprüche, d. h. so­wohl die, wel­che auf ver­trag­li­cher Haf­tung, als auch die, wel­che auf un­er­laub­ter Hand­lung be­ru­hen. Ansprüche der Ar­beits­ver­trags­par­tei­en aus der Haf­tung we­gen Vor­sat­zes wer­den dem­nach von § 8 Ar­beits­ver­trag in vol­lem Um­fang er­fasst. Aus dem Vor­trag des Be­klag­ten er­gibt sich schließlich nicht, dass die Par­tei­en übe­rein­stim­mend die­se Klau­sel so ver­stan­den ha­ben, dass von ihr Ansprüche auf­grund der Haf­tung we­gen Vor­sat­zes nicht er­fasst wer­den.

(2) Für ei­ne nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB der AGB-Kon­trol­le un­ter­lie­gen­de Ein­mal­be­din­gung in ei­nem Ver­brau­cher­ver­trag gilt nicht die ob­jek­ti­ve Aus­le­gung All­ge­mei­ner Geschäfts­be­din­gun­gen. Ein­mal­be­din­gun­gen sind wie In­di­vi­dua­la­b­re­den ent­spre­chend dem Empfänger­ho­ri­zont der kon­kret be­tei­lig­ten Ver­trags­par­tei­en

 

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aus­zu­le­gen (vgl. BAG, 18. Mai 2010, 3 AZR 373/08, NZA 2010, 935 <937>; HK-ArbR/Bo­em­ke/Ul­ri­ci, a.a.O., § 305c BGB Rn. 15, § 310 BGB Rn. 15, vgl. auch BAG, 17. No­vem­ber 2009, 9 AZR 765/08, NZA-RR 2010, 293 <296>). Die Aus­le­gung nach § 133, § 157 BGB führt je­doch zu kei­nem an­de­ren Er­geb­nis.

(a) Nach § 133, § 157 BGB sind Wil­lens­erklärun­gen und Verträge so aus­zu­le­gen, wie sie die Par­tei­en nach Treu und Glau­ben un­ter Berück­sich­ti­gung der Ver­kehrs­sit­te ver­ste­hen müssen. Da­bei ist vom Wort­laut aus­zu­ge­hen, zur Er­mitt­lung des wirk­li­chen Wil­lens der Par­tei­en sind je­doch auch die außer­halb der Ver­ein­ba­rung lie­gen­den Umstände ein­zu­be­zie­hen, so­weit sie ei­nen Schluss auf den Sinn­ge­halt der Erklärung zu­las­sen. Vor al­lem sind die be­ste­hen­de In­ter­es­sen­la­ge und der mit dem Rechts­geschäft ver­folg­te Zweck zu berück­sich­ti­gen. Im Zwei­fel ist der Aus­le­gung der Vor­zug zu ge­ben, die zu ei­nem vernünf­ti­gen, wi­der­spruchs­frei­en und den In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­part­ner ge­recht wer­den­den Er­geb­nis führt. Ha­ben al­le Be­tei­lig­ten ei­ne Erklärung übe­rein­stim­mend in dem­sel­ben Sin­ne ver­stan­den, so geht der wirk­li­che Wil­le dem Wort­laut des Ver­trags und je­der an­der­wei­ti­gen In­ter­pre­ta­ti­on vor und setzt sich auch ge­genüber ei­nem völlig ein­deu­ti­gen Ver­trags­wort­laut durch (vgl. BAG, 2. Ju­li 2009, 3 AZR 501/07, NZA-RR 2010, 205 <206 f.>; 18. Mai 2010, 3 AZR 373/08, NZA 2010, 935 <937>).

Ab­zu­stel­len ist auf den Empfänger­ho­ri­zont, d. h. dar­auf, was bei ob­jek­ti­ver Be­trach­tung der Empfänger den Erklärun­gen ent­neh­men durf­te (vgl. BAG, 12. Sep­tem­ber 2006, 9 AZR 686/05, NZA 2007, 253 <254>). Maßge­bend ist das Verständ­nis ei­nes red­li­chen Erklärungs­empfängers, die­ser muss un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler ihm er­kenn­ba­ren Umstände mit gehöri­ger Auf­merk­sam­keit prüfen, was der Erklären­de ge­meint hat (vgl. BAG, 15. De­zem­ber 2005, 2 AZR 148/05, NZA 2006, 791 <793>; 7. No­vem­ber 2007, 5 AZR 880/06, NZA 2008, 355 <356>). Bei der Aus­le­gung sind al­le tatsächli­chen Be­gleit­umstände der Erklärung zu berück­sich­ti­gen, die für die Fra­ge von Be­deu­tung sein können, wel­chen Wil­len der Erklären­de bei sei­ner Erklärung ge­habt hat und wie die Erklärung von ih­rem Empfänger zu ver­ste­hen war (vgl. BAG, 28. Ju­ni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1158>).

 

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(b) § 8 Satz 1 Ar­beits­ver­trag er­fasst „die bei­der­sei­ti­gen Ansprüche aus die­sem Ver­trag". Der Wort­laut schließt nicht aus, dass da­mit nur ver­trag­li­che Ansprüche ge­meint sind. Das er­fasst aber in je­dem Fall Ansprüche, wel­che auf der Haf­tung für vorsätz­li­che Ver­trags­pflicht­ver­let­zun­gen be­ru­hen. Ver­hand­lun­gen über In­halt und Verständ­nis der Aus­schluss­klau­sel sind vom Kläger oh­ne­hin be­strit­ten, aber auch von dem Be­klag­ten nicht vor­ge­tra­gen wor­den. Un­ter Berück­sich­ti­gung des Um­stands, dass die Klau­sel vom Be­klag­ten ge­stellt wur­de und der Kläger hier­auf kei­ne Ein­flussmöglich­keit hat­te, liegt es na­he, dass der Be­klag­te ei­ne um­fas­sen­de Er­fas­sung al­ler Ansprüche be­ab­sich­tig­te. Dies schließt mit ein, dass un­abhängig von der An­spruchs­grund­la­ge al­le mit dem Ar­beits­ver­trag zu­sam­menhängen­den Ansprüche er­fasst wer­den soll­ten. Dann konn­te der Kläger red­li­cher­wei­se da­von aus­ge­hen, dass das Wort „Ver­trag" das Ar­beits­verhält­nis ins­ge­samt meint und al­le da­mit im Zu­sam­men­hang ste­hen­den Ansprüche im Rah­men der in § 8 Ar­beits­ver­trag ge­nann­ten Fris­ten zur Ver­mei­dung des Ver­falls von ihm schrift­lich gel­tend ge­macht wer­den muss­ten. Da­zu zählen dann al­le Ansprüche, die auf der Haf­tung we­gen Vor­sat­zes be­ru­hen, un­abhängig da­von, ob es ver­trag­li­che oder ge­setz­li­che Ansprüche auf­grund un­er­laub­ter Hand­lung sind.

Ein sol­ches Verständ­nis ent­spricht dem Zweck der Klau­sel, im lau­fen­den wie beim be­en­de­ten Ar­beits­verhält­nis rasch für Rechts­si­cher­heit und Rechts­frie­den zu sor­gen. Dem wird ei­ne um­fas­sen­de Gel­tung am bes­ten ge­recht. Zwar geht die In­ter­es­sen­la­ge in­so­weit aus­ein­an­der, weil aus Sicht des Klägers als Ar­beit­neh­mer ein en­ge­rer An­wen­dungs­be­reich wünschens­wert wäre. Weil er je­doch nach sei­nem Vor­trag den Ver­trag oh­ne wei­te­res nach Vor­la­ge un­ter­zeich­net hat und aus den Dar­le­gun­gen des Be­klag­ten ei­ne in­halt­li­che Erörte­rung, ins­be­son­de­re ei­ne In­fra­ge­stel­lung des An­wen­dungs­be­reichs der Klau­sel sich nicht er­gibt, konn­te die Un­ter­schrift des Klägers vom Be­klag­ten red­li­cher­wei­se als Ein­verständ­nis mit ei­ner um­fas­send für al­le Ansprüche gel­ten­den Aus­schluss­frist ver­stan­den wer­den. Letzt­lich kommt die­se auch ei­nem Ar­beit­neh­mer zu­gu­te, so­weit er Ansprüchen des Ar­beit­ge­bers aus­ge­setzt sein soll­te. Ei­ne um­fas­sen­de Aus­schluss­klau­sel ist dann die von bei­den Par­tei­en ge­woll­te vernünf­ti­ge, wi­der­spruchs­freie und in­ter­es­sen­ge­rech­te Lösung.

 

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Es kommt in die­sem Zu­sam­men­hang nicht dar­auf an, ob ei­ne oder bei­de Par­tei­en an Ansprüche aus der Haf­tung we­gen Vor­sat­zes kon­kret ge­dacht ha­ben. Dass dies der Fall war, dafür be­ste­hen kei­ne An­halts­punk­te. An­ge­sichts des Wort­lauts und des von dem Be­klag­ten für den Kläger er­kenn­bar da­mit ver­folg­ten Zwecks war aber ei­ne Dif­fe­ren­zie­rung nach An­spruchs­grund­la­gen nicht er­for­der­lich, wenn al­le Ansprüche ge­meint wa­ren. In­so­weit ist zu be­ach­ten, dass es sich um ei­ne vom Be­klag­ten vor­for­mu­lier­te Klau­sel han­delt, auf die der Kläger kei­nen Ein­fluss neh­men konn­te. Dann kann ihr auch un­ter Berück­sich­ti­gung des In­ter­es­ses des Be­klag­ten an ei­ner rechts­wirk­sa­men Klau­sel kei­ne be­grenz­te­re Reich­wei­te zu­kom­men, als die­se für den Kläger er­kenn­bar war. Dass ei­ne Ver­trags­be­din­gung we­ni­ger weit reicht, als sie nach ih­rem Wort­laut na­he­legt, ist oh­ne wei­te­re An­halts­punk­te kei­ne vom Erklärungs­empfänger in Be­tracht zu zie­hen­de Möglich­keit.

(3) Selbst wenn man un­ter­stellt, ei­ne Aus­le­gung könne da­zu führen, dass Ansprüche aus der Haf­tung we­gen Vor­sat­zes nicht von § 8 Ar­beits­ver­trag er­fasst wer­den, führt die Un­klar­hei­ten­re­gel des § 305c Abs. 2 BGB da­zu, dass zu­las­ten des Be­klag­ten als Ver­wen­der von ei­ner Ein­be­zie­hung die­ser Ansprüche aus­zu­ge­hen und die Klau­sel mit die­sem In­halt ei­ner AGB-Kon­trol­le un­ter­wor­fen ist.

Die An­wen­dung der Un­klar­hei­ten­re­gel des § 305c Abs. 2 BGB setzt vor­aus, dass die Aus­le­gung ei­ner ein­zel­nen AGB-Be­stim­mung min­des­tens zwei Er­geb­nis­se als ver­tret­bar er­schei­nen lässt und von die­sen kei­ne den kla­ren Vor­zug ver­dient. Es müssen „er­heb­li­che Zwei­fel" an der rich­ti­gen Aus­le­gung be­ste­hen. Die ent­fern­te Möglich­keit, zu ei­nem an­de­ren Er­geb­nis zu kom­men, genügt für die An­wen­dung der Be­stim­mung nicht (vgl. BAG, 9. No­vem­ber 2005, 5 AZR 128/05, NZA 2006, 202 <204>; 30. Ju­li 2008, 10 AZR 606/07, NZA 2008, 1173 <1179>).

Die hier für rich­tig ge­hal­te­ne Aus­le­gung ist recht­lich ver­tret­bar. Sie ist kei­ne nur ent­fern­te Möglich­keit ei­ner an­de­ren Aus­le­gung. Das gilt ins­be­son­de­re, so­weit es um die Haf­tung für vorsätz­li­che Ver­trags­verstöße geht. Die­se Ansprüche wer­den in je­dem Fall von § 8 Ar­beits­ver­trag er­fasst. Ei­nen kla­ren Vor­zug fin­det kei­ne der Aus­le­gungsmöglich­kei­ten. Sie be­steht ins­be­son­de­re nicht al­lein des­halb, weil das Bun­des­ar­beits­ge­richt in den hier zu­grun­de lie­gen­den Ent­schei­dun­gen aus dem Jahr 2005 oh­ne nähe­re Be­gründung meint, dass Par­tei­en ei­nes Ar­beits­ver­tra­ges

 

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Ansprüche aus ei­ner Haf­tung we­gen Vor­sat­zes nicht ein­be­zie­hen wol­len. Da­mit ver­blei­ben er­heb­li­che nicht be­heb­ba­re Zwei­fel an der rich­ti­gen Aus­le­gung des § 8 Ar­beits­ver­trag.

bb) Aus­schluss­fris­ten wie die des vor­lie­gen­den Fal­les ste­hen in Wi­der­spruch zu § 202 Abs. 1 BGB, weil die Haf­tung für Vor­satz ge­genüber den ge­setz­li­chen Verjährungs­vor­schrif­ten er­heb­lich verkürzt wird. Die re­gelmäßige Verjährungs­frist des § 195 BGB beträgt drei Jah­re, Scha­dens­er­satz­ansprüche verjähren gemäß § 199 Abs. 2 und 3 BGB erst nach 10 bis 30 Jah­ren. Kon­se­quenz ist nach § 306 Abs. 2 BGB die Un­wirk­sam­keit der vor­for­mu­lier­ten Aus­schluss­frist ins­ge­samt, ob­wohl für an­de­re Ansprüche ei­ne Abkürzung der Verjährung ver­ein­bart wer­den kann.

(1) Un­zu­tref­fend ist die Kri­tik an der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts, dass § 139 BGB auf ei­ne ver­trag­lich ver­ein­bar­te Aus­schluss­frist kei­ne An­wen­dung fin­den könne, weil die­se Norm die Fra­ge der Wirk­sam­keit des rest­li­chen Ver­trags bei Un­wirk­sam­keit ein­zel­ner Be­stim­mun­gen re­ge­le und nicht das Schick­sal ein­zel­ner nicht teil­ba­rer un­wirk­sa­mer Klau­seln (vgl. Lin­de­mann, BB 2006, 826 <827 f.>) bzw., wie der Kläger es aus­drückt, in die­sem Rechts­streit um die Wirk­sam­keit der Aus­schluss­frist und nicht des ge­sam­ten Ar­beits­ver­trags ge­strit­ten wird. Die in der Aus­schluss­frist lie­gen­de Verkürzung der Verjährung be­ruht auf ei­ner Ver­ein­ba­rung der Par­tei­en, d. h. ei­nem Rechts­geschäft im Sin­ne des § 139 BGB. Selbst wenn § 202 Abs. 1 BGB ei­ner sol­chen Ver­ein­ba­rung ent­ge­gen­steht, gilt dies nur für die Ansprüche aus der Haf­tung we­gen Vor­sat­zes. Die aus dem Ver­s­toß ge­gen ein ge­setz­li­ches Ver­bot in die­sem Teil­be­reich fol­gen­de Nich­tig­keit nach § 134 BGB ent­bin­det nicht von der Prüfung nach § 139 BGB, ob die Par­tei­en in Kennt­nis die­ser Un­wirk­sam­keit ei­ne Abkürzung der Verjährung für al­le übri­gen Ansprüche ver­ein­bart hätten und des­we­gen nur ei­ne Teil­nich­tig­keit vor­liegt (vgl. da­zu all­ge­mein Pa­landt/El­len­ber­ger, BGB, 70. Auf­la­ge, 2011, § 139 BGB Rn. 14 ff. m. w. N.), so dass die Aus­schluss­frist für die nicht von § 202 Abs. 1 BGB er­fass­ten Ansprüche wei­ter­hin gilt.

Nach Sinn und Zweck von § 139 BGB, ein teil­wei­se nich­ti­ges Rechts­geschäft nach Möglich­keit auf­recht­zu­er­hal­ten, wenn dies dem tatsächli­chen oder hy­po­the­ti­schen Par­tei­wil­len ent­spricht, ist in der Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­ho­fes

 

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grundsätz­lich auch ei­ne so­ge­nann­te quan­ti­ta­ti­ve Teil­bar­keit an­er­kannt. Die nich­ti­ge Re­ge­lung wird in ei­nen wirk­sa­men und ei­nen un­wirk­sa­men Teil auf­ge­spal­ten, ob­wohl ein „Hin­aus­strei­chen" der nich­ti­gen Re­ge­lung nicht möglich ist. Sie kommt vor al­lem in Be­tracht, wenn ei­ne Ver­trags­klau­sel we­gen des Über­maßes der in ihr ent­hal­te­nen Rech­te oder Pflich­ten nich­tig ist und an­ge­nom­men wer­den kann, dass die Par­tei­en bei Kennt­nis die­ses Um­stands an ih­rer Stel­le ei­ne auf das zulässi­ge Maß be­schränk­te Re­ge­lung ge­trof­fen hätten (vgl. BGH, 19. Sep­tem­ber 1988, II ZR 329/87, NJW 1989, 834 <835 f.>; 17. Ok­to­ber 2008, V ZR 14/08, NJW 2009, 1135 <1136>).

(2) Die­se Möglich­keit be­steht je­doch nur für Aus­schluss­fris­ten, die zwi­schen den Ver­trags­par­tei­en als In­di­vi­dua­la­b­re­de im Ein­zel­nen aus­ge­han­delt wor­den sind. Bei vor­for­mu­lier­ten Aus­schluss­fris­ten, die All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen im Sin­ne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind bzw. die bei ein­ma­li­ger Ver­wen­dung man­gels Ein­flussmöglich­keit des Ar­beit­neh­mers der AGB-Kon­trol­le in dem durch § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB be­stimm­ten Um­fang un­ter­lie­gen, ist § 139 BGB durch § 306 BGB aus­ge­schlos­sen. Die­ser stellt die ge­genüber § 139 BGB spe­zi­el­le­re Re­ge­lung der Rechts­fol­gen ei­ner Un­wirk­sam­keit von All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen dar (vgl. BAG, 12. März 2008, 10 AZR 152/07, NZA 2008, 699 <701>; 13. April 2010, 9 AZR 36/09, AP BGB § 307 Nr. 45; ErfK/Preis, a.a.O., § 310 BGB Rn. 102; HK-ArbR/Bo­em­ke/Ul­ri­ci, a.a.O., § 306 BGB Rn. 1; Pa­landt/Grüne­berg, BGB, a.a.O., § 306 Rn. 1; MüKo-BGB/Ba­se­dow, 5. Auf­la­ge, 2007, § 306 Rn. 1 f.). Da­zu gehört das aus § 306 Abs. 2 BGB ab­zu­lei­ten­de Ver­bot der gel­tungs­er­hal­ten­den Re­duk­ti­on (so im Grund­satz auch BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111 <1114>; vgl. eben­so BAG, 30.Ju­li 2008, 10 AZR 606/07, NZA 2008, 1173 <1179>; 13. April 2010, 9 AZR 113/09, NZA-RR 2010, 457 <460>; 23. Sep­tem­ber 2010, 8 AZR 897/08, NZA 2011, 89 <92>).

We­gen § 306 BGB kann nicht un­ter Rück­griff auf § 139 BGB und die dort mögli­che quan­ti­ta­ti­ve Teil­bar­keit an­ge­nom­men wer­den, die Par­tei­en hätten die Klau­sel auch oh­ne den nich­ti­gen Teil ver­ein­bart. Dies ist bei ei­ner All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gung ein Ver­s­toß ge­gen das Ver­bot der gel­tungs­er­hal­ten­den Re­duk­ti­on. Der Ver­wen­der trägt das Ri­si­ko ei­ner zu weit­ge­hen­den, von ihm vor­for­mu­lier­ten und ge­stell­ten Klau­sel. Er kann nicht durch die Berück­sich­ti­gung

 

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ei­nes hy­po­the­ti­schen Par­tei­wil­lens und ei­ner nur dar­aus ab­ge­lei­te­ten Teil­bar­keit vor den Fol­gen ih­rer Un­wirk­sam­keit geschützt wer­den. Nur das Ri­si­ko der To­tal­un­wirk­sam­keit bie­tet dem Ver­wen­der All­ge­mei­ner Geschäfts­be­din­gun­gen den An­reiz zur For­mu­lie­rung und Ver­wen­dung an­ge­mes­se­ner Klau­seln (ErfK/Preis, a.a.O., § 310 BGB Rn. 95).

Ist ei­ne All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung sprach­lich und in­halt­lich nicht teil­bar, un­ter­liegt sie so­wohl in­halt­lich (vgl. BAG, 23. Sep­tem­ber 2010, 8 AZR 897/08, NZA 2011, 89 <90>) als auch hin­sicht­lich der Fol­gen der AGB-Kon­trol­le nach §§ 305 ff. BGB. Ei­ne an­de­re Sicht wi­der­spricht Sinn und Zweck des § 306 BGB. Es würde bei ei­ner sprach­lich un­veränder­ten Klau­sel die­ser le­dig­lich ein neu­er Sinn ge­ge­ben, sei es durch ei­ne - je­weils ge­dank­li­che - Ergänzung um ei­ne Aus­nah­me­re­ge­lung oder durch ei­ne Be­schränkung des An­wen­dungs­be­reichs. Der Sa­che nach ist dies ein Fall der un­zulässi­gen gel­tungs­er­hal­ten­den Re­duk­ti­on durch in­halt­li­che Verände­rung ei­ner Ver­trags­be­stim­mung (vgl. BGH, 15. No­vem­ber 2006, VIII ZR 3/06, NJW 2007, 674 <675>; 26. Fe­bru­ar 2009, Xa ZR 141/07, NJW 2009, 1486 <1487>; ErfK/Preis, a.a.O., § 310 BGB Rn. 103; Mat­t­hies­sen, NZA 2007, 361 <366>).

(3) Ei­ne Teil­bar­keit des § 8 Satz 1 Alt. 1 Ar­beits­ver­trag im Sin­ne der AGB-Kon­trol­le liegt bei An­wen­dung der o. g. Grundsätze (vgl. B. VII. 5. a) der Gründe) nicht vor. Die Ver­trags­be­din­gung be­stimmt, dass die bei­der­sei­ti­gen Ansprüche aus dem Ver­trag in­ner­halb von vier Mo­na­ten nach Fällig­keit schrift­lich gel­tend zu ma­chen sind. Schon sprach­lich ist ei­ne Teil­bar­keit in Ansprüche, die nicht auf ei­ner Haf­tung we­gen Vor­sat­zes be­ru­hen, und sol­chen, die dar­aus ent­sprin­gen, nicht möglich. Aber auch in­halt­lich ist ei­ne Teil­bar­keit nicht vor­han­den. Die bei­der­sei­ti­gen Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis wer­den in die­ser Klau­sel - wie ge­zeigt (vgl. B. VII. 6. c) aa) (1) und (2) der Gründe) - um­fas­send er­fasst. Ansprüche aus der Haf­tung we­gen Vor­sat­zes wären nur dann aus­ge­nom­men, wenn man ge­dank­lich die Klau­sel um ei­ne Aus­nah­me­re­ge­lung bezüglich die­ser Ansprüche ergänzt oder ih­ren Gel­tungs­be­reich ein­schränkt, bei­des We­ge ei­ner un­zulässi­gen gel­tungs­er­hal­ten­den Re­duk­ti­on durch in­halt­li­che Verände­rung der Klau­sel.

(4) Gemäß § 306 Abs. 2 BGB rich­tet sich der In­halt des Ver­tra­ges nach den ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten, wenn ei­ne All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung un­wirk­sam ist.

 

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Die Un­wirk­sam­keit er­gibt sich in der Re­gel aus der Kon­trol­le nach §§ 307 ff. BGB. Ei­ne All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung ist im Sin­ne des § 306 BGB aber auch dann un­wirk­sam, wenn die Nich­tig­keit auf § 134 BGB oder ei­ner an­de­ren ge­setz­li­chen Vor­schrift be­ruht (vgl. BGH, 16. Ja­nu­ar 1992, IX ZR 113/91, NJW 1992, 896 <897>; 3. Mai 1995, XII ZR 29/94, NJW 1995, 2028 <2030>).

Der Ver­s­toß ei­ner Aus­schluss­frist ge­gen die als ge­setz­li­ches Ver­bot im Sin­ne des § 134 BGB aus­ge­stal­te­te Un­zulässig­keit von im Vor­aus ver­ein­bar­ten Verjährungs­er­leich­te­run­gen bei Haf­tung we­gen Vor­sat­zes gemäß § 202 Abs. 1 BGB stellt ei­nen Un­wirk­sam­keits­grund im Sin­ne des § 306 BGB dar. Das führt an­stel­le ei­nes Ver­falls von Ansprüchen nach § 8 Ar­beits­ver­trag zur An­wen­dung der ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten über die Verjährung auch im vor­lie­gen­den Fall.

7. Die Un­wirk­sam­keit der Aus­schluss­frist von § 8 Satz 1 Alt. 1 Ar­beits­ver­trag er­gibt sich im Zu­sam­men­hang mit § 202 Abs. 1 BGB - un­abhängig von der Fra­ge ei­ner Un­wirk­sam­keit nach § 309 Nr. 7 BGB - des Wei­te­ren aus ei­ner un­an­ge­mes­se­nen Be­nach­tei­li­gung im Sin­ne der § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Nr. 1 BGB. § 8 Ar­beits­ver­trag weicht von we­sent­li­chen Grund­ge­dan­ken des ge­setz­li­chen Verjährungs­rechts, wie sie in § 202 Abs. 1 BGB zum Aus­druck kommt, in nicht zu ver­ein­ba­ren­der Wei­se ab. Dar­aus er­gibt sich zu­gleich ein Ver­s­toß ge­gen das Trans­pa­renz­ge­bot.

a) Ei­ne Be­stim­mung in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen ist un­wirk­sam, wenn sie den Ver­trags­part­ner ent­ge­gen den Ge­bo­ten von Treu und Glau­ben un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­ligt (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dies ist im Zwei­fel an­zu­neh­men, wenn die Be­stim­mung mit we­sent­li­chen Grund­ge­dan­ken der ge­setz­li­chen Re­ge­lung, von der ab­ge­wi­chen wird, nicht zu ver­ein­ba­ren ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

aa) Ein­zel­ver­trag­li­che Aus­schluss­fris­ten wei­chen, so­weit sie kürze­re als die ge­setz­li­chen Verjährungs­fris­ten ent­hal­ten, von dem ge­setz­li­chen Verjährungs­recht ab. Sie be­gren­zen wie Verjährungs­vor­schrif­ten die Möglich­keit, ein Recht durch­zu­set­zen, wenn der Gläubi­ger untätig bleibt. Das Verjährungs­recht ist Aus­druck des vom Ge­setz­ge­ber ver­folg­ten Ziels, Rechts­frie­den her­zu­stel­len. Es be­zweckt ei­nen an­ge­mes­se­nen Aus­gleich zwi­schen dem Schutz des Schuld­ners vor ei­ner

 

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dro­hen­den Be­weis­not und mögli­chem Ver­lust von Re­gress­ansprüchen ge­gen Drit­te ei­ner­seits und an­de­rer­seits der Not­wen­dig­keit, den Gläubi­ger vor ei­nem un­ge­recht­fer­tig­ten An­spruchs­ver­lust zu be­wah­ren. Die­se Über­le­gun­gen tref­fen eben­so auf den Re­ge­lungs­ge­gen­stand der Aus­schluss­fris­ten zu. Auch hier soll das im In­ter­es­se des Rechts­frie­dens und der Rechts­si­cher­heit an­zu­er­ken­nen­de Klar­stel­lungs­in­ter­es­se des Schuld­ners in Ein­klang ge­bracht wer­den mit dem be­rech­tig­ten An­lie­gen des Ver­trags­part­ners, vor ei­nem Tätig­wer­den die Sach- und Rechts­la­ge ab­sch­ließend prüfen zu können und nicht zu vor­ei­li­ger (förm­li­cher) Gel­tend­ma­chung ge­zwun­gen zu sein (vgl. BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111 <1113>; 28. Sep­tem­ber 2005, 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149 <152>).

bb) § 202 BGB lässt zwar ei­ne Abkürzung der re­gelmäßigen Verjährungs­frist von drei Jah­ren (§ 195, § 199 BGB) im Grund­satz zu. Die­se Abkürzung ist auch in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen zulässig. Das gilt gleich­falls für die Ver­ein­ba­rung von Aus­schluss­fris­ten, die kürzer als die ge­setz­li­chen Verjährungs­fris­ten sind (vgl. BAG, a.a.O.). Ei­ne Aus­schluss­frist, die Ansprüche aus der Haf­tung we­gen Vor­sat­zes mit um­fasst, weicht aber von dem zwin­gen­den ge­setz­li­chen Ver­bot in § 202 Abs. 1 BGB ab. Das be­nach­tei­ligt den Ar­beit­neh­mer un­an­ge­mes­sen.

(1) § 202 Abs. 1 BGB ver­bie­tet - wie be­reits aus­geführt (sie­he B. VII. 6. a) der Gründe) - nicht nur Ver­ein­ba­run­gen über die Er­leich­te­rung der Verjährung, son­dern auch über Aus­schluss­fris­ten bei Haf­tung we­gen Vor­sat­zes. Es wi­der­spricht dem we­sent­li­chen Grund­ge­dan­ken die­ser ge­setz­li­chen Vor­schrift, ei­ne sol­che Be­gren­zung der Ansprüche durch ei­ne All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung ein­zuführen, wel­che als In­di­vi­dua­la­b­re­de gemäß § 134 BGB nich­tig wäre. Ei­ne für bei­der­sei­ti­ge Ansprüche aus dem Ar­beits­ver­trag ge­re­gel­te Aus­schluss­frist eröff­net zu­guns­ten des Ar­beit­ge­bers als Ver­wen­der ei­ne zu weit­ge­hen­de Möglich­keit, die Durch­setz­bar­keit von Haf­tungs­ansprüchen aus Vor­satz zu be­gren­zen. Ein Aus­gleich ist nicht vor­ge­se­hen. Dies be­nach­tei­ligt den Ar­beit­neh­mer ent­ge­gen den Ge­bo­ten von Treu und Glau­ben un­an­ge­mes­sen.

(2) § 202 Abs. 1 BGB ist Teil der ge­setz­li­chen Verjährungs­re­ge­lun­gen. Den vom Ge­setz­ge­ber sorgfältig ab­ge­wo­ge­nen Verjährungs­re­ge­lun­gen kommt Leit­bild­funk­ti­on

 

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im Sin­ne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB bei der In­halts­kon­trol­le zu (vgl. OLG München, 8. No­vem­ber 2006, 34 Wx 45/06, NJW 2007, 227 <229>; Pa­landt/El­len­ber­ger, a.a.O., § 202 BGB Rn. 13). Teil die­ser Leit­bild­funk­ti­on ist nicht nur, dem Gläubi­ger ei­ne an­ge­mes­se­ne fai­re Frist zur Durch­set­zung sei­ner Ansprüche zu gewähren un­ter Berück­sich­ti­gung des In­ter­es­se des Schuld­ners, nach länge­rer Zeit Rechts­si­cher­heit auch für den Fall feh­len­der Kennt­nis durch ei­ne zeit­li­che Be­gren­zung der Durch­setz­bar­keit zu er­hal­ten. Viel­mehr gehört eben­so da­zu, dass für die Haf­tung we­gen Vor­sat­zes die­ses In­ter­es­se des Schuld­ners an ei­ner Er­leich­te­rung der Verjährung ge­setz­lich nicht für er­heb­lich er­ach­tet wird. Zur Ver­wirk­li­chung die­ses Zwecks ist § 202 Abs.1 BGB als ein nicht dis­po­si­ti­ves ge­setz­li­ches Ver­bot (§ 134 BGB) aus­ge­stal­tet. Aus­schluss­fris­ten, wel­che ge­ne­rell sol­che Ansprüche er­fas­sen, statt sie aus­drück­lich aus­zu­sch­ließen, wi­der­spre­chen in un­ver­ein­ba­rer Wei­se die­sem ge­setz­li­chen Leit­bild. Ei­ne Ab­wei­chung hier­von ist dann oh­ne wei­te­res als ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung im Sin­ne des § 307 Abs. 1 Satz 1, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB an­zu­se­hen (vgl. ArbG Stral­sund, 27. April 2004, 5 Ca 577/03, LA­GE BGB 2002 § 307 Nr. 3).

b) Die Un­wirk­sam­keit der Aus­schluss­frist des § 8 Satz 1 Alt. 1 Ar­beits­ver­trag er­gibt sich in die­sem Zu­sam­men­hang zusätz­lich aus § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB. Die Be­stim­mung verstößt ge­gen das Trans­pa­renz­ge­bot.

aa) Ein Ver­s­toß ge­gen das Trans­pa­renz­ge­bot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt vor, wenn ei­ne Be­stim­mung in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen nicht klar und verständ­lich ge­fasst ist. Die tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen und Rechts­fol­gen müssen so ge­nau be­schrie­ben wer­den, dass für den Ver­wen­der kei­ne un­ge­recht­fer­tig­ten Be­ur­tei­lungs­spielräume ent­ste­hen. Ei­ne Klau­sel hat im Rah­men des recht­lich und tatsächlich Zu­mut­ba­ren die Rech­te und Pflich­ten des Ver­trags­part­ners so ein­deu­tig und so verständ­lich wie möglich dar­zu­stel­len. Das Trans­pa­renz­ge­bot soll zu­gleich der Ge­fahr vor­beu­gen, dass der Ver­trags­part­ner von der Durch­set­zung be­ste­hen­der Rech­te ab­ge­hal­ten wird (vgl. BAG 24. Ok­to­ber 2007, 10 AZR 825/06, NZA 2008, 40 <42>; 15. April 2008, 9 AZR 159/07, NZA-RR 2008, 586 <594>; 27. Au­gust 2008, 5 AZR 820/07, NZA 2009, 49 <52>).

 

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bb) Ei­ne sol­che Ge­fahr be­steht für den Ar­beit­neh­mer als Ver­trags­part­ner bei ei­ner Aus­schluss­frist, wel­che auf­grund ih­rer Fas­sung Ansprüche aus der Haf­tung we­gen Vor­sat­zes ein­be­zieht. Er wird ty­pi­scher­wei­se im Zwei­fel we­gen sei­nes ver­meint­li­chen Ri­si­kos auf­grund des schein­bar ein­deu­ti­gen Wort­lauts der Aus­schluss­frist ei­nen we­gen § 202 Abs. 1 BGB trotz ih­res Ab­laufs noch durch­setz­ba­ren An­spruch nicht wei­ter ge­gen sei­nen Ar­beit­ge­ber ver­fol­gen. Dem­ent­spre­chend muss in ei­ner vom Ar­beit­ge­ber ge­stell­ten Aus­schluss­frist, die al­le Ansprüche aus ei­nem Ar­beits­verhält­nis er­fas­sen will, aus Trans­pa­renz­gründen klar­ge­stellt sein, dass da­von Ansprüche aus der Haf­tung we­gen Vor­sat­zes nicht be­trof­fen sind, um der Ge­fahr vor­zu­beu­gen, dass der Ar­beit­neh­mer von der Durch­set­zung sei­ner Rech­te ab­ge­hal­ten wird.

c) Die gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei Ver­brau­cher­verträgen wie dem vor­lie­gen­den Ar­beits­ver­trag er­for­der­li­che Berück­sich­ti­gung der den Ver­trags­schluss be­glei­ten­den Umstände führen zu kei­nem an­de­ren Er­geb­nis.

aa) Zu den nach die­ser Norm zu berück­sich­ti­gen­den kon­kret-in­di­vi­du­el­len Be­gleit­umständen gehören ins­be­son­de­re persönli­che Ei­gen­schaf­ten des in­di­vi­du­el­len Ver­trags­part­ners, die sich auf die Ver­hand­lungsstärke aus­wir­ken, Be­son­der­hei­ten der kon­kre­ten Ver­trags­ab­schluss­si­tua­ti­on, wie z. B. Über­rum­pe­lung oder Be­leh­rung so­wie un­ty­pi­sche Son­der­in­ter­es­sen des Ver­trags­part­ners. Die Berück­sich­ti­gung die­ser Umstände kann so­wohl zur Un­wirk­sam­keit ei­ner nach ge­ne­rell-abs­trak­ter Be­trach­tung wirk­sa­men Klau­sel als auch zur Wirk­sam­keit ei­ner nach ty­pi­sier­ter In­halts­kon­trol­le un­wirk­sa­men Klau­sel führen (vgl. BAG, 31. Au­gust 2005, 5 AZR 545/04, NZA 2006, 324 <328>; 23. Sep­tem­ber 2010, 8 AZR 897/08, NZA 2011, 89 <91>). Da­mit stellt § 310 Abs. 3 Nr. 3 ein fle­xi­bles Re­ak­ti­ons­in­stru­ment dar, um ins­be­son­de­re Ver­trags­ge­stal­tun­gen mit er­fah­re­nen Spit­zen­kräften und lei­ten­den An­ge­stell­ten mit der ge­bo­te­nen Zurück­hal­tung zu kon­trol­lie­ren (ErfK/Preis, a.a.O., § 310 BGB Rn. 42).

bb) Im vor­lie­gen­den Fall ste­hen die von dem Be­klag­ten pau­schal vor­ge­tra­ge­nen Umstände der Ver­trags­ver­hand­lun­gen der An­nah­me ei­ner un­an­ge­mes­se­nen Be­nach­tei­li­gung nicht ent­ge­gen. Dies er­gibt sich aus ih­rer Grund­la­ge, nämlich dem Ver­s­toß ge­gen das sich aus § 202 Abs. 1 BGB er­ge­ben­de Ver­bot ei­ner Er­leich­te­rung

 

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der Verjährung für die Haf­tung we­gen Vor­sat­zes. Hierfür ist es un­er­heb­lich, dass der Kläger als Chef­trai­ner der Li­zenz­mann­schaft ei­ne her­aus­ge­ho­be­ne, mit ei­nem vom Be­klag­ten so be­zeich­ne­ten „nor­ma­len" Ar­beit­neh­mer nicht ver­gleich­ba­re Po­si­ti­on hat, über langjähri­ge Er­fah­run­gen im Pro­fi­fußball als Spie­ler und Trai­ner verfügt und ihm in den Ver­hand­lun­gen ein Be­ra­ter und ein Rechts­an­walt zur Sei­te ge­stan­den ha­ben sol­len. Die zu weit rei­chen­de For­mu­lie­rung der vom Be­klag­ten ge­stell­ten Klau­sel wird da­durch we­der be­sei­tigt noch in­halt­lich ab­ge­mil­dert. Ei­ne wie auch im­mer ge­ar­te­te ge­bo­te­ne Zurück­hal­tung ist bei ei­ner Ab­wei­chung von ei­nem als zwin­gen­des Ver­bot aus­ge­stal­te­ten Grund­ge­dan­ken der ge­setz­li­chen Re­ge­lung we­der an­ge­bracht noch er­for­der­lich.

d) § 8 Satz 1 Alt. 1 Ar­beits­ver­trag ist da­nach we­gen Ver­s­toßes ge­gen § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Nr. 1 BGB ins­ge­samt un­wirk­sam. Die Klau­sel er­fasst Ansprüche aus der Haf­tung we­gen Vor­sat­zes, das wi­der­spricht dem we­sent­li­chen Grund­ge­dan­ken des § 202 Abs. 1 BGB, von dem sie ab­weicht. Fol­ge der Un­wirk­sam­keit ist die Un­an­wend­bar­keit der Be­stim­mung gemäß § 306 Abs. 2 BGB. Ei­ne Teil­bar­keit der Klau­sel im Sin­ne der AGB-Kon­trol­le be­steht nicht, die An­nah­me ei­ner Teil­un­wirk­sam­keit verstößt ge­gen das Ver­bot der gel­tungs­er­hal­ten­den Re­duk­ti­on (vgl. B. VII. 6. c) bb) (3) der Gründe).

8. Die Un­wirk­sam­keit der in § 8 Satz 1 Alt. 1 Ar­beits­ver­trag ver­ein­bar­ten Aus­schluss­frist er­gibt sich wei­ter aus § 309 Nr. 7 BGB.

a) Gemäß § 309 Nr. 7 BGB kann in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen die Ver­schul­dens­haf­tung we­gen Schäden, die auf der Ver­let­zung des Le­bens, des Körpers oder der Ge­sund­heit be­ru­hen, über­haupt nicht, für sons­ti­ge Schäden nur für den Fall ein­fa­cher Fahrlässig­keit aus­ge­schlos­sen oder be­grenzt wer­den. Nach Auf­fas­sung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ver­s­toßen Aus­schluss­fris­ten nicht ge­gen die­se Vor­schrift (vgl. BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111 <1113>; 28. Sep­tem­ber 2005, 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149 <151 f.>). Die Ob­lie­gen­heit ei­ner Gel­tend­ma­chung der in § 309 Nr. 7 BGB ge­nann­ten Ansprüche be­inhal­te kei­nen Haf­tungs­aus­schluss und kei­ne Haf­tungs­be­gren­zung, denn der An­spruch ent­ste­he un­ein­ge­schränkt und wer­de le­dig­lich für den Fall feh­len­der Gel­tend­ma­chung be­fris­tet. Zu­dem sei ei­ne Ver­trags­klau­sel wirk­sam, die nur in außer­gewöhn­li­chen,

 

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von den Ver­trags­par­tei­en nicht für re­ge­lungs­bedürf­tig ge­hal­te­nen Fällen ge­gen das Ge­setz verstößt. Die am Sinn und Zweck ori­en­tier­te Aus­le­gung er­ge­be, dass sol­che Aus­nah­mefälle nicht er­fasst wer­den. Die Par­tei­en hätten die in § 309 Nr. 7 BGB ge­nann­ten be­son­de­ren Ansprüche nicht ei­gens erwähnt und of­fen­bar auch nicht be­dacht. Ei­ne (ergänzen­de) Ver­trags­aus­le­gung dürf­te er­ge­ben, dass der­ar­ti­ge Fälle von der Aus­schluss­klau­sel nicht er­fasst sein sol­len. Da­nach blie­be die Aus­schluss­klau­sel wirk­sam, ob­wohl die Par­tei­en die Ansprüche des § 309 Nr. 7 BGB nicht aus­drück­lich aus­ge­nom­men hätten. An­de­ren­falls be­wir­ke die Aus­schluss­klau­sel ei­nen ge­setz­wid­ri­gen Haf­tungs­aus­schluss oder ei­ne ge­setz­wid­ri­ge Haf­tungs­be­gren­zung nur für die be­son­de­ren in § 309 Nr. 7 BGB be­zeich­ne­ten Ansprüche. Wenn das Ge­setz die Ein­be­zie­hung be­stimm­ter Ansprüche ver­bie­te, könne die Aus­schluss­klau­sel eben­so wie in Be­zug auf § 202 Abs. 1 BGB nur in­so­weit un­wirk­sam sein (vgl. BAG, a.a.O.).

b) Aus­drück­lich ent­ge­gen die­ser Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts geht der Bun­des­ge­richts­hof von ei­nem Ver­s­toß ge­gen § 309 Nr. 7 BGB aus, wenn in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen Verjährungs­er­leich­te­run­gen (vgl. BGH, 15. No­vem­ber 2006, VIII ZR 3/06, NJW 2007, 674 <675>; 26. Fe­bru­ar 2009, Xa ZR 141/07, NJW 2009, 1486 <1487>) auch in Form ei­ner Aus­schluss­frist (vgl. BGH, 15. No­vem­ber 2006, a.a.O., 677) für al­le Ansprüche ver­ein­bart wer­den. Ei­ne Be­gren­zung der Haf­tung im Sin­ne des § 309 Nr. 7 BGB sei auch die zeit­li­che Be­gren­zung der Durch­setz­bar­keit ent­spre­chen­der Scha­dens­er­satz­ansprüche durch Abkürzung der ge­setz­li­chen Verjährungs­fris­ten.

Un­mit­tel­bar be­fas­se sich die Be­stim­mung über ei­ne Verjährungs­er­leich­te­rung zwar nicht mit der Fra­ge des Haf­tungs­maßsta­bes bzw. des ver­letz­ten Rechts­guts. Mit­tel­bar führe die Verkürzung der Verjährungs­frist da­zu, dass nach Ab­lauf die­ser Frist - wie­der­um im Prin­zip für je­de Art von Ver­schul­den und für je­des geschädig­te Rechts­gut - nicht zu haf­ten sei. In­so­weit sei in Recht­spre­chung und Schrift­tum weit­ge­hend übe­rein­stim­mend an­er­kannt, dass in der Abkürzung von Verjährungs­fris­ten ei­ne un­zulässi­ge Haf­tungs­er­leich­te­rung zu se­hen sei (vgl. hier­zu Nach­wei­se bei BGH, 15. No­vem­ber 2006, VIII ZR 3/06, NJW 2007, 674 <675>; für § 11 Nr. 7 AGBG: BGH. 29. Mai 2008, III ZR 59/07, NJW-RR 2008, 1129 <1134>). Der Ge­setz­ge­ber des Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­set­zes ha­be die­se

 

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Recht­spre­chung auf­ge­nom­men und sie sei­nem Verständ­nis der Re­ge­lung in § 309 Nr. 7 BGB zu Grun­de ge­legt. Das führe zur Un­wirk­sam­keit ei­ner Klau­sel, wel­che nach Verjährungs­ein­tritt ei­ne Haf­tung ge­ne­rell aus­sch­ließt, oh­ne hier­von aus­drück­lich z. B. Fälle ei­nes gro­ben Ver­schul­dens aus­zu­neh­men, und de­ren Fas­sung es nicht zu­las­se, sie auf die­sen un­be­denk­li­chen In­halt zurück­zuführen (vgl. BGH, 29. Mai 2008, a.a.O.).

c) Der Auf­fas­sung des Bun­des­ge­richts­hofs ist zu fol­gen.

aa) Zunächst über­zeugt hier wie­der­um nicht, dass die in § 309 Nr. 7 ge­nann­ten Ansprüche von ei­ner um­fas­send für Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis for­mu­lier­ten Aus­schluss­frist nicht er­fasst sind, weil sie die Par­tei­en nicht be­dacht und erwähnt ha­ben.

(1) Da­mit wird die für All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen maßgeb­li­che Aus­le­gung nach dem ob­jek­ti­ven In­halt und ty­pi­schen Sinn, bei der es auf den Wil­len der kon­kre­ten Ver­trags­par­tei­en nicht an­kommt (sie­he im Ein­zel­nen B. VII. 6. c) aa) (1) (a) der Gründe), nicht an­ge­wen­det. Der von der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zu ver­gleich­bar for­mu­lier­ten ta­rif­li­chen Aus­schluss­fris­ten ak­zep­tier­te wei­te Gel­tungs­be­reich führt da­zu, dass das Verständ­nis der ty­pi­scher­wei­se an sol­chen Ver­ein­ba­run­gen be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­se ei­ne ent­spre­chen­de Aus­le­gung ein­zel­ver­trag­lich als All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung ver­ein­bar­ter Aus­schluss­fris­ten ge­ra­de von ih­rem Sinn und Zweck her be­dingt (vgl. B. VII. 6. c) aa) (1) (c) der Gründe). Ty­pi­scher­wei­se können und sol­len nach Sinn und Zweck ei­ner Aus­schluss­frist auch sel­te­ne Sach­ver­halts­ge­stal­tun­gen, aus de­nen ei­ne Par­tei Ansprüche ge­gen die an­de­re ab­lei­ten kann, zeit­lich nur ein­ge­schränkt gel­tend ge­macht wer­den können, um um­fas­send Rechts­si­cher­heit im Ar­beits­verhält­nis nach kur­zer Zeit zu schaf­fen. Ob es sich um ei­nen Aus­nah­me­fall han­delt, ist dann ir­re­le­vant. Ansprüche aus der Haf­tung we­gen Vor­sat­zes stel­len im Übri­gen kei­ne außer­gewöhn­li­chen Fälle dar, erst recht nicht die Haf­tung we­gen gro­ber Fahrlässig­keit. Ent­spre­chen­des gilt für die Ver­let­zung von Le­ben, Körper und Ge­sund­heit. Sol­che Haf­tungsfälle, ins­be­son­de­re in­fol­ge ei­ner grob fahrlässi­gen Ver­ur­sa­chung können und wer­den im­mer mal wie­der in ei­nem Ar­beits­verhält­nis auf­tre­ten und sind da­her un­abhängig von ih­rer Häufig­keit nicht fern­lie­gend.

 

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„Außer­gewöhn­lich" ist nicht zu ver­wech­seln mit „zahl­reich", ins­be­son­de­re nicht auf die­se Be­deu­tung be­schränkt.

Ob die Par­tei­en die in § 309 Nr. 7 BGB ge­nann­ten Ansprüche erwähnt und be­dacht ha­ben bzw. die­se Fälle für re­ge­lungs­bedürf­tig ge­hal­ten ha­ben, sind le­dig­lich den kon­kre­ten Ver­trags­schluss be­tref­fen­de Umstände, die im Rah­men der ty­pi­sie­ren­den Aus­le­gung All­ge­mei­ner Geschäfts­be­din­gun­gen kei­ne Berück­sich­ti­gung fin­den. Im Übri­gen ist dies be­dingt durch das all­ge­mei­ne Verständ­nis der re­gelmäßig be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­se bei der Ver­ein­ba­rung von Aus­schluss­fris­ten für „Ansprüche": Da ei­ne Ein­schränkung in der Ver­trags­be­stim­mung nicht ent­hal­ten ist, gilt sie um­fas­send, um re­ge­lungs­bedürf­ti­ge Fälle muss man sich des­we­gen kei­ne Ge­dan­ken ma­chen.

(2) Auch bei ei­ner der AGB-Kon­trol­le un­ter­lie­gen­den Ein­mal­be­din­gung führt die Aus­le­gung nach § 133, § 157 BGB (vgl. näher B. VII. 6. c) aa) (2) (a) der Gründe) nicht zu ei­nem an­de­ren Er­geb­nis. Es liegt un­ter Berück­sich­ti­gung des Um­stands, dass die Klau­sel von dem Be­klag­ten vor­for­mu­liert wur­de und der Kläger hier­auf kei­ne Ein­flussmöglich­keit hat­te, ge­ra­de na­he, dass der Be­klag­te wie in Be­zug auf § 202 Abs. 1 BGB ei­ne um­fas­send gel­ten­de, die Ansprüche nach § 309 Nr. 7 BGB mit er­fas­sen­de Aus­schluss­frist mit dem Kläger ver­ein­ba­ren woll­te, wel­che der Kläger auch so ak­zep­tiert hat. Bei ei­ner weit for­mu­lier­ten Ver­trags­be­din­gung kann und muss oh­ne wei­te­re An­halts­punk­te ein red­li­cher Erklärungs­empfänger nicht da­von aus­ge­hen, dass die­se nur ei­nen be­grenz­ten, noch ge­set­zes­kon­for­men Gel­tungs­be­reich ha­ben soll (vgl. im Ein­zel­nen B. VII. 6. c) aa) (2) (b) der Gründe).

(3) Zu­min­dest folgt aus der Un­klar­hei­ten­re­gel des § 305c Abs. 2 BGB, dass die in § 309 Nr. 7 BGB ge­nann­ten Ansprüche von § 8 Ar­beits­ver­trag er­fasst wer­den (sie­he B. VII. 6. c) aa) (3) der Gründe). Auch hier ist die Auf­fas­sung, dass § 8 Satz 1 Alt. 1 Ar­beits­ver­trag al­le Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis und da­mit sol­che aus § 309 Nr. 7 BGB er­fasst, ein ver­tret­ba­res Er­geb­nis, wel­ches im Verhält­nis zu der vom Bun­des­ar­beits­ge­richt vor­ge­nom­me­nen Aus­le­gung er­heb­li­che Zwei­fel an der rich­ti­gen Aus­le­gung be­gründet.

bb) Eben­so we­nig über­zeugt die vom Bun­des­ar­beits­ge­richt ge­zo­ge­ne Par­al­le­le zu sei­nem Verständ­nis der Reich­wei­te von § 202 Abs. 1 BGB, wo­nach

 

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Aus­schluss­fris­ten nur in­so­weit un­wirk­sam sei­en, als das Ge­setz die Ein­be­zie­hung be­stimm­ter Ansprüche ver­bie­te. Die­ses Kon­strukt ei­ner Teil­un­wirk­sam­keit ist durch § 306 BGB als ge­genüber § 139 BGB spe­zi­el­le­re Norm aus­ge­schlos­sen und mit dem Ver­bot der gel­tungs­er­hal­ten­den Re­duk­ti­on nicht zu ver­ein­ba­ren (sie­he oben B. VII. 6. c) bb) der Gründe).

cc) Darüber hin­aus ent­spricht die Auf­fas­sung des Bun­des­ge­richts­ho­fes dem Wil­len des Ge­setz­ge­bers, der aus­drück­lich dar­auf ab­stellt, dass die Verkürzung von Verjährungs­fris­ten in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen an dem Klau­sel­ver­bot u. a. des § 309 Nr. 7 BGB zu mes­sen ist. Denn nach über­wie­gen­der An­sicht stel­le die Verkürzung von Verjährungs­fris­ten ei­ne Haf­tungs­be­schränkung bzw. Haf­tungs­be­gren­zung dar (BT-Drucks. 14/6040, 159). § 309 Nr. 7 BGB brin­ge das Frei­zei­ch­nungs­ver­bot des § 11 Nr. 7 AGBG le­dig­lich auf den Stand, den es der Sa­che nach schon ha­be. Die­ses sei aber im Hin­blick auf die Richt­li­nie 93/13/EWG so aus­ge­legt wor­den, dass bei Ver­brau­cher­verträgen jed­we­de Haf­tungs­be­gren­zung für den Fall ver­schul­de­ter Körperschäden un­wirk­sam sei (BT-Drucks. 14/6040, 156).

dd) Durch die For­mu­lie­rung des § 309 Nr. 7 BGB wird die Um­set­zung die­ses ge­setz­ge­be­ri­schen Wil­lens für ar­beits­recht­li­che Aus­schluss­fris­ten nicht aus­ge­schlos­sen. „Be­gren­zung" ist schon dem Wort­laut nach nicht aus­sch­ließlich so zu ver­ste­hen, dass nur die Ent­ste­hung des An­spruchs er­fasst wird, in­dem die Haf­tung für Schäden we­gen der Ver­let­zung von Le­ben, Körper und Ge­sund­heit bzw. we­gen Vor­sat­zes oder grob­fahrlässi­ger Pflicht­ver­let­zun­gen nach Grund oder Höhe li­mi­tiert wird. Ein An­spruch wird auch dann be­grenzt, wenn nach sei­ner un­ein­ge­schränk­ten Ent­ste­hung über die ge­setz­li­chen Verjährungs­fris­ten hin­aus der Ver­trags­part­ner des Ver­wen­ders in­ner­halb kürze­rer Fris­ten ak­tiv wer­den muss, um sei­ne Rech­te nicht zu ver­lie­ren. Die Pflicht zur Gel­tend­ma­chung be­wirkt mit­tel­bar ei­ne Haf­tungs­frei­stel­lung. Un­ter „Be­gren­zung" ist dem­nach nicht nur ei­ne in­halt­li­che Be­gren­zung zu ver­ste­hen (Preis/Ro­loff, RdA 2005, 144 <146>; a. A. Mohr, SAE 2006, 156 <163>). Selbst das Bun­des­ar­beits­ge­richt geht da­von aus, dass Aus­schluss­fris­ten ei­ne For­de­rung „in ih­rem zeit­li­chen Um­fang be­gren­zen" (vgl. BAG, 15. Ju­ni 1993, 9 AZR 208/92, NZA 1994, 274) bzw. ih­re „zeit­li­che Be­gren­zung" be­tref­fen (vgl. BAG, 16. Ja­nu­ar 2001, 5 AZR 430/00, NZA 2002, 746 <747>). Dann ist es wi­dersprüchlich, un­ter Haf­tungs­be­gren­zun­gen im Sin­ne des § 309 Nr. 7 BGB

 

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zeit­li­che Be­gren­zun­gen nicht zu sub­su­mie­ren und den ge­setz­ge­be­ri­schen Wil­len oh­ne An­lass in das Ge­gen­teil zu ver­keh­ren.

ee) Auf­grund des Ver­s­toßes ge­gen § 309 Nr. 7 BGB fehlt es auch hier an der not­wen­di­gen Trans­pa­renz der Aus­schluss­frist des § 8 Satz 1 Alt. 1 Ar­beits­ver­trag, weil sie die in § 309 Nr. 7 BGB ge­nann­ten Ansprüche nicht aus­drück­lich aus­nimmt.

d) § 8 Satz 1 Alt. 1 Ar­beits­ver­trag ist da­nach we­gen Ver­s­toßes ge­gen § 309 Nr. 7 BGB ins­ge­samt un­wirk­sam. Die Klau­sel er­fasst Ansprüche aus der Haf­tung we­gen der Ver­let­zung von Le­ben, Körper und Ge­sund­heit so­wie we­gen grob­fahrlässi­ger Pflicht­ver­let­zun­gen. Fol­ge der Un­wirk­sam­keit ist die Un­an­wend­bar­keit der Be­stim­mung gemäß § 306 Abs. 2 BGB. Ei­ne Teil­bar­keit der Klau­sel im Sin­ne der AGB-Kon­trol­le be­steht nicht, die An­nah­me ei­ner Teil­un­wirk­sam­keit verstößt ge­gen das Ver­bot der gel­tungs­er­hal­ten­den Re­duk­ti­on (vgl. B. V. 6. bb) (2) und (3) der Gründe).

9. Die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung lie­gen nicht vor.

a) Ei­ne ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung setzt vor­aus, dass der Re­ge­lungs­plan der Par­tei­en in­fol­ge der durch die Un­wirk­sam­keit ei­ner Ver­trags­klau­sel ent­stan­de­nen Lücke ei­ner Ver­vollständi­gung be­darf. Dies ist nur dann an­zu­neh­men, wenn die er­satz­lo­se Strei­chung der un­wirk­sa­men Klau­sel und die An­wen­dung der ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten oh­ne Ergänzung kei­ne an­ge­mes­se­ne, den ty­pi­schen In­ter­es­sen des AGB-Ver­wen­ders und sei­nes Ver­trags­part­ners Rech­nung tra­gen­de Lösung bie­tet (vgl. BAG, 12. Ja­nu­ar 2005, 5 AZR 364/04, NZA 2005, 465 <468>; 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111 <1115>; 19. De­zem­ber 2007, 5 AZR 1008/06, NZA 2008, 464 <466>). Al­ler­dings recht­fer­tigt nicht je­de Ver­schie­bung der Ge­wich­te zu Las­ten des Ver­wen­ders die An­nah­me ei­ner ergänzungs­bedürf­ti­gen Lücke. Ei­ne ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung kann dann in Fra­ge kom­men, wenn sich das Fest­hal­ten am Ver­trag für den Ver­wen­der als un­zu­mut­ba­re Härte im Sin­ne des § 306 Abs. 3 BGB dar­stel­len würde (vgl. BAG, 11. April 2006, 9 AZR 610/05, NZA 2006, 1042 <1045>; 14. Ja­nu­ar 2009, 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666 <669>). Im Rah­men der ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung ist dann zu fra­gen, was die Par­tei­en bei an­ge­mes­se­ner Abwägung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen nach Treu und Glau­ben

 

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red­li­cher Ver­trags­par­tei­en ver­ein­bart hätten, wenn ih­nen die ge­setz­lich an­ge­ord­ne­te Un­wirk­sam­keit der All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gung be­kannt ge­we­sen wäre (vgl. BAG, 11. April 2006, a.a.O.; 28. No­vem­ber 2007, 5 AZR 992/06, NZA 2008 293 <294 f.>; 19. De­zem­ber 2007, a.a.O.).

b) Bei An­wen­dung die­ser Grundsätze im vor­lie­gen­den Fall be­steht für ei­ne ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung, mit der die Aus­schluss­frist des § 8 Satz 1 Alt. 1 Ar­beits­ver­trag um ei­ne Aus­nah­me­re­ge­lung für die in § 202 Abs. 1, § 309 Nr. 7 BGB er­fass­ten Ansprüche ergänzt bzw. ihr Gel­tungs­be­reich nicht auf die­se Ansprüche er­streckt wird, kein An­lass.

Bei Aus­schluss­fris­ten bie­tet das Ge­setz ei­ne an­ge­mes­se­ne Lösung, die den ty­pi­schen In­ter­es­sen der Ver­trags­part­ner Rech­nung trägt. Der mit der Aus­schluss­frist ver­folg­te Zweck, Rechts­frie­den und Rechts­si­cher­heit her­zu­stel­len, wird durch die re­gelmäßige Verjährungs­frist des § 195 BGB er­reicht. So­wohl Aus­schluss- als auch Verjährungs­fris­ten be­gren­zen die Möglich­keit, das Recht durch­zu­set­zen, in­dem sie ein Tätig­wer­den des An­spruchs­in­ha­bers ver­lan­gen. Sie sind Aus­druck des vom Ge­setz­ge­ber ver­folg­ten Ziels, Rechts­frie­den her­zu­stel­len, und be­zwe­cken ei­nen an­ge­mes­se­nen Aus­gleich zwi­schen dem Schutz des Schuld­ners vor ei­ner dro­hen­den Be­weis­not und mögli­chem Ver­lust von Re­gress­ansprüchen ge­gen Drit­te ei­ner­seits und der Not­wen­dig­keit, den Gläubi­ger vor ei­nem un­ge­recht­fer­tig­ten An­spruchs­ver­lust zu be­wah­ren, an­de­rer­seits. Die Verjährungs­frist von drei Jah­ren nach § 195 BGB ist an­ge­mes­sen lang, im Fall der Un­wirk­sam­keit ei­ner Ver­fall­klau­sel dem Bedürf­nis der Par­tei­en nach Rechts­si­cher­heit und Rechts­klar­heit zu genügen. Das gilt un­abhängig da­von, ob es sich um ei­nen Neu- oder ei­nen Alt­ver­trag han­delt (vgl. BAG, 28. No­vem­ber 2007, 5 AZR 992/06, NZA 2008, 293 <295>; 19. De­zem­ber 2007, 5 AZR 1008/06, NZA 2008, 464 <466>).

Et­was an­de­res er­gibt sich nicht aus der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zur AGB-Kon­trol­le von Aus­schluss­fris­ten in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen. De­ren Zulässig­keit un­ter den hier ge­prüften As­pek­ten (§ 202 Abs. 1, § 309 Nr. 7 BGB) ist seit Einführung der AGB-Kon­trol­le durch das Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­setz ab 1. Ja­nu­ar 2002 frag­lich. Die Ent­schei­dun­gen des Bun­des­ar­beits­ge­richts zu die­sem Pro­blem­kreis (vgl. BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR

 

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572/04, NZA 2005, 1111; 28.Sep­tem­ber 2005, 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149) stoßen auf Kri­tik (vgl. ErfK/Preis § 310 BGB Rn. 103; Mat­t­hies­sen, NZA 2007, 361 <367>). Selbst Befürwor­ter der Ent­schei­dun­gen des Bun­des­ar­beits­ge­richts emp­feh­len, ent­spre­chen­de Aus­nah­me­re­ge­lun­gen in vor­for­mu­lier­te Aus­schluss­fris­ten auf­zu­neh­men (vgl. Bay­reu­ther, NZA 2005, 1337; Mohr, SAE 2006, 156 <167 f., 170>).

10. Die Aus­schluss­frist des § 8 Satz 1 Alt. 1 Ar­beits­ver­trag ist nicht gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB un­ter an­ge­mes­se­ner Berück­sich­ti­gung ar­beits­recht­li­cher Be­son­der­hei­ten auf­recht­zu­er­hal­ten.

a) Bei der An­wen­dung der §§ 305 ff. BGB sind die im Ar­beits­recht gel­ten­de Be­son­der­hei­ten an­ge­mes­sen zu berück­sich­ti­gen (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB). Maßgeb­lich sind in­so­weit nicht nur recht­li­che, son­dern auch tatsächli­che Be­son­der­hei­ten des Ar­beits­le­bens, d. h. al­le dem Ar­beits­verhält­nis in­ne­woh­nen­den Be­son­der­hei­ten (vgl. BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111 <1113>; 14. Au­gust 2007, 9 AZR 18/07, NZA 2008, 1194 <1198>; 23. Sep­tem­ber 2010, 8 AZR 897/08, NZA 2011, 89 <93>; 23. Sep­tem­ber 2010, 3 AZR 557/08, NZA 2011, 206 <209>). We­der er­fasst die­se Norm nur recht­lich be­son­ders aus­ge­stal­te­te Ar­beits­verhält­nis­se, noch muss die Norm aus­sch­ließlich auf Ar­beits­verträge an­wend­bar sein, so­fern sie sich nur auf dem Ge­biet des Ar­beits­rechts be­son­ders aus­wirkt (vgl. BAG, 4. März 2004, 8 AZR 196/03, NZA 2004, 727 <731 f.>). Je­doch ist es nicht Sinn des § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB, die frühe­re Be­reichs­aus­nah­me des § 23 AGBG wie­der ein­zuführen (vgl. LAG Hamm, 24. Ja­nu­ar 2003, 10 Sa 1158/02, NZA 2003, 499 <502>). Das gilt auch für die Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vor dem In­kraft­tre­ten des Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­set­zes. Sie ist auf ih­re Ver­ein­bar­keit mit den jetzt gel­ten­den ge­setz­li­chen Be­stim­mun­gen zur Zulässig­keit All­ge­mei­ner Geschäfts­be­din­gun­gen in Ar­beits­verträgen zu über­prüfen (vgl. LAG Hamm, 11. Mai 2004, 19 Sa 2132/03, NZA-RR 2004, 515 <518, 519>).

b) Aus­schluss­fris­ten an sich sind ei­ne ar­beits­recht­li­che Be­son­der­heit, wel­che an­er­kann­ter­maßen seit lan­gem im Ar­beits­le­ben da­zu die­nen, die hier ge­bo­te­ne ra­sche Klärung von Ansprüchen und Be­rei­ni­gung of­fe­ner Streit­punk­te her­bei­zuführen

 

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(vgl. BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111 <1113>). Eben­so ist es ei­ne prägen­de Be­son­der­heit, dass in wei­ten Be­rei­chen re­la­tiv kur­ze Aus­schluss­fris­ten be­ste­hen (vgl. BAG, a.a.O., S. 1114).

c) Die Un­wirk­sam­keit von § 8 Ar­beits­ver­trag er­gibt sich dar­aus, dass die Klau­sel auch ge­setz­lich vor ei­nem Ver­lust durch Zeit­ab­lauf be­son­ders geschütz­te Haf­tungs­ansprüche aus Pflicht- und Rechts­gut­ver­let­zun­gen er­fasst. Im Hin­blick auf die­sen Grund der Un­wirk­sam­keit lie­gen kei­ne ar­beits­recht­li­chen Be­son­der­hei­ten vor, die ei­ne Auf­recht­er­hal­tung der Be­stim­mung recht­fer­ti­gen könn­ten.

aa) §§ 104 ff. SGB VII ent­hal­ten zwar haf­tungs­be­gren­zen­de Re­ge­lun­gen im Ar­beits­recht, die je­doch die Vor­satz­haf­tung ge­ra­de un­berührt las­sen (Preis/Ro­loff, RdA 2005, 144 <147>). Zu­dem sind nur Per­so­nenschäden bei Ar­beits­unfällen be­trof­fen, nicht die­je­ni­gen außer­halb des An­wen­dungs­be­reichs der §§ 104 ff. SGB VII so­wie al­le vorsätz­lich oder grob fahrlässig ver­ur­sach­ten Sachschäden (Mat­t­hies­sen, NZA 2007, 361 <365>). Im Übri­gen kommt es nicht dar­auf an, ob die in § 202 Abs. 1 BGB, § 309 Nr. 7 BGB ge­nann­ten Ansprüche prak­tisch häufig zum Tra­gen kom­men an­ge­sichts des bei der In­halts­kon­trol­le an­wend­ba­ren ob­jek­ti­ven Prüfungs­maßstabs (Mat­t­hies­sen, a.a.O.; a. A. Bay­reu­ther, NZA 2005, 1337).

bb) Die Wir­kung der Aus­schluss­frist des § 8 Satz 1 Alt. 1 Ar­beits­ver­trag, auch die in § 202 Abs. 1, § 309 Nr. 7 BGB ge­nann­ten Ansprüche zu er­fas­sen, könn­te nur durch ei­ne Be­gren­zung des An­wen­dungs­be­reichs be­sei­tigt wer­den. Die­se gel­tungs­er­hal­ten­de Re­duk­ti­on stellt je­doch kei­ne ar­beits­recht­li­che Be­son­der­heit dar (a. A. Bay­reu­ther, NZA 2005, 1337 <1339 f.>; Mohr, SAE 2006, 156 <167 f.>), son­dern wird seit dem 1. Ja­nu­ar 2002 durch § 306 Abs. 2 BGB auch im Be­reich des Ar­beits­rechts aus­ge­schlos­sen. Ei­ne an­de­re Sicht würde fak­tisch die Be­reichs­aus­nah­me des § 23 AGBG wie­der­her­stel­len.

Im Übri­gen gibt es im Be­reich des Ar­beits­rechts kei­ne Be­son­der­hei­ten, wel­che ei­ne Un­an­wend­bar­keit die­ses Ver­bots recht­fer­ti­gen könn­ten (vgl. LAG Hamm, 11. Mai 2004, 19 Sa 2132/03, NZA-RR 2004, 515 <518, 519> m. w. N.). Sie be­ste­hen we­der für ei­ne gel­tungs­er­hal­ten­de Re­duk­ti­on noch für ei­ne ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung. Lang­fris­tig an­ge­leg­te For­mu­lar­verträge oh­ne die Möglich­keit der ein­sei­ti­gen

 

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Ände­rung von All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen kom­men im ge­sam­ten Ver­trags­recht re­gelmäßig vor (vgl. BAG, 11. Ok­to­ber 2006, 5 AZR 721/05, NZA 2007, 87 <90>). Das be­son­de­re In­ter­es­se an schnel­ler Rechts­si­cher­heit in Ar­beits­verhält­nis­sen wird nicht da­durch bei Aus­schluss­fris­ten ne­giert, in­dem die Verjährungs­vor­schrif­ten im Fal­le ei­ner un­wirk­sa­men Klau­sel An­wen­dung fin­den (so aber HK-ArbR/Bo­em­ke/Ul­ri­ci, a.a.O., § 306 Rn. 12). Aus­schluss­klau­seln stel­len an­ge­sichts der Verjährungs­re­ge­lun­gen kei­ne zwin­gend ge­bo­te­ne ar­beits­recht­li­che Be­son­der­heit dar. Zahl­rei­che Ar­beits­verträge kom­men oh­ne sie aus (vgl. BAG, 28.No­vem­ber 2007, 5 AZR 992/06, NZA 2008, 293 <295>; 19. De­zem­ber 2007, 5 AZR 1008/06, NZA 2008, 464 <466>). Die Un­wirk­sam­keit zahl­rei­cher vor­for­mu­lier­ter Ver­fall­klau­seln in Alt- und Neu­verträgen ist vor die­sem Hin­ter­grund hin­zu­neh­men, zu­mal es sich bei den Neu­re­ge­lun­gen in § 202 Abs. 1 BGB und § 309 Nr. 7 BGB so­wie der Er­stre­ckung der AGB-Kon­trol­le auf vor­for­mu­lier­te Ar­beits­verträge um be­wuss­te ge­setz­ge­be­ri­sche Ent­schei­dun­gen han­delt.

11. Auf­grund der Un­wirk­sam­keit des § 8 Ar­beits­ver­trag be­durf­te es kei­ner schrift­li­chen Gel­tend­ma­chung der Zah­lungs­ansprüche durch den Kläger in­ner­halb der dort ge­nann­ten Fris­ten. Ihr Ver­fall ist bis zur Kla­ge­er­he­bung nicht ein­ge­tre­ten.

VIII. Die Zins­ent­schei­dung folgt aus § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 614, § 288 Abs. 1, § 247 BGB. Sämt­li­che For­de­run­gen wa­ren spätes­tens am 30. Ju­ni 2010 fällig, der Kläger hat zu­letzt Zin­sen erst ab 27. Au­gust 2010 und 27. Ok­to­ber 2010 ver­langt.

C. Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Da­bei wa­ren für die bei­den In­stan­zen un­ter­schied­li­che Kos­ten­quo­ten fest­zu­set­zen.

In der ers­ten In­stanz war der An­trag des Klägers auf Fest­stel­lung, dass ein Rück­zah­lungs­an­spruch über 13.534,34 Eu­ro nicht be­steht, übe­rein­stim­mend von den Par­tei­en für er­le­digt erklärt wor­den. Auch wenn es die Vor­schrift nicht aus­drück­lich erwähnt, hat das Ar­beits­ge­richt gemäß § 91a ZPO der­ge­stalt ent­schie­den, dass es für die­sen An­trag die Kos­ten hälf­tig ge­teilt und un­ter Berück­sich­ti­gung die­ser Quo­telung die Kos­ten des Rechts­streits be­zo­gen auf ei­nen Ge­samt­streit­wert von 153.048,08 Eu­ro im Verhält­nis von Ob­sie­gen und Un­ter­lie­gen bei­der Par­tei­en ver­teilt hat. Nach der zweit­in­stanz­lich er­folg­ten Abände­rung der

 

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Ent­schei­dung zur Haupt­sa­che wa­ren die Kos­ten wie ge­sche­hen un­ter Hin­zu­rech­nung der un­veränder­ten Quo­tie­rung des er­le­dig­ten Teils für die ers­te In­stanz auf die Par­tei­en zu ver­tei­len.

Für die zwei­te In­stanz war le­dig­lich der hier noch an­ge­fal­le­ne Rechts­streit mit ei­nem Wert von 139.513,74 Eu­ro zu­grun­de zu le­gen, die Kos­ten­quo­telung ent­spricht dem Verhält­nis von Ob­sie­gen und Un­ter­lie­gen der Par­tei­en.

D. Die Re­vi­si­on war zu­zu­las­sen. Die Rechts­sa­che hat ins­ge­samt grundsätz­li­che Be­deu­tung (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG), zu­dem weicht das Be­ru­fungs­ge­richt in ei­ner ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Fra­ge von der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ab (§ 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG).

RECH­TSMIT­TEL­BE­LEH­RUNG

Ge­gen die­ses Ur­teil kann von der be­klag­ten Par­tei

RE­VISION

ein­ge­legt wer­den.

Für die kla­gen­de Par­tei ist ge­gen die­ses Ur­teil kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.

Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb ei­ner Not­frist* von ei­nem Mo­nat schrift­lich beim

Bun­des­ar­beits­ge­richt

Hu­go-Preuß-Platz 1

99084 Er­furt

Fax: 0361 2636 2000

ein­ge­legt wer­den.

Die Not­frist be­ginnt mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

Die Re­vi­si­ons­schrift muss von ei­nem Be­vollmäch­tig­ten un­ter­zeich­net sein. Als Be­vollmäch­tig­te sind nur zu­ge­las­sen:

 

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1. Rechts­anwälte,
2. Ge­werk­schaf­ten und Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern so­wie
Zu­sam­men­schlüsse sol­cher Verbände für ih­re Mit­glie­der oder für an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der,
3. Ju­ris­ti­sche Per­so­nen, de­ren An­tei­le sämt­lich im wirt­schaft­li­chen Ei­gen­tum ei­ner der in Num­mer 2 be­zeich­ne­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen ste­hen, wenn die ju­ris­ti­sche Per­son aus­sch­ließlich die Rechts­be­ra­tung und Pro­zess­ver­tre­tung die­ser Or­ga­ni­sa­ti­on und ih­rer Mit­glie­der oder an­de­rer Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der ent­spre­chend de­ren Sat­zung durchführt und wenn die Or­ga­ni­sa­ti­on für die Tätig­keit der Be­vollmäch­tig­ten haf­tet.

In den Fällen der Zif­fern 2 und 3 müssen die Per­so­nen, die die Re­vi­si­ons­schrift un­ter­zeich­nen, die Befähi­gung zum Rich­ter­amt ha­ben.

Ei­ne Par­tei, die als Be­vollmäch­tig­ter zu­ge­las­sen ist, kann sich selbst ver­tre­ten.

* ei­ne Not­frist ist un­abänder­lich und kann nicht verlängert wer­den.

 

Hens­sen 

Dlugosch 

Kötzing

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