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LAG Niedersachsen, Beschluss vom 30.07.2014, 16 TaBV 92/13
Schlagworte: | Betriebsrat | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Niedersachsen | |
Aktenzeichen: | 16 TaBV 92/13 | |
Typ: | Beschluss | |
Entscheidungsdatum: | 30.07.2014 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Oldenburg, 5 BV 5/13 | |
LANDESARBEITSGERICHT
NIEDERSACHSEN
Verkündet am:
30.07.2014
Gaus,
Gerichtsangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
16 TaBV 92/13
5 BV 5/13 ArbG Oldenburg
In dem Beschlussverfahren
mit den Beteiligten
1. Betriebsrat der A., A-Straße, A-Stadt
Antragsteller und Beschwerdeführer
Verf.-Bev.: Rechtsanwälte D., D-Straße, D-Stadt
2. A., A-Straße, A-Stadt
Verf.-Bev.: Rechtsanwälte B., B-Straße, B-Stadt
hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen aufgrund der Anhörung am 30. Juli 2014 durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Löber,
den ehrenamtlichen Richter Grotheer,
den ehrenamtlichen Richter Hofmeister
beschlossen:
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts
Oldenburg vom 27.06.2013 – 5 BV 5/13 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten über einen separaten Telefon- und Internetanschluss für den Betriebsrat, hilfsweise über einen uneingeschränkten Internetzugang.
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Der Arbeitgeber, der zum Konzern der M. AG, W-Stadt gehört, unterhält neben seinem Betrieb an seinem Sitz in X-Stadt mit circa 165 Arbeitnehmern einen Betrieb in A-Stadt mit circa 65 Arbeitnehmern, in dem der antragstellende fünfköpfige Betriebsrat gewählt ist.
In den Konzerngesellschaften werden Telefonanlagen des Typs Hipath 3000 eingesetzt, die so eingestellt werden können, dass die Verkehrsdaten mit vollständigen Zielnummern gespeichert und personenbezogen ausgewertet werden können. Die einzelnen Anlagen können gekoppelt und zentral konfiguriert und verwaltet werden. Das Betriebsratsbüro in A-Stadt ist mit einem Nebenstellenanschluss ausgestattet. Zudem steht dem Betriebsrat ein mobiles Telefongerät zur Verfügung, das auf diese Nebenstelle geschaltet ist. Weiter ist das Betriebsratsbüro mit einem PC und einem Laptop ausgestattet. Der Internetzugang ist dem Betriebsratsgremium zugeordnet. PC und Laptop laufen über dasselbe Passwort. Der Internetzugang wird konzernweit über einen Proxyserver bei der M. AG vermittelt. Von dort kann der Zugang ver-waltet und überwacht werden. Es ist möglich, User- und zumindest IP-Adressen und alle URLs der Browserzugriffe zu protokollieren und personenbezogen auszuwerten. Die Email-postspeicher können von Administratoren gelesen werden, auf Grund von backups auch gelöschte Email. Es werden Emailfilter eingesetzt, um Spam dem Fach Junkmail zuzuordnen. Über Filter werden unerwünschte Internetadressen gesperrt. Deshalb konnte der Betriebsrat nicht auf die Seiten von „youtube“ und „eRecht24“ zugreifen.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass ihm wegen dieser Gegebenheiten ein separater Telefon- und Internetzugang zur Verfügung zu stellen sei und hat beantragt,
1. die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, dem Beteiligten zu 1) einen separaten Telefonanschluss zur unkontrollierten Nutzung zur Verfügung zu stellen,
2. die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, dem Beteiligten zu 1) einen eigenen Internetzugang einzurichten, der nicht über den Proxy-Server der Arbeitgeberin bzw. der Konzernmutter vermittelt wird und dem Betriebsrat und seinen Mitgliedern einen uneingeschränkten und unkontrollierten Internetzugang ermöglicht, einschließlich eines dazugehörenden eigenen Computers.
Der Arbeitgeber hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Der Arbeitgeber hat darauf hingewiesen, dass dem Betriebsrat der gleiche Telefonanschluss und Internetzugang zur Verfügung stehe, wie den Geschäftsführern und den anderen zu-
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gangsberechtigten Arbeitnehmern. Die Telefon und Internetdaten würden nicht überwacht. Solches sei auch nicht geplant. Die Kontrollfunktionen, die durch die eingesetzte Telefonanlage möglich seien, würden nicht verwendet. Weder würden die vollständigen Rufnummern gespeichert noch mit derartigen Daten Auswertungen durchgeführt.
Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf I. der Gründe des Beschlusses vom 27.06.2013 Bezug genommen, mit dem das Arbeitsgericht die Anträge zurückgewiesen hat. Wegen seiner Begründung wird auf II. der Gründe des Beschlusses Bezug genommen, der dem Betriebsrat am 13.09.2013 zugestellt worden ist und gegen den er am 09.10.2013 Beschwerde eingelegt hat, die er am 13.12.2013 begründet hat, nachdem mit Beschluss vom 01.11.2013 die Beschwerdebegründungsfrist bis zu diesem Tag verlängert worden war.
Der Betriebsrat greift die arbeitsgerichtliche Entscheidung aus den in seiner Beschwerdebe-gründungsschrift wiedergegebenen Gründen an. Auf die Beschwerdebegründungsschrift vom 13.12.2013 wird Bezug genommen.
Der Betriebsrat beantragt,
in Abänderung des angefochtenen Beschlusses
1. die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, dem Beteiligten zu 1) einen separaten Internet-zugang zur Verfügung zu stellen, der nicht über den Proxy-Server der M. AG, W-Stadt vermittelt wird und dem Betriebsrat und seinen Mitgliedern einen uneingeschränkten und unkontrollierbaren Internetzugang einschließlich eines unkontrollierbaren E-Mail-Verkehrs ermöglicht,
hilfsweise
die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, dem Beteiligten zu 1) einen uneingeschränkten Internetzugang zur Verfügung zu stellen,
2. die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, dem Beteiligten zu 1) einen separaten Telefon-anschluss zur unkontrollierbaren Nutzung zur Verfügung zu stellen, der unabhängig von der Telefonanlage der Beteiligten zu 2) ist.
Der Arbeitgeber beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
Auf seine Beschwerdeerwiderung vom 20.02.2014 wird gleichfalls Bezug genommen.
B.
Die statthafte Beschwerde (§ 87 Abs. 1 ArbGG) ist form- und fristgerecht eingelegt und be-gründet worden (§§ 66 Abs. 1 Sätze 1, 2 und 5, 87 Abs. 2, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG).
Die mithin zulässige Beschwerde ist unbegründet.
I.
Der Betriebsrat kann keinen separaten Telefonanspruch beanspruchen.
Nach § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die laufende Geschäftsfüh-rung in erforderlichem Umfang Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung zu stellen. Vorliegend hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat einen eigenen Nebenstellenanschluss zur Verfügung gestellt. Einen separaten eigenen Amtsanschluss kann der Betriebsrat nicht beanspruchen.
Dem Betriebsrat obliegt im Rahmen der § 40 Abs. 2 BetrVG die Prüfung, ob ihm ein eigener Amtsanschluss als erforderliches Sachmittel zur Verfügung zu stellen ist. Die Entscheidung hierfür darf er nicht allein an seinen subjektiven Bedürfnissen ausrichten. Er muss vielmehr die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigen. Dabei sind die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers, auch soweit sie auf eine Begrenzung der Kostentragungspflicht gerichtet sind, gegeneinander abzuwägen. Die Entscheidung des Betriebsrats über die Erforderlichkeit des verlangten Sachmittels unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Diese ist auf die Prüfung beschränkt, ob das verlangte Sachmittel auf Grund der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats dient und der Betriebsrat bei seiner Entscheidung nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt, sondern auch berechtigte Interessen des Arbeitgebers Rechnung getragen hat. Dient das jeweilige Sachmittel der Erledigung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben und hält sich die Interessenabwägung des Betriebsrats im Rahmen seines Beurteilungsspielraums, kann das Gericht die Entscheidung des Betriebsrats nicht durch seine eigene ersetzen (BAG, 18.07.2012 – 7 ABR 23/11 – Rdnr. 20).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze überschreitet die Entscheidung des Betriebsrats seinen Beurteilungsspielraum.
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Dem Betriebsrat steht zur Erledigung seiner Aufgaben der betriebsübliche Telefonanschluss zur Verfügung. Dieser ist für die Erledigung seiner Aufgaben ausreichend. Das Verlangen nach einem eigenen separaten Amtsanschluss verursacht zusätzliche Kosten, ohne dass ein eigener Amtsanschluss zur Vermeidung der abstrakten Möglichkeit der Überwachung und Kontrolle seines Telefonverkehrs notwendig ist. Ausreichend ist, dass der Betriebsrat von dem Arbeitgeber verlangen kann, dass sein Telefonanschluss unkontrolliert bleibt, indem die Aufzeichnung der Verkehrsdaten seines Nebenstellenanschlusses unterdrückt und deren Auswertung verboten werden, zumal der Arbeitgeber, wie in der Beschwerdeanhörung erklärt, zum Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung bereit ist.
II.
Der Betriebsrat kann auch keinen separaten Internetzugang beanspruchen.
Unter Berücksichtigung der oben dargelegten Grundsätze zu § 40 Abs. 2 BetrVG überschreitet das Verlangen des Betriebsrats seinen Beurteilungsspielraum. Es lässt berechtigte Sicher-heitsinteressen des Arbeitgebers außer Acht.
Die Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erfolgt im Intranet über Email. Diese enthalten mitunter vertrauliche Informationen. Bei einer Übermittlung per Email über das Internet an einen separaten also externen Internetanschluss des Betriebsrates entstünde eine nicht notwendige Sicherheitslücke. Diese braucht der Arbeitgeber nicht hinzunehmen, zumal dem berechtigten Verlangen des Betriebsrats nach einem unkontrollierten Emailverkehr gleichfalls durch eine Vereinbarung entsprochen werden kann, die eine mögliche Kontrolle des Emailverkehrs des Betriebsrates verbietet, wozu der Arbeitgeber nach seiner Erklärung bereit ist.
III.
Der Hilfsantrag des Betriebsrats ist gleichfalls unbegründet.
Das Verlangen nach einem uneingeschränkten Internetzugang berücksichtigt nicht das be-rechtigte Interesse des Arbeitgebers, einen Zugriff auf Seiten mit strafbarem und/oder sittenwidrigem Inhalt durch die Installierung entsprechend Firewalls auf dem Proxyserver zu unterbinden. Das berechtigte Interesse, sich über betriebsratsrelevante Themen im Internet zu un-terrichten, kann der Betriebsrat durch die Beantragung der Freistellung der von ihm benötigten Seiten erreichen. Er hat zum Beispiel nicht dargelegt, dass er die Freischaltung der Seite „E-Recht 24“ beantragt, diese ihm aber verweigert worden wäre.
- 6 -
IV.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf §§ 92 a Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 Ar-bGG.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss findet, wie sich aus dem Beschlusstenor ergibt, die Rechtsbeschwerde statt.
Die Beschwerdeschrift muss innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses, die Rechtsbeschwerdebegründung innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Beschlusses bei dem Bundesarbeitsgericht eingehen.
Die Anschrift des Bundesarbeitsgerichts lautet:
Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt.
Telefax-Nr.: (0361) 26 36 – 20 00
Auf die Möglichkeit der Einreichung elektronischer Dokumente beim Bundesarbeitsgericht nach § 46 c ArbGG i. V. m. den besonderen Voraussetzungen nach der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09. März 2006,
BGBl. 2006 Teil I Nr. 12, S. 519 f., ausgegeben zu Bonn am 15. März 2006, wird hingewiesen.
Vor dem Bundesarbeitsgericht müssen sich die Parteien durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Als Bevollmächtigte sind außer Rechtsanwälten nur die in § 11 Absatz 2 Satz 2 Nr. 4 und 5 ArbGG bezeichneten Organisationen zugelassen. Diese müssen in Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.
Die Rechtsbeschwerdeschrift, die Rechtsbeschwerdebegründungsschrift und die sonstigen wechselseitigen Schriftsätze im Rechtsbeschwerdeverfahren sollen 7-fach – für jeden weite-ren Beteiligten ein Exemplar mehr – eingereicht werden.
Löber
Grotheer
Hofmeister
Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:
Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de | |
Christoph Hildebrandt Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hildebrandt@hensche.de | |
Nina Wesemann Rechtsanwältin Fachanwältin für Arbeitsrecht Kontakt: 040 / 69 20 68 04 wesemann@hensche.de |