HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

ARBEITSRECHT AKTUELL // 03/05

Rich­ti­ger Kla­ge­an­trag bei Ent­fris­tungs­kla­gen

Wer ei­ne Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge mit ei­nem fal­schen Kla­ge­an­trag ein­reicht, wahrt da­mit nicht die drei­wö­chi­ge Kla­ge­frist: Bun­des­ar­beits­ge­richt, Ur­teil vom 16.04.2003, 7 AZR 119/02
Sanduhr mit rotem Sand Für Ent­fris­tungs­kla­gen gel­ten eben­so star­re Fris­ten wie beim Kün­di­gungs­schutz
25.10.2003. In der Pra­xis kommt es oft vor, daß die in Zeit­ver­trä­gen ent­hal­te­ne Ver­ein­ba­rung der Be­fris­tung des Ar­beits­ver­hält­nis­ses un­wirk­sam ist. Der Ver­trag be­steht dann un­be­fris­tet.

Dies kann ins­be­son­de­re dann der Fall sein, wenn es ei­nen sach­li­chen Grund für die Be­fris­tung nicht gibt und gleich­zei­tig die in § 14 Abs.2 Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­setz (Tz­B­fG) an­ge­ord­ne­te Höchst­dau­er von zwei Jah­ren für Be­fris­tun­gen oh­ne Sach­grund über­schrit­ten wird.

Al­ler­dings ha­ben be­trof­fe­ne Ar­beit­neh­mer nicht end­los Zeit, die Wirk­sam­keit der Be­fris­tung mit ei­ner Ent­fris­tungs­kla­ge ge­richt­lich über­prü­fen zu las­sen. Denn ei­ne sol­che Kla­ge muss spä­tes­tens drei Wo­chen nach dem ver­ein­bar­ten En­de des Ar­beits­ver­trags beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­gen sein. Und nicht nur das: Die Kla­ge muss auch un­be­dingt den rich­ti­gen, durch das Ge­setz vor­ge­schrie­be­nen Kla­ge­an­trag ent­hal­ten.

Auf wel­che An­for­de­run­gen es da­bei an­kommt, hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) vor kur­zem klar­ge­stellt: BAG, Ur­teil vom 16.04.2003, 7 AZR 119/02.

Ent­fris­tungs­kla­ge ja - aber mit wel­chem An­trag?

Ar­beit­neh­mer, die die Wirk­sam­keit ih­rer Be­fris­tung ge­richt­lich über­prüfen las­sen wol­len sind gemäß § 17 Satz 1 Tz­B­fG ge­hal­ten, ei­ne Ent­fris­tungs­kla­ge in­ner­halb von drei Wo­chen nach dem ver­ein­bar­ten En­de des be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses zu er­he­ben. Tun sie dies nicht, so gilt die Be­fris­tung nach dem Ge­setz als wirk­sam.

Die­se Re­ge­lung ent­spricht da­mit der eben­falls drei Wo­chen be­tra­gen­den Frist für ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge nach dem KSchG (Kündi­gungs­schutz­ge­setz).

§ 17 Satz 1 Tz­B­fG lau­tet:

"Will der Ar­beit­neh­mer gel­tend ma­chen, dass die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­tra­ges rechts­un­wirk­sam ist, so muss er in­ner­halb von drei Wo­chen nach dem ver­ein­bar­ten En­de des be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tra­ges Kla­ge beim Ar­beits­ge­richt auf Fest­stel­lung er­he­ben, dass das Ar­beits­verhält­nis auf Grund der Be­fris­tung nicht be­en­det ist."

Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat nun­mehr zu der Fra­ge Stel­lung ge­nom­men, auf wel­che For­ma­li­en der kla­gen­de Ar­beit­ge­ber bei der Stel­lung sei­nes An­trags ach­ten muß, da­mit die Er­he­bung der Kla­ge ord­nungs­gemäß und da­mit in­ner­halb der ge­setz­li­chen Frist von drei Wo­chen er­folgt ist.

Der Streit­fall: Ar­beit­neh­mer er­hebt Kla­ge auf Fest­stel­lung ei­nes un­be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses

Der Kläger war für zwei Jah­re, nämlich vom 03.05.1999 bis zum 02.05.2001, auf der Grund­la­ge von vier je­weils be­fris­te­ten Ar­beits­verträgen als Be­ton­ar­bei­ter bei der Be­klag­ten beschäftigt. Am 07.05.2001, d.h. vier Ta­ge nach dem ver­ein­bar­ten En­de des letz­ten Zeit­ver­tra­ges, er­hob der Kläger beim Ar­beits­ge­richt Kla­ge. Da­bei be­gehr­te er die Fest­stel­lung, "daß das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis über den 02.05.2003 hin­aus als un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis fort­be­steht." Außer­dem ver­lang­te der Kläger von der Be­klag­ten die Frei­stel­lung von der Ver­pflich­tung zur Ar­beits­leis­tung.

Zur Be­gründung führ­te der Kläger aus, sein Ar­beits­zeit­kon­to ha­be ein Zeit­gut­ha­ben von 70 St­un­den. Das könne nur durch Frei­stel­lung in der Zeit vom 03.05.2001 bis zum 15.05.2001 aus­ge­gli­chen wer­den. Da­her be­ste­he das Ar­beits­verhält­nis über die Zwei­jah­res­gren­ze hin­aus fort. Dies wie­der­um führe da­zu, daß die Be­fris­tung des Ar­beits­ver­tra­ges über­haupt un­wirk­sam sei.

Das Ar­beits­ge­richt und das Lan­des­ar­beits­ge­richt ha­ben die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

BAG: Der Ar­beit­neh­mer muss sich mit sei­ner Kla­ge ge­gen die Wirk­sam­keit der zu­letzt ver­ein­bar­ten Be­fris­tung wen­den

Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat sich der Mei­nung bei­den Vor­in­stan­zen an­ge­schlos­sen und da­mit die Rechts­auf­fas­sung des Ar­beit­ge­bers bestätigt, d.h. es hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

Nach An­sicht des Bun­des­ar­beits­ge­richts en­de­te das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en auf­grund ei­ner wirk­sa­men Be­fris­tung am 02.05.2001. Zur Be­gründung wird aus­geführt, daß die zu­letzt ver­ein­bar­te Be­fris­tung schon al­lein des­halb als wirk­sam gel­te, weil der Kläger nicht in­ner­halb von drei Wo­chen die nach § 17 Satz 1 Tz­B­fG ge­bo­te­ne Kla­ge er­ho­ben hat. Dies ist auf den ers­ten Blick über­ra­schend, da der Kläger ja be­reits vier vier Ta­ge nach dem ver­ein­bar­ten En­de des letz­ten Zeit­ver­tra­ges Kla­ge ein­ge­reicht hat­te.

Nach An­sicht des Bun­des­ar­beits­ge­richts wur­de die­se Kla­ge je­doch mit ei­nem fal­schen Kla­ge­an­trag er­ho­ben. Der Kläger hätte statt sei­nes An­trags auf Fest­stel­lung

"daß das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis über den 02.05.2003 hin­aus als un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis fort­be­steht."

rich­tig bzw. dem Ge­setz ent­spre­chend die Fest­stel­lung be­an­tra­gen müssen,

"daß das Ar­beits­verhält­nis auf­grund der zu­letzt mit Ar­beits­ver­trag vom XX.XX.XXXX ver­ein­bar­ten Be­fris­tung nicht be­en­det ist."

Der Un­ter­schied zwi­schen die­sen bei­den Anträgen be­steht dar­in, daß der vom Kläger ge­stell­te An­trag nicht deut­lich ge­nug zum Aus­druck brach­te, daß er sich ge­ra­de ge­gen ei­nen be­stimm­ten, vom Ar­beit­ge­ber be­haup­te­ten Be­en­di­gungs­grund wen­den wol­le, nämlich ge­gen die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses auf­grund der zu­letzt ver­ein­bar­ten Be­fris­tung. Ei­nen sol­chen An­trag auf Fest­stel­lung nen­nen Ju­ris­ten "punk­tu­ell", da hier nur ein be­stimm­ter Be­en­di­gungs­grund mit der Kla­ge an­ge­grif­fen wird.

Der Kläger hat­te da­ge­gen in dem vom Bun­des­ar­beits­ge­richt ent­schie­de­nen Fall kei­nen punk­tu­el­len, son­dern ei­nen "all­ge­mei­nen" Fest­stel­lungs­an­trag ge­stellt, d.h. er be­gehr­te die all­ge­mei­ne Fest­stel­lung, daß zwi­schen den Par­tei­en ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis be­steht. Nach Auf­fas­sung des Bun­des­ar­beits­ge­richts genügte die vom Kläger er­ho­be­ne all­ge­mei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge eben­so­we­nig wie sei­ne Leis­tungs­kla­ge auf Frei­stel­lung von der Ver­pflich­tung zur Ar­beits­leis­tung in der Zeit vom 03.05.2001 bis 15.05.2003 dafür, daß ei­ne Kla­ge im Sin­ne von § 17 Satz 1 Tz­B­fG er­ho­ben wur­de.

Mit sei­ner Kla­ge und ih­rer Be­gründung hat­te der Kläger, so das BAG, die Wirk­sam­keit der zu­letzt ver­ein­bar­ten Be­fris­tung nicht oder je­den­falls nicht ein­deu­tig ge­nug be­strit­ten.

Fa­zit: Wer Ent­fris­tungs­kla­ge er­hebt, soll­te nicht nur auf die Kla­ge­frist ach­ten, son­dern auch auf den rich­ti­gen Kla­ge­an­trag

Die Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts wird da­zu führen, daß Ent­fris­tungs­kla­gen mit dem "fal­schen" An­trag künf­tig kei­nen Er­folg ha­ben. Wird ein sol­cher Feh­ler erst nach Ab­lauf der dreiwöchi­gen Kla­ge­frist be­merkt, ist die Frist versäumt und es steht fest, daß die zu­letzt ver­ein­bar­te Be­fris­tung wirk­sam war.

Ob die Ar­beits­ge­rich­te der­ar­ti­ge Feh­ler "ausbügeln" wer­den, bleibt ab­zu­war­ten. Dafür spricht die all­ge­mei­ne Über­le­gung, daß die Ar­beits­ge­rich­te die in der Kla­ge­schrift an­gekündig­ten Anträge aus­le­gen können und darüber hin­aus auch auf sach­dien­li­che Anträge hin­wir­ken sol­len. An­de­rer­seits ist der Un­ter­schied zwi­schen ei­nem "punk­tu­el­len" und ei­nem "all­ge­mei­nen" Fest­stel­lungs­an­trag für Ar­beits­recht­ler ziem­lich gra­vie­rend und es ist da­her auch ziem­lich klar, so daß es hier in den meis­ten Fällen nicht viel "aus­zu­le­gen" gibt.

Ist aber erst ein­mal ei­ne Kla­ge mit ei­nem "fal­schen" An­trag ein­ge­reicht, so wird die Drei­wo­chen­frist bis zum Güte­ter­min in den meis­ten Fällen be­reits ab­ge­lau­fen sein. Da­her kann das Ar­beits­ge­richt im Güte­ter­min den Kläger zwar auf die mit sei­nem An­trag ver­bun­de­nen Pro­ble­me hin­wei­sen, doch wer­den sol­che recht­li­chen Hin­wei­se des Ar­beits­ge­richts in der Re­gel zu spät kom­men.

Nähe­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 18. Mai 2017

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de
Bewertung: 3.5 von 5 Sternen (11 Bewertungen)

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 

Für Personaler, betriebliche Arbeitnehmervertretungen und andere Arbeitsrechtsprofis: "Update Arbeitsrecht" bringt Sie regelmäßig auf den neusten Stand der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Informationen zu den Abo-Bedingungen und ein kostenloses Ansichtsexemplar finden Sie hier:

Alle vierzehn Tage alles Wichtige
verständlich / aktuell / praxisnah

HINWEIS: Sämtliche Texte dieser Internetpräsenz mit Ausnahme der Gesetzestexte und Gerichtsentscheidungen sind urheberrechtlich geschützt. Urheber im Sinne des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Martin Hensche, Lützowstraße 32, 10785 Berlin.

Wörtliche oder sinngemäße Zitate sind nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Urhebers bzw. bei ausdrücklichem Hinweis auf die fremde Urheberschaft (Quellenangabe iSv. § 63 UrhG) rechtlich zulässig. Verstöße hiergegen werden gerichtlich verfolgt.

© 1997 - 2024:
Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Berlin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Lützowstraße 32, 10785 Berlin
Telefon: 030 - 26 39 62 0
Telefax: 030 - 26 39 62 499
E-mail: hensche@hensche.de