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HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

LAG Rhein­land-Pfalz, Be­schluss vom 12.07.2007, 2 TaBV 74/06

   
Schlagworte: Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen: 2 TaBV 74/06
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 12.07.2007
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Trier
   

Ak­ten­zei­chen:
2 TaBV 74/06
4 BV 9/06
ArbG Trier
Be­schluss vom 12.07.2007

 

Te­nor:

 

Auf die Be­schwer­de der Ar­beit­ge­be­rin wird der Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Trier vom 27.11.2006 - 4 BV 9/06 - ab­geändert:

 

Es wird fest­ge­stellt, dass die Zu­stim­mung zur Ein­grup­pie­rung der Frau V. in die Ge­halts­grup­pe G III des Ein­zel­han­dels­ta­rif­ver­tra­ges Rhein­land-Pfalz als er­teilt gilt.

Die Rechts­be­schwer­de wird zu­ge­las­sen.

 

 

Gründe:

I.

Die Be­tei­lig­ten strei­ten im Rah­men ei­nes Zu­stim­mungs­er­set­zungs­ver­fah­rens um die zu­tref­fen­de Ein­grup­pie­rung der Frau V., die als Mit­ar­bei­te­rin im Kas­sen­be­reich ein­ge­setzt ist.

 

Die Ar­beit­ge­be­rin be­treibt in A-Stadt ei­ne ört­li­che Nie­der­las­sung, in wel­cher der be­tei­lig­te Be­triebs­rat gewählt ist. Im Be­trieb wer­den mehr als 20 Mit­ar­bei­ter re­gelmäßig beschäftigt. Es gilt das Ta­rif­werk für den Ein­zel- und Ver­sand­han­del Rhein­land-Pfalz ein­sch­ließlich et­wai­ger Son­der­re­ge­lun­gen. Der Man­tel­ta­rif­ver­trag vom 18.07.2003 sieht zur Ein­grup­pie­rung in § 9 vor, dass die Ein­grup­pie­rung ent­spre­chend der tatsächli­chen Tätig­keit er­folgt, wo­bei die Ge­halts- und Lohn­grup­pen ge­son­der­ten Ta­rif­verträgen vor­be­hal­ten blei­ben. Wei­ter ist ge­re­gelt, dass wenn dau­ernd meh­re­re Tätig­kei­ten zu­gleich aus­geübt wer­den, die un­ter ver­schie­de­ne Ta­rif­grup­pen fal­len, ei­ne Ein­grup­pie­rung in die höchst mögli­che Ta­rif­grup­pe der zeit­lich über­wie­gen­den Tätig­keit er­folgt, bei nicht ex­akt ab­ge­renz­ba­rem Über­wie­gen in die höhe­re der denk­ba­ren Ta­rif­l­ohn­grup­pen. Die Ein­grup­pie­rung fin­det in fünf Ge­halts­stu­fen statt, wo­bei im Fal­le der be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­me­rin die höchs­te Ge­halt­stu­fe er­reicht ist.

 

Die Ge­halts­grup­pe II (G II) er­fasst:

„An­ge­stell­te mit ein­fa­cher kaufmänni­scher und/ oder tech­ni­scher Tätig­keit, z. B. [...] ein­fa­che Kas­siertätig­keit (z. B. La­den­kas­sie­rer/ in) [Fußno­te 1: Kas­sie­rer/ in­nen, de­ren Tätig­keit über die An­for­de­run­gen die­ser Ta­rif­grup­pe hin­aus­reicht, oh­ne die An­for­de­run­gen der fol­gen­den Ta­rif­grup­pe zu erfüllen, er­hal­ten ab dem 1.9.2002 ei­ne Tätig­keits­zu­la­ge von 52,- EUR.], [...], An­ge­stell­te mit ein­fa­chen Tätig­kei­ten in den Be­rei­chen: Ein­kauf, Rech­nungs­prüfung, Wa­re­n­an­nah­me, [...], Ver­sand, Buch­hal­tung, Lohn­buch­hal­tung, Kre­ditbüro [...].“

 

In die Ge­halts­grup­pe III (G III) fal­len so­dann:

"An­ge­stell­te mit ei­ner Tätig­keit, die er­wei­ter­te Fach­kennt­nis­se und größere Ver­ant­wor­tung er­for­dert, z. B. [...] Kas­sie­rer/ in mit höhe­ren An­for­de­run­gen [Fußno­te 2: Die für Kas­sie­rer/ in­nen ge­for­der­ten höhe­ren An­for­de­run­gen wer­den in der Re­gel von Kas­sie­rer/ in­nen erfüllt, die über­wie­gend in Kas­sen­zo­nen von Le­bens­mit­tel-Su­permärk­ten (ab 400qm Ver­kaufs­fläche) so­wie an Sam­mel­kas­sen beschäftigt sind. Kas­sen, die für meh­re­re Ab­tei­lun­gen zuständig sind und an de­nen Kas­sie­rer/ In­nen aus­sch­ließlich beschäftigt wer­den, sind Sam­mel­kas­sen gleich­zu­set­zen.], Kas­sie­rer/ in in Ver­brau­chermärk­ten, [...], selbständi­ge Sach­be­ar­bei­tung in fol­gen­den Be­rei­chen: Ein­kauf, Rech­nungs­prüfung, Wa­re­n­an­nah­me, [...], Ver­sand, Buch­hal­tung, Kre­ditbüro [...].“

 

Die Ge­halts­grup­pe IV (G IV) steht so­dann

„An­ge­stell­ten mit selbständi­ger Tätig­keit im Rah­men all­ge­mei­ner An­wei­sung und mit ent­spre­chen­der Ver­ant­wor­tung für ih­ren Tätig­keits­be­reich a) oh­ne oder mit in der Re­gel bis zu 4 un­ter­stell­ten voll­beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer/ in­nen, b) mit in der Re­gel mehr als 4 un­ter­stell­ten voll­beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer/ in­nen [...]“

of­fen,

„z. B. [...] Kas­sen­auf­sicht, Kas­sie­ren mit zusätz­li­cher Ver­ant­wor­tung (z. B. mit zusätz­li­chen kas­sen­tech­ni­schen und/ oder buch­hal­te­ri­schen Auf­ga­ben, Kas­sen­auf­sicht bzw. ver­gleich­ba­re 1. Kas­sie­rer/ in­nen), [...].“

Im Som­mer 2005 wur­den im Kas­sen­be­reich Um­struk­tu­rie­run­gen vor­ge­nom­men. Als Fol­ge wur­de im 3. Stock des Wa­ren­hau­ses ei­ne so­ge­nann­te er­wei­ter­te Be­reichs­kas­se ein­ge­rich­tet. An die­se Kas­se wur­den ein­ver­nehm­lich mit dem Be­triebs­rat die Mit­ar­bei­te­rin­nen Frau U., Frau T., Frau S., Frau R., Frau Q. und Herr P. ver­setzt. Wei­ter in die­sem Be­reich ein­ge­setzt wird die Mit­ar­bei­te­rin Frau V., die­se ist "ers­te Kraft" des Be­reichs.

 

In der er­wei­ter­ten Be­reichs­kas­se, auch Ser­vice-Kas­se ge­nannt, wur­den teil­wei­se Auf­ga­ben der frühe­ren Haupt­kas­se er­le­digt, al­ler­dings mit der Maßga­be, dass nur noch die ma­nu­el­le Ver­ein­nah­mung und Her­aus­ga­be von Hart­geld dort er­folgt, fer­ner auch das Haupt­kas­sen­buch geführt wird, je­doch kei­ne Kre­di­to­ren- und De­bi­to­ren­buch­hal­tung mehr wie früher. Das ver­ein­nahm­te Hart­geld wird im rückwärti­gen Be­reich der Kas­se ge­sam­melt und schließlich in Sa­fe­bags an die Fah­rer ei­nes Drit­t­un­ter­neh­mens über­ge­ben.

 

Der Zeit­an­teil der Hart­geld­dis­po­si­ti­on ist zwi­schen den Be­tei­lig­ten um­strit­ten. Die Ar­beit­ge­be­rin gibt an vier bis sechs St­un­den pro Wo­che für zwei Mit­ar­bei­ter. Der An­trag­stel­ler sechs St­un­den pro Wo­che al­lein für die Präpa­ra­ti­on der Sa­fe­bags.

 

Des wei­te­ren wer­den von den Mit­ar­bei­tern der er­wei­ter­ten Be­reichs­kas­se noch Auf­ga­ben des so­ge­nann­ten Fi­li­albüros, d. h. der Fi­li­al­lei­tungs­ad­mi­nis­tra­ti­on mit­er­le­digt. Die Mit­ar­bei­te­rin V. hat ne­ben ge­le­gent­li­cher un­mit­tel­ba­ren Mit­ar­beit im Kas­sen­be­reich Ver­wal­tungs- und Ad­mi­nis­tra­ti­ons­auf­ga­ben des Fi­li­albüros zu erfüllen, d. h. Be­le­ge aus der Fi­lia­le zu sam­meln und ge­ord­net an die zuständi­gen Stel­len in der Haupt­ver­wal­tung wei­ter­zu­lei­ten. Auch die Be­ar­bei­tung des all­ge­mei­nen Schrift­ver­kehrs in der Fi­lia­le ob­liegt ihr, fer­ner die Be­treu­ung der haus­in­ter­nen Soft- und Hard­ware ein­sch­ließlich der Er­he­bung von ein­fa­chen Pro­ble­men an den Kas­sen­rech­nern bzw. Be­auf­tra­gen des tech­ni­schen Diens­tes im re­gio­na­len Dienst­leis­tungs­zen­trum bei ent­spre­chen­dem Be­darf.

 

Un­ter den Be­tei­lig­ten herrscht im Ein­zel­nen Streit über die Wer­tig­keit der den sons­ti­gen Mit­ar­bei­tern und Mit­ar­bei­te­rin­nen an der Kas­se über­tra­ge­nen Auf­ga­ben, ins­be­son­de­re, ob sie er­wei­ter­te Fach­kennt­nis­se und größere Ver­ant­wor­tung ein­set­zen müssen, z. B. als Kas­sie­rer mit höhe­ren An­for­de­run­gen im Sin­ne der Pro­to­koll­no­tiz, nämlich der Beschäfti­gung an Sam­mel­kas­sen, an­zu­se­hen sind.

 

Nach­dem Gespräche über die zunächst vor­ge­se­he­ne Ein­rich­tung der Ser­vice-Kas­se im 1. Ober­ge­schoss geführt wur­den und der Be­triebs­rat am 17.06.2005 Be­den­ken we­gen der be­ab­sich­tig­ten Ein­grup­pie­rung hat­te, schrieb die Ar­beit­ge­be­rin am 21.06.2005 an den Be­triebs­rat wie folgt:

 

„An­trag an den BR der A- AG A-Stadt

Fi­li­albüro/ Be­reichs­kas­se

Sehr ge­ehr­ter Herr O,,

an­lie­gend er­hal­ten Sie die neu­en Verträge für die Mit­ar­bei­te­rin­nen der er­wei­ter­ten Be­reichs­kas­se/ Fi­li­albüro (Ser­vice-Kas­se).

Wie mit dem Be­triebs­rat be­spro­chen, wird die bis­he­ri­ge Fa­shion­kas­se im 1. OG um die Auf­ga­ben des Fi­li­albüros er­wei­tert (Tätig­keits­be­schrei­bun­gen lie­gen ih­nen vor).

 

Die Mit­ar­bei­te­rin­nen R. und U. wer­den, wie ver­ein­bart, den Mit­ar­bei­tern der Ser­vice­kas­se zu­ge­ord­net.

Frau V. wird die neue Fi­lial­or­ga­ni­sa­to­rin. Ihr sind die Mit­ar­bei­te­rin­nen der Ser­vice­kas­se un­ter­stellt. Dies sind im Ein­zel­nen (in Klam­mern die vor­ge­se­he­ne Ein­grup­pie­rung):

 

Frau N. (GII)

Frau M. (GII)

Frau L. (GII)

Frau K. (GII)

Frau J. (GII)

Frau I. (GII)

Frau H. (GII)

Frau G. (GII) Ab­grup­pie­rung von GIII nach den Be­din­gun­gen des So­zi­al­plans,

Frau U. (GII) Ab­grup­pie­rung von GIII nach den Be­din­gun­gen des So­zi­al­plans

(Frau F. bleibt in der Ab­tei­lung 030 und wird zu 50% ih­rer in­di­vi­du­el­len Ar­beits­zeit die Ser­vice­kas­se un­terstützen).

 

Frau V. (GIII) und Funk­ti­ons­zu­la­ge für Um­stel­lungs­verhält­nis­se.

Die­se Kon­struk­ti­on wur­de vor Wo­chen mit den be­trof­fe­nen Mit­ar­bei­te­rin­nen und dem BR be­spro­chen. Da­her er­staunt es, dass der Be­triebs­rat am 17.6.05 erst­mals Be­den­ken ge­gen die Ein­grup­pie­rung ver­lau­ten ließ.

Be­gründung für die Ein­grup­pie­rung:

Die ver­trag­lich zu leis­ten­den Ar­beits­stun­den der bis­he­ri­gen Mit­ar­bei­ter der Fa­shion­kas­se ent­sprach 4,0 VB. Zu­ge­ord­net wur­den 1,1 VB Mit­ar­bei­ter für die Auf­ga­ben des Fi­li­albüros; außer­dem wird die Fi­lial­or­ga­ni­sa­ti­on mit 1,0 VB zu­ge­ord­net. Es ist be­spro­chen, dass al­le Mit­ar­bei­te­rin­nen der Ser­vice­kas­se die zusätz­li­chen Auf­ga­ben des Fi­li­albüros be­herr­schen ler­nen und gleich­be­rech­tigt nach Ein­tei­lung durch Frau V. durchführen.

 

Die­se zusätz­li­chen Auf­ga­ben be­inhal­ten nach den Ih­nen vor­lie­gen­den Un­ter­la­gen ein­fa­che Tätig­kei­ten, die nur ei­ne ta­rif­li­che Ein­grup­pie­rung in GII recht­fer­ti­gen. Die höhe­re Ein­stu­fung der Frau V. recht­fer­tigt sich durch ih­re Vor­ge­setz­ten­funk­ti­on.

Selbst wenn wir un­ter­stel­len, dass die zusätz­li­chen Auf­ga­ben höher be­wer­tet sind, käme es auch nicht zu ei­ner Höher­grup­pie­rung. § 9 Satz 2+3 un­se­res MTV sagt aus:

2. Ei­ne Ein­grup­pie­rung er­folgt ent­spre­chend der tatsächlich aus­geübten Tätig­keit,

3. wer­den dau­ernd meh­re­re Auf­ga­ben zu­gleich aus­geübt, die un­ter ver­schie­de­ne Ta­rif­grup­pen fal­len, so er­folgt die Ein­grup­pie­rung ent­spre­chend der zeit­lich über­wie­gen­den Tätig­keit____.

Da ne­ben Frau V. als Fi­lial­or­ga­ni­sa­to­rin neue Tätig­kei­ten in der Größen­ord­nung von 1.1 VB ver­teilt auf 5.1 VB Mit­ar­bei­te­rin­nen hin­zu­ge­kom­men sind, wer­den die An­for­de­run­gen des § 9 Satz 3 auf Höher­grup­pie­rung in kei­nem Fall erfüllt, da dass Ar­beits­vo­lu­men der neu­en Tätig­kei­ten in kei­nem Fall über­wiegt.

 

Da Frau U. und Frau R. in die Grup­pe der Ser­vice­kas­sen­mit­ar­bei­te­rin­nen mit glei­chen Rech­ten und Pflich­ten in­te­griert wer­den (auf ei­ge­nen Wunsch), müssen die­se bei­den Mit­ar­bei­te­rin­nen die glei­che Ein­grup­pie­rung wie die Kol­le­gin­nen er­hal­ten, nämlich GII. Die bei­den Mit­ar­bei­te­rin­nen ak­zep­tie­ren übri­gens die Ab­grup­pie­rung.

Wir bit­ten den Be­triebs­rat gemäß dem An­trag zu ent­schei­den und den an­lie­gen­den Verträgen in die­ser Form zu­zu­stim­men.

A-Stadt, den 21.6.05

(Geschäfts­lei­tung, D.)“

 

 

Nach An­ga­ben der Be­tei­lig­ten in der münd­li­chen Anhörung vor der Kam­mer wur­de die Ein­rich­tung der Be­reichs­kas­se im 1. Ober­ge­schoss ver­wor­fen, weil bau­tech­ni­sche Gründe ei­ne Ein­rich­tung in­ner­halb der Fa­shion-Ab­tei­lung nicht für zweck­dien­lich er­schei­nen ließen.

 

In Übe­rein­stim­mung mit dem Be­triebs­rat wur­de so­dann in der 3. Eta­ge die­se Ser­vice-Kas­se ein­ge­rich­tet und dort seit En­de Au­gust 2005 be­trie­ben. Die Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter wur­den mit Zu­stim­mung des Be­triebs­ra­tes in die Ab­tei­lung ver­setzt.

 

In ei­nem Gespräch vom 23.11.2005 be­an­trag­te noch­mals die Ar­beit­ge­be­rin förm­lich die Zu­stim­mung zur Ein­grup­pie­rung der Mit­ar­bei­te­rin U. in die Ge­halts­grup­pe G II und der Mit­ar­bei­te­rin V. in die Ge­halts­grup­pe G III.

 

Mit Schrei­ben da­tiert vom 29.11.2005 lehn­te der Be­triebs­rat die Zu­stim­mung zur be­ab­sich­tig­ten Ein­grup­pie­rung ab. Das Schrei­ben lau­tet wört­lich:

 

„Nach wie vor sind wir über­zeugt, dass die Ein­grup­pie­run­gen nach der tatsächli­chen Tätig­keit vor­zu­neh­men sind.

Das be­deu­tet, dass wir ei­ne Vergütung für die Fi­lial­or­ga­ni­sa­to­rin nach der Ta­rif­grup­pe 5 b, so­wie der wei­te­ren Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter des Fi­li­albüros und der er­wei­ter­ten Be­reichs­kas­se nach G 3, für rich­tig hal­ten.

Für ei­ne noch zu be­stim­men­de Stell­ver­tre­tung der Fi­lial­or­ga­ni­sa­to­rin erklären wir uns mit Ih­rem Kom­pro­miss­vor­schlag G 3 plus ei­ner Funk­ti­ons­zu­la­ge von 100,- EUR mo­nat­lich ein­ver­stan­den.

 

Be­gründung:
Der Zuständig­keits­be­reich der Fi­lial­or­ga­ni­sa­to­rin er­streckt sich auf al­le Tätig­kei­ten, die vor ZE­RO BASE 1 von ei­ner Viel­zahl von un­ter­schied­li­chen Ver­ant­wort­li­chen ge­leis­tet wur­den. Die Fi­lial­or­ga­ni­sa­to­rin hat dem­nach die Richt­li­ni­en des "Hand­buchs Fi­lial­or­ga­ni­sa­ti­on" zu ver­an­las­sen, die­se zu be­ar­bei­ten oder zu de­le­gie­ren und vor al­lem die Kon­trol­le über die ord­nungs­gemäße Er­le­di­gung zu führen.

Sie ist zuständig für z. B.

- Si­cher­heit und Ord­nung des Hau­ses

- Be­le­g­an­nah­me und Wei­ter­lei­tung an die ent­spre­chen­den Stel­len

- De­bi­to­ren­buch­hal­tung und -- Kun­den­auf­trags­schrei­bung

- Geld­be­ar­bei­tung

: Wech­sel­geld­dis­po­si­ti­on

: Ein- und Aus­zah­lun­gen

: Haupt­kas­sen­be­stand

: Haupt­kas­sen­ab­rech­nung

: Geld­auf­be­wah­rung

- In­ven­tur

: Vor­be­rei­tung

: Über­wa­chung der ord­nungs­gemäßen Durchführung

- Dieb­stahls­in­for­ma­ti­ons­sys­tem

: Be­ab­rei­tung

: Er­for­der­li­che Ein­ga­ben und - Aus­wer­tun­gen

- Be­treu­ung der EDV-Hard­ware

: Über­wa­chen und Ein­hal­ten der Grundsätze der Da­ten­si­cher­heit

: PC

: Kas­sen

: Te­le­fon­an­la­gen

- Ser­vice

: Kun­den­kar­ten (Hap­py Di­gits)

: Kun­den­rech­nun­gen

: Wunsch­kar­ten und Ge­schenk­gut­schei­ne

- Maßnah­men der all­ge­mei­nen Ver­wal­tung

: Schrift­ver­kehr

: Ge- und Ver­brauchs­ma­te­ri­al

: Haft­pflichtschäden

- Wa­re­n­an­nah­me - Ver­sand

Im Be­reich der Per­so­nal­ad­mi­nis­tra­ti­on ist sie zuständig un­ter an­de­rem für die Durchführung und Über­wa­chung von:

- Sam­mel­funk­tio­nen

: Anträge

: Ar­beits­pa­pie­re und Be­schei­ni­gun­gen

- Ver­teil­funk­ti­on

: Ab­rech­nun­gen

: MK-Kar­ten

: Zeit­aus­wei­se

- Kon­troll­funk­ti­on

- Ser­vice­funk­ti­on

: Be­schaf­fung und Ein­stel­lung von Aus­hil­fen (zB In­ven­tur)

: Pfle­ge von Zeit­da­ten

: Un­fal­l­an­zei­gen und Krank­mel­dun­gen

Al­le die­se Tätig­kei­ten be­din­gen ei­ne Ein­grup­pie­rung in die Ge­halts­grup­pe 5, da hier ei­ne lei­ten­de Stel­lung mit An­wei­sungs­be­fug­nis und erhöhter Ver­ant­wor­tung vor­liegt.

Es ist ein­deu­tig fest­zu­stel­len, dass die Tätig­keit nicht mehr den Tätig­keits­merk­ma­len der Vergütungs­grup­pe G 3 ent­spricht, in der die Fi­lial­or­ga­ni­sa­to­rin der­zeit ein­grup­piert ist und die Ih­rer Auf­fas­sung nach auch zukünf­tig die Rich­ti­ge sein soll.

Der von Ih­nen vor­ge­schla­ge­nen Ein­grup­pie­rung in G3 plus ei­ner Funk­ti­ons­zu­la­ge ist des­halb die Zu­stim­mung zu ver­wei­gern.

Bei den wei­te­ren Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern des Fi­li­albüros und der er­wei­ter­ten Be­reichs­kas­se ist der Be­triebs­rat der Auf­fas­sung, dass es sich hier um Tätig­kei­ten han­delt, die ei­ner Sam­mel­kas­se ent­spre­chen und darüber hin­aus noch Tätig­kei­ten des Fi­li­albüros mit um­fasst. Des­halb sind die­se Mit­ar­bei­te­rin­nen in die Vergütungs­grup­pe G3 ein­zu­grup­pie­ren.

Bei­spie­le:

- Be­ar­bei­tung der Haupt­kas­se

- Kun­den­ser­vice wie Hap­py Di­gits, Ge­schenk­gut­schei­ne, Wunsch­kar­ten

- Mehr­wert­steu­e­r­er­stat­tung

- Tax Free

- Na­to Pa­pie­re

- Te­le­fon­zen­tra­le

- und al­le Tätiglei­ten des vor­her be­schrie­be­nen Leis­tungs­spek­trums, wel­ches von der Fi­lial­or­ga­ni­sa­to­rin zur Er­le­di­gung de­le­giert wer­den kann.

Auch hier ent­spricht die Tätig­keit nicht mehr den Tätig­keits­merk­ma­len der Vergütungs­grup­pe G2, in der die Mit­ar­bei­te­rin­nen jetzt ein­grup­piert sind.

Des­halb ist auch hier die Zu­stim­mung zu ver­wei­gern.

In bei­den Fällen liegt al­so, bei Ih­rem Vor­schlag, ein Ver­s­toß ge­gen ta­rif­li­che Be­stim­mun­gen vor, und genügt da­mit nach § 99 Be­trVG Abs. 2 Satz 1, die Zu­stim­mung nicht zu er­tei­len.

Mit freund­li­chen Grüßen

Be­triebs­rat A- AG Fi­lia­le A-Stadt

M.

Be­triebs­rats­vor­sit­zen­der

 

Das Schrei­ben ist vom Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den nicht un­ter­zeich­net. Die Be­tei­lig­ten konn­ten kei­ne An­ga­be da­zu ma­chen, ob über­haupt ei­ne un­ter­schrie­be­ne Erklärung vor­liegt. Un­ter dem Schrei­ben be­fin­det sich ein Ver­merk, wo­nach das Schrei­ben von dem Fi­li­al­geschäfts­lei­ter D. am 29.12.2005 (ge­meint ist wohl 29.11.2005) er­hal­ten sei. An die­sem Tag hat­te der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de dem Fi­li­al­geschäftsführer das Schrei­ben des Be­triebs­ra­tes über­reicht.

 

Am 17.01.2006 hat die Ar­beit­ge­be­rin ein aber­ma­li­ges Schrei­ben zur Ein­grup­pie­rung und die von ihr be­ab­sich­tig­te Ein­grup­pie­rung noch­mals erläutert. Ei­ne schrift­li­che Re­ak­ti­on des Be­triebs­ra­tes er­folg­te nicht mehr.

 

Mit An­trag ein­ge­gan­gen beim Ar­beits­ge­richt Trier am 07.03.2006 hat der Be­triebs­rat ein Be­schluss­ver­fah­ren ein­ge­lei­tet mit dem Ziel, es der Ar­beit­ge­be­rin zu ver­bie­ten, die Mit­ar­bei­te­rin V. wei­ter in der Ge­halt­grup­pe G III ein­zu­grup­pie­ren, oh­ne die Zu­stim­mung des Be­triebs­ra­tes ein­zu­ho­len und im Ver­wei­ge­rungs­fal­le durch das Ar­beits­ge­richt er­set­zen zu las­sen.

 

Er hat den An­trag um den Hilfs­an­trag er­wei­tert, die Ar­beit­ge­be­rin zu ver­pflich­ten, die ver­wei­ger­te Zu­stim­mung zur Ein­grup­pie­rung der Mit­ar­bei­te­rin V. in­ner­halb des Ge­halts­grup­pen­gefüges des Ein­zel­han­dels­ta­rif­ver­tra­ges Rhein­land-Pfalz im Rah­men des ar­beits­ge­richt­li­chen Ver­fah­rens er­set­zen zu las­sen.

 

Die Ar­beit­ge­be­rin hat be­an­tragt,

die Anträge zurück­zu­wei­sen.

 

Sie hat im We­ge des Wi­der­an­trags be­an­tragt,

die vom An­trag­stel­ler ver­wei­ger­te Zu­stim­mung zur Ein­grup­pie­rung von V. in die Ge­halts­grup­pe G III des Ein­zel­han­dels­ta­rif­ver­tra­ges Rhein­land-Pfalz zum 19.08.2005 zu er­set­zen.

 

Der Be­triebs­rat hat be­an­tragt,

den Wi­der­an­trag zurück­zu­wei­sen.

 

Die Ar­beit­ge­be­rin hat vor­ge­tra­gen, der An­trag auf Un­ter­las­sung sei nicht zulässig. Im übri­gen sei der An­trag un­be­gründet, weil die Zu­stim­mung zur Ein­grup­pie­rung kraft Ge­set­zes fin­giert wer­de. Die Zu­stim­mung sei nämlich da­durch ein­ge­tre­ten, das der Be­triebs­rat sich nicht auf die An­trag­stel­lung vom 21.06.2005 geäußert ha­be. Im übri­gen lie­ge ein form­ge­rech­ter Wi­der­spruch spätes­tens nach der noch­ma­li­gen Un­ter­rich­tung am 26.11.2005 nicht vor, weil das Wi­der­spruchs­schrei­ben des Be­triebs­ra­tes nicht der ge­setz­li­chen Schrift­form ent­spre­che.

 

Die Ar­beit­ge­be­rin ver­folgt wei­ter ih­re Auf­fas­sung, dass die von ihr vor­ge­nom­me­ne Ein­grup­pie­rung zu­tref­fend sei.

 

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des ers­ter In­stanz wird die tat­be­stand­li­che Dar­stel­lung im Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Trier vom 27.11.2006 Be­zug ge­nom­men.

 

Das Ar­beits­ge­richt hat sämt­li­che Anträge zurück­ge­wie­sen. Im We­sent­li­chen hat es aus­geführt, die Anträge des Be­triebs­ra­tes sei­en un­zulässig, weil ein all­ge­mei­ner Un­ter­las­sungs­an­spruch des Be­triebs­ra­tes nicht be­ste­he. Des­sen Rech­te sei­en in den Be­stim­mun­gen der §§ 99 ff. Be­trVG ab­sch­ließend ge­re­gelt. Der hilfs­wei­se Vor­nah­me­an­trag sei auf­grund der zwi­schen­zeit­lich ein­ge­lei­te­ten Zu­stim­mungs­er­set­zung von kei­nem an­de­rem Rechts­schutz­in­ter­es­se mehr ge­tra­gen.

 

Der durch die Ar­beit­ge­be­rin an­ge­brach­te An­trag auf Zu­stim­mungs­er­set­zung sei zwar statt­haft und zulässig. Von ei­ner fin­gier­ten Zu­stim­mung nach § 99 Abs. 3 S. 2 Be­trVG könne nicht aus­ge­gan­gen wer­den. Der An­trag ha­be je­doch in der Sa­che kei­nen Er­folg. Die be­gehr­te Ein­grup­pie­rung stim­me mit dem ta­rif­li­chen Ge­halts­gefüge nicht übe­rein. Die Be­tei­li­gungs­rech­te sei­en nicht be­reits durch das Schrei­ben vom 21.06.2005 aus­gelöst wor­den. Die in die­sem un­ter­brei­te­te Struk­turände­rung sei nämlich nicht zu­stan­de ge­kom­men, so­dass die Be­tei­li­gungs­rech­te ih­ren Be­zug ver­lo­ren ha­ben. Ursprüng­lich vor­ge­se­hen sei die Ein­rich­tung der er­wei­ter­ten Be­reichs­kas­se im 1. Ober­ge­schoss an­stel­le der vor­he­ri­gen Fa­shion-Kas­se. An­de­re Mit­ar­bei­ter soll­ten da­von be­trof­fen sein. Das ge­sam­te Pro­jekt sei we­gen bau­tech­ni­scher Ent­schei­dun­gen ver­wor­fen wor­den. Erst An­fang Ju­li 2005 sei ei­ne Neu­ab­stim­mung des Kon­zepts für das 3. Ober­ge­schoss mit der in­te­grier­ten Kas­se ge­trof­fen wor­den. Die vor­her kon­kret ge­plan­te Ver­set­zung und Um­grup­pie­rung der ge­nann­ten Mit­ar­bei­ter sei auf­grund des Vor­gangs ge­gen­stands­los ge­wor­den. Dass die später durch­geführ­te Maßnah­me für die von bei­den Pla­nun­gen ge­trof­fe­nen Mit­ar­bei­te­rin­nen V. und U. in al­len denk­ba­ren Punk­ten er­kenn­bar iden­tisch kon­zi­piert wa­ren, sei we­der vor­ge­tra­gen noch er­sicht­lich. Auf­grund der Un­ter­rich­tung sei­en mit­hin Be­tei­li­gungs­rech­te noch nicht in Gang ge­setzt ge­we­sen.

 

Auch durch die un­ter dem 23.11.2005 be­an­trag­te Zu­stim­mung zur Ein­grup­pie­rung der Mit­ar­bei­ter sei die Fik­ti­ons­wir­kung des § 99 Abs. 3 S. 2 Be­trVG nicht wei­ter aus­gelöst wor­den. Zwar sei das Wi­der­spruchs­schrei­ben nicht hand­schrift­lich un­ter­zeich­net wor­den. Die Be­ru­fung der Ar­beit­ge­be­rin auf die­sem Um­stand sei vor dem Hin­ter­grund der persönli­chen Überg­a­be des Schrei­bens und des so­dann über Mo­na­te hin­weg fort­geführ­ten Ver­hand­lung bis zur Ein­lei­tung des vor­lie­gen­den Ver­fah­rens treu­wid­rig und da­mit un­be­acht­lich. Hier­zu führt das Ar­beits­ge­richt im Ein­zel­nen aus. Ins­be­son­de­re der nach dem 29.11.2005 fort­ge­setz­ten Ver­hand­lung maß das Ar­beits­ge­richt ent­schei­den­des Ge­wicht bei. Die Ar­beit­ge­be­rin hätte mit Schrei­ben vom 17.01.2006 aus­drück­lich mit­ge­teilt, dass die Ver­hand­lung über die rich­ti­ge Ein­grup­pie­rung im­mer noch hinzögen und des­halb um er­neu­te Be­fas­sung des Be­triebs­ra­tes ge­be­ten. Mit Schrei­ben ha­be sie do­ku­men­tiert, dass sie sich an den Wi­der­spruch des Be­triebs­ra­tes vom 29.11.2005 ge­bun­den fühlt.

 

Durch das Schrei­ben vom 17.01.2006 sein ein neu­es Zu­stim­mungs­ver­fah­ren nicht ein­ge­lei­tet wor­den.

 

Sch­ließlich führt das Ar­beits­ge­richt un­ter Dar­le­gung kon­kre­ter Gründe aus, wes­we­gen die von der Ar­beit­ge­be­rin vor­ge­nom­me­ne Ein­grup­pie­rung nicht zu­tref­fend sei, das Ar­beits­ge­richt hält die Tätig­keit der be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer und Ar­beit­neh­me­rin­nen für ver­gleich­bar mit der Tätig­keit an ei­ner Sam­mel­kas­se.

 

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten der Ent­schei­dungs­be­gründung wird auf die vor­be­zeich­ne­te Ent­schei­dung ver­wie­sen.

 

Der Be­schluss wur­de der Ar­beit­ge­be­rin am 04.12.2006 zu­ge­stellt. Am 29.12.2006 leg­te sie hier­ge­gen Be­schwer­de ein. Nach­dem die Frist zur Be­gründung der Be­schwer­de bis 14.03.2007 verlängert wor­den war, hat die Ar­beit­ge­be­rin am 12.03.2007 ih­re Be­schwer­de be­gründet.

 

Die Ar­beit­ge­be­rin hält die Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts aus meh­re­ren Gründen für un­rich­tig. Auf das Anhörungs­schrei­ben vom 21.06.2005, wel­ches al­le not­wen­di­gen In­for­ma­tio­nen ent­hal­te, ha­be sich der Be­triebs­rat nicht geäußert. Zwar sei es rich­tig, dass es sich hier­bei um lau­fen­de bau­li­che Maßnah­men in der 1. Eta­ge han­deln soll­te, die in dem Schrei­ben an­geführ­ten Tätig­keits­be­schrei­bun­gen sei­en mit den zur Zeit aus­geführ­ten Tätig­kei­ten iden­tisch. Be­reits mit die­sem Schrei­ben sei un­ter an­de­rem die Ein­grup­pie­rung der Mit­ar­bei­te­rin­nen U. und V. be­an­tragt wor­den. Ei­ne schrift­li­che Re­ak­ti­on des Be­triebs­ra­tes er­folg­te nicht.

 

Spätes­tens mit der feh­len­den Un­ter­schrift un­ter dem Schrei­ben vom 29.11.2005 sei je­doch die Fik­ti­ons­wir­kung ein­ge­tre­ten, die Zu­stim­mung zu den Um­grup­pie­run­gen gel­te als er­teilt.

 

Die Be­ru­fung auf die Form­nich­tig­keit sei nicht treu­wid­rig. Das Ar­beits­ge­richt ver­ken­ne, dass bei ei­nem Ver­s­toß ge­gen Form­vor­schrif­ten le­dig­lich in be­son­ders be­gründe­ten Aus­nah­mefällen ei­ne sol­cher Form­ver­s­toß un­be­acht­lich sei. Vor­aus­set­zung sei ein treu­wid­ri­ges Ver­hal­ten und ein un­trag­ba­res Er­geb­nis. Al­lein der Ver­such, auf­grund des Ge­bo­tes der ver­trau­ens­vol­len Zu­sam­men­ar­beit ein Ein­ver­neh­men mit dem Be­triebs­rat her­zu­stel­len, be­deu­te nicht, dass es treu­wid­rig wäre sich auf Form­feh­ler des Be­triebs­ra­tes zu be­ru­fen. Auch das Schrei­ben vom 17.01.2006 ha­be al­lein der gütli­chen Bei­le­gung des Strei­tes zwi­schen den Be­tei­lig­ten ge­dient.

 

Im übri­gen sei die Ent­schei­dung auch ma­te­ri­ell un­rich­tig, weil die be­trof­fe­nen Mit­ar­bei­ter zu­tref­fend sei­tens der Ar­beit­ge­be­rin ein­grup­piert wor­den sei­en. Hier­zu führt die Ar­beit­ge­be­rin um­fang­reich aus.

 

Nach Hin­weis des Ge­richts hat die Ar­beit­ge­be­rin zu­letzt be­an­tragt,

1. Der Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Trier (Az. 4 BV 9/06) vom 27.11.2006 wird auf­ge­ho­ben.

 

2. Es wird fest­ge­stellt, dass die Zu­stim­mung zur Ein­grup­pie­rung der Frau V. in die Ge­halts­grup­pe G III des Ein­zel­han­dels­ta­rif­ver­tra­ges Rhein­land-Pfalz vom 01.05.2005 als er­teilt gilt.

 

Hilfs­wei­se, die Zu­stim­mung zur Ein­grup­pie­rung der Frau V. in die Ge­halts­grup­pe II des Ein­zel­han­dels­ta­rif­ver­tra­ges Rhein­land-Pfalz vom01.05.2005 zu er­set­zen.

 

 

Der Be­triebs­rat be­an­tragt,

die Be­schwer­de zurück­zu­wei­sen.

 

Er ver­tei­digt den an­ge­foch­te­nen Be­schluss. Nach der Rechts­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts sei ei­ne Un­ter­schrift un­ter des Wi­der­spruchs­schrei­bens nicht er­for­der­lich. Im übri­gen ver­hal­te sich die Ar­beit­ge­be­rin treu­wid­rig, wenn sie sich trotz fort­geführ­ter Ver­hand­lun­gen über die zu­tref­fen­de Ein­grup­pie­rung erst­mals im Be­schluss­ver­fah­ren vor dem Ar­beits­ge­richt auf ei­nen feh­len­den wirk­sa­men Wi­der­spruch des Be­triebs­ra­tes be­ruft.

 

Im übri­gen sei die vor­ge­se­he­ne Ein­grup­pie­rung der Ar­beit­ge­be­rin ta­rif­wid­rig.

 

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des um­fang­rei­chen Sach- und Streit­stan­des im Be­schwer­de­ver­fah­ren wird auf den vor­ge­tra­ge­nen In­halt der Schriftsätze der Be­tei­lig­ten, die Ge­gen­stand der münd­li­chen Anhörung wa­ren, wird ver­wie­sen. Wei­ter­hin wird ver­wie­sen auf die Fest­stel­lun­gen zum Sit­zungs­pro­to­koll vom 12.07.2007.

 

II.

Die Be­schwer­de der Ar­beit­ge­be­rin ist zulässig, sie ist ins­be­son­de­re form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den (§§ 78 Abs. 2, 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO).

 

Das Rechts­mit­tel hat in der Sa­che auch Er­folg.

 

Es war fest­zu­stel­len, dass die Zu­stim­mung zur Ein­grup­pie­rung der Frau U. in die Ge­halts­grup­pe G II des Ein­zel­han­dels­ta­rif­ver­tra­ges als er­teilt gilt.

 

Zwar hat die Ar­beit­ge­be­rin zunächst die Zu­stim­mung des Be­triebs­ra­tes zu der ge­plan­ten per­so­nel­len Maßnah­me be­an­tragt und in die­sem An­trags­ver­fah­ren un­ter an­de­rem vor­ge­bracht, auf je­den Fall sei die be­ab­sich­tig­te Ein­grup­pie­rung zu­tref­fend und die vom Be­triebs­rat ver­wei­ger­te Zu­stim­mung zu er­set­zen, sie hat des­wei­te­ren aber auch vor­ge­bracht, dass der Be­triebs­rat form- und frist­ge­recht der be­ab­sich­tig­ten Ein­grup­pie­rung nicht wi­der­spro­chen hat.

 

Be­an­tragt der Ar­beit­ge­ber die Er­set­zung der Zu­stim­mung des Be­triebs­ra­tes zu ei­ner ge­plan­ten per­so­nel­len Maßnah­me und stellt sich im Lau­fe des Ver­fah­rens her­aus, dass die Zu­stim­mung man­gels recht­zei­ti­ger Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rung schon als er­teilt gilt, kann das Ge­richt auch da­hin ent­schei­den, dass die Zu­stim­mung des Be­triebs­ra­tes als er­teilt gilt (vgl. BAG Be­schluss vom 28.01.1986 - 1 ABR 10/84 = BA­GE 51, 42, BAG vom 18.10.1988 - 1 ABR 33/87 = BA­GE 60, 57).

 

Auch oh­ne den von der Ar­beit­ge­be­rin ge­stell­ten An­trag hätte das Ge­richt die Fest­stel­lung tref­fen können, dass die Zu­stim­mung zur Ein­grup­pie­rung in die Ge­halts­grup­pe G II als er­teilt gilt.

 

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­richts gilt die Zu­stim­mung des Be­triebs­ra­tes zur be­ab­sich­tig­ten Ein­grup­pie­rung der Mit­ar­bei­te­rin U. als er­teilt.

 

Der Be­triebs­rat hat sei­ne Zu­stim­mung nicht recht­zei­tig ver­wei­gert.

 

Gemäß § 99 Abs. 3 Be­trVG muss der Be­triebs­rat ei­ne be­ab­sich­tig­te per­so­nel­le Maßnah­me in­ner­halb ei­ner Wo­che schrift­lich un­ter An­ga­be von Gründen wi­der­spre­chen, an­dern­falls gilt sei­ne Zu­stim­mung als er­teilt. Die Frist be­ginnt mit der vollständi­gen Un­ter­rich­tung gemäß § 99 Abs. 1 Be­trVG.

 

Im Streit­fall be­gann die­se Frist mit der Un­ter­rich­tung des Be­triebs­ra­tes in dem Gespräch am 23.11.2006.

 

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Ar­beit­ge­be­rin be­gann die Un­ter­rich­tung nicht be­reits mit Zu­gang des Schrei­bens vom 21.06.2006.

 

Die in die­sem Schrei­ben dem Be­triebs­rat un­ter­brei­te­te Ände­rung der Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tur kam nicht zu­stan­de. Ursprüng­lich war ge­plant, die er­wei­ter­te Be­reichs­kas­se im 1. Stock des Kauf­hau­ses in A-Stadt an­zu­sie­deln und hier­zu ei­ne be­stimm­te persönlich ab­grenz­ba­re An­zahl von Ar­beit­neh­me­rin­nen in die­sem Kas­sen­be­reich ein­zu­set­zen. Dass hier­bei die Mit­ar­bei­te­rin U. und V. eben­falls be­trof­fen wa­ren führt nicht da­zu, dass das be­ab­sich­tig­te Kon­zept um­ge­setzt wur­de. Un­er­heb­lich ist auch, ob ggf. die späte­re tatsächli­che Ein­rich­tung der Be­reichs­kas­se im 3. Ober­ge­schoss ab­so­lut iden­ti­sche Tätig­keits­be­schrei­bun­gen für die bei­den vor­be­zeich­ne­ten Mit­ar­bei­te­rin­nen be­inhal­te­te. Die be­ab­sich­tig­te Maßnah­me, die Mit­ar­bei­te­rin U. bzw. V. in die Be­reichs­kas­se 1. Ober­ge­schoss zu ver­set­zen, ihr dort be­stimm­te Tätig­kei­ten zu­zu­wei­sen, wur­de spätes­tens mit Auf­ga­be der ursprüng­li­chen Pla­nung, die­se Kas­se im 1. Ober­ge­schoss ein­zu­rich­ten, ge­gen­stands­los. Der Um­stand, dass der Be­triebs­rat auf das Schrei­ben vom 21.06.2005 un­strei­tig nicht form­ge­recht re­agiert hat, be­deu­tet al­so nicht, dass be­reits mit Ver­strei­chen der Wo­chen­frist die Zu­stim­mung zur ge­plan­ten Ein­grup­pie­rung ent­spre­chend dem Vor­schlag der Ar­beit­ge­be­rin als er­teilt gilt.

 

Erst nach­dem An­fang Ju­li 2006 ei­ne Neu­ab­stim­mung des Kon­zepts Fi­li­albüro für das 3. Ober­ge­schoss mit in­te­grier­ter Kas­se neu in An­griff ge­nom­men wur­de und die kon­kret ge­plan­te Ver­set­zung und Um­grup­pie­rung von Mit­ar­bei­tern und Mit­ar­bei­te­rin­nen, die im übri­gen nicht iden­tisch wa­ren mit dem ursprüng­lich be­trof­fe­nen Per­so­nen­kreis, ein­ge­lei­tet wur­de, sind trotz mögli­cher­wei­se ver­gleich­ba­rer Kon­zep­tio­nen die Be­tei­li­gungs­rech­te des Be­triebs­ra­tes erst­mals mit der schließlich er­folg­ten In­for­ma­ti­on am 23.11.2005 und der be­an­trag­ten Zu­stim­mung zur Ein­grup­pie­rung der Mit­ar­bei­ter in Gang ge­setzt wor­den.

 

Durch das dem Fi­li­al­geschäftsführer über­reich­te Schrei­ben des Be­triebs­ra­tes ist ein wirk­sa­mer Wi­der­spruch des Be­triebs­ra­tes ge­gen die be­ab­sich­tig­te Ein­grup­pie­rung nicht er­ho­ben wor­den. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­richts ist auch das Be­ru­fen der Ar­beit­ge­be­rin auf den Form­m­an­gel nicht treu­wid­rig.

 

Das Wi­der­spruchs­schrei­ben des Be­triebs­ra­tes ist nicht hand­schrift­lich un­ter­zeich­net. Ei­ne Nach­fra­ge in der münd­li­chen Anhörung vor der Kam­mer konn­te nicht klären, ob über­haupt je­mals ein Wi­der­spruchs­schrei­ben un­ter­zeich­net wor­den ist.

 

Der Um­stand, dass der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de M. das Schrei­ben persönlich dem Fi­li­al­geschäftsführer D. am 29.11.2005 über­ge­ben hat, recht­fer­tigt nicht die An­nah­me, von der Wirk­sam­keit des Wi­der­spruchs­schrei­bens aus­ge­hen zu können.

 

Grundsätz­lich muss ei­ne Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rung schrift­lich, d. h. hand­schrift­lich durch den Ver­tre­tungs­be­fug­ten un­ter­zeich­net über­mit­telt wer­den (vgl. BAG vom 24.07.1979, AP Nr. 11 zu § 99 Be­trVG 1972).

 

Der Be­triebs­rat be­ruft sich zu Un­recht auf die Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 11.06.2002 - 1 ABR 43/01 = NZA 2003, 226 und vom 06.08.2002, 1 ABR 49/01 = NZA 2003, 386). In die­sen Ent­schei­dun­gen hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt auf­geführt, da der Wi­der­spruch des Be­triebs­ra­tes kein Rechts­geschäft, son­dern ei­ne rechts­geschäftsähn­li­che Hand­lung sei, genüge das Merk­mal der Schrift­lich­keit. Die ge­setz­li­che Schrift­form des § 126 Abs. 1 BGB wer­de nicht ver­langt. Nach die­ser be­darf es der ei­genhändi­gen Un­ter­schrift des Erklären­den. Die­se muss sich aus der über­mit­tel­ten Ur­kun­de be­fin­den.

 

In dem vom Bun­des­ar­beits­ge­richt ent­schie­de­nen Fällen war ein hand­schrift­lich un­ter­zeich­ne­tes Schriftstück, al­so ei­ne Mit­tei­lung an den Ar­beit­ge­ber über den Be­schluss zur Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rung des Be­triebs­ra­tes dem Ar­beit­ge­ber in­ner­halb der Frist nur durch Te­le­fax­ko­pie über­sandt wor­den.

 

Nach Auf­fas­sung des Bun­des­ar­beits­ge­richts genügt für die Zu­stim­mung zur Wei­ge­rung nach § 99 Abs. 3 S. 1 Be­trVG Schrift­lich­keit. Der ge­setz­li­chen Schrift­form nach § 126 Abs. 1 BGB bedürfe es nicht. Fin­den auf rechts­geschäftsähn­li­che Hand­lun­gen die Vor­schrif­ten über Wil­lens­erklärun­gen kei­ne An­wen­dung gel­ten da­mit §§ 125, 126 BGB für ei­ne Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rung nach § 99 Abs. 3 Be­trVG je­den­falls nicht un­mit­tel­bar. Ei­ne ana­lo­ge An­wen­dung sei nicht ge­bo­ten. Norm­zweck und In­ter­es­sen­la­ge ver­lang­ten dies nicht.

 

Das Schrift­lich­keits­er­for­der­nis des § 99 Abs. 3 Be­trVG soll gewähr­leis­ten, dass der Ar­beit­ge­ber auf si­che­re Wei­se Kennt­nis von den Gründen erhält, die den Be­triebs­rat zur Ver­wei­ge­rung der Zu­stim­mung be­wo­gen ha­ben. Der Ar­beit­ge­ber sol­le sich auf die­se Grund­la­ge Klar­heit über die Er­folgs­aus­sicht ei­nes Er­set­zungs­ver­fah­rens nach § 99 Abs. 4 Be­trVG ver­schaf­fen können. Die­sen Klar­stel­lungs­zweck erfülle ein Ver­wei­ge­rungs­schrei­ben auch als Te­le­ko­pie.

 

Die von § 126 Abs. 1 BGB ver­lang­te ei­genhändi­ge Un­ter­schrift die­ne da­ge­gen ne­ben dem Übe­rei­lungs­schutz in ers­ter Li­nie Be­weis­zwe­cken hin­sicht­lich der Iden­tität des Aus­stel­lers und der in­halt­li­chen Vollständig­keit der Ur­kun­de. Der Schutz für Übe­rei­lung spie­le im Zu­sam­men­hang mit dem Schrift­lich­keits­er­for­der­nis des § 99 Abs. 3 Be­trVG kei­ne Rol­le. In der Erklärung der Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rung lie­ge re­gelmäßig ein Be­schluss des Be­triebs­ra­tes zu­grun­de. Zum an­de­ren könne die zunächst un­ter­blie­be­ne Zu­stim­mung je­der­zeit nach­ge­holt wer­den. Die an­de­ren Funk­tio­nen der Ori­gi­nal­un­ter­schrift würden im Rah­men ei­ner Erklärung nach § 99 Abs. 3 Be­trVG schon von ei­ner bild­li­chen Wie­der­ga­be der Un­ter­schrift mit­tels Te­le­ko­pie hin­rei­chend erfüllt. Der über­mit­tel­te Schrift­zug las­se die Iden­tität des Erklären­den er­ken­nen und schließe den Ur­kun­den­text räum­lich ab. Das ge­genüber der Ori­gi­nal­un­ter­schrift un­ter Umständen et­was höhe­re Fälschungs­ri­si­ko könne An­ge­sichts der recht­li­chen Unschädlich­keit ei­ner von un­be­fug­ter Sei­te ab­ge­ge­be­nen Ver­wei­ge­rungs­erklärung ver­nachlässigt wer­den.

 

Mit die­ser Be­gründung lässt sich im hier zu ent­schei­den­den Be­schluss­ver­fah­ren nicht die Auf­fas­sung ver­tre­ten, ob­wohl ei­ne Un­ter­schrift un­ter die Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­erklärung feh­le, sei das Merk­mal der Schrift­lich­keit ge­wahrt. Die nicht un­ter­zeich­ne­te Erklärung des Be­triebs­ra­tes, die un­strei­tig in­ner­halb der Frist der Ar­beit­ge­be­rin zu­ge­gan­gen ist, ent­spricht le­dig­lich der ge­setz­li­chen Text­form des § 126 b BGB.

 

Im Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz ist aber Schrift­lich­keit vor­ge­schrie­ben und nicht die Text­form. Die Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ver­langt je­den­falls zur Wah­rung des ge­setz­li­chen Zwe­ckes, dem Ar­beit­ge­ber auf der Grund­la­ge der ge­setz­li­chen Be­stim­mung Klar­heit über die Er­folgs­aus­sicht ei­nes Er­set­zungs­ver­fah­rens ver­schaf­fen zu können auch bei dem Zu­gang des Wi­der­spruchs durch Te­le­fax ei­ne auf dem Ori­gi­nal, wel­ches bild­lich ab­ge­bil­det wur­de, vor­han­de­ne Un­ter­schrift. Auf die­sen Um­stand hat auch Be­p­ler in ju­ris­pr-ArbR 26/2003 An­mer­kung 6 hin­ge­wie­sen. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat sei­ne Ab­leh­nung ei­ner ana­lo­gen An­wen­dung der Be­stim­mung des § 126 BGB kon­kret auf den von ihm ent­schie­de­nen Fall der über­mit­tel­ten Te­le­ko­pie ei­ner im Ori­gi­nal hand­schrift­lich un­ter­zeich­ne­ten Mit­tei­lung ab­ge­stellt und aus­geführt, die Funk­tio­nen der Ori­gi­nal­un­ter­schrift des § 126 BGB nämlich, Be­weis für die Iden­tität des Aus­stel­lers zu ge­ben und die Vollständig­keit der Ur­kun­de zu ma­ni­fes­tie­ren würden im Rah­men ei­ner Erklärung nach § 99 Abs. 3 Be­trVG schon mit ei­ner bild­li­chen Überg­a­be der Un­ter­schrift mit­tels Te­le­ko­pie hin­rei­chend erfüllt. An die­ser Wie­der­ga­be der Un­ter­schrift fehlt es, weil ei­ne der­ar­ti­ge Un­ter­schrift nicht fest­stell­bar ist, sie ist auch in­ner­halb der ge­setz­li­chen Frist der Ar­beit­ge­be­rin nicht gültig über­mit­telt wor­den.

 

Auch der Um­stand, dass der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de dem Fi­li­al­geschäftsführer der Ar­beit­ge­be­rin das Schriftstück persönlich über­reicht hat, die­ser den Emp­fang quit­tiert hat führt zu kei­nem an­de­ren Er­geb­nis. Da das Ge­setz ei­ne münd­li­che Wie­der­ga­be ei­nes Wi­der­spruchs nicht als aus­rei­chend er­ach­tet, kann auch in der persönli­chen Überg­a­be ei­nes im übri­gen nicht form­ge­rech­ten Schrei­bens kein Zu­gang ei­ner rechts­geschäftsähn­li­chen Erklärung ge­se­hen wer­den, die dem ge­setz­li­chen Zweck ent­spricht, nämlich über die Vollständig­keit des Tex­tes und der Iden­tität des Aus­stel­lers kei­nen Zwei­fel auf­kom­men zu las­sen.

 

Im Er­geb­nis schließt sich die Kam­mer dem Be­schluss des Thürin­gers Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 05.08.2004 - 2 TaBV 2/04 - an, wo­nach auch die Über­sen­dung ei­nes E-Mails, selbst wenn die Iden­tität des Ab­sen­ders und die Vollständig­keit der Erklärung un­zwei­fel­haft sind, nicht den ge­setz­li­chen An­for­de­run­gen des § 99 Abs. 3 Be­trVG ent­spre­chen.

 

III.

Das Be­ru­fen der Ar­beit­ge­be­rin auf den Form­m­an­gel ist nicht treu­wid­rig.

 

Die Kam­mer kann den Ausführun­gen des Ar­beits­ge­richts nicht fol­gen, wo­nach die Ar­beit­ge­be­rin durch wei­te­re Ver­hand­lung mit dem Be­triebs­rat zu er­ken­nen ge­ge­ben hat, sie wer­de sich auf ei­nen et­wai­gen Form­m­an­gel nicht be­ru­fen. Die Kam­mer folgt hier den Ausführun­gen der Ar­beit­ge­ber­sei­te, wo­nach es ihr nicht zum Nach­teil ge­rei­chen kann, wenn sie in dem Be­stre­ben, mit dem Be­triebs­rat ei­ne ver­trau­ens­vol­le Zu­sam­men­ar­beit zu pfle­gen, die nicht in Strei­tig­kei­ten vor dem Ar­beits­ge­richt münden muss, sich nach­hal­tig dar­um bemüht, in wei­te­ren Ver­hand­lun­gen Ein­ver­neh­men zu er­zie­len.

 

Das Be­ru­fen des Be­triebs­ra­tes auf wi­dersprüchli­ches Ver­hal­ten und so­mit den Ein­wand un­zulässi­ger Rechts­ausübung ist schon des­we­gen un­be­gründet, weil nach Auf­fas­sung der Kam­mer das Be­ru­fen der Be­klag­ten auf ei­ne Form­schrift nicht treu­wid­rig (§ 242 BGB) ist. Form­vor­schrif­ten dürfen im In­ter­es­se der Rechts­si­cher­heit nicht aus bloßen Bil­lig­keits­erwägun­gen außer Acht ge­las­sen wer­den. Aus­nah­men sind nur zulässig, wenn es nach den Be­zie­hun­gen der Par­tei­en und den ge­sam­ten Umständen mit Treu und Glau­ben un­ver­ein­bar wäre, ei­ne Rechts­po­si­ti­on an ei­nem Form­m­an­gel schei­tern zu las­sen. Hier­bei sind stren­ge Maßstäbe an­zu­le­gen. Das Er­geb­nis darf die be­trof­fe­ne Par­tei nicht bloß hart tref­fen, son­dern es muss schlecht­hin un­trag­bar sein (vgl. BGH IV ZR 197/97 vom 24.04.1998).

 

Ge­ne­rell wer­den von der Rechts­spre­chung ins­be­son­de­re zwei Fall­grup­pen als Aus­nah­men an­er­kannt, die Exis­tenz­gefähr­dung des ei­nen Teils und die Fälle ei­ner be­son­ders schwe­ren Treue­pflicht­ver­let­zung des an­de­ren Teils. Bei­de lie­gen hier nicht vor. Dem Be­triebs­rat ist im Rah­men der Ein­grup­pie­rung ein Mit­be­ur­tei­lungs­recht ein­geräumt wor­den. Er hat die Möglich­keit, sich nicht zu ei­ner ge­plan­ten Ein­grup­pie­rung zu äußern und da­mit die Zu­stim­mungs­fik­ti­on ein­set­zen zu las­sen, selbst wenn die Ein­grup­pie­rung nicht den ta­rif­li­chen Ge­ge­ben­hei­ten ent­spricht. Das Be­tei­li­gungs­recht des Be­triebs­ra­tes bei ei­ner Ein­grup­pie­rung ist nicht als so hoch an­zu­sie­deln, dass ei­ne Be­ru­fung des Ar­beit­ge­bers auf ei­nen Form­m­an­gel der dar­in be­gründet ist, das der Be­triebs­rat es versäumt, ei­nen an sich ein­fach mögli­chen Tat­be­stand zu schaf­fen, nämlich das Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­schrei­ben zu un­ter­zeich­nen, als schlecht­hin un­trag­bar an­zu­se­hen.

 

Die be­trof­fe­nen Mit­ar­bei­ter und Mit­ar­bei­te­rin­nen sind oh­ne­hin vom Aus­gang die­ses Ver­fah­rens in ih­rer Rechts­po­si­ti­on nicht un­mit­tel­bar be­trof­fen. Das Er­geb­nis des Ver­fah­rens über ei­ne Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rung bzw. Zu­stim­mungs­er­set­zung berührt die in­di­vi­du­al­recht­li­che Po­si­ti­on der ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer nicht.

 

IV.

Steht so­mit als Zwi­schen­er­geb­nis fest, dass der Be­triebs­rat recht­zei­tig ei­nen form­ge­rech­ten Wi­der­spruch ge­gen die be­ab­sich­tig­te Ein­grup­pie­rung nicht an­ge­bracht hat, war fest­zu­hal­ten, dass die be­ab­sich­tig­te Ein­grup­pie­rung der Mit­ar­bei­te­rin Chris­ti­ne V. in die Ge­halts­grup­pe G III des Ta­rif­ver­tra­ges fik­tiv mit er­teil­ter Zu­stim­mung des Be­triebs­ra­tes er­folgt ist.

 

Ei­ne ent­spre­chen­de Fest­stel­lung war da­her zu tref­fen.

 

Die Kam­mer hat we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung die Rechts­be­schwer­de zu­ge­las­sen.

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